Karl Schwarz

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INSTITUT FÜR MARKEN- ENTWICKLUNG GRAZ Am 11. Dezember 2009 STUDIE „WAS LERNEN SIE GERADE?“ IM GESPRäCH MIT KARL SCHWARZ, PRIVATBRAUEREI ZWETTL

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Unabhängigkeit schreibt sich Karl Schwarz als obersten Wert auf seine Website. Nach unserem Gespräch wissen wir warum: Österreichs charmantester Bierbrauer kann sich auf die 302 Jahre Geschichte seiner Marke verlassen, schöpft seine unerschütterliche Ruhe aus der geheimnisvollen Landschaft des Waldviertels und bewegt sich in einem internationalen Netzwerk, dass ihm den Zugang zu Innovation und Weitblick garantiert. Karl Schwarz im Interview über das Bauchgefühl und das Nein-Sagen, über die österreichische Schwäche Selbständigkeit und über alles, was einen Bierbrauer ausmacht.

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INSTITUTFÜRMARKEN-ENTWICKLUNGGRAZ

Am 11. Dezember 2009

STUdIE „WAS LERNEN SIE GERAdE?“IM GESpRäCh MIT KARL SChWARZ, pRIvATBRAUEREI ZWETTL

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Unabhängigkeit schreibt sich Karl Schwarz als obersten Wert auf seine Website. Nach unserem Gespräch wissen wir warum: Österreichs charmantester Bierbrau-er kann sich auf die 302 Jahre Geschichte seiner Marke verlassen, schöpft seine unerschütterliche Ruhe aus der geheimnisvollen Landschaft des Waldviertels und bewegt sich in einem internationalen Netzwerk, dass ihm den Zugang zu Inno-vation und Weitblick garantiert. Karl Schwarz im Interview über das Bauchge-fühl und das Nein-Sagen, über die österreichische Schwäche Selbständigkeit und über alles, was einen Bierbrauer ausmacht.

Franz Hirschmugl: Wie sind Sie Unternehmer geworden?

Karl Schwarz: Das ist mir in die Wiege gelegt worden, durchaus mit einem sanften Nach-druck. Nachdem in unserer Familie schon fünf Generationen vor mir das Biergeschäft gemacht haben und der Lebensstil und Führungsstil, speziell meines Vaters, ein sehr autoritärer immer war, habe ich das eigentlich schon von kleinauf so mitbekommen. Muss aber sagen, eigentlich sehr positiv mitbekommen. Ich hatte eigentlich nur einmal kurz die Phase gehabt, aus dem ausbrechen zu wollen, so in der frühpubertären Phase. Ansonsten eigentlich mit zunehmenden Alter macht es mir von Jahr zu Jahr noch immer mehr Spaß.

FCH: Was ist denn der sanfte Nachdruck gewesen?KS: Der sanfte Nachdruck hat begonnen bei der Auswahl der Schulen, bei dem Aufzeigen von nicht vorhandenen Alternativen. Auch mit der Tatsache, dass ich meine Sommerfe-rien ab dem 15. Lebensjahr immer zumindest zur Hälfte in Lagerkellern verbracht habe oder bei Fasswaschanlagen. Damals war es für mich durchaus nicht alles verständlich, warum diese harte Knochenmühle sein muß. Aber im Nachhinein ist es natürlich eine positive Erfahrung.

FCH: Erinnern Sie sich noch, was Sie damals vom Unternehmertum hätte abhalten kön-nen?KS: Ich habe das Gefühl gehabt, man trägt sehr viel wirtschaftliches Risiko. Nämlich, dass sich das Risiko auch sehr stark ins Private hineinverlagert. Das heißt man haftet mit Putz und Stingl für alle. Das war das eine, und das zweite, speziell in unserem Geschäft war, fast jeden Abend eine Veranstaltung zu haben. Und eine dritte Sache die mich einfach nicht sehr gefreut hat, bei der ganzen Geschichte ist, dass es eigentlich keine Trennung von Familie und Unternehmertum gegeben hat. Das ist 24 Stunden, sieben Tage die Wo-che gelebt worden. Das heißt da sind die Probleme am Abend zu Hause gewälzt worden. Ist aber heute ganz anders, also da verhalte ich mich ganz anders.

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FCH: Was ist denn Ihre These, wie es zu dem Unterschied gekommen ist?KS: Ich glaube es ist einerseits eine gesellschaftliche Entwicklung, und es ist eine Sache der Persönlichkeit Ich bin zum Beispiel weniger bauchgetrieben in den ganzen finanziellen Entscheidungen als es mein Vater oder ich sage, vielleicht generell die Generation vor mir war. Und es lässt sich, glaube ich, so ziemlich alles im wirtschaftlichen Bereich planen. Zumindest tun wir es und freuen uns jedes Jahr darüber, dass die Planungsgenauigkeit eine sehr hohe ist und wenn man dann mit den Zahlen für die Zukunft einfach schon einen Überblick hat, kann man ganz anders steuern. Nämlich auch was Risken betrifft, kann man das ganz anders anlegen. Früher war es so, dass meinen Eltern nicht das Haus gehört hat, in dem sie wohnten, hat nicht das Auto gehört, mit dem sie fuhren. Sie hatten eigentlich kein Privatvermögen, das über 50.000 Schilling hinausgegangen ist. Und waren auf Gedeih und Verderb dem wirtschaftlichen Überleben und Profit der Brauerei ausgelie-fert. Und das hat sich halt massiv verändert.

FCH: Wäre die Brauunion über das Waldviertel hergefallen, hätte es schlecht ausgeschaut!KS: Genau, genau. Denn wenn irgendwelche Umweltbedingungen sich massiv ver-schlechtert hätten, hätte das die ganze Familie und auch die Generationen danach doch wesentlich beeinflusst.

FCH: Apropos Controlling-Instrumente. Erzählen Sie mir bitte etwas über ihr Bauchge-fühl: Wo brauchen Sie denn jetzt Ihren Bauch?

KS: In meinen Aufgabenbereich liegt die Gastronomie-Verkaufsleitung, dadurch habe ich sehr sehr viel Kontakt habe mit Gastwirten, und vor allem mit sehr vielen, die neu anfangen, oder die ein Lokal, ein Wirtshaus neu übernehmen, die mir dann irgendwas erzählen, was sie planen für Umsätze zu machen, wie viel Bier sie brauchen werden. Dass sie vielleicht 10.000 Euro im Voraus als Darlehen benötigen von der Brauerei. Da ist sehr sehr stark das Bauchgefühl entscheidend, verbunden auch mit einer gewissen Menschen-kenntnis und natürlich auch mit einer Kenntnis der Branche, was auch realistisch ist, und was eben nicht realistisch ist.

FCH: Die Frage: wer überlebt die ersten drei Monat und wer nicht?KS: So ist es, so ist es. Auch was Konzepte betrifft, die einem so erzählt werden und das ist ein Bereich, den ich sehr spannend finde, mit dem ich mich sehr intensiv beschäftige. Ich bin beinahe täglich zumindest bei ein, zwei Gastronomen zu einem Gespräch eingeladen. Habe natürlich auch mein Lehrgeld dafür zahlen müssen im Vorfeld, ganz klar. Aber eben über die Jahre entwickelt man Menschenkenntnis. Und immer wieder rückgekoppelt auf das Bauchgefühl wird das immer sattelfester.

FCH: Wofür haben Sie Lehrgeld gezahlt?

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KS: Was ich lange Zeit nicht ordentlich machen konnte, ist einfach „Nein“ zu sagen. Oder zu sagen „Nein, interessiert mich nicht.“ Auch die Sympathie war da, da habe ich lange dafür benötigt, und habe letztendlich auch Lehrgeld dafür bezahlt.

FCH: Was haben Sie in diesen vielen Gesprächen über Unternehmertum gelernt?KS: Über Unternehmertum habe ich im Wesentlichen gelernt, dass die Langfristperspekti-ve das Entscheidende ist, dass es entscheidend ist, einen eingeschlagenen Weg konsequent zu verfolgen. Sich nicht zu stark ablenken zu lassen von all dem, was auf einen so an Ein-flüssen zuströmt. Sondern dass man einfach seiner Linie treu bleiben soll. Das sind so die wesentlichen Dinge und wenn ich das so zum Beispiel auf den ganzen Marketingbereich rückkopple, so ist es oft gar nicht entscheidend, zumindest ist es meine Meinung, die allerbeste Werbung zu haben, sondern die die man wählt, den Weg den man wählt, dann konsequent verfolgt.Aber das hat auch sehr stark mit Bauchgefühl zu tun, ob jemand das Zeug hat zu einem Unternehmer, dass er wirklich seine Ideen, seine Visionen die er hat, auch verwirklicht oder ob das, wie es halt in dieser Branche, der Gastronomie sehr häufig ist, ein Abenteu-rer ist, der einmal das und einmal jenes probiert. Das verspürt man doch zu einem sehr hohen Ausmaß dann auch mit der entsprechenden Treffergenauigkeit.

FCH: Woran erkennt man die Abenteurer? An der Übertreibung?KS: An der Übertreibung, an der oft auch übermäßig emotionalen Art wie sie auftreten. Allgemein kann ich es nicht näher beschreiben, aber ja es ist die Übertreibung, es ist das sehr, beinahe aggressive Auftreten, was vielleicht dann oft, ein Verdecken von Unsicher-heit ist. Dass man das noch durch entsprechende Emotionalität noch untermauert, was man selbst sich nicht sicher ist.

FCH: Was wäre ein anderer Archetyp den Sie treffen? KS: Eher der entspannte Typ, der mit einem gewissen Stolz von den Dingen erzählt, die er schon gemacht hat oder vorhat zu machen. Aber ohne dass man das Gefühl gewinnt, dass er übertreibt, sondern durchaus selbstbewusst und mit einer noblen Zurückhaltung einfach Konzepte unterbreitet, von seinen Plänen erzählt und letztendlich auch in plausib-len Zahlen oder Parametern irgendwie untermauert.

FCH: Gibt es noch einen Archetyp? So der Eifrige, gibt es den?KS: Ja, das will ich jetzt nicht nur auf die Gastronomie reduzieren, aber es gibt doch auch den Typ der eifrig ist, aber einfach nicht das Zeug dazu hat. Vom Intellekt her, für den es immer besser ist, dass er von jemandem geführt wird. Der ein braver Arbeiter ist, ein bra-ver Mitarbeiter, aber als Geschäftsführer, als Einzelunternehmer, dann meist zum Schei-tern verurteilt ist. Man erkennt ihn einfach an unschlüssiger Argumentation in seinem Vorhaben.

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FCH: Der sogenannte Normopath. Der so normal ist, dass er schon fast wieder gefährlich ist. Also der ist unschlüssig, und du hast den Eindruck, dass er keinen roten Faden hat.KS: Da er keinen roten Faden hat, versucht alles anzureißen, aber ohne Konzept, ohne wirklich roten Faden, wie Sie sagen.

FCH: Lässt sich das irgendwie prozentuell aufteilen? Ist die Hälfte, denen Sie begegnen, Abenteurer?KS: In der Gastronomie würde ich sagen, entsprechen wohl dreiviertel dem Abenteurer-typ. Das ist die große Mehrheit. Da muss man halt im Vorgespräch sinnvoller Weise schon aussortieren und die Rosinen rauspicken.

FCH: Haben Unternehmer eine Art genetische Codierung. Oder haben Sie den Ein-druck, dass das vor allem Sozialisierung ist? Erkennen Sie da Muster?KS: Könnte ich nicht sagen, dass ich da ein Muster erkenne. Es steht oft in Verbindung mit Lebenserfahrung. Und zwangsläufig mit dem Alter. Was ich damit sagen möchte ist, dass der 21-jährige Kellner, der sagt, jetzt mache ich mich selbstständig, sehr wenig zu die-ser Kategorie zählen wird, die die Abgeklärtheit schon haben oder die einfach relativ klar wissen wo die Reise hingeht und mit welchen Werkzeugen man das angeht.

FCH: Wie weit planen Sie „die Reise“ ihres Unternehmens im voraus?KS: Ich habe einen Plan, der auf die nächste Generation hingeht, sehr vage gefasst, aber sonst bin ich eher sehr im Mittelfrist-Bereich daheim. Das heißt drei bis fünf Jahre.

FCH: Ist die Frage nach dem Plan für die nächste Generation zu privat?KS: Nein, die dürfen Sie gern stellen. Ich bemühe mich, dass eines meiner beiden Kinder so viel Freude am Unternehmertum haben wird, um die Brauerei weiterzuführen, was ich mir wünschen würde. Zum Beispiel dadurch, dass ihre Ausbildung, sie sind ja noch relativ klein, also 10 und 12 Jahre, auch in diese Richtung gehen soll. Damit einhergehend, der ganz dringende Wunsch, ein eigenständiges Familienunternehmen zu bleiben.

FCH: Nur 10 Prozent der Familienunternehmen schaffen es in die vierte Generation. Ha-ben Sie eine These, warum ihr schon in der fünften seid und warum ihr über die sechste nachdenken könnt?KS: Eine These habe ich nicht. Es wird wahrscheinlich in einem großen Ausmaß Glück und Zufall gewesen sein. Doch auch eine gewisse Strenge in der Erziehung. Und ein po-sitives Umfeld was unsere Branche betrifft. Und wohl auch so etwas wie Krisenresistenz. Bier wird ja an sich immer getrunken. Und der Bierkonsum ist speziell ab den 60er Jahren ständig bergauf gegangen, bis Mitte der 90er Jahre. Wenn man da seine Hausaufgaben einigermaßen gemacht hat, dann war Platz für alle Brauereien, die in Österreich waren. *

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FCH: Was hat sich in ihren 14 Jahren als Unternehmer am Unternehmerischen geändert bei Ihnen? Was machen Sie anders? KS: Ich bin überlegter geworden. Nicht mehr so spontan. Eine wesentliche Schwäche von mir habe ich ablegen können. Ich kann jetzt wirklich „Nein“ sagen, und habe auch gelernt, Dinge zu exekutieren. Aber das soll jetzt nicht negativ sein, exekutieren. Sondern einfach Dinge, die erledigt gehören, das dann auch in Gang zu setzten bis es wirklich erle-digt ist. Konsequent zu verfolgen. Früher war ich wahrscheinlich durch die Unerfahrung, ein bisschen von dem jugendlichen Leichtsinn doch verleitet, Dinge anzureißen, die dann nicht fertig gemacht worden sind. Und was ich auch in vermehrten Ausmaß mache, auch um das eigene Wohlbefinden zu steigern, ich gebe sehr sehr viel Verantwortung an mei-ne Mitarbeiter ab, die das positiv aufnehmen. Ist natürlich verbunden mit Aufbau eines Vertrauensverhältnisses, was im Wesentlichen vorhanden ist. Und habe wenig Situationen, wo ich einfach mich beklage, dass ich einen Stress habe, das habe ich überhaupt nicht. Ich kann sagen, dass das was ich mache, mir großen Spaß macht, es gibt wenig unangeneh-me Dinge im Geschäftsleben. So gesehen habe ich wirklich eine hohe Form der Balance gefunden.

FCH: Das „überlegter geworden“ basiert worauf? Wo bekommen denn Sie Ihre Inputs her, was zu entscheiden ist? KS: Ich bin in einem sehr regen Erfahrungsaustausch innerhalb der Branche mit vielen anderen Brauereien. Ich bin in einem sehr guten Netzwerk, wo ich mich versuche sehr stark einzubringen. „Die Freien Brauer“. Das sind 35 Brauerein und da bin ich in vielen Arbeitsgruppen, auch in vielen Benchmarking-Gruppen dabei. Also in Österreich sind es nur vier Brauerein. Die meisten sind aus Deutschland, auch zum Teil aus Holland. Davon profitier ich am meisten.

FCH: Weil irgendeiner hat den Fehler schon gemacht, den Sie dann nicht mehr machen.KS: So ist es. Wir haben jetzt zum Beispiel einen eigenen Bereich, der nennt sich Unter-nehmensexzellenz. Wo aus dieser Gruppe heraus zwölf Brauereien, unter Anleitung eines Fachmannes, versuchen ihr Unternehmen in Teilbereichen immer wieder zu verbessern. Das ist ein laufender Zyklus, der nicht heute beginnt und in einem Jahr aus ist, sondern die Schleife geht immer weiter. Davon profitiere ich sehr viel. Und der zweite Bereich, und da bin ich fast fanatisch, was das betrifft, ist ein gut funktionierendes Controlling, einhergehend mit Kostenrechnung. Weil es einfach extrem beruhigend ist, heute zu wissen, was Ende 2010 in den Büchern steht und alle Zweifler, die bei uns in der Firma waren, sind mittlerweile eines Besseren belehrt, weil es immer stimmt. Und vielleicht hat es auch damit zu tun, dass die Leute, die es beeinflussen können, jederzeit diese Zahlen, sehr transparent einsehen können. Und wenn man sich Ziele setzt und letztendlich auch nach diesen Zielen bewertet und entlohnt wird, wird immer wieder gegengesteuert wenn etwas in eine andere Richtung läuft. Das heißt, das ist für mich ein ganz wichtiger Infor-mationsbringer, dieses Controlling.

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Noch ein Aspekt: Was jetzt Gastronomie und Handel betrifft, schaue ich einfach sehr viel bei den Kunden zu sein. Sowohl im Lebensmittelhandel als auch in der Gastronomie, diverse Branchenveranstaltungen und ähnliches.

*FCH: Das Stichwort Selbständigkeit klingt immer wieder durch, in unserem Gespräch. Wie würden Sie den Zustand der Selbstständigkeit in Österreich einschätzen?KS: Selbstständigkeit als Wesenszug eines Landes? Ja, da ist Österreich sicherlich, wenn man es werten würde, in einer Skala der europäischen Länder eher eines, das sich im letzten Drittel befindet. Hat mit vielen Faktoren zu tun, also da sind wir nicht vorbildlich, was Selbstständigkeit betrifft. Weil letztendlich auch das Sozialsystem nicht die Selbst-ständigkeit fördert, auch das Schulsystem es nicht tut. Dieser Beamtenstatus, der noch aus der K&K stammt, ist äußerst kontraproduktiv für Selbstständigkeit. Wir sind sehr obrig-keitshörig.Also ich habe den Eindruck, dass in den skandinavischen Ländern das sehr gut funkti-oniert. Und natürlich auch in einem gewissen Ausmaß in den Vereinigten Staaten. Trial and Error. Dort probiert es jeder.

FCH: Was würden Sie an Unterrichtsgegenständen einführen? KS: Ich würde einmal Ernährung und Sport stärker betonen im Unterricht. Oder nicht nur Sport, Bewegung einfach. Es geht ja um Bewegung, dass sich die Kinder bewegen und nicht so sich volstopfen mit Junk-food. Das wäre mir wichtig. Ich würde, ich hoffe da trete ich jetzt niemandem aus Ihrem Umfeld zu nahe, die Lehrer dazu zwingen, ganztägig in der Schule zu sein. Und einfach die Kinder oder Jugendlichen auch nachmittags zu be-gleiten. Und mehr Betonung auf Allgemeinbildung. Und lieber ein bisschen runter gehen in der Anzahl der Fächer und das Grundwerkzeug besser vermitteln. Also, dass die Kinder wirklich lesen, schreiben und rechnen können, Englisch können.KS: So ist es, ja.

FCH: Wie funktioniert Mit-Unternehmertum in ihrem Unternehmen?KS: Das funktioniert sehr gut. In meiner direkten Verantwortung sind sechs Abteilungs-leiter. Die, behaupte ich, die sind Mitunternehmer. Die sind, letztendlich, was aber dann nur ein kleiner Bereich der Motivation ist, in ihrer Gehaltsstruktur, zu einem hohen Ausmaß variabel entlohnt. Ist natürlich zwingend erforderlich, dass sie Einblick haben in alles. Das heißt selbst mitgestalten, wie sich gewisse Kosten-Situationen entwickeln. Sie sind auch zwingend in die Planung mit eingebunden. Das kann man ihnen nicht vorge-ben und sagen „Jetzt seid ihr dafür verantwortlich“, sondern die tragen eigentlich das von der Idee bis zur Durchführung, bis zum Erfolg alles mit.

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FCH: Diese letzten eineinhalb Jahre Krise. Was hat sich geändert?KS: Für uns ändert sich nichts was jetzt irgendwie dramatisch wäre. Das sind nur Nuan-cen. Es hat sich im Konsumverhalten relativ wenig geändert, da hat es keine Auswirkung gegeben. Wir haben heuer ein sehr sehr gutes Jahr gehabt, wenn nicht das Beste. Geändert hat sich vielleicht, dass wir vermehrt die Funktion einer Bank übernehmen. Dort 3000 Euro, dort 5000, dort vielleicht 10.000. Da ist wiederum dann Bauchgefühl sehr wichtig, weil es natürlich nicht wirklich Sicherheiten gibt..

FCH: Merken Sie in der Branche deutliche Brüche? Ändert sich da was?KS: Ich könnte es jetzt nicht sagen, im letzten Jahr. Allgemein, das habe ich eh schon angedeutet, ist es leider in der Gastronomie, dass die Zahl der Abenteurer immer größer wird. Man soll nicht veralgemeinern, aber die Einstiegsbarrieren sind in der Gastronomie praktisch null. Man findet immer eine Brauerei, die einem eine Schank hinstellt. Man findet immer ein Objekt das man pachten kann. Also anfangen kann man relativ rasch einmal. So gesehen ja, werden die Sitten rauer oder wird die Qualität der Gastronomen in Summe eher schlechter. Was aber für viele wiederum die Chance bietet, sich zu profi-lieren, das heißt tendenziell geht es den Guten heuer noch besser. Weil jetzt viele wegbre-chen.Unser Vorteil ist, das wir zumindest in der Vergangenheit, eine relativ hohe Treffer-quote bei den richtigen Wirten hatten. Große Unternehmen haben im Instanzenweg bis zum Entscheider oft drei, vier Personen zwischengeschaltet. Da kann man einfach diesen Eindruck, den man vor Ort hat, den der Vertreter vor Ort hat, gar nicht transportieren in die Geschäftsleitung. Das sehe ich momentan als unseren großen Vorteil, dass ich bei sehr vielen der Entscheidungen, die zu treffen sind einfach selbst mit eingebunden bin und mir selbst ein Bild machen kann.

FCH: Brauen ist ja ein analoges Geschäft. Darf man vermuten, dass alles was jetzt in den Netzwerken, in den Medien passiert, für euch wahrscheinlich keine großen Auswirkungen hat?KS: Na ja, in den Medien, da ändert sich schon sehr viel, überhaupt in der ganzen In-formationstechnologie. Also ich bin eher, was den Computer betrifft, ein Low User. Das www kann ich. Aber unsere die Kinder kriegen das natürlich schon in der Schule mit, die sind viel fitter als wir. Also das Geschäft an sich ist sehr traditionell, aber die erforder-lichen Handlungen sind nicht mehr so traditionell. Ich meine, ich habe eine technische Ausbildung und eine kaufmännische Ausbildung. So gesehen, wenn die nächste Generati-on das auch so anlegen wird, glaube ich, dass sie ein gutes Rüstzeug haben wird, um dieses Unternehmen zu führen.

FCH: Ganz anders gefragt: Wo kommt denn die Zukunft her?KS: Ja, die Zukunft kommt sehr stark aus der Gegenwart her, zum Teil von der Vergan-genheit, die man einfach nicht mehr ändern kann, aber grad wenn ich jetzt an die Gesprä-

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che und Verhandlungen, was man von den Medien mitbekommt, des Gipfels von Kopen-hagen reflektiere, dann kann man wirklich sagen, die Zukunft kommt von dem her, was wir jetzt gestalten. Im Ökologischen aber durchaus auch im Ökonomischen Bereich.

FCH: Auswirkungen für Ihre Firma?KS: Nicht unmittelbar, aber mittelbar, und wahrscheinlich erst in vielen Jahren auf jeden Fall. Also nicht in den nächsten zwei Jahren. Nachhaltigkeit ist auf jeden Fall ein Thema, weil diese enge Auswahl an Rohstoffen an sch – wir arbeiten ja nur mit Wasser, Hopfen und Malz – bedingt schon die Nachhaltigkeit. Wir haben zum Beispiel ein großes, noch niht gut gelöstes Thema mit der Verpackung. Da geht es mir selbst nicht gut damit. Es gibt Produkte die auch wir in Umlauf bringen, die sind sieben bis achtmal Mal verpackt. Wenn ich ein Bier hernehme, das in der 0,33 Liter-Flasche, Einwegflasche, gefüllt wird. Die Flasche wird dann in einen 6er-Karton, also ein Wrap-Around, vier davon kommen in eine Tasse, die Tasse wird geschrumpft, dann kommen 20 Tassen auf einen Display, mit einem Mantel herum, vier Displays kommen auf eine Palette. Es ist pervers…. Aber momentan nicht zu ändern.

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FCH: Herr Magister, noch eine Frage: fühlen Sie sich als Unternehmer in Österreich gut aufgehoben?KS: An sich schon. Das, was einfach nicht in den Köpfen vieler Leute drinnen ist, dass gerade Klein- und Mittelständische Unternehmen beinahe das alleinige Rückgrat der Wirtschaft und des ganzen Steueraufkommens in Österreich sind. Und hier sehe ich oft einfach zu wenig Wertschätzung. Oder zu wenig Bewusstsein. Ich kann es einfach nicht nachvollziehen, dass so wie es mit der Autoabwrackprämie war, hier Geld nachgeworfen wird, für Entwicklungen, die einfach überfällig sind. Aber ich beklage mich überhaupt nicht, also wir sind in Niederösterreich sehr gut aufgehoben als Unternehmen. Auch was die Netzwerke mit der Landesregierung betrifft Auch was Förderunterstützungen betrifft, fühlen wir uns sehr gut aufgehoben. Da sehe ich dann doch wieder die Wertschätzung. Das heißt im Großen und Ganzen kann man zufrieden sein.

FCH: Vielen Dank für das Gespräch.