Kleinstwasserkraftwerke - swissmallhydro.ch...Ingenieurbüro J.-M. Chapallaz, Ste-Croix Mitglieder...

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  • Kleinstwasserkraftwerke

    Impulsprogramm Pacer – Erneuerbare EnergienBundesamt für Konjunkturfragen

    Einführung inBau und Betrieb von

    Kleinstwasserkraftwerken

  • Konzept und Gestaltung der deutschspra-chigen Ausgabe:

    J.-M. Chapallaz & P. EichenbergerIngenieurbüro J.-M. Chapallaz, Ste-Croix

    Mitglieder der PACER-Arbeitsgruppe:

    – J. Gottesmann, Rechtsberatung in Umweltfra-gen, EinsiedelnGesetze und rechtliche Aspekte

    – G. Horner, Freiburgische Elektrizitätswerke, BrocTechnische Vorschriften und Tarifierung

    – R. Mosimann, Tiefbauamt des Kt. Bern, Obering.Kreis IV, BurgdorfÖkologie und Wasserbau

    – H. W. Weiss und H. Kaspar, Basler & Hofmann,ZürichTechnische, administrative und wirtschaftlicheAspekte

    An dieser Stelle sei all jenen Fachleuten, Betreibernund Besitzern von Kleinstwasserkraftwerken, Ver-tretern der Behörden und öffentlichen Stellensowie privaten Organisationen gedankt, die mitihren wertvollen Stellungnahmen, Informationenund den zur Verfügung gestellten Dokumentenund Photos wesentlich zum Gelingen dieser Bro-schüre beigetragen haben.

    Besonders erwähnt seien:

    – G. Charmillot, Charmillot SA, Handelsmühle Vic-ques (JU)

    – P. Chatelain, Direktor Industrielle Betriebe, Bou-dry (NE)

    – R. Galé, Betriebschef Zentrale Pont-de-la-Tineund Gemeinderat, Le Sépey (VD)

    – Ch. Kunz, Gemeinderat und P. Guggisberg,Gemeindeschreiber, Brienzwiler (BE)

    – N. Lauterburg, Direktor, und R. Locher, Mitarbei-ter, Lauterburg & Cie AG, Langnau (BE)

    – E. Nussbaumer, ADEV, Liestal (BL)

    – L. Rebaud, Journalist und Nationalrat, Config-non (GE)

    – J. Rüegsegger, Verkaufschef, Sulzer AG, Winter-thur (ZH)

    – H. Siegwart, Energie Plus !, Langnau (BE)

    – R. Sigg, Bundesamt für Wasserwirtschaft, Bern

    – E. Staub und J.M. Cuanillon, BUWAL, SektionFischereifragen, Bern

    – R. Vuffray, Lebensmittelkontrolle/Kantonsche-miker, Epalinges (VD)

    – H. Wintsch, Eidg. Getreideverwaltung, Bern

    Kleinstwasserkraftwerke

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    Durchsicht des Manuskripts:

    Frau T. Girod-Wehrli, Journalistin, Volketswil

    Schlussredaktion der deutschsprachigenAusgabe:

    C. Mor, Basler & Hofmann, Zürich

    Illustration:

    W. Fischbacher, Ecublens

    Textverarbeitung und Gestaltung:

    City Comp SA, Morges

    Projektleitung und Koordination:

    J. Graf, EPFL – DA – ITB – LESO

    Trägerorganisationen

    ETG Energietechnische Gesellschaft desSEV

    INFEL Informationsstelle für Elektrizitätsan-wendung

    INFOENERGIE Informationsstelle über Pilot- undDemonstrationsanlagen für rationel-le Energieanwendungen

    ISKB Interessenverband SchweizerischerKleinkraftwerk-Besitzer

    SGV Schweizerischer Gemeindeverband SIA Schweizerischer Ingenieur- und

    Architekten-VereinSOFAS Sonnenenerg ie -Fachverband

    SchweizSTV Schweizerischer Technischer VerbandStV Schweizerischer Städteverband

    SVGW Schweizerischer Verein des Gas- undWasserfaches

    vsa Verband Schweizerischer Abwasser-fachleute

    VSE Verband Schweizerischer Elektrizitäts-werke

    VSM Verband Schweizerischer Müller

    ISBN 3-905232-17-0Originalausgabe ISBN 3-905232-20-0

    Copyright © 1993 Bundesamt für Konjunkturfra-gen, 3003 Bern, Mai 1993

    Auszugsweiser Nachdruck unter Quellenangabeerlaubt.

    Zu beziehen bei der Eidg. Drucksachen- und Mate-rialzentrale, 3000 Bern (Best. Nr. 724.244 d)

    Form. 724.244 d 5.93 2000

  • Das Aktionsprogramm «Bau und Energie» desBundesamtes für Konjunkturfragen ist auf sechsJahre befristet (1990 – 1995) und setzt sich aus dendrei Impulsprogrammen (IP) zusammen:

    IP BAU – Erhaltung und ErneuerungRAVEL – Rationelle Verwendung von ElektrizitätPACER – Erneuerbare Energien.

    Mit den Impulsprogrammen, die in enger Koope-ration von Wirtschaft, Schulen und Bund durch-geführt werden, soll der qualitative Wertschöp-fungsprozess unterstützt werden. Dieser istgekennzeichnet durch geringen Aufwand an nichterneuerbaren Rohstoffen und Energie, sowieabnehmende Umweltbelastung, dafür gesteiger-ten Einsatz von Fähigkeitskapital.

    Im Zentrum der Aktivität von PACER steht die För-derung verstärkter Nutzung erneuerbarer Ener-gien. Bis heute ist der Beitrag der erneuerbarenEnergien mit Ausnahme der Wasserkraft trotz desbeträchtlichen Potentials sehr gering geblieben.Das Programm PACER soll deshalb:

    – die Anwendungen mit dem besten Kosten-/Nut-zenverhältnis fördern;

    – den Ingenieuren, Architekten und Installateurendie nötigen Kenntnisse vermitteln;

    – eine andere ökonomische Betrachtungsweiseeinführen, welche die externen Kosten (Umwelt-belastung usw.) miteinbezieht sowie

    – Behörden und Bauherren informieren und aus-bilden.

    Kurse, Veranstaltungen, Publikationen, Videos,etc.Umgesetzt werden sollen die Ziele von PACERdurch Aus- und Weiterbildung sowie Information.Die Wissensvermittlung ist auf ihre Verwendbar-keit in der täglichen Praxis ausgerichtet. Sie bauthauptsächlich auf Publikationen, Kursen und Ver-anstaltungen auf. Zielpublikum sind vor allemIngenieure, Architekten, Installateure sowie Ange-hörige bestimmter spezialisierter Berufszweigeaus dem Bereich der erneuerbaren Energien.

    Die Verbreitung allgemeiner Information ist eben-falls ein wichtiger Bestandteil des Programmes.Sie soll bei Bauherren, Architekten, Ingenieurenund Behördenmitgliedern Anreize geben.

    Kleinstwasserkraftwerke

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    Vorwort

    InteressentInnen können sich über das breitgefä-cherte, zielgruppenorientierte Weiterbildungsan-gebot in der Zeitschrift IMPULS informieren. Sieerscheint viermal jährlich und ist (im Abonnement,auch in französisch und italienisch) beim Bundes-amt für Konjunkturfragen, 3003 Bern, gratis erhält-lich. Jedem/r Kurs- oder Veranstaltungsteilnehme-rIn wird jeweils eine Dokumentation abgegeben.Diese besteht zur Hauptsache aus der für den ent-sprechenden Anlass erarbeiteten Fachpublikation.Diese Publikationen können auch unabhängig vonKursbesuchen direkt bei der Eidg. Drucksachen-und Materialzentrale (EDMZ), 3000 Bern, bezogenwerden.

    ZuständigkeitenUm das ambitiöse Bildungsprogramm bewältigenzu können, wurde ein Organisations- und Bearbei-tungskonzept gewählt, das neben der kompeten-ten Bearbeitung durch SpezialistInnen auch dieBeachtung der Schnittstellen sowie die erforderli-che Abstützung bei Verbänden und Schulen derbeteiligten Branchen sicherstellt. Eine aus Vertre-terInnen der interessierten Verbände, Schulen undOrganisationen bestehende Kommission legt dieInhalte des Programmes fest und stellt die Koor-dination mit den übrigen Aktivitäten zur Förderungder erneuerbaren Energien sicher. Branchenorga-nisationen übernehmen die Durchführung derWeiterbildungs- und Informationsangebote. Fürderen Vorbereitung ist das Programmleitungsteam(Dr. Jean-Bernard Gay, Dr. Charles Filleux, JeanGraf, Dr. Arthur Wellinger, Irene Wuillemin, BfK),begleitet durch Eric Mosimann, BfK, verantwort-lich. Die Sachbearbeitung wird im Rahmen vonArbeitsgruppen erbracht, die inhaltlich definierteEinzelaufgaben in vorgegebenem Zeit- undKostenrahmen zu lösen haben.

    DokumentationDie vorliegende Broschüre «Kleinstwasserkraftwer-ke» richtet sich an all jene, die sich generell überKleinstwasserkraftwerke informieren möchten odereine Anlage zu realisieren gedenken, im besonde-ren: Inhaber von Wasserrechten, eidgenössischeund kantonale Behörden, Gemeinden, Ingenieureund Architekten, Unternehmer und Industrielle,Natur- und Landschaftsschutzkreise, Finanzie-rungs- und Unterstützungsorganisationen.

  • Sie gibt Auskunft zu den folgenden Themen:• Anwendungsgebiete von KWKW• Bauteile und Maschinen• ökologische Aspekte• Rechtsfragen in Zusammenhang mit der Was-

    serkraftnutzung• Finanzierungs- und Subventionsmöglichkeiten• Stromtarife• Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines KWKW-

    Vorhabens• Vorgehen bei der Planung und Realisierung von

    KWKW.

    Nach einer Vernehmlassung und dem Anwen-dungstest in einer Pilotveranstaltung ist die vor-liegende Dokumentation sorgfältig überarbeitetworden. Bei der Anwendung der Publikation sichzeigende Unzulänglichkeiten können bei einerallfälligen Überarbeitung behoben werden. Anre-gungen nehmen das Bundesamt für Konjunktur-fragen.

    Für die wertvolle Mitarbeit zum Gelingen der vor-liegenden Publikation sei an dieser Stelle allenBeteiligten bestens gedankt.

    Dr. Heinz KneubühlerStv. Direktor des Bundesamtes für Konjunkturfragen

    Kleinstwasserkraftwerke

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  • Kleinstwasserkraftwerke

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    1. Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz 71.1 Was ist ein Kleinstwasserkraftwerk ? 91.2 Der Stellenwert der Kleinstwasserkraftwerke in der Schweiz 101.3 Rahmen 11

    2. Technologie der Kleinstwasserkraftwerke 132.1 Kraftwerke und ihre Komponenten 152.2 Technische Grundlagen der Wasserkraftnutzung 172.3 Die Anlageteile eines Kleinstwasserkraftwerkes: Zweck und Aufbau 182.4 Technologie der Kleinstwasserkraftwerke – High-tech oder Bastelobjekt? 25

    3. Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt 273.1 Restwassermenge 293.2 Belange der Fischerei 323.3 Integration der Anlagen in die Landschaft 34

    4. Beispiele bestehender Anlagen 354.1 Niederdruckanlage der Getreidemühle Vicques (JU) 374.2 Druckleitungskraftwerk an der Ilfis in Bärau, Langnau (BE) 384.3 Kleinstwasserkraftwerk in der Wasserversorgung der Gemeinde Brienzwiler (BE) 394.4 Turbine im Abwassernetz von Leysin (VD) 404.5 Druckentspannungsturbinen in Industrieprozessen 41

    5. Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerken 435.1 Ausgangslage 455.2 Neubau und Umbau von Kleinstwasserkraftwerken 455.3 Stromgestehungskosten 465.4 Stromverkaufspreise und Rücklieferungstarife 475.5 Abschätzen der Wirtschaftlichkeit 48

    6. Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerken 516.1 Förderungsmassnahmen von Bund und Kantonen 536.2 Finanzierung 55

    7. Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken 597.1 Projektablauf 617.2 Konzessionsverfahren und administrative Belange 637.3 Technische Anforderungen und zuständige Stellen 647.4 Kantonale und regionale Unterschiede in den Vorschriften und Gesetzen 68

    8. Nützliche Adressen 698.1 Behörden 718.2 Organisationen und Vereinigungen 728.3 Daten und technische Vorschriften 728.4 Finanzierung und Förderung 73

    Inhaltsverzeichnis

  • Kleinstwasserkraftwerke

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    9. Glossar 75

    Anhang A 79Übersicht über die wichtigsten Gesetze und Verordnungen auf Bundesebene

    Anhang B 81Bewertung einer WasserkraftB 1. Abschätzen der erzielbaren Leistung 81B 2. Wasserdargebot 82B 3. Ausbauwassermenge 83B 4. Auslegung der Anlage und Abschätzung der jährlichen Energieproduktion 84

    Anhang C 87Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von KWKWC 1. Grundlagen 87C 2. Investitions- und Kapitalkosten 88C 3. Betriebskosten 89C 4. Ertrag 90C 5. Beispiel 91

    Anhang D 92Projektierungsablauf eines KWKW

    Publikationen und Videos des Programmes PACER – Erneuerbare Energien 93

  • Kleinstwasserkraftwerke

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    1.1 Was ist ein Kleinstwasserkraftwerk ? 9

    1.2 Der Stellenwert der Kleinstwasserkraftwerke in der Schweiz 10

    1.3 Rechtlicher Rahmen 11

    1. Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz

  • 1.1 Was ist ein Kleinstwasser-kraftwerk ?

    Als Kleinstwasserkraftwerk (im folgenden abge-kürzt KWKW) versteht man in der Schweiz eineWasserkraftanlage mit einer Leistung ab Genera-tor von weniger als 300 kW.

    Als hydraulische Energiequellen kommen in Frage:– Flüsse und Bäche– Quellen– Wasserversorgungsnetze– Abwasser-, Brauchwasser- und Entwässerungs-

    systeme– Druckentspannung in Industrie und Verfahrens-

    technik

    Für die Erzeugung von Energie in einem Wasser-kraftwerk (Kleinst- oder Grosskraftwerk) ist die ver-fügbare Wassermenge und die nutzbare Fall-höhe oder Druckdifferenz massgebend.

    Bei KWKW liegen die Wassermengen im Bereichvon wenigen Litern bis einigen Kubikmetern proSekunde. Fallhöhen ab 2 m und einer beträchtli-chen Wassermenge gelten als nutzungswürdig;wenn Fallhöhen bis 500 m oder mehr zur Verfü-gung stehen, kann bereits eine sehr kleine Wasser-menge (5 l/s) zu einer gewinnbringenden Energie-produktion in einem KWKW ausreichen.

    Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz

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    1. Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz

    Abbildung 1.1: Prinzip der Wasserkraftnutzung

    VerfügbareWassermenge (l/s)

    Nu

    tzb

    are

    Fallh

    öh

    e

  • 1.2 Der Stellenwert derKleinstwasserkraftwerkein der Schweiz

    Die Wasserkraftwerke der Schweiz erzeugen über-wiegend elektrische Energie; der Anteil der Was-serkraft an der gesamten inländischen Strompro-duktion liegt bei 57 % (1990). Dabei kommen denrund 700 KWKW auf nationaler Ebene nur gerin-ge Bedeutung zu, beträgt doch ihr Anteil an derhydraulisch erzeugten elektrischen Energie nurca. 0.6 %.

    Der Stellenwert der KWKW tritt vor allem aufregionaler Ebene in Erscheinung:

    – KWKW sind für viele Gemeinden, Fabriken, Ein-zelanwesen und Mühlen kostengünstige Ener-gielieferanten;

    – Oft bieten sie die Möglichkeit zur Mehrzweck-nutzung: im Zuge einer Erneuerung der Trink-wasserversorgung, von Hochwasserschutz-vorhaben oder von Massnahmen für dieFischwanderung, kann durch die Kombinationmit einem KWKW Energie erzeugt werden;

    – Mit dem Bau, der Renovation und dem Unter-halt von KWKW wird direkt das einheimischeKleingewerbe unterstützt und gefördert;

    – KWKW erhöhen die Versorgungssicherheit vonbestimmten Betrieben (z. B. Handelsmühlen),da sie bei Ausfall des öffentlichen Stromnetzeswie eine Notstromgruppe betrieben werdenkönnen;

    – KWKW stellen eine interessante Alternative zulangen Freileitungen dar, um entlegene Siedlun-gen, Bauernhöfe, Hotels oder Alphütten mitElektrizität zu beliefern;

    – KWKW können das noch verfügbare Wasser-kraftpotential auf umweltfreundliche Art nutzen;

    – KWKW eignen sich dank ihrer Kleinheit undÜbersichtlichkeit besonders gut zur Aufklä-rung und Bewusstseinsbildung auf dem Ener-giesektor.

    Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz

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  • 1.3 Rechtlicher Rahmen

    Der Bau eines Wasserkraftwerkes, der damit ver-bundene technische Eingriff in ein Gewässer unddie Erteilung einer Wasserrechtskonzession sindGegenstand verschiedener gesetzlicher Bestim-mungen auf eidgenössischer und kantonalerEbene.

    Der Bund übt die Oberaufsicht (Rahmengesetzge-bung und Schutzfunktionen) über die Nutzbarma-chung der Wasserkräfte der öffentlichen und pri-vaten Gewässer aus. Die Wasserhoheit liegtmehrheitlich bei den Kantonen, vereinzelt auchbei Gemeinden (z. B. Graubünden) oder Bezirken(z. B. Schwyz). Eine Wasserrechtskonzession,d.h. die Verleihung eines befristeten Wasserrech-tes für eine bestimmte Strecke durch das verfü-gungsberechtigte Gemeinwesen (Kanton, Bezirkoder Gemeinde) an einen Dritten, wird im Bundes-gesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräf-te (WRG, vom Dezember 1916) geregelt.

    Gleichzeitig sind aber weitere einschlägige Bun-desgesetze und Bestimmungen über fischerei-rechtliche Fragen, Biotopschutz, Restwassermen-gen, Natur- und Heimatschutz, Schutz derGewässer gegen Verunreinigung sowie Umwelt-schutz zu berücksichtigen.

    Eine Übersicht über die wichtigsten Gesetze undVerordnungen auf Bundesebene ist im Anhang Azu finden.

    Neben dem verliehenen Wassernutzungsrecht, dasdurch den nutzbaren Höhenunterschied und dieWassermenge bestimmt ist, werden in der Konzes-sion auch die übrigen Rechte und Pflichten desKonzessionärs festgelegt. So ist er zum Beispielberechtigt, die zur Nutzung notwendigen Bautenund Anlagen auf öffentlichem Gewässergebiet zuerrichten. Die dem Konzessionär auferlegten Ver-pflichtungen sind vielfältig und beinhalten unteranderem die Anpassung von Strassen, Uferwe-gen und Bächen an das Kraftwerk, Einrichtungenzum Schutz der Fischerei (z.B. Fischtreppen), denUnterhalt der Uferpartien, die Beseitigung derGeschiebeablagerungen und die Entsorgung desangesammelten Treibgutes.

    Kleinstwasserkraftwerke: Definition und Stellenwert in der Schweiz

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  • Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    2.1 Kraftwerke und ihre Komponenten 15

    2.2 Technische Grundlagen der Wasserkraftnutzung 17

    2.3 Die Anlageteile eines Kleinstwasserkraftwerkes: Zweck und Aufbau 182.3.1 Hydraulische Bauwerke 192.3.2 Druckleitung 212.3.3 Turbinen 212.3.4 Generatoren und Steuerungen 232.3.5 Zentralen – Anordnung und Einrichtung 25

    2.4 Technologie der Kleinstwasserkraft – High-tech oder Bastelobjekt ? 25

    2. Technologie der Kleinstwasser-kraftwerke

  • 2.1 Kraftwerke und ihre Komponenten

    Die Einteilung der Kleinstwasserkraftwerkegeschieht zweckmässigerweise nach der Art, in derdas Wasser der Turbine zugeführt wird, demStandort der Turbine und der Grösse der genutz-ten Fallhöhe. Man unterscheidet folgende Typen:

    a) Niederdruckanlage im Fluss oder im Seiten-kanal

    Das wichtigste Bauwerk ist die Wehranlage (z.B.Sperre), heute meist eine robuste Betonkon-struktion, die grössere Wassermengen ableitenund deren Stabilität auch bei Hochwassergewährleistet sein muss. Die Turbine liegt ent-weder direkt am, eventuell sogar im Wehrkör-per (Flusskraftwerk) oder am Ende eines Trieb-wasserkanals (Kanalkraftwerk). Die Druckleitungist entweder sehr kurz oder bei kleinen Fallhö-hen nicht vorhanden. Fallhöhen können von2 m bis ca. 20 m reichen.

    b) Mittel- bis Hochdruckanlagean Fliessgewäs-sern, an Quellen im Gebirge, in Ver- und Entsor-gungsnetzen und in der industriellen Druckent-spannungstechnologie

    Zu den unter a) aufgeführten Bauteilen kommthier in jedem Fall eine Druckleitung hinzu. Sieliegt zwischen der Wasserfassung oder demEnde des Triebwasserkanals und der Zentrale.Die Druckleitung ist neben der Turbinengruppeder wichtigste Bauteil.

    Abbildung 2.1 zeigt die wichtigsten Anlageteileund deren Anordung am Beispiel eines Hoch-druckkraftwerkes an einem Seitenkanal.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    2. Technologie der Kleinstwasser-kraftwerke

  • KWKW unterscheiden sich in der Anordnung derAnlageteile kaum von grösseren Kraftwerken. DerUnterschied liegt vor allem in der einfacherenKonzeption des Werkes und seines Betriebs.

    In der Tat müssen KWKW nicht nur kostengünstiggebaut, sondern auch automatisch (ohne perma-nentes Personal) und mit einem minimalen Auf-wand für Überwachung und Unterhalt betriebenwerden können.

    Die Wasserspeicherung kommt wegen der hohenKosten und der Raumbelastung für Kleinstwasser-kraftwerke kaum in Betracht. Bestehende Speicheroder Stauräume (Weiher, Reservoir der Wasserver-sorgung) werden höchstens als Stunden- oderTagesspeicher zur Überbrückung von Verbrauchs-spitzen herangezogen.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.1: Allgemeine Anordnung eines Hochdruckkraftwerkes im Seitenkanal

    Rechenanlageund Wasserschloss

    Zentrale mit Turbine,Generator undSchaltschrank

    Wasserfassung

    Restwasserstrecke

    Wehranlagemit Fischtreppe

    Entlastungskanal Elektrisches

    Verteilnetz

    Druckleitung

    Ende desWasserrechts

    Beginn desWasserrechts

    Sandfang mit Überlaufund Spülschütz

  • 2.2 Technische Grundlagender Wasserkraftnutzung

    Die potentielle Energie des Wassers wird norma-lerweise in Wasserfällen und Stromschnellenungenutzt «vernichtet». Diese Energie kann mit Hil-fe von Turbinen und Generatoren in Elektrizitätumgewandelt werden.

    Bei der Nutzung der Wasserkraft müssen vor allemdrei wichtige Parameter berücksichtigt werden:das Gefälle (oder die Fallhöhe), die Wassermengeund die Leistung.

    Als Bruttofallhöhe wird der Höhenunterschiedzwischen der Wasserfassung und dem Zentralen-auslauf, bzw. der Rückgabe des Wassers in denFluss definiert. Sie wird normalerweise in Meterngemessen und mit dem Buchstaben H bezeichnet.Manchmal wird die Bruttofallhöhe auch als Druckangegeben: ein Bar entspricht etwa 10 m Wasser-höhe.

    Die theoretische hydraulische Leistung einerAnlage, angegeben in kW, wird für die Festlegungder Wasserzinsen verwendet; sie errechnet sichaus dem Produkt turbinierte Wassermenge malBruttofallhöhe.

    Ein Teil der Energie geht bereits in der Anlage ver-loren: Fliessverluste infolge Reibung des Was-sers an Kanal- und Rohrwänden und Störungendurch Rechen, Schieber und Rohrkrümmer. Allediese Fliessverluste des Wassers werden zu einerVerlusthöhe zusammengefasst (siehe Abbildung2.2). Sie beträgt bei KWKW in der Regel 10 bis 15 %der Bruttofallhöhe.

    Durch Subtraktion der Verlusthöhe von der Brutto-fallhöhe kann die Nettofallhöhe oder das Netto-gefälle errechnet werden. Es bezeichnet die an derTurbine anstehende Druckhöhe in Meter Wassersäu-le; die Nettofallhöhe kann auch als Druckunterschiedin bar (Differenz der Manometerablesungen p1 – p2vor und nach der Turbine) dargestellt werden.

    Mit der Nettofallhöhe und dem Durchfluss lässtsich die hydraulische Leistung am Turbinenein-tritt berechnen. Mit dem Verhältnis zwischen derin die Maschine hineingesteckten und der abgege-benen Leistung, dem sog. Wirkungsgrad, kanndie den elektrischen Verbrauchern zur Verfügungstehende Leistung berechnet werden. Der Wir-kungsgrad berücksichtigt die bei der Umwand-lung von hydraulischer Energie (fliessendesWasser) in mechanische (Rotation des Turbinen-laufrades) und in elektrische Energie (Strom) auf-tretenden Verluste in der Turbine und dem Gene-rator. Die Maschinensätze (Turbine und Generator)von KWKW haben in der Regel einen Gesamtwir-kungsgrad von ca. 70 %.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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  • Aufgrund der geschätzten mittleren Abflussmen-ge (Qm in Liter pro Sekunde), der Nettofallhöhe (Hnin Meter oder 10 x Druckdifferenz in bar) und einesWirkungsgrades von 70% lässt sich die zu erwar-tende mittlere elektrische Leistung (Pel in KilowattkW) nach folgender Formel abschätzen:

    Pel = 7 x Qm x Hm /1000 =

    2.3 Die Anlageteile einesKleinstwasserkraftwerkes:Zweck und Aufbau

    Die Anlageteile von KWKW dürfen im allgemeinennicht mit denjenigen von Grosskraftwerken vergli-chen werden. Bei letzteren wird vor allem Wert aufeine optimale Auslegung der Maschinenteile (opti-male Wirkungsgrade) gelegt; der dazu notwendi-ge grosse Aufwand für Planung und Dimensionie-rung ist angesichts der hohen Investitionskosteneines Grosskraftwerkes durchaus gerechtfertigt.

    Die finanziellen Mittel für KWKW sind viel begrenz-ter. Ausgedehnte Studien zur Optimierung derAnlageteile sind dabei kaum möglich. Ähnlich guteWirtschaftlichkeiten wie bei Grosskraftwerken las-sen sich bei KWKW durch den Einsatz von einfa-chen, aber wenig störanfälligen und unterhalts-freundlichen Komponenten erreichen. Man wirddeshalb für Maschinen und Anlageteile vorzugs-weise auf bereits bewährte Technologien zurück-greifen.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.2 : Brutto- und Nettofallhöhe am Beispiel eines Druckleitungskraftwerkes

    Qm x Hm

    140

    Verlusthöhe

    Net

    tofa

    llhö

    he

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    fallh

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    e H

    b

  • Die beiden wichtigsten Anforderungen, die es beiKWKW anzustreben gilt, sind die folgenden:

    – niedrige Investitions- und Betriebskosten– minimaler Eingriff in die Natur

    2.3.1 Hydraulische Bauwerke

    Wasserfassung

    Wasserfassungen haben die Aufgabe, die füreinen bestimmten Betriebszustand des Kraft-werkes erforderliche Wassermenge zu jeder Zeit(bei Nieder- und Hochwasser im Fliessgewässer)zu entnehmen. Für Kleinstwasserkraftwerkekommen in der Regel nur zwei Entnahmetypenin Frage :

    – die Seitenentnahme mit oder ohne Aufstaudes Gewässers (Wehr) und

    – das sogenannte Tirolerwehr (Sohlentnahme).

    Die Seitenentnahme findet sich vorwiegend anFlüssen des höheren Mittellandes und des Voral-pengebiets, die Kanalkraftwerke von Gewerbebe-trieben wie Mühlen, Sägereien, Textil- oder ande-ren Unternehmen speisen. Durch hydraulischgünstige Anordnung der Fassung (Aussenseiteeiner Flusskrümmung) kann vermieden werden,dass grosse Mengen an Geschiebe (vom Fluss inSohlennähe mitgeführtes Gestein) in die Fassunggelangen und sich im Kanal ablagern.

    In der Regel wird eine Seitenentnahme in Kombi-nation mit einem festen oder beweglichen Wehr imFluss gebaut. Dieses gewährleistet durch einenAufstau des Wasserspiegels jene Oberwassertie-fe, die unabhängig von der Wasserführung desFlusses die Entnahme der Betriebswassermengedes Kraftwerkes ermöglicht. Der Geschiebetriebüber das Wehr im Hauptgerinne darf möglichstnicht beeinträchtigt werden.

    Feste Wehre (Schwellen) sind betriebssicher undkostengünstig, erzeugen aber bei Hochwassereinen unnötig grossen Aufstau des Oberwassers.Je nach örtlichen Gegebenheiten muss das Wehrdeshalb mit Regulierorganen ausgerüstet sein, umbei Hochwasser ein Überfliessen des Gewässersoberhalb des Wehres zu verhindern.

    Wurden bewegliche Wehranlagen bisher vor allemmit konventionellen Stahlkonstruktionen (Schüt-zen und Klappen, siehe Abbildung 2.3) versehen,so kommen heute mehr und mehr sogenannteSchlauchwehre bei KWKW zur Anwendung. Diesehaben den Vorteil, dass sich der mit Wasser auf-füllbare Schlauch (Gummimembran) ohne auf-

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.3: Beispiel einer Seitenentnahme mit Auf-stau mittels beweglicher Wehrklappe: Kleinstwasser-kraftwerk am Rothbach bei Huttwil (BE)

    Abbildung 2.4: Beispiel eines Schlauchwehres an derIlfis in Bärau bei Langnau (BE)

  • wendige Mechanik auf die Wehrsohle absenkenlässt und damit den Durchlass für das Hochwasservollkommen freigeben kann (siehe Abbildung 2.4).

    Das Tirolerwehr hat sich vor allem für Fassungenan Bächen und kleineren Flüssen mit grösseremGefälle (Mittel- und Hochdruckanlagen) und mäs-sigem bis starkem Geschiebetrieb bewährt. DasWasser wird über einen in der Sohle eingelasse-nen, geneigten Rechen aus Stäben oder über einLochblech entnommen, während das Geschiebedarüber hinweggleitet.

    Sandfang

    Da mit dem gefassten Wasser auch Schwebstoffe(Schlamm) und feines Geschiebe (Sand,Steine) indie Fassung gelangen, muss in den meisten Fäl-len ein Sandfang mit Spülmöglichkeit nachge-schaltet werden. Ohne Sandfang würden sich dieSchwebstoffe und das Geschiebe im Kanal abla-gern und müssten unter grossem Aufwand perio-disch ausgeräumt werden. Zudem würde schweb-stoffreiches Wasser schon nach kurzer Betriebszeitschwere Abrasion in der Turbine und den Armatu-ren bewirken und ein vorzeitiges Auswechseln die-ser Teile bedingen.

    Durch Aufweiten des Kanals wird die Fliessge-schwindigkeit derart verlangsamt, dass die schwe-reren Schwebstoffe auf den Boden des Sandfan-ges sinken und durch eine Spülvorrichtungperiodisch entfernt werden können.

    Rechen und Rechenreinigung

    Die Rechenanlage soll das Geschwemmsel (vorallem Blätter und Zweige) von Turbinen undAbsperrorganen fernhalten. Die konventionellenStabrechen werden meistens mit automatischenRechenreinigungsmaschinen ausgerüstet, die dasSchwemmgut zur Entsorgung in eine Mulde brin-gen. (siehe Abbildung 4.3). Die anschliessendeTrennung in kompostierbare und brennbare Abfäl-le und in Sondermüll (angeschwemmtes Treibgutwie Plastik, Haushaltartikel oder Tierkadaver) kannfür KWKW recht aufwendig werden. Im Grunde istdie Reinigung der Fliessgewässer vom Treibgutdurch Wasserkraftanlagen ebenso vorteilhaft fürdie Öffentlichkeit wie für das Kraftwerk selber; eineentsprechende Entschädigung (z. B. Reduktion derWasserzinsen) hat sich jedoch bisher noch nichtdurchgesetzt.

    Eine einfachere Lösung das Schwemmgut von derTurbine fernzuhalten findet sich bisweilen an klei-nen Druckleitungskraftwerken: Ein nachgeschalte-

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.5: Beispiel eines Tirolerwehrs mit Loch-blech eines Kleinstwasserkraftwerkes an der Bauminebei Baulmes (VD)

    Abbildung 2.6 : Sandfang mit Entlastungsbauwerk(Streichwehr) und Spülschütz eines Kleinstwasserkraft-werkes in Aigle (VD)

  • tes Tirolerwehr mit flachem Lochblech (anstelle derRechenstäbe) lässt nur das Wasser passieren, nichtaber das Geschwemmsel. Bei zu grosser Ansamm-lung von Blättern und anderem Schwemmgut aufdem Blech (Verstopfung) wird die Zuleitung zurTurbine kurz unterbrochen und die gesamte Was-sermenge zur Reinigung über das Lochblech gelei-tet; das Geschwemmsel wird dadurch ins Unter-wasser (Entlastungskanal) geschwemmt. Diesesselbstreinigende System ist aber nur dort anwend-bar, wo der zusätzliche Gefällsverlust von 20 bis 50cm nicht ins Gewicht fällt, d.h. bei Mittel- bis Hoch-druckkraftwerken.

    2.3.2 Druckleitung

    Druckleitungen von KWKW werden in der Regelmit den in der Wasserver- und -entsorgung übli-chen standardisierten Rohren ausgeführt.

    Die Materialwahl hängt im wesentlichen vomGefälle und vom erforderlichen Durchmesser derRohrleitung ab. Für Fallhöhen bis ca. 140 m kom-men GFK (glasfaserverstärkte Polyesterharze) undEternitrohre (Faserzement) und für kleine Durch-messer Plastikrohre (PVC und PE) in Frage. DieseRohrmaterialien haben den Vorteil, keinen Korro-sionsschutz zu benötigen. Für grössere Gefällewerden in der Praxis nur die in der Wasserversor-gung bewährten Gussrohre mit Steckmuffen (bisDurchmesser 600 mm) und Stahlrohre verwendet. Aus Rücksicht auf das Landschaftsbild werden dieDruckrohrleitungen auch für KWKW, wenn immermöglich, eingegraben.

    2.3.3 Turbinen

    Ausgehend von Wasserrädern, wurden im 19.Jahrhundert die Grundkonzepte der heute nochangewendeten Turbinenarten entwickelt. Die Wahlder geeigneten Turbine für ein KWKW wird imwesentlichen durch die Fallhöhe und die Wasser-menge bestimmt.

    Die Freistrahl- oder Peltonturbine besteht auseinem Laufrad mit einer Anzahl Becherschaufeln,die von einem aus einer Düse austretenden Was-serstrahl angeströmt werden. Der Wasserstrahlwird in den Becherschaufeln umgelenkt und über-trägt dabei seine Geschwindigkeitsenergie auf dasLaufrad. Die Durchflussmenge, und damit dieabgegebene Leistung, wird durch die verstellbareDüsenöffung geregelt.

    Peltonturbinen werden in KWKW ab einer Fallhö-he von ca. 30 m eingesetzt. Für grössere Wasser-mengen kommen mehrdüsige Peltonturbinen zurAnwendung.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.7: Entfernung des Geschwemmsels mittelsselbstreinigendem Tirolerwehr mit Lochblech im KWKWder Mühle von Bavois (VD)

    Abbildung 2.8 : Druckleitung aus Guss bei der Verlegungim Rohrgraben (KWKW der Gemeinde Brienzwiler, BE)

  • In alten Wasserkraftwerken mit geringer Fallhöheist sehr oft eine Francisturbine in einem Schachteingebaut. Im Gegensatz zur Peltonturbine ist beider Francisturbine das Laufrad vollständig imWasser eingetaucht. Es besteht aus einer Reihevon gekrümmten Schaufeln, die Kanäle bildenund das Wasser beschleunigen und umlenken.Sie gehört deshalb zur Gruppe der Reaktionstur-binen. Die Regelung der Durchflussmenge wirddurch drehbare Leitschaufeln (Leitapparat), diekonzentrisch um das Laufrad angeordnet sind,vorgenommen.

    Wegen ihrer komplizierten Konstruktion und demsich daraus ergebenden hohen Preis wird die Fran-cisturbine in KWKW heute nur noch seltengewählt. Sie hat ihre wirtschaftliche Berechtigungvor allem dann, wenn alte, ausgediente Maschinenzu ersetzen sind. Francisturbinen werden je nachLeistung für Fallhöhen von 3 m (Schachtturbine)bis über 100 m (Spiralturbinen) eingesetzt.

    Eine weitere Form der Reaktionsturbinen sind dieKaplanturbinen und deren Weiterentwicklung,die Rohrturbinen. Diese Turbinen werden haupt-sächlich im Niederdruckbereich (von 2 bis 20 mFallhöhe) bei grösseren Wassermengen (> 1 m3/s)eingesetzt, wo sie oft alte Francisturbinen ersetzenkönnen. Das Laufrad ähnelt einem Schiffspro-peller und besitzt keine Laufradkammern wie dieFrancis-Maschine. Neben dem Leitapparat könnenauch die Laufradschaufeln beweglich ausgeführtwerden (Doppelregulierung), was den Wirkungs-grad im Teillastbereich erhöht.

    Rohrturbinen sind Kaplanturbinen mit horizonta-ler oder schräger Wellenlage, deren Zu- undAbströmung nahezu axial erfolgt. Rohrturbinenbrauchen deshalb weniger Platz als die konventio-nellen Kaplanturbinen mit Spiralgehäuse.

    In der Schweiz noch wenig angewendet, jedochfür KWKW sehr geeignete Turbinen sind dieUmkehrpumpe und die Durchström- oderBanki-Turbine. Letztere zeichnet sich vor allemdurch ihre robuste und einfache Bauweise aus,ihr Wirkungsgrad ist jedoch etwas tiefer als beiden anderen Turbinentypen. Die Durchströmtur-bine besteht aus einem walzenförmigen Lauf-rad, das von einem rechteckigen Freistrahl durch-strömt wird (daher der Name). Ihre Anwendungfindet die Durchströmturbine in Nieder- und Mit-teldruckanlagen. Ihr besonderer Vorteil imZusammenhang mit KWKW liegt darin, dass sieauch von Nichtspezialisten auf dem Gebiet derWasserturbinen gebaut und gewartet werdenkann.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.9a): Schnittbild einer Peltonturbine

    Abbildung 2.10 : Francisturbine (276 kW) in einemKWKW im Binntal (VS)

    Abbildung 2.9 b): Peltonturbine (8 kW), die eine Pumpein der Wasserversorgung der Gemeinde Brienzwilerantreibt

  • Die Umkehrpumpe ist eine Standard-Pumpe, diein umgekehrter Drehrichtung als Turbine läuft; sieist vom Funktionsprinzip her eine Reaktionsturbi-ne. Umkehrpumpen sind kostengünstig und mitsehr kurzen Lieferfristen einsetzbar. Da sie keineRegelungseinrichtung (Leitapparat) aufweisen,sollten Umkehrpumpen vor allem dort eingesetztwerden, wo die Durchflussmenge über längereZeit nahezu konstant bleibt.

    2.3.4 Generatoren und Steuerungen

    Die Wahl des Generators und der Steuerung hängtin erster Linie von der Betriebsart des KWKW ab.Im Parallelbetrieb speist die Anlage ausschliesslichStrom in das öffentliche Netz ein, während imInselbetrieb nur der Bedarf einer abgelegenen Alp-wirtschaft oder Siedlung gedeckt wird. Eine Kom-bination der beiden Betriebsarten ist möglich,jedoch aufwendig und teuer.

    Parallelbetrieb

    KWKW (bis 300 kW), die ausschliesslich im Paral-lelbetrieb arbeiten, werden vorzugsweise miteinem Asynchrongenerator ausgerüstet, des-sen Spannung und Frequenz vom öffentlichenNetz diktiert, d.h. konstant gehalten wird.

    Inselbetrieb

    Der Inselbetrieb ist dadurch gekennzeichnet, dassdie Spannung und die Frequenz des erzeugtenStromes von dem KWKW selbst geregelt werdenmuss. Im Inselbetrieb muss die vom Generatorerzeugte Leistung im Gleichgewicht mit der vonden Verbrauchern benötigten Leistung stehen. Istdies nicht der Fall, ändern sich Spannung und Fre-quenz, was zu Schäden bei Verbrauchern (Ver-brennen der Wicklungen von Motoren) und Anla-geteilen führen kann.

    KWKW im Inselbetrieb werden in der Regel mitSynchrongeneratoren ausgerüstet, da dieseauch die Erzeugung von Blindleistung (für Neon-lampen, Motoren, etc.) ermöglichen, d.h. es kön-nen alle Typen von Verbrauchern angeschlossenwerden. Synchrongeneratoren für KWKW sindbereits serienmässig mit einem automatischenSpannungsregler ausgerüstet.

    Die Regelung der Frequenz des erzeugten Stromesist von der Drehzahl der Turbine abhängig und wirdheute vor allem durch elektromechanische oderelektronische Regler erreicht.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.11a): Schnittbild einer Durchströmturbine

    Abbildung 2.12 : Rückwärtslaufende Spiralgehäusepum-pe zur Energierückgewinnung in der Industrie

    Abbildung 2.11b): Durchströmturbine (15 kW) für einKWKW vor der Montage

  • Automatik, Sicherheit und Schutz der Anlage

    Auch in KWKW bedient man sich heute wie bei denGrossanlagen moderner Elektronik, um die Schalt-vorgänge (z. B. Synchronisation mit dem Netzbeim Anfahren) und die Regelung und Anpassungder Turbinengruppe an die jeweiligen Betriebsver-hälnisse zu automatisieren. Ein KWKW arbeitetdeshalb im Normalbetrieb ohne Bedienung.

    Bei den Mess- und Sicherheitseinrichtungen kannaber bei Kleinstanlagen nicht der gleiche Aufwandbetrieben werden wie bei Grosskraftwerken.Sicher werden auch Kleinstanlagen mit den not-wendigen Geräten zum Schutz von Personen,Maschinen, internen Verbrauchern und öffentli-chem Netz ausgerüstet sein, jedoch wird man auswirtschaftlichen Gründen auf eine umfassendeSignalisierung aller möglichen Störungsarten ver-zichten. Ein längerandauernder Ausfall einesKWKW hat wegen der kleinen eingespeisten Lei-stung in der Regel keine Auswirkungen auf dieStabilität des öffentlichen Stromnetzes und kanndeshalb bewusst in Kauf genommen werden.

    Dank der bei Kleinstanlagen geringen Leistungenund Kräfte kann der Schnell- oder Notschluss derTurbinen im Falle von Störungen mit einfachenMitteln wie Schliessgewichten oder Federdruckerfolgen, d. h. ohne elektrische Stellantriebe, diebei Störungen im öffentlichen Netz auf Hilfsener-gie aus Akkumulatoren angewiesen sind.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

    24

    Abbildung 2.13: Notschluss einer Peltonturbine mit Fall-gewicht

  • 2.3.5 Zentralen – Anordnung und Einrich-tung

    Der Einsatz von Kompaktturbinen, von elektroni-schen Reglern und Steuerungen hat den Platzbe-darf eines KWKW, im Gegensatz zu früher,wesentlich verringert. Die Zentrale eines KWKWmit Turbine, Generator und Schaltschrank bean-sprucht weniger als 50 m2. Die Abmessungeneiner Turbine nehmen mit zunehmender Fallhö-he (bei gleicher Leistung) ab. Zentralen für Druck-leitungskraftwerke nehmen deshalb weniger Platzin Anspruch. Maschinen und Schaltschrank vonKWKW in Wasserversorgungsanlagen können oftin den bestehenden Gebäuden (Reservoir, Schie-berkammer) untergebracht werden.

    2.4 Technologie der Kleinst-wasserkraftwerke – High-tech oder Bastelobjekt ?

    Leider ist die Ansicht noch immer weit verbreitet,in KWKW werde eine Technologie von gesternangewendet und jeder, der im entferntestenetwas mit Maschinen und Wasserbau zu tun habe,könne diese Technologie auch handhaben.

    Es mag erstaunen, dass die Projektierung vonKWKW im allgemeinen aufwendiger ist als beigrossen Anlagen, d.h., pro Kilowatt installierterLeistung muss mehr Projektierungsarbeit gelei-stet werden. Der Grund liegt darin, dass KWKWdefinitionsgemäss nur kleine Produktionsleistun-gen aufweisen, im wesentlichen aber aus den glei-chen Komponenten bestehen wie die grossen Wer-ke und ebenso sorgfältig zu entwerfen und zudimensionieren sind. Beispiele von Bauherren undPlanern , die dieser Tatsache zu wenig Beachtunggeschenkt haben, gibt es etliche.

    Besonders häufig sind die Fälle, in welchen dasWasserdargebot zu wenig genau ermittelt wurde(keine systematischen Messungen über ein biszwei Jahre) und die Maschinen deshalb schlechtauf die eigentlichen Betriebsbedingungen abge-stimmt sind, was einen wirtschaftlichen Betrieb inFrage stellt. Auch bei den wasserbaulichen Anla-geteilen ist äusserste Vorsicht geboten: unterdi-mensionierte Druckleitungen (ausgelegt auf reineWasserversorgungsfunktion), schlecht angepas-ste Wasserfassungen, fehlende Sandfänge undRechenanlagen können dem Betreiber einesKWKW viel Ärger bereiten.

    Die Projektierung von Kleinstwasserkraftanlagensetzt eine grosse Erfahrung des Projektanten vor-aus. Neben der rein technischen Erfahrung spie-

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.14: Nachträglich eingebautes KWKW derWasserversorgung der Gemeinde Ormont-Dessous, Coldes Mosses (VD)

  • len für die Wahl des Ingenieurs auch dessenKenntnisse in den Fragen des Umweltschutzes,der Wirtschaftlichkeit und des Verfahrenswegeseine wichtige Rolle (siehe auch die nachfolgendenKapitel).

    Die eingangs gestellte Frage, ob KWKW eher High-tech oder Basteltechnologie sind, lässt sich sonicht eindeutig beantworten. Je nach den örtlichenund betrieblichen Gegebenheiten kann ein Kleinst-wasserkraftwerk einmal eine hochtechnische Anla-ge (z.B. in einer Wasserversorgung einer Stadt)oder in einem anderen Fall ein sehr einfaches, mitviel Eigenleistung des Besitzers erstelltes Werksein, das ohne Automation und Elektronik aus-kommt (z.B. Alpwirtschaft oder Ferienhaus mitAkkumulatoren; siehe auch Abbildung 7.1). Auchin letzterem Fall sollte jedoch ein Fachmann bei-gezogen werden, um unliebsame Überraschun-gen zu vermeiden.

    Technologie der Kleinstwasserkraftwerke

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    Abbildung 2.15: Schaltschrank und Asynchrongenera-tor in einem KWKW in Boudry (NE)

  • Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    27

    3. Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    3.1 Restwassermenge 29

    3.2 Belange der Fischerei 32

    3.3 Integration der Anlagen in die Landschaft 34

  • Jede materielle Tätigkeit des Menschen beein-flusst und verändert die Umwelt. Auch der Bau vonKWKW bedeutet einen gewissen Eingriff in unse-ren Lebensraum. Bei KWKW ist dieser Eingriffjedoch meist überschaubarer als bei Grossanlagenund kann besser beherrscht werden. Dem öffent-lichen Interesse, mittels Wasserkraft erneuerbareEnergie zu erzeugen, werden andere Interessen imZusammenhang mit Fliessgewässern entgegenge-stellt, so zum Beispiel von Seiten der Fischerei, derlandwirtschaftlichen Bewässerung, des Natur-,Heimat- und Gewässerschutzes und von Erho-lungsuchenden (Baden, Wandern); die verschiede-nen Nutzungs- und Schutzformen schliessen ein-ander aber nicht unbedingt gegenseitig aus. DieEnergienutzung eines Gewässers durch KWKWkann durchaus mit anderen Interessen kombiniertwerden.

    Eine generelle Aussage über die Auswirkung vonKWKW auf die Umwelt kann nicht gemacht wer-den. Ein Abwägen der Interessen ist von Anlagezu Anlage durchzuführen; keinem Interesse darf àpriori der Vorrang eingeräumt werden. Allseitsannehmbare Kompromisse sind in vielen Fällenmöglich.

    Gemäss Eidgenössischem Umweltschutzgesetzwird für KWKW keine Umweltverträglichkeitsprü-fung (UVP) verlangt. Diese muss erst für Wasser-kraftanlagen mit einer Leistung von mehr als3000 kW ausgearbeitet werden. Das heisst abernicht, dass die Auswirkungen einer Kleinstanlageauf die Umwelt nicht ebenso studiert und mitgeeigneten Massnahmen gemildert werden müs-sen. Für KWKW ist einzig der Verfahrensweg ein-facher, die Auswirkungen auf Natur und Umweltwerden im Rahmen des Technischen Berichtesdiskutiert.

    3.1 Restwassermenge

    Im Rahmen des umfassenden Gewässerschutzeskommt der Frage der Restwassermenge zentraleBedeutung zu. Als Restwassermenge wird diejeni-ge Wassermenge verstanden, die unterhalb einerStauhaltung oder Ausleitung noch im natürlichenFlusslauf verbleibt. Die Flussstrecke zwischen Aus-leitung und Wiedereinleitung des Kraftwerkswas-sers wird Restwasserstrecke genannt. Entsprichtdie Restwassermenge nicht dem gesetzlich gefor-

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

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    3. Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

  • derten Minimum, so muss vom bereits gefasstenWasser die sogenannte Dotierwassermenge in denFlusslauf zurückgegeben werden.

    Angemessene Restwassermengen werden im Hin-blick auf die übrigen Nutzungsformen (neben derWasserkraftnutzung) und die Schutzinteresseneines Gewässers gefordert. Die vier wichtigstenwerden kurz skizziert :

    – Fliessgewässer sind Lebensräume fürTiere und Pflanzen, die sich dauernd oderzeitweise im Wasser aufhalten; eine ungenü-gende Wasserführung kann das Überlebendieser Lebewesen gefährden.

    – Grundwasservorkommen werden oft vonFliessgewässern gespeist. Sie beeinflussensomit den Wasserhaushalt des Bodens; starkverminderte Flusswasserversickerung kann zurBeeinträchtigung einer Trinkwasserversorgung,des Wasserhaushaltes der Uferpartien undlandwirtschaftlicher Kulturen führen.

    – Fliessgewässer sind Erholungsräume undLandschaftselemente; ein Flusslauf mit unge-nügender Wasserführung verliert einen wesent-lichen Teil dieser Funktion.

    – Fliessgewässer reinigen Wasser. Verunreini-gungen werden durch Bakterien und Kleinlebe-wesen im Wasser abgebaut. Dieser Mechanis-mus der Selbstreinigung ist äusserst wichtig fürdie Wasserqualität, die wiederum die meistenanderen Nutzungsformen erst ermöglicht. Unzu-reichende Wasserführung ergibt eine vermin-derte Verdünnung der Verunreinigungen; über-mässige Algenbildung und verminderteSelbstreinigung sind die Folgen.

    Gemäss Gewässerschutzgesetz vom Februar 1991(angenommen durch eidg. Volksabstimmung vomMai 1992) legt der Bund die Restwassermengenfest, die für neue oder zu erneuernde Wasserkraft-werke grundsätzlich nicht unterschritten werdendürfen. Darüber hinaus obliegt es den Kantonen,mit erhöhten Mindestmengen die verschiedenenSchutzinteressen im Einzelfall stärker zu berück-sichtigen.

    Neben der Forderung nach einer genügenden Min-destrestwassermenge sind im Zusammenhang mitder Nutzung eines Fliessgewässers mittels KWKWweitere Anliegen, vor allem aus fischereilicherSicht, zu berücksichtigen:

    – bei Neu- oder Umbau sollten Kanalkraftwerkeaufgegeben und durch Flusskraftwerke ohneRestwasserstrecken ersetzt werden (Turbinedirekt in die Wehranlage integriert);

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    30

    Abbildung 3.1: Definition der Rest- und Dotierwasser-menge1) Wasserdargebot2) Überschusswasser3) Dotierwasser4) Restwasser5) Leckwasser6) Spülwasser7) Zufluss zur Turbine

    Abbildung 3.2a): Naturnahe Verbauung eines Flussab-schnittes (Aufbau von unten nach oben):– Fussicherung mit wildverlegtem Blocksatz (Naturstein)– Faschinenwalze (Bündel aus ausschlagfähigen Weidenruten)– Weidenspreitlage– Anpflanzung von einheimischen GehölzenZustand im 1. Jahr nach der Ausführung

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  • – Restwasserstrecken sind so zu gestalten, dass zujeder Zeit eine genügende Wassertiefevon 15bis 20 cm (Niederwasserrinne) und eine Struk-turvielfalt (Palette von ruhigen bis stark flies-senden Strömungsbereichen, Uferbepflanzungmit Gehölzen unterschiedlichster Arten undGrösse mit teilweiser Beschattung des Gewäs-sers, etc.) erhalten bleibt;

    – Wehre und Dämme von Wasserkraftwerkenmüssen die Fischwanderung auch stromauf-wärts gewährleisten (Bau einer Fischtreppe odereines Fischpasses).

    Aus ökologischer Sicht wird man geneigt sein,Verbauungen an Fliessgewässern möglichst zuunterlassen und die natürliche Vegetation zuerhalten oder durch Neubepflanzung zu ergänzen.Demgegenüber werden aus Gründen des Hoch-wasserschutzes Flussprofile und Ufergestaltun-gen verlangt, die das Hochwasser ohne Über-schwemmung und Erosion sicher abführenkönnen. Um beiden Forderungen gerecht zu wer-den, können naturnahe Bauweisen angewendetwerden. Als naturnah werden Ufer- und Sohlen-gestaltungen bezeichnet, die aus einer Kombina-tion von lebendem Pflanzenmaterial und techni-schen Baustoffen (Natursteinblöcke, Holz)bestehen. Während bei technischen Materialiendie Kraft des Wassers mit starren Baukörpern(Hartverbau) gebrochen wird, sollen beim Lebend-verbau die Kräfte durch den Widerstand der Pflan-zen umgelenkt werden: oberirdisch mit einemnachgiebig federnden Rutenmantel und unterir-disch durch einen eng vermaschten Wurzelvor-hang. Hartverbau wird überall dort eingesetzt, wowegen der Erosionskraft des Wassers (am Prall-ufer, im Tosbereich eines Überfalles und bei gros-sen Strömungsgeschwindigkeiten) eine Uferstabi-lisierung durch heranwachsende Pflanzen nichtgewährleistet wäre.

    Bei der Strukturierung des Gewässers in und umein KWKW ist vor allem auf heterogen gestalteteFluss- oder Bachprofile zu achten. Jegliche Mono-tonie durch gerade Uferlinien und gleichförmigeBöschungsneigungen sind zu vermeiden. DieSchaffung der grösstmöglichen Vielfalt naturnaherStrukturen ermöglicht die Entwicklung der ver-schiedenartigen Organismen, die durch ihre viel-gliederige Nahrungsketten unter anderem dieGrundlage der Selbstreinigungskraft des Wassersdarstellen.

    Im Rahmen einer naturnahen Gestaltung von Rest-wasserstrecken wird es oft nötig sein, ein Nieder-wassergerinne vorzugeben, um den Abfluss zukonzentrieren und eine Mindestwassertiefe von20 cm zu ermöglichen. Dabei können sogenannteBelebungssteine, Buhnen und andere Einbautenwie Hilfswehre oder Rampen die Wassertiefe dif-

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    31

    Abbildung 3.2b): Gleicher Verbauungstyp wie Abb. 3.2a) jedoch 4 Jahre nach der Erstellung

    Abbildung 3.3: Mit naturnahen Mittelnkorrigiertes Gewässer im Berner Mittel-land; während der Bauausführung (oben)und ein Jahr danach (unten)

  • ferenzieren. Diese Einbauten stellen Strukturele-mente dar, da sie unterschiedliche Strömungsge-schwindigkeiten hervorrufen und selbst von Orga-nismen besiedelt werden.

    Die nachfolgende Abbildung vermittelt einen Ein-druck von naturnahen Verbauungsarten, diebereits im 19. Jahrhundert bekannt waren, abererst seit den 80er Jahren im Hochwasserschutzund bei Gewässerkorrektionen wieder Verwen-dung finden.

    3.2 Belange der Fischerei

    Fast jede Fischart unternimmt mehr oder wenigerausgedehnte Laich-, Nahrungs- und Bestandes-ausgleichs-Wanderungen, die durch Wehranlagenvon Wasserkraftwerken behindert werden. Mitdem Bau von Fischpässen, die als Umleitungsbä-che, Treppen oder Becken, Schleusen und Rampenausgebildet werden können, lassen sich jedoch dieWanderwege bei richtiger Konstruktion teilweiseaufrechterhalten oder wiederherstellen.

    In der Schweiz werden Umleitungsbäche, Rampenund vor allem der Beckenpass ausgeführt. DieRampe eignet sich für kleinere Abstürze und wirdmeist in Form einer geneigten Blocksteinrampe ineinen Randbereich des Wehres integriert. Diedurch versetzte Einzelsteine gebildeten Stufenergeben sowohl Bereiche grosser Wassertiefe alsauch Ritzen und Spalten, die, wie die vielfältigenStrömungsbereiche eines natürlichen Gewässers,für Fische und andere Kleinlebewesen einen Auf-stieg abschnittsweise ermöglichen.

    Bei den Beckenpässen wird ein vom Unter- zumOberwasser führender schmaler Kanal (aus Platz-gründen meist aus Beton) durch Zwischenwändein kleine Becken aufgeteilt. Die Fische könnendadurch die unüberwindliche Gesamthöhe desWehres abschnittsweise in kleinen Stufen überwin-den und in den dazwischengeschalteten Beckenwieder Kräfte sammeln.

    Umleitungsbäche als Fischaufstiege werden imSinne einer Nachbildung von natürlichen Bächenmit kleinen Sohlstufen und Kolken gebildet.Obwohl hier die landschaftsgestalterischen Anlie-gen am besten integriert werden können, kommtdiese Art von Fischaufstieg in der Schweiz seltenzur Anwendung, weil der Bau von Umleitungsbä-chen mit einem hohen Platz- und Wasserbedarfverbunden ist.

    Viele bestehende Fischaufstiege sind wegen Kon-struktionsmängeln und unzureichender Wartungnicht funktionsfähig. Das Hauptproblem liegt meistbeim Einstieg in den Fischpass; oft ist er so im

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    32

    Abbildung 3.4: Blockrampe im Rötenbach bei Eggiwil

    Abbildung 3.5: Beckenpass bei einem Kleinwasserkraft-werk in Bärau, Langnau (BE)

    Abbildung 3.6: Einstieg in den Umleitungsbach unter-halb des Wehres bei einem Kleinstwasserkraftwerk inKleindietwil (BE)

  • Fliessgewässer angeordnet, dass er von aufstiegs-willigen Fischen nicht gefunden wird.

    Der Fisch orientiert sich im fliessenden Wasser ander an seinem Körper angreifenden Strömung.Turbulente Bereiche ohne gerichtete Strömungwerden gemieden, da sich hier die Fische nichtorientieren können. Stromaufwärts wanderndeFische werden deshalb immer dort wandern, wodie stärkste Strömung herrscht, d.h. dort wo dasWasser herkommt. Damit die Fische den Einstiegin den Fischpass finden, müssen sie durch eineentsprechend starke Lockströmung geleitet wer-den. Diese Lockströmung muss für jeden Abflussvorhanden sein. Häufig werden Beckenpässeangetroffen, deren Einstieg bei Niederwasser nichtmehr erreicht werden kann. Die folgende Abbil-dung zeigt die prinzipielle, in der Praxis verschie-dentlich bewährte Anordnung eines Fischpasses:

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    33

    Abbildung 3.7 : Prinzipielle Anordnung eines Fischpasses

    Turbinenhaus

    Unterwasserkanal

    Oberwasserkanal

    Absturz (für Fischenicht passierbar)

    Fischtreppe

    Ableitung Überschuss-/Restwasser

    Wehranlage

    Wasserfassung

    Der Einstieg des Fischpasses sollte am Ufer in derNähe der grössten Strömung (Turbinenauslass,Tosbereich des Niederwasserüberfalles oder-ablasses, aber noch vor den turbulenten Zonen)angeordnet werden.

  • 3.3 Integration der Anlagen indie Landschaft

    «Über den Geschmack lässt sich streiten» stellt einaltes Sprichwort fest. Tatsächlich wird gerade beiWasserkraftanlagen immer wieder darüber gestrit-ten, was an einer Anlage als schön zu bezeichnensei oder ästhetischer gestaltet werden könnte.

    KWKW geben diesbezüglich weniger Problemeauf als Grossanlagen, da die als störend empfun-denen grossen Krane, Schleusen, Schiffshebewer-ke und hochaufragenden Rechenreiniger bei Weh-ren von Kleinstanlagen meist fehlen. Ausserdemsind die Druckleitungen von Kleinstwasserkraft-werken in der Regel unterirdisch, treten also garnicht in Erscheinung. Längere Kanäle bei Nieder-druckanlagen lassen sich durch standortgerechteBepflanzung gut in die Landschaft integrieren.

    Turbinen und Generatoren können bei Umbautenund Renovationen in den bestehenden Gebäudenuntergebracht werden. Zentralen von Neubautenwerden durch geeignete Materialwahl und Gestal-tung harmonisch in die Umgebung eingefügt (sie-he Abbildung 3.8).

    Die Lärmentwicklung einiger Turbinentypen(Pelton und Durchströmturbinen in Mittel- bisHochdruckkraftwerken) kann beachtliche Aus-masse annehmen. Auch Vibrationen könnenschon bei kleinen Leistungen auftreten. Wenn dieTurbinengruppe in einem bewohnten Gebäudeuntergebracht wird, ist diesem Umstand durchSchallisolation und konsequente Trennung derMaschinenfundamente vom Gebäude Rechnungzu tragen.

    Kleinstwasserkraftwerke und Umwelt

    34

    Abbildung 3.8 : Zentrale des Kleinstwasserkraftwerkes(250 kW) von Le Pont de la Tine (VD): bis auf den Ein-gang vollständig erdüberdeckt

  • Beispiele bestehender Anlagen

    35

    4. Beispiele bestehender Anlagen

    4.1 Niederdruckanlage der Getreidemühle Vicques (JU) 37

    4.2 Druckleitungskraftwerk an der Ilfis in Bärau, Langnau (BE) 38

    4.3 Kleinstwasserkraftwerk in der Wasserversorgung der Gemeinde Brienzwiler (BE) 39

    4.4 Turbine im Abwassernetz von Leysin (VD) 40

    4.5 Druckentspannungsturbinen in Industrieprozessen 41

  • 4.1 Niederdruckanlage derGetreidemühle Vicques(JU)

    Die Mühle wurde bis 1971 mit einer Francis-Tur-bine betrieben und dann stillgelegt. 1986 erfolg-te die Erneuerung des unteren Teiles des Trieb-wasserkanals sowie der Einbau eines neuenMaschinensatzes (Kaplanturbine und Synchron-generator). Der produzierte Strom wird soweitmöglich im Getreideverarbeitungsbetrieb und imWohnhaus verwendet. Dabei gelangt ein elektro-nisches Steuersystem zum Einsatz, das die Eigen-produktion optimal nutzt : als Priorität wird dieEigenproduktion zur Abdeckung von Spitzen-strom im Mühlenbetrieb verwendet; Verbrauchermit Speichermöglichkeiten wie Heizung undWarmwasseraufbereitung werden nur bei Eigen-produktionsüberschuss bedient. Erst ein even-tuell weiterer Überschuss wird ins öffentlicheNetz eingespiesen. Solche Systeme machen sichvor allem dort bezahlt, wo ein grosser Unter-schied zwischen der Vergütung für Stromrücklie-ferung und den Strombezugspreisen besteht.

    Die Anlage wurde von der Eidgenössischen Getrei-deverwaltung finanziell unterstützt, da die Mühleauch in Zeiten gestörter Energieversorgung unab-hängig vom Netz arbeiten kann (Kriegswirtschaft).Mit der dadurch erreichten Reduktion der Strom-gestehungskosten von ca. 13 Rp / kWh auf ca. 10Rp. / kWh wurde eine Modernisierung für denBetreiber interessant.

    Allgemeine Angaben:

    – Nutzung der Wasserkraft von: La Scheulte,Nebenfluss der Birse

    – Baujahr: erneuert 1986

    – Nettofallhöhe: 3.8 m

    – Durchfluss/Ausbauwassermenge: 1300 l/s

    – Turbinentyp: Kaplan mit horizontaler Achse undverstellbarem Laufrad

    – elektrische Leistung ab Generator : 32 kW

    – Betrieb : Parallelbetrieb mit automatischerUmstellung auf Inselbetrieb bei Netzausfall

    Beispiele bestehender Anlagen

    37

    4. Beispiele bestehender Anlagen

    Abbildung 4.1a): Gesamtansicht der Anlage vor derModernisierung

    Abbildung 4.1b): Gesamtansicht der Anlage nach derModernisierung

  • – Energieverwendung: Eigenverwertung im Ver-arbeitungsbetrieb und im Wohnhaus mit Ein-speisung ins Netz bei Überschuss

    – jährliche Produktion: 200’000 kWh

    – Investitionskosten für Modernisierung: Fr. 260’000.– (Preisbasis 1986)

    4.2 Druckleitungskraftwerkan der Ilfis in Bärau,Langnau (BE)

    Der Gewerbekanal in Bärau diente schon im letz-ten Jahrhundert der Wasserkraftnutzung (Textil-fabrik). Nach einigen Jahren Unterbruch wurdeAnfang 1992 der Betrieb mit einem neuenMaschinensatz und umgebauten Wehr- undTriebwasseranlagen wieder aufgenommen.

    Die Anlage ist, neben einigen technischen Beson-derheiten (Schlauchwehr, Wasserschloss, Durch-strömturbine), vor allem im Hinblick auf die Trä-gerschaft von Interesse.

    Die Kleinkraftwerk Bärau AG wurde 1991 als Bau-und Betriebsgesellschaft gegründet. Beteiligt amAktienkapital sind je zur Hälfte die Firma Lauter-burg & Co. AG (Besitzerin der Liegenschaft)sowie die Vereinigung zur Förderung umwelt-freundlicher Energien Energie plus!, Langnau.

    Beispiele bestehender Anlagen

    38

    Abbildung 4.2a: Montage der Kaplan-Turbine mit Saugrohr

    Abbildung 4.2b: Turbine mit Synchron-generator im Betrieb

    Abbildung 4.3: Rechenanlage mit automatischer Reini-gungsmaschine

  • Letztere produziert auf umweltfreundliche Wei-se elektrische Energie, die sie über das öffentli-che Netz an ihre Mitglieder und Darlehensgeberverteilt. Die umweltbewussten Stromabnehmerbezahlen dabei zusätzlich zu den üblichen Strom-tarifen der regionalen Elektrizitätsgesellschaftnoch einen Beitrag an die Vereinigung, die damitdezentrale, umweltfreundliche Energieproduk-tionsanlagen wie das KWKW Bärau baut undbetreibt.

    Unter Berücksichtigung der Unterstützung durchden Kanton (Zinsverbilligung) während derersten 6 Jahre betragen die Stromgestehungsko-sten ca. 11 Rp. / kWh; nach Ablauf der Zinsver-billigung werden es 12.5 Rp. / kWh sein.

    Allgemeine Angaben:

    – Nutzung der Wasserkraft von: Ilfis, Nebenflussder Emme

    – Baujahr: erneuert 1991– Nettofallhöhe: 10.9 m– Durchfluss/Ausbauwassermenge: 1300 l/s– Turbinentyp: Durchströmturbine– elektrische Leistung ab Generator : 116 kW– Betrieb: Parallelbetrieb – Energieverwendung: ausschliesslich Einspei-

    sung ins öffentliche Netz– jährliche Produktion: 730’000 kWh– Investitionskosten für Modernisierung: Fr. 1.1 Mio

    (Preisbasis 1992)

    4.3 Kleinstwasserkraftwerk inder Wasserversorgung derGemeinde Brienzwiler (BE)

    Die Gemeinde Brienzwiler besitzt seit den Anfän-gen der Elektrifizierung ihr eigenes Elektrizitäts-netz. Anfang der 80er Jahre wurde der Wunschlaut, mit dem reichlich vorhandenen Quellwassereine Turbine anzutreiben und wieder eigenenStrom zu produzieren. Als die bestehende Druck-leitung der Wasserversorgung zu ersetzen war,wurde der Bau eines Kraftwerkes Wirklichkeit. DasKraftwerk kann 40 % des gesamten Stromver-brauchs der Gemeinde decken.

    Das Kraftwerk ist für die gemeindeeigene Elektri-zitätsgesellschaft wirtschaftlich interessant. Trotzeines Stromgestehungspreises von etwa 12Rp./kWh (nach Abzug aller Subventionen und des

    Beispiele bestehender Anlagen

    39

    Abbildung 4.5: Durchströmturbine

    Abbildung 4.4: Wasserschloss aus Kunststoff

  • zinslosen IHG-Darlehens) ist die Anlage rentabel,da ein wesentlich höherer Preis (16 Rp/kWh) fürden Stromzukauf von einer grösseren Elektrizitäts-gesellschaft bezahlt werden muss.

    Allgemeine Angaben:

    – Nutzung der Wasserkraft von: Quellen im Far-nigraben auf rund 1010 m ü. M.

    – Baujahr: 1989

    – Nettofallhöhe: 250 m

    – Durchfluss/Ausbauwassermenge: 70 l/s

    – Turbinentyp: Pelton mit horizontaler Welle

    – elektrische Leistung ab Generator : 130 kW

    – Betrieb: Parallelbetrieb

    – Energieverwendung: ausschliesslich Einspei-sung ins gemeindeeigene Netz

    – jährliche Produktion: 750’000 kWh

    – Investitionskosten (nur Anteil Kraftwerk): Fr.1.2 Mio(Preisbasis 1989)

    4.4 Turbine im Abwassernetzvon Leysin (VD)

    Der Touristenort Leysin betreibt eine eigeneAbwasserreinigungsanlage (ARA) am Ausgangdes Dorfes auf ca. 1200 m ü. M. Das gereinigteAbwasser wurde anfangs in einen Wildbach ein-geleitet und floss anschliessend ungenutzt ca. 600m tiefer bis ins Tal der Grande Eau. Dieses grossePotential wurde von Roger Galé erkannt und seit1989 durch ein KWKW genutzt. Unseres Wissensist dies die bisher einzige Anlage, die mit Abwas-ser Strom produziert.

    Allgemeine Angaben:

    – Nutzung der Wasserkraft von: Abwasser derARA

    – Baujahr: 1989

    – Nettofallhöhe: 510 m

    – Durchfluss/Ausbauwassermenge: 52 l/s

    – Turbinentyp: Pelton mit vertikaler Welle

    – elektrische Leistung ab Generator : 210 kW

    – Betrieb: Parallelbetrieb

    – Energieverwendung: ausschliesslich Einspei-sung ins öffentliche Netz

    – jährliche Produktion: 1’500’000 kWh

    – Investitionskosten: Fr. 600’000.– (Preisbasis1989, ohne Eigenleistungen)

    Beispiele bestehender Anlagen

    40

    Abbildung 4.6: Peltonturbine und Asynchrongeneratorim Betriebsraum des Wasserreservoirs

    Abbildung 4.7: Druckleitung aus Stahl im steilen, felsi-gen Gelände oberirdisch verlegt

  • 4.5 Druckentspannungsturbi-nen in Industrieprozessen

    Überall dort, wo eine Flüssigkeit in einem indu-striellen Prozess von einem höheren auf einen nie-drigeren Druck entspannt werden muss, kann daskonventionelle Entspannungs- oder Druckminder-ventil durch eine Turbine ersetzt und Energiezurückgewonnen werden.

    Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig, inder Schweiz wurden jedoch solche Energierückge-winnungssysteme bisher selten angewendet. Hiereinige Beispiele:

    Chemische und petro-chemische Industrie

    – Gaswäsche (Reinigung von Gasen im Nassver-fahren)

    – Herstellung von Ammoniak aus dem Luftstick-stoff, wo Drücke von über 200 bar benötigt wer-den; Ammoniak hat sehr grosse Bedeutung inder Düngemittelherstellung, der Salpetersäure-gewinnung und in der Herstellung von Harnstoff(Harze).

    – Verarbeitung und Umwandlung von Erdöl (Her-stellung von Benzin, Hestellung von Kunststof-fen)

    Beispiele bestehender Anlagen

    41

    Abbildung 4.8a): Zentrale mit Transformator Abbildung 4.8b): Peltonturbine und Generator mit ver-tikaler Welle

  • Umkehrosmose

    Bei der Trennung von gelösten Salzen und Flüs-sigkeiten wird oft das Umkehrosmoseverfahrenangewandt, so auch bei der Meerwasserentsal-zung. Die Flüssigkeit wird dabei unter hohemDruck (60 bar) durch eine Membran gepresst, dienur einen Teil der Flüssigkeit, nicht aber das Salzhindurchlässt. Die konzentrierten Rückstände(Flüssigkeit und Salz) können in einer Turbine wie-der auf Umgebungsdruck entspannt werden. DieEnergieabgabe der Turbine kann dabei direkt zurUnterstützung der Druckerhöhungspumpe amProzessanfang verwendet werden und so denGesamtenergiebedarf der Anlage um ca. 1/3 redu-zieren.

    Öldrucksysteme

    Die Druckdifferenz zwischen dem Hydraulikölkreis-lauf (hoher Druck) und dem Schmierölkreislauf(niedriger Druck) einer Anlage kann zum Antriebeiner Turbine verwendet werden.

    Kühlwassersysteme

    Wenn die Kühlwasserquelle nicht auf dem gleichenHöhenniveau liegt wie das zu kühlende Aggregatoder dessen Umgebung, kann die beim Hochpum-pen des Kühlwassers aufgewendete Energie durcheine Turbine auf dem absteigenden Rohrleitungs-teil teilweise zurückgewonnen werden. Diese Tech-nologie wird unter anderem in Kühlsystemen aufhohen Bohrplattformen im Meer und bei Minen ingrossen Tiefen (1500 – 3000 m) angewandt.

    Beispiele bestehender Anlagen

    42

    Abbildung 4.9 : Prinzipschema der Filtration durchUmkehrosmose, wobei eine Entspannungsturbine dieeingesetzte Energie teilweise zurückgewinnen kann.

    Abbildung 4.10: Umkehrpumpe zur Energierückgewin-nung in einer Hochdrucksynthese-Versuchsanlage

    Membrane

    FiltrierteLösung(z. B. klaresWasser)

    P = PumpeM = ElektromotorT = Turbine

    Entspannte konzentrierteLösung

    Salzlösung(z. B. Meerwasser)

    M

  • Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    43

    5. Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasser-kraftwerken

    5.1 Ausgangslage 45

    5.2 Neubau und Umbau von Kleinstwasserkraftwerken 45

    5.3 Stromgestehungskosten 46

    5.4 Stromverkaufspreise und Rücklieferungstarife 47

    5.5 Abschätzen der Wirtschaftlichkeit 48

  • 5.1 Ausgangslage

    Das Interesse in der Bevölkerung an erneuerbarenEnergiequellen ist deutlich angestiegen, nicht zuletztwegen der intensiven Energiedebatten in denMedien und der spürbar zunehmenden Umweltbe-lastung durch fossile Energieträger. Diese Sensibi-lisierung hat aber bisher kaum einen merklichenAufschwung in der Entwicklung des KWKW-Sektorsin der Schweiz gebracht. Dies lässt sich nur teilwei-se mit dem relativ grossen Kapitalaufwand für denBau von KWKW erklären.

    Die Hauptursache für die geringe Bautätigkeit istvielmehr auf der Seite der Stromabnehmer, d.h.der Elektrizitätsgesellschaften (abgekürzt EW) zusuchen. Die Abnahmepreise, die von den EW beider Einspeisung von dezentral erzeugter Elektri-zität bezahlt werden, reichen heute oft nicht aus,um die finanziellen Lasten (Zinsen und Abschrei-bungen) und die Betriebskosten eines KWKW zudecken. Beispiele aus unseren Nachbarländernoder aus einzelnen kleineren EW-Regionen in derSchweiz zeigen jedoch, dass durch verbesserteAbnahmebedingungen des produzierten Stromeseine Renaissance der KWKW möglich ist.

    5.2 Neubau und Umbau vonKleinstwasserkraftwerken

    Unter Neubau eines KWKW versteht man denkompletten Ersatz einer bestehenden Wasserkraft-anlage oder den Ausbau eines bisher nicht genutz-ten Wasserkraftpotentials. Bei einem Umbau wirdnur ein Teil einer bestehenden Anlage ersetzt, seies der elektrische (Generator, Steuerung) der elek-tro-mechanische (gesamter Maschinensatz), derwasserbauliche Teil oder Kombinationen dersel-ben.

    Der Entscheid, ob ein kompletter Neubau oderein Umbau einer bestehenden Anlage sinnvoll ist,wird im wesentlichen durch Wirtschaftlichkeits-überlegungen bestimmt. Während ein Neubaumeist die grösste Produktion, aber auch die grös-sten Kosten erzeugen wird, kann ein Teilumbauohne grosse Produktionserhöhung wirtschaftlichinteressant sein, da das Verhältnis zwischen Auf-wand und Ertrag in vielen Fällen günstiger ausfal-len wird.

    Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    45

    5. Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasser-kraftwerken

  • In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden,dass auch die Stillegung einer Anlage in jedemFall Kosten verursacht. Wird die Anlage ausserBetrieb genommen, müssen sowohl der Unterhaltder wasserbaulichen Anlagen (Wehre, Kanäle) alsauch die Wasserzinsen weiterhin bestritten wer-den, was sogar bei KWKW einige tausend Frankenpro Jahr kosten kann. Wird die Wasserrechtskon-zession vor ihrem Ablauf vorzeitig zurückgegeben,muss in der Regel der ursprüngliche Zustand desGewässers wieder hergestellt werden, wasebenso hohe Kosten verursachen kann. Bei derAbwägung, ob eine bestehende Anlage umge-baut, ersetzt oder stillgelegt werden soll, sinddiese Kosten unbedingt in den Vergleich mitein-zubeziehen.

    5.3 Stromgestehungskosten

    Der Aufwand für Bau und Betrieb eines KWKW,ausgedrückt in Rappen pro produzierter Kilowatt-stunde (Gestehungskosten), kann als Vergleichs-wert für die Wirtschaftlichkeit einer Anlage heran-gezogen werden.

    Je nach Umfang der Bauarbeiten (Modernisierung– Umbau – Neubau) können heute folgende Richt-werte der Stromgestehungskosten angenommenwerden:

    Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    46

    Art der Anlage / des Bauvorhabens

    Ersatz der elektrischen Anlageteile (Generator und Steuerung) +ev. Revision der Turbine in einem bestehenden KWKW; wasserbauli-che Teile in akzeptablem Zustand

    Ersatz des gesamten Maschinensatzes (Generator und Turbine) ineinem bestehenden KWKW; wasserbauliche Teile in akzeptablemZustand

    Einbau einer Turbine in der Trinkwasserversorung oder inAbwassersystemen (inkl. Generator und Steuerung + ev. Anteil anDruckleitung)

    Modernisierung des Maschinensatzes und Teilerneuerung derwasserbaulichen Teile an einem bestehenden KWKW

    Neubau eines KWKW an einem Fluss oder an einem Kanal

    Tabelle 5.1: Richtwerte der Stromgestehungskosten für Um- und Neubauten von KWKW (Preisbasis 1992)

    1.

    2.a)

    2.b)

    3.

    4.

    Stromgestehungs-kosten

    (grobe Richtwerte)

    4 – 8 Rp./kWh

    8 – 12 Rp./kWh

    8 – 12 Rp./kWh

    12 – 16 Rp./kWhund höher

    > 16 Rp./kWh

  • 5.4 Stromverkaufspreise undRücklieferungstarife

    Mit dem Energienutzungsbeschluss (ENB) hat dieeidgenössische Gesetzgebung eindeutig den Wil-len bekundet, Strom aus erneuerbaren Energie-quellen, auch wenn er aus kleinen, dezentralenAnlagen wie den KWKW stammt, gemäss seinesvolkswirtschaftlichen Wertes zu vergüten.

    Gemäss Artikel 7 des Beschlusses wird davon aus-gegangen, dass die Höhe der Vergütung denStromgestehungskosten in einem neuen inländi-schen Grosskraftwerk entsprechen soll.

    Für KWKW die direkt am Ort der Verbraucher indas Niederspannungsnetz (400 V) einspeisen,müssten demnach Verkaufs- und Rückliefe-rungstarif nahezu identisch sein, wenn man dieÜbertragungs- und Transformationskosten vomGrosskraftwerk bis zum Verbraucher berücksich-tigt.

    Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    47

    Abbildung 5.2: Entwicklung des Strompreises vom Grosskraftwerk bis zum Verbraucher unter Einbezug der ins Nie-derspannungsnetz einspeisende KWKW

    NeuesGrosskraftwerk

    STROMPREIS 1) Der Verbraucher zahlt für den Strombezug heutenoch vielfach weniger, da die Elektrizitätsgesell-schaften einen Mischpreis aus alten, billigeren undneuen Kraftwerken bilden.

    Verbraucher

    18 Rp./kWh1)100 %

    Kleinstwasser-kraftwerk

    14 Rp./kWh78 %

    Transformator

    MITTELSPANNUNG

    TransformatorHO

    CHSP

    AN

    NU

    NG

    Übe

    rtra

    gung

    10 Rp./kWh56 %

    Vert

    eilu

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    NIE

    DER

    SPA

    NN

    UN

    G

  • Der Energienutzungsverordnung des Bundes(ENV, in Kraft seit dem 1. März 1992), die den Be-schluss zur sparsamen und rationellen Energie-verwertung konkretisiert, sind nun Empfehlungendes Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepar-tements (EVED, am 21. Dezember 1992) für dieVergütung von Stromeinspeisungen aus privatenKWKW gefolgt. Für Strom aus erneuerbaren Ener-giequellen wird eine mittlere Vergütung von min-destens 16 Rp./kWh empfohlen.

    Der konkrete Rücknahmepreis wird jedoch nachwie vor zwischen dem KWKW-Betreiber und denEW frei vereinbart. Die “Tarifautonomie” der Elek-trizitätsgesellschaften wird somit nicht beschnit-ten. Die zur Zeit (1992) bezahlten Rücklieferungs-tarife sind regional unterschiedlich, sie schwankenzwischen 7 und 14,8 Rp./kWh. Die nachfolgendeTabelle 5.3 zeigt die Stromverkaufspreise und dieVergütungen für Rücklieferungen für einige aus-gewählte Kantone.

    Die Elektrizitätsunternehmen begründen ihredurchwegs tiefen Rücknahmetarife damit, dassKWKW bezüglich des tageszeitlichen und saiso-nalen Verlaufs und der Abrufbarkeit der Rückliefe-rung wenig flexibel sind, und die EW gezwungenwären, die durchgehende Versorgung (vor allemdie Leistungsbereitstellung) ihrer Region nochzusätzlich abzusichern.

    5.5 Abschätzen der Wirtschaftlichkeit

    Der Vergleich der Strom-Gestehungskosten mitdem aktuellen Verkaufs- oder Rücklieferungstarif(oder einer Mischrechnung aus beiden) einer EW-Region zeigt unmittelbar, ob eine Investition aufeinem KWKW-Vorhaben finanziell erfolgverspre-chend sein kann oder nicht.

    Wenn die gesamte Eigenproduktion des KWKWeinen Teil des Fremdbezuges an Strom des eige-nen Betriebes oder der Liegenschaft ersetzt, kannals Vergleichswert der Stromverkaufstarif desElektrizitätswerkes herangezogen werden. Beiausschliesslicher Einspeisung der Produktion ausdem KWKW ins öffentliche Netz muss mit demRücklieferungstarif des jeweiligen EW gerechnetwerden.

    Ein Vergleich der Stromgestehungskosten (Tabel-le 5.1) mit den Rücklieferungstarifen (Tabelle 5.3)zeigt, dass bei ausschliesslicher Einspeisung insNetz zur Zeit nur Modernisierungen (ohne wesent-liche wasserbauliche Umbauten) und Turbinen inder Wasserversorgung und in Abwassersystemendie Wirtschaftlichkeitsschwelle erreichen.

    Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    48

    Kanton

    Aargau 13.8 7

    Appenzell 14.6 9

    Basel-Land 10.8 14.8

    Bern, Jura 14.5 9.2

    Freiburg 16.5 7.8

    Glarus 12.1 10.2

    Graubünden 15 14.5

    Luzern 17 8.6

    Neuenburg 16.9 8.8

    Ob- & Nidwalden 12.8 6.4

    St. Gallen 14.1 8.5

    Schaffhausen 14.5 8.9

    Schwyz 13.6 6.9

    Solothurn 12.1 Verkaufspreis

    Thurgau 14 7.7oder Verkaufspreis

    Uri – –

    Waadt 15.4 7.8

    Wallis 12.6 7.5

    Zug 13.9 8.1

    Zürich 13.1 9.8

    Tabelle 5.3: Mittlere Stromverkaufs- und Rücklieferungs-tarife für Strom aus Kleinstwasserkraftwerken (1992)

    Stromverkaufspreisim Jahresmittel

    in Rp./kWh

    Vergütung fürRücklieferung im

    Jahresmittelin Rp./ kWh

  • Es gibt aber auch Ausnahmen:

    – Der Kanton Basel-Land zwingt die EW durch dasneue kantonale Energiegesetz zu Vergütungenfür Rücklieferungen der Eigenproduzenten (Lei-stung 10 – ca. 500 kW), die zum Teil über denheutigen Stromverkaufspreisen liegen.

    – Einige kleinere Elektrizitätswerke ohne eigeneProduktionsanlagen sind gezwungen, Strom beigrösseren Versorgungsunternehmen zu relativhohen Preisen einzukaufen. Ähnlich hohe Ver-gütungen (75 % des Stromverkaufspreises undmehr) werden dabei auch den Kleinanlagen(Eigenproduzenten) für Rücklieferungsstromgewährt (z.B. Städtische Werke Winterthur).

    – Für Stromrücklieferungen aus Kleinstanlagen(bis 3 kW, in einigen Fällen bis 10 kW) vergüteneinige Elektrizitätsgesellschaften den vollenStromverkaufspreis, d.h., die Zähler für die Mes-sung des Strombezugs laufen einfach rückwärts.

    Zusammenfassend kann festgestellt werden: DieZukunft der Kleinstwasserkraft in der Schweiz istaufs engste mit der Entwicklung der Strompreise,besonders der Rückkauftarife verbunden. Wenndie Rückkauftarife weiterhin die Deckung zumin-dest der Stromgestehungskosten nicht erlauben,so wird in absehbarer Zeit gesamtschweizerischkaum ein Aufschwung auf dem KWKW-Sektor zuerwarten sein.

    (Anhang B und C geben eine Anleitung, wie miteinfachen Berechnungen eine etwas genauereAbschätzung der Wirtschaftlichkeit eines KWKW-Vorhabens gemacht werden kann.)

    Wirtschaftlichkeit von Kleinstwasserkraftwerke

    49

  • Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    51

    6. Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerken

    6.1 Förderungsmassnahmen von Bund und Kantonen 536.1.1 Auf Bundesebene 536.1.2 Auf kantonaler Ebene 55

    6.2 Finanzierung 556.2.1 Kredite und Darlehen 556.2.2 Beteiligungen 56

  • Die finanzielle Last eines Vorhabens auf demGebiet der Kleinstwasserkraft kann für viele Bau-herren auf untragbare Grössenordnungen an-wachsen, besonders wenn die projektierte Anlagean der Grenze der Wirtschaftlichkeit liegt. In ein-zelnen Fällen können Bund und/oder einzelne Kan-tone eine Unterstützung gewähren. Auch gibt esOrganisationen und Vereine, die ohne kommerziel-le Interessen die Verbreitung der erneuerbarenEnergien aktiv fördern.

    Die Förderungs- und Unterstützungsmöglichkeitenin der Schweiz auf dem Gebiet der Kleinstwasser-kraft dürfen jedoch nicht überschätzt werden.

    6.1 Förderungsmassnahmenvon Bund und Kantonen

    6.1.1 Auf Bundesebene

    In der Energienutzungsverordung (ENV) hat dieEidgenössische Regierung die gesetzgeberischenBemühungen gemäss Energieartikel (Volksab-stimmmung, September 1990) und Energienut-zungsbeschluss (ENB) zur Förderung einerumweltfreundlichen Energiepolitik konkretisiert.Dabei sind für KWKW folgende Förderungs- undUnterstützungsmassnahmen vorgesehen:

    Artikel 22 der Energienutzungsverordnung

    Der Bund kann Pilot- und Demonstrationsanla-gen 1)... unterstützen, sofern:

    a) die Anwendungsmöglichkeiten und die Erfolgs-wahrscheinlichkeiten des Projektes genügendgross sind;

    b) das Projekt der Energiepolitik des Bundes ent-spricht und

    c) die gewonnenen Resultate der Öffentlichkeitzugänglich sind und interessierten Kreisenbekannt gemacht werden.

    1) als Pilot- und Demonstrationsanlagen werdenAnlagen verstanden, die der technischen bezie-hungsweise der Markterprobung dienen.

    Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    53

    6. Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerken

  • Artikel 23 der Energienutzungsverordnung

    Förderung der Nutzung von ... erneuerbarenEnergien

    1. Der Bund kann in technischer oder wirtschaftli-cher Hinsicht bedeutungsvolle Massnahmen zurNutzung von ... erneuerbaren Energien unter-stützen, sofern die Massnahmen:

    a) im Rahmen eines Förderungsprogrammes desBundes durchgeführt werden (z. B. ProgrammePACER und «Energie 2000»)

    b) energiewirtschaftlich mindestens örtlich vonBedeutung sind; oder

    c) für die Einführung einer Technologie wichtigsind.

    2. Die Unterstützung wird nur gewährt, wenn eineMassnahme:

    a) die energiebedingte Luftverunreinigung ... min-dert...;

    b) die Funktion der allenfalls genutzten Gewässernicht wesentlich beeinträchtigt und

    c) ohne Unterstützung nicht wirtschaftlich ist.

    In der Regel wird für beide Fälle eine einmaligeFinanzhilfe von maximal 30 % (nur in Ausnahme-fällen höher) der anrechenbaren Kosten gewährt.Als anrechenbare Kosten gelten die nicht amorti-sierbaren Mehrkosten gegenüber den Kosten fürkonventionelle Techniken. Für KWKW heisst das,dass weniger als ein Drittel des jährlichen Defi-zits (Differenz Aufwand/Ertrag, auf die Amortisa-tionsdauer aufsummiert) als direkte Unterstützungvom Bund erwartet werden kann.

    Durch die Unterstützung des Bundes alleine kannein Projekt die Rentabilitätsschwelle nicht errei-chen und der Bauherr zur Realisierung einesKWKW bewegt werden. Es muss in der Regelnoch nach weiteren Unterstützungsmöglichkei-ten gesucht werden.

    Artikel 7 des Energienutzungsbeschlusses

    Der Bund verpflichtet die Unternehmen der öffent-lichen Stromversorgung, die von KWKW ange-botene Energie abzunehmen, auch wenn sienicht regelmässig produziert wird.

    Diese Massnahme ist sicher positiv für die Ent-wicklung der dezentralen Stromproduktion, dieRegelung der Rücknahmetarife als der entschei-dende Faktor bleibt jedoch noch ungelöst (sieheKapitel 5).

    Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    54

  • 6.1.2 Auf kantonaler Ebene

    Auf Kantonsebene variiert die Unterstützung vonKWKW zum Teil beträchtlich. In rund der Hälfte derKantone bestehen noch keine Möglichkeiten,KWKW zu subventionieren.

    Im Kanton Bern ist seit 1987 das Dekret überStaatsleistungen an die Energieversorgung inKraft. Unter ähnlichen Kriterien wie in der ENV aufBundesebene unterstützt der Kanton Bern sonstnicht wirtschaftliche Vorhaben im Bereich derKleinstwasserkraft bis zu einer Leistung von 300kW. Die Unterstützung geschieht hier in Form vonZuschüssen an die Verzinsung von Krediten Drit-ter. Die Beiträge betragen 20 bis 40 % der anre-chenbaren Kosten.

    Zudem hat der Kanton Bern die Wasserzinsen fürKWKW (bis 300 kW) abgeschafft. Hier sei ange-merkt, dass sich die Wasserzinsen bei KWKW mitetwa 1.5 Rp/kWh in den Stromgestehungskostenniederschlagen; der Erlass der Wasserzinsen istalso ein nicht zu unterschätzender Beitrag an dieVerbesserung der wirtschaftlichen Situation derKWKW.

    6.2 Finanzierung

    Kleinstwasserkraftwerke liegen oft an der Grenzezur Wirtschaftlichkeit. Eine reine Finanzierung vonBau- oder Erneuerungsvorhaben über kommer-zielle Bankinstitute führt deshalb oft nicht zum Ziel.Neben der Unterstützung durch Bund und Kanton(siehe vorangehendes Kapitel) stehen in derSchweiz die folgenden Möglichkeiten offen(Zusammenstellung der Adressen siehe Kapitel 8):

    6.2.1 Kredite und Darlehen

    a) Einige kommerzielle Bankinstitute (z.B. die Zür-cher Kantonalbank) gewähren leicht reduzierteZinssätze für Kredite im Zusammenhang mitökologisch und energetisch sinnvollen Bauvor-haben.

    b) «Alternative» Banken können aus gemeinnützi-gen und ökologischen Überlegungen zinsgünsti-ge Kredite gewähren (Alternative Bank ABS,Olten; Freie Gemeinschaftsbank BCL, Dornach).

    c) Brotgetreidemühlen, die zum Betrieb ihrer Anla-gen Wasserkraft einsetzen, können bei der Eid-genössischen Getreideverwaltung für den Um-oder Neubau der Wasserkraftanlagen Unterstüt-zung beantragen, sofern der Betrieb in kriegs-wirtschaftlicher Hinsicht (Gewährleistung der

    Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    55

  • Versorgung in Krisen) wichtig ist. Dabei mussaber die Mühle im Falle eines Netzausfalles imInselbetrieb, d.h. nur mit Hilfe der Turbine arbei-ten können.

    d) Gemeinden oder private Unternehmen imBerggebiet können für die Restfinanzierungvon KWKW Unterstützung in Form eines zins-losen oder zinsgünstigen IHG-Darlehens (max25 % der Gesamtinvestition) bei den kantona-len Stellen für regionale Wirtschaftsförderungbeantragen. In der Regel werden aber nur jeneVorhaben unterstützt, deren langfristige Wirt-schaftlichkeit gesichert ist.

    e) Alte Kleinstwasserkraftanlagen haben in gewis-sen Fällen einen historischen Wert. Im Hinblickauf eine Erhaltung dieser Zeugen der frühindu-striellen Wasserkraftnutzung kann eine Restau-ration dieser Anlagen (oft im Zusammenhangmit einer Nutzung der Wasserkraft in einer neu-en Turbine) von der kantonalen Denkmalpflegeunterstützt werden.

    6.2.2 Beteiligungen

    a) Verschiedene Vereinigungen und Genossen-schaften haben sich zum Ziel gesetzt, die dezen-trale Energieversorgung aus erneuerbaren,umweltverträglichen Energiequellen durch denAufbau und Betrieb entsprechender Anlagen –darunter auch KWKW – konkret zu fördern.

    Solche Vereinigungen errichten oder moderni-sieren KWKW aus eigenen Mitteln (Darlehenund Beiträge aus ihrer Mitgliedschaft) oderbeteiligen sich am Aufbau und Betrieb – zusam-men mit dem Besitzer von entsprechendenAnlagen – in Form von Bau- und Betriebsgesell-schaften.

    Durch die idealistische Tätigkeit dieser Vereini-gungen können einerseits umweltfreundlicheKraftwerke erstellt werden, die in vielen Fällenbei rein marktwirtschaftlicher Betrachtung heu-te nicht zur Ausführung kämen, andererseitswird die bestehende Energiepolitik durch dieaktive Beteiligung der Bevölkerung als Teilhabervon Kraftwerken im Sinne eines neuen Verständ-nisses zwischen Energieversorgungsunterneh-men und Energiekonsument positiv verändert.Beispiele solcher Vereinigungen sind: Energieplus! (Langnau, BE, siehe auch Kapitel 4.2) undADEV (Liestal, weitere Geschäftsstellen in Bernund Biberstein).

    b) Eine Beteiligung von Elektrizitätsgesellschaftenan KWKW in Form von einfachen Betriebsgesell-schaften kann im Hinblick auf den Betrieb undvor allem den Unterhalt der Anlage vorteilhaft

    Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    56

  • sein, da die Elektrizitätsgesellschaften speziali-siertes Personal haben, über das die KWKW-Betreiber (Private und Gemeinden) meist nichtverfügen. Eine solche Gesellschaft existiert zumBeispiel zwischen der Gemeinde Grandvillardund den Freiburgischen Elektrizitätswerken zumBetrieb des KWKW in der Wasserversorgungder Gemeinde.

    Möglichkeiten der Förderung und Finanzierung von Kleinstwasserkraftwerke

    57

  • Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken

    59

    7. Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken

    7.1 Projektablauf 61

    7.2 Konzessionsverfahren und administrative Belange 63

    7.3 Technische Anforderungen und zuständige Stellen 647.3.1 Stromerzeugung allgemein 647.3.2 Turbinen im Trinkwasserversorgungsnetz 657.3.3 Turbinen im Abwassernetz 67

    7.4 Kantonale und regionale Unterschiede in den Vorschriften und Gesetzen 68

  • 7.1 Projektablauf

    Auch Kleinstwasserkraftwerke lassen sich nur inAusnahmefällen ohne den Beizug von spezialisier-ten Ingenieuren planen und erstellen. Einzig beiKleinstanlagen von weniger als 10 kW, die wieNotstromgruppen in einer Wasserversorgung zumEinsatz kommen (Batterieladen) oder die Alphüt-ten versorgen, ist ein Bau in eigener Regie (mitUnterstützung durch den Lieferanten des Maschi-nensatzes) zu empfehlen. In allen übrigen Fällenwird ein erfahrener, mit dem Verfahrensweg ver-trauter Fachmann mit der Projektierung einerKleinstwasserkraftanlage beauftragt werden müs-sen.

    Grundsätzlich ist bei der Projektierung von KWKWmehrstufig vorzugehen (siehe Schema 7.2). Fürden Bauherrn ist vor allem die 1. Phase von derProjektidee bis zur Mandatierung eines Ingenieursund dem eigentlichen Projektierungsbeginn wich-tig, da er dabei in der Regel noch selbständig (ohneBeizug eines Spezialisten) vorgehen muss.

    Durch ein klares Vorgehen kann hier ein grosserAufwand an Zeit und Kosten vermieden werden.

    Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken

    61

    7. Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken

    Abbildung 7.1 : Im Eigenbau erstellte Kleinstanlage(250 W) zum Laden von Batterien in der Nähe von Lau-sanne

  • Der nachfolgende Projektierungsablauf einesKWKW kann schematisch wie folgt dargestelltwerden:

    Im allgemeinen muss für die Realisierung einesKWKW (Planung und Bau) mit einem gesamtenZeitaufwand von 1 bis 3 Jahren gerechnet werden.Eine detailliertere Aufstellung des Projektierungs-ablaufes ist in Anhang D zu finden.

    Vorgehen bei der Planung und Realisierung von Kleinstwasserkraftwerken

    62

    Schema 7.2: Erste Phase eines Projektes: von der Ideezum Beginn der Projektierungsarbeit

    Tabelle 7.3: Projektierungsablauf eines KWKW-Projektes

    PROJEKTSTUFE ZIEL

    1. GrundlagenbeschaffungTopographie, Abflussmessun-gen, Energieverbrauch undmögliche Energieverwertung

    Bereitstellen derDimensionierungs-grundlagen

    2. VorstudieAusarbeiten und evaluierenvon verschiedenen Varianten;Auswirkungen auf Umwelt,erforderliche Massnahmen

    Wahl der besten Variante;Vorentscheid überdie Weiterführungdes Projektes

    3. Vorprojekt bzw. Konzessionsprojekt

    Einreichung des Kon-zessionsgesuches

    4. BauprojektAllgemeines Bauprojekt mitKostenschätzung

    5. AusführungsprojektDetailliertes Projekt mit Offert-anfragen und Bauplänen

    6. InbetriebnahmeTestläufe und Abnahmeproto-kolle;Ausführungspläne undBetriebshandbücher

    Einreichung des Bau-bewilligungsgesuches;öffentliche Auflage

    Ausschreibung derArbeiten,Arbeitsvergabe undAusführung

    Übergabe einer funk-tionierenden Anlagegemäss Pflichtenheftan den Betreiber