Ki wasistdas 0001_new
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Transcript of Ki wasistdas 0001_new
Was
._.,*
Wenn ein neuer Aikido-Kurs beginnt,
gebe ich zuerst eine kleine Vorführung
ohne Worte, gefolgt von eln paar erläu-
ternden Sätzen zur Geschichte des Ai-
kido und auch einer Erklärung des Be-
griffs ,,Aikldo" selber. Dabei orientiere
ich mich an den Kanji, mit denen ,,Aiki-
do" dargesteilt wird. Die erste Silbe,,Ai"
bedeutet,,Harmonie" oder,,Liebe" wie
in einer Familie, die unter einem Dach
lebt, entsprechend dem ersten Kanji,
das ein Haus symbolisiert. Die zwei-
ie Silbe ,,K'" steht fjr Lebensenerg e,
symbolisiert durch das Reisfeld und
den Wasserdampf im zweiten Kanjl.
Und schließlich ,,Do" bedeutet den Le-
bensweg, symbolisiert cjurch den stili-
sierten Fluss llnks in dem dritten Kanji.
Soweir :ch rve ß, g or es reine spezi-
ellen Übungen für ,,Ai" noch für ,,Do'
im Aikido. Aber es gibt viele, die als Kl-
Übungen bezeichnet werden. Und es
qibt nicht rr.,enige lehrer oder Lehre-
rinnen, die rvährend ihres Unterrichtes
Anweisungen geben wie ,,Lass Dein
Kl fließen" oder,,Du musst Dein Ki mit
dem des anderen zusammen bringen".
Es gab und gibt Diskussionen sogar
Auseinandersetzungen innerhalb der
Aikido-Familie, ob in einem bestimm-
ten,,Stil" oder lnterpretation des Aikido
,,Ki" eine wichtige Rolle spielt oder nicht,
Aber was ist dieses,,Ki'i diese,,Energie",
von der in den ostasiatischen Kulturen
ausgegangen wird, sie sei ,,universell",
befinde sich in allen belebten und
unbelebten Subjekten und Objekten
im Universum. Ja, einige sprechen da-
von, dass ,,Ki" auch das (fast) Vakuum
lm Weltall sel. Offensichtlich können
Aikido-Übende ein Sensorium entwi-
ckeln, um nicht nur die Anwesenheit
von ,,Ki" zu spüren sondern auch seine
Stärke oder lntensität. Einige sprechen
auch von,,gutem" und,,schlechtem Ki'i
Sie können aber auch ,,Ki" einsetzen, es
mlt dem ,,Ki" anderer Menschen zu-
sammen bringen und im Falle einer
Aikido-Technik damlt einen Angriff
umlenken. Wieso ist ,,Ki" etwas lmma-
terielles und man kann es gleichzeitig
körperlich spüren? Und wieso könn-on
wir es durch Körperübungen lrainie-
ren, ,Ki" auf zu nehmen und ab zu
geben? Worin bestehen die Demonst-
rationen von ,,Ki"?
Zu den Zeiten, in denen das Konzept
,,Ki" in Ostasien entwickelt wurde,
wusste rnan dort und in Europa wenig
über das menschliche Gehlrn, seine
Arbeitsweise, Organisation und Auf-
gabenverterlung. Aristoteles glaubte,
dass das Gehirn ein Kühlungsorgan
für erhitztes Blut sei, der Verstand
aber auch die unsterbliche Seele,
wurden in verschiedensten Organen
vermutet. Erst in der europäischen
Aufklärung wurden die ersten ernst
zu nehmenden Beobachtungen und
Experimente gemacht, aus denen die
heutigen Neurowissenschaften ent-
standen sind. Und selbst dann dau-
erte es noch viele Jahrzehnte bis die
Erkenntnis dämmerte, dass das Gehirn
ein wunderbar komplexes Organ ist,
ln dem die unglaublichsten Prozesse
ablaufen, die in der Vergangenheit
mitProf. Thomas Christaller
so unterschiedliche Bezeichnungen
hatten wie ,,Gedanke", ,,Gefüh|", ,,Wahr
nehmung",,,Gedöchtnis',,,Sprache",
,,Handeln",,,Gewissen",,,Problemlösen",
,,Planen" und vieles mehr.
All diesen oft nur dem Menschen
zugeschrieben Fähigkeiten basieren
auf elektrochemischen P'ozessen in
diesem ung aublich komplexen Neu-
ronennetz, dem Gehirn. Vieles, was
früher unerklärlich war, ließ sich zu-
nehmend mit neuronalen Modellen
erklären, wie z.B. die Gedächtnisfählg-
keit oder der Spracherwerb. Fur die
Kampfkünste ist vielleicht am interes-
santesten, wie in den Neurowissen-
schaften Wahrnehmung, lnterpretati-
on derselben und daraus abgeleitete(Körper-)Handlungen gesehen wer-
den. Ganz holzschnittartig scheint es
so zu sein, dass unsere Sinnesorgane
(Augen, Ohren, Geschmack, Tastsinn
und die ,,Eigenwahrnehmung" (wo
beflnden sich meine Glieder, wie
ist meine Position im Raum. Dies ist
die sogenannte Propriozeptorik) die
Welt weder vollständig noch beliebig
genau wahrnehmen können. .Ja, es
geht sogar so weit, dass das Gehirn
zu jedem Zeltpunkt eine Erwartungs-
haltung hat, was das jeweilige Sinnes-
organ als nächstes wahrnehmen wird.
Damit wird die Verarbeitu nsgeschwin-
digkeit dramatisch gesteigert, aber
das System wird auch fehleranfällig
wie die vielfältigen Sinnestäuschun-
gen zeigen und von denen Zauberer,
Betrüger und Kampfkünstler guten
Gebrauch machen.
ist,,Ki"?
AJ-i,r '' I N'76DE
Seire 25
serieV_ Effizienz reihe _r,1
wir schmücken irn Laufe der lahre L{,nsere
Gedächtnisinhalte abds. Es werden immer,, b ess ere" G eschichten,
Es sieht auch so aus, dass wir erst han_deln bzw. uns bewegen, die dadurcherzeugten Veränderungen in derWahrnehmung der Welt feststellenund dann erst nachdenken und unse_re Schlüsse daraus zu ziehen. Meistensin der Form, dass wir eine angefange-ne Bewegung stetig korrigieren undan sich verändernde Umweltbedin_gungen bzw an unsere Erwartungendavon anpassen. Ganz verkürzt lässtsich sagen, dass wir sehen, hören undfühlen, was wir wollen. Die realen Er-
eignisse in der Umwelt reiten sozu_sagen auf unseren Vorurteilen undErwartungen, die wir uns nur zu gernebestätigen lassen.
Auch unser Gedächtnis stellt sich alsein sehr subjektives Sieb heraus, indem nur die Erinnerungen an dieEreignisse gespeichert werden, diewir in dem Augenblick ftir interes-sant halten. Und jedes Mal, wenn wiruns dann daran erinnern, verändernwir dabei die Gedächtnisinhalte. DerFachbegriff lautet hier: Konfabulieren
[Anm,d.Red.:Unter Konfabulation bzw. konfa-
bulieren (von lat. fabula ,Fabel, Geschichte, Märchen") versteht man in der psychopathologie die
Produktjon objektiv falscher Aussagen oder Erzählungen, die in verschjedenen Formen auftritt.Einzelne beruhen auf falschen Wahrnehmungen,
andere auf Fehlfunktionen des Gedächtnisses, z.
B. wenn jemand mehr lnformationen aus seinem
Gedächtnis abzurufen versucht als tatsächlich
gespeichert sind §eg. provozjerte Konfabula_
tionen)]. Wir schmücken im Laufe derJahre unsere Gedächtnisinhalte aus.Es werden immer,,bessere,, Geschich-
ten. Wie viele Richter dies leidvoll er_fahren, schlägt dies insbesondere beiZeugenaussagen durch, die sich durchkleine Tricks nachhaltig manipu[erenlassen.
Es gibt ein Sinnesorgan, dass sichso nicht täuschen lässt und dass istder Geruch. Der spielt aber bei denKampfkünsten keine Rolle, wenn auchKochen viel mit Kampfkunst zu tunhat. Das ist aber ein eigenes Thema.Wichtig erscheint mir bezogen aufKörperbewegungen noch folgendes:Wenn wir eine uns unbekannte Bewe_gung erlernen, dann wissen wir, dasswir die nur langsam und oft genugauch nur eckig ausführen können. Dietraditionelle Unterrichtsmethode ver_mittelt die,,richtige,, Bewegung durchvormachen und die Schüler imitierendiese so gut sie können und durchendlose Wiederholung ein und der_selben Bewegungsabläufe.
Neuronal sieht es so aus, dass beiBeginn des Lernprozesses sehr vieleNeurone aus ganz unterschiedlichenHirnbereichen beteiligt werden. Des_
halb können Anfänger Bewegungenweder schnell noch flüssig durchfüh_ren. Die Verarbeitungswege sind zulang und zu viele Neurone funkendazwischen. lm Laufe des Lernpro_zesses werden dann immer wenlgerNeurone benötigt, um die Bewegungzu steuern. Am Ende mag sogar nurein einzelnes Neuron ausreichen umz.B. Irimi-tenkan als Bewegungssteue_rungsmuster im prämotorischen Kor_
tex [Anm. d. Red.: aus Wikipedia _ oerMoto(r)cortex (von lateinisch motor,Beweger,,;
von lateinisch cortex ,Rinde,,), auch motorische
bzw. somatomotorische Rinde, ist ein histolo-gisch abgrenzbarer Bereich der Großhirnrinde(Neocortex) und das funktionelle System, von
dem aus willkürliche gewegungen gesteuert
und aus einfachen Bewegungsmustern kom_
piexe Abfolgen zusammengestellt werden. Er
bildet die übergeordnete Steuereinheit des
Pyramtdalen Sysrems und liegr in den hlnteren(posterioren) Zonen des Frontallappens.] abzu legen. Ein Bewegungsexperte wiez.B. Osensei benötigte sehr viel weni_ger Neurone als ein Anfänger, um ausbestimmten kleinsten Veränderungenin seiner Wahrnehmung komplexe Be-wegungen kompromisslos, ohne zuzögern, in unglaublicher präzision undVorhersage dessen, wie sich der Ande_re nur bewegen kann, zu initiieren.
Ein solcher Bewegungsexperte be_nötigt also in einer Situation, die An_fänger oder Unwissende völlig über_fordern würde, nur einen winzigenBruchteil seines Gehirns, um eine sol_che Situation zu meistern. Der Anfän_ger dagegen ist (und wird dann auch)überwältigt durch die Menge an nichteinzuordnenden Sinneseindrücken,der Unfähigkeit, die passenden Bewe_gungsmuster zu triggern [Anm.d.Red.:Schlüsselreize, die einen Flashback auslö_
senl, hilflos ausgeliefert. Der Expertedagegen hatjede Menge Gehirnkapa-zität frei, die fur die Bewegungssteue_rung nicht benötiöt wird. Freie Gehirn_kapazität bedeutet nicht, dass dannsich die Neurone ,,ausruhen,, oder
AJ 4/2013 N.76DE
Seire 27
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mrt
/r,r G esp rä c hs
,,abschalten". Anspan Raumo-
sich um rientierung, drin enthalten
ngen sind. Für irrelevant, obausfüh gungen abgelenkt ich eine solche
selber den Unterarm ei
zu greifen.
eine oder andere schon
haben: Damit ist oftbunden, dass die
gen und
Zeitlupe sta
was als
gefangene Bewegung immerzu Ende
durch, egal, ob Du zwischendurch
bemerkst, dass sie fehlerhaft ist. Aus
neuronaler Sicht ist es eben wichtiger,
die Anzahl der beteiligten Neurone so
schnell wie möglich drastisch zu re-
duzieren und erst im zweiten Schritt,
die richtigen unnötigen Neurone aus
zu blenden. Deshalb kann man sel-
ber beim Trainieren feststellen, dass
ein Bewegungsablauf nie endgültiggelernt wird, sondern es immer noch
Luft nach oben gibt, d.h. Verbesserun-
gen bzw. Veränderungen sind immer
und lebenslang möglich.
Meine elgene Erfahrung und meine
Beobachtung bei anderen Kampf-
künstlern ist nun, dass die eigenen 5in-
nesorgane besonders dann sehr sen-
objektive,
sehr fest umklammere,
ich nicht mehr so gut, den Bewegu
dann bewegt. Das nd, bei Compu
wir im Aikido benutzt
prn, fest zu zufassen. \A
hann nicht dem Reflex dies als Ganzes
eine solche
ergener sich innen
es ganz leicht, es relevante
befreien. Und man zur
anfänglich gar n kt, muss
dass die Situation zu
ten sich verändeft und am 5o, und
mehr verhindern kann,
Wenn es
besser ganz natürlichgeregt zu bewegen, dann kÖnnen
unsere Sinnesorgane am besten ar-
beiten. Dazu gehört z.B. auch ein ent-
spanntes Gesicht, ein weicher diffuser
Blick, ein ungerichtetes Hören, usw.
Und dann kann unser Gehirn durch
Selbstbeobachtung genau die Muster
erkennen, die charakteristisch slnd für
eine gelungene Bewegung! lm Auf-
finden von solchen Mustern ist unser
Gehirn von Natur aus hervorragendgeschaffen. Diese Muster beinhalten
nun nicht einfach Bilder, Tonsequen-
zen, etc. sondern die Gesamtheit, in
denen alle relevanten Sinneseindrü-
cke, Gedächtnisinhalte, emotionalen
Bewertungen, Muskelsteuerungen
und die Eigenwahrnehmung über
t eine korrekte,
physikalische
, wie dies z.B.
in Warcraft
t ist nul dass
dem Gehirn
Bewegung
muss und obgibt, die
htigen
Konzept ,,Ki'i
haben ein Ge-
drückt sich dies
5a-
Bewegung.
Wenn wir die Bewegungen unserer
großen Vorbilder im Aikido anschauen,
dann beurteilen wir diese in den aller-
meisten Fällen als ,,schöne Bewegun-
gen". Nicht einfach nur,,effizlent' oder
,effektiv' oder,,stark". Wir sehen die Be-
wegung und sind emotional berührt.
Meine Hypothese ist, dass ,,Ki" eine
Abkürzung ist für diesen sehr kom-
plexen Prozess und die sehr komplexe
eigene, subjektive interne Erfahrung
von schönen Bewegungen. ,,Spüre
das Ki des Anderen!' heißt nichts an-
deres als, verhalte, bewege Dich so
entspannt und natürlich wie möglich,
um aus den kleinsten Andeutungen
hlich ein
wird der des
AJ !i/)li'ii N' 76DE
Seite 28
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