Kinematik und Dynamik (Mechanik II) · 2 V. Entfernung als Integral. Ist die Geschwindigkeit vt()...
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TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme - Institut für Mechanik
Prof. Dr. rer. nat. V. Popov www.friction-physics.de
Kinematik und Dynamik (Mechanik II)
Vorlesungsnotizen SoSe 2019
FG Systemdynamik und Reibungsphysik
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 1.
Kinematik einer eindimensionalen Bewegung: Geschwindigkeit als Ableitung, Entfernung als
Integral, Beschleunigung. Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.1.1.-1.1.3.
I. Kinematik und Dynamik. Unter der Ki-
nematik versteht man rein mathematische und
geometrische Methoden zur Beschreibung
von Bewegungen, wie Koordinaten, Vekto-
ren, geometrische Bindungen ect.
Das Wort Dynamik, oder Englisch dynamics,
wird in allen Wissenschaftszweigen als Sy-
nonym zur Bewegung verstanden. An einigen
deutschsprachigen Technischen Universitäten
ist für die Dynamik auch ein anderes Wort
gebräuchlich: "die Kinetik". Im Sinne unserer
Vorlesung sind "die Dynamik" und "die Ki-
netik" Synonyme.
Alle Fragen über die Ursachen und den Cha-
rakter von Bewegungen werden in der klassi-
schen Mechanik ganz einheitlich beantwortet:
Gemäß den Newtonschen Gesetzen. Die
Newtonschen Gesetze und deren Anwendung
in verschiedenen Situationen sind das Haupt-
thema der Veranstaltung Kinematik und Dy-
namik.
II. Massenpunkt. Der Begriff eines Massen-
punktes ist einer der Grundbegriffe der Me-
chanik. Unter einem Massenpunkt versteht
man einen Körper, dessen Ausmaße man bei
der Beschreibung seiner Bewegung vernach-
lässigen kann. Natürlich hängt die Möglich-
keit einer solchen Vernachlässigung von den
konkreten Bedingungen der Aufgabe ab. So
kann man z.B. die Planeten als Massenpunkte
annehmen, wenn man ihre Bewegung um die
Sonne untersucht, dagegen freilich nicht,
wenn man ihre tägliche Drehung betrachtet.
III. Eindimensionale Bewegung. Wir be-
ginnen mit der Bewegung in einer Richtung,
wie in einem Wagen auf einer geraden Stra-
ße. Um Koordinaten angeben zu können,
müssen wir ein Koordinatensystem wählen.
Bei einer eindimensionalen Bewegung reicht
die Angabe einer Koordinatenachse x, die in
die Bewegungsrichtung zeigt:
Wir wählen auf dieser Achse einen Koordina-
tenursprung. Zu jedem Zeitpunkt befindet
sich der Wagen in einem bestimmten Punkt
dieser Achse. Diesen Sachverhalt merken wir
uns, indem wir schreiben: ( )x x t .
IV. Geschwindigkeit als Ableitung. Die mittlere Geschwindigkeit auf dem Zeitin-
tervall 1 2( , )t t wird als Verhältnis des zurück-
gelegten Weges zu der verstrichenen Zeit
definiert:
2 1
2 1
( ) ( )x t x tv
t t
.
Die momentane Geschwindigkeit ist Grenz-
wert dieses Verhältnisses für 2 1 0t t :
2 1
2 11
02 1
( ) ( )lim
t t
x t x tv t
t t
.
Das ist nichts anderes als die erste Ableitung
der Koordinate nach der Zeit:
dt
dxv .
In der Mechanik ist es üblich die Ableitung
nach der Zeit durch einen Punkt über dem
Buchstaben zu bezeichnen:
v x .
Nützliche Regeln der Differenzial- und Integralrechnung
Funktion
( )x t
Ableitung
dx
dt
Funktion
( )g t
Stammfunktion
(unbestimmtes
Integral)
( ) ( )dG t g t t
C 0 0 C
t 1 1 t C
( ) ( )u t f t
du df
dt dt
( ) ( )u t v t
d du t v t C
( ) ( )u t f t du dff u
dt dt
partielle Integration
d ddu df
f t u t uv Cdt dt
2t 2t t 2 / 2t C
3t 23t 2t 3 / 3t C
nt 1nnt nt 1 /( 1)nt n C
( )u u f ,
( )f f t
du du df
dt df dt
Substitionsmethode
sin t cos t cos t sin t C
cos t sin t sin t cos t
te te te te C
ln t 1/ t 1/ t ln t C
arcsin t
2
1
1 t
2
1
1 t
arcsin t
x O
2
V. Entfernung als Integral.
Ist die Geschwindigkeit ( )v t als Funktion der
Zeit bekannt, so kann die Koordinate zu ei-
nem beliebigen Zeitpunkt bestimmt werden.
Zwei Lösungsmöglichkeiten:
1. Unbestimmte Integration. Die Ge-
schwindigkeit ist die zeitliche Ableitung der
Koordinate: ( )
( )dx t
v tdt
. Die Koordinate zu
bestimmen bedeutet demnach eine Funktion
zu finden, deren Ableitung der gegebenen
Funktion ( )v t gleich ist. Diese Funktion
nennt man Stammfunktion oder unbestimmtes
Integral der Funktion ( )v t . Bezeichnung:
( ) ( )dx t v t t C .
Die Integration ist offenbar eine Umkehrope-
ration zur Ableitung. Die Tabelle der Ablei-
tungen - gelesen in der umgekehrten Rich-
tung - ist gleichzeitig eine Tabelle der Integ-
rale (s. Tabelle).
2. Bestimmte Integration. In einem kurzen
Zeitabschnitt t ändert sich die Koordinate
des Wagens um x v t . Die gesamte Än-
derung der Koordinate auf einem längeren
Zeitintervall kann man als Summe
2 1( ) ( ) ( )i
i
x t x t v t t berechnen. Jedoch
ist die mit dieser Methode erhaltene Koordi-
nate nicht ganz genau, weil sich die Ge-
schwindigkeit während des Zeitintervalls t
ändert. Wenn wir die Zeit klein genug wäh-
len, so ist die Summe präzise:
2 10
( ) ( ) ( )lim it i
x t x t v t t
Den Grenzwert nennt man bestimmtes Integ-
ral: 2
1
2 1( ) ( ) ( )d
t
t
x t x t v t t
Die Bezeichnung des Integrals erinnert an
seine Herkunft: Das wird zu d, um uns
daran zu erinnern, dass die Zeit so gering ist,
wie möglich, und die Addition wird als eine
Summe mit einem großen "S" geschrieben,
das sich im Laufe der Zeit etwas ausgestreckt
hat: . Bestimmte Integrale berechnet man
mit dem Hauptsatz der Differential- und In-
tegralrechnung: Ist ( )G t eine Stammfunkti-
on von ( )g t , so gilt:
( )d ( ) ( )
b
a
g t t G b G a .
VI. Beschleunigung
Ändert sich die Geschwindigkeit mit der Zeit:
)(tvv , so sprechen wir von einer beschleu-
nigten Bewegung. Die Beschleunigung ist die
zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit:
dt
dva .
Da die Geschwindigkeit selbst die Ableitung
der Koordinate nach der Zeit ist, ist die Be-
schleunigung eine Ableitung der Ableitung
oder, wie man sagt, die zweite Ableitung der
Koordinate nach der Zeit. Dies wird in einer
der folgenden Formen geschrieben:
xdt
xd
dt
dx
dt
da
2
2
.
Ist die Abhängigkeit der Koordinate von der
Zeit bekannt, so kann man alle sonstigen
wichtigen kinematischen Größen sofort be-
rechnen: Nach einmaliger Ableitung haben
wir die Geschwindigkeit, nach der zweiten
Ableitung die Beschleunigung.
VII. Kinematische Grundaufgaben.
1. 0a . Das bedeutet: / 0a v dv dt .
Erste Integration: const ov v (gleichför-
mige Bewegung). Aus der Definition
/v dx dt erhalten wir nach der zweiten In-
tegration 0x v t C . Die Integrations-
konstante erhält man mit Hilfe der Anfangs-
bedingung:
0 0 0x v t C 0 0 0x x v t t .
2. 0a a (gleichmäßig beschleunigte Bewe-
gung) Zweifache Integration
3. ( )a a t Zweifache Integration
4. ( )a a v . Wir schreiben die Beschleuni-
gung als zeitliche Ableitung der Geschwin-
digkeit: ( )dv
a vdt
und trennen die Variablen:
( )
dvdt
a v . Integration
( )
dvt C
a v ergibt
nun einen Zusammenhang zwischen der Zeit
und der Geschwindigkeit. Zur Berechnung
der Koordinate integriert man die Geschwin-
digkeit nach der Zeit.
5. ( )a a x Lösung durch Multiplikation mit
v und Darstellung in der Form d ( )dv v a x x .
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 2.
Ebene und räumliche Bewegung: Polarkoordinaten, Kugelkoordinaten, Vektoren. Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik 1II, 1.1.4
I. Ebene Bewegung. Kartesische und Po-
larkoordinaten. Die Lage eines Massen-
punktes auf einer Ebene wird durch zwei Ko-
ordinaten beschrieben. Meistens werden da-
für entweder kartesische oder polare Koordi-
naten benutzt.
Kartesische Koordina-
ten: (x,y)
Polarkoordinaten:
( ,r )
Der Zusammenhang zwischen beiden wird
durch die folgenden Gleichungen gegeben:
cos
sin
x r
y r
Umgekehrt gilt:
2 2
arctan /
r x y
y x
.
II. Räumliche Bewegung. Kartesische, zy-
lindrische und Kugelkoordinaten.
In drei Dimensionen wird die Lage eines
Massenpunktes mit drei Koordinaten gege-
ben. Definition von kartesischen, zylindri-
schen und Kugelkoordinaten sowie Zusam-
menhänge zwischen ihnen werden mit den
drei nachfolgenden Bildern illustriert.
Kartesische Koordinaten: (x,y,z)
Zylindrische Koordinaten: ( , ,z)
Zusammenhang mit kar-
tesischen Koordinaten: cosx
siny
z z
Kugelkoordinaten: ( , ,r )
Zusammenhang mit kar-
tesischen Koordinaten:
cos cosx r
cos siny r
sinz r
III. Vektorielle Darstellung. Orthonor-
mierte Basen.
(x,y,z) seien kartesi-
sche Koordinaten des
Massenpunktes P in
einem rechtshändigen
Koordinatensystem.
Alternativ kann die
Lage des Punktes mit
dem Radiusvektor r charakterisiert werden.
Definieren wir drei Vektoren , ,x y ze e e , die
entlang der Koordinatenachsen gerichtet sind
und je die Länge Eins haben. Diese drei Ein-
heitsvektoren sind zueinander orthogonal und
bilden eine orthonormierte Basis.
Jeder Vektor kann in seine kartesischen
Komponenten zerlegt werden:
, ,x y z x y zr r r r xe ye ze x y z .
Kartesische Koordinaten können als Skalar-
produkte des Vektors mit entsprechenden
Basisvektoren bestimmt werden:
xx r e , yy r e , zz r e .
In dem beschriebenen Fall einer konstanten
kartesischen Basis (Einheitsvektoren der Ba-
sis sind "raumfest") leitet man den Radius-
vektor ab, indem man seine Komponenten
ableitet:
, ,x y z x y zr r r r xe ye ze x y z .
Diese Gleichung kann man auch als
, ,x y z x x y y z z x y zv v v v v e v e v e v v v
schreiben. Eine weitere Ableitung ergibt die
Beschleunigung:
, ,
, ,
, ,
x y z x x y y z z x y z
x y z x y z
x y z x x y y z z x y z
a v v v v v e v e v e v v v
r r r r xe ye ze x y z
a a a a e a e a e a a a
IV. Polare Basis.
Die orthonormierte Basis, in die man den
Vektor zerlegt, muß nicht unbedingt konstant
sein: Sie kann sich als Ganzes (als orthonor-
miertes Dreibein) bewegen; dabei ändern sich
die Richtungen der Basisvektoren; beide
Vektoren bleiben aber orthogonal zu einander
und ihre Länge bleibt Eins.
Im Weiteren untersuchen wir ebene Bewe-
gung näher. Zur Beschreibung ebener Bewe-
gung wird in der Mechanik sehr oft die soge-
2
nannte "polare Basis" benutzt.
Als Basis führt
man zwei Ein-
heitsvektoren
ein: re in Rich-
tung des Radi-
us-Vektors ei-
nes Massen-
punktes und e senkrecht zu re (s. Bild).
Selbstverständlich bewegt sich die polare
Basis zusammen mit dem Radiusvektor. Der
Radiusvektor kann in der polaren Basis be-
sonders einfach dargestellt werden: rr re .
Bei der zeitlichen Ableitung muss man aber
beachten, dass sich auch die Basisvektoren
mit der Zeit ändern:
( ) ( ) ( )rr t r t e t .
Beim Ableiten muss man die Regel zum Ab-
leiten von Produkten benutzen:
( ) ( ) ( ) ( ) ( )r rr t r t e t r t e t . (1)
Um weiter zu verfahren, brauchen wir die
zeitliche Ableitung von Basisvektoren. Diese
wird mit der nachstehenden Skizze illustriert.
rde zeigt in Richtung e und hat die Länge
1 d d . Daher: rde d e .
de zeigt in Richtung re und hat die Länge
1 d d . Daher: rde d e .
Indem wir diese Gleichungen durch dt divi-
dieren und erkennen, dass d
dt
, erhalten
wir
re e , re e .
Für die zeitliche Ableitung des Radiusvektors
(Gleichung (1)) ergibt sich somit
( ) ( ) ( ) ( )rv r t r t e t r t e .
Eine weitere Ableitung liefert den Beschleu-
nigungsvektor:
2
( ) ( ) ( ) ( ) ( )
( ) ( ) ( ) ( ) ( )
r r
r r
a v
r t e r t e r t e r t e r t e
r t e r t e r t e r t e r t e
2( ) ( ) 2 ( ) ( )r
zirkulareKomponenteradialeKomponente
a r t r t e r t r t e (2)
Die zeitliche Ableitung des polaren Winkels
nennt man Winkelgeschwindigkeit.
Sonderfall: Bewegung auf einer Kreisbahn
Bewegt sich ein Massenpunkt auf einem
Kreis mit dem Radius r , so gilt 0r , 0r .
Die Gleichung (1) nimmt die Form
( )v r t r e an. Die Geschwindigkeit ist
immer senkrecht zum Radius (und tangential
zum Kreis gerichtet) und betragsmäßig gleich
v r r .
Die Gleichung (2) nimmt die Form 2 ( ) ( )ra r e t r e t an. Die Beschleuni-
gung hat die Komponente in Tangentialrich-
tung a r und die Komponente in radialer
Richtung 2
2 2
r
va r r
r
Sie ist nach innen - zum Zentrum hin - ge-
richtet und heißt daher Zentripetalbeschleu-
nigung.
Sonderfall: Zentralbewegung
Bei der Zentral-
bewegung ist der
Beschleunigungs-
vektor stets auf
einen Punkt, das
Zentrum Z, hin
gerichtet. Dies
trifft zum Beispiel
für die Bewegung
der Planeten zu.
Bei einer Zentralbewegung verschwindet die
zirkulare Komponente der Beschleunigung,
wenn wir den Koordinatenursprung in das
Zentrum legen:
21 d2 ( ) ( ) 0
da r t r t r
r t
2r const
Nach dem Bild überstreicht der Fahrstrahl r
in der Zeit dt die Fläche 12
d dA rr . Die
Flächengeschwindigkeit 12
d / dA t rr bleibt
daher konstant (das 2. Keplersche Gesetz).
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 3.
Newtonsche Gesetze der Dynamik. Bestimmung der Kraft bei vorgegebener Bewegung,
Bestimmung der Bewegung bei vorgegebener Kraft. Schiefer Wurf.
Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik 1II, 1.2.1.-1.2.2.
I. Newtonsche Gesetze (Newton, 1687).
1. Newtonsches Gesetz: Wirkt auf einen
Körper keine Kraft, so führt er eine geradli-
nige, gleichförmige Bewegung aus:
v const . (Auch als Trägheitsgesetz be-
kannt: Galilei, 1638).
2. Newtonsches Gesetz: ma F oder
d
d
vm F
t : Masse mal Beschleunigung gleich
Kraft. Dieses Gesetz gilt nur für ein Inertial-
system.
3. Newtonsches Gesetz: Kräfte, die zwei
wechselwirkende Körper aufeinander ausü-
ben, sind gleich groß, entgegengerichtet und
haben eine gemeinsame Wirkungslinie.
Varianten der Schreibweise des 2.N.G.
ma F oder d
d
vm F
t oder
2
2
d
d
rm F
t
oder mv F oder mr F
Schreibweise in Komponenten:
x x
y y
z z
ma F
ma F
ma F
oder
x x
y y
z z
mv F
mv F
mv F
oder
x
y
z
mx F
my F
mz F
.
Einheit der Kraft ist 2
kg mN
s
(1 Newton).
Bemerkung zum Sprachgebrauch:
Geschrieben in der Form mr F , stellt das
2. N.G. eine Differentialgleichung bezüglich
( )r t dar, die als Bewegungsgleichung be-
zeichnet wird (Engl.: "equation of motion").
Den Radiusvektor als Funktion der Zeit ( )r t
nennt man in diesem Zusammenhang Bewe-
gungsgesetz.
II. Bestimmung der Kraft bei vorgegebe-
ner Bewegung ist die einfachste Aufgabe der
Dynamik. Ist das Bewegungsgesetz ( )r t be-
kannt, so berechnet sich die Kraft nach dem
2. N.G. durch zweifaches Differenzieren.
Beispiel 1. Ein Körper (Masse m) führt eine
eindimensionale Bewegung nach dem Gesetz
( ) sinx t a t (a und sind Konstanten).
Zu bestimmen ist die auf ihn wirkende Kraft.
Lösung: Die erste Ableitung der Koordinate
nach der Zeit liefert cosx a t , nochma-
liges Differenzieren ergibt 2 sinx a t .
Die Kraft ist nach dem 2.N.G. gleich 2 sinF mx ma t .
Beispiel 2. Kurvenfahrt.
Ein Auto (Masse
1000kgm ) durchfährt
eine Kurve (Radius
100R m ) mit der Ge-
schwindigkeit 30m/sv
(108 km/h). Wie groß ist
die Kraft, die auf es wirkt, wie ist sie gerich-
tet, was ist das für eine Kraft?
Lösung: Bei einer Bewegung auf einer Kreis-
bahn mit einer betragsmäßig konstanten Ge-
schwindigkeit ist die Beschleunigung zum
Zentrum des Kreises gerichtet und ist gleich 2 /ra v R . Nach dem 2. N.G. hat auch die
Kraft nur die radiale Komponente: 2
r r
vF ma m
R .
2 2 2 23 3 3
2 2
30 /10 9 10 9 10
10r
v m s kg mF m kg N
R m s
Das ist die Reibungskraft zwischen der Straße
und den Reifen.
III. Bestimmung der Bewegung bei vorge-
gebener Kraft.
Ist die Kraft, die auf einen Körper wirkt, be-
kannt (oder ist das "Kraftgesetz" bekannt), so
kann man die Bewegung bestimmen, indem
man die Differentialgleichung mr F löst.
Zur eindeutigen Bestimmung des Bewe-
gungsgesetzes ( )r t müssen die Anfangsbe-
dingungen - die Lage und die Geschwindig-
keit zu einem Zeitpunkt bekannt sein.
Beispiel 3. Zu bestimmen ist die eindimensi-
onale Bewegung unter der Einwirkung einer
konstanten Kraft. Zum Zeitpunkt 0t be-
fand sich der Körper im Punkt 0x und hatte
die Geschwindigkeit 0v .
Lösung: Das 2.N.G. lautet d
d
vm F
t . Indem
wir beide Seiten mit dt multiplizieren
d dm v F t und unbestimmt integrie-
ren d dm v F t 1mv Ft C erhalten
2
wir die Geschwindigkeit. Das Ergebnis
schreiben wir in der folgenden Form:
1
d
d
xm Ft C
t . Multiplikation mit dt :
1d dm x Ft C t und zweite unbestimmte
Integration liefern 1 2d dm x Ft C t C
21
1 22mx Ft C t C . Die noch unbe-
kannten Integrationskonstanten 1C und 2C
bestimmen wir aus den Anfangsbedingungen:
0 2mx C , 0 1mv C .
Daraus folgt 210 02
mx Ft mv t mx oder
210 0 2
Fm
x x v t t .
Für die Geschwindigkeit ergibt sich
0Fm
v v t .
Bemerkung: Diese Lösungsmethode funktio-
niert auch bei einer beliebigen, explizit vor-
gegebenen Kraft ( )F t als Funktion der Zeit.
Die Beschleunigung ist dann auch eine gege-
bene Funktion der Zeit. Durch die erste In-
tegration gewinnt man die Geschwindigkeit,
durch die zweite die Koordinate. Die beiden
Integrationskonstanten bestimmen sich aus
den Anfangsbedingungen.
Beispiel 4. Bremsweg bei Vollbremsung
Zu bestimmen ist der Bremsweg eines Autos
mit der Anfangs-
geschwindigkeit
0v bei Vollbrem-
sung. Der Rei-
bungskoeffizient sei 1 .
Lösung: Die auf das
Auto wirkenden
Kräfte werden durch
den Freischnitt
sichtbar gemacht.
2. N.G. lautet:
1 2 0my mg N N , 1 2mx R R .
Aus der ersten Gleichung folgt 1 2N N mg
Die Reibungskräfte bei Vollbremsung erhal-
ten wir nach dem Gesetz "NormalkraftRei-
bungskoeffizient": 1 1R N , 2 2R N . Da-
raus folgt 1 2 1 2R R N N mg und
für die x-Komponente des 2.N.G.
mx mg . Das ist eine Bewegung unter
Wirkung einer konstanten Kraft, daher gilt
0v v gt
2 21 10 0 02 2
0Fm
x x v t t v t gt
Aus der ersten Gleichung berechnet sich die
Zeit bis zum Stillstand: 0 0v v gt
0 /t v g . Einsetzen in die zweite Glei-
chung liefert den Weg bis zum Stillstand: 2 2 2
0 0 01 12 2Brems
v v vx
g g g .
Für 0 30 /v m s (108 km/h) ist
2 2 2 2
012 2
30 /45
2 1 10 /Brems
v m sx m
g m s
Für 0 15 /v m s (54 km/h) ist 11Bremsx m .
Für 0 8,5 /v m s (ca. 30 km/h) 3,5Bremsx m .
Beispiel 5. Schiefer Wurf
Ein Körper mit der Masse m wird zur Zeit
0t unter einem
Winkel zur x-
Achse mit einer
Geschwindigkeit
0v abgeworfen.
Wenn der Luftwiderstand vernachlässigbar
ist, wirkt als einzige Kraft das Gewicht G in
negativer z-Richtung. Das 2. N.G. in kartesi-
schen Koordinaten lautet
0mx , mz G mg .
Zweifache Integration führt nach Kürzen von
m auf
1x C , 3z gt C
1 2x C t C , 2
3 42
tz g C t C .
Die Anfangsbedingungen:
1 0(0) cosx C v 3 0(0) sinz C v
2(0) 0x C , 4(0) 0z C .
Einsetzen liefert
0 cosx v , 0 sinz gt v ,
0 cosx v t , 2
0 sin2
tz g v t .
Durch Elimination der Zeit t: 0/ cost x v
erhält man die Bahngleichung 2
2 2
0
tan2 cos
gxz x
v
Der Körper bewegt sich auf einer Parabel.
Die Wurfweite wx folgt aus der Bedingung
( ) 0wz x : 2
0 sin 2w
vx
g .
Die größte Wurfweite ergibt sich für
/ 4 , und sie beträgt 2
,max 0 /wx v g .
Die Wurfhöhe ist gleich 2
0( sin ) / 2hz v g .
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 4.
Kräfte: Schwerkraft, Reaktionskräfte, Widerstandskräfte, Federkraft, Auftriebskraft,
Scheinkräfte. Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.2.3, 1.2.4.
I. Gravitationskraft: Jedes Objekt zieht je-
des andere Objekt mit einer
Kraft an, welche proportional
zu beiden Massen und um-
gekehrt proportional dem
Quadrat der Entfernung zwi-
schen ihnen ist. Die Kraft ist
entlang der Verbindungslinie
zwischen beiden Körpern gerichtet.
1 2
2
m mF G
r
Gravitationskonstante: 116,67 10G 3
2
m
kg s
II. Widerstandskraft (turbulent)
Ein fahrendes Au-
to oder ein Flug-
zeug erfahren eine
Widerstandskraft,
die annähernd mit der folgenden Gleichung
wiedergegeben wird: 21
2w wF c Av .
Dabei ist A die Projektionsfläche des Körpers
auf eine Ebene senkrecht zur Anströmrich-
tung, ist die Dichte des Mediums (z.B.
Luft), v ist die Anströmgeschwindigkeit
(bzw. Fahrgeschwindigkeit) und der Wider-
standsbeiwert wc erfasst alle weiteren Para-
meter. Er liegt z.B. bei modernen Pkw zwi-
schen 0.3 und 0.4. Das Kraftgesetz ist nur
gültig bei schnellen Bewegungen, bei denen
sich eine turbulente Strömung bildet.
III. Widerstandskraft (Laminar)
Bewegt sich der Körper in einer Flüssigkeit
oder einem Gas so langsam, dass sich keine
Wirbel bilden (laminare Umströmung), so ist
die Widerstandskraft, wie das bereits Newton
herausgefunden hat, proportional zur Ge-
schwindigkeit:
wF v .
Die Konstante hängt von der Geometrie
des umströmten Körpers und von der Zähig-
keit des Mediums ab, diesmal aber nicht von
seiner Dichte. Das Minus-Vorzeichen zeigt,
dass die Kraft entgegengesetzt zur Ge-
schwindigkeit gerichtet ist. Für eine Kugel
gilt z.B.:
6wF rv .
(1854 Stokes); r ist hier Radius der Kugel,
- Viskosität des Mediums. (Z.B. für Was-
ser bei 20°C ist 310 Pa s , für die Luft
bei 20°C 51,8 10 Pa s ).
IV. Haftreibung und Gleitreibung
Durch ausführliche experimentelle Untersu-
chungen hat Coulomb (1736-1806) festge-
stellt, dass die Reibungskraft R zwischen
zwei Kör-
pern, die
mit der
Normalkraft
N an einan-
der gedrückt sind, in erster, grober Näherung
folgende einfache Eigenschaften hat:
A. Die Haftreibung (auch statische Rei-
bungskraft) sR , die zu überwinden ist, um
den Körper in Bewegung zu setzen, ist pro-
portional zur Anpresskraft N:
s sR N .
Der Koeffizient s heißt statischer Rei-
bungskoeffizient. Er hängt von der Material-
paarung ab, weist aber dagegen fast keine
Abhängigkeit von der Kontaktfläche und
Rauigkeit der Oberflächen auf.
B. Die Gleitreibung (auch kinetische Rei-
bungskraft) kR ist die Widerstandskraft, die
nach dem Überwinden der Haftung wirkt.
- Gleitreibung ist proportional zur Anpress-
kraft N
k kR N
- Die Gleitreibung hängt nicht (bzw. nur sehr
schwach) von der Gleitgeschwindigkeit ab.
V. Elastische Kraft
Alle Körper in der Welt
sind mehr oder weniger
deformierbar. Bei Fe-
dern ist ihre Elastizität
besonders ausgeprägt und wird technisch
genutzt. Verschiebt man einen mit einer Fe-
der gekoppelten Körper um x aus seiner
Gleichgewichtsposition, so wirkt die Feder
auf ihn mit der Kraft
elF cx .
Dabei ist c die Steifigkeit der Feder.
2
VI. Auftriebskraft
(a) Bewegt sich ein nicht symmetrischer
Körper in einer Flüssigkeit oder Luft, so ist
die auf ihn vom
Medium wirkende
Kraft im Allgemei-
nen nicht entgegen-
gesetzt zur Ge-
schwindigkeit ge-
richtet. Die entgegengesetzte Komponente
der Kraft nennt man Widerstandskraft (s.
oben). Die zur Bewegung senkrecht gerichte-
te Komponente heißt Auftriebskraft. Beide
sind bei turbulenten Umströmungen ungefähr
proportional zum Quadrat der Geschwindig-
keit.
Für dünne stromli-
nienförmige Körper
(wie ein Flügel) gilt 2
AF v S
wobei S die Fläche des Flügels ist und
der sogenannte Anstellwinkel.
(b) Darüber hinaus gibt es auch bei sehr lang-
samen Bewegungen die entgegen der Schwe-
rekraft gerichtete archimedische Auftriebs-
kraft, die gleich dem Gewicht der verdräng-
ten Flüssigkeit ist.
VII. Elektrische, magnetische Kräfte
Auf einen geladenen Körper im elektrischen
Feld mit der Feldstärke E wirkt die Kraft
F qE , q ist die elektrische Ladung.
Auf einen geladenen Körper im magnetischen
Feld mit der Induktion B wirkt die Kraft
F qv B ; sie ist stets senkrecht zur Ge-
schwindigkeit gerichtet.
VIII. Reaktionskräfte (auch Führungs-
kräfte, Zwangskräfte)
Wenn ein Massenpunkt gezwungen ist, sich
auf einer vorgegebenen Fläche oder Kurve zu
bewegen, so spricht man von einer geführten
oder gebundenen
Bewegung. In die-
sem Fall treten die
sogenannten Reakti-
onskräfte auf, wel-
che gerade die geforderte Bindung an eine
Fläche oder Kurve bewirken. Für den Betrag
der Reaktionskraft kann man kein spezielles
Kraftgesetz angeben. Sie zeigt aber immer in
die Richtung, in der die Bewegung verhindert
wird.
IX. Scheinkräfte
Das 2. Newtonsche Gesetz gilt nur in Iner-
tialsystemen. Manchmal ist es bequemer, eine
Bewegung relativ zu einem sich beschleunigt
bewegenden oder rotierenden Bezugssystem
zu betrachten (die Erde ist z.B. auch kein
ideales Inertialsystem). Man kann zeigen,
dass man auch in einem beschleunigten Sys-
tem die Newtonschen Gesetze in gewöhnli-
cher Form anwenden kann, wenn man zusätz-
liche, sogenannte Scheinkräfe einführt.
(a) In einem Bezugs-
system, das sich rela-
tiv zu einem Inertial-
system mit der Be-
schleunigung A be-
wegt, muss die
Scheinkraft
translF mA
eingeführt werden.
(b) In einem mit einer
Winkelgeschwindig-
keit rotierendem
Bezugssystem müs-
sen zwei Scheinkräfte
eingeführt werden
(diese Kraftgesetze
werden im Kurs Mechanik III hergeleitet):
Zentrifugalkraft 2
zentrifF mr wirkt radial
von der Rotationsachse (r ist der Abstand zur
Achse).
Coriolis-Kraft 2CF mv .
Beispiel. Satellitenbewegung. Mit welcher Geschwin-
digkeit umläuft die Erde
ein erdnaher Satellit? Der
Radius der Bahn sei 36,4 10R km .
Lösung. Die einzige Kraft, die auf den Satel-
liten wirkt, ist die Anziehungskraft der Erde
(Schwerekraft). Sie ist immer zum Zentrum
der Erde gerichtet und in der Nähe der Erd-
oberfläche gleich rF mg . Bewegt sich der
Satellit auf einer Kreisbahn, so ist seine Be-
schleunigung ebenfalls zum Zentrum gerich-
tet und gleich 2
0 /ra v R . Nach dem 2.N.G.
gilt 2
0 /mv R mg . Daraus folgt
2
6 3
0 6,4 10 9,8 8 10 /m
sv Rg m m s
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 5.
Das 2. Newtonsche Gesetz: Anwendungsbeispiele.
Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.1.3, 1.2.4
Beispiel 1. Geostationäre Satelliten
Verläuft die Bewegung eines
Satelliten in der Äquatorebene
der Erde und ist die Umlaufzeit
gleich einem Tag, so "hängt"
der Satellit immer über dem
gleichen Punkt der Erde. Die
einzige auf ihn wirkende Kraft
ist die zum Zentrum gerichtete Gravitations-
kraft 2r
MmF G
r . Bei einer Bewegung auf
dem Kreis ist Beschleunigung ebenfalls zum
Zentrum gerichtet und gleich 2
ra r , wo-
bei 2 /T die Winkelgeschwindigkeit ist
(T=1 Tag ist die Umdrehungsperiode). Das
2.N.G. besagt, dass 2
2
2
2MmG mr mr
r T
1/32
22
GMTr
(1)
Die Fallbeschleunigung auf der Erdoberfläche
ist gleich 2/g GM R mit 36380 10R m
als Erdradius. Daraus folgt 2GM gR . Ein-
setzen in (1) liefert
1/321/3 262 2
2 2
9,8 6,38 10 24 3600
2 2
gR Tr
42000km . Das entspricht einer Höhe über
der Erdoberfläche von ca. 35620km .
Beispiel 2. Vertikaler Start einer Rakete
Zu berechnen ist die Fluchtgeschwindigkeit
bei einem vertikalen Start einer Rakete (Luft-
widerstand ist zu vernachlässigen).
Lösung: Es liegt eine eindimensionale Bewe-
gung vor. Das 2.N.G. für die radiale Bewe-
gung lautet 2
GMr
r . Die Beschleunigung
ist hier eine Funktion der Koordinate. Man
löst diese Differentialgleichung durch Multi-
plizieren beider Seiten mit der Geschwindig-
keit d
dr
rv
t und Berücksichtigung, dass
rr
dvdv dv drx a v
dt dr dt dr .
Die Bewegungsgleichung nimmt die Form
2
rr
dv GMv
dr r an.
Multiplizieren mit dr ergibt
2r r
GMv dv dr
r .
Eine bestimmte Integration führt auf
22 0 1 1
2 2
rrvv
GMR r
Die gesuchte Geschwindigkeit ist eine solche,
bei der 0v wenn r
2
0 2 11,2 /r
GMv gR km s
R .
Beispiel 3. Maximale Geschwindigkeit eines
Autos.
In der vertikalen Richtung gibt es keine Be-
wegung. Unter Vernach-
lässigung der Auftriebs-
kraft gilt daher: N mg .
Da sich das Auto mit ei-
ner konstanten Geschwindigkeit bewegen soll,
lautet die horizontale Komponente des 2.N.G.:
0 wm F R , wobei R mg die maxima-
le erreichbare Reibungskraft zwischen den
Rädern und der Straße ist und 212w wF c Av
die (turbulente) Widerstandskraft. Aus
212 wmg c Av folgt
2
w
mgv
c A
.
Mit den charakteristischen Werten: 0, 4wc , 22,5A m ,
31,2 /kg m , 1600m kg ,
0.8 erhalten wir 146 / 525 /v m s km h .
Beispiel 4. Freier Fall in einer viskosen
Flüssigkeit
Zu bestimmen ist das Bewe-
gungsgesetz einer in einer Flüs-
sigkeit frei fallenden Kugel mit
den Anfangsbedingungen:
0 0y , 0 0yv .
Lösung. Das 2. N. G. lautet:
y
y
dvm mg v
dt . Multiplikation mit dt
ergibt y ydv g v dt
m
. Nach Trennung
der Variablen und bestimmter Integration er-
halten wir 0 0
yv ty
y
dvdt t
g vm
2
0ln yv
y
mg v t
m
ln 1 y
mv t
mg
1
t
my
mgv e
Für sehr große Zeit t erreicht die Geschwin-
digkeit den Grenzwert mg
. Das Minus-
Zeichen zeigt, dass sich die Kugel in die nega-
tive y-Richtung bewegt.
Zur Bestimmung der Koordinate schreiben
wir die Geschwindigkeit als zeitliche Ablei-
tung 1t
mdy mg
edt
, multiplizieren diese
Gleichung mit dt und integrieren bestimmt
0 0
1
y t t
mmg
dy e dt
.
Ergebnis: 2
21 m
tmg my t g e
Beispiel 5. Ein Feder-Masse-System
Zu bestimmen ist das
Bewegungsgesetz
einer mit einer Feder
gekoppelten Masse.
Die Anfangsbedingungen für 0t lauten
(0) 0v ; 0(0)x x .
Lösung: Wir betrachten nur die Bewegung in
horizontaler Richtung und vernachlässigen die
Reibung in dieser Richtung. Die einzige Kraft,
die unter diesen Voraussetzungen auf den aus
der Ruhelage ausgelenkten Körper wirkt, ist
die Federkraft F kx . Das 2.N.G. sieht wie
folgt aus: ma kx /a k m x . Mit
der Bezeichnung 2/k m schreiben wir es
in der Form 2a x oder 2dvx
dt .
Mit der Identität dv dv dx dv
vdt dx dt dx
ergibt sich
2dvv x
dx . Multiplikation mit dx und be-
stimmte Integration ergibt
0
2
0
v x
x
vdv xdx 22 2
2 002 2 2
xv x
Daraus ergibt sich die Geschwindigkeit als
Funktion der Koordinate: 2 2
0v x x . Wir
schreiben nun die Geschwindigkeit als zeitli-
che Ableitung der Koordinate:
2 2
0
dxx x
dt , trennen die Variablen und
integrieren bestimmt:
0
2 200
x t
x
dxdt t
x x
.
Mit der Substitution
0
0
sin /
0 sin 1
2 2
0 0 0
sin
cos cos
x arc x x
x arcx x z x z
dx x z dz x x x z
erhalten wir
0
0
0
sin /
sin /0
sin 12 20sin 10
0
cos
cos
arcsin( / ) / 2
arc x xxarc x x
arc
x arc
x z dzdxz
x zx x
x x t
Daraus folgt 0 sin / 2x x t
Alternative:
0
0
00
/21
0
/ :/
|1 /
x
x x
x
x x zd x x
zx x
0/
21 1
x xdz
z
0/
1
0
arcsin | arcsin arcsin1x x x
z tx
Umkehren dieser Funktion ergibt
0 0sin 2 cosx x t x t
Beispiel 6. Scheinkräfte.
A. Wann kippt ein
Auto um?
Gleichgewicht der
Kraftmomente be-
züglich des rechten
Rades (im rotierenden Bezugssystem!!):
2 /m v R h mgd /v Rgd h .
B. Neigung eines
Motorradfahrers
C. Zentrifuge. Durchmesser = 45 cm,1400
Umdrehungen pro Minute. Zu bestimmen ist
die effektive Fallbeschleunigung in dem mit
der Zentrifuge verbundenen Bezugssystem.
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 6.
Impuls, Kraftstoß, Schwerpunktsatz, Impulserhaltung, Stoß Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.2.5, 2.2, 2.5
I. Impuls. Die vektorielle Größe p mv
heißt Impuls des Körpers. Der Gesamtimpuls
eines Mehrkörpersystems berechnet sich als
Summe der Impulse seiner Bestandteile:
i ip m v .
II. Impulssatz.
Geschrieben in der Form d
d
pF
t trägt das
2. Newtonsche Gesetz den Namen Impulssatz.
III. Kraftstoß. Durch Multiplizieren mit dt
und Integration kann der Impulssatz in der
folgenden Integralform dargestellt werden: 2 2
1 1
( )
( )
d ( )d
p t t
p t t
p F t t 2
1
2 1( ) ( ) ( )d
t
t
p t p t F t t
Die Änderung des Impulses ist somit gleich
der Größe 2
1
( )d
t
t
F F t t , die Kraftstoß heißt.
IV. Abgeschlossenes System.
Ein Mehrkörpersystem heißt abgeschlossen,
wenn die zu ihm gehörigen Körper nur mitei-
nander wechselwirken.
V. Impulserhaltungssatz
Betrachten wir ein abgeschlossenes System
bestehend aus
zwei Körpern.
Diese Körper
wechselwirken
nur mit einander.
Die Wechselwirkungskräfte genügen dem 3.
Newtonschen Gesetz (actio=reactio). Das 2.
Newtonsche Gesetz für jeden Körper kann
demnach wie folgt geschrieben werden:
11
dvm F
dt 2
2
dvm F
dt .
Summieren beider Gleichungen ergibt
1 21 2 0
dv dvm m
dt dt oder 1 1 2 2 0
dm v m v
dt
In der Klammer steht der Gesamtimpuls des
Systems: 0dp
dt . Daraus folgt:
1 1 2 2p m v m v const
Der Impuls eines abgeschlossenen Systems
bleibt erhalten (Impulserhaltungssatz).
Dieser Satz gilt für ein abgeschlossenes Sys-
tem bestehend aus beliebiger Zahl von Kör-
pern.
VI. Innere und äußere Kräfte
Die Kräfte, mit denen die Körper, die zu einem
System gehören, mit einander wechselwirken,
nennen wir innere Kräfte.
Die Kräfte, mit denen die Körper des Systems
mit den Körpern außerhalb des Systems wech-
selwirken, nennen wir äußere Kräfte.
Diese Definitionen sind systemabhängig. So
ist z.B. die Wechselwirkungskraft zwischen
der Sonne und der Erde eine innere Kraft,
wenn wir die Sonne und die Erde als ein Sys-
tem betrachten. Betrachten wir dagegen nur
die Erde als "System", so ist das eine äußere
Kraft.
VII. Impulssatz für ein Mehrkörpersystem
Betrachten wir jetzt ein nicht abgeschlossenes
(offenes)
System, d.h.
ein System,
dessen Kör-
per auch mit
Körpern
außerhalb des Systems wechselwirken.
F und F sind hier innere Kräfte. 1F und 2F
sind äußere Kräfte. Das 2. Newtonsche Gesetz
für die beiden Körper lautet:
11
dpF F
dt ; 2
2
dpF F
dt .
Addition dieser Gleichungen ergibt
1 2 ext
dpF F F
dt
extF ist die Summe aller äußeren Kräfte.
Impulssatz:
Die zeitliche Ableitung des Impulses eines
Systems ist gleich der Summe aller äußeren
Kräfte, die auf dieses System wirken.
Teilerhaltung des Impulses:
Ist die Projektion der resultierenden äußeren
Kraft auf die x-Achse Null, so bleibt die x-
Projektion des Impulses erhalten.
2
Beweis: Der Impulssatz ext
dpF
dt in der Pro-
jektion auf die x-Achse lautet: 0xdp
dt .
Daraus folgt xp const .
VIII. Schwerpunktsatz Der Radiusvektor des Schwerpunkts eines
Systems wird wie folgt definiert:
1 1 2 2
1 2
i i i i
s
i
m r m rm r m rR
m m m M
,
wobei M die Gesamtmasse des Systems ist.
Die Geschwindigkeit des Schwerpunktes be-
rechnet sich als zeitliche Ableitung dieses
Vektors:
1 1 2 2
1 2
i i
s s
m vm r m r pV R
m m M M
.
Betrachten wir zwei Fälle:
a) Abgeschlossenes System
1 1 2 2
1 2
sdR m v m v pconst
dt m m M
:
Schwerpunkt eines abgeschlossenen Systems
bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit.
b) Offenes System
/ extFdV dp dt
dt M M oder
2
2 ext
d RM F
dt .
IX. Plastischer Stoß
Betrachten wir den Zusammenstoß zweier
Körper, nach dem sie sich als ein Ganzes be-
wegen (an ei-
nander kleben).
Solch einen Stoß
nennt man plastischer Stoß. Die Wechselwir-
kungskräfte zwischen beiden Körpern, unab-
hängig von deren Größe und physikalischer
Herkunft sind innere Kräfte. Wirken am Sys-
tem keine weiteren Kräfte, so ist das ein abge-
schlossenes System. Der Impuls des Systems
bleibt deshalb erhalten. Insbesondre gilt das
für beliebige Zeitpunkte vor und nach dem
Stoß:
Impuls vor dem Stoß: 1 1 2 2m v m v
Impuls nach dem Stoß 1 2m m v
Wenn keine äußeren Kräfte gewirkt haben:
1 1 2 2 1 2m v m v m m v
1 1 2 2
1 2
m v m vv
m m
X. Zerfall (z.B. durch eine Explosion)
Impuls "vor": 1 2 0 0m m
Impuls "nach": 1 1 2 2m v m v
Impulserhaltungssatz: 1 1 2 2 0m v m v
12 1
2
mv v
m
XI. Mittelwert einer Kraft
Betrachten wir eine von der Zeit abhängige
Kraft ( )F t . Den Mittelwert dieser Kraft auf
dem Zeitintervall
von 1t bis 2t kön-
nen wir bestim-
men, indem wir
das Zeitintervall in
eine sehr große
Zahl N von Teilintervallen t unterteilen
(offensichtlich gilt 2 1N t t t ).
Den Mittelwert F (der Strich über dem Buch-
staben bedeutet "Mittelwert") berechnet man
mit der bekannten Regel 1
1 N
i
i
F FN
. Indem
wir diese Gleichung mit t multiplizieren und
dividieren, erhalten wir
2
11
2 1
( )
tN
iti
F t dtF t
FN t t t
.
Nach dem Impulssatz in der Integralform gilt 2
1
2 1( )
t
t
F t dt p p , wobei 2p und 1p Impulse
des Systems zu den Zeitpunkten 2t und 1t
sind. Für den Mittelwert der Kraft ergibt sich
somit
2 1
2 1
p pF
t t
Der Mittelwert der Kraft ist gleich der Ände-
rung des Impulses dividiert durch das Zeitin-
tervall, in dem diese Änderung stattgefunden
hat.
Schwerpunktsatz: Der Schwerpunkt eines
Systems bewegt sich so, als ob die Gesamt-
masse in ihm vereinigt wäre und alle äußeren
Kräfte an ihm angreifen.
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 7.
Arbeit, kinetische und potentielle Energie, Elastischer Stoß Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik III, 1.2.7
I. Mechanische Arbeit, Arbeitssatz
Betrachten wir einen Körper mit der Masse m,
der sich unter der Wirkung einer (im Allgemei-
nen zeit- oder ortsabhängigen) Kraft F bewegt.
Das zweite Newtonsche Gesetz für den Körper
lautet: dv
m Fdt
.
Indem wir diese Gleichung mit v multiplizie-
ren, erhalten wir
dvm v F v
dt (Skalarprodukt!) (1)
Die linke Seite der Gleichung kann in der Form
2
2 2
d vd v vdv m mm v
dt dt dt
dargestellt werden. Die rechte Seite schreiben
wir wie folgt um: dr
F v Fdt
.
Die Gleichung (1) nimmt die Form
2
2
md v F dr
an. Bestimmte Integration ergibt
2 2
1 1
2
2
v r
v r
md v F dr oder
2
1
2 2
2 1
2 2
r
r
mv mvF dr . (2)
Die Größe 2
2
mvK ist die kinetische Energie
des Körpers.
Das Integral 2
1
r
r
W F dr nennt man die von
der Kraft F auf dem Weg zwischen 1r und 2r
geleistete Arbeit.
Gleichung (2) sagt aus, dass Änderung der ki-
netischen Energie eines Objektes gleich der
durch die einwirkenden Kräfte geleisteten Ar-
beit ist.
2 1K K W . (Arbeitssatz)
II. Eigenschaften der Arbeit.
-Arbeit ist als Integral 2
1
r
r
W F dr definiert.
-Bei einer konstanten Kraft gilt
2
1
2 1
r
r
W F dr F r r F r
- Wann ist W=0? 0F oder 0r oder
90 .
- Die Arbeit von A nach B ist gleich Minus die
Arbeit von B nach A.
-Die Arbeit ist eine additive Größe (Die Arbeit
mehrerer gleichzeitig wirkender Kräfte ist
gleich der Summe der Arbeiten einzelner Kräf-
te). Folgt aus der Definition.
III. Leistung
Betrachten wir die Bewegung innerhalb eines
infinitesimal kleinen Zeitintervalls dt , so kann
man den Arbeitssatz in der Differentialform
schreiben: dK dW .
Dividieren durch dt ergibt dK dW
dt dt . (3)
Die Größe /dW dt heißt Leistung der Kraft.
Gleichung (3) bedeutet, dass die zeitliche
Änderung der kinetischen Energie eines Ob-
jektes gleich der durch die einwirkenden
Kräfte aufgebrachten Leistung ist.
Einheiten:
[ Arbeit ] Newton Meter {Joule}
[ Leistung ] Joule pro Sekunde {Watt}
1 Kilowattstunde 310 3600 J =63,6 10 Joule
IV. Potentielle Energie, Energieerhaltungs-
satz
Betrachten wir eine eindimensionale Bewe-
gung unter der Einwirkung einer Kraft ( )F x ,
die nur von der Koordinate abhängt.
Das zweite Newtonsche Gesetz lautet:
mv F x .
Multiplizieren mit v ergibt
dv dx
m v F xdt dt
oder mvdv F x dx
Bestimmte Integration ergibt
0
22
00
2 2
x
x
mvmvF x dx U x U x , (4)
wobei U x F x dx Stammfunktion zur
Funktion ( )F x ist (unbestimmtes Integral).
r
F
cosW F r
2
(4) kann wie folgt umgeschrieben werden:
22
00
2 2
mvmvU x U x . (5)
Die Größe ( )U x heißt potentielle Energie und
die Summe 2
2
mvE U x K U - volle
Energie des Systems.
Gleichung (5) besagt, dass die volle Energie
des Systems erhalten bleibt (Energieerhal-
tungssatz): E K U konst .
Der Energieerhaltungssatz in dieser Form gilt
nur dann, wenn die Kräfte nur von der Koordi-
nate abhängen (im Allgemeinen Fall gilt das
für konservative Kräfte, s. nächste Vorlesung).
Bemerkung: Aus der Definition der potentiel-
len Energie folgt, dass U
F xx
. Diese
Gleichung nennt man 1. Satz von Castigliano.
V. Beispiele
1. Potentielle Energie der Schwerekraft.
Die Schwerekraft ist gleich
F mg . Die Potentielle
Energie ist demnach
U mgdh mgh C .
C ist eine beliebige Konstante,
die z.B. gleich Null gesetzt
werden kann. Der Energieerhaltungssatz hat
die Form 2
2
mvmgh konst .
2. Potentielle Energie einer elastischen Feder.
Die Federkraft ist gleich F cx .
Die potentielle Energie demnach
2
2
xU cxdx c .
Energieerhaltungssatz: 2 2
2 2
mv xc konst .
3. Potentielle Energie der Gravitationskraft im
allgemeinen Fall.
2
MmF G
r .
2
Mm MmU G dr G
r r .
Energieerhaltungssatz: 2
2
mv MmE G konst
r .
Die auf dem geschlosse-
nen Weg geleistete Ar-
beit ist gleich
2 1 4 3 6 5 8 7
1 1 1 1 1 1 1 10W GMm
r r r r r r r r
Kräfte, deren Arbeit auf jedem geschlossenen
Weg Null ist, heißen konservativ.
VI. Ein Pendel
Zu bestimmen ist das Bewe-
gungsgesetz und die Stangen-
kraft für ein Pendel bestehend
aus einem leichten Stab und
einer Kugel, die man als einen
Massenpunkt betrachten kann.
Zum Zeitpunkt 0t wird es
aus der Ruhelage um den
Winkel 0 ausgelenkt und
freigelassen.
Lösung: Wir stellen zunächst den Energieer-
haltungssatz auf 22
00
2 2
mvmvmgh mgh .
Unter Berücksichtigung der geometrischen
Beziehung (1 cos )h l und 0 0v ergibt
sich 2
0(1 cos ) (1 cos )2
vgl gl
Daraus folgt
02 cos cosv gl .
Wir wollen das 2. Newtonsche
Gesetz in polarer Basis schrei-
ben. Die zirkularen und radialen
Komponenten der Beschleuni-
gung sind gleich
a l , 2
ra l
Für die zirkularen und radialen
Kraftkomponenten erhalten wir:
sinF mg cosr NF mg F
Das 2.N.G. ist dann: sinml mg ,
2
cos Nml mg F an.
Aus der zweiten Gleichung können wir die
Stangenkraft als Funktion des Winkels be-
rechnen:
2
0cos 3cos 2cosN
vF mg m mg
l .
Das Bewegungsgesetz bekommen wir aus der
Gleichung 0
d2 cos cos
dv l gl
t
durch Trennung der Variablen und Integration.
Ist ein Perpetuum mobile möglich?
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 8.
Arbeit, kinetische und potentielle Energie, konservative Kräfte, Energieerhaltungssatz Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.2.7
I. Konservative Kräfte
Gegeben sei ein Kraftfeld , ,F x y z F r .
Das Kraftfeld (oder einfach die Kraft) heißt
konservativ, wenn die von dieser Kraft auf ei-
nem beliebigen geschlossenen Weg geleistete
Arbeit gleich Null ist: 0W F dr .
Schlussfolgerung:
Die Arbeit zwischen 1 und 2 hängt nicht vom
Weg ab!
Konservative Kräfte: Gravitationskraft, elasti-
sche Kraft, elektrostatische Kräfte.
Nichtkonservative Kräfte: Widerstandskraft,
Reibungskraft
II. Potentielle Energie einer konservativen Kraft
Wir definieren eine neue Funktion:
( ) ( ) ( )
P
O
U P F r dr W O P
( ) ( ) ( )
Q
O
U Q F r dr W O Q
Jetzt gehen wir den Weg
O P Q O .
Die Arbeit ist gleich
( ) ( ) ( ) 0W O P W P Q W Q O
oder
( ) ( ) ( ) 0U P W P Q U Q .
Daraus folgt
( ) ( ) ( )W P Q U P U Q
Bei einer Bewegung unter der Wirkung von
konservativen Kräften gilt
2 1 1 2K K W U U .
Daraus folgt der Energieerhaltungssatz
2 2 1 1K U K U konst
III. Wie stellt man fest, ob eine Kraft kon-
servativ ist?
Ein homogenes Kraftfeld ist konservativ.
1
1
1 1 0
r
r
W F dr F r r
Eine zentrale Kraft, die
nur vom Abstand zu einem
Zentrum abhängt, ist konser-
vativ.
Die Summe konservativer
Kräfte ist wieder eine konservative Kraft:
Gravitationskraft einer beliebigen Massen-
verteilung
Elektrostatische Kraft einer beliebigen Ver-
teilung von Ladungen
Elastische Kräfte (letztendlich nichts ande-
res als elektrische Kräfte)
Eine beliebige Kombination aus elektri-
schen, elastischen und Gravitationskräften.
IV. Potentielle Energien:
a) Einer elastischen Feder mit Steifigkeit c: 2
( )2
xU x c (1)
b) Im Gravitationsfeld:
1 2( )m m
U r Gr
. (2)
c) Der Zentrifugalkraft in einem rotierenden
Bezugssystem:
2 2( )2
mU r r . (3)
V. Kräfte, die senkrecht zur Bewegungsrich-
tung gerichtet sind, leisten keine Arbeit und
brauchen weder im allgemeinen Arbeitssatz,
noch im Energieerhaltungssatz berücksich-
tigt zu werden:
- Zwangs- oder Reaktionskräfte
- magnetische Kräfte F qv B
- Corioliskraft im rotierenden Bezugssystem
2F mv
- (aerodynamische) Auftriebskraft.
Erläuterung zur Arbeit von Zwangskräften
Zwangskräfte in mechanischen Systemen sind
Kräfte, die stets senkrecht zur Bewegungsrich-
tung gerichtet sind. Daraus folgt für die Arbeit:
2 2
1 1
2 2 2
1 1 1
r r
Zwangs eingeprägt
r r
r r r
Zwangs eingeprägt eingeprägt
r r r
W F dr F F dr
F dr F dr F dr
O
P
Q
P Q
R
2
Bei Berechnung der Arbeit können Zwangs- (Re-
aktions-)kräfte außer Acht gelassen werden.
VI. Arbeitssatz in Anwesenheit von konser-
vativen und nicht konservativen Kräften?
Der Arbeitssatz in der allgemeinen Form
2 1K K W gilt immer. Die Arbeit können
wir schreiben als 2 1 kons nichtkonsK K W W W
Für die Arbeit der konservativen Kräfte gilt
1 2konsW U U . Der Arbeitssatz nimmt die
Form 2 1 1 2 nichtkonsK K U U W an oder
1 1 2 2 nichtkonsK U K U W .
VII. Gravitationsfeld einer Kugel
Masse des infinitesimalen Ringes:
2 2
2 sin
4 4 2
dA h ad ddm m m m
a a
.
Die durch den Ring erzeugte potentielle Ener-
gie: 'Gm dm
dUr
2 2
' sin
2 2 cos
m m dG
R Ra a
Die volle potentielle Energie:
2 20
' sin
2 2 cos
Gm m dU
R Ra a
2 2'( ) ( )
2
Gm mR a R a
Ra
a R a : ' /U Gm m R
b R a : ' /U Gm m a
IX. Anwendungsbeispiele
B1. Wie groß ist die Fluchtgeschwindigkeit für
eine Rakete, die unter einem Winkel zur
Vertikalen gestartet wird?
Lösung:
Am Anfang: 2
12
mvK , 1
MmU G
R
Am Ende: 2 0K , 2 0U .
Energieerhaltungssatz: 2
02
mv MmG
R .
Daraus 2
2GM
v gRR
- hängt vom Win-
kel nicht ab!
B2. Ein Fadenpendel wird nach
links bis zur Höhe h ausgelenkt
und losgelassen. In der vertika-
len Position stößt der Faden auf
ein Hindernis. Welche maxima-
le Höhe erreicht das Pendel in
der rechten Position?
Lösung:
Am Anfang: 1 0K , 1U mgh
Am Ende: 2 0K , 2 2U mgh .
Zwangskräfte bleiben unberücksichtigt. Aus
dem Energieerhaltungssatz folgt 2h h .
B3. Im Abstand h über dem Ende einer unge-
spannten Feder befindet sich eine Masse m. Sie
wird ohne Anfangsgeschwindigkeit losgelas-
sen. Wie groß ist die maximale Zusammendrü-
ckung der Feder?
Lösung: Sowohl die Gravitationskraft
als auch die elastische Kraft sind kon-
servativ. Es gilt der Energieerhaltungs-
satz.
Am Anfang: 1 0K , 1 0U mgh
Am Ende: 2 0K , 2
22
xU mgx c
Energiesatz: 2
2
xmgh mgx c . Daraus
21 1
mg hcx
c mg
. Sonderfall: Bei 0h
ist 2 /x mg c - zwei Mal größer, als bei stati-
scher Belastung.
h
m
h
x
v
R
Eine dünne
Kugelschale
mit Masse m .
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 9.
Energieerhaltung, Impulserhaltung Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.2.7, 2.5
I. Schleifenfahrt (Looping) Ein Körper gleitet von einer Höhe h mit der
Anfangsgeschwindigkeit 0 0v eine schiefe
Ebene hinab, die in einer Kreisschleife aus-
läuft. Es soll diejenige Höhe bestimmt werden,
für die kein Ablösen von der Kreisbahn mit
dem Radius R eintritt.
Bedingung
dafür ist, daß
der Bahndruck
im höchsten
Punkt P der
Kreisbahn
verschwindet,
d.h. 2
2vm mg
R .
Eine Energiebilanz zwischen dem Anfangs-
punkt und dem höchsten Punkt in der Schleife
liefert: 2
20 22
vmgh mgR m
Daraus folgt die Höhe 5/ 2h R .
II. Elastischer Stoß
(a) gerader, zentrischer Stoß
Geschwindigkeiten vor dem
Stoß: 1v und 2v .
Geschwindigkeiten nach dem Stoß: 1v und 2v .
In einem abgeschlossenen System bleibt der
Impuls erhalten:
1 1 2 2 1 1 2 2m v m v m v m v . (1)
Bei einem elastischen Stoß bleibt die Energie
erhalten: 2 2 2 2
1 1 2 2 1 1 2 2mv m v mv m v . (2)
Diese Gleichungen können umgeschrieben
werden:
1 1 1 2 2 2m v v m v v
2 2 2 2
1 1 1 2 2 2m v v m v v
Wir teilen die zweite Gleichung durch die ers-
te:
1 1 2 2v v v v oder 1 2 1 2v v v v (3)
Der Betrag der relativen Geschwindigkeit än-
dert sich beim elastischen Stoß nicht.
Aus dem linearen Gleichungssystem (1) und
(3) folgt:
1 1 2 21 1
1 2
2m v m v
v vm m
1 1 2 22 2
1 2
2m v m v
v vm m
(b) Nicht gerader, zentrischer Stoß (hier nur
Sonderfall 1 2m m , 2 0v ).
Der Impulserhaltungssatz nimmt die Form
1 1 2 2m v m v 1 1 2 2m v m v
an.
Energieerhaltung: 2 2
1 1 2 2m v m v 2 2
1 1 2 2m v m v .
Bei gleichen Massen bedeutet das
1 1 2v v v und 2 2 2
1 1 2v v v .
Aus der ersten Glei-
chung ist ersichtlich,
dass die Vektoren
1v , 1v und 2v ein Drei-
eck bilden. Die zweite
Gleichung ist der Py-
thagoras-Satz. Daraus folgt, dass dies ein
rechtwinkliges Dreieck ist ( 90 ): nach
einem elastischen Stoß fliegen die Kugeln un-
ter einem rechten Winkel zu einander.
III. Energieänderung beim plastischen Stoß
Betrachten wir noch einmal einen plastischen
Stoß, d.h. einen Zusammenstoß zweier Körper,
nach dem sie sich als ein Ganzes bewegen (an
einander kleben).
Die Wechselwirkungskräfte zwischen beiden
Körpern, unabhängig von deren Größe und
physikalischer Herkunft sind innere Kräfte.
Wirken am System keine weiteren Kräfte, so
ist das ein abgeschlossenes System. Der Im-
puls des Systems bleibt deshalb erhalten. Ins-
besondre gilt das für beliebige Zeitpunkte vor
und nach dem Stoß:
Impuls "vor": 1 1 2 2m v m v
Impuls "nach" 1 2m m v
Wenn keine äußeren Kräfte gewirkt haben:
1 1 2 2 1 2m v m v m m v ;
2
1 1 2 2
1 2
m v m vv
m m
Wie steht es mit der Energie der Körper?
Die Energieänderung ist gleich
2 2 21 2 1 1 2 2
2 1
2
1 1 2 21 2 2 2
1 2 1 1 2 2
2
1 1 2 2 2 2
1 1 2 2
1 2
2 2 2
2 2 2
2
m m v m v m vK K K
m v m vm m
m m m v m v
m v m vm v m v
m m
2 2 2
1 1 2 2 1 1 2 2 1 2
1 2
2 2
1 1
2
m v m v m v m v m m
m m
m v
2 2
1 1 2 2 2 22m v m v m v 2 2
1 1m v 2 2
2 2m v
2 2
1 2 1 2
1 2
22 2
1 1 2 2 1 2 1 2 1 2 1 2
1 2 1 2
2
2
2 2
m m v v
m m
m v m v m m v v m m v v
m m m m
und ist immer negativ: Bei einem plastischen
Stoß geht Energie verloren!
IV. Kinetische Energie eines Mehrkörper-
systems
2
2
mvK ? falsch !
Wir betrachten zwei Koordinatensysteme:
Laborsystem (x,y) und ein System, das sich
mit der Geschwindigkeit v des Schwerpunktes
bewegt (Schwerpunktsystem).
Gegeben sind: die Geschwindigkeiten iv im
Schwerpunktsystem und die Geschwindigkeit
v des Schwerpunktes.
Zu bestimmen ist gesamte kinetische Energie.
Die Geschwindigkeiten im Laborsystem sind
'i iv v v .
Die gesamte Kinetische Energie ist gleich
22'
2 2
i ii im v vm v
T
2 22
2 2 2
i i i i im v m v v m v
2 2
2 2
i ii i i
m v vv m v m
0 m
2
2
mv
2
2
i im v
z. B. Wärme
Kinetische
Energie im
Schwerpunkt
System =
„innere Energie“
„Kinetische Energie
des Schwerpunktes“
0
1m 0
2m
0
5m 0
4m
0
3m
m
v
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 10.
Teilelastischer Stoß, Stoßzahl. Körper mit veränderlicher Masse Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 2.6, 2.7.
I. Elastischer und nicht elastischer Stoß
0 1v v -absolut elastischer Stoß
1 0v -absolut plastischer Stoß
1 0v e v - teilelastischer Stoß
e = Stoßzahl
Beim elastischen Stoß bleibt Energie erhalten.
Ein Modell für einen teilelastischen Stoß.
Ein Körper mit Mas-
se m ist mit einer
Feder (Steifigkeit c)
und einem Dämpfer
(Dämpfungskonstan-
te d) versehen. Er
stößt gegen eine starre Wand mit der Ge-
schwindigkeit 0v . Mit den Methoden, die spä-
ter bei der Schwingungstheorie erläutert wer-
den (Vorlesung 21) kann man zeigen, dass für
2d mc der Stoß absolut plastisch ist: Der
Körper springt
nicht zurück.
Für 2d mc
ist der Stoß
teilelastisch
und die Stoß-
zahl kann
durch die
Gleichung
2exp
2 4 / 1e
mc d
angenähert werden (Bild oben).
Beispiel 1: Man lässt eine elastische Kugel aus
einer Höhe 1h auf eine starre ebene Fläche
fallen. Nach dem Stoß erreicht sie eine Höhe
1h . Wie groß ist die Stoßzahl?
Lösung: Die Geschwindigkeit vor dem Stoß ist
gleich 1 12v gh .
Die nach dem Stoß 2 22v gh .
Die Stoßzahl ist gleich 2 1 2 1/ /e v v h h .
Bei 2 1/ 0.78h h ist 0.88e . Nach vier Stö-
ßen wird die Höhe 4
1 10.78 0.37h h sein.
II. Teilelastischer Stoß zweier Körper
Beim teilelastischen Stoß verringert sich der
Betrag der relativen Geschwindigkeit:
1 2 1 2e v v v v .
Aus dieser Gleichung zusammen mit dem Im-
pulserhaltungssatz 1 1 2 2 1 1 2 2m v m v m v m v
kann man 1v und 2v bestimmen:
1 1 1 2 2 1
1 2
11v m v e v m em
m m
2 2 2 1 1 2
1 2
11v m v e v m em
m m
III. Körper mit veränderlicher Masse a) Rakete im Weltraum
Eine Rakete stößt Verbrennungsprodukte mit
einer Abstoßgeschwindigkeit c aus. Die ver-
bliebene Masse der Rakete sei ( )m t . Das Mas-
sendifferential dm ist eine negative Größe.
Deshalb ist die abgestoßene Masse gleich
dm . Wir gehen in ein Inertialsystem über,
das sich zum Zeitpunkt t mit der Rakete be-
wegt.
Impulserhaltung beim Abstoß einer kleinen
Gasmasse dm :
Impuls "vor" 0
Impuls "nach" 0mdv c dm
/dv cdm m ; (1)
Diese Änderung der Geschwindigkeit gilt na-
türlich in jedem Inertialsystem, auch im "ru-
henden". Integration von (1) führt zur
Ziolkowski-Gleichung:
0
0
0
ln ln
m
m
dm m mv c c c
m m m
Beispiel 2. Wie schwer muss eine Rakete min-
destens sein, damit sie eine Kapsel mit der
Masse m bis zur Geschwindigkeit v beschleu-
nigen kann? Antwort: /0 v cme
m ;
Beispiel: v=Fluchtgeschwindigkeit (11,2 km/s)
c=2, 3 oder 4 km/s. 11,2/ 2 270e ; 11,2/3 40e ; 11,2/ 4 16e .
2
b) Rakete im Schwerefeld
Das System ist nicht abgeschlossen, der Impuls
bleibt nicht erhalten. Der Impulssatz gilt aber
für alle Systeme, auch nicht abgeschlossene:
Impuls "vor" 0
Impuls "nach" mdv c dm .
Die Änderung des Impulses ist gleich Kraft
mal Zeit:
( )dp mdv c dm Fdt m dm gdt mg dt
Daraus folgt dmdv
m mg cdt dt
. (2)
dmq
dt
ist die pro Zeiteinheit
ausgestoßene Masse. Die Glei-
chung (2) nimmt die Form an:
s
dvm mg cq F S
dt
sF ist die Schwerekraft, S ist der Schub.
Angenommen, die Massenänderung q ist kon-
stant. Dann gilt: 0m m qt
0
dv cq cqg g
dt m m qt
0 00
log 1
tcq q
v gt gt c tm qt m
Grenzfall: kleine t
0
0 0
cq m gqv gt c t t
m m
Ein Start ist nur
dann möglich, wenn
0cq m g
Beispiel 3. Ein Mensch (Masse m) geht vom
Bug eines (am Anfang
ruhenden) Bootes (Länge
L) zum Heck über. Wie
verschiebt sich das Boot
unter den folgenden An-
nahmen: (a) Es gibt keine Reibung zwischen
dem Boot und dem Wasser, (b) Es gibt eine
Widerstandskraft proportional zur Geschwin-
digkeit?
Lösung (a): keine Reibung.
Die Länge des Bootes ist 1 2L x x .
Verschiebung des Schwerpunktes:
1 2 0S
mx Mxx
m M
(Null nach dem
Schwerpunktsatz).
Aus dem Gleichungssystem folgt
2
mx L
M m
.
Lösung (b): Mit Widerstandskraft
Das 2. N.G. für den Menschen und das Boot:
1
2 2
mx N
Mx N x
1 2 2mx Mx x
oder 1 2 2mx Mx x C .
Aus den Anfangsbedingungen folgt 0C .
Somit 2 1 2x mx Mx .
Am Ende des Prozesses sind 1 0x , 2 0x .
Somit ist 2 0x : Das Boot ist am Ende in der-
selben Lage wie am Anfang!
g
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 11. Drehimpuls, Drehimpulssatz (Drallsatz). Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 1.2.6, 2.3
I. Drehimpuls (Drall) eines Massenpunktes
Den Vektor L r p r mv= × = ×� � � � �
bezeichnet man als Drehimpuls des Massen-punktes. r
� ist dabei der Radiusvektor des
Massenpunktes von einem festen Bezugs-punkt, der frei wählbar ist. Der Drehimpuls hängt somit von der Wahl des Bezugspunktes ab.
II. Der Drehimpulssatz (Drallsatz) Zeitliche Ableitung des Drehimpulses ergibt:
( )
( ) 0 .
d d dL r mv r mv r m v
dt dt dt
v mv r F M
= × = × + × =
= × + × = +
� � � � � � �ɺ
� �� � �
M�
ist hier das Kraftmoment bezüglich dessel-ben Koordinatenursprunges. Für die zeitliche Ableitung des Drehimpulses gilt somit:
L M=� �ɺ
Die zeitliche Ableitung des Drehimpulses im Bezug auf einen raumfesten Punkt ist gleich dem Moment der am Massenpunkt angreifen-den Kraft bezüglich desselben Punktes. (Drehimpulssatz)
III. Drehimpulserhaltung
Verschwindet das Moment M�
, so ist 0L =�ɺ
oder L const=�
- der Drehimpuls bleibt erhal-ten. Anders als beim Impulserhaltungssatz kann der Drehimpuls auch in einem nicht abge-schlossenen System erhalten bleiben. Dafür ist es notwendig, dass das Kraftmoment ver-schwindet (nicht aber unbedingt die Kraft selbst!)
IV. Bewegung in einem Zentralfeld. Zeigt bei einer Bewegung der Kraftvektor stets zu einem Zentrum O hin, so verschwin-det das Moment bezüglich O, denn in diesem Fall haben F
� und r
� stets die gleiche Rich-
tung, somit gilt 0r F× ≡��
. Der Drehimpuls bezüglich des genannten Kraftzentrums bleibt somit erhalten.
V. Ebene Bewegung. Liegt die gesamte Bahn in einer Ebene (sagen wir (x,y)) und wählen wir als Bezugspunkt einen Punkt in derselben Ebene, so hat der Drehimpuls eine einzige Komponente zL .
Index z wird in diesem Fall meistens ausgelas-sen. Für die einzige Drallkomponente erhal-ten wir
2sinL mrv mrv mrϕθ ω= = =Beispiel 1. Eine Masse m, die von einem Fa-den gehalten wird, bewegt sich mit der Win-kelgeschwindigkeit 0ω auf einer glatten, waa-
gerechten Kreisbahn mit dem Radius 0r .
Der Faden wird durch ein Loch A in der Mitte der Kreisbahn geführt. a) Wie groß ist die Winkelgeschwindigkeit
1ω , wenn der Faden so angezogen wird, dass
sich die Masse im Abstand 1r bewegt?
b) Wie ändert sich dabei die Fadenkraft?
Lösung: Die Spannkraft des Fadens zeigt stets zum Punkt A. Sie hat bezüglich A kein Mo-ment. Der Drehimpuls bezüglich A bleibt so-mit erhalten: Der Drehimpuls im Anfangszustand:
20 0 0L mr ω= .
Der Drehimpuls im Endzustand: 2
1 1 1L mr ω= .
Aus der Drehimpulserhaltung 2 20 0 1 1mr mrω ω=
folgt
2
01 0
1
r
rω ω
=
.
Das 2. N.G. für eine Bewegung auf einer Kreisbahn unter der Wirkung der radialen Spannkraft S lautet:
4 342 2 20 0 0
0 0 03
r r rS m r mr m S
r r rω ω ω = = = =
.
Beispiel 2. Geschwindigkeit eines Satelliten in Anwesenheit eines kleinen Widerstandes. Auf die erdnahen Satelliten wirkt eine sehr kleine Widerstandskraft, die sich erst über große Zeiträume bemerkbar macht. Wie ändert sich die Geschwindigkeit eines Satelliten unter der Wirkung der Widerstandskraft?
2
Lösung: In erster Annäherung bewegt sich der Satellit auf einer Kreisbahn, deren Radius sich aber sehr langsam ändert. Der Drehimpuls des Satelliten ist gleich L mrv= . Aus dem 2.N.G.
für die Kreisbewegung folgt 2
2
v mMm G
r r= .
Indem wir aus dieser Gleichung den Radius bestimmen und in die Gleichung für den Dreh-
impuls einsetzen, erhalten wir GMm
Lv
= .
Die Widerstandskraft übt auf den Satelliten ein kleines negatives Kraftmoment aus. Der Drehimpuls wird daher langsam abnehmen. Das bedeutet, dass die Geschwindigkeit grö-ßer wird: Reibung führt zur "Beschleunigung" des Satelliten!
VI. Drallsatz für ein Mehrkörpersystem
Betrachten wir ein Zweikörpersystem, dessen Körper sowohl miteinander, als auch mit Kör-pern außerhalb des Systems wechselwirken. Der gesamte Drehimpuls des Systems ist
1 1 2 2 1 1 1 2 2 2L r p r p r m v r m v= × + × = × + ×� � � � � � � � �
.
Seine zeitliche Ableitung ist gleich
1 1 1 1 1 1 2 2 2 2 2 2L r m v r m v r m v r m v= × + × + × + ×� � � � � � � � �ɺ ɺ ɺ ɺ ɺ .
Nach dem 2.N.G. gilt
1 1 1 ,1extm v F F F= = +� � ��ɺ , 2 2 2 ,2extm v F F F= = − +
� � ��ɺ .
Für L�ɺ ergibt sich somit
( ) ( )1 ,1 1 1 1 2 ,2 2 2 2ext extL r F F v m v r F F v m v= × + + × + × − + + ×� � � � �� � � � � �ɺ
oder
( ) ( )( )
1 ,1 2 ,2
1 2 1 ,1 2 ,2
ext ext
ext ext
L r F F r F F
r r F r F r F
= × + + × − + =
= − × + × + ×
� � � � �� �ɺ
� � �� � � �
Da 1 2r r−� � und F�
die gleiche Richtung haben
(das 3. Newtonsche Gesetz!) erhalten wir end-gültig
( ) ( )1 ,1 2 ,2
1 ,1 2 ,2 ,1 ,2
ext ext
ext ext ext ext ext
L r F F r F F
r F r F M M M
= × + + × − + =
= × + × = + =
� � � � �� �ɺ
� � � � �� �
extL M=� �ɺ
Die zeitliche Ableitung des gesamten Drehim-pulses eines Mehrkörpersystems bezüglich eines festen Punktes ist gleich dem resultie-renden Moment aller äußeren Kräfte bezüg-lich desselben Punktes. (Drehimpulssatz).
VII. Drehung eines Massenpunktsystems um eine feste Achse.
Wir betrachten ein System von Massen, die alle starr mit einer Achse verbunden sind. Alle Massen führen eine ebene Bewegung aus und bewegen sich mit der gleichen Winkelgeschwin-digkeit ϕɺ . Der gesamte Drehimpuls (genauer ge-sagt, seine z-Komponente) ist in diesem Fall gleich
2a i i a
i
L m r ϕ ϕ= = Θ∑ ɺ ɺ . (1)
Die Größe 2a i i
i
m rΘ =∑ bezeichnet man als
Massenträgheitsmoment des Systems bezüg-lich der gegebenen Achse. Leitet man (1) unter Beachtung von
a constΘ = nach der Zeit ab, so folgt
a aMϕΘ =ɺɺ .
Auch diese Gleichung nennt man oft Drehim-pulssatz, obwohl dies lediglich eine spezielle Form des Drehimpulssatzes ist.
Beispiel 3. Das in A aufgehängte Pendel be-steht aus einer starren, masselo-sen Stange, an der die Massen
1m und 2m an-
gebracht sind. Es ist die Bewe-gungsgleichung
für eine ebene Bewegung des Pendels aufzu-stellen. Lösung: Das Massenträgheitsmoment des Sys-tems um den Punkt A ist gleich
( ) ( )22 21 2 1 22 4m l m l m m lΘ = + = + .
Das Kraftmoment ist
( )1 2 1 2sin 2 sin 2 sinM m gl m g l gl m mϕ ϕ ϕ= − − = − +Der Drehimpulssatz lautet:
( ) ( )21 2 1 24 2 sinm m l gl m mϕ ϕ+ = − +ɺɺ . ⇒
( )( )
1 2
1 2
2sin
4
g m m
l m mϕ ϕ
+= −
+ɺɺ
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 12. Kinematik der ebenen Rotation. Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 3.1.3, 3.1.4
I. Starrer Körper. Einen starren Körper kann man als ein System von Massenpunkten defi-nieren, deren Abstände unverändert bleiben. Ein starrer Körper kann im Raum drei unab-hängige Translationsbewegungen und drei Rotationen ausführen. Somit ist jeder starre Körper ein mechanisches System mit 6 Frei-heitsgraden.
II. Ebene Rotation Besonders einfach lässt sich eine ebene Bewe-gung eines starren Körpers beschreiben, d.h. eine Bewegung, bei der sich jeder Punkt des Körpers in einer Ebene bewegt. Ist ein Punkt
(O im Bild) des star-ren Körpers unbeweg-lich, so kann der Kör-per nur eine Rotati-onsbewegung um die-sen Punkt ausführen.
( )Pr�
sei der Radiusvektor vom unbeweglichen Zentrum zu einem beliebigen Punkt P. Es gilt:
( )Prr re=� �, wobei re
� ein Einheitsvektor in
Richtung ( )Pr�
ist. Für die Geschwindigkeit des Punktes P erhalten wir
( )Pr r=�ɺ ɺ r re re r e r eϕ ϕϕ ω+ = =� � � �ɺ ɺ .
Die zeitliche Ableitung des Winkels ϕ ω=ɺ heißt Winkelgeschwindigkeit des Körpers (sie ist gleich für alle Punkte des Körpers).
III. Zusammengesetzte Bewegung Zur Beschreibung einer beliebigen Bewegung eines starren Körpers führen wir zwei Koordi-
natensys-teme ein: Ein "raum-festes" Sys-tem (x,y) und ein mit dem starren Körper fest verbunde-
nes System ( ),x yɶ ɶ . Bezeichnungen: A sei ein
beliebiger Referenzpunkt im Körper, P ist ein beliebiger Punkt des Körpers, r
� ist der Ra-
diusvektor des Punktes P im beweglichen (in den Körper "eingefrorenen") System. Pr
� sei
der Radiusvektor desselben Punktes im raum-festen System, Ar
� sei der Radiusvektor des
Bezugspunktes A im raumfesten System.
Offenbar gilt: P Ar r r= +� � �.
Die zeitliche Ableitung ergibt die Geschwin-
digkeit: P A Ar r r r r eϕϕ= + = +� � � � �ɺ ɺ ɺ ɺ ɺ (1)
Ar�ɺ nennt man Geschwindigkeit der Translati-
onsbewegung des Körpers, ϕ ω=ɺ die Winkel-geschwindigkeit.
IV. Momentanpol Die den zwei Koordinatensystemen entspre-chenden Einheitsvektoren bezeichnen wir als
, , ,x y x ye e e eɶ ɶ
� � � �. Für den Radiusvektor Pr
� des
Punktes P bezüglich des raumfesten Koordi-natensystems gilt dann
P A A x yr r r r xe ye= + = + +ɶ ɶ
� � � � � �ɶ ɶ .
Projektionen auf die Koordinatenachsen (x,y):
( )P P x A x y x
A x x x y x
x r e r xe ye e
r e xe e ye e
= ⋅ = + + ⋅ =
⋅ + ⋅ + ⋅ɶ ɶ
ɶ ɶ
� � � � � �ɶ ɶ
� � � � � �ɶ ɶ
( )P P y A x y y
A x y y y
y r e r xe ye e
y xe e ye e
= ⋅ = + + ⋅ =
+ ⋅ + ⋅ɶ ɶ
ɶ ɶ
� � � � � �ɶ ɶ
� � � �ɶ ɶ
Daraus folgt: cos sinP Ax x x yϕ ϕ= + −ɶ ɶ
sin cosP Ay y x yϕ ϕ= + +ɶ ɶ
Die Geschwindigkeit des Punktes P erhalten wir durch Ableitung der Koordinaten nach der Zeit (dabei wird berücksichtigt, dass ( )tϕ ϕ= und die Kettenregel benutzt):
( )sin cosP Ax x x yϕ ϕ ϕ= + − − ɺɺ ɺ ɶ ɶ
( )cos sinP Ay y x yϕ ϕ ϕ= + − ɺɺ ɺ ɶ ɶ .
Ist 0ϕ ≠ɺ , so kann man immer einen Punkt M finden, dessen Geschwindigkeit Null ist:
( )sin cos 0M Ax x x yϕ ϕ ϕ= + − − =ɺɺ ɺ ɶ ɶ
( )cos sin 0M Ay y x yϕ ϕ ϕ= + − =ɺɺ ɺ ɶ ɶ .
Auflösung dieses Gleichungssystems nach
( ),x yɶ ɶ gibt die Lage von diesem Punkt in dem
starr mit dem Körper verbundenen Koordina-tensystem:
( )1sin cosM A Ax x yϕ ϕ
ϕ= −ɶ ɺ ɺɺ
,
( )1cos sinM A Ay x yϕ ϕ
ϕ= +ɶ ɺ ɺɺ
.
Dieser Punkt heißt Momentanpol des Körpers. Da sich Momentanpol nicht bewegt, kann sich der Körper nur um diesen Punkt drehen.
2
Eine beliebige Bewegung eines starren Kör-pers kann somit (auf kurzen Zeitabschnitten) als eine reine Drehung angesehen werden.
Die Lage des Momentanpols lässt sich auch geometrisch bestimmen. Aus der vektoriellen
Gleichung (1): P A Ar r r e v r eϕ ϕϕ ω= + = +� � � � �ɺ ɺ ɺ folgt
für den Momentanpol: 0M Ar v r eϕω= + =� � �ɺ .
Daraus folgt
Ave
rϕ ω= −�
�:
Der Vektor eϕ�
ist entge-
gengesetzt zu
Av�
gerichtet.
Das bedeutet, dass der Vektor re�
, der immer
senkrecht zu eϕ�
steht, senkrecht zur Richtung
von Av�
steht. In der Projektion auf die Rich-
tung Av lautet die Gleichung (1): Av rω= .
Daraus /Ar v ω= .
Bemerkung 1. Der Momentanpol kann auch außerhalb des starren Körpers liegen.
Bemerkung 2. Der Momentanpol ist ein Punkt, der sich zum gegebenen Zeitpunkt nicht be-wegt. Die Lage des Momantanpols kann sich aber ändern. Das bedeutet, dass sich der Kör-per im nächsten Zeitpunkt um eine etwas ver-schobene Achse dreht usw. Die Gesamtheit aller momentanen Drehzentren nennt man Rastpolbahn.
V. Wie findet man den Momentanpol? 1. Sind die Richtungen der Geschwindigkeiten von zwei Punkten eines starren Körpers gegeben (Bild (a)), so liegt der Momentanpol auf dem Schnitt der Senk-rechten zu den jeweiligen Geschwindigkeiten.
2. Sind die Geschwindigkeiten von zwei Punkten parallel zu einander (Bild (b)), so liegt das Momentanzentrum auf dem Schnittpunkt der Senk-rechten zu den beiden Ge-schwindigkeiten mit der Verbindungsgeraden der Pfeilspitzen beider Geschwindigkeiten.
3. Rollt ein Körper auf einer unbeweglichen Fläche ohne Gleiten, so befindet sich der Mo-mentanpol im Kontaktpunkt. (Bei reinem Rol-
len eines Rades kann man sich vorstellen, dass die starre Unterlage und das Rad miteinander verzahnt sind. Der Kontaktpunkt kann sich somit relativ zur Unterlage nicht bewegen).
Beispiel 1. Eine Leiter ist gegen eine Wand gestützt und gerät ins Rutschen. Wo liegt der Momentanpol? Lösung: Die Geschwin-digkeiten des oberen und des unteren Endes der Leiter sind entlang der Wand bzw. dem Boden gerichtet. Der Momen-
tanpol liegt auf dem Schnitt der Senkrechten zu den Geschwindigkeiten.
Beispiel 2. Ein Stab gleitet von einer Stufe (Höhe h) ab. Wo liegt das Momentanzentrum?
Lösung: Im Punkt A gleitet der Stab ent-lang dem Boden, im Punkt C in seiner ei-genen Längsrichtung. Offenbar ist
/ /a x x h= . Daraus folgt 2 /a x h= und
2 /y h x h= + .
Beispiel 3. An einer Achse (A) ist unbeweg-lich ein Zylinder mit dem Radius a befestigt. Um die gleiche Achse dreht sich eine Stange AB mit der Winkelgeschwin-digkeit 1ω . Am
anderen Ende der Stange ist frei drehbar ein Rad mit dem Radius b angebracht, das an dem unbeweglichen Zylinder ohne Rutschen rollt. Zu bestimmen ist die Winkelgeschwindigkeit
2ω des Rades.
Lösung: Punkt A ist der Momentanpol der Stange. Für die Geschwindigkeit des Punktes B ergibt sich somit ( )1 )Bv a bω= + . Der Kon-
taktpunkt des Rades mit dem Zylinder ist der Momentanpol des Rades. Daher 2Bv bω= .
Aus dem Vergleich beider Ausdrücke folgt:
( )2 1 /a b bω ω= + .
Weitere Beispiele s. Hauger, Schnell, Gross, Technische Mechanik 3 (Beispiele 3.3, 3.4).
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 13.
Drehung in drei Dimensionen, Drehimpulssatz, kinetische Energie und Arbeit bei einer
Rotation um eine feste Achse. Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 3.1, 3.2
I. Reine Rotation eines starren Körpers
Bei einer Rotation um den
Winkel d um die Achse
verschiebt sich der Punkt
senkrecht zur Ebene
(Achse - Radiusvektor)
um den Betrag
sin .dr r d
Wenn wir einen Vektor d so definieren, dass
er entlang der Achse gerichtet ist und den Be-
trag d hat, so gilt: dr d r .
Für die Geschwindigkeit dr
vdt
ergibt sich
v r
wobei /d dt die Winkelgeschwindigkeit
der Rotation des starren Körpers ist.
II. Allgemeine Bewegung
Zur Beschreibung einer beliebigen Bewegung
eines starren Körpers führen wir zwei Koordi-
natensysteme ein: Ein "raumfestes" System
(x,y,z) und ein mit dem starren Körper fest
verbundenes System 1 2 3, ,x x x .
Bezeichnun-
gen: O ist ein
beliebiger
Referenz-
punkt im
Körper, P ist
ein beliebiger
Punkt des
Körpers, r ist
der Radiusvektor des Punktes P im bewegli-
chen (in den Körper "eingefrorenen") System.
r ist der Radiusvektor desselben Punktes im
raumfesten System, R ist der Radiusvektor des
Bezugspunktes O im raumfesten System.
Bei einer zusammengesetzten Bewegung
(Translation des Punktes O und Rotation um
diesen Punkt): 'dr dR d r .
Mit Bezeichnungen:
,dr
vdt
,
dRV
dt
d
dt
erhält man: v V r
Wählen wir jetzt den Nullpunkt des mit dem
Körper verbundenen Koordinatensystems im
Punkt 'O im Abstand a von O. Den Radius-
vektor des Punktes P relativ zum neuen
Bezugspunkt bezeichnen wir mit r .
''r r a
( '' )
''
v V r a
V a r
' ' '',V r
' ,V V a
' Die Winkelgeschwindigkeit hängt
nicht vom Bezugssystem ab!
III. Eigenschaften des Vektorproduktes
(a) a b b a
(b) ( )a b c a b a c
(c) ( ) ( )a b a b
(d) ( ) ( ) ( )a b c a b c c a b
(e) ( ) ( ) ( )a b c b a c c a b
(f) 0a a
(d) ( ) 0a a b
Vektorprodukt in Komponenten
( , ,i j k - sind Einheitsvektoren):
x y za a i a j a k ,
x y zb b i b j b k
( )x xA a b a b i i ( ) ( )x y x za b i j a b i k
( ) ( )y x y ya b j i a b j j ( )y za b j k
( ) ( ) ( )z x z y z za b k i a b k j a b k k
( ) ( ) ( )x y y x z x x z y z z yA a b a b k a b a b j a b a b i
x y z z yA a b a b
y z x x zA a b a b
z x y y xA a b a b
IV. Beschleunigung bei einer Rotation um
eine feste Achse
Indem wir die Gleichung v r nach der
Zeit ableiten, erhalten wir
v r r r r .
Bei einer konstanten Winkelgeschwindigkeit:
2
v r r r
r r
Es ist leicht zu sehen, dass dieser Vektor in der
gleichen Ebene liegt wie und r und immer
senkrecht zur Achse gerichtet ist:
(Skalarprodukt 2v r r =
d dr
0
k
i j
O
O'
P
r
r
a
x
y
z
R
'r
P x2
2
2 2r r ist Null).
Dem Betrag nach ist dieser Vektor
gleich 2v .
Der Beschleunigungsvektor bei einer Rotation
mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit ist
immer senkrecht zur Achse gerichtet und ist
gleich 2 , wobei der kürzeste Abstand vom
gegebenen Punkt zur Achse ist.
V. Gleichzeitige Rotation um zwei Achsen
(1)
1dr d r ,
(2)
2dr d r
1 2 1 2
1 2 1
( )dr d r d r d r a d r
d a d d r
2 1d d d .
Dasselbe gilt für die Winkelgeschwindigkeiten:
1 2 .
Beispiel 1. Eine Scheibe dreht sich mit einer
Winkelgeschwindigkeit
1 um eine vertikale
Achse, die sich ihrer-
seits mit einer Winkel-
geschwindigkeit 2 um eine vertikale Achse
dreht. Zu bestimmen ist die Winkelgeschwin-
digkeit der Scheibe.
Lösung:
1 2 . In diesem Fall 1 2 .
Beispiel 2: Eine Scheibe dreht sich mit einer
Winkelgeschwindig-
keit 1 um eine
Achse, die sich ih-
rerseits mit einer
Winkelgeschwindigkeit 2 um eine horizontale
Achse dreht. Zu bestimmen ist die momentane
Winkelgeschwindigkeit der Scheibe in der ge-
zeigten Lage.
Lösung:
VI. Dynamik der Rotation um eine feste
Achse
Betrachten wir die Rotation
eines starren Körpers um
eine feste Achse.
Wir teilen den Körper in
kleine Elemente im .
Für die Projektion des
Drehimpulses auf die Rota-
tionsachse gilt ,extL M (1).
Der Drehimpuls ist gleich
i i i i i i
i i i i i
L r m v m r r
m r r r r
Seine Projektion auf die Rotationsachse
2 2 2 2cos
i i i i i
i i i i i
L Le m e r r r e r
m r r m
Die Größe 2
i im
nennt man Massenträgheitsmoment bezüglich
der Rotationsachse.
Der Drehimpulssatz (1) nimmt somit die fol-
gende Form an
,extM oder
,extM (Drallsatz)
wobei ,extM Kraftmoment aller äußeren Kräfte
bezüglich der Rotationsachse ist.
VII. Kinetische Energie bei einer Rotation
um eine feste Achse
222 21
2 2 2
i ii ii i
mm vK m
2
2K
VIII. Arbeit bei einer Rotation um eine feste
Achse.
An einem Punkt P eines star-
ren Körpers mit dem Radius-
vektor r greift eine Kraft
F an. Bei einer Rotation um
die gezeigte Achse um den
Winkel d verschiebt sich
der Angriffspunkt der Kraft
um den Vektor dr d r .
Die von der Kraft F geleistete Arbeit ist
zyklische Umstellung
dA F dr F d r d r F
oder dA d M . 1
2
d dr
r
0
F
i
ir
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 14.
Trägheitsmomente, Dynamik ebener Bewegung Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 3.2.2
I. Analogie zwischen einer eindimensionalen
Translation und eindimensionalen Rotation Translation Rotation
x Koordinate Winkel
x v Geschwin-
digkeit Winkelgeschwin-
digkeit
m Masse Trägheitsmoment
F Kraft
M r F Kraftmoment
p mv Impuls L Drehimpuls
p F Impulssatz
L M Drehimpulssatz
2
2
mK v
Kinetische
Energie 2
2K
Kinetische Ener-
gie
mv F das 2.N.G. M sein Analogon
dA F dr Arbeit
dA M d Arbeit
II. Berechnung der Trägheitsmomente
Das Massenträgheitsmoment eines Körpers
bezüglich der z-Achse wird definiert als
2 2
i i im x y oder
2 2 2 2dm x y x y dV
B1.
B2.
B3.
22 2
0 03
l lMdx Ml
x dm xl
B4.
/ 2 / 2 22 2
/ 2 / 212
l l
l l
Mdx Mlx dm x
l
B5. Platte mit den Seiten a und b. Bei einer
Rotation um die Achse y schneiden wir die
Platte in dünne Streifen
senkrecht zur y-Achse.
Für jeden Streifen gilt 2
12
ad dm .
Nach Integration über
alle Massenelemente:
2
12y
am .
Bei Rotation um die Achse x: 2
12x
bm .
B6. "Senkrechten-Achsen-Satz".
Für ebene Figuren (in
der Ebene (x,y) liegend)
gilt z x y .
Beweis: 2 2
x i i im y z 2
i im y
2 2
y i i im x z 2
i im x
2 2
z i i i x ym x y .
B7. Platte mit den Seiten a und b senkrecht
zur Plattenebene.
Aufgrund von B5 und
B6:
2 2
12z
ma b .
B8. Quader mit den Seiten a, b und c. Trägheitsmoment bezüglich der z-Achse: Wir
schneiden den Quader in dünne Platten senk-
recht zur z-Achse.
Nach B7 gilt für jede
Platte
2 2
12z
dmd a b
Nach Integration
über alle Platten:
2 2
12z
ma b .
Analog 2 2
12x
ma c , 2 2
12y
mb c .
Dichte Volumen
m r
2mr
r m
2mr
Stablänge l
x
y z
x
y z
x
y
z
a
b
c
Stablänge l
x x+dx
dxdm M
l
x
y
a
b
2
B9. Kreis mit dem Radius R.
Wir schneiden aus
dem Kreis einen
dünnen Kreisring mit
dem inneren Radius
r und dem äußeren Radius r dr . Die Masse
des Kreisringes ist 2 2
2 2rdr mdm m rdr
R R
.
Das Trägheitsmoment des Kreisringes ist (nach
B2) gleich 2 3
2
2md dm r r dr
R . Das
gesamte Trägheitsmoment ergibt sich durch
Integration von 0r bis r R :
23
2
0
2
2
Rm mR
r drR
.
B10. Kreis bezüglich einer in seiner Ebene
liegenden Achse.
Nach dem "Senkrechten-Achsen-Satz" (B6) gilt 2
2 22
z x y x y
mR .
Daraus folgt 2
4x y
mR
B11. Kugel mit dem Radius R.
Wir schneiden
die Kugel in
dünne Kreis-
scheiben senk-
recht zur Rota-
tionsachse.
Die Masse einer
Scheibe ist 2dm r dz . Das Trägheitsmoment einer
Scheibe ist 4
2
2 2
dm rd r dz
. Mit
2 2 2r R z ergibt sich für das Gesamtträg-
heitsmoment
2
2 2
58
2 15
R
R
R zdz R
. (1)
Die Dichte kann man aus der Gleichung
34
3m V R erhalten und in (1) einset-
zen. (1) erhält dann die Form 22
5mR .
Satz von Steiner
Betrachten wir das Trägheitsmoment s eines
starren Körpers bezüglich einer Achse s-s, die
durch den Schwerpunkt S geht und Trägheits-
moment a desselben Körper bezüglich einer
Achse a-a parallel dazu. Der Abstand zwischen
beiden Achsen sei a. Zwischen den beiden
Trägheitsmomenten besteht ein Zusammen-
hang, der durch den Satz von Steiner gegeben
wird: 2
a s smr wobei m die Masse des
Körpers ist.
Beweis:
Das Trägheitsmoment
bezüglich der Achse a
ist gleich
2
2
a i ai
i si
m r
m r a
2 2
2
2
2
i si si
i si i si
m r r a a
m r a m r
2 2
i sa m ma
III. Dynamik einer ebenen Bewegung
Betrachten wir die Bewegung eines starren
Körpers in einer Ebene (x,y) unter der Einwir-
kung von äußeren Kräften F . Für ein beliebi-
ges System - auch einen starren Körper - gilt
immer der Schwerpunktsatz: smr F , wobei sr
Radiusvektor des Schwerpunkts und F die
Summe aller äußeren Kräfte ist. Betrachten wir
jetzt die Bewegung des Körpers aus einem Be-
zugssystem, das eine Translationsbewegung mit
dem Schwerpunkt des Körpers ausführt. In die-
sem System bewegt sich der Schwerpunkt nicht
und eine beliebige Bewegung ist eine reine
Rotation um den Schwerpunkt. Dieses System
ist aber ein sich beschleunigt bewegendes und
somit kein Inertialsystem. Für eine Rotation um
den Schwerpunkt gilt der Drehimpulssatz in der
Form s s scheinL M M , wobei Momente
aller physikalischen äußeren Kräfte und der
Scheinkräfte bezüglich des Schwerpunkts be-
rücksichtigt werden müssen. Das Moment der
Scheinkräfte ist aber bezüglich des Schwer-
punktes gleich Null, da die Scheinkräfte im
Schwerpunkt angreifen. Somit fallen sie aus
dem Drehimpulssatz aus und er nimmt die
Form s sL M an. Die 3 Bewegungsglei-
chungen für eine ebene Bewegung sind somit
s xmx F , s ymy F , s sM
m
m
x
y
z
R
z
r
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 15.
Ebene Dynamik eines starren Körpers: Beispiele
I. Bewegungsgleichungen für Translations-
bewegung und für Rotationsbewegung.
Die 3 Bewegungsgleichungen für eine ebene
Bewegung sind
s xmx F , s ymy F , s sM .
II. Hinabrollende Kugel
Für eine ebene Bewegung gelten die drei Be-
wegungsgleichungen s xmx F , s ymy F ,
s sM . Dabei sind sx und sy Koordinaten
des Schwerpunkts und 22
5s mr ist das Träg-
heitsmoment der Kugel bezüglich des Schwer-
punkts. Die o.g. Gleichungen lauten:
sinsmx mg H , (1)
0 cosN mg cosN mg (2)
s rH (3)
Beim Rollen ohne Gleiten ist der Berührungs-
punkt der Kugel mit der Ebene der Momentan-
pol. Der Abstand des Zentrums vom Momen-
tanpol ist r. Somit ist die Geschwindigkeit des
Zentrums gleich
sx r (4)
Aus dem Gleichungssystem (1)-(4) folgt für die
Beschleunigung
2
1 5sin sin
1 / 7s
s
x g gmr
und für die
Haftreibung (2/7) sinH mg .
Das gilt aber nur solange diese Haftreibung
tatsächlich realisiert werden kann, d.h. solange
H N 2
tan7
H
N . Ist diese Be-
dingung nicht erfüllt, so wird die Kugel durch-
rutschen. Z.B. muss für eine stählerne Kugel
mit 0.3 7
tan 12
und 45 sein.
Beginnt die Kugel zu rutschen, so steigt die
Reibkraft nicht weiter, sondern bleibt gleich
H N .
Die Gleichungen (1) und (3) nehmen nun die
Form
sinsmx mg N ,
s r N
oder
sin cossmx mg ,
coss r mg an.
III. Schiefe Ebene mit verschiedenen Roll-
körpern (Experiment).
Für einen rotationssymmetrischen Körper mit
dem Außenradius R gilt
2
1sin
1 /s
s
x gmR
Je größer 2/s mR , d.h. je weiter die Masse von
der Achse verteilt ist, desto kleiner ist die Be-
schleunigung (Beim Holzylinder kleiner, als
beim Doppelkegel).
IV. Energieerhaltungssatz.
Die kinetische Energie eines Körpers berechnet
sich als die kinetischen Energie der Translati-
onsbewegung des Schwerpunkts plus die kineti-
sche Energie der Rotationsbewegung bezüglich
des Schwerpunkts. 2 2
2 2
s smvK
Gibt es im Kontakt kein Gleiten (reines Rollen),
so leisten die Reibkräfte im Kontakt keine Ar-
beit und die Energie bleibt erhalten.
Beispiel. Rollt eine Kugel ohne Gleiten wie in
(I) aus der Höhe h, so lautet der Energieerhal-
tungssatz zwischen dem Anfangszustand und
dem Endzustand am Fuße der geneigten Ebene
wie folgt: 2 2
2 2
s smvmgh
.
Unter Berücksichtigung der kinematischen Be-
ziehung sv r nimmt der Erhaltungssatz die
Form 2 2 2
2
2/
2 2 2
s s s ss
mv v vmgh m r
r
an.
V. Ein Fahrzeug mit einem Vorder- bzw.
Hinterradantrieb.
r
mg N
H
x
y
mg
N1 N2
H h
a
2
Die beiden "Schwerpunktgleichungen" lauten
mx H und 1 20 N N mg .
Der Drehimpulssatz bezüglich des Schwerpunk-
tes ist: 1 202 2
a aN N hH . Hieraus folgt
12
mg hN H
a , 2
2
mg hN H
a .
Die maximale Haftkraft genügt der Bedingung
max 1H N max max
2
mg hH H
a
(5)
max2 1 /
mgH
h a
. Die maximale Be-
schleunigung ist somit max2 1 /
gx
h a
. Dies
gilt nur solange 2 0N ist.
Die maximale Reibkraft ist entweder durch die
Bedingung (5) beschränkt oder durch die Be-
dingung, dass die Vorderräder nicht abheben:
2 02
mg hN H
a ,
2
mgaH
h . Im zweiten Fall
wäre die maximale Beschleunigung gleich
max2
gax
h . Die maximale Beschleunigung ist
gleich dem kleinsten von zwei gefundenen
Werten.
Im Fall des Vorderradantriebs genügt die ma-
ximale Haftkraft der Bedingung max 2H N .
Daraus folgt
max2 1 /
gx
h a
(kleiner als beim Antrieb über die Hinterräder).
VI. Schaukeln auf einer Reckstange mit der
Amplitude 90°. Zu bestimmen ist der maximale
Wert der horizontalen Komponente der La-
gerreaktion. Modellieren wir den Menschen als
einen homogenen Stab mit der Masse m.
Die Winkelgeschwindigkeit kann aus dem
Energiesatz bestimmt werden.
Energie "vor":
0U , 0K .
Energie bei :
( / 2)sinU mg l , 2 / 2K .
Erhaltungssatz: 2 sin2 2
lmg
oder
2 sinmgl
.
Differenzieren nach der Zeit ergibt
cos2
mgl
.
Die horizontale Kraftkomponente ergibt sich
aus dem Schwerpunktsatz:
x sA mx . Für sx gilt ( / 2)cossx l .
Zweimaliges Differenzieren ergibt 2
2
( / 2)cos ( / 2)sin
3 9sin 2 sin 2
8 8
sx l l
mglg
Die Reaktionskraft (9 /8) sin 2xA mg er-
reicht ihren (betragsmäßig) maximalen Wert
(9 /8)mg bei 45 .
VII. Rutschen einer Leiter Zu bestimmen ist
die Geschwindigkeit v des
Schwerpunkts als Funktion
des Winkels .
Lösung: Der Momentanpol
befindet sich im Punkt M. Der
Abstand vom Momentanpol
zum Schwerpunkt ist gleich
/ 2l . Die kinetische Energie
ist gleich 22 2 2 2 2
2 12 2 2 6
M ml l mlK m
.
Energieerhaltungssatz: 2 2( / 2)sin / 6 / 2mg l ml mgl
(3 / )(1 sin )g l .
Die Schwerpunktgeschwindigkeit ist somit
gleich
(3 / 4)(1 sin )2
s
lv gl .
mg
N1 N2
H
l
A
mg
x
y
xA yA
l
M
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 16.
Drehimpulserhaltungssatz, Exzentrischer Stoß Literatur: Hauger, Schnell und Gross. Technische Mechanik III, 3.3.3
I. Drehimpulserhaltung: Aus dem Drehim-
pulssatz L M folgt, dass wenn das gesamte
Moment aller an einem System angreifenden
äußeren Kräfte bezüglich eines Bezugspunktes
gleich Null ist, der Drehimpuls bezüglich des-
selben Punktes konstant bleibt.
Bemerkung 1: Das System muss nicht abge-
schlossen sein. Nur das Moment der ein-
wirkenden Kräfte muss verschwinden!
Bemerkung 2: Die Erhaltung des Drehimpul-
ses gilt auch für einzelne Richtungen, auf
welchen die Projektion des Momentenvektors
gleich Null ist.
B1. Bei Drehung um eine feste Achse ohne
Reibungsmoment gilt L const . Verrin-
gert sich das Trägheitsmoment, so wird die
Winkelgeschwindigkeit größer (Experiment mit
Drehschemel).
B2. Hält man in den Händen eine Einrichtung
mit einem Rotor und versucht man, die Rotati-
onsachse zu ändern, so entsteht eine Rotations-
bewegung in der entgegengesetzten Richtung
(2. Experiment mit Drehschemel).
B3. Ein Stab trifft mit der Geschwindigkeit v
auf ein Lager A und wird dort eingeknickt. Zu
bestimmen ist die Winkelgeschwindigkeit nach
dem Aufprall.
Lösung:
Das Kraftmo-
ment bezüglich
des Punktes A
ist
gleich Null. Deshalb bleibt der Drehimpuls
erhalten. Bei einer Translationsbewegung ist
i i i i i sL m r v m r v mr v .
Für den Drehimpuls haben wir deshalb:
"vor": 16
lL m v
"nach":
22 2
212 6 9
ml l mlL m
1 2L L 3
2
v
l .
Wie groß ist Energieverlust bei diesem Stoß?
2
12
mK v ,
22 2 2 2
2
3
9 2 18 2 8
ml ml v mvK
l
3/4 der Energie geht verloren.
B4. Zu berechnen sind lineare und Winkelge-
schwindigkeit sowie die Lage des Momentan-
pols nach einem plastischen Stoß.
Lösung: Die Ener-
gie bleibt hier nicht
erhalten. Aber der
Impuls und der
Drehimpuls bleiben
erhalten, und zwar
bezüglich eines be-
liebigen Bezugspunktes, da dies ein abge-
schlossenes System ist.
Impuls "vor": mv
Impuls "nach": 2
lmv m v
Impulserhaltung:
2
lv v v
2
2
lv v
Stellen wir den Drehimpulssatz bezüglich des
Schwerpunktes des Stabes auf:
Drehimpuls "vor": 2
lmv
Drehimpuls "nach": 2 2
Stab
l lm v
Drehimpulserhaltung:
( /2) ( /2) ( /2)Stabm l v l m l v
oder
2
( / 2) Stabv l vml
Mit 2 /12Stab ml folgt daraus 2
3v l v
.
Lösung des umrahmten Gleichungssystems
ergibt 6
5
v
l und
1
5v v .
Der Momentanpol befindet sich unter dem
Schwerpunkt im Abstand 1
6
vl l
.
Diesen Punkt nennt man Stoßmittelpunkt. Wird
der Körper in diesem Punkt gelagert, so treten
beim Stoß keine Lagerreaktionen auf.
B5. In welcher Höhe h muss eine Billardku-
gel horizontal angestoßen werden, damit sie
auf glatter Bahn nach dem Stoß rollt?
Lösung: Die Roll-
bedingung bedeutet,
dass der Kontakt-
punkt mit dem Bo-
l
v l/3 A
v m
m l v'
m
F
S r
h
A
2
den der Momentanpol ist. Daher gilt
sv r . (1)
Schwerpunktsatz: smv F . (2)
Drehimpulssatz: s F h r . (3)
Dividieren von (3) durch (2) ergibt
7
5
s
s
h r rm v
.
Dasselbe Ergebnis erhält man auch, wenn man
den Drallsatz bezüglich des Momentanpols
schreibt (ist in diesem Fall richtig, aber nicht
empfohlen).
B6. Ein geschlossenes zylindrisches Gefäß (in-
nerer Radius R, Höhe h, Trägheitsmoment )
gefüllt mit Wasser wird schnell bis zu einer
Winkelgeschwindigkeit 0 beschleunigt. Wel-
che Winkelgeschwindigkeit 1 wird sich im
Zustand einstellen, in dem sich das Gefäß und
das Wasser als ganzes drehen? Reibmoment in
der Achse ist zu vernachlässigen.
Lösung: Nachdem das Gefäß in die Rotation
gesetzt wurde, hat es den Drehimpuls
0 0L . Im Endzustand ist der Drehimpuls
gleich 2
1 12L mR . Da auf das System
(bezüglich der Achse) keine äußeren Momente
wirken, bleibt der Drehimpuls erhalten:
0 1L L . Daraus folgt
01 2 2mR
. Da-
rauf beruht z.B. die Methode, mit der man ein
rohes Ei von einem gekochten Ei unterscheiden
kann.
B7. Ballistisches Pendel
Die Geschwindigkeit einer Kugel kann gemes-
sen werden, indem sie in ein "Ballistisches
Pendel" (auch Stoßpendel) geschossen und des-
sen Ausschlagwinkel gemessen wird. Wie
hängt die Geschwindigkeit der Kugel von dem
maximalen Winkel ab? (Gegeben: Das Träg-
heitsmoment des Pendels bezüglich des
Aufhängepunktes, Masse M des Pendels, der
Höhenabstand h zwischen dem Aufhängepunkt
und dem
Punkt, wo
die Kugel
das Pendel
trifft, Ab-
stand l zwi-
schen dem
Aufhänge-
punkt und
dem Schwerpunkt des Pendels, Masse m der
Kugel).
Lösung: Wir betrachten drei Zustände:
1. Direkt vor dem Zusammenstoß
2. Direkt nach dem Zusammenstoß
3. Maximale Auslenkung des Pendels.
Zwischen 1 und 2 ändert sich der Winkel
nicht (d.h. er bleibt Null). Das Kraftmoment
aller Kräfte bezüglich des Aufhängepunktes ist
Null, somit gilt der Drehimpulserhaltungssatz:
2hmv mh 2
hmv
mh
. (1)
Ab diesem Moment (zwischen 2 und 3) bleibt
die Energie erhalten:
2
21 cos
2m
hmvg Ml mh
mh
(2)
Aus (1) und (2) folgt
212 1 cos mv mh g Ml mh
hm .
B8. Eine Kugel stößt elastisch mit einer Wand
zusammen. Zu bestimmen sind die Geschwin-
digkeit und die Winkelgeschwindigkeit nach
dem Abprall (kein Gleiten im Kontakt).
Bezüglich des Kontaktpunktes O ist das Dreh-
moment aller Kräfte während des Stoßes gleich
Null Drehimpulserhaltung:
sin sin smvr mv r (1)
Beim elastischen Stoß bleibt auch die Energie
erhalten: 2 2 2
2 2 2
Smv mv an. (2)
Rollen ohne Gleiten: sinxv r v . (3)
Aus diesen drei Gleichungen kann man drei
Unbekannte v , und bestimmen.
Mit (3) nehmen (1) und (2) die Form
2sin sin 1 /Sv v mr
2 21 sin /Sv v mr
Z.B. wenn 90 , so ist sin 5/7 ,
45 und 0.71v
r .
v v'
v v'
N H
O
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 17.
Kreiselbewegung, Tensor der Trägheitsmomente
I. Drehimpuls bei einer Drehung um eine
beliebige Achse
cosx
siny
2
12x
mb
2
12y
ma
tanb
a .
2
cos12
x x x
mbL
2
sin12
y y y
maL
2 21
2 2
sintan tan
cos
a a b a
b b a b
.
Der Vektor des Drehimpulses dreht sich um die
Achse.
II. Zeitliche Änderung eines rotierenden
Vektors.
Wenn ein Vektor A sich mit der Winkelge-
schwindigkeit dreht, so gilt A A .
Beispiele:
(a) Geschwindigkeit v r r
(b) Beschleunigung a v v r
(c) Änderung des Drehimpulses L L
III. Die in der Achse bei einer Rotation wir-
kenden Kräfte.
Nach dem Drehimpulssatz
gilt L L M .
Ändert sich der Drehimpuls,
so muss ein Kraftmoment
wirken! Die Änderung des
Drehimpulses zeigt in die
Tafel. In den Lagern
muss somit ein Kräftepaar
wirken, wie im Bild 1 gezeigt. Woher stammt
dieses Kraftmoment? Betrachten wir die Platte
im rotierenden Bezugssystem. Durch die Zent-
rifugalkräfte entsteht ein Kraftmoment in der
gezeigten Richtung. Die Reaktionskräfte in den
Lagern wirken in die entgegensetzte Richtung.
Was geschieht, wenn die Achse nicht festgehal-
ten wird?
IV. Symmetrischer Kreisel
Definition: x y z . Zum Beispiel:
A. Reguläre Präzession (Nutation) eines sym-
metrischen Kreisels.
1 1 1L
2 2 2 0L
3 3 3L
Winkelgeschwindig-
keit der Drehung um
die Symmetrieachse:
33
3 3
cosL L
1 Pr
1
sinsin
L
Daraus Pr
1
L
. Die Kreisachse beschreibt
einen Kreiskegel um die Richtung L .
V. Präzession unter der Einwirkung eines
Kraftmomentes
Wenn wir die Kreiselachse gleichmäßig um die
vertikale Achse drehen, wie ändert sich der
Drehimpuls?
L L M
VI. Spielkreisel
a
b
L F
F
x
y
L
1x
3x
F
-F L in die
Tafel gerich-
tet
Wenn die Kräfte in vertikaler Ebene wirken, so
bewegt sich die Achse in der horizontalen Ebene
Pr L
mg
h
2
Pr sin sinL L mgl
Pr
mgl mgl
L
Astronomisches Beispiel: Präzession der Erde
Periode der astronomischen Präzession
25800 Jahre.
VII. Präzession und Nutation
VIII. Satz vom gleichsinnigen Parallelismus
der Drehachsen (Foucault)
.
Sonne
Nut Pr äz
Die Kreiselachse versucht sich gleichsinnig
parallel mit der Achse der Zwangsdrehung
zu stellen.
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 18.
Die Eulerschen Gleichungen, Lagerreaktionen bei Rotoren Literatur: Hauger, Schnell und Gross: 3.4.2, 3.4.3, 3.4.4
I. Trägheitstensor (dieses Semester ohne Her-
leitung). Die neunkomponentige Größe
xx xy xz
ij yx yy yz
zx zy zz
mit
2
ij ij i j
m
m r rr
heißt Trägheitstensor. Die Diagonalelemente
xx , yy , zz sind axiale Trägheitsmomente,
nicht diagonale Elemente xy u.s.w. sind Devia-
tionsmomente. In expliziter Form
2 2
2 2
2 2
xx xy xz
ik yx yy yz
zx zy zz
m y z mxy mxz
myx m x z myz
mzx mzy m x y
Für ein Kontinuum 2
ik ik i kdV r rr
Der Drehimpuls berechnet sich mit Hilfe des
Trägheitstensors als
, ,
i ij j
j x y z
L
oder ausführlich:
x xj j xx x xy y xz z
j
L
y yj j yx x yy y yz z
j
L
z zj j zx x zy y zz z
j
L
Die kinetische Energie berechnet sich als
, , ,
1 1
2 2ij i j ij i j
i j x y z
K
II. Hauptträgheitsachsen und Hauptträg-
heitsmomente.
Man kann ein kartesisches Koordinatensystem
immer so wählen, dass der Trägheitstensor eine
Diagonalform annimmt. Diese Koordinatenach-
sen heißen Hauptträgheitsachsen und die Dia-
gonalelemente des Tensors Hauptträgheitsmo-
mente. In Hauptachsen verschwinden alle Devia-
tionsmomente:
1
2
3
0 0
0 0
0 0
ik
.
Der Drehimpuls und die kinetische Energie ha-
ben dann eine besonders einfache Form:
1 1
2 2
3 3
0 0
0 0
0 0
x x x
y y y
z z z
L
L
L
, (2)
2 2 2
1 2 3
1
2x y zK
.
III. Die Eulerschen Gleichungen
Wenn man den Drehimpuls bezüglich der
Hauptachsen berechnet, so muß man bei Be-
rechnung der zeitlichen Ableitung noch die Dre-
hung der Achsen selbst berücksichtigen.
dL d LL M
dt dt
Sind 1 , 2 und 3 Rotationsgeschwindigkei-
ten bezüglich der Hauptachsen des Trägheits-
tensors, so kann man den Drehimpulssatz in
der folgenden Form schreiben (Eulersche Glei-
chungen):
1 1 2 3 2 3 1M
2 2 3 1 3 1 2M
3 3 1 2 1 2 3M
Beispiel 1: Der momentenfreie symmetrische
Kreisel (ein Körper in kardanischer Lagerung
oder auch ein frei fliegender Körper)
1 1 2 3 2 3 0
2 2 3 1 3 1 0
3 3 1 2 1 2 0
Wenn 1 2 ist, dann ist 3 0 . D.h. um
die Symmetrieachse dreht sich der Körper mit
einer konstanten Geschwindigkeit.
Beispiel 2: Bei kleinen Rotationsgeschwin-
digkeiten sind alle drei Rotationen unab-
hängig!
Beispiel 3: Kollermühle
Ein um eine horizontale Achse A frei drehbares
Rad rollt längst eines Kreises ab. Die Achse A
wird durch eine zwangsläufige Führung über
eine vertikale, angetriebene und mit einer Art
2
Kardangelenk versehene Achse B eingeleitet
und unterhalten (Winkelgeschwindigkeit 0 ).
Zu bestimmen ist die vom Rad auf den Boden
ausgeübte Kraft.
Lösung: Den Drehwinkel um die
Symmetrieachse bezeichnen wir
als . Die Winkelgeschwindig-
keiten um die drei Hauptachsen
sind dann:
1 0
R
r
1 0
2 0 cos 2 0 1 3sin
3 0 sin 3 1 2
Die Eulerschen Gleichungen:
1 0M
2
2 2 3 1 3 1 1 0 sinR
Mr
2
3 3 1 2 2 1 1 0 cosR
Mr
Der Betrag des Kraftmomentes ist
2
1 0
RM N G R
r
220
1 0
1
2
MN G G m g r
R r
Bei schneller Rotation kann die Druckkraft viel
größer als die Gewichtskraft werden!
Beispiel 4: Kreiselwirkung bei Luftschraube
Bei einer Rechtskurve
wird die Flugzeugnase
nach unten gedrückt
und bei einer Linkskur-
ve nach oben. Bei zweimotorigen Flugzeugen
und gegenseitig laufenden Luftschrauben werden
die Tragflügel verdreht.
IV. Lagerreaktionen bei ebener Bewegung
Dreht sich der Körper um eine feste Achse z, gilt
0x , 0y , z
Für den Drehimpuls , ,
i ij j ij j
j x y z
L
haben wir
x xj j xx x
j
L xy y xz z
y yj j yx x
j
L yy y yz z
z zj j zx x
j
L zy y zz z
Die Änderung des Drehimpulses berechnet sich
als d L
L Ldt
oder
x xz z yL 2
z z y xz z z yzL L
y yz z z x xL L 2
z yz z xz zL
z zz z xL y yL x zz zL
Aus dem Drehimpulssatz folgt 2
xz z z yz xM ,
2
yz z xz z yM ,
zz z zM ,
Die dritte Gleichung ist die übliche Form des
Drallsatzes bei einer ebenen Rotation um eine
feste Achse. Die ersten zwei Gleichungen ge-
ben die seitens der Achse wirkenden Reakti-
onsmomente. Die Reaktionsmomente treten
nur bei einer Abweichung von einer symmetri-
schen Form auf (wenn Deviationsmomente
nicht gleich Null sind).
Beispiel 5: Auswuchten eines Rades. An einem Autorad (Drehachse z) befindet sich
eine Unwucht mit der Masse 0m .
Welche Massen 1m und 2m müssen an den
Stellen (1) und (2) angebracht werden, damit
das Rad ausgewuchtet ist?
Lösung: Das Rad ist ausgewuchtet, wenn der
Schwerpunkt auf der Drehachse liegt und die
Deviationsmomente verschwinden:
0 0 2 2 1 1 0m r m r m r
0 0 0 1 1 1 2 2 2 0zy m r e m re m r e .
Auflösen liefert die gesuchten Massen
0 0 21 0
1 1 2
r e em m
r e e
, 0 0 1
2 0
2 1 2
r e em m
r e e
.
2
3
0
R
r
G
N
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 19.
Schwingungen, Federzahlen, imaginäre Exponenten Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.1, 5.2.1, 5.2.2
Beispiele für Schwingungen - Masse an einer Feder
- Schwingungen in elektrischen Kreisen
- Elektronen in einem Atom
- Regelungssysteme
- Ökologische Systeme
- Wirtschaftliche Systeme
- ......
I. Periodische Schwingungen:
x t T x t
1f
T - Frequenz (Einheit Hertz: Hz=1/s)
I.a. Harmonische Schwingungen
2
2 ;x t x t x t x t
2
T
;
22 f
T
Allgemeine Form von harmonischen Schwin-
gungen:
cosx t C t
cos cos sin sinC t C t
cos sinA t B t ;
cosA C , sinB C ;
2 2C A B , arctanB
A .
II. Harmonische Schwingung und Kreisbe-
wegung
cosx C t
t Phasenwinkel
(oder Phase)
Kreisfrequenz und Winkelgeschwindigkeit sind
in diesem Fall Synonyme.
III. Einmassenschwinger.
Betrachten wir eine Masse ge-
koppelt an eine starre Wand mit
einer linear elastischen Feder.
Betrachten wir dieses System
zunächst unter Vernachlässigung der Schwere-
kraft. Das zweite Newtonsche Gesetz lautet:
mx cx oder 2
0
cx x x
m
.
Die allgemeine Lösung dieser Gleichung ist
0 0cos sinx t A t B t
Die Konstanten A und B berechnen sich mit
Hilfe von Anfangsbedingungen:
00x x , 00x v . Daraus folgt
0A x , 0 0/B v .
Die Lösung lautet somit
00 0 0
0
cos sinv
x t x t t
.
Die Amplitude der Schwingung ist gleich
22
0 0 0/C x v ,
die Phase 0
0 0
arctanv
x
.
0 /c m wird Eigenkreisfrequenz genannt.
Kinetische und potentielle Energie oszillieren,
wobei ihre Summe konstant bleibt:
2 2 2 2 2
0 0
22 2
0
1 1 1sin
2 2 2
1cos
2 2
Energie
E T U mx cx m C t
cCcC t const
IV. Physikalisches Pendel. Betrachtet wird
ein beliebiger starrer
Körper, der eine ebe-
ne Bewegung um
eine feste Achse A
ausführt.
Der Drehimpulssatz
bezüglich der Rotati-
onsachse lautet:
sinA mgl .
Für kleine vereinfacht sich die Gleichung zu
A mgl oder 2 0 mit
2 / Amgl .
Für den Sonderfall eines mathematischen Pen-
dels erhalten wir 2 2/ / /Amgl mgl ml g l .
V. Federzahlen elastischer Systeme
Bei einer linear elastischen Feder gilt F c l .
Der Steifigkeitskoeffizient kann somit definiert
werden als /c F l .
sinx A t Kreisfrequenz
T - Periode
2
Dehnfedern
Elastizitätsmodul E
E
F lE
A l
AEF l
l
AEc
l .
Biegefedern (Blattfedern)
Elastizitätsmodul
E, geometrisches
Trägheitsmoment
des Querschnitts
ist I.
Aus der Statik ist bekannt, dass die Verschie-
bung des Endpunktes des Balkens ist gleich 3
3
Flx
EI
3
3EIF x
l
3
3EIc
l
Eine auf beiden Enden gestützte Blattfeder
In diesem Fall ist Verschiebung wie bei einem
einseitig eingespannten Balken der Länge / 2l
unter der Wirkung einer Kraft / 2F :
3 3/ 2
2 3 48
lF Flx
EI EI
3
48EIc
l .
VI. Parallelschaltung von Federn
Gesamtsteifigkeit
1 2*c c c
VII. Reihenschaltung von Federn
Gesamtsteifigkeit
1 2
1 1 1
*c c c
VIII. Lineare Differentialgleichungen mit
konstanten Koeffizienten
A. Homogene Gleichungen 1
1 1 01.... 0
n n
n nn n
d x d dxa a a a x
dt dt dt
Allgemeiner Lösungsansatz: tx Ce , const
Einsetzen in die Gleichung ergibt die charakte-
ristische Gleichung: 1 2
1 2 0 0n n n
n n na a a a
Dies ist eine algebraische Gleichung n -ter
Ordnung. Sie hat genau n Wurzeln: 1,..., n
(Theorem von Gauß). Die allgemeine Lösung
der Differentialgleichung ist:
1 2
1 2ntt t
nx t C e C e C e
.
Beispiel 1. 5 6 0x x x ;
1) tx e 2) 2 5 6 0
3) 1 2 ; 2 3 ;
Allgemeine Lösung: 2 3
1 2
t tx C e C e .
Beispiel 2. 9 0x x ;
Charakteristische Gleichung: 2 9 0 ; 2 9 ; 1 3 ; 2 3 ;
Allgemeine Lösung: 3 3
1 2
t tx C e C e .
Beispiel 3. 9 0x x ;
Charakteristische Gleichung: 2 9 0 ; 2 9 ; 1 3i ; 2 3i ;
Hier i ist imaginäre Einheit: 2 1i .
Allgemeine Lösung: 3 3
1 2
it itx C e C e
IX. Imaginäre Exponenten 2 3 4
12! 3! 4!
x x x xe x
2 3 4
12! 3! 4!
ixix ix ix
e ix
2 1i ; 3 2i i i i ; 4 1i
2 3 4 5
12! 3! 4! 5!
x x x xix i i
2 4 6
12! 4! 6!
x x x
3 5 7
3! 5! 7!
x x xi x
cos sinx i x :
cos sinixe x i x (Eulersche Formel)
Beispiel 3 – Fortsetzung. 3 3
1 2
it itx C e C e
1 2cos3 sin3 cos3 sin3C t i t C t i t
1 2 1 2cos3 sin 3
cos3 sin 3
A B
C C t iC iC t
A t B t
A
l
F
x
F
l
F
l/2
F/2 F/2
l/2
x
1c
2c
1c 2c
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 20.
Gedämpfte Schwingungen Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.2.3
I. Gedämpfte Schwingungen
Bewegungsgleichung (das 2. N.G.):
mx dx cx
Standardform: 0d c
x x xm m
2 2
0
2
02 0x x x - die Bewegungsglei-
chung für freie Schwingungen eines gedämpf-
ten Einmassenschwingers.
II. Lösung mit dem Exponentialansatz
Gegeben sei die DGL 2
02 0x x x
Lösung: Ansatz tx Ae
Die Charakteristische Gl. 2 2
02 0
hat zwei Wurzeln 2 2
1,2 0 .
Die Allgemeine Lösung ist 1 2t tx Ae Be
Drei Fälle:
A. Kleine Dämpfung 2 2
0
2 2
1,2 0
2 2
0 *i i
2 2
0* ;
* *
1 2
i t i tx C e C e
* *
1 2
t i t t i tC e e C e e
cos * sin *
cos *
t
t
e A t B t
Ce t
Das ist eine Schwingung mit der Kreisfre-
quenz 2 2
0* und einer nach dem
Gesetz te abnehmenden Amplitude. heißt
Abklingkoeffizient [ 1s ]. Die "Periode" (z.B.
Zeit zwischen zwei Maxima) 2 / *T 2 2
02 / strebt bei 0 gegen .
B. Große Dämpfung 2 2
0
Beide 1,2 sind reell (und negativ)
2 2 2 20 0t t
x Ae Be
Zwei Exponenten
Anfangsbedingungen:
00x x , 00x v
1 20 0
00x Ae Be A B x
1 2
1 2
t tx t A e B e
1 2 00x A B v
2 0 0
2 1
x vA
; 0 1 0
2 1
v xB
.
1 22 0 0 0 1 0
2 1 2 1
t tx v v xx t e e
z. B. für 0 0x , 0 0v
2 12 10 0
2 1 2 1
t tt tv vx t e e e e
„Übergedämpfte Schwingun-
gen“
C Aperiodischer Grenzfall 0 ,
1 2 .
In der letzten Gleichung des Abschnitts B set-
zen wir 2 1 und lassen gegen
Null streben:
Federkraft
Dämpfungskraft (viskose Reibung)
2
1 1
1 1
0
0
t t t
t t t
vx t e e
e ev t
t
1 | |
0 0
t tx v te v te
Die allgemeine Lösung ist in diesem Fall
0 0 0
t t t tx t Ae Bte x e v x te .
Abhängig von den Anfangsbedingungen kön-
nen sich folgende Bewegungen ergeben:
III. Energie bei nicht gedämpften und ge-
dämpften Schwingungen
Für ungedämpfte Schwingungen gilt
2 2 2 2 2
0 0
22 2
0
1 1 1sin
2 2 2
1cos
2 2
Energie
E T U mx cx m C t
cCcC t const
Die Energie bleibt erhalten. Der Mittelwert der
kinetischen Energie ist dabei gleich dem Mit-
tewert der potentiellen Energie:
/ 2K U E
Für gedämpfte Schwingungen multiplizieren
wir 0mx dx cx mit x :
2
0mxx d x cxx
2 22 2
2 2 2
d mx d cx d mxd x
dt dt m
24
dE dK K
dt m .
Mittelung über eine Periode ergibt:
4 2dE
K Edt
.
Die Energie nimmt somit nach dem Gesetz
2
0
tE E e ab.
IV. Schwingungen in Anwesenheit trocke-
ner Reibung
Ein Klotz (Masse m) bewege sich auf einer
Unterlage (Reibungskoeffizient ). Die Rei-
bungskraft R mg ist stets gegen die Ge-
schwindigkeit gerichtet. Das 2. N.G. liefert:
, 0
, 0
mx cx R x
mx cx R x
2
0
2
0
, 0
, 0
x x r x
x x r x
/r R m
Bei den Anfangsbedingungen
1 00x t x , 1 0 0x t
bewegt sich der Klotz nach links 0x ,
2
0x x r ;
2
0/x r ist eine Partikularlösung der nicht
homogenen Gleichung.
Die allgemeine Lösung ist 2
0 0 0cos sin /x A t B t r ;
Einsetzen der Anfangsbedingungen:
2
0 0
0
0 /
0 0
x A r x
x B
ergibt 0B und 2
0 0/A x r .
Die endgültige Lösung ist:
2 2
0 0 0 0/ cos /x x r t r ;
Diese Lösung gilt solange
2
0 0 0 0/ sin 0x x r t
Die Geschwindigkeit würde ihr Vorzeichen
ändern, wenn 0sin 0t . Das geschieht zum
Zeitpunkt 1 0/t . In diesem Moment ist
2 2 2
0 0 0 0 0/ / 2 /x x r r x r
D.h. nach einer halben Periode hat der Aus-
schlag um 2
02 /r abgenommen. In der nächs-
ten halben Periode wird offenbar dasselbe pas-
sieren. Nach einer endlichen Zahl von Halbpe-
rioden kommt der Körper vollständig zum
Stillstand.
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 21.
Erzwungene Schwingungen, Resonanz Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.3.1
I. Erzwungene Schwingungen ohne Dämp-
fung
Freischnitt: elF cx F t
Bewegungsgleichung: mx cx F t
Angenommen die äußere Kraft ändert sich
nach dem Gesetz 0 cosF t F t
Bewegungsgleichung: 0 cosmx cx F t
Lösungsansatz: cosx C t . Einsetzen in die
Bewegungsgleichung liefert 2
0cos cos cosm C t cC t F t
2
0C c m F
0 0 0
2 2 2 2
0
F F m F mC
c m c m
Die Lösung: 0
2 2
0
cosF m
x t
(1)
heißt Partikularlösung der DGL. Aus (1) folgt:
wenn 0 , hat x dasselbe Vorzeichnen
wie F . Koordinate und Kraft schwingen in
gleicher Phase.
wenn 0 , hat x entgegengesetztes zu
F Vorzeichnen Die Koordinate schwingt
in „Gegenphase“ zur Kraft.
Amplitude wird , wenn 0 -
RESONANZ.
Die Allgemeine Lösung setzt sich aus der all-
gemeinen Lösung der homogenen Gleichung
und einer Partikularlösung zusammen:
00 0 2 2
0
cos sin cosF m
x A t B t t
(2)
Beispiel: Zum Zeitpunkt 0t befinde sich die
Masse in Ruhe im Gleichgewicht: (Anfangs-
bedingungen: (0) 0x , (0) 0v ).
Zu bestimmen ist ihre Bewegung unter der
Wirkung der Kraft 0 cosF t F t .
Lösung: Aus (2) folgt
0
2 2
0
(0) 0F m
x A
00 0 0 0 2 2
0 0
0
(0) sin cos sin
0
t
F mx A t B t t
B
Daraus folgt: 0B , 0
2 2
0
F mA
.
Die Lösung lautet
0 002 2 2 2
0 0
002 2
0
cos cos
cos cos
F m F mx t t
F mt t
(3)
Sonderfall 0 (Resonanz). In (3) setzen
wir 0 ein und lassen 0 .
00 0
0 0
0 00
0
0 00 0
0 0
cos( ) cos
cos( ) cos
sin sin2
F mx t t
t t tF t
m t
F Ft tt t
m m
00
0
sin2
F tx t
m
(Resonanzfall) Bild d oben).
cos2 cos3t t
a
cos2 cos2.1t t
b
cos2 cos0.1t t
c
sint t
d
Resonanzfall
2
II. Schwebungen. Oft werden Schwingungen
mit verschiedenen Frequenzen überlagert. Er-
zwungene Schwingung ohne Dämpfung ist ein
Beispiel hierfür: 0( ) cos cosx t C t t .
Wir untersuchen den Fall, wo die beiden Fre-
quenzen fast gleich sind: 0 ( ist
eine kleine Frequenzdifferenz 0 , ).
Es gilt / 2 , 0 / 2 ,
wobei 0
2
der Mittelwert der beiden
Frequenzen ist. Für den uns interessierenden
Ausdruck 0cos cost t ergibt sich
0cos cos
cos / 2 cos / 2
cos cos / 2
t t
t t
t t
sin sin / 2
cos cos / 2
t t
t t
sin sin / 2t t
0cos cos 2sin sin / 2t t t t .
Diese Art von Schwingung heißt Schwebung
(Bild b oben)
III. Erzwungene Schwingungen mit Dämp-
fung
Bewegungsgleichung:
mx cx dx F t , 0 cosF t F t
2
0 02 / cosx x x F m t .
Dies ist eine lineare, nicht homogene DGL.
Trigonometrische Funktionen und imaginäre
Exponenten
cos sinie i
cos sinie i
2cosi ie e cos ( ) / 2i ie e ,
2 sini ie e i sin ( ) / 2i ie e .
Partikularlösung
Wir stellen cos t als Summe von Exponenti-
alfunktionen dar: cos ( ) / 2i t i tt e e und
lösen dann die Gleichung
2
0 02 / 2 ( )i t i tx x x f e e .
Wegen der Linearität können wir die Aufgabe
in getrennte Lösungen von zwei Aufgaben
teilen
2
1 0 1 1 02 / 2 i tx x x f e und
2
2 0 2 2 02 / 2 i tx x x f e .
Diese Gleichungen lösen wir mit dem Expo-
nentialansatz: 1 1( ) i tx t x e , 2 2( ) i tx t x e
2 2
2 0 2 2 02 / 2x x i x f
2 2
2 0 2 2 02 / 2x x i x f
0
1 2 2
0
/ 2
2
fx
i
, 0
2 2 2
0
/ 2
2
fx
i
.
Die partikuläre Lösung ist:
0 0
2 2 2 2
0 0
2 2
00
2 2 22 2 2 200
2 2002
2 2 2 2
0
0
/ 2 / 2( )
2 2
2/ 2
24
cos 2 sin4
cos
i t i t
i t
i t
f fx t e e
i i
i ef
i e
ft t
x t
Dies ist eine harmonische Schwingung mit der
Amplitude
0
02
2 2 2 2
0 4
fx
und der Phasenverschiebung :
2 2
0
2tan
.
Das Verhältnis
2
0 0
22 2 2 20
0
( )
(0)4
xV
x
heißt Vergrößerungsfunktion. Sie zeigt, um
wie viel größer die Schwingungsamplitude
verglichen mit dem statischen Fall ist. Der
maximale Wert der Vergrößerungsfunktion:
0 0 0max
0
( )
(0) 2
xV Q
x
heißt die Güteziffer
des Schwingers.
F t
DämpferF FederF
Freischnitt:
Schnelle Schwingungen langsam oszillierende
Amplitude
2 0
2 0.3
2 1
2 0
2 0.3
2 1
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 22.
Erzwungene Schwingungen mit Dämpfung (Fortsetzung) Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.3.2
I. Erzwungene Schwingungen mit Dämp-
fung
Bewegungsgleichung:
mx cx dx F t , 0 cosF t F t
2
0 0 02 / cos cosx x x F m t f t .
Genauso, wie bei freien gedämpften Schwin-
gungen ist es bequem komplexe Zahlen zu be-
nutzen.
II. Lösung von linearen, nicht homogenen
Differentialgleichungen
Eine lineare, nicht homogene Gleichung 1
1 1 01.... ( )
n n
n nn n
d x d dxa a a a x f t
dt dt dt
ist leicht lösbar im Fall, wenn die Funktion
( )f t eine Exponentialfunktion ist:
0( ) ptf t F e ( p ist eine beliebige Konstante).
Allgemeine Lösungsmethode: Suche partikulä-
re Lösung in der gleichen Exponentialform: ptx Ce . Einsetzen in die DGL liefert:
1 2
1 2 0 0
n n n
n n nC a p a p a p a F
.
Daraus folgt
0
1 2
1 2 0
n n n
n n n
FC
a p a p a p a
.
Diese Methode funktioniert auch bei harmoni-
schen Funktionen ( )f t , da trigonometrische
Funktionen über die Eulersche Formel mit der
Exponentialfunktion verbunden sind.
III. Komplexe Zahlen
Komplexe Zahlen sind Zahlen der Form
z x iy .
" i " ist hier die imaginäre Einheit: 2 1i .
x heißt Realteil, y Imaginärteil der Zahl:
Re( )x z , Im( )y z .
Die zur z komplex konjugierte Zahl ist
*z x iy .
Die komplex konjugierte Zahl bekommt man
durch Änderung des Vorzeichens vor " "i .
Betrag einer komplexen Zahl: 2 2z x y .
Offenbar gilt
22 2*z z x iy x iy x y z .
Polare Darstellung von komplexen Zahlen
Eine komplexe Zahl ist eindeutig durch Anga-
be ihrer Real- und Imaginärteile definiert, d.h.
durch die Angabe eines Paars (x,y). Jeder kom-
plexen Zahl kann eindeutig ein Punkt auf der
Ebene (x,y) zugeordnet werden (und umge-
kehrt). Jeder Punkt auf der Ebene kann aber
auch eindeutig durch seine Polarkoordinaten
definiert werden:
cosx r , siny r .
Die komplexe Zahl hat
dann die Form
cos sin iz r ir re .
r ist offenbar gleich dem Betrag der komplexen
Zahl 2 2z x y . heißt Phase der kom-
plexen Zahl: tan / Im( ) / Re( )y x z z .
cos Re( )ie , sin Im( )ie
Lösungsweg 2 (der beste Weg). cos t wird
als Realteil einer komplexen Exponentialfunk-
ton gesehen.
Beispiel 1. Gegeben sei eine periodische Grö-
ße, z.B. Kraft 0( ) cosF t F t .
Sie kann als Realteil einer komplexen Funktion
0( ) i tF t F e betrachtet werden: ( ) Re ( )F t F t .
Beispiel 2. Gegeben sei eine Kosinus-Funktion
mit einer Phasenverschiebung:
0
0 0 0cos Rei t
F F t F e
0
0Rei i tF e e
ˆRe i tF e
F ist die komplexe Amplitude 0
0ˆ iF F e
Merke: Der Koeffizient vor der komplexen
Exponentialfunktion kann auch eine komplexe
Zahl sein!
Der Hintergrund der Methode:
Wir betrachten die Gleichung 2
0 2 ( )x x x f t .
Angenommen, eine partikuläre Lösung der
Gleichung für 1( ) cosf t t ist 1( )x t und für
2( ) sinf t t gerade 2 ( )x t . Die Lösung für
1 2( ) ( ) ( )f t af t bf t ist dann
1 2( ) ( ) ( )x t ax t bx t .
Insbesondere für die Kraft
0 0 0( ) cos sin i tf t f t if t f e
lautet die Lösung 0 1 0 2( ) ( ) ( )x t f x t if x t .
F t
DämpferF FederF
Freischnitt:
2
D.h.: Der Realteil der Lösung bei einer kom-
plexen Kraft ist gleich der Lösung unter der
Wirkung des Realteils der Kraft.
Lösungsschritte:
Schritt 1 : Wir erkennen eine reelle periodische
Kraft 0 cosF t als Realteil einer komplexen
Funktion: 0 0cos Re i tF t F e
Schritt 2 : Die gegebene reelle Kraft ersetzen
wir durch die komplexe:
2
0 02 / i tx x x F m e .
Schritt 3 : Exponentialansatz ˆ i tx xe :
2 2
0 0ˆ2 /i t i ti xe F m e
Schritt 4 : Komplexe Amplitude:
0
2 2
0
ˆ2
F mx
i
(1)
Damit ist die Lösung der Ersatzgleichung
0
2 2
0
( )2
i tF m
x t ei
Schritt 5 : Die komplexe Amplitude (1) stel-
len wir in polarer Form dar: ˆix e mit
2
02
22 2 2 2
0
ˆˆ*4
F mxx
,
2 2
0
Im 2tan
ˆRe
x
x
.
Schritt 6 : ˆRe i tx x e
Re cosi i te e t
Ergebnis : ( ) cosx t t
Schwingungsamplitude:
0
22 2 2 2
0 4
F m
Phasenverschiebung: 2 2
0
2arctan
IV. Die allgemeine Lösung setzt sich aus einer
partikulären Lösung der nicht homogenen
Gleichung und der allgemeinen Lösung der
homogenen Gleichung zusammen. Z.B. für
kleine Dämpfungen:
( ) cos cos * sin *tx t t e A t B t
Nach einer ausreichend langer Zeit wird das
zweite Glied abklingen. Dann wird die Lösung
nur durch die partikulare Lösung der nicht ho-
mogenen Gleichung bestimmt.
Beispiele für Übergangsprozesse (Einschwing-
vorgang):
V. Beispiele für erzwungene Schwingungen
Beispiel: "Fußpunkterregung"
Bewegungsgleichung:
Fmx c x x dx ,
Fmx cx dx cx
0 cosmx cx dx cx t ,
d.h. identisch mit dem Fall
einer Erregung durch eine
Kraft 0( ) cosF t cx t .
Beispiel: Erregung über einen Dämpfer
Bewegungsgleichung:
Fmx cx dx dx ,
0 sinmx cx dx d x t ,
d.h. identisch mit dem Fall
einer Erregung durch eine
Kraft 0( ) sinF t d x t .
Zu berechnen ist die Schwin-
gungsamplitude.
Lösung
0( ) Im( )i tF t d x e
0
2 2
0
2ˆ
2
xx
i
.
Schwingungsamplitude:
0
22 2 2 2
0
2
4
x
.
Vergrößerungsfunktion:
2
2 2 2 2
0
2
4
V
0 cosFx x t
x
0 cosFx x t
x
2 0.3
2 1
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 23.
Schwingungen von Systemen mit zwei Freiheitsgraden Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.4.1
I. Zwei gekoppelte Pendel.
In diesem Fall kann man die allgemeine Lö-
sung aufschreiben ohne die Bewegungsglei-
chungen aufzustellen. Bei kleinen Auslenkun-
gen ist dies ein lineares System. Wenn wir ei-
nige "Lösungen"
erraten haben,
dann ist auch ihre
Superposition mit
beliebigen Koeffi-
zienten eine mög-
liche Bewegung.
Fall (a). Wenn
beide Pendel um den gleichen Winkel ausge-
lenkt werden ( 1 2 ), so lautet der Dreh-
impulssatz für jedes Pendel 2 sinml M mgl .
Für kleine Winkel: /g l ist dies die
Schwingungsgleichung mit der Fre-
quenz1 /g l .
Fall (b). Wenn die Pendel um den gleichen
Winkel in entgegengesetzten Richtungen aus-
gelenkt werden, lautet der Drehimpulssatz: 2 2sin 2 sin cosml mgl kd
Bei kleinen Winkeln ersetzen
wir sin , cos 1 : 2
2
2g kd
l ml
Dies ist eine Schwingungsgleichung mit der
Frequenz2
2 2
2g kd
l ml .
Bezeichnen wir die Auslenkung des ersten
Pendels mit 1 und des zweiten mit 2 . Unsere
zwei "Lösungen" (zwei mögliche Schwin-
gungsformen) (a) und (b) lassen sich wie folgt
schreiben:
"Lösung 1" (Bewegungsart 1): (1) (1) (1)
1 1 1cos sinA t B t (1) (1) (1)
2 1 1cos sinA t B t
"Lösung 2" (Bewegungsart 2): (2) (2) (2)
1 2 2cos sinA t B t (2) (2) (2)
2 2 2cos sinA t B t
Diese zwei Bewegungsformen nennt man
"normale Moden" oder "normale Formen" oder
"Eigenformen" oder "Hauptschwingungen"
des Systems.
Die (Kreis)Frequenzen 1 und 2 sind
Eigen(kreis)frequenzen
"Allgemeine Lösung": (1) (1) (2) (2)
1 1 1 2 2cos sin cos sinA t B t A t B t (1) (1) (2) (2)
2 1 1 2 2cos sin cos sinA t B t A t B t
Beispiel. Zu bestimmen ist das Bewegungsge-
setz von zwei gekoppelten Pendeln mit den
folgenden Anfangsbedingungen:
1 0(0) , 2(0) 0 , 1(0) 0 , 2(0) 0 .
Aus der allgemeinen Lösung folgt (1) (2)
1 0(0) A A (1) (2)
2(0) 0A A (1) (2)
1 1 2(0) 0B B (1) (2)
2 1 2(0) 0B B
Die Lösung lautet somit
01 1 2( ) cos cos
2t t t
02 1 2( ) cos cos
2t t t
.
Wenn 1 2 ist, so beschreiben beide Glei-
chungen die Schwebungen.
II. Wie findet man die Eigenformen?
Lösungsmethode 1.
(1) (2)
0 / 2A A
(1) (2) 0B B
1
2
t
m m
a b
sinl
2
Betrachten wir das oben gezeigte Zweimassen-
system und stellen für dieses die Bewegungs-
gleichungen auf:
1 1 2 1( )mx kx k x x
2 2 2 1( )mx kx k x x
Summieren beider Gleichungen ergibt
2
1 2
1 22
d x xm k x x
dt
Subtrahieren:
2
1 2
1 223
d x xm k x x
dt
.
Bezeichnungen: 1 2x x X , 1 2x x Y .
Gleichungen A und B nehmen die Form 2
2
d Xm kX
dt und
2
23
d Ym kY
dt an.
Ihre Lösung: (1) (1)
1 1( ) cos sinX t A t B t (2) (2)
2 2( ) cos sinY t A t B t
mit 2
1 /k m , 2
2 3 /k m .
Umkehrtransformation:
12
X Yx
, 2
2
X Yx
.
III. Reguläre Lösungsmethode
Wir betrachten das folgende System:
Die Bewegungsgleichungen lauten
1 1 2 1( )mx kx k x x
2 2 1( )mx k x x
Suchen wir Lösungen in der Form:
1 cosx X t , 2 cosx Y t . Einsetzen in die
Bewegungsgleichungen liefert 2 ( )m X kX k Y X 2 ( )m Y k Y X
oder nach Umformung
22 0k m X kY (5)
2 0kX k m Y (6)
Bedingung für die Lösbarkeit des Systems:
2
2
20
k m k
k k m
2 4 2 23 0m km k 2
4 23 0k k
m m
Eigenfrequenzen:
2 2
2
1,2
3 3 3 5
2 2 2
k k k k
m m m m
. (7)
1 01.62 , 2 00.62 mit 0 /k m .
Eigenformen bekommt man, indem man (7) in
(5) oder (6) einsetzt: 22 /Y m k X .
2
1
3 5
2
k
m
3 52 0.62
2Y X X
2
2
3 5
2
k
m
3 52 1.62
2Y X X
Man kann die Lösungen auch in der Matrix-
form darstellen:
1
1 1
2 1
1cos
0.62
xx C t
x
1
2 2
2 2
1cos
1.62
xx C t
x
Auf ähnliche Weise kann man zeigen, dass der
sin-Ansatz zum gleichen Ergebnis führt. Es
gibt zwei weitere unabhängige Lösungen:
1
3 3
2 3
1sin
0.62
xx C t
x
1
4 4
2 4
1sin
1.62
xx C t
x
Die allgemeine Lösung lautet:
1 2 3 4x x x x x . Sie enthält 4 Konstanten,
die man aus den vier Anfangsbedingungen be-
stimmen kann.
IV. Lösung mit komplexen Federzahlen
Die äquivalente, frequenzabhängige Steifigkeit
ist gleich 2 2 2 2 4
2
2 2
( ) 3*
2 2
k k m k km mk m
k m k m
.
Eigenfrequenzen sind solche Frequenzen, bei
denen die äquivalente, frequenzabhängige Stei-
figkeit Null wird: 2 2 2 43 0k km m . Das
ist genau die charakteristische Gleichung, die
wir oben auf einem anderen Weg erhalten ha-
ben.
1x 2x
(charakteristi-
sche Gleichung)
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 24.
Erzwungene Schwingungen mit zwei Freiheitsgraden Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 5.4.2
I. Erzwungene ungedämpfte Schwingungen.
Wir betrachten das skizzierte System:
Die Bewegungsgleichungen lauten
1 1 2 1( )mx kx k x x
2 2 1( ) ( )mx k x x F t
1 1 2 1( )k k
x x x xm m
2 2 1
( )( )
k F tx x x
m m
Die allgemeine Lösung dieser nicht homogenen
DGL ist gleich der Summe einer Partikularlö-
sung der nicht homogenen Gleichung und der
allgemeinen Lösung der homogenen Gleichung.
(a) Lösung der homogenen Gleichung.
In ungedämpften Systemen kann man auf glei-
che Weise einen Sinus- oder Kosinus- oder
Exponentialansatz verwenden. Nehmen wir den
cos-Ansatz: 1 cosx X t , 2 cosx Y t .
Einsetzen in die Bewegungsgleichungen liefert 2 ( )m X kX k Y X 2 ( )m Y k Y X
oder nach Umformung
22 0k m X kY (1)
2 0kX k m Y
Bedingung für die Lösbarkeit des Systems
(charakteristische Gleichung):
2
2
20
k m k
k k m
24 2
2
30
k k
m m (2)
Eigenfrequenzen:
2 2
2
1,2
3 3 3 5
2 2 2
k k k k
m m m m
.
1 1.62 /k m , 2 0.62 /k m (3)
Eigenformen bekommt man, indem man (3) in
(1) einsetzt: 22 /Y m k X .
Die Determinante (2) kann man nach dem The-
orem von Viet umformen (wird später benutzt):
2 2 2 2
1 2 (4).
(b) Partikularlösung der nicht homogenen
Gleichung.
Die äußere Kraft sei 0( ) cosF t F t .
In ungedämpften Systemen werden die Lösun-
gen in der gleichen Form wie die Krafterregung
gesucht: 1 cosx X t , 2 cosx Y t . Einset-
zen in die Bewegungsgleichungen liefert
220
k kX Y
m m
2 00
Fk kX Y f
m m m
Die Determinanten X und Y sind
02
0
0,
,X
k
m kf
k mf
m
,
2
2
0
0
2, 0
2
,
Y
mf
mkf
m
.
Somit
0 2 2 2 2
1 2
/X k mX f
, (5)
2
0 2 2 2 2
1 2
2 /Y k mY f
. (6)
X und Y werden groß bei 1 und
2 (zwei Resonanzen).
Numerisches Beispiel. Betrachten wir folgen-
des numerisches Beispiel: 1 2 1m m ,
1 2 1k k . Die Eigenfrequenzen sind: 1
1 1.62s , 1
2 0.62s .
Die Schwingungsamplituden (5) und (6) sind
0 2 2 2 2
1
1.62 0.62X f
(7)
2
0 2 2 2 2
2
1.62 0.62Y f
(8)
(S. Bild). Aus den Gleichungen (7) und (8)
kann man folgende Schlussfolgerungen ziehen:
1x 2x
F(t)
2
➢ Beide Amplituden werden bei den bei-
den Eigenfrequenzen 1 1.62 und
2 0.62 unendlich (Resonanz).
➢ Das Verhältnis der Amplituden ist 2/ 2Y X .
1
2
1/ 2 0.62Y X
2
2
2/ 2 1.62Y X
.
Das bedeutet, dass bei jeder der zwei Reso-
nanzen genau die jeweilige Eigenform ange-
regt wird. Methode zur experimentellen
Untersuchung von Eigenformen (experimentel-
le Modalanalyse).
➢ Die Schwingungsamplitude X ist immer
von Null verschieden. Die Schwingungs-
amplitude Y dagegen wird Null bei 2 2t . [Im
allgemeinen Fall 2
1 2 1/t k k m ]. Das be-
deutet, dass trotz der anregenden Kraft, die auf
den zweiten Körper wirkt, sich dieser nicht be-
wegt! Dies ist der sogenannte Tilgereffekt. Die
entsprechende Frequenz ist die Tilgerfrequenz.
Praktische Anwendung zur Schwingungs-
tilgung.
II. Schwingungen eines starren Körpers mit
2 Freiheitsgraden.
Zu bestimmen sind die freien und die erzwun-
genen Schwingungen des skizzierten Systems
ohne Berücksichtigung der Schwerekraft für
0( ) cosF t F t .
Für die elastischen Federkräfte gilt
1 1( )F c x l , 2 2F c x .
Der Schwerpunktsatz für den starren Körper:
1 2 1 ( )mx c c x c l F t ,
Der Drallsatz bezüglich des Schwerpunkts:
1 ( )c x l l lF t
( 2 / 3ml ist das Trägheitsmoment des Sta-
bes).
(a) Freie Schwingungen.
1 2 1 0c c c
x x lm m m
,
22
1 1 03
mlc lx c l 1 13 3
0c c
xlm m
Wir suchen eine Lösung in der Form
cosx A t , cosB t :
2 1 2 1 0c c c
A A lBm m m
(9)
2 1 13 30
c cB A B
lm m
Charakteristische Gleichung:
2 1 2 1
21 1
03 3
c c cl
m m m
c c
lm m
24 2 1 2 1
2
4 30
c c c
m m
.
Betrachten wir den Sonderfall 1 2c c c
2
1 4,3c
m , 2
2 0,7c
m .
Die Schwingungsformen erhalten wir aus der
Gleichung (9): 212
mB A
l c
.
1 2,3 /B A l
2 1,3 /B A l .
Die freie Schwingung des Stabes ist im allge-
meinen Fall eine Superposition aus zwei
Schwingungen mit den Frequenzen 1 und 2 .
(b) Erzwungene Schwingungen
01 2 1 cosFc c c
x x l tm m m m
,
01 1
2
3 3cos
Fc cx t
lm m ml
Die Lösung wird gesucht in der Form
cosx A t , cosB t .
2 012 FccA lB
m m m
,
2 01 1
2
3 3 Fc cA B
lm m ml
X
Y
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 25.
Dynamische Stabilität Literatur: Hauger, Schell und Gross. Technische Mechanik III, 3.4.4
Beispiel 1. Stabilität des Kreisels
Die Eulerschen Gleichungen:
1 1 2 3 2 3 0
2 2 3 1 3 1 0
3 3 1 2 1 2 0
Eine Lösung ist die Bewegung
um eine Hauptachse
(z.B. mit dem Trägheitsmoment 1 ) mit einer
konstanten Winkelgeschwindigkeit:
1 0konst , 2 3 0 .
Problem: Was passiert, wenn sich der Körper
nicht ganz genau um die Achse dreht?
Das heißt: 1 0 1 ,
2 20 ,
3 30 .
Einsetzen in die Eulerschen Gleichungen lie-
fert:
1 1 2 3 2 3 0
2 2 3 1 3 0 1 0
3 3 1 2 0 1 2 0
Wir vernachlässigen Glieder zweiter Ordnung:
1 1 0 1 konst
2 2 3 1 0 3 0
3 3 1 2 0 2 0
Ein lineares Gleichungssystem wird mit einem
Exponentialansatz gelöst:
2
tAe , 3
tBe .
2 3 1 0 0A B
3 1 2 0 0B A
Lösbarkeitsbedingung:
2 3 1 0
1 2 0 3
0
oder
2 2
2 3 3 1 1 2 0 0 .
2
3 1 1 2 02
2 3
.
Fall 1: 3 1 1 2 0
3 1 1 2 *
1,2 0
2 3
.
Die allgemeine Lösung ist
* *
2 2 2
t tA e B e ,
* *
3 3 3
t tA e B e .
Sie besteht aus einem exponentiell abklingen-
den *te
und einem exponentiell anwachsen-
den Teil *te
. Eine beliebig kleine Störung
wird mit der Zeit anwachsen: Die Bewegung ist
instabil.
Fall 2: 3 1 1 2 0
1 3 1 2 *
1,2 0
2 3
i i
.
Die allgemeine Lösung ist * *
2 2 2cos sinA t B t , * *
3 3 3cos sinA t B t .
In diesem Fall bleibt eine kleine Störung immer
klein: Die Bewegung ist stabil.
Die Bedingung 3 1 1 2 0 ist er-
füllt wenn 1 entweder das maximale oder das
minimale Trägheitsmoment ist.
Beispiel 2. Stabilität eines rotierenden Pen-
dels (Zentrifugalregler, 1789, James Watt).
Der Drehimpulssatz im rotierenden Bezugssys-
tem: 2 2
0 cos sinml m rl mgl oder
2 2
0 0cos sin sin sin cosr g g
l l l
Für kleine 2
0
g
l
(a) 2
0 /g l 2
0
g
l .
Die Bewegung ist eine harmonische Schwin-
gung mit der Frequenz * 2
0/g l und
einer konstanter Amplitude: Die vertikale Lage
ist stabil.
1 2
3
1 2 3 0, ,
mg
2m r
0
Bild im
rotierenden
(nicht
inertialen)
System
2
(b) 2
0 /g l indifferentes Gleichgewicht.
(c) 2
0 /g l 2
0
g
l .
Die Lösung hat die Form
2 20 0
g gt t
l lAe Be
.
Der Winkel wächst unendlich mit der Zeit: Die
vertikale Lage ist instabil. In der Tat wird die
Linearisierung irgendwann ungültig: Es gibt
eine neue stabile Lage:
2
0sin sin cos 0g
l
2
0cos /g l
Beispiel 3. Angefachte Schwingungen eines
Drahtes im Wind
Wird ein Draht vom Wind umweht (in horizon-
taler Richtung) und bewegt er sich vertikal mit
einer Geschwindigkeit v so hat die Kraft, die
die Luft auf den Draht ausübt sowohl eine hori-
zontale, als auch eine vertikale Komponente.
Bei einem Draht mit einem runden Querschnitt
ist die vertikale Komponente entgegen der Ge-
schwindigkeit gerichtet.
Bei einem nicht symmetrischen Draht, wie un-
ten im Bild, kann sie in die gleiche Richtung
zeigen, wie die Geschwindigkeit. (Das liegt am
Ablösen der Strömung an den Kanten).
Bewegungsgleichung für einen
nicht symmetrischen Draht im
Wind:
mx cx dx oder
0c d
x x xm m
.
Einsetzen des Exponentialan-
satzes ˆ tx xe führt zur charakteristischen
Gleichung 2 0
d c
m m .
Ihre Lösungen sind 2
1,22 2
d d c
m m m
Für
2
2* 02
d c
m m
ist das eine ange-
fachte Schwingung nach dem Gesetz
2 cos *d
tmx Ce t .
Beispiel 4. Stick-Slip-Bewegung
Die Bewegungsgleichung für den Block lautet:
0( ) mx F x kx kv t ,
Offenbar hat sie immer eine stationäre Lösung
0 0x x v t mit 0 0( ) /x F v k .
Zur Untersuchung der Stabilität der stationären
Lösung nehmen wir an, dass die stationäre Lö-
sung schwach gestört wird.
0 0x x v t x
mit einer kleinen Abweichung x . Nach Ein-
setzen in die Bewegungsgleichung und Linea-
risierung bezüglich der Störung x erhalten
wir die folgende lineare Gleichung für die Stö-
rung:
0
( ) 0
x v
dF xm x x k x
dx
Nach Einsetzen des üblichen Exponentialansat-
zes e tx kommen wir zur charakteristi-
schen Gleichung
2
0
1( ) 0
dF kv
m dx m .
Die Wurzeln der charakteristischen Gleichung
sind 2
1,2
1 1
2 2
dF dF k
m dx m dx m
.
Haben beide charakteristische Zahlen einen
negativen Realteil, so wird eine beliebige Stö-
rung der stationären Lösung exponentiell ab-
klingen und die stationäre Bewegung ist (ge-
genüber kleinen Störungen) stabil. Die Bedin-
gung für Stabilität ist in diesem Fall nur erfüllt,
wenn 0( ) 0dF
vdx
, d.h.: Die Reibungskraft
wächst mit der Gleitgeschwindigkeit.
x
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Anhang
Verschiedenes zum Thema Kinematik und Dynamik
Der Stoff der folgenden Kapitel wird im Sommersemester wegen des Zeitmangels nicht behandelt.
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 26*.
2. Newtonsches Gesetz: Anwendungsbeispiele
I. Das zweite Keplersche Gesetz für Plane-
tenbewegung
Wir betrach-
ten verein-
facht eine
Bewegung auf
einer Kreis-
bahn. Das
zweite Newtonsche Gesetz für den ersten
Planeten lautet: 1 1 1m a F .
Es gibt nur eine radiale Komponente der
Kraft (Gravitationskraft 2
1 1/GMm r ) und der
Beschleunigung (Zentripetalbeschleunigung 2
1 1r ). Das 2. N.G. nimmt die folgende Form
an: 2 2
1 1 1 1 1/m r GMm r . Daraus folgt
2 3
1 1/GM r . Die Winkelgeschwindigkeit ist
gleich 1
1
2
T
, wobei 1T die Umlaufperiode
des ersten Planeten ist. Somit gilt
2 3
1 12 / /T GM r . (1)
Für den zweiten Planeten ergibt sich ähnlich
2 3
2 22 / /T GM r .
Dividieren der ersten Gleichung durch die
zweite ergibt
2 3
2 2
1 1
T r
T r
.
Das ist ein Sonderfall des 2. Keplerschen
Gesetzes für die Planetenbewegung.
II. Schiefer Wurf mit Luftwiderstand
Das 2.N.G. ergibt:
ma G v
oder in Komponenten
0x x
y y
ma v
ma mg v
Die Bewegungen in beiden Richtungen sind
völlig unabhängig!
Für beide haben wir die Lösungen:
0 cos 1t
mm
x v
0 sin 1t
mmg m mg
y t v
Das ist gleichzeitig auch die Balkenkurve in
parametrischer Form.
Bewegung beim schiefen Wurf unter
Berücksichtigung des Luftwiderstandes
Das 2.N.G. in einer bewegten Basis
III. Planeten- oder Satellitenbewegung
Bezeichnungen: M ist die Masse des zentra-
len Körpers, m ist die Masse des "umkreisen-
den" Körpers.
In Polarkoordinaten mit dem Zentrum im
zentralen Körper gilt:
2
2 2ra r r e r r e
Das 2.Newtonsche Gesetz ergibt:
2
2
rm r r F
m r r F
oder
2
2
2 0
Mr r G
r
r r
Die letztere Gleichung kann als
210
dr
r dt
geschrieben werden.
Daraus folgt
2r const C.
Das ist das 3. Keplersche Gesetz:
rd
21
2 2
r ddA r rd
2 2
2 2
r rA const
(die Flächengeschwindigkeit ist konstant)
Die r- Komponente des 2.N.G. kann umge-
schrieben werden:
2
3 2
C GMr
r r
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 27*.
Trägheitstensor, die Eulerschen Gleichungen
I. Tensorrechnung
x
i y
z
Vektor
xx xy xz
ij yx yy yz
zx zy zz
Multiplikation eines Tensors und eines Vek-
tors
, ,
i ij j
j x y z
L
;
x xj j xx x xy y xz z
j
L
y yj j yx x yy y yz z
j
L
z zj j zx x zy y zz z
j
L
Einsteinsche Konvention:
, ,
i ij j ij j
i x y z
L
Das Summationszeichen wird ausgelassen und
über alle doppelt auftretenden Indizes über
(x,y,z) summiert (Summationsindizes).
Beispiel:
i i i i x x y y z z
i
AB AB A B A B A B A B
2 2
l l lA A A A A A
Die Bezeichnung der Summationsindizes kann
man beliebig verändern: i i l l j jAB AB A B
Wichtige Spezialtensoren:
A Einheitstensor
1 0 0
0 1 0
0 0 1
ij
; 1,
0,ij
i j
i j
i ij j iA B B
B Diagonaltensor
1
2
3
0 0
0 0
0 0
ij
; i ij jL ,
1x xL , 2y yL , 3z zL
C Symmetrischer Tensor: ij ji
xx xy xz
ij xy yy yz
xz yz zz
Theorem: Jeder symmetrische Tensor 2. Stufe
kann durch entsprechende Wahl der Achsen-
richtungen auf eine Diagonalform gebracht
werden. Bekannte Beispiele: Hauptachsen des
Spannungstensors, des Deformationstensors.
II. Beziehung zwischen Drehimpuls und
Winkelgeschwindigkeit, Trägheitstensor
n n nL m r v mr v mr r
Index n (Nummer eines Elementes) wird im Weiteren ausgelassen.
2
b a c -c a b -Regel
L mr r m r r r
2
i i i j jL m r r r
, ,i x y z Summierung über j!
i ij j
2 2
i ij j i j j ij i j j
ij
L m r rr m r rr
, ,
i ij j ij j
j x y z
L
2
ij ij i j
m
m r rr Trägheitstensor.
z.B.: 2 2 2 2
xx m r x m y z
xy mxy usw.
2 2
2 2
2 2
xx xy xz
ik yx yy yz
zx zy zz
m y z mxy mxz
myx m x z myz
mzx mzy m x y
Die Diagonalelemente xx , yy , zz sind axiale
Trägheitsmomente, nicht diagonale Elemente
xy usw. sind Deviationsmomente.
Bei einem Kontinuum 2
ik ik i kdV r rr
III. Kinetische Energie
22
2 2
m mK v r
2
r r r r r
Tensor zweiter
Stufe
„Symmetrieachse“
Summierung über alle Massenelemente
2
22 2
b a c -c a b -Regel
r r r r r r
22 2
2
mK r r (1)
2
, ,
i i i i
i x y z
, i ir r
Somit kann die kinetische Energie (1) in der
folgenden Form umgeschrieben werden:
2
2i i i i j j
mK r r r
Einsteinsche Konvention!
i ij j
2 2
2 2i ij j i i j j ij i j i j
ij
m mK r r r r rr
Das Endergebnis:
, , ,
1 1
2 2ij i j ij i j
i j x y z
K
IV. Hauptträgheitsachsen und Hauptträg-
heitsmomente
Der Trägheitstensor ist ein symmetrischer Ten-
sor. Man kann ein kartesisches Koordinatensys-
tem immer so wählen, dass dieser eine Diago-
nalform annimmt. Diese Koordinatenachsen
heißen Hauptträgheitsachsen und die Diagonal-
elemente des Tensors Hauptträgheitsmomente.
In Hauptachsen verschwinden alle Deviations-
momente:
1
2
3
0 0
0 0
0 0
ik
.
Der Drehimpuls und die kinetische Energie ha-
ben dann eine besonders einfache Form:
1 1
2 2
3 3
0 0
0 0
0 0
x x x
y y y
z z z
L
L
L
, (2)
2 2 2
1 2 3
1
2x y zK
.
V. Die Eulerschen Gleichungen
Den Drehimpuls (2) wollen wir in den Drehim-
pulssatz einsetzen. Dafür ist aber eine vorberei-
tende kinematische Untersuchung notwendig.
Betrachten wir zwei Koordinatensysteme: Ein
"ruhendes" System K und ein "rotierendes" Sys-
tem K'. Wir betrachten einen beliebigen, zeitab-
hängigen Vektor von beiden Systemen
aus.
Angewendet an den Drehimpuls:
dL d LL M
dt dt
.
Wählen wir als "rotierendes" das mit den Haupt-
trägheitsachsen verbundene System.
12 3 3 2 1
d LL L M
dt
23 1 1 3 2
d LL L M
dt
31 2 2 1 3
d LL L M
dt
Wegen 1 1 1L , 2 2 2L , 3 3 3L
1 1 2 3 3 3 2 2 1M
2 2 3 1 1 1 3 3 2M
3 3 1 2 2 2 1 1 3M
1 1 2 3 2 3 1M
2 2 3 1 3 1 2M
3 3 1 2 1 2 3M
Die Eulerschen Gleichungen - gekoppelte,
nichtlineare Differentialgleichungen.
Einsteinsche Konvention
Summe über alle Massenelemente!
ruhendes rotierendes
S.
A
1. Wenn hier A konst
dann ist hier
dAA
dt
2. Wenn sich A hier ändert
d A
dt
,
dann ist hier
dA d AA
dt dt
A
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 28*.
Erzwungene Schwingungen (Fortsetzung).
I. Erregung durch eine Unwucht
Erregung durch eine rotierende Unwucht findet
man in Systemen mit Rotoren.
Sei x die Koordina-
te des Schwer-
punkts der Masse
m. Eine Unwucht
(Masse um ) dreht
sich mit der Win-
kelgeschwindigkeit
um eine an der
Masse m befestigten Achse. Zu bestimmen ist
die erzwungene Schwingung der Masse m.
Lösung: Die x-Koordinate des Schwerpunkts
des Gesamtsystems " "um m ist gleich
( cos )us
u
mx m x r tx
m m
.
Der Schwerpunksatz lautet
u sm m x cx dx
2 cosu um m x m r t cx dx
2 cosu um m x dx cx m r t .
Die Partikularlösung ist wie wir wissen
0cosx t . Die Schwingungsamplitude
erhalten wir, indem wir 2
0 uF m r in
0
22 2 2 2
0 4
uF m m
einsetzen:
2
22 2 2 2
0 4
u ur m m m
.
Dabei sind 2
0 / uc m m , 2 /( )ud m m .
II. Erzwungene Schwingungen bei einer pe-
riodischen, nicht sinusförmigen Anregung.
2 2 2cos sinL R l R .
22 2 2 2
22 2 2
sin 1 / sin
11 / sin sin
2 2
l R l R l
Rl R l l
l
2 1sin (1 cos2 )
2
2 2
2 2
cos cos 24 4
cos cos 24 4
R RL R l
l l
R RR t l t
l l
Bewegungsgleichung 0( ( ))mx c x x t ,
wobei 2
0 ( ) cos cos 24
Rx t R t t
l .
1) Wenn 0( ) cosx t R t , dann 2 cosm x cx cR t ,
und wir haben die Partikularlösung
1 22
0
cos cos( )
1 /
cR t R tx t
c m
.
2) Wenn 2
0( ) cos24
Rx t t
l , ist die Partikular-
lösung
2
2 2
0
/ 4 cos 2( )
1 2 /
R l tx t
.
3) Wenn 2
0 ( ) cos cos 24
Rx t R t t
l , dann
2
1 2 2 2
0 0
/ 4 cos 2cos( ) ( ) ( )
1 / 1 2 /
R l tR tx t x t x t
III. Beispiel für linear gedämpfte Schwin-
gung. 0 0 , 00 , ?t
x r
m
um
c
0F
2 0
2 0.3
2 1
m
Schubkurbelgetriebe
R l
L
elF ka
3DämpfF d a
2
Drallsatz:
3A el DämpfM aF aF
2 2 22 9a m ka a d
2
02 0
9
24
d
m ; 2
04
k
m
Allgemeine Lösung:
cos *tt Ce t ;
mit 2 2
0*
cos *
*sin *
t
t
C e t
e t
0 cos
0 cos * sin
C
C C
0 cos 02
0 cos * sin
C
C C
0 0* *C C
0 sin **
tt e t
IV. Angefachte Schwingungen
Beispiel: Zeitlich verzögerte Regelung
F t c x t ( kleine Verzögerung)
Bewegungsgleichung:
mx t cx t mx t c x t x t
0c c
x t x t x tm m
2 2
02 0
2 2
1,2 0i
2 cos * sin *c
tmx t e A t B t
Dies ist eine Schwingung mit exponentiell
wachsender Amplitude.
V. Resonanz in elektrischen Schaltkreisen Die drei passiven Schaltelemente:
Kondensator Widerstand Induktivität (Spule)
a) Spannung CV q / C
b) Spannung RV RI R dq dt
c) Spannung LV 2
2
dI d qL L
dt dt
Elektrischer Schwingungskreis
2
2( )
d q dq qL R V t
dt dt C oder
2
2
( )/
d q dq q V tR L
dt dt CL L oder
22
02
( )2
d q dq V tq
dt dt L
Bezeichnungen: 2
0 1/CL , 0 1/ CL und
2 /R L . Diese Gleichung hat die gleiche
Form, wie die Gleichung für erzwungene
Schwingungen eines Einmassenschwingers.
Die Lösung der homogenen Gleichung (in Ab-
wesenheit des erregenden Potentials
0 cos *tq q e t beschreibt gedämpfte
Schwingungen mit der Frequenz * und dem
Abklingkoeffizienten / 2R L .
Im Fall eines harmonischen erregenden Poten-
tials 0( ) cosV t V t nimmt die Gleichung die
Form 2
2 002
2 cosVd q dq
q tdt dt L
an.
Ihre Partikularlösung 0 cosq q t beschreibt
eine erzwungene Schwingung mit der Amplitu-
de
0
02
2 2 2 2
0
/
4
V Lq
.
Ladung Kapazität
Widerstand Strom
x Sensor Prozessor
Aktor F
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 29*.
Komplexe Federzahlen
I. Komplexe Federzahlen
1). Feder unter Wirkung einer periodischen
Kraft
F cx (1)
Den Proportionali-
tätskoeffizienten nen-
nen wir Federzahl.
2). Dämpfer unter Wirkung einer periodischen
Kraft
F dx (2)
Bei einer periodi-
schen, harmonischen
Kraft
0 cosF F t schreiben wir die Kraft in kom-
plexer Form 0
i tF F e und suchen die Lösung
in der Form i tx xe . Ergebnis: ( ) ( )F t id x t ,
d.h. die Kraft ist zu jedem Zeitpunkt proportio-
nal zur Auslenkung, wie bei einer Feder.
Der Koeffizient dc id , der die Kraft mit der
Auslenkung verbindet, ist jetzt aber komplex
und hängt von der Frequenz ab. Wir nennen ihn
komplexe, frequenzabhängige Federzahl.
3). Masse unter Wirkung einer periodischen
Kraft.
Bewegungsgleichung
0 cosmx F t ersetzen
wir durch
0
i tmx F e und suchen eine Partikularlösung in
der Form i t
px xe . Dann gilt 2F m x .
Auch in diesem Fall ist die Kraft proportional
zur Auslenkung. Der Proportionalitätskoeffi-
zient ist zwar reell, aber negativ und frequenz-
abhängig: 2
mc m .
Bemerkung: Anders als bei Federn und Dämp-
fern, ist für die Bewegung einer Masse nicht
ihre relative, sondern absolute Beschleunigung
maßgebend. Deswegen muss man bei der effek-
tiven Feder, die die Masse wiedergibt, immer
ein Ende an die feste Umgebung koppeln.
4). Parallelgeschaltete Feder und Dämpfer
unter Wirkung einer periodischen Kraft.
cx dx F t .
Für eine Kraft
0
i tF t F e ergibt sich
wieder ein linearer Zu-
sammenhang zwischen
der Kraft und der Auslenkung:
i d c x t F t .
Die Federzahl ist jetzt eine komplexe Größe
* Re( *) Im( *)c i d c c i d c i c
5). Allgemeiner Fall
Für ein lineares mechanisches System (d.h. ein
beliebig kompliziertes System aufgebaut aus
linearen Federn und linearen Dämpfern) gilt bei
einer Erregerkraft 0
i tF e ein linearer Zusam-
menhang
( ) *( ) ( )F t c x t ,
wobei *( )c komplexe Federzahl des Systems
ist.
II. Berechnung von erzwungenen Schwin-
gungen mit Hilfe von komplexen Federzah-
len.
Die Gleichung ( ) *( ) ( )F t c x t bedeutet in
expliziter Form 0 *( )i tF e c x . Daraus folgt
0 0
*( ) Re * Im *
i t i tF Fx e e
c c i c
.
Die imaginäre Zahl *( ) Re * Im *c c i c
hat in polarer Darstellung die Form
*( ) * ic c e mit
2 2
* Re * Im *c c c und
Im *tan
Re *
c
c . Folglich ist
0 0
*( ) *
i t i t iF Fx e e
c c
Der Realteil von dieser Funktion gibt die Lö-
sung der ursprünglichen (reellen) Gleichung:
00( ) cos cos
*
Fx t t x t
c
Die Amplitude der Schwingungen ist demnach
00
2 2Re * Im *
FAmplitude x
c c
.
0 cosF F t
2
III. Zusammengesetzte Systeme aus mehre-
ren Federn und Dämpfern.
A) Reihenschaltung einer Feder und eines
Dämpfers.
Zu bestimmen ist die
Schwingungs-
amplitude unter der
Wirkung einer peri-
odischen Kraft 0 cosF F t .
Lösung: Die komplexe Federzahl der Feder ist
Fc c . Die komplexe Federzahl des Dämpfers
ist dc id . Für die Steifigkeit der zusam-
mengesetzten Feder gilt bei einer Reihenschal-
tung * F d
F d
c c c idc
c c c id
.
Der Betrag dieser komplexen Zahl ist gleich
22
*cd
c
c d
.
Für die Schwingungs-
amplitude ergibt sich
22
0
0
F c dx
cd
.
B) Einfaches rheologisches Modell für Gummi.
Elastomere (wie
Gummi) sind soge-
nannte viskoelastische
Stoffe, deren elasti-
sche Eigenschaften sich als eine Kombination
aus Federn und Dämpfern darstellen lässt (aus-
führlicher in der LV "Kontaktmechanik und Reibungs-
physik" oder "Materialtheorie" im Hauptstudium).
Zu berechnen ist die Schwingungsamplitude
der gezeigten Feder-Dämpfer-Kombination
unter Wirkung einer periodischen Kraft
0 cosF F t .
Lösung: Die gezeigte
Kombination ist eine
Reihenschaltung der
Federn *
1 1c c id
und 2c . Die gesamte
Steifigkeit ist somit
*1 21 2 1 2 2
*
1 2 1 2 1 2
*c id cc c c c id c
cc c c id c c c id
.
Der Betrag der komplexen Federzahl ist
2 2
11 2 2
2 2 2
1 2 1 2
*c dc c id c
c cc c id c c d
.
Die Schwingungsamplitude ist demnach
2 2
1 200 2 2
2 1
c c dFx
c c d
Für Gummi gilt in der Regel 1 2c c (z.B.
3
1 210c c . Bei sehr langsamen Beanspruchun-
gen gilt 1 2 0
0 0
1 2 1
c c Fx F
c c c
. Bei sehr großen
Frequenzen strebt Amplitude gegen einen sehr
viel kleineren Grenzwert 00
2
Fx
c .
C) Erzwungene Schwingungen eines Zweimas-
sensystems.
Im links dargestellten
Zweimassensystem
ersetzen wir beide Fe-
dern und beide Massen
durch äquivalente Fe-
dern. Die Federzahl des
gesamten Systems ist
gleich
2 4 2 2
2
2
2
1 3*
1 1 2
m cm cc m
c m
c m c
Die Schwingungsamplitude ist demnach 2
0 0 2 4 2 2
2
3
c mx F
m cm c
Es gibt drei charakteristische Frequenzen: Bei
1 und 2 wird die Schwingungsamplitude
unendlich groß (Resonanzfrequenzen). Nächs-
tes Mal werden wir sehen, dass dies die soge-
nannten Eigenfrequenzen des Systems sind. Bei
der Frequenz T wird die Schwingungs-
amplitude Null. Dies ist die Tilgerfrequenz.
1 2
T
1
Kinematik und Dynamik - Mechanik II / Prof. Popov / Vorlesung 30*.
Qualitative Analyse von Schwingungssystemen
I. Wie lange dauert ein Einschwingvorgang?
Bewegungsgleichung:
mx cx dx F t , 0 cosF t F t
2
0 0 02 / cos cosx x x F m t f t .
Lösung:
( ) cos cos * sin *tx t t e A t B t
Die Amplitude der "freien
Schwingungen" (allgemeine
Lösung der homogenen
Gleichung) verringert sich
um das e-fache (2,7) in der
Zeit 1/ .
II. Wie breit ist das Resonanzmaximum?
Bei der Resonanzfre-
quenz nimmt die
Schwingungsamplitude
0
22 2 2 2
0 4
F mx
den Wert 0
2
F mx
an.
Einen zweimal kleine-
ren Wert nimmt sie an, wenn
2
2 2 2 2 2 2
0 4 16 oder
2 2
2 2
0 0 12 oder
2
2 2 2
0 0 04 12
0 3 .
Die Gütezahl ist somit 0 /Q .
III. Wie beeinflusst Dämpfung den Fre-
quenzgang der Amplitude? Bei kleiner
Dämpfung folgt die Amplitude als Funktion der
Erregerfrequenz im Wesentlichen der Kurve
ohne Dissipation. Nur die Spitzen werden "ab-
gestumpft".
IV. Kann man die Höhe des Resonanzmaxi-
mums berechnen ohne die Bewegungsglei-
chung zu lösen?
0 cosmx cx dx F t
Die Lösung der Ersatzdifferentialgleichung mit
der Kraft 0
i tF e führt zur Gleichung
2
0m id c x F mit der Lösung
0
2
Fx
m id c
Wir können asymptotische Werte bei sehr klei-
nen, sehr großen und Resonanzfrequenz finden:
1) klein 0 0Fx
c
2) groß 0
2
Fx
m
3) Resonanz 0 0Fx
id
Schwingungsamplituden bei diesen wichtigen
Punkten kann man aber auch bestimmen ohne
die gesamte Lösung zu kennen (z.B. auch dann,
wenn die exakte Lösung nicht bekannt ist).
Bei kleinen Frequenzen kann man Terme mit
Geschwindigkeit und Beschleunigung vernach-
lässigen ( 0 coscx F t ), bei sehr großen spielt
nur der der Term mit Beschleunigung eine we-
sentliche Rolle ( 0 cosmx F t ), bei der Reso-
nanzfrequenz müssen alle Terme ausfallen mit
Ausnahme des Geschwindigkeitsproportionalen
Terms ( 0 cosdx F t ). Das sieht man daran,
dass die Energie, die dem System zugeführt
wird, dann ihr Maximum erreicht, wenn die
Kraft immer in Richtung Geschwindigkeit ge-
richtet ist und somit den Körper immer "be-
schleunigt".
Hätten wir eine nicht lineare konservative
Kraft, 0( ) cosmx G x dx F t , so könnten
wir diese Gleichung nicht analytisch lösen, aber
die Grenzfälle kleiner und großer Frequenzen
könnten auch in diesem Fall ermittelt werden.
Hätten wir eine lineare konservative Kraft aber
eine nicht lineare Dämpfung, z.B. 3
0 cosmx cx kx F t , so könnte man auf
ähnliche Weise näherungsweise das Schwin-
gungsgesetz und die Schwingungsamplitude bei
der Resonanz ermitteln: 3
0 coskx F t
1/3
0 / cosx F k t .
V. Seitenbänder bei Rundfunkübertragung Bei der Rundfunkübertragung, die die Amplitu-
denmodulation (AM) benutzt, wird das hoch-
frequente Trägersignal durch die Schallam-
plitude moduliert.
F t
DämpferF FederF
Freischnitt:
3
2
Die oben gezeigte modulierte Schwingung kann
wie folgt ausgedrückt werden
01 cos cosmx b t t . Oder
1 10 0 02 2
cos cos cosm mx t b t b t
Das bedeutet, dass die ausgestrahlte Welle eine
Summe von drei Wellen darstellt: eine reguläre
Welle mit der Frequenz 0 , sowie Schwingun-
gen mit den Frequenzen 0 m und 0 m .
Wie scharf darf das Resonanzmaximum ei-
nes Schwingungskreises eines Funkempfän-
gers sein?
Ein Schwingungskreis unterdrückt Schwingun-
gen mit allen Frequenzen, die weiter von der
Trägerfrequenz 0 entfernt sind, als um einige
. Ist die Breite der Resonanzkurve zu klein,
so empfängt das Gerät nur die Trägerfrequenz.
In der ist aber keine Information enthalten. Die
Breite des Maximums (und somit die Dämp-
fungskonstante) muss somit größer sein, als die
Modulationfrequenz: m . Man kann das
auch anders sehen: Die Modulation wird nur
dann wirklich übermittelt, wenn die Dauer des
Einschwingvorganges kleiner ist als die Modu-
lationsperiode: 1
modT
, was zu derselben
Gleichung m führt.
VI. Wie bestimmt man die Tilgerfrequenz
und welchen Einfluss hat Dämpfung auf die
Tilgung von Schwingungen?
Betrachten wir einen elastisch (Gesamtsteifig-
keit c ) gelagerten "Tisch" mit der Masse M .
Wenn auf ihn technisch bedingt eine periodi-
sche Kraft 0 cosF t mit einer bestimmten Fre-
quenz wirkt, kann man die Schwingungen des
Tisches unterdrücken, indem man an ihn eine
weitere Masse m elastisch koppelt. Der physi-
kalische Sinn des Til-
gereffektes besteht
darin, dass der Tisch
M die zusätzliche
Masse zum Schwin-
gen erregen und somit
ihre eigenen Energie
abgeben kann. Dafür muss die Schwingungs-
frequenz gleich der Eigenfrequenz des Tilgers
sein. Da bei Resonanz das Verhältnis der
Amplituden unendlich wird, kann die Tilger-
masse auch dann schwingen, wenn sich der
Tisch gar nicht mehr bewegt. Die Bedingung
für die Tilgung ist offenbar 1 /c m . Der
Einschwingvorgang dauert allerdings bei einem
idealen Tilger unendlich lange. Bei einem rea-
len Tilger (mit Dämpfung) dauert er eine endli-
che Zeit, aber auch der Tilgereffekt ist nicht
ideal.
Die äquivalente Fe-
derzahl ergibt sich
aus der neben ste-
hender Skizze.
Die Federzahl ist
gleich
2
12
2 2
1
*m c id
c M cm c id
.
Ohne Dämpfung wird diese Steifigkeit unend-
lich bei 2
1 0m c . Bei kleinen Dämpfun-
gen ist die Steifigkeit nicht unendlich aber
groß: 1*m c
cid
VII. Dynamik eines Fahrzeuges
Nebenstehende Skizze kann als ein einfaches
Modell eines Fahrzeuges angesehen werden
(ein "Viertelfahrzeug").
Zu bestimmen sind die Eigenfrequenzen und
der Frequenzgang der Beschleunigung des
Aufbaus bei einer Fußpunkterregung nach dem
Gesetz 0 cosx A t .
Gegeben: 1 10m kg ,
2 250m kg . Die Eigen-
frequenz des Rades al-
leine sei 10 Hz, des
Aufbaus alleine 1 Hz.
Da wir in der Karosserie
( 2m ) sitzen, sind wir nur an der Koordinate 2x
interessiert:
1 2 0
2 2 2 2
2 2 1 2 1 2
c c xx
c m c c m c
. Oder
1 2 0
2 2 2 2 2
1 2 1 2
c c xx
m m
.
Wir sind aber an der Beschleunigung interes-
siert, da wir nur diese unmittelbar empfinden.
2
1 2 02 2 2 2 2
1 2 1 2
c c xa
m m
.
Wie groß sind die Eigenfrequenzen?
(Eine vereinfachte Methode wird erläutert).