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Ideen Kinderspiele

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  • kinderspieleAnregungen zur gesunden Entwicklung

    vom Baby bis zum Kindergartenkind

    Bundeszentralefr

    gesundheitlicheAufklrung

  • impressum | 2

    Herausgegebenvon der Bundeszentrale fr gesundheitliche Aufklrung, Kln,im Auftrag des Bundesministeriums fr Gesundheit und Soziale Sicherung

    Alle Rechte vorbehalten.

    Text:Helga Grtler, Berlin; Monika Hrle, Kln

    Fotos:S. 24 Jens Brggemann, DsseldorfS. 4, 5, 42, 43, 47, 58, 59 Rolf Kppen, Duisburg

    Gestaltung:medienwerkstatt, Dortmundwww.medienwerkstatt-ecc.de

    Druck: Neef Stumme, Wittingen

    Auflage: 1.150.4.03

    Stand: April 2003

    Der Text wird vom Herausgeber laufend aktualisiert.

    BestelladresseDiese Broschre ist kostenlos erhltlich unter der Bestelladresse:BZgA, 51101 Kln,oder per E-Mail: [email protected]

    Bestellnummer: 11 060 000

    impressum

  • 3 | Vorwort

    Kinderspiele Spiele frs LebenSpielen ist gesund und ein natrliches Grundbedrfnis der Kinder. Was viele aber nicht wissen: Spielen ist mehrals eine bloe Beschftigung des Erwachsenen mit dem Baby und mehr als die Freizeitgestaltung des Kindeszwischen den kleinen Pflichten des Alltags. Fr Eltern und Erwachsene gibt es inzwischen viel Literatur berSpiele, Malen, Singen und Tanzen mit Kindern. Diese Broschre verdeutlicht, wie wichtig das Spielen fr diekrperliche und seelische Entwicklung des Kindes ist. Sie gibt auerdem Anregungen und Anleitungen, wel-che Kinderspiele wann sinnvoll sind vom Suglingsalter an bis das Kind in den Kindergarten kommt. DennSpielen ist eine wichtige Voraussetzung fr die gesunde Entwicklung des Kindes.

    Mit dem Baby spielen hat heute eine vllig neue Bedeutung gewon-nen. Wurde bisher in erster Linie viel Wert auf krperliche Pflegeund Gesundheit gelegt, wei man heute aus der Suglings- und Ver-haltensforschung, dass Spielen fr die krperliche und geistige Ent-wicklung genauso wichtig ist wie Schlafen, Essen und Trinken.

    Spielen zhlt zu den wichtigsten Beschftigungen des Kindes undist in seiner Bedeutung gleichzusetzen mit dem Begriff arbeiten.Nur wenn den Kindern gengend Zeit zum Spielen gegeben wird,knnen sie sich krperlich und seelisch gesund entwickeln. Es

    kommt hinzu, dass Kinder die Trennung von Pflichten wiepnktlich essen, regelmig Zhneputzen und spielen drfenbei weitem nicht so scharf vollziehen wie Erwachsene. Kinder sindvon Natur aus neugierig, experimentierfreudig und leidenschaft-lich. Mit dem Erfolg, dass fr sie alles gleich wichtig, gleich unter-haltsam oder aber auch gleichermaen uninteressant ist. WennErwachsene und Eltern es schaffen, die Welt des Kindes spielerischin die Alltagspflichten einzubinden, so dass Anziehen, Essen, Zh-neputzen und Waschen Teil eines Spieles werden, dann lernt dasKind frs Leben von der Wiege an.

    vorwort

  • Spielen Nahrung fr die SeeleDie Weltgesundheitsorganisation definiert Gesund-heit nicht nur als krperliches, sondern auch als see-lisches Wohlbefinden. Damit sich auch die Seelewohl fhlt, braucht sie Nahrung, genau wie derKrper. Die Nahrung der Seele aber setzt sich zusam-men aus Eindrcken, Erlebnissen und Erkenntnis-sen. Auch sie knnen entweder bekmmlich oderunverdaulich sein, es kann zu viel oder zu weniggeben.

    Vorwort | 4

    Warum ist Spielen so wichtig und was hat Spielen mitGesundheit zu tun?

    Das Kind erschafft sich sein eigenes Universum, indem alles mglich ist. Rollen werden vertauscht, dasheit, es sucht sich aus, in welche Rolle es vorber-gehend schlpfen mchte, oder besser gesagt: womites sich vorbergehend vollstndig identifiziert. Werein Kind beim Spielen beobachtet wird erkennen,mit welcher Hingabe es bei der Sache ist und keinerwird bezweifeln, dass ihm das Spiel ernst ist. Durchdas Hineinschlpfen in verschiedene Rollen

    gewinnt das Kind Verstndnis fr die Rollen derErwachsenen. Es lernt, sich in andere Menschenhineinzuversetzen, sie durch Einfhlung zu ver-stehen. Es kann Enttuschung oder Zorn loswerden,indem es beispielsweise die Puppe beschimpft odersie in hohem Bogen in die Ecke wirft.

    Wichtig ist also das richtige Ausma an Anregungenfr die krperliche, geistige und gefhlsmige Ent-wicklung des Kindes. Der Weg, ber den das Kindhauptschlich seine Eindrcke von der Welt emp-fngt, ist das Spiel. Im Spiel lernt es die Welt ken-nen, untersucht sie, erobert sie, verndert sie,macht sie sich zu eigen. ber das Spiel, das spiele-rische Umgehen mit Dingen und Menschen,begreift das Kind zunchst im buchstblichen Sin-ne die Welt. Spter kommt ihm auch noch die Phan-tasie zu Hilfe.

  • 5 | Vorwort

    Spielen bung frs GehirnDas Gehirn des Kindes ist bei der Geburt nochunreif. Die grauen Zellen sind zwar vollstndigangelegt, aber es fehlen noch ganz wichtige Nerven-verbindungen, die sie voll funktionsfhig machen.Derartige Verknpfungen entstehen durch Anforde-rungen und Denkleistungen, wie beispielsweise durchbeobachten und reagieren. Je vielschichtige die geis-tigen Anregungen sind, desto mehr verzweigen sichdie Nervenverbindungen im jungen Gehirn. Mitfnf Jahren haben Kinder etwa 80 Prozent ihrerIntelligenz entwickelt!

    Dieser Prozess wird durch krperliche Aktivitten desKindes besonders gefrdert. Robben, vor- und rck-wrts laufen, klettern, kriechen, balancieren oderauf Zehenspitzen schleichen, wirken sich auf diegeistige Leistungsfhigkeit aus. So fllt auf, dasszum Beispiel Schulkinder, die Schwierigkeiten imRechnen haben aber sonst normal intelligentsind , hufig krperlich ungebter sind. Es wird ver-mutet, dass es einen Zusammenhang gibt zwischender krperlichen Eroberung des Raumes also demErfassen von weit und nah, hoch und tief, vorwrtsund rckwrts und dem geistigen Erfassen des Zah-lenraumes , mehr und weniger, vergrern und ver-kleinern, vorwrts rechnen und wieder zurck.

    Spielen Training fr den KrperSpielen ist gesund, nicht nur fr den Geist, sondernauch fr den Krper des Kindes. Beim Herumtobenwerden auf spielerische Weise Herz und Kreislauf,die Atemorgane und Muskeln trainiert, Knochenund Gelenke festigen sich. Spielen insbesondere anfrischer Luft sorgt fr gesunden Appetit und tiefenSchlaf. Vor allem aber verhindert es langfristig

    krankmachendes bergewicht. Gerade das zhltinzwischen zu den grten Problemen kindlicherGesundheit. Kinder knnen also spielend ihren Kr-per trainieren und die Freude an Bewegung und kr-perlicher Anstrengung entwickeln.

    Spielen ein Wert an sichWenn Kinder spielen, sollten sich Eltern und Erwach-sene nicht immer gleich fragen: Was nutzt ihm das?

    Was lernt es dabei? Spielen heit sich auseinanderzu setzen, gemeinsam lachen, entspannt und frh-lich sein. Schon das tut einfach gut!

    Zusammen spielen schafft Nhe und Vertrauen.Innige Freundschaften bis ins Erwachsenenalter sindnicht selten mit Erinnerungen an gemeinsame Sand-kastenerlebnisse verbunden.

    Es tut auch Eltern hufig gut, sich durch gemeinsa-mes Spielen von der Spontaneitt und Lebensfreudeder Kinder anstecken zu lassen.

    Wenn ein Kind einmal nicht isst, so ist das fr die meis-

    ten Eltern ein Anlass zu groer Sorge. Wenn ein Kind

    aber nicht richtig spielt, dann wird das hufig gar nicht

    bemerkt. Dabei ist letzteres meist ein viel ernsteres

    Alarmzeichen.

    Virginia M. Axline, berhmte amerikanische Kinderpsychologin

  • Inhalt | 6

    inhalt kinderspiele

    22 Gedanken ber ein Vater-Kind

    23 Die Welt vor der Tr Anregun-gen fr Mutter und Kind

    23 Die Psychologin rt

    24 Spielzeug fr einjhrigeKleinkinder

    26 Wenn Schlafengehenzum Problem wird

    27 Was tun, wenn Kinder ber-drehen?

    28 Anregen und Gngeln ist zweierlei

    29 Ein Kinderarzt rt

    30 Schlafrituale beruhigen das Kind

    30 Wichtige Regeln fr einen harmonischen Tagesausklang

    31 Spielzeug ab dem 2. Lebensjahr

    32 Wie Sie die gesundeEntwicklung Ihres Kin-des frdern knnen

    33 Nachahmen ist mehr als ein Spiel

    34 Ungeliebtes Kinderzimmer

    35 Zuerst die Pflicht, dann dasSpiel?

    36 Spielen und Gesundheit

    36 Frderprogramme knnen auch schaden

    37 Spielregeln fr Eltern

    8 Welcher Spieltyp sind Sie?

    11 Erkennen Sie sich wieder?

    14 Gesunde Babys mssenviel spielen

    15 Suglinge brauchen Anregungen

    17 Oft spielt Anna auch schon allein

    18 Spiele fr Suglinge unter einemJahr

    19 Der Kinderarzt rt

    20 1 Jahr alt Bewegungist alles

    21 Auch oder wie Paul seineEltern auf Trab hlt

  • 7 | Inhalt

    38 Eine Familie, drei Generationen

    39 Spielen verbindet

    40 Ein Besuch im Zoo

    40 Identifikation und Verarbeitung ein Spiel mit der Phantasie

    41 Vormachen statt Erziehen

    42 Spiele fr Kindergartenkinder ab dem 3. Lebensjahr

    44 Das Spiel mit Rollenund Regeln

    45 Warum wird Sarah so wtend?

    46 Mit 3 Jahren ndern sich dieWnsche schnell

    47 Rollenspiele Wege zur Selbst-bestimmung

    48 Mama, was soll ichspielen?

    49 Meleks Mutter sucht Rat

    49 Wenn Kinder so brav und liebsind, kann das auch Nachteilehaben

    50 Wenn Eltern es zu gut meinen

    51 Kinder brauchen Anteilnahme

    51 Weitere Ursachen fr die fehlen-de Lust am Spielen

    52 Spielgruppen positivfr Kinder und Eltern

    53 Sechs Eltern, sechs Meinungen

    53 Anfangsprobleme mit Eltern undKindern lsten sich schnell

    55 Jeder spielt auf seine Weise

    55 Spielvorschlge fr eine Klein-kind-Spielgruppe

    56 Weitere Informationenfr Sie

    57 Kontakte und Adressen

    58 Literaturvorschlge

  • Welcher Spieltypsind Sie?

  • 9 | Welcher Spieltyp sind Sie?

    Das ist Herr P. Er ist von Natur aus frhlich undsehr gesellig. Auch neigt er dazu, die Dinge nicht soernst zu nehmen, selbst wenn andere das von ihmerwarten. Seine Mutter meint, dass er erst nochrichtig erwachsen werden msse.

    Auf seine beiden Kinder hat er sich riesig gefreut. Sooft er Zeit hat, rollt er mit ihnen auf dem Fubodenherum, treibt wilde Spiele, ist fr fast jede Dumm-heit zu haben. Herr P. spielt selbst gern, im Umgangmit seinen Kindern blht er so richtig auf.

    Bei Herrn F. ist das anders. Schon als Kind hat erdie wilden Spiele gemieden. Er liebte es, Dinge zuuntersuchen, zu beobachten, zu erforschen. Er hat-te einen engen Freund, der mit ihm durch dick unddnn ging. Alle anderen waren ihm oft zu laut.

    Wenn heute seine kleine Tochter mit ihm herumto-ben mchte, schickt er sie meist zur Mama, weil dieselbst gern wild und ausgelassen ist. Er liest dafr lie-ber Bilderbcher vor, hockt mit der Kleinen auf demBoden und beobachtet Kfer oder baut mit ihrzusammen ein Vogelhuschen fr den Balkon. SeineFrau bewundert immer wieder seine Engelsgeduld.

    Frau L. lebt mit ihrem Kind allein. Sie ist berufs-ttig und hat oft nur wenig Zeit. Dennoch will sieunbedingt so viel wie mglich mit der Kleinen spie-len, auch wenn die Hausarbeit noch erledigt werdenmuss. Mit viel Phantasie schafft sie es immer wieder,aus dem was getan werden muss, ein Spiel fr Niko-la zu machen: Wenn sie aufrumen will, verbindetsie es mit einer Kissenschlacht, beim Staubsaugenrollen sie mit den Augen und machen die Geru-sche nach und whrend Frau L. in der Kche Salatschneidet, begleitet sie Nikola musikalisch mitKochlffel und Topfdeckeln. Dafr singt sie ihrbeim Kochen was vor. Nikola ist immer um sieherum, dabei guter Dinge und voller Ideen.

  • Welcher Spieltyp sind Sie? | 10

    Herr B. hat eine schwere Kindheit hinter sich.Zum Spielen hatte er nur wenig Gelegenheit. Er istein ernster, pflichtbewusster Mensch geworden oftzu ernst, wie seine Partnerin meint. Doch seit sieihre kleine Tochter haben, taut auch Herr B. immermehr auf. Das Lachen seines Kindes hat ihn inzwi-schen viel lockerer werden lassen und er ertappt sichselbst bei nie erlebten Kinderspielen. Zunehmendsprt Herr B., wie gut es ihm tut, dass alte Verkrus-tungen langsam aufbrechen.

    Frau M. ist eine gute Hausfrau. Die blitzblankeWohnung mit den schnen Mbeln und Teppichb-den ist ihr ganzer Stolz. Doch ihre einjhrige Toch-ter ist fr sie eine ziemliche Provokation: Sie willunbedingt allein essen, doch mehr als die Hlftegeht daneben. Stndig verteilt sie ihr Spielzeug inder ganzen Wohnung, obwohl es die Mutter immerwieder ins Kinderzimmer zurcktrgt. Frau M. fhltsich nicht in der Lage, mit ihrem Kind zu spielen,wenn zum Beispiel die Kche noch nicht fertiggeputzt ist. Sie findet, ihr Kind sei in einem Alter, indem es auch schon allein im Kinderzimmer spielenknnen msste, whrend sie ihrer Arbeit nachgeht.

    Frau J. ist gelernte Erzieherin. Am liebsten wrdesie alles, was sie in der Ausbildung gelernt hat, ihremKind zugute kommen lassen: seien es die interessan-ten Spiele oder die frderlichen Beschftigungen.Aber Lena ist oft lustlos und gelangweilt. Statt derMutter den Ball zurckzurollen, kickt sie ihn zwi-schen die Topfpflanzen; statt zehn kleine Wackel-finger zu spielen, greift sie der Mama pltzlich indie Haare. Und wenn die Mama dann rgerlich dasZimmer verlsst, fngt Lena an zu nrgeln, weil sienicht wei, was sie machen soll.

  • Manche Eltern spielen gern, anderen liegt das weniger und viele haben einfachzu wenig Zeit. Jeder ist anders und jeder hat seine eigene Art, auf das Spielbe-drfnis seines Kindes einzugehen. Nicht alle Spielarten sind den Kindernbesonders zutrglich.

    Wer ein guter Mitspieler werden will, muss sich auch einmal eine Auszeit neh-men. Verschaffen Sie sich also kinderfreie Zeiten, in denen Sie allein oder mitPartner etwas Schnes unternehmen knnen. Muten Sie Ihrem Kind zu, dass esSie auch einmal eine halbe Stunde in Ruhe lsst, zum Ausruhen oder Zeitunglesen. Erfahrungsgem haben es Kinder bei den Eltern am besten, die mit ihrerSituation zufrieden sind, die sich nicht stndig berlastet fhlen, sich aber auchnicht stndig mit Schuldgefhlen plagen. Diese Eltern haben dann auch eher Lustzu spielen.

    Wenn Sie aber selbst kein guter Mitspieler sind, oder partout nicht werden kn-nen wie knnen Sie dann dem Kind einen sinnvollen Ersatz schaffen?

    Schaffen Sie dem Kind gute Bedingungen zum SpielenSie mssen nicht zu passionierten Kinder-Animateuren werden! Sie mssen undSie sollen ihr Kind nicht stndig bespielen, nicht stndig Programme bereit-halten, denn ein gesundes Kind steckt voller eigener Ideen, wenn es gnstigeBedingungen zum Spielen vorfindet. Beobachten Sie Ihr Kind, was es gern tutund was es nicht mag. Lassen Sie sich von seiner Spiellust und seinen Ideenanstecken und berlassen Sie die Regie mglichst dem Kind. Seien Sie in ersterLinie ein guter Mitspieler.

    Spielen eine Naturbegabung des KindesKinder lernen das Spielen nicht von ihren Eltern. Sie erfinden Spiele selbst.Dabei wiederholen sie manchmal bestimmte Handlungen immer und immerwieder. Hundertmal hintereinander wollen sie vielleicht kuckuck spielen,immer wieder lassen sie etwas fallen und erwarten, dass es wieder aufgehobenwird. Dahinter verbirgt sich keine bse Absicht. Es ist oft ein Zeichen dafr, dasseine bestimmte Fhigkeit herangereift ist, die jetzt intensiv gebt werden muss.Wer ein Kind gut beobachtet, wird feststellen, dass solche Phasen in bestimmtenAbstnden immer wieder auftreten.

    Erkennen Sie sich wieder?

    11 | Welcher Spieltyp sind Sie?

    Diese Broschre soll Ihnen erkennen helfen, dass jeder den Umgang mit demspielenden Kind erlernen kann. Und dass dies nicht bedeutet, dass Sie von nunan immer geduldig sein mssen, immer nur gut aufgelegt sein und immerbereit sein sollten zu spielen.

    Spielen lsst sich nicht planenAls Erwachsener haben Sie sich daran gewhnt, Spielund Pflicht getrennt zu sehen, also erst die Arbeit,dann das Spiel. Fr das kleine Kind ist das ganzeLeben ein Spiel und Spiel ist sein Leben. Gehen Siedarauf ein, indem Sie das Spiel mit in den tglichenAblauf einbinden und Sie werden merken: auch not-wendige Verrichtungen gehen besser von der Hand,wenn mit ihnen spielerisch umgegangen wird!

    Etwas mit Kindern zu tun, brauchtsehr viel ZeitSchuhe anziehen kann zu einem zeitraubendenAkt werden, wenn ein Spiel damit verbunden ist.Nur wenige Eltern haben so viel Zeit und manchmalgehen schnell die Nerven durch. Aber Eile ist kin-derfeindlich. Bereiten Sie das Kind gedanklich vorund planen auch Sie seine Geschwindigkeit mit ein.Sie brauchen Geduld und Ihr Kind braucht die Zeit,sich auf seine Art den Erfordernissen zu stellen. Daszahlt sich aus durch weniger Konflikte und mehrHarmonie und Entspanntheit auf beiden Seiten.

    Das schafft niemand!

  • Viel sinnvoller ist es, in der Kleinkindphase dieAnsprche an einen perfekt gefhrten Haushaltzurckzuschrauben. Bekennen Sie sich zum Chaos.Wer es schafft, sich auf das Ntigste zu konzentrie-ren und den Rest zu ertragen, schont seine Krfte.Ein positiver Begleiteffekt: Sie haben viel mehr Zeitzum Spielen, selbst wenn Sie beim Waschen undAnziehen sind.

    Kinder brauchen SpielgefhrtenHaben Sie schon einmal beobachtet, wie Suglingespielen, wenn sie alleine sind? Dann drehen sieimmer und immer wieder ihre Hndchen vor denAugen oder stecken ihre Fchen in den Mund.Spter versuchen sie Dinge zu greifen, zu schtteln,ineinander zu stecken. Sie zerfetzen mit Ausdauerund Hingabe einen Katalog. Bitte nicht stren! Dassind Augenblicke, die Sie wunderbar fr sich selbstnutzen knnen, auch wenn sie nur kurz sind. Aberauf die Dauer reicht dem Kind diese Selbstbeschf-tigung nicht aus und darum braucht es einen Spiel-gefhrten.

    Solange die Kinder noch sehr klein sind, finden siediese Spielgefhrten in der unmittelbaren Umge-bung, in der Familie. Die Eltern (oder auch ltereGeschwister) reden, lachen, scherzen mit ihm unddas Kind antwortet auf seine Weise. Geben undzurckgeben, verstecken und wiederfinden, weg-krabbeln und einfangen das sind frhe Spiele und

    Welcher Spieltyp sind Sie? | 12

    Kleine Kinder kennen keine OrdnungEine Umgebung, in der alles schn aufgerumt ist und nichts angefasst werdendarf, ist fr Kinder langweilig und Langeweile ist wenig frderlich fr ihre Ent-wicklung. Kinder wollen und mssen Dinge entdecken, erforschen, anfassen,in den Mund stecken, denn nur so begreifen sie im wrtlichen Sinne desWortes die Welt. Kinder und Chaos gehren einfach zusammen. So mancherBlumentopf wird ausgerumt, kaum eine Schublade bleibt zu. Whrend Mut-ter oder Vater versucht, das eine Chaos zu beseitigen, ist meist das nchsteschon angerichtet.

    Liebe Erwachsene, Kinder sind groartige Geschpfe und es bereitet immer wieder Freude, ihnenbeim Aufwachsen und Entdecken der Welt zuzusehen und sie zu begleiten.Manchmal ist das Leben mit Kindern aber auch sehr anstrengend und fr diemeisten Eltern gibt es Zeiten, in denen sie mit der Situation einfach berfordertsind. Der Druck, alles richtig machen zu wollen, kann sehr anstrengend sein. Sieknnen nie allen Ansprchen gerecht werden weder Ihren eigenen nochdenen anderer. Und Sie werden auch bestimmt oft das Gefhl haben, zu versa-gen oder etwas nicht richtig gemacht zu haben, sich vielleicht auch fragen, wiedas eigentlich die anderen schaffen.Lassen Sie sich fr solche Flle etwas beruhigen. Kinder sind sehr robust und ver-zeihen schnell. Lenken Sie Ihren Blick nicht so hufig auf in Ihren Augen Nicht-Gelungenes, sondern mehr auf die kleinen und groen Erfolge in demZusammenleben mit Ihren Kindern.Dass hundertmal kuckuck spielen sehr nervenraubend sein kann und Sie nichtjedes Mal geduldig aus dem Anziehen von Schuhen ein Spiel machen knnen,steht auer Frage.Diese Broschre mchte Ihnen aber mglichst anhand von Beispielen Zusammenhnge erlutern und Anregungen bieten, wie Sie Ihrem Kind spie-lerisch eine gesunde Entwicklung ermglichen. Nehmen Sie diese Anregungen als Tipps an, probieren Sie gelegentlich einigeSachen aus, aber setzen Sie sich nicht unter Druck. Die Broschre soll Ihnenschlielich als Hilfestellung dienen und Ihr Zusammenleben mit Ihrem Kinderleichtern.

    Die Wirklichkeit sieht oft anders aus!

  • 13 | Welcher Spieltyp sind Sie?

    zugleich die erste Zwiesprache mit den Menschen seiner Umgebung. Denn:Spielen ist ein Dialog und mitspielen heit antworten. Wenn Eltern undGeschwister auf die Aktivitten des kleinen Kindes antworten, also mitspielen,fhlt sich das Kind verstanden und angenommen. Durch ihre Reaktionenbekommt es nach und nach eine Vorstellung von sich selbst.

    Kinder brauchen KinderSchon im ersten Lebensjahr sind Babys fasziniert von anderen Kindern. In die-ser Zeit aber bentigen sie noch die Hilfe und Anleitung der Eltern, damit esnicht versehentlich zu Verletzungen kommt. Abdem zweiten, sptestens aber im drittenLebensjahr brauchen sie die Einmischung derErwachsenen nicht mehr. Gerade im unregle-mentierten Umgang miteinander knnen Kindersoziales Verhalten erproben, die Folgen ihrerHandlung kennen lernen und eigenstndigeErfahrungen machen. Die Groen vermittelnihnen die Regeln, ausprobieren mssen die Kin-der diese Regeln selbst.

    Durch die Zunahme der Kleinfamilien und Ein-kindfamilien wachsen immer mehr Kinder inden ersten Jahren ohne kindliche Spielgefhrtenauf. Darum ist das Mitspielen der Mutter oder desVaters auch so wichtig. Ein Ersatz fr kindlicheSpielgefhrten sind diese auf Dauer aber nicht.

    Verschaffen Sie darum Ihrem Kind auch andere Spielgefhrten. Es knnen dieGroeltern sein, Nachbarkinder, Kinder vom Spielplatz oder aus Spielgruppen.Ab dem vierten Lebensjahr hat jedes Kind einen Rechtsanspruch auf einenPlatz im Kindergarten!

    Wie viel Spielzeug braucht ein kleines Kind? Kinder unter zwei Jahren brauchen im Grunde genommen berhaupt kein Spiel-zeug. Sie spielen mit allem, was sie ergreifen knnen, ob Schlsselbund (Achtung:Verletzungsgefahr am Kiefer), Plastikflasche oder Mtzenband.

    Mit der Zeit hufen sich ohnehin allerlei gut gemeinte Sachen an:Spielzeug zum Schtteln, Ziehen, Stecken und Stapeln und vielebunte Teile aus Holz oder Plastik. Haben Sie dann einmal beob-achtet, wie ihr Kind vor all den gut gemeinten Dingen sitztund nicht wei, was es damit anfangen soll?

    Zu viel Spielzeug kann ein Kind auch berfordern. Indieser Broschre finden Sie einige Anregungen, welchesSpielzeug in welchem Alter besonders geeignet ist. Was nichtheien soll, dass ein Kind alles haben muss! Im Gegenteil: ein einzelnes Spielzeug kann eine willkommene Anregungsein, eine ganze Kiste voll wird schnell zur berforde-rung. Erfahrungsgem hat ein Spielzeug aus mehrerenTeilen eher einen Aufforderungscharakter, als viele

    verschiedene bunte Einzelteile. Der Anreiz, Teileeines Spieles sinnvoll zusammenzufgen, kann sichnur entfalten, wenn es in einer sonst eher reizar-men Umgebung, zum Beispiel auf einem leerenFuboden, liegt.

    Viele verschiedene Dinge irritieren das Kind, st-ren seine Aufmerksamkeit und die Konzentrationgeht schnell verloren.

  • Gesunde Babysmssen viel spielen

  • 15 | Gesunde Babys mssen viel spielen

    Es ist ein schner Sonntag. Die Familie Sch. sitztbeim Kaffee. Frau Sch. hat vor sieben Monaten einzweites Kind bekommen und eine Arbeitskolleginkam zu Besuch, um sich das neue Kind anzusehen.Es ist ein Mdchen und heit Anna. Es ist ein richti-ges Wunschkind und die Eltern sind glcklich ganzim Gegensatz zu ihrem Sohn Lukas, der inzwischenschon in den Kindergarten geht.

    Anna war von Anfang an ein ausgesprochen zufrie-denes und frhliches Kind, krftig, lebhaft und anallem interessiert. Sie beobachtet alles ganz genauund lacht oft vor Vergngen, wenn zum Beispielirgendeiner aus der Familie eine Tasse zum Mundfhrt. Frau Sch. kann sich diese Freude nur damiterklren, dass Anna offensichtlich wiedererkennt,

    Suglinge brauchen Anregungen

    dass die Groen etwas machen, was sie selbst schon kann. Wahrscheinlich istsie ganz stolz darauf, dass sie schon alleine ihre Tasse halten und selbst daraustrinken kann, erklrt Frau Sch. ihrem Besuch.

    Anna lacht viel und weint wenig. Frau Sch. wei, dass das nicht selbstverstnd-lich ist. Oft hrt sie Mtter gleichaltriger Kinder klagen, wie schlecht ihre Kin-der schlafen und dass sie ewig quengeln. Auch Wickeln und Baden wird in vie-len Familien jedes Mal zum Drama. Frau Sch. kann selbst ein Lied davon singen,denn sie erinnert sich gut daran, dass das mit Lukas genau so war: Nach jedemBad war sie vollkommen geschafft, weil Lukas oft dabei schrie. Hinzu kam, dasser immer wieder einen Hautausschlag bekam und in den ersten Monaten unterkrampfartigen Bauchschmerzen litt. Tagelang krmmte er sich vor Schmerzen.Nichts Ernstes, stellte damals der Kinderarzt fest, eine typische Dreimonats-kolik, die meist von selbst vergeht. Doch dann sagte er etwas, was sie aufhor-chen lie und sehr nachdenklich machte: Kann es sein, fragte der Arzt sie,dass sie mit dem Kind zu wenig spielen?

    Lukas war damals knapp zwei Monate alt. Mit ihm spielen? Aber was? Frau Sch.erfuhr schlielich von ihrem Kinderarzt, dass auch kleine Babys sehr neugierigsind und dass sich viele Kinder schon im Alter von sechs Wochen langweilenknnen, besonders wenn man sie lngere Zeit allein in ihrem Bettchen liegenlsst. Sie fangen an zu quengeln, zu weinen und beruhigen sich erst wieder,wenn sie hochgenommen werden. Hufig ist der erste Gedanke vieler Eltern:das Kind hat Hunger. Dass es aber oft nur beschftigt werden will, erkennensie nicht. Obwohl sie es gut meinen, kreieren Eltern sich damit hufig ein neu-es Problem: Das Kind wird berfttert, oder es protestiert dagegen, indem eserbricht oder Krmpfe bekommt. Genau das hat Frau Sch. auch bei Lukas erlebt.

    Der Kinderarzt gab daraufhin Frau Sch. den Rat: Wenn Ihr Kind auerhalb sei-ner Essenszeiten schreit oder unruhig ist, sollten Sie erst einmal mit ihm versu-chen zu spielen. Necken Sie das Kind, streicheln oder kitzeln Sie es. Alles isterlaubt, bevor Sie ihm wieder ein Flschchen servieren.

    Zu viel Ruhe tut nicht gutFrau Sch. hat viel von ihrem Kinderarzt gelernt. Ich glaube, meinte sie, vielejunge Eltern sind am Anfang sehr unsicher, das ist ganz normal. Sehr typischwar, dass Frau Sch. die tgliche Pflege so ernst nahm, dass sie ihre ganze Auf-merksamkeit beanspruchte. Fr Spielen und Spamachen fehlte ihr dadurch dientige Gelassenheit. Auch war Frau Sch. immer darauf bedacht, dass Lukas vielRuhe und Schlaf bekam. Sie stellte ihn darum in das abgedunkelte Schlafzimmerin der Annahme, dass es dort am stillsten ist.

    Natrlich lassen sich nicht alle Wesensunterschiede zwischen Lukas und Annaauf das Verhalten der Eltern zurckfhren, aber einen gewissen Einfluss nimmtdas schon, denn: Je ausgeglichener die Eltern sind, je mehr sie ber die Bedrf-nisse ihres Kindes wissen, desto ausgeglichener sind auch die Kinder.

    Mit Anna hat Frau Sch. vieles gleich ganz anders gemacht. Anna profitiert nunvon den Erfahrungen, die Frau Sch. mit Lukas sammelte und der Gelassenheit,die sie dadurch bekam. Mit sechs Wochen kam sie aus der Kinderwiege in ein

    fahrbares Gitterbettchen. Durch die Stbe konnteAnna alles sehen, was um sie herum passierte, undber ihrem Bettchen hing ein buntes Mobile.

    Als Anna mit etwa drei Monaten entdeckte, dass siesich an den Fingern von Vater und Mutter festhaltenund hochziehen konnte, reagierten die Eltern sofortdarauf und befestigten ein Kinderreck mit buntenGreifringen und Glckchen am Bett. Nun konnteAnna sich auch ohne fremde Hilfe hochziehen. Aberam schnsten blieb es, wenn sie mit den Fingernihrer Eltern Reck spielen durfte.

  • Gesunde Babys mssen viel spielen | 16

    Frau Sch. und ihre Kollegin sind sich einig: DasWichtigste fr Babys sind Anregungen. Wenn sieberall dabei sein drfen, knnen sie viel Neues ent-decken. Wenn Kinder noch so klein sind, ist esleicht, sie zum Lachen zu bringen, erzhlt Frau Sch.ihrer Freundin, an den Fchen kitzeln, Lieder sin-gen, mit Quietschpuppen oder raschelndem Papierspielen, alles bereitet ihnen so viel Vergngen.

    Wenn sich Frau Sch. einmal nicht so intensiv umAnna kmmern kann, gibt sie ihr ganz einfacheDinge zum Spielen, zum Beispiel eine Papiertte(niemals eine Plastiktte!). Minutenlang kann sichAnna damit beschftigen. Mit uerster Konzentra-tion beginnt sie, die Tte zu zerknittern, daran zuziehen und Gerusche damit zu machen.

    Frau Sch. hat nmlich etwas sehr Wichtigesbeobachtet:Gerusche erwecken Annas gespannte Aufmerksam-keit. Ob rauschendes Wasser aus dem Wasserhahn,Planschgerusche beim Salatwaschen, der pfeifendeWasserkessel, der Staubsauger. Sie hat auch schoneinen Sinn fr Rhythmus entwickelt, erklrt sieihrer Kollegin. Anna ist ganz fasziniert, wenn ichmit dem Kochlffel ein paar Takte schlage. Dannbeginnt sie ganz von allein mit den Fen zu trom-meln. Eines unserer kleinen Spiele heit: Mach malbumm bumm. Anna reagiert sofort, haut mit ihrenFen auf die Tischplatte oder den Fuboden undsie strahlt vor Freude, weil sie mich verstanden hatund nachahmen kann, was ich ihr sage.

    Als Lukas so klein war, erinnert sich Frau Sch., entwi-ckelten sich alltgliche Notwendigkeiten zu einemenormen Stress. Heute macht sie mit Anna zusam-

    men ein Spiel daraus und beide sind glcklich. Whrend Frau Sch. mit ihrerKollegin sprach, wusch und wickelte sie Anna, die sich ihrerseits uerst zufrie-den mit einer leeren Plastiktube beschftigte. Vor kurzem noch war ein Klang-mobile ihr Lieblingsspielzeug, nun ist es die Plastiktube, berichtet Frau Sch.,das Wickeln dauert zwar lnger, aber sie freut sich darauf und es gibt wederGeschrei noch Trnen.

    Jan, der kleine Sohn der Freundin hatte beim Wickeln ebenfalls seinen eigenenKopf: Seit er stehen konnte, wollte er partout nicht mehr auf dem Wickeltisch lie-gend, sondern ebenfalls im Stehen gewickelt werden. Daraufhin haben wir ihmetwas oberhalb vom Wickeltisch eine Stange zum Rtteln und Festhalten ange-bracht und ein Bild, das er gern anguckt, berichtete ihre Freundin lachend, undvon da an lie er sich bereitwillig sauber machen und die neue Windel anlegen.

    Frau Sch. hat sich inzwischen viele Spiele fr Anna ausgedacht: das Bumm-bumm-Spiel zum Beispiel oder Lokomotive. Dabei fasst Frau Sch. Anna anden Fugelenken an und bewegt ihre Beinchen im Rhythmus einer anfahrendenDampflok mal schneller, mal langsamer. Dabei macht sie die akustischenGerusche einer Dampfmaschine nach und zischt und schnauft zu Annas gr-tem Vergngen. Nach einigen Minuten verliert Anna schlielich das Interesseund Frau Sch. beendet das Spiel, ohne dass sie dagegen protestiert.

    Auch kleine gymnastische bungen lassen sich in einem SpielintegrierenFrau Sch. fasst zum Beispiel Anna bei den Hnden und fhrt die rmchen lang-sam nach oben und vollzieht einen bogenfrmigen Kreis ber den Kopf nachunten an die Seite des Krpers. Dann fhrt sie beide rmchen nach auen, bissie ganz gestreckt sind und bewegt sie schlielich nach vorne vor die Brust. Auchdiese bungen begleitet Frau Sch. mit einem langsamen, rhythmischen Sprach-gesang: Ding - Dong - Hau - Ruck. Anna beobachtet aufmerksam, was mit ihrgeschieht, erwartet jeden Laut mit gespanntem Blick. Irgendwann habe ichdamit mal angefangen, sagt Frau Sch. lachend, und Anna ist es so gewhnt,dass ich den Ablauf nicht mehr ndern kann. Sie verliert sonst tatschlich dieFreude daran!

    Inzwischen ist Anna fertig gewickelt. Da es sommerlich warm ist und sie keinedicke Verpackung braucht, kann sie sich freier bewegen und hat immer ihrLieblingsspielzeug zur Hand: ihre eigenen kleinen Beinchen und Zehen.

  • Nun muss man nicht denken, dass Frau Sch. ihrer kleinen Tochter stndig einUnterhaltungsprogramm bietet. Sobald sie beobachtet, dass sich Anna mitirgendetwas alleine beschftigt sei es, dass sie mit ihren Fen spielt, auf demStiel der Haarbrste herumkaut oder irgendetwas untersucht lsst Frau Sch. sievllig in Ruhe. Ich reagiere erst wieder, wenn Anna aus Langeweile anfngt zuquengeln, erzhlt sie, meist braucht sie nur eine neue Anregung, irgendetwas,wonach sie greifen kann. Hufig spielt sie dann weiter und will mich gar nichtdabei haben. Und das ist gut so, denn auch ich bin nicht immer in Spiellaune!

    Das groe Badefest mit PapaMit Papa baden ist das Grte fr Anna. Weder Plastikenten nochSchiffchen knnen mit Vaters Finger konkurrieren, wenn sie pltz-lich langsam aus dem Wasser krabbeln. Das Hchstefr Anna ist, wenn sie von den Knien ihres Vatersabwrts auf seinen Bauch rutschen darf. Dannist sogar ihre Lieblingsplastikflasche, die sonstnirgendwo fehlen darf, vllig berflssig.

    ... und wie hat Lukas auf seine Schwester reagiert?Am Anfang war er ziemlich verstrt, weil ich wenig Zeit fr ihn hatte, erzhltFrau Sch. nachdenklich ihrer Kollegin. Jetzt lasse ich ihn hin und wieder zu Hau-se, also nicht in den Kindergarten gehen, damit er sich nicht abgeschoben fhlt.Abends habe ich mich mit meinem Mann abgesprochen, dass ich Lukas ins Bett

    bringe, ihm noch vorle-se, ein Schlaflied vorsin-ge und kuschle, whrendmein Mann mit Annaspielt. Diese Zeit gehrt

    Lukas und mir ganz allein. Das tut ihm gut! Auerdem, erzhlt Frau Sch. ihrerKollegin weiter, zeige ich ihm, was er mit seiner neuen Spielgefhrtin alles spie-len kann. Inzwischen hat er auch manche Spiele bernommen, die ich mit Annaspiele. Aber oft lsst er sich auch etwas Eigenes einfallen. Allerdings muss ichdann sehr aufpassen, weil er noch so unkoordiniert ist und unbewusst etwas zugrob zufassen kann. Er ist ja selber noch klein!

    Es ist inzwischen Sonntagabend geworden. Die Kollegin ist gegangen. Anna undihr Vater balgen sich noch eine Weile auf dem Fuboden. Annas Bewegungs-

    17 | Gesunde Babys mssen viel spielen

    Oft spielt Anna auch schon allein

    spielraum ist grer geworden und sie kann sichinzwischen schon aus der Bauchlage auf den Rckenrollen. Nun kugeln Vater und Kind um die Wette.Aber ein Spiel hat es Anna besonders angetan:

    Das KuckuckspielAnna sitzt auf Vaters Bauch und lehnt mit demRcken an seinen angewinkelten Oberschenkeln. Siehlt sich an seinen Zeigefingern fest, whrend er dieBeine langsam ausstreckt. Beim Hochziehen mussPapa schon noch ein bisschen nachhelfen. Vorber-gehend verliert Anna ihren Papa aus dem Blickfeldund jubelt, wenn er dann mit einem Kuckuck!pltzlich wieder auftaucht.

    Fr Familie Sch. gehrt das Kuckuckspiel seit eini-ger Zeit zum Standardprogramm und es gibt kaumetwas, was dabei nicht zur Hilfe genommen wird: dieeigenen Hnde, ein Tuch, eine Zeitung. Herr Sch. hatsogar einen Fcher mit kleinen Lchern prpariert,durch den sie die kleine Anna beobachten knnen.Sie sehen, wie sie grbelt, wo wohl als nchstes dasGesicht der Eltern wieder auftauchen wird ob oben,unten oder seitwrts. Und die Eltern knnen sofortreagieren! Wenn sie nmlich zu lange weg sind,bekommt Anna es mit der Angst zu tun. Ganz span-nend aber wird das Kuckuckspiel mit einem Spiegel:Wer blickt ihr denn da entgegen? Und wie kommtdie Mama da hinein, obwohl sie gerade noch hinterAnna stand? Bei diesem Spiel kann man gut beob-achten, wie es in Annas Kpfchen mchtig zu arbei-ten beginnt.

  • Spielzeug selbst hergestellt> Alles, was glnzt wie goldene Deckel, Spiegel> Alles, was leuchtend bunt ist wie Plastiktassen, lee-

    re Plastiktuben (ohne Deckel und Verschlsse!),Luftballons, Tuch mit Bndern zum Ziehen, Stoffta-schentuch mit Schaumgummiflocken oder Wattegefllt, das fest verknotet wird.

    > Papier und alle Werkstoffe, die raschelnde Gerusche verursachen, zum Bei-spiel zusammengeknlltes Papier. Pappschachteln gefllt mit etwas Reis oderErbsen die nur mit Tesaband zugeklebt werden. Einige Korken auf eineSchnur ziehen.

    Gesunde Babys mssen viel spielen | 18

    Spiele fr Suglinge unter einem Jahr:

    Jedoch Vorsicht: Aufgesetzte Glas- oder Knopfaugen bei Stofftierenknnen sich lsen und von den Kindern verschluckt werden! AchtenSie auch darauf, dass Spielzeugtiere mit Quietschtnen nur sehrleise zu hren sind. Untersuchungen ergaben, dass Kleinkinderdurch Knall- und Knackgerusche, aber auch durch hohe Quietsch-tne einen frhzeitigen Hrschaden erleiden knnen! Das gilt auchfr Glckchen, die am Arm oder Beinchen angebracht werden (wersie nutzt, sollte das nur kurzzeitig tun!)

    Achten Sie auf das GS-Prfkennzeichen. Es steht fr Geprfte Sicherheit undbescheinigt, dass Spielzeug bestimmten Sicherheitsanforderungen entspricht. ZurPrfung gehren zum Beispiel mechanische Tests (Kipp-Prfung, Belastungstests,Geruschtests) und die Bestimmung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit (Spei-chel- und Schweiechtheit; hygienische und mikrobiologische Bestimmungen).

    Aber Achtung: Bei selbst hergestelltem Spielzeug sollten Erwachse-ne ihre Kinder nicht aus den Augen lassen. Es knnten sich Teilelsen, geschluckt werden, in die Atemwege gelangen. Bitte niemalsPlastiktten zum Spielen geben. Kinder knnen sie sich ber denKopf ziehen und daran ersticken!

    Spielzeug zum Kaufen und Verschenken> Rassel, Greifring, Beiring, Stoffball, Spieluhr,> Mobile oder Klangspiele, die ber das Bettchen gehngt werden knnen,> Babyreck mit Glckchen und Kltzchen, Schmusepuppe oder -tiere aus wei-

    chem Stoff.

    Spielen ohne Spielzeug oder: Womit beschftigt sich ein Kind auch allein?> Mit sich! Zum Beispiel mit den eigenen Fingern, Fen, Zehen. > Es brabbelt und lallt vor sich hin und hrt sich dabei gespannt zu. > Und: Es spielt mit allem, was es erreichen ergreifen kann, um es zu betasten,

    in den Mund zu stecken und eingehend zu untersuchen.

    Und wenn es gern mit Ihnen spielt?> Dann mchte es mit Ihnen sprechen. >Machen Sie Babys Laute nach: gurren, glucksen, quietschen und lachen Sie mit

    ihm.> Tragen Sie es herum und singen Sie ihm etwas vor. > Blinzeln Sie mit den Augen, strecken Sie die Zunge heraus, schneiden Sie

    Grimassen.> Spielen Sie Kuckuck und schauen Sie zusammen in den Spiegel. Spielen Sie

    wegnehmen und wiedergeben, Ball auf sich zurollen. > Und: Veranstalten Sie ein Konzert. Schlagen Sie gemeinsam mit Kochlffeln

    zum Beispiel auf Tpfe, Pappkartons und Kissen.

  • Kommunikation ber Bewegungsspiele> Ding-ding, dong-dong Ihr Kind liegt auf dem Rcken. Bei ding-ding das

    eine Bein in Richtung Kopf langsam hochheben, bei dong-dong langsam wie-der herunterlassen.

    > Klingelingeling da kommt das Muschen, das will in sein Huschenund macht klingelingeling, guten Tag! Dabei krabbeln Ihr Zeige- undMittelfinger am Arm oder am Krper des Kindes hoch, klingeln am Ohrlpp-chen, bei Guten Tag" schtteln sie seine Hand oder zupfen es an der Nase.

    > Tiere nachahmen Ihrer Phantasie ist dabei keine Grenze gesetzt! Erfinden Siez.B. Da kommt das Vgelchen. Segeln Sie mit ihrer Hand durch die Luft nhern sie sich langsam dem Kind bis Sie es mit einem lauten Daaa berhren.

    > Kleine Trommelmassage oder Regen machen Dabei trommeln Sie mitIhren Fingern zart z.B. ber das Buchlein des Kindes.

    > Fahrstuhl-Spiel Das Kind schnell hochheben und wieder hinunterlassen,dabei Huiii ... rufen und Gerusche machen. Achten Sie auf die Signale IhresKindes es soll keine Angst bekommen!

    > Krperrutsche Sie sitzen auf dem Boden, haben Ihr Kind auf den Knienoder Oberschenkeln, heben langsam die Beine in die Luft, so dass Ihr KindIhnen auf den Bauch rutscht.

    > Hoppe, hoppe, Reiter Gehrt zu den Lieblingsspielen der Kinder. Wennsie aber noch sehr klein sind, sollte es besonders sanft gespielt werden.

    19 | Gesunde Babys mssen viel spielen

    Was Frau Sch. ber den Umgang mit ihrem ersten und zweiten Kind schildert,ist typisch. Beim ersten Kind sind die Eltern meist noch unsicher. Hufig neh-men sie es mit der krperlichen Pflege zu genau. Damit es nicht mit Schmutz inBerhrung kommt, darf das Baby nicht auf dem Boden krabbeln. Damit es sichnicht ansteckt, darf der Besuch nicht mit ihm spielen. Nur wenige Dinge darf esin den Mund nehmen.

    > Wie soll das Kind seine Welt kennen lernen, wenn es nichts untersuchen darf?

    > Und: Wie soll sein Immunsystem ausreichend Abwehrstoffe entwickeln, wennes nicht mit Erregern aus seiner Umwelt in Kontakt kommt?

    Allergien knnen sich auch durch bertriebene Hygienemanahmen entwi-ckeln und der bermige Gebrauch von Wasch-, Spl- und Desinfektionsmit-teln schadet der Haut.

    Babys brauchen auch keine Grabesstille um sich herum, damit sie gut schlafenknnen! Der Schlaf eines Babys ist wesentlich robuster als der von Erwachsenen.

    Der Kinderarzt rt:

    Das kleine Gehirn eines Babys braucht Anreize, umsich optimal zu entwickeln.

    Fazit:

    Ein weiterer Irrglaube ist, dass Babys hauptschlichquengeln, weil sie hungrig, nass oder krank sind.Nein, Babys wollen oft nur beschftigt werden. Siebrauchen Anregungen, wollen spielen und beralldabei sein.

    Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Babysviel aufnahmefhiger und intelligenter sind als bis-lang angenommen wurde. Sie nehmen Farben, For-men, Flchen, Bewegungen, Berhrungen, Schwin-gungen, Gerusche sehr genau wahr und knnen sievoneinander unterscheiden.

    > Babys brauchen Anregungen.> Beziehen Sie Ihr Baby berall mit ein! Legen Sie es in ein Gitter-

    bettchen oder auf eine kleine Matratze in den Raum, wo Siesind. So kann es die Familie immer gut sehen.

    > Geben Sie ihm Spielzeug, das es in den Mund nehmen unduntersuchen kann.

    > Geben Sie ihm optische Reize durch farbige, glnzende undbewegliche Gegenstnde.

    > Lassen Sie das Kind selber Gerusche machen, das schult sein

    Gehr. Vermeiden Sie aber laute Quietsch-, Knall- und Knackge-rusche, sie schdigen die Sinneszellen im Ohr!

    > Geben Sie weiche Kuscheltiere/-puppen zum Betasten. AchtenSie darauf, dass sich davon nichts ablsen kann (Glasaugen,Plastiknasen etc.) es besteht sonst Erstickungsgefahr!

    > Schreit Ihr Baby auerhalb der Mahlzeiten spielen Sie mit ihm,ehe Sie ihm wieder die Brust oder Flasche geben.

    > Geben Sie dem Baby viel Bewegungsspielraum und sorgen Siedafr, dass es mit seinen Fchen spielen kann.

    Zusammenfassung/Tipps

  • 1 Jahr alt Bewegung ist alles

  • 21 | 1 Jahr alt Bewegung ist alles

    Frau und Herr M. sind abends manchmal vllig erschpft. Ihr Sohn Paul ist fnf-zehn Monate alt und das ist ein besonders anstrengendes Alter. Paul macht gera-de seine ersten Gehversuche. Wo immer es geht, zieht er sich hoch und reitdabei so manches herunter. Kaum ein Gegenstand ist vor ihm sicher und seineEltern mssen ihre Augen einfach berall haben. Damit sich ihr Kind nicht soleicht verletzen kann, haben sie schon alle scharfen Kanten und Ecken in PaulsEinzugsbereich durch aufsteckbare Plastikecken entschrft.

    Aber auch sonst haben sich Pauls Eltern in ihrer kleinen Wohnung auf diezunehmende Bewegungsfreude ihres Kindes eingestellt: Als eines Tages ein ange-nagtes Buch vor dem Bcherregal lag, haben sie die unteren Regalfcher ausge-rumt und die Bcher durch alte Zeitschriften ersetzt. Weil Paul so gerne in derkleinen Kche mit den Tpfen spielt, hat Frau M. im unteren Schrankbereichnur die Gegenstnde deponiert, die nicht so schnell kaputtgehen. Mit viel Get-se und Begeisterung darf Paul dann auch schon mal ein ganzes Fach ausrumen.Das Chaos mssen wir einfach in Kauf nehmen, sagt Frau M. Wir knnenihm ja nicht alles wegnehmen und wegrumen. Wenn ich ihm das erlaube, ister eine Weile beschftigt und ich kann in Ruhe kochen, ohne Angst zu haben,dass er in die Nhe des Herdes kommt.

    Inzwischen hat Paul die obersten Schubladen entdeckt und reit sie immer wie-der heraus. Seine Eltern fanden eine Methode, sie zu blockieren, indem sie einenStock durch die Griffe schieben. Frau M. braucht jetzt zwar etwas lnger um siezu ffnen, aber diese simple Kindersicherung funktioniert.

    Auch oder wie Paul seine Eltern auf Trab hlt

    Paul hat einen unwiderstehlichen Drang, alles nach- oder mitzumachen und daskostet seine Eltern sehr viel Zeit. Auch ist eines der wenigen Worte, das Paulam hufigsten gebraucht. Auch heit: Er will das Licht genauso an- und aus-machen wie Mutter oder Vater. Auch mit dem Kochlffel hantieren, auchdie Tr aufmachen, auch im Wasser planschen, wenn abgewaschen wird.

    Dieses Auch heit fr Frau M., dass sie kaum noch etwas planen kann: Wennsie es zum Beispiel eilig hat, scheint Paul das ganz genau zu spren und sagtwieder auch. Dann will er unbedingt noch irgendetwas ausfhrlich auspro-bieren, whrend seine Mutter schon auf heien Kohlen sitzt. Frau M. hat sichmittlerweile darauf eingestellt und versucht, sich keinen unntigen Druck auf-zuerlegen.

    Pauls Drang, alles nachzuahmen, macht vor kaum etwas Halt. So beobachtetenseine Eltern eines Tages, wie er telefonieren imitiert: Paul sttzte sich auf denTelefontisch wie sein Papa, und machte sogar dessen Bewegungen und seinenGesichtsausdruck nach!

    Da Familie M. nur eine kleine Wohnung hat, macht sich Frau M. zunehmendSorgen um Pauls Bewegungsfreude, denn immer wieder stt er sich an den vie-len Ecken. Sie befrchtet, dass es im Laufe der Zeit eher schlimmer wird, denner kann nicht so herumtollen, wie es gut fr ihn wre. Sie beobachtet nmlich,dass er abends gar nicht richtig mde ist, wenn er tagsber nicht drauen war.Wenn wir dagegen ein paar Stunden auf dem Spielplatz oder am Plansch-becken im Schwimmbad waren, dann fllt er todmde ins Bett.

    Wenn der Vater mit dem SohneHerr M. ist ein begeisterter Vater, doch sein Beruflsst ihm manchmal nur wenig Zeit. Wenn erabends nach Hause kommt, strmt Paul schongleich an der Wohnungstr auf ihn zu und mchtemeist erst mal Flugzeug spielen. Herr M. fasst dannPaul an einem Bein und einem Arm und dreht sichmit ihm im Kreis. Dabei lsst er ihn mal hoch, malniedrig fliegen. Dabei ruft er Huiii oder Engel-chen flieg! und Paul kreischt vor Vergngen. Dochdamit nicht genug. Paul lsst seinen Vater kaumeinen freien Schritt tun, so dass Herr M. ihn gleichauf die Schulter nimmt und ihn eine Weile mit sichherumtrgt.

    Zwischendurch spielt er dann mit ihm Hoppe,hoppe, Reiter und singt den Reim dazu: ... wenner fllt, dann schreit er. Fllt er in den Graben,fressen ihn die Raben, fllt er in den Sumpf,macht der Reiter: Plumps! Beim Plumps beugtsich Herr M. weit nach vorn, so dass Pauls Kopf mitihm weit nach vorne geht. Am Anfang bekam Paulein bisschen Angst davor, inzwischen kann es garnicht wild genug sein und am liebsten wrde erdamit nicht mehr aufhren.

  • 1 Jahr alt Bewegung ist alles | 22

    Das allabendliche Spiel: Waschen, Wickeln, Schlafen gehenNach dem gemeinsamen Essen kmmert sich der Vater um das Abendpro-gramm mit Paul: Waschen, Wickeln, Schlafen gehen. Paul freut sich, denn mitPapa macht das immer wieder Spa. Bereitwillig lsst er sich in die Badewannesetzen, denn nun beginnt ein neues Spiel. Herr M. spricht dabei: Ja, wem gehrtdenn der Arm hier? Na, dem Paulchen. Ja, wem gehrt die Nase hier? Na,dem Paulchen. Und wem gehrt der kleine Popo hier? Na, dem Paulchen!

    Abschlieend wird der Junge tchtig trockengerieben und mit einem dickenCremeklecks malt der Vater ihm ein Gesicht auf den Bauch und singt: DerMond ist rund, der Mond ist rund, der hat zwei Augen, Nas und Mund undwie von Zauberhand lsst er das Cremegesicht wieder verschwinden, indem eres ber den kleinen Krper verreibt.

    Das Schlafanzug-Anziehen wird zu einem wahren Versteckspiel! Ja, wo istdenn mein Schatz? Ach, da ist er ja! Ja, wo ist denn das rmchen? Ach, da ist esja! Ja, wo ist denn das Beinchen? Ach, da ist es ja schon! Paul ist dann ganz bei

    Gedanken ber ein Vater-Kind

    der Sache. Er zeigt oder versteckt die angesprochenenGliedmaen und freut sich, wenn ihn der Vater lobt.

    Paul kann zwar die meisten Worte noch nichtbenutzen, verstehen kann er sie schon. Seine Elterndrngen ihn auch nicht zum Sprechen, frher oderspter beginnt er damit ganz von allein. Und Herrund Frau M. sind sich darin einig: Es ist doch egal,ob er es ein paar Wochen frher oder spter lernt.

    Wenn Paul schlft, haben die Eltern endlich ein biss-chen Zeit fr sich. Zeit, die sie nutzen, auch ber daseine oder andere Problem zu reden. Frau M. beschf-tigt es schon lnger, dass Paul so vehement auf sei-nen Vater reagiert. Einerseits bewundert sie es, wiegut ihr Mann mit dem Sohn umgeht, andererseitsgibt es ihr doch zu denken, wenn Paul sich abendsnur noch auf den Vater konzentriert. Ich finde esmanchmal ein bisschen ungerecht, wenn ich soabgeschrieben bin. Ich kann nun mal nicht denganzen Tag mit ihm spielen, erklrt sie ihremMann, sonst komme ich zu gar nichts mehr. Paulsoll ja auch lernen, sich ab und zu selbst zu beschf-tigen. Und wenn ich euch dann beobachte, wieintensiv ihr miteinander spielt, dann gewinne ich

    den Eindruck, Paul mag dich lieber als mich. Ich werde richtig gereizt, wenn icheuch beide so singen und gackern hre.

    Des Rtsels LsungIn einem gemeinsamen Gesprch stellen sie fest, dass sich Frau M. hufig aus-geschlossen fhlt, weil sie durch sein Spiel mit Paul wenig gemeinsame Zeitverbringen: Tagsber ist Herr M. weg und abends, wenn er mit Paul spielt, erle-digt sie meistens Arbeiten im Haushalt. Und wenn sie schlielich Zeit freinan-der haben, sind sie beide dann oft schon recht mde.

    Ich mchte unsere Freude zu dritt erleben!Frau M. macht ihrem Mann den Vorschlag, erst gemeinsam mit Paul zu spielenund anschlieend gemeinsam die restlichen Hausarbeiten zu erledigen. Herr M. isteinverstanden, denn er muss zugeben, dass ihn die gebndelte Energie des Kindesnach der Arbeit manchmal auch ganz schn zu schaffen macht! bereinstimmend

  • 23 | 1 Jahr alt Bewegung ist alles

    Die Welt vor der Tr Anregungen fr Mutter und Kind

    Solange Familie M. noch in der beengten Wohnung leben muss, geht Frau M. so-oft wie mglich mit Paul auf den Spielplatz ihrer Wohnanlage. Doch der bietetdem Kind schon seit lngerem nicht mehr die ntigen Anregungen und in dernchsten Umgebung gibt es auch nicht viel Interessantes zu entdecken. Siedenkt darber nach, ob sie nicht das Auto ihres Mannes hin und wieder benut-zen sollte, damit sie auch in der Woche zum Schwimmbad oder sogar mal zumnahe gelegenen See fahren kann. Im Wasser planschen und mit Steinen am Uferspielen begeistert Paul immer wieder aufs Neue und nach so einem Ausflug ist erabends lngst nicht so aufgedreht und schlft fest und lange. Herr M. knntedann mit dem Bus zur Arbeit fahren fr ihn etwas gewhnungsbedrftig, aberwarum eigentlich nicht?

    Frau M. hatte auch im Supermarkt einen Aushangvon einer Babygruppe in der Nachbarschaft gele-sen und Kontakt mit ihr aufgenommen. Paul ist fas-ziniert von den anderen Kindern und nun kann siesich endlich einmal mit anderen Mttern austau-schen. In den Gesprchen ist Frau M. auch sehrbewusst geworden, wie sehr sie sich seit Pauls Geburtin ihre eigenen vier Wnden zurckgezogen hatteund wie wichtig es war, das zu verndern.

    Viele Neubauwohnungen sind zu klein und hellhrig, sehr zum Nachteil fr dieKinder. Aus Rcksicht auf die Nachbarn versuchen Eltern ihre Kinder am Hp-fen, Rennen, mit dem Auto oder Dreirad den Flur auf und ab fahren und lautesGejuchze zu hindern. Aber das sind wichtige Lebensuerungen der Kinder!

    > Versuchen Sie sich also mit den Mietern in ihrer unmittelbaren Umgebung gutzu stellen. Der Lrm von Menschen, die man gern hat, wird leichter ertragenals der Lrm von Unbekannten.

    > Eltern, die in oberen Etagen leben, mssen sich hufig sehr berwinden, mitdem Kind rauszugehen. Doch Kinder, die in solchen Wohnsituationen auf-wachsen, brauchen besonders dringend Ausgleichsmglichkeiten. Denn, wennKinder sich auerhalb der Wohnung ungehemmt austoben drfen, weil derLrm dort niemanden strt, knnen sie sich in der Wohnung auch eher ein-mal ruhig verhalten.

    > Babygruppen sind sehr hilfreich und gut fr Kind und Eltern. Solche Baby-gruppen gibt es auch als Schwimm- oder Turngruppen.

    kommen sie zu dem Schluss: Wenn sie die Dinge zu zweit machen, ist es fr beidenicht so anstrengend und unterhalten knnen sie sich auch schon bei den Haus-arbeiten. Auerdem wird Paul seine Eltern zusammen erleben und ein Gespr frFamilie bekommen, nmlich Vater, Mutter und Kind.

    Freirume schaffenHerr und Frau M. finden sogar einen weiteren Kompromiss: Freitags mchte ichmich mit meinen Kolleginnen treffen, gab Frau M. zu bedenken, knntest dudann Paul alleine zu Bett bringen und auch den Abwasch bernehmen? IhrMann lacht: Wenn du dafr am Montag da bist, wenn ich zum Training gehe!Alles kein Problem. Und beiden ist auch klar, dass sie ab und zu wieder etwaszusammen unternehmen mssen und zwar ohne Kind. Fr solche Gelegen-heiten wollen sie sich nun einen geeigneten Babysitter suchen.

    Die Psychologin rt:

  • 1 Jahr alt Bewegung ist alles | 24

    Spielzeug fr einjhrige Kleinkinder

    Spielzeug zum Kaufen und Verschenken> Geeignet ist alles, was sich ziehen, rollen oder schieben lsst: ein Nachzieh-

    spielzeug (mit breiten Achsen), ein groes Auto mit Ladeflche und breitenRdern zum Draufsetzen und Beladen ggf. mit Anhnger,

    > ein groes Plschtier zum Kuscheln und Liebhaben,> groe Baukltze in verschiedenen Formen und Farben,> Spielzeug aus zusammensteckbaren Teilen wie Becherpyramide, Ringpyramide,> erste einfache Bilderbcher, mglichst reifest,> Spielzeug fr den Sandkasten,> eine Trommel.

    Wichtig ist, dass Ihr Kind sich hufig genug austo-ben kann, mit anderen Kindern spielen, rennen,matschen, buddeln, sich ungeniert schmutzigmachen darf. Das geht auch ohne eine organisierteInstitution.

    brigens:Das Gefhl der Mtter, pltzlich abgeschrieben zusein, wie es Frau M. erlebte, wenn sie ihren Mannmit Paul spielen sah, ist nicht ungewhnlich! Oftmuss das Kind nebenher laufen, wenn ntige All-tagsarbeiten zu erledigen sind und die Zeit zum Spie-len fehlt. Auerdem liegen bei den Mttern meistdie unangenehmen Aufgaben des Erziehungsalltags:Ohren waschen, Fingerngel schneiden, Verboteaussprechen, Dinge wegnehmen, nicht zu vergessen:der Gang zum Kinderarzt. Kein Wunder also, wennsich Kinder abends auf ihren Vater strzen, der sichdann nur auf sie konzentrieren kann. Hinzu kommt:Was selten da ist, ist immer beliebt! Wenn Vter mit ihren Kindern spielen, dann kn-nen sie sich komplett darauf konzentrieren. Dieskann die Situation der Frauen erschweren:

    > Manche Vter fhlen sich nicht fr die Unord-nung zustndig, die beim Spielen entsteht.

    > Wenn sie das Kind baden, berlassen sie oft dieAufrum- und die Putzarbeiten der Mutter.

    > Manche Mtter beseitigen meist auch die Spuren,wenn Vter das Kind fttern.

    Diese und andere Situationen rgern viele Mtterund sie fhlen sich zurckgesetzt! Es ist wichtig, dassPaare ber solche Situationen miteinander reden.Dass sie nach Lsungen suchen, mit denen beide gutleben knnen: Sei es zum Beispiel, dass sie alle Din-ge gemeinsam tun oder, dass sie sich abwechselndganz von den Familienverpflichtungen frei halten,

    um auch anderen Interessen nachgehen zu knnen. Beides sind wichtigeGesichtspunkte.

    Forschungen haben ergeben, dass viele Mnner anders mit Kindern spielenals Frauen. Unbewusst unterscheiden Mnner oft schon beim Sugling zwi-schen Jungen und Mdchen:

    Bei den Tchtern sind sie eher um die Gesundheit besorgt und gehen zarter,weniger ruppig mit ihnen um. Auch werden sie eher mal weich, wenn es geradebesonders niedlich lchelt. Beim Sohn sind sie schon frh bemht, seine Selb-stndigkeit, sein Knnen, seine Orientierung nach auen zu frdern, dagegenkleinkindhaftes Verhalten nicht zu untersttzen.

    Mtter machen diesen Unterschied auch beim Spielen eher selten. Sie ach-ten mehr darauf, dass Jungen und Mdchen gleichermaen Frsorge, Liebe undSchutz erhalten.

  • 25 | 1 Jahr alt Bewegung ist alles

    Kostenlose Freuden > Schachteln mit Inhalt zum Ein- und Ausrumen, Tpfe, Plastikschsseln,

    Rhrlffel, Schneebesen, nicht fusselnde Baumwolltcher.

    Womit sich Ihr Kind alleine beschftigen kann:> Dinge ein- und ausrumen, zusammenstecken, auseinandernehmen (z.B.

    Schuhschrank, Schublade mit Geschirrtchern etc. aber keine scharfkantigenGegenstnde zum Spielen berlassen!),

    > im Freien klettern, mit greren Steinen, Sand, Schlamm, Wasser, sten spielen,> Bausteine stapeln und vor allem wieder umwerfen.

    Was es am liebsten mit Ihnen spielt:> Herunterspringen und sich von Ihnen auffangen lassen,> verstecken und wiederherzaubern von Personen und Gegenstnden,> Ihnen in die Arme laufen und sich von Ihnen im Kreis drehen lassen,> unter Ihnen durchkriechen oder ber Sie hinwegklettern, an Ihnen hochklettern,> mit Ihnen zusammen bauen, Bilderbcher, Fotos angucken,> Reiterspiel: Sie sind das Pferd, Ihr Kind ist der Reiter,> Schubkarre fahren: Sie heben die Beine des Kindes hoch, das Kind luft auf den

    Hnden,> Kraftprobe: Sie lassen sich von Ihrem Kind schieben und schieben zurck. Das

    Kind gewinnt, und Sie fallen um.> Aber bestimmt erfinden Sie selbst noch viele andere Spiele, die sich einfach

    ergeben. Sehr wahrscheinlich besteht dann Ihr Kind darauf, dass es immerwieder in genau der gleichen Weise wiederholt wird. Daran knnen Sie denLernprozess erkennen!

    > Bewegung ist alles in diesem Alter! Schaffen Sie also Platz zum Spielen undHerumtoben.

    > Gehen Sie mit Ihrem Kind sooft wie mglich ins Freie. Schlieen Sie sich einerBabygruppe an.

    >Wenn Sie zu zweit sind, spielen Sie beide auf Ihre eigene Art mit dem Kind.>Wenn Sie allein erziehen, suchen Sie auch nach Spielpartnern des anderen

    Geschlechts.

    Mnner und Frauen spielen unterschiedlich. Fr das Kind ist das sehr anregend.

    Achtung Mtter: Auch wenn Mnner etwas ruppiger herangehen, Kinder sindrobust!

    Achtung Vter: Glauben Sie nicht, mit Kindern knne man erst etwas anfangen,wenn sie grer und vernnftiger geworden sind. Ab mit Ihnen auf den Fubo-den, spielen Sie mit!

    Zusammenfassung/Tipps

  • Wenn Schlafengehenzum Problem wird

  • Nur abends, wenn ihre Kinder um keinen Preisder Welt ins Bett zu kriegen sind, gehen ihrmanchmal die Nerven durch und sie schreit. Sp-testens dann merken die Kinder, dass Frau K. esjetzt sehr ernst meint. Da beide Kinder nicht mehrMittagsschlaf halten, mssten sie eigentlich tod-mde sein. Frau K. meint jedoch, dass das fehlen-de Schlafbedrfnis der Jungen angeboren seinmuss und sie dagegen nichts machen kann.

    Doch es gibt Augenblicke, in denen ihre Kinder auch ganz friedlich sein knnen:Wenn zum Beispiel Onkel Thomas zu Besuch kommt und mit ihnen spielt. Mitihm sind die Kinder wie umgewandelt. Sie hngen an seinen Lippen, schauenihm atemlos zu, wenn er ihnen irgendetwas vormacht. Seine Ruhe und Geduldscheinen sich auf die Kinder zu bertragen.

    Ich bin doch auch kein hektischer Typ, meint FrauK. zu Thomas Freundin, die abends auf einen Be-such vorbei kam. Sie sah, wie Frau K. wieder mitihren Shnen kmpfte, als sie ins Bett gebracht wer-den sollten. Wenn Thomas mit ihnen spielt, gibt esnie ein Problem. Sie sind sogar friedlich, wenn sieschlafen gehen sollen. Was macht er denn bloanders als ich?

    Thomas Freundin hat viel Erfahrung mit munterenKindern gesammelt, die abends ungern schlafen ge-hen. Seit Jahren jobbt sie als Babysitterin und schla-fen gehen gehrt zu ihren hufigsten Aufgaben.

    Viele Kinder sind abends vllig berdreht, erklrt sie Frau K., und das hatnichts mehr mit der frhlichen Munterkeit des Tages zu tun. Die Kinder sindmde, berreizt und werden grantig. Offensichtlich sind sie dann vollkommenberfordert und knnen das, was sie tun, nicht mehr richtig strukturieren. Siefinden dann selber keinen Ausweg mehr aus ihrer berdrehtheit und brauchendie Hilfe von Erwachsenen, um sich wieder zu beruhigen.

    Thomas Freundin erzhlt Frau K., dass sie sich fr solche Momente immer etwasausdenkt, womit sie das Interesse der Kinder einfangen kann, was sie beschftigtund zur Ruhe bringt. Hufig lese ich ihnen dann ein schnes Buch vor (oderauch mal zwei) oder mache es mir mit ihnen gemtlich und wir denken unsdann lustige Geschichten aus.

    27 | Schlafengehen ein Problem

    Frau K. ist 22 Jahre alt. Sie hat sehr jung geheiratet,weil sie schon mit 19 ihr erstes Kind erwartete.Bereits gut ein Jahr spter kam ihr zweites KindMario auf die Welt.

    Eine bewusste Planung, wie Frau K erzhlt: Ichwollte lieber erst Kinder haben, als mit einemGanztagsberuf und Karriere zu beginnen. Unddass es ihr mit dieser Entscheidung gut geht, istsofort zu erkennen: Sie lebt in einer Sozialwohnung,kommt mit ihren Kindern gut zurecht und ist immergut gelaunt.

    Ihr Mann ist Fotograf. Oft ist er tagelang unterwegs,verdient aber nur wenig Geld und um die Erziehungkann er sich kaum kmmern. Weil das Haushalts-budget sehr eng ist, strickt Frau K. abends noch Pull-over fr eine Boutique. Um das alles zu schaffen, hatsie die Hausarbeit auf das Ntigste reduziert. Auchherumliegendes Kinderspielzeug strt sie dabeinicht. Ihr Kommentar: Man kann doch ruhigsehen, dass hier Kinder wohnen.

    Viele junge Paare leben unter hnlichen Bedingun-gen, aber auffallend ist, dass in der Familie K. meis-tens gute Stimmung herrscht. Dabei sind die Kinderauerordentlich temperamentvoll! Der dreijhrigeJulio und der zweijhrige Mario scheinen ber eineunerschpfliche Energie zu verfgen: Sie toben denganzen Tag durch die Wohnung rennen, schreien,juchzen, springen, ziehen sich an den Haaren, stoensich um, fallen ber ein Spielzeug, weinen, lassen sichtrsten, stehen wieder auf und alles beginnt vonvorn. Frau K. hat damit berhaupt keine Probleme.

    Was tun, wenn Kinder berdrehen?

  • Erwachsene und Kinder haben oft unterschiedli-che Vorstellungen davon, was ein schnes, eininteressantes Spiel ist. Kleinkinder spielen meistenszweckfrei. Sie spielen aus Freude am Tun. Ob dabeiirgendetwas entsteht oder erreicht wird, ist ihnennicht wichtig. Erwachsene sind durch ihren Alltagmeist darauf fixiert, dass jede Handlung einen Zweckund ein Ziel haben muss. Sie haben das naive Spie-len meist verlernt.

    Frau K. erinnert sich an den letzten Sonntag, als ihrMann mit den Jungen spielte. Die beiden schobengerade mit wildem Schwung kleine Autos gegen eineSpielzeugkiste. Rommm!, machten sie, rommm,rommm! Ihr Vater schlug vor, eine Strae und eineGarage fr die Autos zu bauen. Er legte sich zu ihnenauf den Fuboden und war kurze Zeit spter selberin sein Spiel vllig versunken. Aber Julio undMario hrten bald auf, guckten nur noch zu, weildas nicht mehr ihr Spiel war.

    Ein weiteres Problem im gemeinsamen Spielen isthufig, dass Erwachsene glauben, dem Kind selbstbeim Spielen etwas beibringen zu mssen. Guckmal, das musst du so machen, sonst sieht es dochnicht gut aus! Und sie wundern sich, wenn ihr Kinddie Lust am Spielen verliert.

    Wenn Kinder selbst Ideen haben und ein Spielgestalten, sollte kein Erwachsener ihnen reinreden.Erst wenn das Spiel zerflattert, strukturlos undunbefriedigend wird, ist eine Anregung und ggf. einMitmachen sinnvoll.

    Anregen und Gngeln ist zweierlei

    Probieren Sie es aus! Beobachten Sie die Reaktionen Ihres Kindes und findenSie heraus, ob Ihr Kind Anregungen oder Anleitungen braucht und wie vielFreiheit es zum Spielen bentigt.

    Eltern mssen Grenzen setzenMir tut es ja auch leid, wenn mir manchmal die Nerven durchgehen, denn ichwill doch meine Kinder gar nicht anbrllen!, erklrt Frau K. der Freundin, aberdann geht mir doch die Toberei auf die Nerven. Die Freundin beruhigt sie:Eltern mssen doch nicht alles ertragen, nur damit es ihren Kindern gut geht.Und natrlich musst du auch an dich denken. Aber du siehst ja, ihnen geht esauch gut, wenn sie sich eine Weile ruhig beschftigen. Wenn du gestresst bist, isteuch allen nicht gedient!

    Frau K. nimmt sich vor,in Zukunft rechtzeitigdie Bremse zu ziehenund ihre Kinder zu einemruhigeren Spiel anzure-gen, bevor es ihr zu vielwird.

    Schlafengehen ein Problem? | 28

  • 29 | Schlafengehen ein Problem?

    Ein Kinderarzt rt:

    Kinder brauchen AnregungenNeulich haben Julio und Mario ihre Oma in ihrem Garten arbeiten sehen unddas mussten sie natrlich auch gleich ausprobieren. Julio hat mit VorliebeUnkraut ausgerissen und gehackt, Mario hat bis zur berschwemmung allesgegossen. Und beide haben sich nach Herzenslust so richtig eingematscht.

    Herr und Frau K. berlegen nun, da sie keinen Garten zum Her-umwerkeln haben, ihren Kindern einen eigenen Blumenkasten aufdie Fensterbank zu stellen. Dann haben sie die Mglichkeit, sicheinen eigenen kleinen Krutergarten anzulegen und zu pflegenund knnen beobachten, wie schnell alles wchst!

    Kindergarten eine Alternative fr Julio?Bislang hat Frau K. ihren lteren Sohn noch nicht im Kindergartenangemeldet. Als ihr Bruder sie darauf ansprach, dass Julio dort vieleAnregungen und obendrein noch gleichaltrige Spielgefhrtenerhlt, gestand sie, dass sie ein bisschen Angst vor dieser Entschei-dung hat. Wenn Julio auch da so aufdreht wie zu Hause und dieganze Gruppe durcheinander bringt, dann wird er vielleicht dasschwarze Schaf, das man gern wieder los wre.

    Das kann auch ganz anders kommen, meint Thomas Freundin,meine Zwillingsschwester und ich waren zwei ganz wilde Hum-meln und vllig unerzogen, fand meine Oma. Aber uns tat der Kin-dergarten richtig gut. Sicher, stille Lmmchen sind wir dort auchnicht geworden aber das war ja auch nicht so gewollt!

    Schlafbedarf: Der Schlaf ist die wichtigste Erho-lungsphase. Obwohl der Erholungsbedarf umso gr-er ist, je jnger der Mensch ist, wird das Schlafbe-drfnis kleiner Kinder von ihren Eltern oft ber-schtzt. Der Schlafbedarf ist biologisch vorgegebenund von Mensch zu Mensch von klein auf sehrunterschiedlich. Es ist deshalb irrefhrend, sich anDurchschnittswerten zu orientieren und die indivi-duellen Besonderheiten nicht zu bercksichtigen.

    Im Alter von zwei Jahren schlafen Kinder zwischen10 und 131/2 Stunden pro Nacht, mit drei Jahren zwi-schen 91/2 und 13 Stunden, mit fnf Jahren zwischen9 und 121/2 Stunden.

    Halten Kinder einen Mittagsschlaf, brauchen sie in derNacht entsprechend weniger. Viele Zweijhrige wol-len mittags gar nicht mehr schlafen, manchem Fnf-jhrigen ist das Schlfchen zwischendurch noch einBedrfnis. Ein Stck weit ist das auch Gewohnheit.

    Aber auch das individuelle Schlafbedrfnis unter-liegt Schwankungen, meist ausgelst durch innere

    oder uere Einflsse: Ist ein Kind krank oder brtet es etwas aus, schlft es oftsehr viel. Ist es aufgeregt, berdreht, sprt es Spannungen und Nervositt in sei-ner Umgebung, schlft es weniger oder unruhig. Auch nchtliche Angsttrumeknnen den kindlichen Schlaf erheblich stren.

    Anregung: Kinder bentigen die Ermunterung, das Interesse, die Aufmerksam-keit ihrer Beziehungspersonen. Sie brauchen auch bestimmte Regeln, die ihnendas Gefhl geben, es richtig zu machen. Sie wollen und mssen erfahren, dasssie in Ordnung sind, so wie sie sind und sich verhalten. Wird ein kleines Kindsich selbst berlassen und erhlt es keine Rckmeldungen, kann es unruhig undhypermotorisch werden. Wer mit seinem Kind spielt, gibt ihm diese so notwen-dige Aufmerksamkeit und Ermunterung.

    Kinder suchen mit zunehmendem Alter auch mehr und mehr nach Aufgaben,an denen sie sich bewhren knnen. Durch ihren Erfolg nhrt sich ihr Selbst-wertgefhl. Schon bei Drei-, Vierjhrigen wird das oft sehr deutlich.

    Bewegung: Durch das Spielen mit anderen Kindern wird die psychische undsoziale Entwicklung gefrdert. Durch ausreichende Bewegung erhalten Musku-latur und Gehirn die erforderlichen Entwicklungsreize. Mglichst hufig solltendie Kinder im Freien spielen knnen. Dort knnen sie sich meist noch besseraustoben und die frische Luft frdert zustzlich den natrlichen und gesundenSchlaf-Wach-Rhythmus.

    Gerade bei Kindern, die ohne Geschwister aufwach-sen, bietet der Kindergarten den Kindern die Chan-ce, sich mit Gleichaltrigen auseinander zu setzenund auch von ihnen neue Anregungen zu erlangen.

  • Schlafengehen ein Problem? | 30

    Schlafzeremonien: Kinder werdentagsber mit vielen neuen Umweltein-drcken konfrontiert und brauchendarum vor dem Schlafengehen einePhase der Ruhe, in der die Vielfalt derEindrcke abklingen kann. Festgelegte,allabendliche Zeremonien knnenihm das erleichtern. Leise, langsame,besinnliche Ttigkeiten lassen das Kindzur Ruhe kommen: Bilderbcher an-schauen, singen, Geschichten erzhlen,gedmpftes Licht, reduzierter Gerusch-pegel. Wer das Kind ins Bett bringt, sollte selber Ruhe haben und durch Krperkontakt und Streicheln eineKuschelatmosphre schaffen.

    Viele Kinder haben frs Bett einSchlaftier, ein besonderes Kissen, ein Tuch, oderauch einen Nuckel. All das muss unbedingt nebenihnen liegen. Ob Sie dann gute Nacht, meinSchatz sagen, einen Kuss auf die Nase des Kindesund des Schlaftieres geben, noch einmal die Bettde-cke zurechtzupfen oder andere Dinge tun alles das

    Schlafrituale beruhigen das Kind

    wird individuell entschieden. Zeremo-nien dieser Art entstehen oft zufllig.Aber wichtig ist, dass es jeden Taggenau so und nicht anders abluft.Versuchen Sie nicht, unwichtige Tei-le der Zeremonie wegzulassen, nurweil Sie es eilig haben. Fr das Kind istalles gleich wichtig, nur so kann esruhig einschlafen. Denn: ZuBettGe-hen ist so eine Art Abschied von derSicherheit der elterlichen Nhe. Tg-lich wiederkehrende Rituale gebendem Kind das Gefhl, dass alles seineOrdnung hat, dass es sicher undgeborgen ist.

    Noch etwas ist wichtig: Nehmen Sienichts in die Abendzeremonie auf,

    was Sie nicht auf Dauer durchhalten knnen. Viele Kinder schlafen besser ein,wenn sie die Hand von Mutter oder Vater halten drfen, oder wenn Eltern sichsogar neben das Kind ins Bett legen. Nur wenn Sie bereit und in der Lage sind,das durchzuhalten, knnen Sie es tun. Fr das Kind ist es sicherlich eine ange-nehme Art einzuschlafen und es wird schwer fr Sie sein, das Kind davon zuberzeugen, dieses Ritual wieder aufzugeben.

    > Schaffen Sie einen langsamen bergang vonaufregenden Spielen zu stilleren Beschftigungen.

    > Schimpfen und drohen Sie mglichst nicht,versuchen Sie selbst ruhig zu werden.

    >Nehmen Sie sich Zeit eine halbe Stunde zumKuscheln, Erzhlen, Zhneputzen, Ausziehen. Las-sen Sie das Kind mit den Vorbereitungen nichtallein, sonst fhlt es sich leicht abgeschoben undwill nicht ins Bett.

    > Zu-Bett-Geh-Geschichten spielen Erzhlen Siezum Beispiel von Hasenmama und Hasenkindund was die beiden alles so tun und gern haben,bis die Hasenmama ihr Hasenkind ins Bett bringt.

    > Immer mit von der Partie das Schlaftier, dasSchmusekissen, das Schnuffeltuch. Und dieseTrster sollten mglichst nicht zu oft gewaschenwerden, denn auch der vertraute Geruch hat einemagische Wirkung.

    > Es muss nicht ganz dunkel sein die meistenKinder schlafen besser ein, wenn ein kleinesNachtlicht brennt oder die Tr einen Spalt offenbleibt. Deshalb mssen Sie noch lange nichtdurch die Wohnung schleichen. Ruhige, ge-wohnte Gerusche, vertraute Schritte und Stim-men geben dem Kind mehr Sicherheit als isolie-rende Stille.

    >Wenn Ihr Kind nicht durchschlft, dann ist dasnormal. Kinder entwickeln erst allmhlich dieFhigkeit, nachts durchzuschlafen. Wenn SieGlck haben, findet Ihr Kind allein wieder in denSchlaf zurck, oft aber weinen sie und rufennach den Eltern. In vielen Familien entwickeltsich daraus ein strapazises allnchtliches Thea-ter. Was Sie auch machen ein Patentrezept frdiese Flle gibt es nicht. Suchen Sie eigeneLsungsmglichkeiten, mit denen Sie alle gutzurechtkommen.

    Wichtige Regeln fr einen harmonischen Tagesausklang

  • 31 | Schlafengehen ein Problem?

    Spielzeug ab dem 2. Lebensjahr

    Zum Selbermachen > Die ersten Bilderbcher werden von Kindern gern zerpflckt, darum ist es

    gnstiger fr Sie, ein Riesenbilderbuch selbst herzustellen: Kleben Sie bunteBilder auf groe Stcke aus einem alten Karton; lochen Sie die Kartonseiten,ziehen Sie eine Kordel durch die beiden Lcher und knoten die Kordelendenzusammen.

    Spielzeug, das nichts kostet> Alle Haushaltsgegenstnde sind ideales Spielzeug solange sie nicht gefhrlich

    sind (keine scharfkantigen, spitzen, scharfen, zerbrechlichen Gegenstndenehmen).

    > Viel Interesse weckt zum Beispiel eine Fahrradklingel, ein Kurzzeitwecker, eineHandtasche, ein Taschenspiegel etc., aber auch Korken und Eierkartons undwenn es drauen so weit ist: Bltter, Kastanien, Eicheln und vieles mehr.

    Spielzeug zum Kaufen> Ein groes Auto zum Draufsetzen und Herumfahren,> eine Holzeisenbahn mit mehreren Wagen, kleinere Autos,> eine Puppe, ein weiches, aber robustes Stofftier zum Liebhaben,> ein Xylophon, einfache Steckspiele mit groen Teilen, groe Bausteine, Wachs-

    malstifte, Spielzeugtelefon, erste Bilderbcher (Riesenbilderbcher sindbesonders interessant, weil es auf den plakatgroen Seiten eine Unmenge zuentdecken und zu betrachten gibt).

    Was spielt das Kind fr sich allein?> Bauen, Auto und Lokomotive fahren, Krach machen, trommeln, werfen, vor

    sich hinreden, Tiere und Menschen beobachten und nachmachen.

    Was spielt es lieber mit einem Spielpartner?> Zum Beispiel die Bewegungen von Tieren nachzuahmen: so watschelt die Ente,

    so schleicht die Katze, so hpft der Frosch.> Bewegungsspiele, die auch schon den Einjhrigen Spa machen: auf Papa rei-

    ten, auf einer Mauer balancieren, Fingerspiele, Ballspiele,> Herumtoben, Kissenschlachten, Papierschlachten, Fangen und Verstecken

    spielen,> Bitte-Danke-Spiele, also auf Bitte etwas holen oder wegtragen, im Haushalt

    helfen,> Telefonieren,> Malen, Spiel mit einfachen Handpuppen oder Fingerpppchen,> Vorlesen und Geschichten erzhlen, vor allem kleine, alltgliche Geschichten,

    in denen das Kind selbst vorkommt.

  • Wie Sie die gesundeEntwicklungIhres Kindes frdern knnen

  • 33 | Wie Sie das Spiel Ihres Kindes frdern knnen

    Etwas ltere Kinder mchten unbedingt mithelfen, wenn ihreEltern etwas tun: die Splmaschine ausrumen, den Tischdecken, Salatbltter klein zupfen. Am interessantesten wird es,wenn dabei mit Wasser hantiert, etwas verrhrt oder geknetetwird. Es erfordert eine Menge Geduld, Kinder an allem teil-haben zu lassen. Versuchen Sie es dennoch so oft wie mglich,denn das Kind lernt und vertieft damit seine neuen Fhigkeiten.

    Anregen, aber nicht dirigierenSie mssen nicht alles stillschweigend hinnehmen und erlau-ben. Es wird immer etwas geben, worauf Sie Ihr Kind stoenknnen, ihm neue Ideen anbieten, neue Gegenstnde untersu-chen lassen oder Mitspieler in einem Rollenspiel werden, dasSie vorgeben.

    Je kleiner ein Kind ist, desto eingeschrnkter ist sein Bewe-gungsspielraum, umso wichtiger ist es, dass bestimmteGegenstnde in sein Blickfeld rcken.

    Seien Sie auch nicht enttuscht oder gekrnkt, wenn Ihr Kind etwas ganz andersspielt als Sie es sich vorstellen. Zum Beispiel, wenn es den Anweisungen einesKinderreimes nicht folgt. Statt im Kreis zu gehen, singt es vergngt nur ein ein-zelnes Wort, quietscht, kreischt, hpft dazu auf und ab. Das heit nicht, dass IhrKind schwer von Begriff ist! Es hat vielleicht nur seine eigenen Vorstellungenvon diesem Spiel.

    Richtig ist, was Ihr Kind daraus macht und nicht, was Sie von diesem Spielerwarten. Vielleicht war es fasziniert vom Klang eines Wortes oder dem Rhyth-mus des Gesanges! Wenn Eltern bereit sind, auf das Spiel ihres Kind zu schauen,darauf einsteigen und es bei Vorschlgen und Angeboten belassen, wenn esnicht weiterwei, dann frdern sie das Kind optimal.

    Wenn Ihr Kind es anders will, macht es das den Eltern deutlich klar, Sie ms-sen nur darauf achten: Kann es noch nicht sprechen, wird es einfach den Kopfwegwenden, den Gegenstand nur kurz ergreifen und sich dann etwas anderemzuwenden oder das angebotene Spiel lustlos und unkonzentriert mitmachen. Hat es spter mehr Ausdrucksfhigkeiten, wird es die Dinge einfach wegschie-ben, reagiert ungeduldig bis quengelig, langweilt sich offensichtlich oder machteinfach das weiter, was es viel mehr interessiert.

    Nachahmen ist mehr als ein Spiel

    Vieles mchte das Kind selbstndig machenAlleine!!! Wer kennt diesen Protestschrei kleiner Kinder nicht. Egal ob Sieihnen etwas zeigen, vormachen oder helfen wollen. Erfahrungsgem tun wirdas zu hufig, dabei sollten wir uns nicht immer einmischen!

    Kinder haben Recht! Ihre Entwicklungsaufgabe ist es, Dinge selbstndig zuerforschen und zu begreifen. Lernen knnen sie nur, wenn sie selbst einen Wegfinden, Probleme zu berwinden. Manchmal geraten sie in eine scheinbar aus-weglose Situation und entwickeln darber eine hilflose Wut. Meist gengt danneine kleine Hilfestellung des Erwachsenen ein Hindernis aus dem Weg rumen,

    eine feste Unterlage beschaffen, ein Kltzchenumstellen und das Spiel kann weitergehen. Mehrist nicht gefordert und auch nicht gewnscht!

    Es gibt aber Situationen, da mssen Eltern aus Sicher-heitsgrnden immer dabei sein und vormachen, wiees geht: zum Beispiel, wie mit einem Messer ge-schnitten wird, ohne sich die Finger zu verletzen.

    Und vergessen Sie nicht: Ein Kind,das in eine Ttigkeit vertieft ist,braucht keine neue Anregung!

    Beobachten Sie Ihr Kind deshalbgut, bilden Sie sich Ihr eigenesUrteil. Richten Sie sich nicht blindnach den Vorschlgen der Spielwa-

    renindustrie, nach Erziehungsbchern, nach IhrerMutter oder Schwiegermutter oder nach anderenwohlgemeinten Ratschlgen. Sie sind mit demKind stndig zusammen und kennen Ihr Kind ambesten!

  • Wie Sie das Spiel Ihres Kindes frdern knnen | 34

    Viele Kinder verfgen heute ber ein liebevoll eingerichtetes Kin-derzimmer und Eltern mchten, dass sie es auch nutzen. Dochkleine Kinder sehen das anders: sie erobern lieber die ganze Woh-nung und finden es meist gar nicht gut, wenn sie immer wiederzurckgetragen werden. Eltern hoffen, dass ihr Kind frhzeitiglernt, sich dort auch allein zu beschftigen. Doch weit gefehlt. DieErfahrung zeigt: Bis zum Alter von drei Jahren und oft noch lan-ge darber hinaus mchte das Kind im Zentrum des Geschehenssein und so nah wie mglich bei den betreuenden Erwachsenen.

    Ungeliebtes Kinderzimmer

    Viel Nhe macht Kleinkinder spter unabhngigerSo paradox es klingt: Nhe macht nicht abhngig, sondern frei. Psychologenerklren sich das so: Je jnger ein Kind ist, desto enger ist es an seine Bezugs-personen gebunden. Geben Eltern dem Bedrfnis des Kleinkindes nach Nheund Zugehrigkeit gengend Raum, fllt es dem Kind spter leichter, sich unab-hngig zu machen. Es fhlt sich dann auch sicherer, wenn es rumliche Tren-nung, ob durch das Kinderzimmer oder durch den Kindergarten, erleben muss.Die Sorge, dass ein Kind durch Nhe zu sehr verwhnt wird, ist unbegrndet.

    Also: Schieben Sie Ihr Kind nicht gegen seinen Willen ins Kinderzimmer ab.Es fhlt sich dort vom Leben abgeschnitten, selbst wenn ihm jede Menge pda-gogisch wertvolles Spielzeug zur Verfgung steht. Kleinkinder brauchen

    Ermunterung, Sicherheit und die Verfgbarkeit desErwachsenen. Es ist noch nicht in der Lage, sich aus-giebig selbst zu beschftigen, auch nicht, wenn dasschnste Spielzeug lockt. Im Gegenteil:

    Sein liebstes Spielzeug ist immer noch derMensch und alles, womit der geliebte Mensch zutun hat: mit Kchenbesen, Computerkabel, Papier-korb oder Telefon. Wer sein Kind diese Dinge spiele-risch erkunden lsst, wird feststellen, dass es spterkaum noch eigenes Spielzeug braucht.

    Richten Sie in jedem Raum eine kleine Spiel-Ecke ein, damit das Kind Siesehen kann. Damit reduzieren Sie automatisch Ihre stndigen Aufrumarbeitenund gewhnen sich daran, dass Ihre Wohnung in der Kleinkindphase nichtimmer ganz so akkurat aussieht, wie Sie es gewohnt sind.

    Verlegen Sie kleine Ttigkeiten ins Spielzimmer. Nhen, bgeln oder Briefeschreiben knnen Sie auch dort. Dann wird auch dieser Raum bewohnt underinnert das Kind nicht nur an ins Bett gehen und schlafen mssen.

    Tipps

    !

  • Zuerst die Pflicht, dann das Spiel?

    Fr Erwachsene ist Spielen eine Frei-zeitbeschftigung, die jederzeit ruhenkann. Fr das Kind ist Spielen eineernsthafte Beschftigung. Es ist eineintensive Auseinandersetzung miteiner selbst gestellten Aufgabe, die eshingebungsvoll immer wieder bt.Spter taucht das Kind mehr undmehr in seine Phantasiewelt ein undhat es gar nicht gern, wenn es in dieRealitt zurckgeholt wird.

    Besonders 2-jhrige Kinder sind kaumvon ihrem Spiel zu trennen, wennEltern sie bitten, damit aufzuhren. Siesind auch nicht auf ein nachherkannst du weiter spielen zu vertrs-ten, denn Zeit ist fr Kinder eineunbekannte Dimension. Sie knnenden Zeitraum der Unterbrechungnicht ermessen. Fr sie heit nichtmehr spielen: aus, zu Ende, niewieder! Kein Wunder also, wenn esimmer wieder zu herzzerreiendenSzenen kommt: Weinend wirft es sich ber den Sandhaufen, weil es sich nichtdavon trennen mchte. Wtend und trotzig hlt es seinen Baustein fest, wennes zum Essen kommen soll.

    Helfen Sie dem Kind zu verstehen. Erleichtern Sie ihm durch regelmigeTagesablufe die Einschtzung, dass es nach dem Essen wirklich weitergeht.Schaffen Sie flieende bergnge zwischen Spiel und Pflicht. Kndigen Sie ein

    paar Minuten vorher an, dass Siegleich essen oder zusammen wegge-hen wollen. Lassen Sie Ihr Kind dasEnde eines Spieles finden. Bieten Sieihm kleine Hilfen an: dass das Autonoch bis in die Garage mitkommenkann und der Hase auch Hunger hat

    und in der Kche mitessen darf.

    Spielen Sie ein Spiel! Zum Beispiel wer ist zuerstam Tisch: die watschelnde Ente (Ihr Kind) oder diekriechende Schlange (Sie). Ein Spiel entschrft IhreAnweisungen und es fllt dem Kind leichter, positivdarauf zu reagieren.

    35 | Wie Sie das Spiel Ihres Kindes frdern knnen

    Bei allem Verstndnis fr die Bedrfnisse Ihres Kindes, es muss auch Grenzenerfahren:> Findet das Kind kein Ende und der Termin wird eng, mssen Sie es unterbre-

    chen.>Wird Ihnen die Unordnung zu viel, drfen Sie auch mal darauf bestehen, dass

    das Kind aufrumt.> bersteigt der Lrmpegel auf die Dauer Ihr Fassungsvermgen, sollten Sie auf

    ein leiseres Spiel hinwirken.

    Es liegt an Ihnen, wie einfhlsam und einsichtig Sie diese Regeln vermitteln.

    Tipps: So behalten Sie Ihre Nerven

  • Wie Sie das Spiel Ihres Kindes frdern knnen | 36

    Es wird Eltern nicht immer leicht gemacht, die Entwicklung ihrer Kinder gelas-sen zu begleiten: Ihnen wird erklrt, wie entscheidend die ersten Jahre fr dassptere Lebensschicksal sind, im Sinne: Was Hnschen nicht lernt, (...). Undwenn spter etwas schief luft, wird schnell die Schuld bei den Eltern gesucht,insbesondere bei der Mutter, die meist in den ersten wichtigen Lebensjahren denengsten Kontakt zum Kind hat.

    Die Bemhungen, nichts falsch zu machen, blo nichts zu versumen, sindgro. Aufmerksam werden gleichaltrige Kinder beobachtet und mit den eigenenKindern verglichen. Wenn dann andere Kinder schon besser sprechen, laufen,spielen oder singen, geraten manche Eltern unter Druck, bei ihrem Kind etwasversumt zu haben.

    Auch die Spielzeugindustrie betont oftzu sehr das gezielte ben und Frdern.Die Eltern machen dann ein Pro-gramm zum spielerischen ben. Dochsolche Bemhungen bercksichtigenoft nicht genug die Bedrfnisse deseinzelnen Kindes, seine individuelleEigenheit, Spontanitt und Kreativitt.Im Gegenteil, sie knnen sogar weg-gefrdert werden.

    In der Vergangenheit gab es vielegezielte Frhfrderprogramme, dielangfristig nicht gehalten haben, wassie versprachen.

    Frderprogramme knnen auch schaden

    Heute steht das glckliche Kind im Mittel-punkt, weil es dann in Zukunft aktiver, leistungs-fhiger und gesnder ist.

    Auch in der Schule zeigt sich, dass Kinder, die vomKleinkindalter an ausgiebig spielen durften und nichtder ehrgeizigen Einflussnahme ihrer Eltern unterla-gen, stabiler und oft erfolgreicher sind. Und dieErfahrung zeigt: Wer sich den spielerischen Umgangmit Aufgaben erhalten hat, behlt seine Freude amTun. Verkrampfte Bemhungen, ja keine Fehler zumachen, fhren selten zum gewnschten Erfolg.

    Spielen und Gesundheit

    Das Spiel ist der Zugang des Kindes zur Welt, es lernt frs Leben: Ausdauer,Konzentration, wie sich die Dinge zusammensetzen und wie sie funktionie-ren. Es lernt seinen Krper kennen und beherrschen, es schult seine Wahrneh-mung, bt durch stndige Wiederholungen Geschicklichkeit und Sprache. ImNachahmungs- und Rollenspiel lernt es Anpassung und Abgrenzung zu seinenMitmenschen, lernt den Unterschied von Notwendigkeiten in der Realitt undFreiheiten in seiner Phantasie. Es erkennt seine wachsenden Fhigkeiten, entwi-ckelt Stolz und Selbstvertrauen und begreift seine Grenzen: Nicht alles gelingt,und oft braucht es noch Hilfe.

    Im Spiel mit Gleichaltrigen erfhrt das Kind ganz nebenbei, wie sich seine Hand-lungen auf seine Umwelt auswirken. Es lernt teilen, behalten, verteidigen ganzohne pdagogischen Zwang! Wird Gesundheitserziehung genauso spielerisch ver-mittelt, erzeugt Waschen, Zhneputzen etc. kaum noch kindlichen Widerstand.

  • Lassen Sie Ihrem Kind gengend Zeitund Ruhe zum Spielen, unterbrechenSie es nicht unntig.

    37 | Wie Sie das Spiel Ihres Kindes frdern knnen

    Spielregeln fr Eltern

    Beeinflussen Sie die Kreativitt IhresKindes nicht durch zu viel Frderung.Es lernt durch das Spiel frs Leben! DasTempo bestimmt Ihr Kind selbst.

    Schieben Sie Ihr Kind nicht insisolierte Kinderzimmer ab. Es will

    bei Ihnen sein, von Ihnen lernen, mit Ihnen spie-len. Durch das Gefhl von Sicherheit und Gebor-genheit wird es spter gut allein oder mit anderenKindern spielen knnen.

    Ihre Vorstellungen von Ordnung,Schnheit, richtig, falsch sind (noch)nicht die Ihres Kindes. Lassen Sieihm Zeit und die Mglichkeit, eige-

    ne Mastbe zu finden und vertrauen Sie in dieEntwicklung Ihres Kindes.

    Wenn Sie zusammen spielen, bindenSie es in kein Programm ein. LassenSie sich von Ihrem Kind anregen. Es istder Spezialist in Sachen Spielen.

    Geben Sie Ihrem Kind nicht zu viele Spielsa-chen auf einmal, wechseln Sie mal aus. Teu-re Spielsachen sind unntig, Alltagsgegen-stnde sind fr Kinder viel interessanter.

    Bespielen Sie Ihr Kind nicht, dennSie sind nicht sein Unterhaltungsknst-ler. Aus ihm wird sonst ein passiverZuschauer!

    Sorgen Sie sich nicht bertriebenum Sicherheit und Gesundheit.Je mehr Sie dem Kind abnehmenoder vorschreiben, desto unsiche-

    rer wird es. Einen hundertprozentigen Schutz gibtes nicht.

    Ihr Kind braucht frhen Kontakt zuanderen Kindern. Lassen Sie es mitNachbarskindern spielen oder schlie-en Sie sich einer Spielgruppe an.

    Beobachten Sie ihr Kind beim Spielen.Greifen Sie nur ein, wenn es eine neueSpielanregung, Ermunterung, Zuspruchoder nur Ihre Aufmerksamkeit braucht.Lassen Sie sich von seinen wilden Phantasien undverrckten Ideen anstecken und machen Sie mit.

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  • Eine Familie,drei Generationen

  • 39 | Eine Familie, drei Generationen

    Spielen verbindet

    Die Familie G. wohnt auf dem Land. Sie wollten ein natrlicheres Leben mitguter Luft und Gemse und Obst aus eigenem Anbau. Sie sind in das Haus derMutter von Frau G. gezogen, denn die alte Dame lebt seit dem Tod ihres Lebens-partners allein. Durch den Umbau hat jeder eine eigene Wohnung, viel Platzund einen Garten. Die Gromutter untersttzt sie in der Betreuung der beidenKinder.

    Zwei Schwestern:Katharina ist 2, ihre Schwester Lea 31/2 Jahre alt. Die beiden kommen rechtgut miteinander aus, auch wenn sie manchmal heftig streiten. Hin und wiederist Lea eiferschtig auf ihre jngere Schwester und reagiert dann recht unsanft:Sie nimmt Katharina alles weg und kommandiert sie herum.

    Doch ihre Reaktion ist manchmal auch verstndlich, denn Kati will stndig mit-spielen. Nie kann sich Lea mal in Ruhe mit ihrem Puzzle zurckziehen, jedes Malwird es ber kurz oder lang von Kati zerstrt. Auch bei Memory ist keine Kartevor ihr sicher.

    Es gibt aber auch Spiele, bei denen sich beide Kinder gut verstehen: Zum Bei-spiel beim Ruber-und-Polizei-Spiel strzt Kati sich schreiend ins Getmmeloder pirscht sich langsam von hinten an. Auch wenn sie Mutter und Kindspielen, ist die Rollenverteilung ganz klar. Kati bemht sich, alles zu machen,was Lea ihr sagt, obwohl man ihrem Gesicht ansieht, dass sie ihre Rolle nichtimmer versteht. Wird es zu kompliziert fr die Kleine, dann muss sie Babyoder kranke Patientin spielen und wird in den Buggy gelegt. Nur wenn es zubrenzlig wird, greift hin und wieder ein Erwachsener ein und dann wird gemein-sam berlegt, ob es fr Kati nicht eine andere Rolle gibt: sei es, dass sie als Baumin der Gegend herumsteht, als Br im Winterschlaf liegt oder als Vogel durch dieLuft flattert.

    Leas Freundin Julia ist schon 4 Jahre alt und wohnt gleich nebenan. Morgensgeht sie in den Kindergarten und fast jeden Nachmittag kommt sie zu Lea unddie beiden spielen gemeinsam Kauf-laden. Im Haushalt findet sich vieles,was die Kinder gebrauchen knnen:getrocknete Erbsen und Bohnen, einpaar Bonbons, ein bisschen Mehl undZucker, also alles, was es im richti-gen Laden auch zu kaufen gibt. LeasGromutter sammelte dafr extra klei-ne Schchtelchen, Sckchen, Tten,besorgte einen kleinen Einkaufskorbund eine Kaufmannsschrze. Wennetwas fehlt, denken sie sich einfachetwas aus. Sie nehmen einen Bauklotzund stellen sich vor, das sei die Waage.Die Plttchen vom Flohhupf-Spielfungieren als Geld. Ein altes Dielenre-gal von der Oma ist jetzt die Theke.berhaupt ist Omas Schatztruheunergrndlich: mal findet sich einduftendes Lavendelsckchen, dann

    ein Puppengeschirr und ein kleiner Kochherd, mitdem einst die Mama schon spielte. Wenn Lea undJulia spielen, beschftigt sich die Oma mit Kathari-na, um die beiden Groen nicht zu stren.

    Katharina liebt ihre Gromutter sehr. Es gibt Situ-ationen, da kommt ihre Oma besser mit Katizurecht als die Eltern. Sie kennt so schne Liederund Geschichten und Kati kuschelt mit ihr undhrt ihr still zu. Nicht selten schlft sie dabei ein.Ihren Mittag