KEYNES Multiplikator

31
Keynes Multiplikator Akzelerator Multiplikator Keynes geht von Unterbeschäftigung aus – in der Rezession werden die Maschinen weit unter der Kapazitätsauslastung gefahren so dass höhere Produktion nicht zu höheren Kosten führen muss. Strategischer Ansatzpunkt sind hierbei die Investitionen. Mgl. Steigerung staatlicher Investitionen (öffentlicher Bau), Verbesserung der Abschreibungsmgl., Senkung des Zinssatzes oder andere Verbesserungen der Gewinnerwartung Investitionsnachfragemultiplikator -> sehr viel größere Erhöhung des BIP -> die effektive Nachfrage bestimmt das Einkommen bzw. das BIP Durch Inv. Werden Einkommen geschaffen, diese Eink. verwenden die H zum Kauf von Konsumgütern wodurch wieder Eink. an anderen Stellen geschaffen wird usw. Aus: Y = Ca + Ia 1 - c folgt: Multiplikator = dY = 1 . = 1 dIa 1-c s - 1 -

description

mein Skriptum über die wichtigsten Multiplikatoren (Investition-, Staatsausgaben-,...) und Akzeleratorwirkung mit Formeln und einfachen (Grundlagen) Beispeilen! Viel Spass beim VWL-lernen!!!

Transcript of KEYNES Multiplikator

Page 1: KEYNES Multiplikator

Keynes Multiplikator Akzelerator

Multiplikator

Keynes geht von Unterbeschäftigung aus – in der Rezession werden die Maschinen

weit unter der Kapazitätsauslastung gefahren so dass höhere Produktion nicht zu

höheren Kosten führen muss. Strategischer Ansatzpunkt sind hierbei die

Investitionen. Mgl. Steigerung staatlicher Investitionen (öffentlicher Bau),

Verbesserung der Abschreibungsmgl., Senkung des Zinssatzes oder andere

Verbesserungen der Gewinnerwartung

Investitionsnachfragemultiplikator -> sehr viel größere Erhöhung des BIP -> die

effektive Nachfrage bestimmt das Einkommen bzw. das BIP

Durch Inv. Werden Einkommen geschaffen, diese Eink. verwenden die H zum Kauf

von Konsumgütern wodurch wieder Eink. an anderen Stellen geschaffen wird usw.

Aus:

Y = Ca + Ia

1 - c

folgt:

Multiplikator = dY = 1 . = 1

dIa 1-c s

Eine dauerhafte Erhöhung der Investitionen führt zu einer umso größeren Erhöhung

des Sozialproduktes, je kleiner die marginale Sparneigung (s = 1-c) ist.

z.B. marginale Konsumquote 0,8

1 . = 1 = 5

1 – 0,8 0,2 je kleiner die marginale Konsumquote je kleiner ist der

Multiplikator

- 1 -

Page 2: KEYNES Multiplikator

Investitionen (Keynes)

Ähnlich wie in der (Neo-)Klassik ist auch die am häufigsten verwendete

keynesianische Investionsfunktion eine fallende Funktion des Zinssatzes.

Begründet wird dies mit der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, die den Kosten

eines Investitionsprojekts (Auszahlungen) seine erwarteten Erträge (Einzahlungen)

gegenüberstellt.

Vereinfachte Annahme: Auszahlungen fallen in der Gegenwart an, während

Einzahlungen diskontiert werden müssen, da sie sich über mehrere Perioden

erstrecken.

Aus der Gleichsetzung der Auszahlungen A mit den diskontierten Einzahlungen E

ergibt sich der interne Zinsfuß r (Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals), der die

Verzinsung des eingesetzten Kapitals für ein Investitionsprojekt mißt.

Je höher der Zinsfuß desto lukrativer ist ein Investitionsobjekt.

Akzeleratorprinzip

Vollauslastung der Kapazitäten in der Konsumgüterbranche führt zu zusätzlichem

Bedarf an Investitionsgütern, der vom Investitionsgütersektor gedeckt werden kann,

d. h. der Kapitalbestand steigt.

Je höher v (Akzelerator = Beschleuniger) desto stärker reagieren die Investitionen

auf die erwartete Nachfrageänderung

Keynes Grundlagen

Keynes: Die effektive Nachfrage dominiert den Arbeitsmarkt

Die keynesianische Konsumfunktion

KEYNES eine einkommensabhängige Konsumfunktion. Zwar nennt er in der „General

Theory“ zahlreiche Einflussfaktoren kommt aber zu dem Schluss, dass die

- 2 -

Page 3: KEYNES Multiplikator

Konsumgüternachfrage hauptsächlich eine Funktion des (laufenden) Einkommens

sei

C = C a + c * Y mit Ca >0 und 0< C < 1.

(Ca > 0 und 0< c< 1)

Gesamtkonsum C ist eine zunehmende Funktion des Einkommens, d.h. je höher

das Einkommen, desto höher auch der Konsum

Ca als einkommens-unabhängiges absolutes Glied in der Konsumfunktion

wenn auf Bestände zurückgegriffen werden kann

die Konsumfunktion nicht degressiv steigend, sondern linear spezifiziert wird (lineare

Regression zwischen Einkommen und Konsum)

marginale Konsumneigung c gibt die Veränderung des Gesamtkonsums an

wenn sich das Einkommen um eine Konsumeinheit ändert

erste Ableitung bzw. die Steigung der Konsumfunktion (c = dC / dY)

c = Linearitätsannahme als konstant unterstellt

dass der Durchschnittskonsum bei steigendem Einkommen abnimmt:

C = Ca + cY = Ca + c

Y Y Y

Da Ca und C konstant sind, muss C/Y bei steigendem Y sinken. Dass der

Durchschnittskonsum bei steigendem Einkommen sinkt, bezeichnet KEYNES als

„fundamental-psychologisches Gesetz“. Der sinkende Durchschnittskonsum bei

steigendem Einkommen ist der Kern der keynesianischen Konsumfunktion

Sparfunktion S = – C a + ( 1 – c) x Y

Der Ausdruck 1–c = s wird als marginale Sparneigung bezeichnet

Ersparnis = Restgröße

Ob die Ersparnis in Form von Wertpapieren oder als Bargeld gehalten wird, spielt

hier noch keine Rolle

Geld- und Kreditmarkt folgt!!!!

kurzfristige Betrachtungsweise bei KEYNES

Arbeitsmarktes (Unterbeschäftigung)

- 3 -

Page 4: KEYNES Multiplikator

Das Einkommen-Ausgaben-Modell: Der Gütermarkt

Wie sich ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt ergibt

dass das geplante Güterangebot YS der geplanten Güternachfrage YD

YS = YD

gesamtwirtschaftliche Nachfrage aus der Konsumgüternachfrage C und der

Investitionsgüternachfrage I zusammen

Gleichgewichtsbedingung lautet

YS = YD = C + I

Setzen wir in diese Gleichgewichtsbedingung die keynesianische Konsumfunktion

ein

Investitionen als exogene Größe Y* = Ca + cY* + Ia

Je höher die modellexogenen Nachfragekomponenten Ca und aI und je höher die

marginale Konsumneigung c desto höher der Wert des Gleichgewichtssozialprodukts

Y*

Die Höhe des Sozialprodukts hängt von der effektiven Nachfrage ab -> Ersichtlich

wenn man eine der autonomen Nachfragekomponenten ( aC und aI ) nach oben

verschiebt oder die Steigung der Funktion Yc – d.h. die marginale Konsumneigung

– erhöht. Es gibt im Einkommens-Ausgaben-Modell nur ein einziges

Gleichgewicht, dass von der Nachfrage determiniert wird

Es ist keineswegs gesichert, dass das so bestimmte Güterangebot ausreicht, um das

vorhandene Arbeitsangebot überhaupt zu beschäftigen!

Arbeits- und Gütermarkt

Der Gütermarkt entscheidet nun über die effektive Nachfrage auch über die Höhe

des Sozialprodukts und beeinflusst damit auch den Arbeitsmarkt.

- 4 -

Page 5: KEYNES Multiplikator

(wobei hier die Produktionsfunktion und die Arbeitsangebotsfunktion mit den

(neo)klassischen Funktionen identisch sind.)

Differenz zwischen Vollbeschäftigungsangebot und effektiver Nachfrage wird als

deflatorische Lücke bezeichnet, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass in

dieser Situation wegen des Überangebots Preissenkungen zu erwarten sind.

Sofern die Nachfrage das Angebot übersteigt, d.h. für Produktionsniveaus kleiner Y*,

spricht man von einer inflatorischen Lücke, weil dann aus dem entsprechenden

Grund mit Preissteigerungen zu rechnen ist.

Folgt im Tutorium.........Es kommt zu der keynesianischen Unterbeschäftigung,

die überhaupt nichts mit der Höhe der Reallöhne zu tun hat und daher durch

Reallohnsenkungen auch nicht bekämpft werden kann. Eine zu geringe effektive

Nachfrage, ist für die Arbeitslosigkeit verantwortlich.

In der Neoklassik sorgt das Saysche Theorem (der Zinsmechanismus am

Kapitalmarkt) dafür, dass jedes Sozialprodukt ein gleichgewichtiges Sozialprodukt ist!

Da die hier abgeleitete Arbeitslosigkeit nicht durch zu hohe Reallöhne hervorgerufen

wird, handelt es sich um unfreiwillige Arbeitslosigkeit. Sinkt der Reallohn, so steigt

die Arbeitsnachfrage nicht, da die Gütermarktrestriktion bestehen bleibt.

Beseitigung der Arbeitslosigkeit durch eine steigende öffentliche Nachfrage!

Der Multiplikator

grundsätzliche Möglichkeit zu seiner Beseitigung mitgeliefert: Investitionen.

Einfachste Möglichkeit ist eine Steigerung staatlicher Investitionen oder

Anregung priv. I durch Verbesserung der Abschreibungsmöglichkeiten, Senkung

des Zinssatzes, Verbesserung der Gewinnerwartungen

Wie stark das Sozialprodukt auf die Steigerung von I reagiert?

Aus Y = Ca + cY + I folgt ∆ Y = (Ca + I)

eine dauerhafte Erhöhung der Investitionen zu einer umso größeren Erhöhung des

Sozialprodukts führt, je kleiner die marginale Sparneigung (s = 1-c) ist.

- 5 -

Page 6: KEYNES Multiplikator

im Ausgangszustand unfreiwillige Arbeitslosigkeit bestanden haben muss

(andernfalls treten Restriktionen durch die Angebotsseite auf, was KEYNES

gerade nicht untersuchen wollte!!!! 1930er Jahre Weltwirtschaftskrise – bitte selbst

nachlesen).

Keynesianische Investitionsfunktionen

Investitionshöhe vom Vergleich des Marktzinssatzes mit der erwarteten Rentabilität

der Investitionsprojekte abhängt

Rentabilität eben nur eine erwartete und keine sichere Größe ist

Investition durch alle Faktoren beeinflusst, dazu können die Geld- und Fiskalpolitik

ebenso gehören wie die weltwirtschaftliche Lage usw. Investitionen nach

keynesianischer Auffassung nur schwer prognostizier- und steuerbar

in Krisensituationen nahe zu liegen scheint, die zu geringen privaten Investitionen

direkt durch öffentliche Investitionen zu kompensieren, anstatt das Investitionsklima

zu verbessern.

Nach keynesianische Auffassung nicht um vollständige Erklärungen, sondern nur um

Erklärungshilfen handeln kann!

Die zinselastische Investitionsfunktion

Investitionsfunktion ist eine fallende Funktion des Zinssatzes.

-> Bestimmung des internen Zinsfußes. Der abnehmende interne Zinsfuß, d. h. die

abnehmende Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, kommt durch die unterschiedlich

rentablen Investitionsobjekte, die den UN zur Verfügung stehen, zustande.

Je höher der Marktzins i, desto weniger Investitionsobjekte erfüllen die

Bedingung, r > i, so dass die Anzahl durchgeführter Investitionsobjekte bei

steigendem Marktzins abnimmt. Auf diese Art erhält man wie in der klassisch-

neoklassischen Theorie eine zinselastische Investitionsfunktion. (Höherer Marktzins -

> UN legen ihr Geld anderweitig an!)

- 6 -

Page 7: KEYNES Multiplikator

Keine vollkommene Information über die Einzahlungen (Rendite) sondern nur

subjektive Erwartungsgröße! Investitionsfunktion kann daher großen (rational

mgl.weise nicht vollständig erklärbaren) Schwankungen unterworfen sein.

Das Akzeleratorprinzip

Die Akzeleratorhypothese der Investitionen beschreibt Investitionen in Abhängigkeit

von Nachfrageänderungen (wobei der Akzeleratorprozess dadurch ausgelöst wird,

dass die Unternehmen aus irgendwelchen Gründen mit einer zusätzlichen Nachfrage

(nach Konsumgütern) rechnen: I = ∆ K = f( ∆ Y)

wobei Y – analog zum internen Zinsfuß in der zinselastischen Investitionsfunktion –

eine erwartete Größe ist. Sofern man einen linearen Zusammenhang unterstellt,

kann man das als YvK bzw.DY

Kv

schreiben. Je höher v, desto stärker reagieren die Investitionen auf die erwartete

Nachfrageänderung, so dass v als Akzelerator (Beschleuniger) bezeichnet wird.

Kritische Beurteilung des Einkommens-Ausgaben-Modells

Da die Investitionen exogen sind, wird im Modell nicht die Möglichkeit in Betracht

gezogen, dass eine Erhöhung der staatlichen Investitionen möglicherweise zu einer

Verdrängung privater Investitionen (Crowding-Out) führen kann; beispielsweise weil

die Zinsen steigen (diese tauchen im Einkommens-Ausgaben-Modell genauso wie

der Geldmarkt gar nicht auf!) oder die Investoren Steuererhöhungen zur Deckung der

öffentlichen Ausgaben befürchten

Investitionen (Keynes)

Investitionen gehen als Güternachfrage in die VGR ein. Bei Keynes ist die Höhe der

Investition im wesentlichen vom Zins abhängig:

- 7 -

Page 8: KEYNES Multiplikator

I=f(i)

Für ihre Ermittlung und Beeinflussung sind wiederum (wie beim Konsum) die

geplanten Investitionen – genauer gesagt: der geplante Kapitalstock – die Zielgröße

der Unternehmen. Den geplanten Kapitalstock brauchen die Unternehmen, um eine

bestimmte Gütermenge zu produzieren. Die Zusammenhänge kennen wir ja noch

aus der Mikroökonomie. In einfachen Produktionsfunktionen hängt der Output eines

Unternehmens, einer Branche, einer Ökonomie von dem Beschäftigungsstand, dem

Kapitalbestand und dem Know How ab.

Die Höhe der Investition ist bei Keynes nicht gleich der Sparhöhe. Sie hängt vielmehr

von den Erwartungen der Unternehmer ab. Erwarten die Unternehmen eine gute

Verzinsung des Kapitals, so werden sie investieren. Gute Verzinsung ist definiert als

ein Ertrag des Kapitals, der höher ist, als der Marktzins. Das risikobehaftete

Investment muss mehr Ertrag bringen, als eine quasi sichere Anlage am

Kapitalmarkt.

Der Kapitalmarkt wird ganz wesentlich von der Politik der Notenbanken beeinflusst,

aber auch von dem staatlichen Budget. Verschuldet der Staat sich erheblich höher,

als seine Einnahmen das zulassen, steigt durch seine Nachfrage der Zins am

Kapitalmarkt. Insofern entsteht der crowding out Effekt. Die Investitionen der privaten

Wirtschaft werden erschwert, da viele positive unternehmerische

Investitionsentscheidungen an der Mindestverzinsung für staatliche Anleihen

scheitern.

Dem Zinssatz entspricht also ein gewisses Investitionsvolumen (siehe PPT Keynes

Grundmodell). Die Investition lässt sich in eine Höhe des Sozialproduktes

umrechnen. Es gibt aber keine funktionale Beziehung zwischen dem Sparen und der

Investition – jedenfalls noch nicht an dieser Stelle. Das Sparvolumen ist nicht von

dem Zinssatz abhängig.

Zum Volkseinkommen gehört eine Konsumhöhe, wie wir mit ökonometrischen

Methoden nachgewiesen haben. Da Konsum und Sparen komplementäre Größen

sind, ist dementsprechend aus dem Volkseinkommen ein Sparvolumen abzuleiten.

- 8 -

Page 9: KEYNES Multiplikator

Nun kombiniert man die beiden grafischen Darstellungen und erhält so ein

Sozialprodukt von der Nachfrageseite, das vom Zinssatz und vom Volkseinkommen

abhängig ist.

Man kann nicht umhin, diese Zusammenhänge als Tautologie zu bezeichnen. Die

Auflösung der Zusammenhänge in mehrere Bestimmungsgrößen, die wiederum

voneinander abhängig sind, gibt allerdings Hinweise auf Handlungsparameter des

Staates, bzw. der Wirtschaftspolitik. Das war letztlich Keynes’ Ziel. Er wollte die

staatlichen Aktivitäten beeinflussen, bzw. dem Staat die Möglichkeiten vor Augen

führen, die Wirtschaft zu gestalten.

J.M. Keynes hält c. p. alle Einflussfaktoren außer dem Zins konstant und deshalb

nimmt bei ihm die Investitionshöhe mit steigendem Zins ab. Die gesamte (geplante)

Nachfrage ist damit von dem Sozialprodukt und dem Zinssatz abhängig:

.

Damit kommen wir wieder auf die Investitions- und Sparkurve zurück, die wir bereits

im Diagramm behandelt haben. Keynes nimmt sie lediglich in ihre zwei Bestandteile

auseinander. Das Sparen wird also ausschließlich als eine Funktion des

Nationaleinkommens und die Investition als eine solche des Zinssatzes dargestellt.

Der Verlauf der Investitionsfunktion hat eine erhebliche Bedeutung für die

wirtschaftliche Entwicklung. Reagieren die Unternehmen sehr stark auf Änderungen

der Zinssätze, so kann die Geldpolitik die Wirtschaftsentwicklung gestalten. Ist das

nicht der Fall, verläuft die Investitionskurve entsprechend flacher. Die

korrespondieren Volkseinkommen unterscheiden sich kaum voneinander und die IS-

Kurve ist eine Gerade.

Die IS-Kurve stellt Kombinationen von Einkommen und Zinssatz grafisch dar. Auf der

Kurve ist die Wirtschaft im Gleichgewicht, d.h. laut Keynes treffen die Erwartungen

der Wirtschaftssektoren überein. Die Pläne der Haushalte und Unternehmen sind im

- 9 -

Page 10: KEYNES Multiplikator

Einklang und werden ohne Reibungsverluste umgesetzt. Jede Kombination

außerhalb der Kurve ist ungleichgewichtig und verlangt nach Interventionen. Keynes

meint damit immer auch Interventionen des Staates.

Oberhalb der IS-Kurve ist S>I, d.h. die Wirtschaftssubjekte planen mehr zu sparen,

als zu investieren. Oder anders herum: die Haushalte wollen weniger konsumieren,

als die Unternehmen mit der Steigerung der Kapazitäten (über die Investitionen)

herstellen werden. Eine solche Schieflage in den Erwartungen führt zu einer

Einschränkung der Produktion bei den Unternehmen. Damit werden die

Produktionsfaktoren geringer entlohnt und die Haushalte verfügen über weniger

Einkommen. Folglich werden sie weniger sparen. Damit streben die Wirkungen zum

Ausgleich, weil bei sonst gleichen Randbedingungen (c.p.) das Sparvolumen auf die

Investitionsplanung sinkt.

In der modellhaften Überlegung muss sich allerdings die Sparquote ändern, denn

sonst würde mit sinkendem Einkommen auch der Konsum nachlassen.

Die Wirtschaftspolitik kann in dieser Situation mit einer Senkung der Zinsen

reagieren oder mit einer autonomen Nachfrageerhöhung des Staates. In den Fällen

stellt sich der höhere Konsum ein, der zu den geplanten Investitionen passt. Eine

Senkung der Zinsen führt zu einer höheren Investition, womit S=I bewirkt werden

kann. Diese Variante bringt aber eine offene Frage mit sich. Die steigenden

Investitionen werden zu einer Produktion von mehr Gütern führen (zumindest nach

Keynes). Die Wirtschaft hat also noch mehr Angebot als vorher und es bleibt zu

fragen, wie das höhere Angebot abgesetzt werden kann.

Keynes nennt die Situation S>I deflatorische Lücke, weil sie tendenziell zu sinkenden

Preisen führt; die aber trotzdem den Nachfrageausfall nicht kompensieren.

In anderer Richtung wirkt der Fall S<I. Er heißt folgerichtig auch inflatorische Lücke.

In dieser Entwicklung wird wenig gespart, d. h. mehr konsumiert. Die Nachfrageseite

treibt die Preise. Dadurch steigt aber auch das Volkseinkommen. Damit nimmt in

Umkehrung der oben schon besprochenen Situation das Sparvolumen wieder zu.

Das System bewegt sich in Richtung auf S=I. Eine Zinserhöhung der Zentralbank hat

- 10 -

Page 11: KEYNES Multiplikator

den gleichen Effekt und eine Einschränkung der Staatsnachfrage ebenfalls. Keynes

identifiziert also mindestens drei Parameter, die das System ins Gleichgewicht

bringen können. Die Bewertung und Auswahl zwischen diesen

Handlungsalternativen fällt der Wirtschaftspolitik zu.

Sie kann den Konsum in der Wirtschaft reduzieren oder über den höheren

Opportunitätszinssatz die Investitionen im Unternehmenssektor senken. Es ist für die

Unternehmen in diesem Fall nur noch in geringerem Umfang möglich, einen

garantiert hohen Zins zu übertreffen.

Die Modelle des John Maynard Keynes sind Bilder des Ungleichgewichts. Sie

vermitteln einen komparativ statischen Ansatz, der die Anpassungsprozesse

thematisiert. Insofern sind bei ihm verschiedene Multiplikatoren von Bedeutung.

Multiplikatoren fassen die Effekte zusammen, die sich mit jedem Durchlauf durch den

Kreis der Ökonomie wiederholen. So summieren sich die Ergebnisse in

abnehmenden Raten zu einem gesamten Effekt, dem sogenannten Multiplikator. Ein

einmaliger Anstoß bringt also eine vielfache Wirkung.

Investitionsmultiplikator

In Modellen nach Keynes gibt es Anpassungsdynamik, die aus einer verzögerten

Reaktion der Wirtschaftssubjekte resultiert. Wir haben eine solche Anpassung bereits

im Cob Web Theorem kennen gelernt. Es wird unterstellt, dass die Konsumausgaben

erst um eine Periode verzögert auf Einkommensveränderungen reagieren.

Kombiniert man das mit den Einflussmöglichkeiten der Wirtschaftspolitik, so kann

man die Wirkung einer einmaligen Erhöhung der Nachfrage auf die

Wirtschaftsleistung prognostizieren. Die Steuerung nach Keynes ist damit klar

nachfrageorientiert.

Im Prinzip kann man den Multiplikator auf alle Arten der Nachfrageerhöhung

anwenden (Privater Konsum, Investitionen, Staatsausgaben, Auslandsnachfrage). Im

folgenden wollen wir den Investitionsmultiplikator besprechen, wobei man unterstellt,

- 11 -

Page 12: KEYNES Multiplikator

dass eine autonome, z. B. vom Staat induzierte Ausgabenerhöhung für Investitionen

stattfindet.

Wir gehen von der Konsumgleichung aus, setzen nun aber den resultierenden

Konsum als Reaktion auf die Sozialproduktserhöhung durch Investitionen der

Vorperiode an:

Wir machen folgende Annahmen:

Die Investition sei kreditfinanziert und betrage 100 Mio. €. Die Grenzneigung zum

Konsum sei 0,8, entsprechend werde 0,2 des Einkommens gespart. Die anderen

Daten ergeben sich aus der Excel Tabelle.

Der Einkommenszuwachs entwickelt sich nach einer geometrischen Reihe. Für c<1

strebt die Reihe dem Grenzwert von zu. Im vorliegenden Rechenbeispiel dem

Wert von 500. Der Multiplikator ist in dem Fall = 5.

Der einfache Einkommensmultiplikator

Zur Ableitung des Multiplikators folgen wir exakt der zitierten Vorgehensweise

Keynes', notieren die einzelnen Schritte der Klarheit wegen in Gleichungen. Da sich

das Einkommen aus Konsum und Investitionen zusammensetzt, kann eine

Veränderung des Einkommens ΔY nur aus einer Veränderung des Konsums ΔC und

einer Veränderung der Investitionen ΔI bestehen:

[1] ΔY = ΔC + ΔI.

Das Verhältnis der Änderung des Konsums zur Änderung des Einkommens heißt

bekanntlich marginale Konsumquote:

Der Multiplikator

- 12 -

Page 13: KEYNES Multiplikator

[The marginal propensity to consume] is of considerable importance, because it tells

us how the next increment of output will have to be divided between consumption

and investment. For ΔYw  =  ΔCw + ΔIw, where Cw and Iw are the increments of

consumption and investment; so that we can write ΔYw  =  kΔIw, where 1 - 1/k is

equal to the marginal propensity to consume.

Let us call k the investment multiplier. It tells us that, when there is an increment of

aggregate investment, income will increase by an amount which is k times the

increment of investment.

[2] c = ΔC/ΔY.

Eingesetzt in [1] folgt

[3] ΔY = cΔY + ΔI

[4] ΔY - cΔY = ΔI

[5] (1-c) ΔY = ΔI

[6]

[7] ΔY = kΔI

Dabei ist 1-1/k gleich der marginalen Konsumquote c. Keynes nennt k den

Investitionsmultiplikator. Der Begriff Investitionsmultiplikator ist auch heute durchaus

üblich, meist spricht man aber vom Multiplikator oder einfachen

Einkommensmultiplikator. Gleichung [7] enthält eine bedeutsame Aussage:

Bei einem Multiplikator k steigt das gesamtwirtschaftliche Einkommen infolge eines

Anstiegs der Investitionen um das k-fache des Anstiegs der Investitionen.

Da die marginale Konsumquote als bekannt angenommen werden kann, lässt sich

der Wert des Multiplikators leicht berechnen:

- 13 -

Page 14: KEYNES Multiplikator

[8] .

Bei einer marginalen Konsumquote von 0,75 wäre der Multiplikator also 4. Oder

etwas weniger technisch formuliert: Wenn die Investitionen um eine Milliarde EUR

zunehmen, dann steigt die Produktion um vier Milliarden!

Das muss jeden Wirtschaftspolitiker elektrisieren, wenn er es zum ersten Mal hört - ...

und versteht. Man muss "nur" einen Euro ausgeben, um das Einkommen um vier

Euro ansteigen zu lassen. Mal unterstellt, dass Steuern diesen Prozess nicht stören,

würde das bei einer Steuer auf das zusätzliche Einkommen (Grenzsteuer) in Höhe

von 25 Prozent ja bedeuten, dass man ein höheres Einkommen "für lau" bekäme.

Wir wollen für unser Zahlenbeispiel überlegen, in welchem Umfang die Investitionen

steigen, so dass das Vollbeschäftigungseinkommen YVB in Höhe von 1200 erreicht

wird. Mit den Parameterwerten Caut = 100, Iaut = 100 und c = 0,75 hatten wir ein

Gleichgewichtseinkommen in Höhe von

[9]

ermittelt. Es ist also eine Einkommenssteigerung ΔY von 400 erforderlich, um die

Nachfragelücke zu schließen. Wenn wir die Werte in Gleichung [6] einsetzen

[10] ,

finden wir die notwendige Veränderung der Investitionen

[11] ΔI = 100.

Der Staatsausgabenmultiplikator

Der Begriff Staatsausgabenmultiplikator wird im engeren Sinn für die multiplikativen

Wirkungen der Staatsausgaben in Modellen verwandt, die Staatsausgaben und -

einnahmen explizit berücksichtigen. Die Begrifflichkeit ist allerdings nicht ganz

- 14 -

Page 15: KEYNES Multiplikator

einheitlich. Mitunter wird auch der einfache Einkommensmultiplikator als

Staatsausgabenmultiplikator bezeichnet. Wenn man den Begriff weiter fasst, versteht

man unter dem Staatsausgabenmultiplikator auch die Wirkungen anderer autonomer

Ausgaben (private Investitionen, Konsum) in Gegenwart von Steuern und

Staatsausgaben auf das Gleichgewichtseinkommen sowie die Wirkungen einer

Veränderung der Steuern selbst. Im letzten Fall spricht man auch vom

Steuermultiplikator.

Die Vorgehensweise bei der Analyse des Staatsausgabenmultiplikators entspricht

denen beim einfachen Einkommens- und beim Exportmultiplikator. Als

Referenzmodell verwenden wir den einfachen Einkommensmultiplikator, d.h. wir

betrachten eine geschlossene Volkswirtschaft mit Staat.

Vom Staat nehmen wir an, dass er die Bürgerinnen und Bürger auf zwei Arten

besteuert. Zum einen erhebt er eine einkommensproportionale Steuer. Der

Steuersatz beträgt t. Bei einem Einkommen in Höhe von 1000 und einem Steuersatz

von 20 Prozent verbliebe den Bürgern ein verfügbares Einkommen in Höhe von Yv =

800.

Zum anderen besteuert der Staat die Bürger pauschal. Die Höhe der pauschalen

Steuer beträgt Taut. Mit dieser Variablen werden die Einnahmen des Staates erfasst,

die nicht vom Einkommen abhängig sind. Es muss sich dabei nicht um Steuern i.e.S.

handeln, sondern man kann darunter auch Gebühren und Beiträge fassen.

Die beiden Steuerarten vermindern das Einkommen Y um die Steuereinnahmen des

Staates (= tY+Taut). Den privaten Wirtschaftssubjekten verbleibt nach Abzug der

Steuern das verfügbare Einkommen Yv:

[1]

Dementsprechend muss an der Konsumfunktion eine kleine Modifikation

vorgenommen werden.

[2]

Die Investitionen seien weiterhin als autonom unterstellt:

- 15 -

Page 16: KEYNES Multiplikator

[3]

Schließlich ändert sich die Gleichgewichtsbedingung zu

[4]

Wir verwenden hier die amerikanische Schreibweise und bezeichnen die

Staatsausgaben als G. Damit legen wir uns nicht von vornherein auf Konsum- CSt

oder Investitionsausgaben ISt des Staates fest und sparen ein bisschen

Schreibarbeit. Alternativ zu [4] hätten wir auch

[4a]

schreiben können.

Eine letzte Gleichung benötigen wir erst später,

[5] (Budgetausgleich, Definitionsgleichung),

wenn wir untersuchen, wie der Staatsausgabenmultiplikator sich verändert, wenn wir

vom Staat einen ausgeglichen Haushalt (in der laufenden Periode) fordern.

Zunächst verlangen wir dies aber -  realistischerweise könnte man sagen - nicht.

Unser Modell besteht also aus den Gleichungen [1] bis[4].

Wir wollen überlegen, was passieren würde, wenn der Staat seine Einnahmen in

Form von Transfers Tr (z.B. Kindergeld) unmittelbar wieder an die Bürgerinnen und

Bürger auszahlt und sonst in keiner Weise in Aktion tritt. Für die Staatsausgaben soll

also gelten G = Tr. Die Transferzahlungen wären in Gleichung [1] für das verfügbare

Einkommen zu berücksichtigen, so dass

[6] .

Würde der Staat also Steuern erheben und diese als Transfers unmittelbar wieder an

die Haushalte zurückleiten, so hätte dies keine Effekte gegenüber unserem

Referenzmodell, da die Bevölkerung wieder über das ursprüngliche Einkommen Y

verfügen würde. Der Multiplikator wäre also weiterhin durch den Kehrwert der

marginalen Sparneigung gegeben.

- 16 -

Page 17: KEYNES Multiplikator

Das gilt allerdings nur unter der recht restriktiven Voraussetzung, dass die

Nettoempfänger der Transferzahlungen eine gleich hohe marginale Konsumneigung

haben wie die Netto-Zahler. In der Regel wird aber Folgendes gelten: Der Staat

besteuert vor allem die Hocheinkommenshaushalte ("double income, no kids") und

leitet die Transfers an die Niedrigeinkommenshaushalte (z.B. in Form von

Kindergeld) weiter. Da die Hocheinkommenshaushalte im Schnitt eine geringere

Konsumneigung haben werden als die Transfereinkommensbezieher, nimmt die

gesamtwirtschaftliche Konsumneigung durch die Umverteilung zu.

Insofern kann man von der Umverteilung kurzfristig einen expansiven Impuls

erwarten, da die Nachfrage belebt wird. Auf mittlere bis lange Sicht wären aber auch

die allokativen Wirkungen zu berücksichtigen. Sowohl für die

Nettotransferempfänger als auch für die Nettozahler wird das Arbeitsangebot

unattraktiver - in einer politischen Diskussion würde man formulieren, dass die

Umverteilung die Leistungsbereitschaft der Bevölkerung gefährdet. Die

Transferempfänger riskieren ihre Transfers, wenn sie höhere Einkommen erzielen,

was unter Umständen zu freiwilliger Arbeitslosigkeit führt ("soziale Hängematte",

"Leistungsmissbrauch"). Diejenigen, die die Transfers aufbringen, leiden unter den

hohen (Grenz)Steuersätzen. Freizeit wird relativ zur Arbeit für sie attraktiver.

Um diese Effekte auszuschalten sei im Folgenden angenommen, dass der Staat

keine Transfers zahlt, sondern selbst Nachfrage nach öffentlichen Gütern

entwickelt.

Durch Einsetzen von [1], [2] und [3] in die Gleichgewichtsbedingung [4] lässt sich

durch einfaches Umstellen der Terme das Gleichgewichtseinkommen

[7]

berechnen; wegen des Terms ct mit folgendem Ergebnis:

Der Staatsausgabenmultiplikator bleibt hinter dem einfachen

Einkommensmultiplikator zurück

- 17 -

Page 18: KEYNES Multiplikator

[8] und fällt mit der Höhe des Steuersatzes.

Gleichung [7] ist maussensitiv, so dass Sie den Staatsausgabenmultiplikator direkt

mit dem Multiplikator des Referenzmodells vergleichen können.

Der geringere Wert des Staatsausgabenmultiplikators ist inhaltlich auf die

Verminderung des verfügbaren Einkommens durch die proportionale Steuer

zurückzuführen. Von im Einkommenskreislauf generierten 100 Euro zusätzlichem

Einkommen würden die Bürgerinnen und Bürger bei einer marginalen Konsumquote

von 0,75, wenn sie nicht besteuert würden, 75 Euro für Konsum ausgeben. Bei

einem Steuersatz von 20 Prozent, stünden ihnen netto anstatt 100 aber nur 80 Euro

zusätzliches Einkommen zur Verfügung, so dass der zusätzlich induzierte Konsum

auf 60 Euro fallen würde ( = (1 - 0.2)*100*0.75). In diesem Zahlenbeispiel fiele der

Multiplikator von 4 im Referenzmodell auf 2,5 im Modell mit Staat:

[9]

Staatseinnahmen und -ausgaben

Zwar sind auch andere konjunkturpolitische Szenarien denkbar, doch der Staat wird

in der Regel um einen gewissen Budgetausgleich bemüht sein. Wenn er seine

Ausgaben erhöht oder senkt, wird er versuchen, die Einnahmen entsprechend zu

erhöhen oder zu senken. Wir wollen betrachten, was passiert, wenn der Staat eine

Ausgabensteigerung um einen Euro durch eine Anhebung der autonomen Steuern

um einen Euro finanziert.

Für die Ausgabensteigerung haben wir nach [7] einen expansiven multiplikativen

Effekt in Höhe von

[10]

Zugleich kommt es durch die Anhebung der autonomen Steuer aber zu einem

kontraktiven Effekt:

- 18 -

Page 19: KEYNES Multiplikator

[11]

Da die marginale Konsumquote kleiner als eins ist, ist der expansive Effekt in [10]

größer als der kontraktive Effekt in [11]. Grund ist, dass die "Injektionen" in den

Kreislauf die "Sickerverluste" übersteigen. Wenn der Staat den Bürgern pauschal

einen Euro nimmt, geht die Nachfrage um den Betrag der marginalen Konsumquote

zurück. Der Staat selbst - das haben wir gerade unterstellt - gibt den Euro aber voll

wieder aus. Insgesamt nimmt die Nachfrage also zu.

Zugleich macht diese Überlegung deutlich, dass Einnahmen, die überwiegend zur

Konsolidierung des Haushalts verwandt werden, kontraktiv wirken. Würde der Staat

von dem autonomen Steuer-Euro einen geringeren Anteil ausgeben als die

marginale Konsumquote, so würde er die gesamtwirtschaftliche Nachfrage

offensichtlich bremsen. Die stärkste Bremswirkung träte natürlich ein, wenn er die

Steuer ausschließlich zum Schuldenabbau einsetzen würde.

Die eben gemachten Ausführungen können Sie mit Hilfe der interaktiven Tabelle 1

nachrechnen. Wir unterstellen einen proportionalen Einkommensteuersatz t von 20

Prozent und erheben momentan keine autonomen Steuern. Die Staatsausgaben

betragen 120. Mit Hilfe des Formelwerks auf dieser Seite können Sie nachrechnen,

dass das Gleichgewichtseinkommen 800 beträgt. 20 Prozent davon, also 160,

schöpft der Staat als Steuer ab. Da seine Ausgaben nur 120 betragen, spart der

Staat 40. Zusammen mit dem Sparen der Haushalte in Höhe von 60 finden wir die

Gleichgewichtsbedingung I=S erfüllt.

Wenn Sie nun im Feld G die Staatsausgaben um "1 Euro" erhöhen und die Tabelle

anschließend "aktualisieren", werden Sie einen multiplikativen Effekt in Höhe von

[10a]

feststellen. Anschließend erhöhen Sie die autonomen Steuern um "1 Euro". Der

kontraktive Effekt beträgt

[11a] .

- 19 -

Page 20: KEYNES Multiplikator

Wie erwartet kommt es also insgesamt zu einer Einkommenserhöhung, die sich wie

folgt erklären lässt: Durch die Erhöhung der autonomen Steuer um einen Euro geht

die Nachfrage der Haushalte nach Konsumgütern nach Maßgabe der marginalen

Konsumquote um 0,75 zurück. Da der Staat die Steuereinnahme aber voll wieder

verausgabt, steigt die Nachfrage um einen Euro an, so dass es netto zu einem

Anstieg der Nachfrage um 0,25 Euro kommt. Auf diesen Nachfrageanstieg wirkt der

Multiplikatoreffekt und der Gesamteffekt in Höhe von 0,625 (= 2,5 * 0,25) entspricht

der Differenz der Ergebnisse in [10a] und [11a].

Selbstverständlich können Sie auch andere Szenarien mit der Tabelle durchspielen.

So simulieren Sie den einfachen Einkommensmultiplikator, indem Sie die

Steuervariablen und die Staatsausgaben auf null setzen. Oder Sie setzen die

autonomen Steuern auf einen negativen Wert, um einkommensunabhängige

Transferzahlungen an die Haushalte zu simulieren.

Das Haavelmo-Theorem

Für eine sehr spezifische Konstellation führt der eben behandelte Fall zu einem auf

den ersten Blick verwunderlichen Ergebnis, das unter dem Namen Haavelmo-

Theorem in die Literatur eingegangen ist:

Bei ausgeglichenem Staatshaushalt und ausschließlich autonomen Steuern steigt

das Einkommen um die Erhöhung der Staatsausgaben.

Zum Nachweis berechnen wir das Gleichgewichtseinkommen für ein ausgeglichenes

Staatsbudget aus [1] bis [5]:

[12]

Die Staatsausgaben G tauchen in diesem Ausdruck nicht mehr auf, da sie für jedes

Einkommen durch Taut und t bestimmt sind. Der multiplikative Effekt einer Erhöhung

der Staatseinnahmen (und - ausgaben) beträgt damit bei ausgeglichenem Budget

[13]

- 20 -

Page 21: KEYNES Multiplikator

Dieser Multiplikator ist für Steuersätze unter 100 Prozent , wie man leicht überprüfen

kann, positiv - also faktisch immer.

Der theoretisch interessante, aber praktisch unbedeutende Fall des Haavelmo-

Theorems tritt ein, wenn man den Steuersatz auf null setzt:

[14]

Die Multiplikatorwirkung der Anhebung der Pauschalsteuer ist 1 und damit gleich

dem Steuerbetrag selbst. Erklären kann man den Effekt wie folgt: Der Staat nimmt

den Bürgern einen Euro weg. Dadurch fällt Konsumnachfrage in Höhe von c aus. Der

Staat gibt den Euro aber vollständig aus. Dadurch steigt die Nachfrage um 1. Saldiert

man beide Effekte, verbleibt netto eine Zunahme der Nachfrage um (1-c) bzw. um

die marginale Sparquote s. Der Multiplikator ist ohne proportionale Steuer aber gleich

dem Kehrwert der marginalen Sparquote - und s multipliziert mit 1/s ergibt 1. Das

funktioniert jedoch nur unter den bereits genannten restriktiven Bedingungen. Ein

Steuersystem, in dem die Steuern vollkommen einkommensunabhängig erhoben

werden, ist aber kaum vorstellbar. Zudem dürfte die Steuererhebung weder die

marginale Konsumquote beeinflussen, d.h. keine Umverteilungseffekte auslösen (

s.o.), und die Ausgaben des Staates für öffentliche Güter dürften das

Konsumverhalten der privaten Wirtschaftssubjekte ebenfalls nicht tangieren. Das tun

sie aber, da z.B. die Nachfrage nach Swimmingpools sinkt, wenn die Gemeinden

Schwimmbäder eröffnen.

Um das Haavelmo-Theorem "experimentell" zu erkunden, setzen Sie in der Tabelle

den Steuersatz, die autonomen Steuern und die Staatsausgaben auf Null. Klicken

Sie anschließend zwei mal auf "Aktualisieren", um den Änderungsbetrag der

Einkommen auf null zu setzen. Erhöhen Sie jetzt die autonomen Steuern und die

Staatsausgaben um denselben Betrag. Beobachten Sie, um welchen Betrag das

Gleichgewichtseinkommen steigt.

Der Steuermultiplikator

Abschließend wollen wir untersuchen, wie eine Erhöhung des Steuersatzes auf das

Gleichgewichtseinkommen wirkt. Dazu differenzieren wir unter Anwendung der

- 21 -

Page 22: KEYNES Multiplikator

Quotientenregel [(u/v)'= (u'v-v'u)/v2] das in Gleichung [7] bestimmte

Gleichgewichtseinkommen Y* nach t und finden:

[15]

Die blaue Hervorhebung soll verdeutlichen, dass der Ausdruck für das

Gleichgewichtseinkommen [7] in der Ableitung enthalten ist, weswegen sich der

Term auf die kurze Form nach dem zweiten Gleichheitszeichen bringen lässt. Der

Steuermultiplikator ist negativ. Er hängt sowohl von der Steuerhöhe als auch vom

Einkommen ab (die etwas interessantere Elastizität des Einkommens bezüglich der

Steuer allerdings ist nicht niveauabhängig).

Da eine Anhebung des Steuersatzes das Gleichgewichtseinkommen fallen lässt,

kann man die für eine gewünschte Zunahme der Staatseinnahmen notwendige

Steuersatzerhöhung nicht durch einen einfachen Dreisatz berechnen. Es ist zu

bedenken, dass die Bemessungsgrundlage sinken wird, m.a.W.: die

Steuereinnahmen reagieren auf den Steuersatz nicht mit einer Elastizität von 1 (s.a.

das mikroökonomische Pendant). Wenn man über das Modell hinausreichende, z.B.

psychologische Erklärungen bemüht, mag der Effekt so groß sein, dass eine

Steuersatzanhebung die Steuereinnahmen sinken lässt. Im hier betrachteten Modell

ist diese Interpretation, die Ihnen evtl. schon unter dem Begriff Laffer-Kurve

begegnet sein mag, allerdings nicht darstellbar. Steuersatzsenkungen führen immer

zu verminderten Steuereinnahmen.

Auch dieses Ergebnis lässt sich mit der interaktiven Tabelle "verifizieren". Wählen

Sie durch Zurücksetzen die Ausgangssituation. Setzen Sie die Nachkommastellen

auf 4 und aktualisieren die Tabelle. Erhöhen Sie nun den Steuersatz von 20 auf 21

Prozent (t = 0,21). Das Ergebnis muss - wegen der Nichtlinearität des Problems

allerdings nur etwa -

[15a]

entsprechen.

- 22 -

Page 23: KEYNES Multiplikator

- 23 -