Kapitel 2 Material und Bauelemente -...

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2.1. KRISTALL- UND BANDSTRUKTUR Kapitel 2 Material und Bauelemente Die Chalkopyrite bilden eine Klasse von Halbleiterkristallen mit einer direk- ten Bandl¨ ucke. Die energetische Breite der Bandl¨ ucke liegt im Bereich vom nahen Infrarot bis zu dem des sichtbaren Lichts, was sie ur optoelektronische Bauelemente besonders interessant macht. Dabei gibt es zwei Untergruppen, die in ih- rer elektronischen Struktur den III-V Halblei- tern wie GaAs, oder den II-VI-Halbleitern wie ZnSe ¨ ahneln. Bei ersteren wird das Element aus der III. Hauptgruppe zahlenm¨ aßig je zur H¨ alfte durch eines aus der II. und eines aus der IV. er- setzt [29]. Zur zweiten Untergruppe z¨ ahlen die Kupfer-Chalkopyrite. Sie enthalten im Verh¨ alt- nis 2:1:1 ein Chalkogen (VI. Hauptgruppe) und je ein Element der I. und III. Hauptgruppe des Periodensystems. Dar¨ uber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Mischkristallen mit Chalkopyritstruk- tur, bei denen mehrere Elemente aus den jeweiligen Hauptgruppen in nahezu belie- bigen Mischungsverh¨ altnissen vorliegen. Zu Ihnen geh¨ oren das Cu(In,Ga)S 2 und Cu(In,Ga)(S,Se) 2 . Ihre Energiel¨ ucke entspricht in erster N¨ ahe- rung der linearen Interpolation zwischen den entsprechenden tern¨ aren Grenzf¨ allen, kann demnach vom nahen Infrarot bis ins Ultravio- lett kontinuierlich variiert werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde CuGaSe 2 als Vertreter der Weitbandl¨ ucken- halbleiter“ aus dieser Gruppe wegen sei- ner technologischen Bedeutung herausgegrif- fen, um an ihm grundlegende Materialparame- ter zu studieren und ihren Einfluß auf Bauteile wie Solarzellen zu verstehen. 2.1 Kristall- und Bandstruk- tur Die Kristallstruktur von CuGaSe 2 in Abbildung 2.1 leitet sich wie bei allen Chalkopyriten von der Diamantstruktur ab, basiert also auf ei- nem tetraedrischen Grundger¨ ust. Dabei werden III VI I c a a Abbildung 2.1: Chalkopyrit Struktur [58] 17

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2.1. KRISTALL- UND BANDSTRUKTUR

Kapitel 2

Material und Bauelemente

Die Chalkopyrite bilden eine Klassevon Halbleiterkristallen mit einer direk-ten Bandlucke. Die energetische Breite derBandlucke liegt im Bereichvom nahenInfrarotbis zu dem des sichtbarenLichts, was siefur optoelektronischeBauelementebesondersinteressantmacht.

Dabeigibt eszwei Untergruppen,die in ih-rer elektronischenStruktur den III-V Halblei-ternwie GaAs,oderdenII-VI-Halbleitern wieZnSeahneln.Bei ersterenwird dasElementausderIII. Hauptgruppezahlenmaßigje zur HalftedurcheinesausderII. undeinesausderIV. er-setzt[29]. Zur zweitenUntergruppezahlendieKupfer-Chalkopyrite. Sieenthaltenim Verhalt-nis2:1:1einChalkogen(VI. Hauptgruppe)undje ein Elementder I. und III. HauptgruppedesPeriodensystems.

Daruber hinaus gibt es eine ganze Reihevon Mischkristallen mit Chalkopyritstruk-tur, bei denen mehrere Elemente aus denjeweiligen Hauptgruppen in nahezu belie-bigen Mischungsverhaltnissen vorliegen.Zu Ihnen gehoren das Cu(In,Ga)S2 undCu(In,Ga)(S,Se)2.

Ihre Energielucke entsprichtin ersterNahe-rung der linearenInterpolationzwischendenentsprechendenternaren Grenzfallen, kanndemnachvom nahenInfrarot bis ins Ultravio-lett kontinuierlichvariiertwerden.

Im Rahmender vorliegendenArbeit wurdeCuGaSe2 als Vertreter der

”Weitbandlucken-

halbleiter“ aus dieser Gruppe wegen sei-ner technologischenBedeutungherausgegrif-fen, um an ihm grundlegendeMaterialparame-ter zu studierenund ihrenEinflußauf Bauteilewie Solarzellenzuverstehen.

2.1 Kristall- und Bandstruk-tur

Die KristallstrukturvonCuGaSe2 in Abbildung2.1 leitet sich wie bei allen Chalkopyriten vonder Diamantstrukturab, basiert also auf ei-nemtetraedrischenGrundgerust.Dabeiwerden

III

VI

I

c

a

a

Abbildung2.1:Chalkopyrit Struktur[58]

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

die Valenzelektronender beteiligtenElementerechnerischgleichmaßig auf die vier Bindun-gen jedeseinzelnenAtoms aufgeteilt,so daßjedes kovalent an vier Nachbaratomegebun-den ist [29]. Aufgrund der unterschiedlichenElektronenkonfigurationdereinzelnenElemen-te,sinddie RuhepositionengegenuberderDia-mantstrukturleicht verschoben,das Gitter istinsgesamtleichtverzerrt.

Fuhrt dasbei binarenVerbindungennochzueinerkubischenEinheitszellein der sogenann-tenZinkblendestruktur, soist beiChalkopyritendie Symmetriein einerRaumrichtunginsoferngebrochen,alsdie Metallatomein zwei aufein-anderfolgendenEinheitszellendesvergleichba-ren Zinkblendegitters ihre Platzevertauschen.Diese

”c“ -Achse ist demnachin ersterNahe-

rung doppeltso lang wie die ubrigenbeiden,konventionellmit

”a“ bezeichnetenKristallach-

sen. Ihre Lange wird fur CuGaSe2 mit a �5 � 62A angegeben[61]. Durchdieobengenann-teVerzerrunggilt allerdingsfur CuGaSe2

c � 2 � 0 � 98a � 11� 0A � (2.1)

die Struktur ist also in c-Richtungleicht ge-staucht.

Dies ist auch fur die Aufhebung der Ent-artung der Valenzbandkantemit verantwort-lich: Fur die Zinkblendestrukturergibt sichzunachstdurch die Zusammenlegungder bin-dendenAtomorbitale ein p-artiges und des-halb am Γ-Punkt dreifach entartetesValenz-band.Die Spin-BahnkopplungspaltetdasVa-lenzbandbei allen Halbleitern in zwei ener-getischverschiedeneSubbander[37] auf, vondenendastieferliegendeim Chalkopyrit durchdasverzerrteKristallfeld nochmalsaufgespal-tenwird [15, 105]. DasLeitungsbandist dage-gen s-artig und demnachbis auf den Elektro-nenspinnichtentartet.

Damit ist die Entartungan der Valenzband-kante vollstandig aufgehobenund alle Entar-

tungsfaktorenbis auf die desElektronenspinssind1.

2.2 Herstellungsverfahren

Zur Herstellungvon CuGaSe2-Dunnschichtenwurden in der Vergangenheitvor allem zweiKlassenvonVerfahreneingesetzt:

1. Im Hochvakuum1 werdenbei der physi-kalischenGasphasenabscheidung(PVD)2

die elementarenBestandteilethermischverdampft oder durch Ionenzerstauben3

auf ein Substrat transferiert. Die Ab-scheidungkannnacheinander, schichtwei-seoderabergleichzeitigerfolgen.Bei dergleichzeitigenAbscheidungkanndasSub-strat zusatzlich geheiztwerden,wodurchnoch wahrendder Abscheidungdie Kri-stallisationstattfindet4. Beiderschichtwei-senAbscheidungwird in einemnachfol-gendenSchritt unter Inertgasund einemChalkogendampfdruck,derdengegenuberdenMetallennur etwa ein hundertstelbe-tragendenHaftkoeffizientenderChalkoge-neausgleichenmuß,getempertund damitdieKristallisationvollzogen.

2. Bei einemDruck von wenigenhPa bis zumehrerenMPa einesTransportgaseswieStickstoff oderWasserstoff, demein reak-tivesGaswie Iod oderChlor beigemengtist, wird das in pulveriger Form vorlie-gendeMaterial von der Quellezum Sub-strat transportiert(CVD/CVT)5. Ein ent-sprechenderTemperaturunterschiedsorgt

1p � 10� 5 hPaodergeringer

2engl.physicalvapourdeposition3engl.Sputtering4Gegen Ende der Bearbeitungszeitvorliegender

Schrift wurde eine derartigeAnlage am HMI in Be-triebgenommen.ErsteMessungenandamitgewonnenenSchichtenwerdenin Kapitel 6 und5 vorgestellt

5ChemischeGasphasenabscheidungbzw. chemischer

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2.2. HERSTELLUNGSVERFAHREN

dafur, daßamOrt derQuellmaterialiendaschemischeGleichgewicht aufderSeitederHalogenverbindung,amOrt desSubstratesjedochauf der Seiteder reinenElementeliegt, und somit ein Stofftransportzustan-dekommt.

EinenSpezialfall letztgenannterMethodestelltdie Metallorganische Gasphasenabscheidung(MOCVD)6, deren prinzipielle Komponentenin Abbildung 2.2 skizziert sind, dar: Bei die-ser Methodewerdendie Elementeals Verbin-dungmit einemorganischenMolekulrestalsso-genanntePrecursor zur Verfugunggestellt,diesich bei Raumtemperaturleicht verfluchtigenund mittels einesTransportgasesin denReak-tor befordernlassen.

Dortwird dasMolekul pyrolytischanderhei-ßenSubstratoberflachezersetztund dasjewei-lige Elementfreigesetzt.Das Tragergas Was-serstoff kann die dabei an den organischenMolekulbruchstucken nach der Pyrolyse ent-standenenRadikaleneutralisieren.Durch ent-sprechendeSteuerungselementesind vielfalti-ge Moglichkeiten der Prozeßkontrolle gege-ben:Die molarenFlussederamWachstumspro-zeßbeteiligtenVerbindungen,ihre Verdunnungmit Wasserstoff, dieSubstrattemperaturundderGasdruckim Reaktorsind die wichtigstenPa-rameter. EinegenaueBeschreibungderAnlageundderProbenherstellungfindetsichin [7, 8].

Die MOCVD ist außerdemin der Lage,aufentsprechendenSubstratenepitaktischeSchich-ten abzuscheiden,was mit MOVPE7 bezeich-netwird. Dieshatsich fur die im Rahmendie-serArbeit ausgefuhrtenMessungenalswesent-licherVorteil herausgestellt.

Polykristalline Solarzellen wurden außer-dem sowohl aus CuGaSe2-Schichten herge-

Gasphasentransport, engl. chemicalvapourdeposition(CVD) bzw. transport(CVT)

6metalorganicchemicalvapourdeposition7engl.Metall OrganicVapourPhaseEpitaxy

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=TS

Abbildung2.2:MOCVD Anlage,Prinzip

Die grauunterlegtenRechtecke links symbolisierendie Behalter fur die metallorganischenVerbindun-gen (Precursor)von Kupfer Cyclopentadienyl-Cu-Tertiarbutylisocyanid (CpCuCNTB) und GalliumTriethylgallium (TEGa) und die organischeVer-bindung mit SelenDitertiarbutylselenid(DTBSe).DiesewerdendurcheinenWasserstoffstrom in denReaktorbefordert, wobei zusatzlicher Wasserstoffbeigemischtwird. Der Reaktorist in diesemSinneein offenesSystem,abergasdynamischgegenuberder Umgebungsluft abgeschlossenund steht untervermindertemDruck von 50 hPa. Bei den in dervorliegendenArbeit untersuchtenProbenwar dieTemperaturdesSubstratesbei derHerstellungstets570

UC .

stellt,die in einerPVD-AnlageamHMI simul-tanaufgedampftwurden,alsauchausCuInSe2-Absorbernvon SiemensSolar8. Bei den amHMI hergestelltenSchichtenkonnteeinCu-Ga-Gradient durch unterschiedlicheAusrichtungder Verdampferquelleneingebrachtwerden,sodaßin derselbenChargeSchichtenunterschied-licherZusammensetzungzurVerfugungstehen,wassichfur vergleichendeMessungenalshilf-reicherwiesenhat(Kapitel5 und6).

8Carmarillo/KalifornienundMunchen

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

=const.Element ZElement Y

100% X

abnehmende K

onzentration von X

YZ

Element X = const.

AB

C’

C

2

Abbildung2.3:TernaresPhasendiagramvonCuGaSe2 bei298K nach[110]

Zur ErlauterungdesDiagrammsdientdasSchemalinks: An denEckpunktenliegt jeweilsdasbezeichneteEle-mentX,Y oderZ reinvor, ParallelenzurgegenuberliegendenSeiteentsprecheneinerkonstantenKonzentration(im BeispielX), WinkelteilendekonstantenKonzentrationsverhaltnissen (hier Y

Z ). Die zu demjeweils andenEckenangegebenenElementgehorendeSkalafolgt im Uhrzeigersinnundist mit einemPfeil zugeordnet.Im rechtenTeilbild:EinphasigesCuGaSe2 kannnur in demmit

”2“ bezeichnetenreiskornformigenZusammensetzungsbereichexi-

stieren.A kennzeichnetdasdamitvereinbare[Cu]/[Ga]-Verhaltniszwischen0.72und1, B den[Se]-Anteilvon0.5bis0.52.Die Linie C-C’ deutetdieLagedesin Abbildung2.4dargestelltenpseudobinarenSchnittsan.

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2.3. STOCHIOMETRIEABWEICHUNGENBEI CUGASE2

2.3 Stochiometrieabweichun-genbei CuGaSe2

Abweichungenvon der idealenZusammenset-zungsindbei Verbindungshalbleiternin gewis-sem Umfang moglich, ohne gleichzeitig dieKristallstruktur zu andern.Der Zusammenset-zungsbereich,in dem dies moglich ist, kanndemPhasendiagrammentnommenwerden.

In Abbildung 2.3 ist dasternarePhasendia-gramm eines Gemischsaus Cu, Ga und Sebei Raumtemperatur(298 K) nach[110] dar-gestellt. Es weist im rechtenunterenDritteleinen kleinen Bereich von Mischungsverhalt-nissen aus, bei denen CuGaSe2 als thermo-dynamischstabile und reine Phasevorliegt.Abbildung2.4zeigteinenSchnittentlangderin2.3 mit C-C’ gekennzeichnetenLinie, der vonCu2Se links uber CuGaSe2 und andereZwi-schenphasennachGa2Se3 fuhrt [110].

Die Metallekonnendanachin derCuGaSe2-Phase in einem Mischungsverhaltnis von[Cu]:[Ga]=0.5:0.5 bis 0.42:0.58 vorliegen.Gallium wird also bis zu einem erheblichenUberschußvon 58:42 noch in phasenreinemCuGaSe2 untergebracht.Ein auch nur mini-maler Kupferuberschuß[Cu]:[Ga] V 1 fuhrtdagegensofort zur Bildung von Fremdphasen.Beide Effekte werden bei der elektrischenCharakterisierungKapitel6 nocheinewichtigeRollespielen.

Selenkann bis zu einemGesamtanteilvon52Atom-% noch im phasenreinenCuGaSe2untergebrachtwerden.

Derart große Stochiometrieabweichungenunter Beibehaltung der kristallinen Phasefuhren zwangslaufig zu entsprechendhohenDefektdichten.Tabelle2.1[68] gibt fur dieBil-dungder 12 Eigendefektedie Bildungsenthal-pienan.Diesmußsichauchin denelektrischenEigenschaften,insbesonderein der Dotierungwiederfinden,wie sichin Kapitel6 zeigenwird.

C C’

Abbildung 2.4: Pseudobinarer Schnitt aus Abb.2.3 zwischenCuSe2 und Ga2Se3 nach [62]. DerExistenzbereichder CuGaSe2-Chalkopyritphaseistgrauunterlegt

2.3.1 Fremdphasen

Sobald also ein Element in großeremUber-schußangebotenundeingebautwird, alsesdasPhasendiagrammfur CuGaSe2 zulaßt, erfolgtdie Bildung von anderenKristallphasen,die indiesemZusammenhangals Fremdphasenbe-zeichnetwerdenundderenEigenschaftenmeistunerwunschtsind.

Bei der Herstellungin der MOCVD werdendie Elementein einemMengenverhaltnisange-boten,so daßsich bevorzugt CuGaSe2 bildet,alsodie drei Elementeungefahr im Verhaltnis1:1:2 vorliegen. Dazu ist ein Mengenverhalt-nis in der Gasphasevon [Ga]:[Cu]:[Se] wie1:10:100notwendig.Das [Ga]:[Cu]-Verhaltniswird darinin einemBereichvon1:6bis1:26va-

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

LeerstelleV ZwischengitterXi FehlbesetzungElementX aufPlatzY

Defekt VCu VGa VSe Cui Gai Sei CuGa GaCu CuSe SeCu GaSe SeGa

∆H/eV 2.7 2.5 2.6 4.6 9.9 23.7 2.1 2.3 7.4 8.1 3.7 3.4

Tabelle2.1:BildungsenthalpienvonPunktdefektenin CuGaSe2nach[8, 68]

riiert [8], um denEinflußauf die optischen([8]undAbschnitt2.3.2)undelektrischen(dieseAr-beit, Kapitel 5 und6) Eigenschaftenzu studie-ren.

Ein Galliumuberschußvon mehrals8 % ab-solut fuhrt dem Phasendiagramm2.3 zufolgezunachstzur Bildung von Galliumselenid,dasjedochbeiderProzeßtemperaturvon typischer-weise550W C fluchtig ist [49] und daherdenWachstumsprozeßnicht weiter stort. Bei se-quentiellenVerfahrenkann daherdie BildungdieserPhasezu einemempfindlichenGallium-verlustin derSchichtfuhren,derdurcheinege-eigneteSchichtungoderdurcheinUberangebotvonGalliumausgeglichenwerdenmuß.

Bei unter Kupferuberschuß hergestelltenSchichten nimmt eine Kupferselenidphasedas uberschussige Metall auf. Da Selen beiden ublichen Prozessenwegen seineshohenDampfducksvon etwa 0.5 hPa bei einer ty-pischen Prozeßtemperaturvon 550 K [49]immer im Uberschußangebotenwerdenmuß,ist zurBildungvonFremdphasenCuxSeimmergenugend verfugbar. Diese Phaseist bei derublichen Wachstumstemperaturflussig undschwimmt in der Regel auf der Wachstums-oberflache auf. Nach [64, 74] findet daherbei Anwesenheit dieser Phase ein Wachs-tumsmodusstatt, bei dem sich die Elementeaus der Gas- oder Dampfphasezunachst inder Flussigkeit losen, um schließlich einenPhasenubergang von flussig nach fest zudurchlaufen.Dies wird als Erklarung fur diein derRegel hoherekristallineMaterialqualitatkupferreichpraparierterSchichtenangesehen.Sie wird jedoch mit der Koexistenz einer

hochleitfahigenFremdphaseerkauft [57], diefur die weitereProzessierung,aberauch,wiesich in Kapitel 6 noch herausstellenwird, furdiverseCharakterisierungsmethodenhinderlichist unddeshalbentferntwerdenmuß.

Dies kann entwederdurch eine geschick-te Prozeßfuhrung geschehen[65], bei deram Schlußdes Kristallwachstumsgeradeso-viel zusatzlichesGallium angebotenwird, daßdie Kupferselenidphasezur KristallisationvonCuGaSe2 geradeaufgebrauchtwird. Oder dieSchichtwird nachdemWachstumin Kalium-cyanid (KCN) geatzt, dasselektiv Kupfersele-nideangreift[53, 87, 116].

Derartig behandelte Proben lassen sichmit energiedispersiver Rontgenstrahlungsana-lyse (EDX) nicht mehr von stochiometrischprapariertenunterscheiden,was ein Hinweisdafur ist, daß nach der Behandlungphasen-reinesCuGaSe2 vorliegt. Trotzdemunterschei-densichdieProbenabhangigvomAngebotderAusgangsstoffe derartsignifikantin ihrenelek-trischenEigenschaften,wie in Kapitel 6 ge-zeigt,daßauchnachderBehandlungdieUnter-scheidungin dieseKategorienbeibehaltenwird.Wennalsoweiterhindie Redevon

”kupferrei-

chen“ oder”galliumreichen“ Probenseinwird,

ist jeweils derZustandzumZeitpunktderPro-zessierunggemeint,unabhangigvon der nach-folgendenBehandlung.

2.3.2 StochiometriebedingteDefekte

A. Bauknecht [7, 8] konnte an epitakti-schen Dunnfilmen zeigen, daß Kupferuber-

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2.3. STOCHIOMETRIEABWEICHUNGENBEI CUGASE2

1.5 1.55 1.6 1.65 1.7 1.75

DA

1

DA

2

DA

2-LO

Ega

p

PL

Int.

/ B.E

.

E/eV

[Cu]/[Ga]

1.2

1.0

0.6

Abbildung 2.5: PhotoLumineszenzspektren ver-schiedenkupferreicherFilme

DasintegraleKupfer-zu-Gallium-Verhaltnisderun-behandeltenFilme nimmt von oben nach un-ten ab. Die eingetragenenVerhaltnissesind nichtan den PL-Proben,sonderndirekt benachbartenStucken desselbenWafersmit EDX bestimmtwor-den,konnenalsogeringfugig abweichen.DA2 und DA1 bezeichenjeweils einen Donator-Akzeptorubergang,DA1-LO dieReplikvonDA1 aneinemlongitudinal-optischen Phonon[8]. Egap be-zeichnetdieValenzbandkantebei10K.

schußwahrendderHerstellungzur Ausbildungstarker Lumineszenzfuhrt, die auf Donator-Akzeptorubergangen zuruckgefuhrt wird. Eswurdenzwei Donator-Akzeptor-Ubergangebe-obachtet,derenrelative Intensitat engmit demGraddesKupferuberschussesverknupft war.

Abbildung 2.5 zeigt im oberen Teil bei-spielhaft vier derartigeSpektren:Die Abszis-se bezeichnethierbei die Energie des opti-schenUbergangeszwischenDonatorund Ak-zeptor und liegt daherin der Großenordnungder Bandlucke. Sie liegt in dieserAuftragung

Bandlücke

ungestörtmoduliertE

E

C

V

effektive Bandlücke

Akzeptor

Donator

x

E

Rotverschiebung

Abbildung 2.6: Durch ionisierteDefektemodulier-terBandverlauf

GestricheltsindderungestorteVerlaufderBandkan-ten im Ortsraumund die ursprunglichenLagenderDefektzustandeeingezeichnet.Durchgezogender modulierteVerlaufund die neu-enLagenderDefektzustande.EinfachePfeilekenn-zeichnendie VerschiebungderDefekteunddie dar-aus resultierendeRotverschiebung der UbergangezwischenDonatorundAkzeptor.Der energetische Abstand benachbarterExtremader Bandverlaufe ergibt eine verringerteeffektiveBandlucke.

mit etwa 1.73 eV (Egap) etwas hoher als dieEnergielucke von 1.68 eV bei Raumtempera-tur, wasaufdieElektron-Phonon-Kopplungunddie thermischeVolumenanderungdesKristall-gittersaufgrundder niedrigenTemperaturvon10 K, bei derdie Spektrenaufgenommenwur-den,zuruckzufuhrenist [8, 69].

In der unteren Halfte von Abbildung 2.5sind drei Spektrenmit von oben nach untenzunehmendemGalliumuberschußwiedergege-ben.Schonbei leichtemGalliumuberschußver-schwindetdie oben genannteForm der Lu-mineszenzmit klar getrenntenBeitragenein-zelner Akzeptor- und Donatorniveauszugun-steneinerspektralbreiten,die sichmit steigen-demGalliumuberschußzu niedrigerenEnergi-en hin verschiebt.Sie wird mit einer hohenDichtegeladenerDefektebegrundet,die durchihr lokales Potential die Bandstrukturraum-lich modulieren,wie in Abbildung 2.6 skiz-

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

ziert ist, und damit auchdie energetischeLa-ge der Defekte uber einen großerenBereichhin zur Bandmitteverteilen.Damit werdendiean sich scharfenLumineszenzmaximaverbrei-tertundzuniedrigerenEnergienrotverschoben.Elektrischfuhrt die erhohteDefektkonzentrati-on zu einerVerminderungder freienLadungs-tragerdurchdieKompensationdervondenAk-zeptorenfreigesetztenLocher mit Elektronenausden Donatoren.Die damit in großerZahlvorhandenenionisiertenDefektebedingeneineerhohteStreuwahrscheinlichkeit der verbliebe-nenLocherunddamiteineAbnahmeihrer Be-weglichkeit.

2.4 Modellsysteme und dieRealitat

ElektronischeHalbleiterbauteilebestehennot-wendigerweiseausmehrerenBereichenunter-schiedlicherMaterialeigenschaften.SolarzellenzumBeispielausmindestenszwei entgegenge-setztdotiertenHalbleiterschichtenund jeweilseinem metallischenKontakt auf der Vorder–undRuckseite.

Zu ihrerHerstellungbedarfesdemzufolgeei-nerVielzahlvon einzelnenProzeßschritten,diesich mituntergegenseitigund dasEndergebnisbeeinflussen.Ein Weg, Bauteilezu verbessernist daher, KorrelationenzwischenVeranderungderProzeßfuhrungunddemEndergebniszufin-den.DieserWeg ist mit einemhohenMateri-alaufwandverbundenund bedarfeinersolidenProzeßkontrolle, um uberhauptzu eindeutigenKausalzusammenhangenzu fuhren.

Das grundsatzliche Verstandnis moglichstvieler Teilschritte im HerstellungsprozeßundderenAuswirkungenauf das weitere Verfah-ren und auf dasfertige Bauteil sollte dagegendeutlicheokonomischeVorteilebergen:AnstattlangerParameterstudienkanndurchwenigege-

XZY+[

XZ\�]ZYZ[

^Z_+`Z[XZ_+_Z`Z[aZ_+_Z`Z[^Z_+`Z[b _+_Z`Z[

ced fZg

]

h8i�jk�lm�n o

p dqsrt `Zuev cwf

xsyZcefZz|{

}�~

Abbildung 2.7: Schematischer Aufbau einerCuGaSe2-Dunnschichtzelle

zielteExperimentedasOptimumderbetreffen-denGroßeermitteltwerden.

Haufig ist zu diesemZweck jedochdie Ent-wicklung von Modellsystemennotwendig,beidenenein mehr oder minder großerTeil derProzessierungweggelassenwird. Damit stehtzwar kein funktionsfahigesBauteil mehr zurVerfugung,bestimmteMessungenkonnenje-docherstdannsinnvoll durchgefuhrtwerden.

Ausgehend von dem Aufbau einer aufCuGaSe2 basierendenDunnschichtsolarzellewerdendie in dervorliegendenArbeit verwen-detenModellsystemeund die jeweils an ihnendurchgefuhrtenMessungenvorgestellt.

2.4.1 Solarzellen– das fertige Bau-teil

Eine Dunnschichtsolarzelle basierend aufCuGaSe2, wie sie in Abbildung 2.8 dargestelltist, bestehtim wesentlichenausfunf Schichten.Wie in Abbildung2.7schematischgezeigt,sinddiesaufdemWeg desLichtesin dieZelle

� die Fensterschichtmeist aus gesputter-

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2.4. MODELLSYSTEMEUND DIE REALITAT

Mo

CuGaSe

ZnO

2

Glas

1µm

Abbildung 2.8: PolykristallineZnO/CdS/CuGaSe2Solarzelle.REM-Bild einerBruchkante.

tem mit Gallium oder Aluminium hoch(1020 cm� 3) [4] n-dotiertem Zinkoxid(ZnO:Ga/Al), dasfur dassichtbareLichtdurchlassigist, weshalbes auchals Fen-sterschichtbezeichnetwird undgleichzei-tig dien-SeitederSolarzelledarstellt,

� eine undotierte ZnO-Pufferschicht, dieeinendefinierterenBeschichtungsstartderdotiertenZnO-Schichtgewahrleistet[45],

� einweitererPuffer, derbisherin derRegelausCadmiumsulfid(CdS) im chemischenTauchbadhergestellt wird und unter an-deremfur einegeeigneteAusrichtungderBandersorgt [64]; beidePuffer sindim all-gemeinenmit 60-100nm zu dunn,um imREM-Bild, wie Abbildung 2.8, erkennbarzusein.

� dereigentlicheAbsorberausCuGaSe2

� ein metallischerRuckkontakt, meist ausaufgedampftemMolybdan (Mo), der au-ßerdemdie wenigenbis dort noch nichtabsorbiertenLichtquantenin denAbsorberzuruckwirft [64].

Bei Laborzellenkommt noch ein Frontkon-taktgitterausNickel (Ni) und Aluminium (Al)aufdemZinkoxidhinzu,umdieZellemoglichstverlustarmzukontaktieren.

Wahrenddas Fenstermaterialaus ZnO alsausgereift– wennauchim Detail Verbesserun-genberichtetwerden[40, 86] – undunbedenk-lich auchin der Massenverarbeitunggilt, wer-den einige Anstrengungenunternommen,dasSchwermetallCadmium in der PufferschichtdurchwenigerbedenklicheElementezu erset-zen[102]. So wurdedie Abscheidungim che-mischenTauchbadvonZnO[22], ZnS[21] undZnSe [20, 54, 55] untersucht.Die Bedeutungder Pufferschichtsowie desintrinsischenZnOist nachwie vor umstritten[64, 80, 111, 82].DerEinflußunterschiedlicherPuffermaterialienkannauchmit Kapazitatsmethoden(Kapitel 5)nachgewiesenwerden.

Der Ruckkontakt aus Molybdan stellt denStandderForschungdar. Im Kontaktmit Chal-kogenenbildet es einen Schichtgitterkristall,der die elektrischenEigenschaftendes Ruck-kontaktesverbessert[75].

2.4.2 Einzelschichten

Wie eingangserwahnt,konnenan solchenSo-larzellen nicht alle fur die Charakterisierungdes MaterialsystemsnotwendigenMessungendurchgefuhrtwerden,sondernesist dieHerstel-lungvonTeil- oderModellsystemennotwendig.

Im einfachstenFall bestehtein solchesMo-dellsystem aus einer einzelnenSchicht, beidunnenSchichtenkann jedochseltenauf einegeeigneteUnterlageverzichtetwerden,derenmoglicherEinflußaufdieMessungberucksich-tigt werdenmuß.Nur an EinzelschichtenkannzumBeispielsinnvoll dieelektrischeLeitfahig-keit unddieLadungstragerdichtedurchAusnut-zungdesHall-Effektesbestimmtwerden(Kapi-tel 6).

25

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

1

2

3

4

5

6

20 25 30 35 40 45 50 55 60

log(

I)/b

.E.�

2θ/o

450oC

500oC

550oC

570oC

CuG

aSe 2

(11

2)

CuG

aSe 2

(22

0)(2

04)

CuG

aSe 2

(31

2)C

uGaS

e 2 (

116)

MoS

e 2 (

100) M

oSe 2

(11

0)

Mo

(110

)

Mo

(200

)

Cu 1

.8S

e (2

20)

Cu 1

.8S

e (1

11)

Abbildung 2.9: Rontgenbeugungsdiagramme. DieSchichtenwurdenbeiunterschiedlichenTemperatu-renin derMOCVD hergestelltundweisenab550

UC

einendeutlichenbreitenMoSe2 Reflex auf,beinied-rigerenTemperaturendeutetersichallenfalls an.

2.4.2.1 Kristalline Qualit at

An einzelnenSchichtenkann die kristallineStruktur und anhandcharakteristischerRefle-xeauchchemischeVerbindungenmit Rontgen-beugungbestimmtwerden.

In Abbildung 2.9 ist ein Satz Rontgen-beugungsdiagramme von polykristallinenCuGaSe2-Schichtenauf Molybdan abgebildet,die bei unterschiedlichenProzeßtemperaturenunter ansonstenidentischenBedingungeninder MOCVD hergestellt wurden.Deutlich istab einer Substrattemperaturvon 550W C dieAusbildung von Molybdandiselenid festzu-stellen, bei niedrigerenTemperaturendeutetsichderReflex dieserVerbindungallenfalls an.Molybdandiselenidist ein Schichtgitterkristall[57], dessenz-Achse hier offenbar in der

10-2

10-1

100

101

102

103

104

10 20 30 40 50 60 70 80 90

I/b.E

.

2θ/Grad

GaAs (002)

GaAs (004)

CuGaSe2 (004)

CuGaSe2 (008)

CuGaSe2 (204)

Abbildung 2.10: Rontgenbeugungsdiagramm einerepitaktischenSchichtaufGaAs

Schichtebeneliegt, da im betrachtetenWinkel-bereichausschließlichdiemit � hk0� indiziertenReflexe sichtbarsind. Bei Kontakt von reak-tivem Selen mit einer Molybdanschicht,diebei der Herstellungvon CuGaSe2-Filmen aufisolierendenSubstratenwie Glasals Ruckkon-taktnotwendigist, bildetsichdieseVerbindung[75]. Durch die vorzugweiseAnordnungderKristallschichtensenkrecht zur Substratober-flache und damit parallel zum Stromfluß inderSolarzelle,bildet sieeinenvergleichsweisegut leitenden Ruckkontakt zwischen demChalkopyrit unddemMetall.

Wie in Abschnitt 2.3.1 dargestellt, ist beiKupferuberschußwahrendder PraparationmitderAusbildungeinerCuxSePhasezu rechnen,die hier andencharakteristischenReflexenvonCu1 � 8Sedeutlichzuerkennenist.

Abbildung 2.10 zeigt ein ahnliches Dia-grammeinerepitaktischenSchicht.Deutlichistder GaAs-(002)-und -(004)-Reflex zu erken-nen.DaCuGaSe2 epitaktischgeordnetauf demGaAsaufwachst,sindim Gegensatzzumpoly-kristallinenMaterial mit seinerzufalligen An-ordnungder Kristallite hier nur der (004)-und(008)-Reflex sichtbar.

Obwohl diese Schicht wie die polykristal-

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2.4. MODELLSYSTEMEUND DIE REALITAT

0

50

100

150

200

250

31 31.5 32 32.5 33

I/b.E

.

2θ/Grad

GaAs (002)

CuGaSe2 (004)

Abbildung 2.11: Rontgenbeugungsdiagramm einerepitaktischenSchichtauf GaAs– CharakteristischeReflexe von CuGaSe2 undGaAs.Die Doppelstruk-tur der Reflexe ruhrt von der Strahlungscharakteri-stik derverwendetenRontgenquelleher. EshandeltsichdabeiumdieKα undKβ-Linie desKupfers.ZurBenennungcharakteristischerRontgenstrahlungsie-he2.4.2.2und[27].

linen in Abbildung 2.9 kupferreich prapa-riert wurde, fehlen die typischenReflexe derCuxSe-Phase,wasderenExistenzjedochnichtvollstandig ausschließt,wie in Kapitel 4 und6 nochgezeigtwird: Wenndie Verbindunginfein verteilter oder quasiamorpherForm vor-liegt, so daßdie mittlere ungestorte Gitteraus-dehnungnurnochwenigeGitterkonstantenweitreicht, kann keine koharente Beugungmehrstattfindenund die Reflexe werden so starkverbreitert,daß sie sich nicht mehr vom Un-tergrund abheben.In Abbildung 2.11 ist einhochaufgelosterAusschnittvonAbbildung2.10dargestellt, in dem sich die HalbwertsbreitedesCuGaSe2-(004)-Reflexesmit 0.09W ablesenlaßt. Die Halbwertsbreiteist ein Maß fur dieVersetzungsdichteeinerkristallinenSchicht.Jegeringerdie HalbwertsbreitedesReflexes ist,desto weniger Versetzungenund Kristallfeh-ler enthalt die Schicht. Schon der Vergleichmit dem nur wenig schmaleren(002)-Reflex

10

100

1000

0 5 10 15 20

Cu,

Ga,

Se

CuK

αG

aKα

SeK

α

CuK

βG

aKβ

SeK

β

MoL

MoK

α

MoK

β

I/b.E

.

E/keV

L-Serie K-Serie

Abbildung 2.12: Typisches Rontgen-Spektrum(EDX) einerCuGaSe2-Probe

desGaAs-Substrateszeigt, daßdie CuGaSe2-Schicht eine ahnlich hohe kristalline Qualitataufweist,die sogaruber der von Einkristallenliegt.

2.4.2.2 ChemischeZusammensetzung

Die chemischeZusammensetzungkann mitenergiedispersiver Rontgenstrahlungsanalyse(EDX)9 bestimmtwerden(Abschnitt4.1).

Abbildung2.12zeigtein typischesSpektrumeinerCuGaSe2-Schichtaufeinemmolybdanbe-schichtetenGlassubstrat.Die Anregungsener-gie liegt bei 30 keV, der Untergrundzeigt dasfur BremsstrahlungdieserGrenzenergie typi-scheSpektrum[27].

NebenElektronenausder L-Schalewerdenauchnochsolcheausder K-Schaleder vorlie-gendenElementeherausgeschlagenund losendie gleichbenanntenSerien charakteristischerRontgenstrahlungaus.Dabeiwerdendie Lini-en einer Serie,die durch Ubergangevon denhoherenSchalenin dasbetreffendeK- oderL-Niveauentstehen,der Energie nach mit grie-chischenBuchstabenbezeichnet.Die Strahlung

9energy dispersiveX-ray analysis

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

ausUbergangenin hohereSchalenist zunieder-energetisch,alsdaßsievonublichenDetektorennocherfaßtwerdenkann.

Sowohl die Rontgenbeugungals auch dieenergiedispersive RontgenstrahlungsanalysesindwichtigeHilfsmittel, um uberhauptgeeig-nete Prozeßbedingungenzu finden, in denensich CuGaSe2 bildet, denn das Phasendia-gramm(Abb. 2.3) von CuGaSe2 weist fur dieKristallisation der beteiligten ElementenochanderechemischeMoglichkeiten auf, die derFunktiondesBauteilsabtraglichwaren.

Gleichwohl muß immer berucksichtigtwer-den,daßdurchdasWeglasseneinzelnerProzeß-schrittedie verbleibendenmitunterandersab-laufen,als im Komplettprozeß:So bedingtei-neandereUnterlageandereAnwachsbedingun-gen,ein fehlenderTemperschrittkannzu signi-fikanten Anderungender Materialbeschaffen-heit fuhren.

2.4.2.3 Epitaxie

Eine hervorragendgeeigneteMethodezur Er-stellungvon Modellsystemenbietetdie Epita-xie aufeinkristallinenSubstraten.Fur CuGaSe2eignetsich dazu wegen seinerbei Raumtem-peratur nur um 0.7 % abweichendenGitter-konstantenGaAs, das fur die Fertigung vonHochfrequenzbauteilenin außerordentlichho-herQualitatverfugbarist.Dabeikannzwischensemiisolierendemund unterschiedlichstark p-bzw. n-dotiertemMaterial gewahlt werden,jenachdemangestrebtenUntersuchungsziel.

Die Epitaxie selbst kann im Ultrahochva-kuum durchAufdampfender elementarenBe-standteile10 oder durch die Metall-OrganischeGasphasenepitaxie(MOVPE)11 erfolgen.Letz-

10Molekularstrahlepitaxie,engl.MBE11engl.Metall OrganicVapourPhaseEpitaxy;siekann

auchzur HerstellungpolykristallinerSchichtenherange-zogenwerden,wasmit MOCVD, engl. Metall OrganicChemicalVapourDepositionbezeichnetwird

0.9

0.95

1

1.05

1.1

1.15

1.2

-25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25

[Cu]

/[Ga]�

Position auf Wafer in mm

Cu/Ga: wie hergest.Cu/Ga: nach KCN

Abbildung 2.13: Kupfergradiententlangder Gas-flußrichtung.EDX-Messungvor undnacheinerAtz-behandlungmit KCN. Die Fehlerbalkenbezeichnenden relativen Fehlergegenuber dem Kalibrierstan-dardvon � 1 % (Abschnitt2.4.2.2)

tereMethodewurdezur Herstellungder in dervorliegendenArbeit verwendetenProbenbe-nutzt.

EpitaktischeProbeneignensichaufgrunddergeringenDichte strukturellerDefekte (wie inAbschnitt2.4.2.1gezeigt)hervorragendfur op-tische Messungenwie Photolumineszenzundfur elektrische Transportmessungenim Ma-gnetfeld. Sie wurden im Rahmender vorlie-gendenArbeit zur Bestimmungder zur Dotie-rungbeitragendenDefekte,derLadungstrager-beweglichkeit und -konzentrationherangezo-gen.

Bei der Herstellung von Schichten un-terschiedlicherZusammensetzungwurde einNachteil der MOVPE-Anlageausgenutzt:Dadie Kupferverbindungschonbei sehrniedrigenTemperaturenpyrolysiert, nimmt ihr Partial-druck entlangdesSubstratdurchmessersmerk-lich ab, womit ein lateral inhomogenerKup-feranteil in der Schichtverbundenist, der mitEDX (Abb. 2.13) nachgewiesenwerdenkann.Wie in Abschnitt 2.3.1 diskutiert, findet sichder Kupferuberschußdabei in einer CuxSe-

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2.4. MODELLSYSTEMEUND DIE REALITAT

Fremdphase,die durch KCN entferntwerdenkann.Die Anderungin der integralenZusam-mensetzungist in 2.13 augenscheinlich:Nachder Atzbehandlungbesitzenalle Proben imRahmender Meßgenauigkeit dasselbeMetall-verhaltnis[Cu]/[Ga].

Normalerweisewird durchRotationdesSub-stratesdieserGradientweitgehendvermieden,worauf bei der Herstellungder untersuchtenProbenabsichtlichverzichtetwurde.So konn-ten durchdenKupfergradientenin einemPro-zeßlauf zirka 10 Proben mit unterschiedli-chem Kupfer-zu-Galliumverhaltnis gewonnenwerden.Im Rahmender vorliegendenArbeitwurdensowohl dieseSchichtenals auchunterRotationhergestellte,ansonstenaberidentischeProbenfur Hall-Messungen(Kapitel 6) heran-gezogen.SokonntederEinflußder Inhomoge-nitatdereinzelnenProbeaufdieMessungsepa-ratuntersuchtwerden.

Die nominelle Schichtdicke betrug stets400 nm. Die Schichtdicke wird zunachstuberdie Wachstumszeitfestgelegt. Schichtdicken-messungenerfolgenanBruchkantenim Raster-elektronenmikroskop,wie zumBeispielin Ab-bildung 2.16gezeigt,wurdenabernicht an al-len Schichtendurchgefuhrt. Da die MOVPE-Anlage jedoch sehr reproduzierbardie glei-chenSchichtdicken liefert, wie stichprobenar-tige Messungenergebenhaben,kann von ei-ner im Rahmender Meßgenauigkeit gleichenSchichtdickeallerProbenausgegangenwerden.

2.4.2.4 Polykristallines Material

Durch Wahl eines amorphenoder mikrokri-stallinen Substrateswie Glas oder Molybdanauf Glaskonnenin derselbenMOVPE-AnlagepolykristallineSchichtenabgeschiedenwerden,was mit MOCVD12 bezeichnetwird. Diesermoglicht denVergleichepitaktischerModell-

12engl.Metall OrganicChemicalVapourDeposition

Korn

Glassubstrat

Molybdän

1µm

CuGaSe2

Korngrenzen

Abbildung 2.14: PolykristallineSchichtauf einemmit Molybdan beschichtetenGlassubstrat.REM-Bild aneinerBruchkante

schichtenmit polykristallinen Schichten,wiesie auch fur die HerstellungganzerSolarzel-len Verwendungfinden und vornehmlichmit-telsHochvakuumabscheideverfahren,wie ther-mischesAufdampfenoderSputtern(Abschnitt2.2)hergestelltwerden.DernamengebendeUn-terschiedzu den epitaktischenFilmen ist dieAusbildung von meist mikroskopisch kleinenKristallitenoder

”Kornern“ (vgl. Abb. 2.14).In-

nerhalbeinesKristallits liegt dasMaterialzwarin hochgeordneterForm vor, dieseOrdnungistjedochspatestensnachwenigenµm durcheineKorngrenzeunterbrochenund wird im nachst-gelegenenKorn in meist andererAusrichtungfortgesetzt.

Demzufolgewird einemStromim Gegensatzzur epitaktischenSchicht immer wieder eineBarrierein denWeg gestellt,anderderVerlaufderBandergestort ist. StreuungundRekombi-nationsindhier um ein Vielfacheswahrschein-licheralsim ungestortenKristall. Fur denin ei-nerSolarzellevorherrschendenStromsenkrechtzum Substratund damit parallel zu den (mei-sten) Korngrenzen,spielt dieseTatsacheeineuntergeordneteRolle. Bei lateralenMessungen

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KAPITEL 2. MATERIAL UND BAUELEMENTE

in der Schicht,wie zum Beispiel zur Ausnut-zung desHall-Effektes,mussenviele tausendKorngrenzenuberwundenwerden,so daßdie-seEffektedasVerhaltendominierenunddamitdie Messungzur CharakterisierungderSchichtim Hinblick auf derenFunktionim Bauteilun-brauchbarmachen.

Zumindest zur Bestimmungder Ladungs-tragerkonzentration kann mit Einschrankun-gen die Spannungsabhangigkeit der Kapazitatvon Hetero-p-n-Ubergangen ausgenutztwer-den. Polykristalline Einzelschichtenwurdendeshalbim Rahmender vorliegendenArbeitnicht fur elektrischeMessungenherangezogen,wohl aberfur diestrukturellenUntersuchungenin Kapitel4.

2.4.3 Heterostruktur en

Der nachsteSchritt auf dem Weg von demModellsystemderEinzelschichtzur vollstandi-gen Solarzelle ist die Heterostruktur. DurchabruptesWechselnder Ausgangsverbindungenkannin derMOVPEeinMaterialwechselin dieSchichtintegriert werden.Der Wechselerfolgtim Idealfall schnellerals die Abscheidungei-ner Monolage,so daßdie Grenzflacheatomarscharfausgebildetwird. Auf dieseArt wurdenepitaktische CuGaSe2-ZnSe-Heteroubergangein der MOVPE auf p-leitendemGaAs her-gestellt, die sich durch Aufsputtern von n-dotiertemZnO als Fensterschichtund metalli-scherFront- und Ruckseitenkontaktezu Solar-zellenweiterprozessierenließen,wie in Abbil-dung2.15schematischdargestelltist.

DasZnSeersetztdabeidassonstnachtraglichim chemischenBad abgeschiedeneCdS alsPufferschicht.In einemMOCVD-Prozeßabge-schiedenesZnSeist sowohl wegendergeringe-ren Giftigkeit seinerBestandteileals auchwe-gendesmonolithischenProzessesvon industri-ellemInteresse.

LateraleTransportmessungensind an Hete-

�8� �8���8������8�8��8���8�8��8���8�� ���8�8�

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Abbildung 2.15: SchematischerAufbau einer epi-taktischenSolarzelle,die auf einerCuGaSe2-ZnSeHeterostrukturbasiert

GaAs-Substrat

CuGaSe

ZnSe

2

2µm

Abbildung2.16:EpitaktischeCuGaSe2-ZnSeHete-rostruktur(nochohneZnO).REM-Aufnahmeanei-nerSpaltkante

30

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2.4. MODELLSYSTEMEUND DIE REALITAT

rostrukturennicht mehrmoglich,dafur konnenjedoch Kennlinien- und KapazitatsmessungendiesewenigstenszumTeil ersetzenundzudemzusatzlicheInformationenliefern. Im RahmendervorliegendenArbeit wurdeeineganzeRei-he derartigerHeterostrukturenuntersucht.DieCuGaSe2-Schicht entsprachdabei den schonfur die Hall-MessungenverwendetenSchich-ten, ihre Dicke betrugentweder400 nm oderin einzelnenStrukturen1.2 µm. Die daranan-schließendeZnSe-Schichtwurde unterschied-lich lange,zwischeneiner und vier Minuten,aufgewachsen.

Hauptaugenmerkim Rahmender vorliegen-denArbeit wird auf denAbsorbergelegt. Da-bei wird dasCuGaSe2 im Vordergrundstehen,einzelneAspektederWeiterprozessierungwer-denjedochan verwandtenChalkopyritdunnfil-mendiskutiert.Zu seinerelektrischenCharak-terisierungsind folgendeProbentypenverwen-detworden(s.a.Tab. B):

� Fur Hall-Messungen400nm dicke epitak-tischeSchichtenaufGaAs(001)

� Fur Kapazitatsspektroskopie

1. epitaktische Solarzellen, basierendauf 400 nm bzw. 1.2 µm CuGaSe2-ZnSe-Heterostrukturen.

2. polykristalline Solarzellenauf Mo-lybdan/Glas-Substraten aus derMOCVD und der PVD mit einerDicke des CuGaSe2-Absorberszwischen400 nm und 2 µm, die miteinemStandard-CdS-Puffer ausdemchemischenBadversehenwurden.

3. polykristalline Solarzellenauf Mo-lybdan/Glas-Substraten,deren Ab-sorbervon SiemensSolar Industrieshergestellt wurde. An ihnen wur-dederEinflußunterschiedlicherPro-zessierungsverfahren fur die Puf-ferschicht untersucht,die auch bei

denamHMI hergestelltenAbsorbernzumEinsatzkommensollen.

4. polykristalline Solarzellenauf Mo-lybdan/Glas-Substraten,deren Ab-sorberausCuInS2 besteht.An diesenZellen wurden verschiedeneOber-flachenbehandlungender freien Ab-sorberoberflache vor der Pufferab-scheidungerprobt.

31