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Klaus Feßmann I Michael Kaufmann RESONANZ & AKZEPTANZ

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Klaus Feßmann I Michael Kaufmann

RESONANZ & AKZEPTANZ

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Klaus Feßmann I Michael Kaufmann

RESONANZ & AKZEPTANZ

Kinder mit Musik und Bewegung stärken:

Ein Schulprojekt gestaltet Zukunft

Kösel

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Verlagsgruppe Random House FSC-DEU-0100Das für dieses Buch verwendete FSC-zertifi zierte PapierPraximatt liefert die »Deutsche Papier Vertriebs GmbH«

Copyright © 2009 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlag: fuchs_desgin, MünchenUmschlagmotiv: Adrian SchmidtNotensatz: Rainer KotzianLayout: Armin KöhlerDruck und Bindung: Mohn media Mohndruck, GüterslohPrinted in GermanyISBN 978-3-466-30826-2

Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm fi nden Sie unter www.koesel.de

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Inhaltsverzeichnis

Sternenhimmel? – oder: die Trümmerlandschaft der Bildung . . . . . . . . . . . . . . . 9

1 Ein Schulprojekt gestaltet die ZukunftStandortbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Das wahre Elend? Von Michael Kaufmann 15Salzburg & Essen, das Kulturerbe. Von Klaus Feßmann 22

2 »Hey, Chef von Philharmonie, was machst du?«

Die Vorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

Die Arbeit beginnt 31Der Projektaufbau 38Unsere Projektschulen 44

3 »Ist das wie Rhythm Is It?« – »Nee, wir sind in Katernberg!«

Die erste Pressekonferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Tunahan und Genta 49Die Presse, die Medien, die Fragen 50Die Konferenz 52

4 Das passt doch nicht zusammen!!!

Erstes Kennenlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

Die Welt der Migranten 65Essen-Katernberg in Salzburg 66Salzburg in Katernberg 69MitarbeiterInnen der Philharmonie begegnen der Schule 73

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INHALTSVERZEICHNIS

5 Wie die Kids plötzlich in der Musik aufgehen

Der Begegnungstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

In der Herbartschule 79Die Salzburg Indianer: Mit Burkhard Baltzer durch

den Begegnungstag 81

6 »Ey Mann, wir sind die coolen Kids aus Essen, klar?«

Die regelmäßige Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

Gegensätze – Salzburg und Essen-Katernberg 108… und weiter mit Arnika, Meral und Marlene 116Das »Rrrrrrrrrrrrrrrrr« und die Bewegung 119... die coolen Kids aus Essen 121

7 Tanzen, Tönen, Trommeln

Die Intensivwochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

Die Vorbereitung an der Universität 129Vorbereitung für die Schule 130Die Durchführung 133Zusammenfassung 143

8 Wann ist Ali in Philharmonie?

Die Aufführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Am Morgen 149Auf der Bühne 162Geschaff t! 170

9 Wenn eine ganze Schule laut zu tönen beginnt

Musik und die Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172

Alles Neue hat Folgen 175An den Schulen 176Miteinander im Gespräch: die Schulleiterinnen 178

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INHALTSVERZEICHNIS

10 Die elementare Kraft der Musiké – über alle Grenzen hinweg

Im Einklang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190

Die Grundlage 193Die Rezepte und Anweisungen für das Komponieren 194Der Ausgangspunkt 197Der Begegnungstag, die Stationen und die dort

verwendeten Kompositionsprinzipien 200Fort- und Weiterbildung 204Zusammenfassung 206

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208

Medienecho und Preise 210Mitwirkende, Institutionen und Umgebung –

Personen- und Sachregister 212Die Autoren 217Ansprechpartner 219Bildnachweis 220Dank 221

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Die Musik beruht auf der Harmonie zwischen Himmel und Erde, auf der Über-

einstimmung des Trüben und Lichten.

Das, woraus alle Wesen entstehen und ihren Ursprung haben, ist das große

Eine; wodurch sie sich bilden und vollenden, ist die Zweiheit des Dunkeln und

Lichten. Sobald Keime sich zu regen beginnen, gerinnen sie zu einer Form. Die

körperliche Gestalt ist innerhalb der Welt des Raumes, und alles Räumliche hat

einen Laut. Der Ton entsteht aus der Harmonie. Die Harmonie entsteht aus

der Übereinstimmung. Harmonie und Übereinstimmung sind die Wurzeln, aus

denen die Musik, die die alten Könige festsetzten, entstand.

Aus: Frühling und Herbst des Lü Bu We (Lü Schi Tsch`un Tsìu)

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Sternenhimmel? – oder: Die Trümmerlandschaft der Bildung

Sehr verehrtes Publikum, sehr geehrte Leserinnen und Leser,

das Buch über das künstlerisch-pädagogische Projekt ReSonanz & Akzep-Tanz, das Sie hier in den Händen halten, hätten wir Ihnen gerne in einer konzertierenden Form dargeboten. Gesungen, solo oder im Chor, auf dem Klavier, der Gitarre oder der Querfl öte, auch der Trompete gespielt, sogar die Klangsteine sind denkbar. Man könnte es Ihnen auch vortanzen, mit Szene oder ohne. Ein Buch über Musik und Tanz zu schreiben, ohne dass es tönt und tanzt, ist eine Überforderung der Sprache. Die intensive Gefühlswelt der Musik und die Bildhaftigkeit und Schönheit der menschlichen Bewegungen, dar-gestellt in der Nüchternheit einer Prosa-Sprache ist ein geradezu unüber-windbarer Widerspruch. Noch dazu geht es hier um ein Sachbuch, ein Buch-genre, das häufi g für Trockenheit, für Emotionslosigkeit und der Klarheit alter Kochbücher steht. Bücher dieser Art über Musik und Tanz stehen meistens in den Regalen der Bibliotheken und Fachbuchsammlungen. Sie erreichen häufi g nur wenige Leser.Da wir Autoren beide aus der Praxis kommen, vom Arbeiten und Anwenden leben, sehen wir uns der Aufgabe gegenüber, Ihnen dieses Projekt zur Ver-besserung von Bildungschancen für Kinder so zu beschreiben, dass unsere Beschreibung Konsequenzen hat, damit sich für viele Kinder eine bessere Zukunft eröff net. Essen-Katernberg, der Ort, an dem wir ReSonanz & Ak-zepTanz erstmals in einem dreijährigen Pilotprojekt zur Anwendung brach-ten und der stellvertretend für viele andere Stadtteile in Deutschland steht, die Schulen, die Kinder, die Studenten, die Lehrenden und die Methoden sollen durch das Ihnen vorliegende Buch konkret vorstellbar werden. Wir möchten, dass es bei Ihnen anfängt zu klingen, ReSonanz fi ndet.ReSonanz & AkzepTanz soll Ihnen als Unterrichtsmodell für Kinder in der Grundschule Mut machen, auch und gerade wenn die Bedingungen proble-matisch sind und die Gegend zum sozialen Brennpunkt erklärt wurde. Des-

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STERNENHIMMEL? – ODER: DIE TRÜMMERLANDSCHAFT DER BILDUNG

halb haben wir in diesem Buch versucht, Sie in die verschiedenen Welten, in der wir uns mit Kunst und Pädagogik bewegen, mitzunehmen. Wir haben unterschiedliche Darstellungsformen gewählt, um dem nahezukommen, was für uns die Welt des Musikalischen und Künstlerischen bedeutet und welche Wirkung dies auf die Kinder einer Grundschule haben kann. Die aufwendige Bebilderung des Buches vermag es, dem zusätzlich einen leben-digen Ausdruck zu verleihen.Unsere erste Prämisse lautet, dass Musik unverzichtbar im Leben ist. Man braucht sie für Hochzeiten, die Trauer, den Staatsakt, die Entspannung, das Maßkrugstemmen in den Biergärten, keine Werbung funktioniert ohne Musik, keine Fußballspiele sind ohne die musikalische Fankultur denkbar. Musik ist so etwas wie die heimliche ständige Begleiterin im alltäglichen Leben, immer freundlich, verbindlich, meistens nicht störend, so etwas wie ein Gaumenschmeichler, der auch jede vorstellbare Situation leichter ver-daubar macht. Es ist off ensichtlich, dass es heute ganz unterschiedliche Umgänge mit Musik gibt, wenn man sich im globalen Leben bewegt. Von der Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet (wie Nikolaus Har-noncourt sagt) sind wir – scheinbar – weit entfernt.Wir leben nicht in Indien, wo die Musik heilig ist und die Musiker Hochach-tung genießen. Wir leben auch nicht in Afghanistan, wo den Musikern un-ter den Taliban die Hände abgehackt worden sind und es lebensgefährlich war, Musik zu machen. Wir leben auch nicht in Nordkorea, wo der Staats-präsident immer dasselbe komponiert und die Leute dies und nur dies hö-ren müssen. Wir leben in Europa, wo Johann Sebastian Bach zur »Ehre Gottes und zum Ergötzen des Gemüths« und Ludwig van Beethoven für Kenner und Könner komponierte. Und wir leben gleichzeitig in der ganzen Welt, wo es heute Hardrock und Hip-Hop, House und Avantgarde, Rock und Klassik, Oper und Musical, Disco und Grunge, Folk und Jazz gibt. Ne-ben den jeweils bestehenden »Weltmusiken« kann man die Musik in allen diesen Ausdrucksformen in der gesamten globalisierten Welt, in Frank-reich, Georgien, den USA, in China, Indien, Afghanistan, der Türkei, Russ-land, im Libanon und auf den Fidschi-Inseln, am Nordpol, Südpol und allen denkbaren Polen dieser Welt hören.Und genauso kann man diese Musik auch in Essen-Katernberg hören, einem Stadtteil von Essen im Ruhrgebiet, in der Herbartschule und der Schule an der Viktoriastraße, beides Grundschulen und Ganztagsschulen, deren Schulalltag wir durch ReSonanz & AkzepTanz besonders gut kennen-gelernt haben. Denn dort gibt es auch die Türkei, den Libanon, Georgien, Afghanistan, China, Deutschland, Russland und all die anderen Staaten. Und alle zusammen in einer Klasse, in einem Klassenzimmer in einem alten Schulgebäude über ehemaligen Bergwerkschächten. Und alle Kinder dort

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STERNENHIMMEL? – ODER: DIE TRÜMMERLANDSCHAFT DER BILDUNG

hören Musik, häufi g, wie heute überall, mit Ohrstöpseln. Sie können zwar häufi g die Sprache der neben ihnen sitzenden Nachbarn nicht verstehen, Musik aber ermöglicht eine Verständigung. Da geht schon einmal der Dau-men hoch, da beginnen die Augen zu glühen, die Hände und Arme sich zu bewegen.Aus dieser Wahrnehmung wurde das Projekt ReSonanz & AkzepTanz, ein Konzept des Unterrichtens von Schülern im Tönen und Wider-/Wieder-klingen, im Bewegen und Tanzen geboren. Gleich wie man denkt, woher man kommt, was man anhat, wie man riecht, wie man aussieht, sobald man zusammen Musik macht und die Schwelle des Konsumierens hin zum Sel-bermachen überwunden ist, ändern sich die Spielregeln im Miteinander. Man lernt hier, den anderen zu begreifen, ohne ihn verstehen zu müssen, über die Klänge, die Rhythmen, die Harmonien, die Melodien, die Bewe-gung den Weg zu sich und zu den anderen zu fi nden. Um mit allen diesen Sinnen sinnvoll leben zu lernen.

Klaus Feßmann und Michael Kaufmann

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1 EIN SCHULPROJEKT GESTALTET DIE ZUKUNFT

1 EIN SCHULPROJEKT DIE ZUKUNFT

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STANDORTBESTIMMUNGEN

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GESTALTET

Standortbestimmungen

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1 EIN SCHULPROJEKT GESTALTET DIE ZUKUNFT

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»Sie besitzen Fernseher, DVD-Spieler, Mikrowelle, Handys und Playstation. Und

dennoch sind sie verloren. In Deutschland hat sich eine neue Unterschicht

gebildet, die ohne Zukunft ist. Jahrzehntelang wurde versucht, ihre Armut mit

Geld zu bekämpfen. Doch was Benachteiligte wirklich brauchen, wird ihnen

verwehrt. Eine Reportage aus der bildungsfreien Zone.«

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STANDORTBESTIMMUNGEN

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Beschrieben wurde das Leben in »meiner« Stadt.

Das wahre Elend?

Wie auf Seite 14 lautete die Einleitung eines Artikels in der Ausgabe des stern vom 16. Dezember 2004, die eigentliche Überschrift hieß schlicht »Das wahre Elend«. Beschrieben wurde die Situation des als sozialen Brenn-punkt bezeichneten Essener Stadtteils Katernberg, beschrieben wurde das Leben in »meiner« Stadt Essen, in der wir gerade ein halbes Jahr zuvor eine herrliche, wohlklingende, eine neue Philharmonie eröff net hatten. Wenn man so will, konnte ich unter einem festlich geschmückten Weihnachts-baum lesen, wie das Leben in Essen auch sein konnte, abseits der für die regulären Betätigungsfelder des Managements eines Konzerthauses be-stimmten Bereiche. »Das Elend ist keine Armut im Portemonnaie, sondern die Armut im Geiste. Der Unterschicht fehlt es nicht an Geld, sondern an Bildung«, schrieb der Journalist Walter Wüllenweber und führte seine Th e-sen mit einer Vielzahl plausibler Beispiele aus.

Aber neben seiner plastisch-eindringlich geschriebenen Schilderung der Probleme und ihrer täglichen Auswirkungen zeigte er auch, was »die Unter-schicht braucht« und dabei schrieb er von nichts anderem als von Bildung – und: »die gute Nachricht ist: Bildung hilft tatsächlich.« Er berichtete von Menschen, die die Herausforderung in Katernberg annahmen und zum Beispiel in Kindergarten und Schule darum kämpften, den Kindern des »belas teten« Stadtteils zu einer besseren Zukunft zu verhelfen. Beschrie-ben wurde da auch die Arbeit von Angelika Sass-Leich, der Direktorin der Herbartschule, die durch die Arbeit mit ihrem Kollegium in einer off enen Ganztags-Grundschule die Entwicklungs-Chancen für die Kinder Katern-

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Musik muss für alle Menschen

zugänglich sein!

bergs deutlich zu verbessern vermochte, und die nicht kapitulieren wollte vor den alltäglichen Schwierigkeiten in ihrer Schule und in dem sie umgeben den Stadtteil. Was im Artikel nicht beschrieben wurde, was aber tatsächlich schon auf den ersten Blick unübersehbar ist: Katernberg ist nicht nur ein sozialer Brennpunkt. In Katernberg leiden die Menschen und leidet die Stadt auch an der bislang wenig erfolgreichen Integration einer großen – und noch größer werdenden – Zahl von Menschen mit Migra-tions hinter grund, die der zweiten oder dritten Generation derer zugerech-net werden, die vor Jahrzehnten schon nach Deutschland kamen, um hier Arbeit zu fi nden.

Für mich war dieser Artikel trotz seiner düsteren und vielleicht bei ge-nauerer Überprüfung auch teilweise schablonenhaften Darstellungen wie ein Geschenk, denn ich war auf der Suche nach einem sinnvollen und über-zeugenden Kinder- und Schulprojekt, das unser neues Konzerthaus als einen lebendigen, integralen Bestandteil der Stadt begreifbar und als Ort der Zukunftsgestaltung gerade auch für Kinder in Essen erlebbar machen sollte. Neben den selbstverständlichen Schulprojekten, die ein Konzert-haus insbesondere mit Gymnasiasten durchführt, wollte ich durch eine noch zu erfi ndende Zusammenarbeit mit Kindern der Stadt zeigen und er-fahrbar machen, dass in der Musik keine Unterschiede gemacht werden und auch nicht gemacht werden dürfen. Musik muss für alle Menschen glei-chermaßen da sein; Lebensglück und Lebenstrost durch die Musik müssen für alle Menschen wahrnehmbar sein; die zutiefst humane Kraft der Musik muss sich jedem Menschen off enbaren können. Dass durch die Kräfte, die die Musik freizusetzen in der Lage ist, insbeson-

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Katernberg-Beisen: die Umgebung der Herbartschule

dere alle Kinder einer Stadt in möglichst gleicher Weise begünstigt und in ihrer Entwicklung gefördert werden sollten – ich empfand es als unseren Auftrag, den Zugang dazu für möglichst viele Kinder der Stadt zu entwi-ckeln und zu gewährleisten.Und im Grunde defi nierte ich den Auftrag noch weiter, auch wenn dies eine Anmaßung sein konnte: gleich, ob jemand einem Opernhaus oder einem Festival vorstünde, für ein Konzerthaus oder ein Schauspielhaus zuständig wäre, er müsste sich doch heutzutage der sich wandelnden Gesellschaft stellen und Verantwortung dafür übernehmen, dass unsere kulturellen Errungenschaften, dass sich Klassische Musik und Literatur, dass sich Oper und Bildende Kunst täglich neu als unverzichtbare Elemente unserer Gesellschaft und als unverzichtbare Impulsgeber für die Zukunft unserer Gesellschaft zeigten und behaupteten. Bach und Schostakovitsch, Lessing und Schiller, Dürer und Picasso, Rousseau und Kant und viele andere durf-ten nicht verloren gehen. Tatsächlich aber haben wir seit Jahren zugesehen und akzeptiert, dass an unseren Schulen das Kennenlernen aller dieser Lebens- und Gesellschafts-Grundlagen abhandenkommt, und wir haben stillschweigend zugestimmt, dass off ensichtlich die kreativen Leistungen bei den Mitgliedern der Gesellschaft nur dann Beachtung fi nden, wenn sie technischer Natur sind. Was sollte in diesem Feld ein Konzerthaus ausrichten? Können die Glücks-gefühle, empfunden bei Musik, die Welt verbessern? Ich bin nicht naiv und sage deshalb: nicht im Handumdrehen, obwohl ich fest von der Kraft der Musik überzeugt bin und sie in einer sehr weit verstandenen Defi nition für ein unverzichtbares, für ein lebensbejahendes Moment in unserer Existenz halte. Mir geht und ging eine fi xe Idee durch den Kopf: Ich wollte aus dem

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1 EIN SCHULPROJEKT GESTALTET DIE ZUKUNFT

Die Philharmonie wollte kein

»Luxustempel« sein.

Angelika Sass-Leich

wusste, was gut für Katernberg

war.

Haus hinaustreten und vernehmbar die Mitwirkung der Philharmonie als einem integralen und vitalen Bestandteil dieser Stadt verkünden. Wir wollten nicht der »Luxustempel« für die besser gestellten Bewohner der Stadt sein, sondern für möglichst viele Menschen der Stadt da sein. Wir wollten die vermutbaren Hemmschwellen, die den Besuch des Konzert-hauses verhindern würden, unterlaufen und die Menschen auf eine unkom-plizierte Weise zu uns einladen, ohne jedoch auf die Wertigkeit der durch die Musik erklingenden Botschaft zu verzichten. Ich hatte das Gefühl, dass die Zeit überfällig war, dass die Vertreter der Kulturinstitute laut und ver-nehmbar die Mitgestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft einzufordern und natürlich auch durch ihr Handeln einzulösen hatten. Das schien dieser stern-Artikel im Dezember 2004 auch explizit von mir zu fordern: Warte nicht darauf, dass die Menschen zu dir kommen – wenn du nicht zu ihnen gehst, werden sie sich weiter von dir entfernen. Warte nicht, dass sich andere um die Zukunft der Kinder – und damit um die Zukunft unserer Gesellschaft und so auch um deine eigene Zukunft – kümmern, sondern kümmere dich selbst darum. So schrieb ich im Januar 2005 einen Brief an Angelika Sass-Leich und sprach die Einladung zu einer Zusammenarbeit zwischen »ihrer« Herbart-schule und »meiner« Philharmonie aus. Wie genau diese Zusammenarbeit inhaltlich und strukturell beschaff en sein sollte, war mir zu diesem Zeit-punkt allerdings noch nicht ganz klar. Getragen davon, dass auch in meiner Kindheit die Musik eine starke, unüberhörbare lebensbegleitende und le-bensbejahende Stimme entwickelte, vertraute ich einerseits ganz schlicht auf sie und andererseits darauf, dass Frau Sass-Leich zu wissen schien, was gut für die Kinder in Essen-Katernberg war. Und natürlich besaß ich einige Erfahrung mit unterschiedlichsten Schulprojekten.Fast zeitgleich traf ich eher zufällig mit Klaus Feßmann einen Menschen nach vielen Jahren wieder, der als Komponist, Interpret und als Professor am Orff -Institut der Universität Mozarteum Salzburg wirkt. Ihn sprach ich an, ob wir nicht gemeinsam mit dem Orff -Institut und der Herbartschule in Katernberg ein Projekt entwickeln könnten, mit dem das Entwicklungs-potenzial, das ja in jedem Kind vorhanden ist, durch die Mittel der Musik geweckt und freigelegt wird. Fast wie ein Wunder scheint mir heute, dass schon im März ein erstes Treff en zwischen Frau Sass-Leich, Professor Feß-mann und mir stattfand und wir in der Herbartschule darüber berieten, wie wir ein entsprechendes Schulprojekt für die Kinder in Katernberg entwi-ckeln und beginnen könnten. Ich sagte zu, dass die Philharmonie für einen Zeitraum von drei Jahren die Mittel zur Verfügung stellen würde, ein Pro-jekt zu fi nanzieren, das sich der allgemeinen Entwicklung der Kinder und den Problemfeldern Gewaltprävention und Integration/Migration anneh-

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1 EIN SCHULPROJEKT GESTALTET DIE ZUKUNFT

Zahlreiche Preise für ReSonanz &

AkzepTanz bestätigen

unseren Weg.

Worin sich unser Projekt von

anderen unter-scheidet: Die Er-

wachsenen hören in die Kinder

hinein, sie ent-decken deren

Talente.

men würde und dass die Philharmonie das Management für dieses Projekt übernehmen würde. In individuellen und gemeinsamen Gesprächen wuchs ein wechselseitiges Vertrauensverhältnis und die Ahnung, dass wir etwas wirklich Neues ge-stalten könnten, das sich in einem zentralen Punkt von den meisten ande-ren »Education-Projekten« unterscheidet: Es sollten nicht die Erwachsenen sein, die mit den Kindern etwas Vordefi niertes einüben und einstudieren und dann zu einer möglichst guten Auff ührung bringen, sondern im Ge-genteil: Die Erwachsenen sollten zuerst in die Kinder hineinhören, um de-ren jeweilige Talente und Begabungen zu entdecken. In einem scheinbar spielerischen Prinzip würden die Kinder off enbaren, was in ihnen steckte oder was noch nicht entsprechend entwickelt war: Bewegung und Tanz, Musikalität, Rhythmusgefühl und Sprachfertigkeit. Dafür, da war ich ge-wiss, war das Orff -Institut der bestmögliche Partner. Neben der Entdeckung und Entwicklung eigener Fertigkeiten und Fähig-keiten wollten wir also die Kinder an der Herbartschule die Erfahrung ma-chen lassen, dass die Präsentation der eigenen Persönlichkeit und Stärke in einer Gruppe nicht damit einhergehen muss, dass andere unter dieser Stärke zu leiden haben. Die Kinder sollten aus dem Kennenlernen von Stärken und Schwächen bei sich selbst und bei den Mitschülern im Klassen-verbund ein besseres Miteinander entwickeln. Die üblichen Stärke-Schwä-che-Relationen und Mechanismen sollten aufgebrochen werden – eine Lernübung, die für ein ganzes Leben neue Optionen öff nen konnte.

Viele der gerade geschriebenen Sätze zur Beschreibung unserer Ideen und Absichten enthalten das Wort »sollte« – heute können wir sehr glücklich und begeistert sagen, dass unsere grundsätzliche Idee greift und ReSonanz & AkzepTanz ein Erfolgsmodell für die Zusammenarbeit mit Schulen und für die Arbeit mit Kindern ist. Auch die spätere Einbeziehung einer zweiten Grundschule in Essen – der Schule an der Viktoriastraße –, in der durch eine völlig andere Zusammensetzung der Schülerschaft bezüglich ihrer Her-kunftsländer auch eine ganz andere »Komposition« der Module »Sprache, Bewegung, Melodie und Rhythmus« erfolgen musste, brachte die erhoff ten und gewünschten Resultate für die einzelnen Kinder wie für deren Gruppe. Letztlich kam als jüngster Kooperationspartner auch noch die renommierte Folkwang Hochschule Essen dazu, um den »Schneeball« schneller wachsen zu lassen. So ist aus dem gemeinsamen Modell zwischen Herbartschule, Orff -Institut Mozarteum und Philharmonie Essen ein den Kinderschuhen entwachsenes Projekt geworden, das für Kinder im Grundschulalter ganz grundsätzlich taugt. Die Anwendung der pädagogischen Grundsätze des Künstlers Carl

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Orff ermöglichen ein individuell auf die jeweilige Umgebung anpassungsfä-higes Lehr- und Unterrichtsfeld für Lehrer und Kinder. Mittlerweile haben auch weitere Schulen das Konzept übernommen.

Natürlich geht ReSonanz & AkzepTanz in seiner Intensität weit über viele »normale« Schulprojekte hinaus, und es hat im Verlauf des Projektes auch nicht an grundsätzlichen Fragen und Kritik gefehlt. Völlig eindeutig hatte es fast nichts mit dem Aspekt der späteren Publikumsgewinnung für die Konzerte der Philharmonie zu tun, völlig unzweifelhaft setzte die Philhar-monie Essen einen unüberhörbaren und unübersehbaren Schritt vor die ei-gene Türe und übertrat für manche Menschen off enbar die Linie der einem solchen Haus zugedachten Aufgaben. Insofern waren wir – ungeachtet des Bedürfnisses einer entsprechenden Beachtung des Projektes durch die Me-dien – auch immer in der Notwendigkeit, unseren Einsatz zu rechtfertigen. Ich kann in diesem Zusammenhang das Engagement verschiedener Förde-rer der dreijährigen Pilotphase von ReSonanz & AkzepTanz nicht hoch ge-nug anerkennen und loben. Die Philharmonie Essen wollte den Wunsch, in der eigenen Stadt Verantwortung für die Zukunft eben dieser Stadt zu übernehmen, damit verbinden, dass dieses »Essener Modell« Schule ma-chen würde. Dass im Lauf der Zeit mehrere bedeutende Preise, wie der Preis Aktiv für Demokratie und Toleranz 2008, ReSonanz & AkzepTanz ausgezeich-net haben, bestätigte diesen Weg. Die Verantwortung für die Zukunfts-fähigkeit einer Stadt liegt eben nicht nur bei Politikern oder einer kommu-nalen Verwaltung – sie liegt bei allen Organen und Institutionen, bei den in vielen unterschiedlichen Positionen verantwortlichen Menschen. Ich bedauere es außerordentlich, dass nach meinem Ausscheiden als Inten-dant die Philharmonie Essen ihr Engagement eingestellt hat.

MICHAEL KAUFMANN

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1 EIN SCHULPROJEKT GESTALTET DIE ZUKUNFT

Salzburg und Essen – Gegen-

sätze und Gemeinsam-

keiten

Salzburg & Essen, das Kulturerbe

Die Universität Mozarteum hat ihren Sitz im österreichischen Salzburg. Die Stadt ist heute mehr denn je geprägt von Wolfgang Amadeus Mozart. Seine Musik ist genauso allgegenwärtig wie die vielen Kirchen auf engstem Raum.Die deutsche Stadt Essen ist geprägt von Fördertürmen. Überall stehen die riesigen, sich früher ununterbrochen drehenden Fördertürme, die das schwarze Gold aus der Erde holten, um es weltweit zu verkaufen.In Salzburg ist es das Salz aus Hallein und Reichenhall, welches die Stadt reich werden ließ, in Essen ist es die Kohle. Hier die Burg über der Salzach, dort die riesigen Fabrikanlagen, die Türme, die Schlote. Beides wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, hier die Altstadt, dort die Zeche und Kokerei Zollverein. Bauwerke können jedoch nicht auf Dauer erhalten werden, Klänge, Musik schon. Teilweise über Jahrtausende wie in Indien oder über Jahrhunderte wie im Abendland. Das Klingen der Mozartschen Klavier-Musik ist ein Beispiel dafür. Sie bewegt die Menschen auch noch nach über 200 Jahren.

ZUR AKTUALITÄT VON BILDUNGIch lehre am Mozarteum in Salzburg, an einer der bedeutendsten Kunst-universitäten, bildete und bilde seit Jahrzehnten Hunderte von Studenten aus. Ich verdiene mit der Vermittlung von Bildung meinen Lebensunter-halt. Ich gebe Konzerte, komponiere, schreibe Bücher. Ich halte Vorträge, Seminare, Workshops, bin im Rundfunk zu hören, im Fernsehen zu sehen.

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Meine Welt ist die Welt der Kunst, die an der Bildung der menschlichen Sinne arbeitet. Ich bin damit beschäftigt, eine für mich umfangreiche hu-manistische Vorstellung von Leben zu vermitteln, halte eine religiöse Aus-bildung und Haltung für lebensnotwendig, schätze klassische Musik fast über alles, liebe Jazz und weite Teile der Popularmusik, fi nde viele Musik-formen dieser Welt in diversen Bereichen äußerst faszinierend. Ich lese seit frühester Kindheit, und Literatur ist für mich ein unabdingbarer Teil des Lebens, Kunst, Th eater unverzichtbar. Diese Notwendigkeiten vermittle ich und für sie stehe ich ein.Seit einigen Jahren geraten meine Vorstellungen über diese Bildungswerte auf mehreren Ebenen ins Wanken. Beginne ich bei einem einfachen Bei-spiel, so sehe ich, egal wo ich bin, immer den gleichen Aldi- oder Lidl-Markt, den gleichen McDonalds, den gleichen H&M-Laden, den gleichen Audi-Ver-kaufsshop. Alle diese Einrichtungen sehen in der gesamten Republik immer völlig gleich aus, und auch in Ankara steht der gleiche McDonalds, der glei-che Peugeot-Laden, auch in Bukarest, Paris, Liverpool. Die Uniformität macht mich misstrauisch. Ist das ein Symbol für eine neue Bildung? Ist das die globale Bildung? Dass ich überall, in der ganzen Welt zurechtkomme?Der Begriff Bildung wird heute gerne durch den Begriff Kompetenz ersetzt. Sozialkompetenz, emotionale Kompetenz, Fachkompetenz, alles soge-nannte Schlüsselqualifi kationen. Sie stehen heute hoch im Kurs, können international defi niert werden. Wobei der Begriff Kompetenz nichts über Fähigkeiten aussagt, er meint ausschließlich die Zuständigkeit. Und zustän-dig, so viel lehrte nicht nur die Politik, kann man sein, ohne fachliche Kom-petenz zu kennen, ohne Bildung, ohne Wissen zu besitzen.Bildung geht zurück auf den Begriff der Schöpfung, der Entstehung von etwas Neuem, noch nie Dagewesenem. Bildung enthält den Begriff des Bildes, der auf etwas Sichtbares, optisch Festgehaltenes verweist, und den Dung, den Nährboden für das Wachstum. Es geht darum, sich von der

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Klaus Feßmann, Michael Kaufmann

ReSonanz & AkzepTanzKinder mit Musik und Bewegung stärken: Ein Schulprojektgestaltet Zukunft

Gebundenes Buch, Broschur, 224 Seiten, 16,5 x 24,0 cmISBN: 978-3-466-30826-2

Kösel

Erscheinungstermin: August 2009

ReSonanz & AkzepTanz: Ein Modell gegen Perspektivlosigkeit Wie kann an einer Grundschule mit einem Migrantenanteil von 85 Prozent Integrationgelingen? Wie hilft man 37 Kindern aus 9 Nationen, zu toleranten und starken Persönlichkeitenheranzuwachsen? Wie kann man Schülern, die noch nicht einmal rückwärtslaufen können,Subtrahieren vermitteln? Das Projekt ReSonanz & AkzepTanz macht klar: ganz einfach – mitMusik und Tanz! Ausgezeichnet mit zahlreichen Preisen, darunter: Jugendkulturpreis 2007 MIXED UP 2007 Preis Soziale Stadt 2008 Aktiv für Demokratie und Toleranz 2008