Kirchenbau, Meister Golo und Brunnensee

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Weitere Informationen bei: Archäologisches Spessart-Projekt e.V. Treibgasse 3 63739 Aschaffenburg www.spessartprojekt.de [email protected] Archäologisches Spessart-Projekt e.V. Die Hösbacher Kulturpunkte wurden realisiert im Rahmen des Projekts »Pathways to Cultural Landscapes« in Kooperation mit dem Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach mit Förderung von: Markt Hösbach, Förderverein für das Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach, Sparkasse Aschaf- fenburg-Alzenau, Elektrizitätswerk Goldbach-Hösbach, Raiffeisenbank Aschaffenburg, Fidele Wanderlust Hösbach im Spessartbund, Kulturverein Hösbach, Imexcar Bessenbach, BMW Autohaus Arnold, Elektro-Beisler Hösbach, Gasthaus Zum Specht Hösbach-Bahnhof, Praxis für Zahnheilkunde Dr. Georg Lemke, CSU Aschaffenburg-Schweinheim, Zweirad Stenger Hösbach, SpaßAmMusizierenHösbach, Emrich-Wangler-Blank-Emrich Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwälte/ Steuerberater, Aktiv-Sport Goldbach. Spessartkarte aus dem Pinzing-Atlas, Staatsarchiv Nürn- berg (Nürnberger Karten und Pläne, Rep. 58, 230). Gefördert im Rahmen des bayernweiten Festivals „Stadt.Geschichte.Zukunft“ 2012. Mit Unterstützung Hösbacher Bürger und des Bezirks Unterfranken. © St.-Michaels-Kirche 1189 wird eine Pfarrei in Hösbach erstmals genannt. Da die im 18. Jahr- hundert errichtete Kirche aufgrund der stetig anwachsenden Bevölke- rung im 19. Jahrhundert nicht mehr ausreichte, beschloss die Kirchenverwaltung 1899 einen Neubau. Der Kostenvoranschlag für den Neubau betrug 95.000 Mark. Die Kirchengemeinde war bereit, Schulden in Höhe von 50.000 Mark aufzunehmen. Mit 9.000 und 5.000 Mark unterstützten Stiftungsamt und der unter Pfar- rer Büttner gegründete Kirchen- bauverein den Neubau. Allerdings wurden 1903 die Pläne noch einmal geändert, was zu einer Kostensteigerung auf 182.000 Mark führte und sich kurz darauf aufgrund des Teileinsturzes des Turmes auf 208.000 Mark steigerte, von de- nen 191.000 Mark gedeckt wa- ren. Das fehlende Geld wurde durch ein Darlehen beschafft. Pfarrer Büttner setzte sich sehr für die Finanzierung des Kir- chenbaus ein. 1906 wanderte er in die Vereingten Staaten aus und ließ von dort der Hösbacher Kirchen- gemeinde immer wieder Spenden zukommen. Schließlich wurde die neue Kirche am 23. September 1906 geweiht. 1922 betrugen die Schulden der Darlehenskasse noch 50.000 Mark. Ortsmitte, Kirche und Brunnenstraße Kirchenbau, Meister Golo und Brunnensee La paroisse d’Hösbach a été mentionnée pour la première fois en 1189. En 1899, on a décidé la reconstruction de l’église St.-Michael qui a été achevée en 1906 avec de grands efforts inanciers. Depuis, l’église est surnommée «cathédrale du Spessart». Un personnage connu d’Hösbach a été le plombier Ludwig Brückner (1880 – 1952), surnommé «Maître Golo», parce qu’il a joué le rôle du «Golo» d’une façon très impressionnante dans la pièce populaire «Genoveva». De l’autre côté de l’église se trouve sa maison dont la façade est ornée de ses masques qu’il a sculptés en bois (en bas le magasin «Rottländer»). Pas loin de là, dans la rue Brunnenstrasse, se trouve un puits qui contient des marches pour descendre. Ce sont des vestiges de l’ancien bassin du puits qui autrefois avait une supericie de 6 x 15 m. The village was irst mentioned as a parish in 1189. Since the population had been growing steadily during the 19th century the construction of a bigger church was de- cided in 1899. The estimated costs rose from 95,000 Mark to 208,000 Mark when a part of the new tower collapsed. Pastor Büttner, who had emigrated to the USA after the expenses had escalated, tried to help his former parish by sending donation money back to Hösbach. The new church was inally consecrated 23 September, 1906. Kitty-corner to the church there is a house with grotesque faces carved from wood, which are now under heritage protection. Ludwig Brückner, a renowned citizen of Hösbach and better known as Meister Golo since he embodied the character Golo in a play, created these masks and many other works of art. Not far to the east the Brunnens- trasse (Fountain Street) is located, where one can see stairs and a small, unremarkable well which are the only remains of the former well pond. This little pond had a size of 6 x 15 meters and a depth of about 80 cm. It was used to provide drinking and bathing water for humans and animals alike. Meister Golo Schräg gegenüber der Kirche steht ein Haus mit geschnitzten Holzfratzen (un- ten das Geschäft „Rottländer“). Diese wurden von Meister Golo geschnitzt. Den Spitznamen „Golo“ bekam der Ehren-Spenglermeister Ludwig Brückner, weil er in dem Volksstück „Genoveva“ so eindrucksvoll den „Golo“ gespielt hatte. Er wurde 1880 geboren, übernahm 1910 von seinem Vater eine Spenglerei und gliederte ein Haushaltswarengeschäft ein. Das Hösbacher Original besaß neben Geschäftssinn vor allem handwerkliche und künst- lerische Fähigkeiten. Er fertigte in seiner Spenglerei neben Gebrauchsartikeln für den täglichen Bedarf viele kunstvolle Spenglerauftragsarbeiten für Wohnhäuser und öffentliche Ge- bäude an. In seiner Freitzeit schnitzte er Holzmasken und schuf il igrane Gegenstände aus Kupfer und anderen Me- tallen. Auch Bildhauerarbei- ten aus Sandstein hatte er im Repertoire. Das Haus Nr. 108 in der Hauptstraße mit sei- nen vielen Holzmasken steht heute unter Denkmalschutz. Doch Meister Golo war nicht nur Handwerker und Künstler, sondern auch Familienvater: Seine Frau Josefa und er hatten sieben gemeinsame Kinder. Er starb 1952 im Alter von 72 Jahren. Brunnensee In der mittleren Brunnenstraße ist ein kleiner Brunnen mit Treppenabgang zu sehen - der Überrest des ehemaligen Brunnensees. Der frühere Gemeinde- brunnen galt als besonders rein und diente noch lange nach Inbetriebnahme der Fernwasserleitung als Trinkwasserversorgung der Dorfbewohner. Der Brun- nensee hatte eine Größe von 6 x 15 m und eine Tiefe von ca. 80 cm. Er wurde als Löschteich genutzt und diente als Tränke für die Tiere sowie als Bade- und Waschgelegenheit für die Hösbacher Ju- gend. Verkehrsknotenpunkt Die zentrale Kreuzung im Ort hat ihre Ansicht in über 100 Jahren mehr- fach verändert. Wie wird sie 2020 aussehen? Die Kreuzung Ende der 1920er Jahre, 1950er Jahre, 1991 und 2010 Zur Übersicht: Meister Go- los Haus beindet sich an Punkt G. der Brunnensee bei B. Links der Brunnen- see in einer Aufnahme zwischen den Weltkriegen. Rechts der Brunnen heute, über eine abwärts führen- de Treppe erreichbar. Zwischen dem Foto von 1906 und heute hat sich nicht allzu viel verändert. Die Kirche vor dem Neubau Hösbach auf der als „Floßkarte“ bekannten histo- rischen Karte des frühen 17. Jahrhunderts Der Brunnen auf dem Marktplatz mit den 5 Säulen, die Hösbach und seine vier Ortsteile Win- zenhohl, Rottenberg, Feldkahl und Wenighösbach repräsen- tieren, geschaffen von Joachim Schmidt, Glattbach. Der Würzburger Bildhauer Arthur Schle- gelmünig hat sich auf der Tafel zur fünften Station des Kreuzweges verewigt. Meister Golos Haus (2012) mit einer Fotomontage dreier Mas- ken der Vorderfront. „Meister Golo“, wie ihn die Hös- bacher kannten (Gemälde von Alois Bergmann- Franken)

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Weitere Informationen bei:Archäologisches Spessart-Projekt e.V.Treibgasse 363739 [email protected]

Archäologisches Spessart-Projekt e.V.Die Hösbacher Kulturpunkte wurden realisiert im Rahmen des Projekts »Pathways to Cultural Landscapes« in Kooperation mit dem Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach mit Förderung von:Markt Hösbach, Förderverein für das Hanns-Seidel-Gymnasium Hösbach, Sparkasse Aschaf-fenburg-Alzenau, Elektrizitätswerk Goldbach-Hösbach, Raiffeisenbank Aschaffenburg, Fidele Wanderlust Hösbach im Spessartbund, Kulturverein Hösbach, Imexcar Bessenbach, BMW Autohaus Arnold, Elektro-Beisler Hösbach, Gasthaus Zum Specht Hösbach-Bahnhof, Praxis für Zahnheilkunde Dr. Georg Lemke, CSU Aschaffenburg-Schweinheim, Zweirad Stenger Hösbach, SpaßAmMusizierenHösbach, Emrich-Wangler-Blank-Emrich Wirtschaftsprüfer/Rechtsanwälte/Steuerberater, Aktiv-Sport Goldbach. Spessartkarte aus dem Pinzing-Atlas, Staatsarchiv Nürn-berg (Nürnberger Karten und Pläne, Rep. 58, 230). Gefördert im Rahmen des bayernweiten Festivals „Stadt.Geschichte.Zukunft“ 2012. Mit Unterstützung Hösbacher Bürger und des Bezirks Unterfranken.

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St.-Michaels-Kirche

1189 wird eine Pfarrei in Hösbach erstmals genannt. Da die im 18. Jahr-hundert errichtete Kirche aufgrund der stetig anwachsenden Bevölke-

rung im 19. Jahrhundert nicht mehr ausreichte, beschloss die Kirchenverwaltung 1899 einen Neubau.Der Kostenvoranschlag für den Neubau betrug 95.000 Mark. Die Kirchengemeinde war bereit, Schulden in Höhe von 50.000 Mark aufzunehmen. Mit 9.000 und 5.000 Mark unterstützten Stiftungsamt und der unter Pfar-rer Büttner gegründete Kirchen-bauverein den Neubau.

Allerdings wurden 1903 die Pläne noch einmal geändert, was zu einer Kostensteigerung auf 182.000 Mark führte und sich kurz darauf aufgrund des Teileinsturzes des Turmes auf 208.000 Mark steigerte, von de-nen 191.000 Mark gedeckt wa-ren. Das fehlende Geld wurde durch ein Darlehen beschafft. Pfarrer Büttner setzte sich sehr für die Finanzierung des Kir-chenbaus ein. 1906 wanderte er in die Vereingten Staaten aus und ließ von dort der Hösbacher Kirchen-gemeinde immer wieder Spenden zukommen. Schließlich wurde die neue Kirche am 23. September 1906 geweiht. 1922 betrugen die Schulden der Darlehenskasse noch 50.000 Mark.

Ortsmitte, Kirche und BrunnenstraßeKirchenbau, Meister Golo und Brunnensee

La paroisse d’Hösbach a été mentionnée pour la première fois en 1189. En 1899, on a décidé la reconstruction de l’église St.-Michael qui a été achevée en 1906 avec de grands efforts inanciers. Depuis, l’église est surnommée

«cathédrale du Spessart». Un personnage connu d’Hösbach a été le plombier Ludwig Brückner (1880 – 1952), surnommé «Maître Golo», parce qu’il a joué le rôle du «Golo» d’une façon très impressionnante dans la pièce populaire «Genoveva». De l’autre côté de l’église se trouve sa maison dont la façade est ornée de ses masques qu’il a sculptés en bois (en bas le magasin «Rottländer»). Pas loin de là, dans la rue Brunnenstrasse, se trouve un puits qui contient des marches pour descendre. Ce sont des vestiges de l’ancien bassin du puits qui autrefois avait une supericie de 6 x 15 m.

The village was irst mentioned as a parish in 1189. Since the population had been growing steadily during the 19th century the construction of a bigger church was de-cided in 1899. The estimated costs rose from 95,000 Mark to 208,000 Mark when a

part of the new tower collapsed. Pastor Büttner, who had emigrated to the USA after the expenses had escalated, tried to help his former parish by sending donation money back to Hösbach. The new church was inally consecrated 23 September, 1906. Kitty-corner to the church there is a house with grotesque faces carved from wood, which are now under heritage protection. Ludwig Brückner, a renowned citizen of Hösbach and better known as Meister Golo since he embodied the character Golo in a play, created these masks and many other works of art. Not far to the east the Brunnens-trasse (Fountain Street) is located, where one can see stairs and a small, unremarkable well which are the only remains of the former well pond. This little pond had a size of 6 x 15 meters and a depth of about 80 cm. It was used to provide drinking and bathing water for humans and animals alike.

Meister Golo

Schräg gegenüber der Kirche steht ein Haus mit geschnitzten Holzfratzen (un-ten das Geschäft „Rottländer“). Diese wurden von Meister Golo geschnitzt. Den Spitznamen „Golo“ bekam der Ehren-Spenglermeister Ludwig Brückner, weil er in dem Volksstück „Genoveva“ so eindrucksvoll den „Golo“ gespielt hatte.

Er wurde 1880 geboren, übernahm 1910 von seinem Vater eine Spenglerei und gliederte ein Haushaltswarengeschäft ein. Das Hösbacher Original besaß

neben Geschäftssinn vor allem handwerkliche und künst-lerische Fähigkeiten. Er fertigte in seiner Spenglerei neben Gebrauchsartikeln für den täglichen Bedarf viele kunstvolle Spenglerauftragsarbeiten für Wohnhäuser und öffentliche Ge-bäude an. In seiner Freitzeit schnitzte er Holzmasken und schuf iligrane Gegenstände aus Kupfer und anderen Me-tallen. Auch Bildhauerarbei-ten aus Sandstein hatte er im Repertoire. Das Haus Nr. 108 in der Hauptstraße mit sei-nen vielen Holzmasken steht heute unter Denkmalschutz.

Doch Meister Golo war nicht nur Handwerker und Künstler, sondern auch Familienvater: Seine Frau Josefa und er hatten sieben gemeinsame Kinder. Er starb 1952 im Alter von 72 Jahren.Brunnensee

In der mittleren Brunnenstraße ist ein kleiner Brunnen mit Treppenabgang zu sehen - der Überrest des ehemaligen Brunnensees. Der frühere Gemeinde-brunnen galt als besonders rein und diente noch lange nach Inbetriebnahme der Fernwasserleitung als Trinkwasserversorgung der Dorfbewohner. Der Brun-nensee hatte eine Größe von 6 x 15 m und eine Tiefe von ca. 80 cm. Er wurde als Löschteich genutzt und diente als Tränke für die Tiere sowie als Bade- und Waschgelegenheit für

die Hösbacher Ju-gend.

Verkehrsknotenpunkt

Die zentrale Kreuzung im Ort hat ihre Ansicht in über 100 Jahren mehr-fach verändert. Wie wird sie 2020 aussehen?

Die Kreuzung Ende der 1920er Jahre, 1950er Jahre, 1991 und 2010

Zur Übersicht: Meister Go-los Haus beindet sich an Punkt G. der Brunnensee bei B. Links der Brunnen-see in einer Aufnahme zwischen den Weltkriegen. Rechts der Brunnen heute, über eine abwärts führen-de Treppe erreichbar.

Zwischen dem Foto von 1906 und heute hat sich nicht allzu viel verändert.

Die Kirche vor dem Neubau

Hösbach auf der als „Floßkarte“ bekannten histo-rischen Karte des frühen 17. Jahrhunderts

Der Brunnen auf dem Marktplatz mit den 5 Säulen, die Hösbach und seine vier Ortsteile Win-zenhohl, Rottenberg, Feldkahl und Wenighösbach repräsen-tieren, geschaffen von Joachim Schmidt, Glattbach.

Der Würzburger Bildhauer Arthur Schle-gelmünig hat sich auf der Tafel zur fünften Station des Kreuzweges verewigt.

Meister Golos Haus (2012) mit einer Fotomontage dreier Mas-ken der Vorderfront.

„Meister Golo“, wie ihn die Hös-bacher kannten (Gemälde von Alois Bergmann-Franken)