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Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Mag. a (FH) für sozialwissenschaftliche Berufe Eingereicht von: Birgit Egger Personenkennzeichen: 0610164037 Fachhochschule Kärnten Studiengang Soziale Arbeit Feldkirchen, April 2010

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Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische

Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades

Mag.a (FH) für sozialwissenschaftliche Berufe

Eingereicht von:

Birgit Egger

Personenkennzeichen: 0610164037

Fachhochschule Kärnten

Studiengang Soziale Arbeit

Feldkirchen, April 2010

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Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre hiermit eidesstattlich, dass die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und

ohne fremde Hilfe von meiner Person verfasst wurde. Andere als die angegebenen

Quellen und Hilfsmittel wurden nicht verwendet, die wörtlich oder inhaltlich

entnommenen Stellen der verwendeten Quellen wurden als solche kenntlich gemacht.

Zudem ist diese Diplomarbeit bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen

Prüfungskommission vorgelegt und auch nicht veröffentlicht worden. Außerdem erkläre

ich, dass die Arbeit mit der vom Begutachter beurteilten Arbeit übereinstimmt und dass

Belegexemplar der von mir erstellten Diplomarbeit in den Bestand der Fachhochschul-

bibliothek aufgenommen und benutzbar gemacht wird (= Veröffentlichung gem. § 8

UrhG).

Feldkirchen, April 2010 _______________________

Birgit Egger

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Meiner Mutter Martina Egger-Grass

in Liebe und Dankbarkeit gewidmet.

Dankbarkeit vor allem für die Sicherheit

und den Halt den du mir in meinem

Leben gegeben hast.

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Vorwort

Vor ungefähr drei Jahren habe ich zu klettern begonnen, nicht ahnend, was es für mein

Leben bedeuten würde. Aus der Interessensgemeinschaft rund um das Klettern haben

sich viele neue Freundschaften entwickelt, neue Grenzen und Ziele wurden für mich

aufgezeigt und erreicht und ein vollkommen neuer Bezug zur Natur und meinem

Heimat-Bundesland ist entstanden. Grundsätzlich waren diese und andere positive

Erlebnisse durch den Sport die Motivationsgrundlage, zu erarbeiten, ob dies auch auf

professioneller Ebene gültig gemacht werden kann.

Gemeinsam mit dem Alpenverein Feldkirchen bekam ich dann im Spätherbst 2009

auch die Chance, ein Projekt zu leiten, bei dem wir Kindern und Jugendlichen aus

einer Wohngemeinschaft in Waiern spielerisch das Klettern (Bouldern) näher brachten.

Die Idee dieser Diplomarbeit hatte ich zwar schon vorher, jedoch kam der fehlende Mut

zu diesem neuartigen und „eigenen“ Thema durch das Projekt und die damit

verbundenen neuen Erfahrungen.

In diesem Sinne möchte ich dem Alpenverein Feldkirchen für die Chance danken, mein

Diplomarbeitsthema und mein eigenes Handeln während des Projekts auszutesten und

für die begleitende Unterstützung.

Herzlicher Dank gilt auch meinem Betreuer Dr. Hubert Höllmüller für die gute Unter-

stützung und Geduld, die er mir bei meinen Fragen entgegengebracht hat. Bei meinem

Freund und Kletterpartner Georg Pichler möchte ich mich bedanken, da er mir in

Bezug auf die sportlichen Aspekte der Diplomarbeit fachlich half und sich mit den

sozialwissenschaftlichen Aspekten kritisch auseinandersetzte. Außerdem möchte ich

ihm auf diesen Wege für die schönen und spannenden gemeinsamen Kletterstunden

danken und hoffe, dass es noch viele mehr werden.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch allen Freunden danken, die mit Fotographien,

Büchern usw. bei der Erstellung dieser Arbeit halfen.

Für die inhaltliche Korrektur meiner Arbeit möchte ich meiner älteren Schwester Anna

und ihrem Partner Michael Pilz und meiner Freundin Marietta Weißofner danken.

Besonderer Dank gilt meinen beiden Eltern, Martina Egger-Grass († 2008) und Kurt

Egger, die mich schulisch und privat immer hervorragend unterstützt haben, und mir

durch ihre offene, verständnis- und liebevolle Erziehung den Weg in einen sozialen

Beruf geebnet haben.

Kurzzusammenfassung

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Die vorliegende Diplomarbeit behandelt den Klettersport als ganzheitliche, sportive

Methode, die sowohl die biologische, psychische und auch soziale Ebene des Men-

schen positiv beeinflussen kann und längst Einzug in die Kinder- und Jugendarbeit

diverser Vereine gefunden hat.

Durch methodische/theoretische Fundierung am Konzept der Lebensweltorientierung

und der Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit liegt der Fokus dieser

Arbeit auf der Einbettung des Klettersports als Intervention in die professionelle Kinder-

und Jugendarbeit der Sozialen Arbeit.

Dies resultiert aus der Bezugnahme auf die Fragestellung „Ergeben sich persönlich-

keitsbildende Vorteile durch das Klettern auf der biologischen, psychischen und

sozialen Ebene?“ mit den ganzheitlichen Aspekten des Kletterns. Resultierend daraus

werden die damit verbundenen pädagogischen und intervenierenden Dimensionen und

Wirkungen dieses Sports am Theoriemodell des Biopsychosozialen Modells be-

schrieben, um danach mit dem Konzept der Lebensweltorientierung und der Erlebnis-

pädagogik als Methode der Sozialen Arbeit mit der Leitfrage „Wirkt Klettern erlebnis-

pädagogisch und ist Klettern lebensweltorientiert?“ in Verbindung gebracht zu werden.

Schlüsselbegriffe:

Klettern, Erlebnispädagogik, Lebensweltorientierung, Intervention, Biopsychosoziales

Modell

Abstract

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This diploma thesis deals with rock climbing as a holistic and sportive method, which

can advance the biologically, psychologically and social level of a human and has

already become a part of child-welfare and juvenile labour in various clubs.

The aim of this thesis is to embed the climbing-sport as an intervention in the pro-

fessional child-welfare and youth work of social work through a meth-

odological/theoretical background on two methods of social work: life-world orientation

and adventure education.

This results primarily from the question “Is climbing offering personality forming

aspects advantages on the biological, psychological and social level of a human?”

which describes the holistic of rock climbing. Additionally this work focuses on the

connected aspects and effects of pedagogic and intervention on the biopsychosocial

model. On top of that the consequential results become merged with the concept of

life-world orientation and adventure education based on the central question “Can

climbing cause experiential learning and is climbing “lifeworld-oriented”?”.

Keywords:

rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, biopsychosocial

model

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Inhaltsverzeichnis

VORWORT .............................................................................................. 5

INHALTSVERZEICHNIS .......................................................................... 8

1 EINLEITUNG ....................................................................................... 12

2 KLETTERN: EINE EINFÜHRUNG ........................................................ 14

2.1 GESCHICHTE ...................................................................................... 14

2.2 DISZIPLINEN INNERHALB DES KLETTERSPORTS .............................................. 16

2.2.1 SPORTKLETTERN .............................................................................................. 17

2.2.2 BOULDERN ..................................................................................................... 17

2.2.3 DAS ALPINE SPORTKLETTERN ............................................................................. 17

2.3 SICHERUNGSTECHNIK / BEGEHUNGSARTEN ................................................... 18

2.3.1 TOPROPE ........................................................................................................ 19

2.3.2 VORSTIEG ...................................................................................................... 20

2.4 WO KANN MAN KLETTERN? ..................................................................... 20

2.4.1 KÜNSTLICHE KLETTERANLAGEN ............................................................................ 21

2.4.2 NATURFELS ..................................................................................................... 21

2.5 KLETTERN UND RECHT .......................................................................... 22

2.6 ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................. 24

3 VORTEILE DES KLETTERNS FÜR KINDER UND JUGENDLICHE IN

HINBLICK AUF DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL ......................... 26

3.1 DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL ............................................................. 26

3.1.1 DIE ENTWICKLUNG DES BIOPSYCHOSOZIALEN MODELLS ............................................. 27

3.2 DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL IN DER SOZIALEN ARBEIT ............................ 29

3.3 DAS KLETTERN BEZOGEN AUF DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL ....................... 31

3.3.1 BIOLOGISCHE FAKTOREN / PHYSISCHE FAKTOREN .................................................... 32

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3.3.2 PSYCHISCHE / EMOTIONALE FAKTOREN .................................................................. 33

3.3.3 SOZIALE FAKTOREN .......................................................................................... 38

3.4 ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................. 40

4 LEBENSWELTORIENTIERUNG ........................................................... 42

4.1 GESCHICHTE ...................................................................................... 42

4.2 BEGRIFFE UND MERKMALE ...................................................................... 44

4.2.1 DIE LEBENSWELT .............................................................................................. 44

4.2.2 HANDLUNGSMAXIME DER LEBENSWELTORIENTIERTEN SOZIALEN AR BEIT/SOZIALPÄDAGOGIK . . 45

5 ERLEBNISPÄDAGOGIK ....................................................................... 49

5.1 GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DER ERLEBNISPÄDAGOGIK ............................... 49

5.2 THEORETISCHE EINBETTUNG ................................................................... 51

5.2.1 HUMANISTISCHE PSYCHOLOGIE ............................................................................. 52

5.2.2 ERLEBNISPÄDAGOGIK THEORETISCH FUNDIERT .......................................................... 55

5.3 BEGRIFFE UND MERKMALE ...................................................................... 57

5.3.1 DAS ERLEBNIS ................................................................................................. 57

5.3.2 DER BEGRIFF „ERLEBNISPÄDAGOGIK“ .................................................................... 59

5.3.3 MERKMALE ...................................................................................................... 59

5.4 ERLEBNISPÄDAGOGISCHE LERN-/TRANSFERMODELLE ........................................ 61

5.4.1 LERN-/TRANSFERMODELLE NACH STEPHEN BACON .................................................. 62

5.4.2 LERN-/TRANSFERMODELLE NACH SIMON PRIEST ..................................................... 63

5.5 ANGESTREBTE ZIELE DER ERLEBNISPÄDAGOGIK ............................................ 66

5.6 KRITIK AN DER ERLEBNISPÄDAGOGIK ......................................................... 69

6 KLETTERN ALS INTERVENTION IN DER KINDER UND JUGEND -

ARBEIT – EINE BEGRIFFSBESCHREIBUNG ....................................... 71

6.1 INTERVENTION ..................................................................................... 71

6.2 KLETTERN ALS INTERVENTION ................................................................ 73

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6.3 KINDER UND JUGENDARBEIT – EINE EINFÜHRUNG ......................................... 76

7 KLETTERN ALS SOZIAL-/ERLEBNISPÄDAGOGISCHE INTERVENTION

IN DER KINDER- UND JUGENDARBEIT ............................................. 78

7.1 KLETTERN ALS LEBENSWELTORIENTIERTE SOZIALPÄDAGOGISCHE INTERVENTION ........ 78

7.1.1 LEBENSWELTORIENTIERTE SOZIALPÄDAGOGIK/SOZIALE ARBEIT IN DER KINDER- UND

JUGENDARBEIT ................................................................................................. 79

7.1.2 KLETTERN UND DIE HANDLUNGSMAXIMEN DER LEBENSWELTORIENTIERUNG ..................... 80

7.2 KLETTERN ALS ERLEBNISPÄDAGOGISCHE INTERVENTION IN DER KINDER- UND

JUGENDARBEIT .................................................................................. 88

7.2.1 ERLEBNISPÄDAGOGIK IN DER KINDER UND JUGENDARBEIT ........................................... 88

7.2.2 KLETTERN UND DIE HANDLUNGSMAXIMEN DER ERLEBNISPÄDAGOGIK .............................. 89

7.3 KLETTERN ALS SOZIALPÄDAGOGISCHE ODER ERLEBNISPÄDAGOGISCHE INTER VENTION –

RELEVANZ FÜR DIE SOZIALE ARBEIT ........................................................ 97

8 SCHLUSSKAPITEL ........................................................................... 100

8.1 RESÜMEE DER AUTORIN UND PERSÖNLICHE ZUKUNFTSPROGNOSE ...................... 101

9 LITERATURVERZEICHNIS ................................................................ 103

10 ABBILDUNGSVERZEICHNIS .......................................................... 111

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Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

„Sport ist ein grundlegender Bestandteil jugendlicher Alltagskultur“ (www.webnetwork-

nordwest.de, 26.03.2010, 4). Gerade Trendsportarten werden bei Kindern und Jugend-

lichen schnell aufgenommen, darum wird versucht, diese in die alltägliche Jugendarbeit

zu integrieren. (vgl. ebd.) Klettern als grundlegende Thematik dieser Arbeit ist ein

facettenreicher Sport, indem alle physischen Funktionen des Körpers vollständig zum

Einsatz kommen: Muskuläre Kraft und Ausdauer werden trainiert und gesteigert.

Wolfgang Güllich, einen der besten deutschen Sportkletterer, meint: „Das Gehirn ist

der wichtigste Muskel beim Klettern.“ (Hepp 2004, 8). Es ist anzunehmen, dass Güllich

damit ausdrücken will, dass beim Klettern die Psyche und die damit verbundene

mentale Stärke die physischen Kräfte des Menschen erst mobilisieren können. Denn

ohne Mut, Geduld, Konzentration, etc. können Gipfel nicht bestiegen und Routen nicht

erklettert werden.

Der Mensch als soziales Wesen in der heutigen Gesellschaft besteht aus psychischen,

biologischen und sozialen Prozessen und Systemen, die miteinander verknüpft sind

und sich gegenseitig beeinflussen. (vgl. Egger 1993, 109) Die Soziale Arbeit greift in

diese genannten psychischen und sozialen Prozesse ein, indem sie versucht, den

Menschen zu einem eigenständigen und erfolgreicheren Leben zu verhelfen. Biologi-

sche Prozesse, die durch Bewegung und Sport gefördert werden können, werden

dabei oft vernachlässigt. Diesen Themen wird in der Sozialen Arbeit bzw. Sozial-

forschung eine eher randständige Bedeutung zugesprochen. Projekte und Angebote

aus dieser Richtung kommen eher aus dem „unteren Bereich“ wie zum Beispiel

Jugendsportverbänden bzw. Vereinen oder von „oben“ aus den universitären Sport-

wissenschaften bzw. aus der Sportpädagogik (vgl. www.webnetwork-nordwest.de,

26.03.2010, 4). In der Erlebnispädagogik, sowie Sportpädagogik innerhalb der

Sozialen Arbeit und der Abenteuerpädagogik und deren daraus resultierenden Pro-

jekte, ist eine Tendenz zu erkennen, die auf Bewegung und Sport mit der biologi-

schen/physischen Ebene fokussiert. Klettern könnte als körperorientierte Soziale Arbeit

dabei eine wichtige Rolle in den Sozialwissenschaften einnehmen. In der vorliegenden

Arbeit wird dieser Annahme unter verschiedenen Gesichtspunkten nachgegangen.

Um generell einen Überblick und ein Grundwissen über den Sport zu bekommen, wird

im ersten Kapitel dieser Arbeit der Sport „Klettern“ an sich ausführlich beschrieben.

Das darauffolgende Kapitel geht der Frage „Ergeben sich persönlichkeitsbildende

Vorteile durch das Klettern auf der biologischen, psychischen und sozialen Ebene?“

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Abbildungsverzeichnis

nach. Dafür wird das Biopsychosoziale Modell beschrieben und aufgezeigt welche

Wirkungen die Aktion „Klettern“ auf das Individuum haben kann und welche Möglich-

keiten der Entwicklung und Förderung, vor allem aus pädagogischer Sicht, sich durch

das Klettern auf allen Ebenen bieten.

Im Sinne der Sozialen Arbeit ist es wichtig, Ziele und Handlungsweisen zu artikulieren,

strukturieren und anzustreben. Diese können sozialwissenschaftlich anhand von

Methoden beschrieben und begründet werden. Die vorliegende Arbeit richtet sich auf

die methodische/theoretische Fundierung des Kletterns am Konzept der lebenswelt-

orientierten Sozialen Arbeit nach Hans Thiersch und der Erlebnispädagogik, welche im

dritten Kapitel beschrieben werden.

Diese Diplomarbeit ist einerseits so konzipiert, dass das Klettern als Methode der

Erlebnispädagogik und am Konzept der Lebensweltorientierung beschrieben wird und

somit der Frage nachgegangen wird „Wirkt Klettern erlebnispädagogisch und ist

Klettern lebensweltorientiert?“. Andererseits richtet sie sich darauf, den Sport als

Intervention in die Kinder- und Jugendarbeit zu integrieren bzw. der Frage nachzuge-

hen, ob dies überhaupt möglich ist. Diese Fragestellungen werden im vorletzten Kapitel

behandelt und beantwortet, in welchem auch ein kurzer Exkurs vorgenommen wird, der

das Klettern als sozialpädagogische und erlebnispädagogische Intervention in Bezug

auf die Relevanz für die Soziale Arbeit darstellt. Das letzte Kapitel der Arbeit beinhaltet

eine kurze Zusammenfassung der Arbeit und ein Resümee der Autorin mit einer

persönlichen Zukunftsprognose.

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Abbildungsverzeichnis

2 Klettern: Eine Einführung

2.1 Geschichte

Die Eroberungsphase in der Geschichte des Alpinismus liegt unbestritten in der

Begehung des Matterhorns 1865. Das Hauptanliegen der in der damaligen Zeit aus-

schließlich männlichen Bergsteiger lag darin, unbestiegene Gipfel zu erreichen und

diese als Erster zu bezwingen. Dieses Ziel lebt heute im Sportklettern weiter, in dem

der/die ErstbesteigerIn einer Route einen Namen geben kann. Im Unterschied zum

Alpinismus geht es beim Sportklettern aber nicht nur um ein Aneignen eines Gipfels.

Was zählt sind die Schwierigkeitsskala und die Linie der Route. Das Sportklettern als

anerkannte Disziplin hatte bis zum heutigen Zeitpunkt jedoch noch einen langen

Entwicklungsweg zu bestreiten (vgl. www.alpenverein.at, 06.04.2010, 8).

Die Wurzeln des Sportkletterns liegen nicht, wie beim Bergsteigen vermutet, im Raum

der Alpen, sondern im Elbsandsteingebirge im Südosten von Dresden in Deutschland.

Das Sportklettern war stark an den Alpinismus der damaligen Zeit gebunden, welche

sich einen Grundgedanken teilten: Das Erklimmen von Wänden, Bergen und Felsen.

Am Ende des 18. Jahrhunderts erkletterten die ersten Männer die Felstürme im

Elbsandsteingebirge. Anfangs bediente man sich noch verschiedener Hilfsmitteln, aber

bald stand die Frage des WIE einer Begehung im Vordergrund. Zusätzliche Materi-

alien, jene zur Sicherung ausgenommen, wurden vermieden und die sportliche

Reglementierung nahm zu. Nachdem Ringe in den Fels geschlagen wurden,

entstanden Schwierigkeitsskalen (I bis II), der erste Kletterschuh wurde entwickelt und

um die 20er Jahre wurden die ersten Regeln schriftlich festgehalten. Erstbegehungen

wurden von nun an sogar von einer Kommission überwacht (vgl. www.alpenverein.at,

06.04.2010, 8).

In diesen Jahren erreichte die Idee des Sportkletterns auch die Vereinigten Staaten

von Amerika, während in Deutschland bereits am siebten Schwierigkeitsgrad geklettert

wurde. In Amerika wurde der Gedanke des „Freikletterns1“ weiterentwickelt (vgl.

Hepp/Heidorn/Güllich 1992, 16 ff.). Dort beschrieb John Muir, der als Prophet für das

Klettern in unberührter Natur galt, seine Ideologie mit dem Slogan „leave nothing but

footprints“ („hinterlass nichts als Fußabdrücke“) und John Salathe, ein herausragender

Kletterer und Schmied, entwickelte die Technik für die Umsetzung dieser Idee (vgl.

1 Synonym für Sportklettern, d.h. Klettern ohne Steighilfen; Klettern aus eigener Kraft; (vgl.

Hepp/Heidorn/Güllich 1992, 164)

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Abbildungsverzeichnis

www.alpenverein.at, 06.04.2010, 8). Während es in Deutschland noch regelkonform

war, sich an jedem Ring auszuruhen, fixierten die Amerikaner dies als Regelbruch und

sagten, eine Route sei nur vollständig geschafft, wenn die gesamte Länge ohne

Hilfsmittel und ohne Ausruhen durchgestiegen worden sei. Der Leistungsstandard

wurde ein weiteres Mal angehoben. In den 70er Jahren erlebt das Sportklettern seine

Blütezeit. Fanatische deutsche Kletterer reisten in das kalifornische Yosemite Valley

und erreichen dort den neunten Schwierigkeitsgrad. Im Westen Deutschlands wurde

das sächsische Regelwerk manifestiert und der amerikanische Grundgedanke („durch-

steigen“ ohne Rast und höhere Schwierigkeitsgrade) übernommen. Natürlich wurden in

Deutschland vorher auch schon einige Routen ohne Rast bewältigt, jedoch „nur“ im

vierten und fünften Grad. Auch außerhalb Deutschlands begann die Weiterentwicklung

der Disziplin und Reinhold Messner wies in seinem Buch „Der 7. Grad“ auf eine Sack-

gasse hin, in der sich der Sport befand. Er forderte eine Rückbesinnung auf das

Freiklettern und angstfreies Klettern mit hohem Schwierigkeitsgrad (vgl.

www.alpenverein.at, 06.04.2010, 8).

Im deutschsprachigem Raum entwickelten sich nach und nach zwei unabhängig

voneinander liegende Kletterregionen: Das Sandsteingebiet in der Pfalz, einer Region

in Südwestdeutschland, und ein Klettergebiet in der Fränkischen Schweiz. Während im

Sandsteingebiet das Durchsteigen einer Route intensiv übernommen wurde, kam in

der Fränkischen Schweiz der Kletterer Kurt Albert Mitte der 70er Jahre auf die Idee,

jede Route die er durchgestiegen hatte, mit einem roten Punkt zu markieren. Die

„Rotpunktbegehung“ war geboren, was so viel bedeutete wie das sturzfreie Durch-

steigen einer Route. Ende der 70er Jahre wurden in Deutschland wie in den Ver-

einigten Staaten Schwierigkeitsskalen oberhalb des sechsten Grad eröffnet. Von 1987

bis 1991 wurde daran gefeilt den der elften Grad zu erreichen, was schlussendlich

auch geschafft wurde.

In den frühen Siebzigern tragen junge Sportkletterer schließlich den Gedanken des

Sportkletterns in die Alpenwände und Mehrseilrouten werden eröffnet. Das alpine

Sportklettern wurde geboren. Viele Sportkletterpioniere versuchen sich in ver-

schiedenen Weltbergen wie im Karakorum des Himalayas und an den Paine-Türmen in

Patagonien. 1985 folgt der erste internationale Wettkampf in Westeuropa und bringt

1989 den ersten Weltcup und 1991 den ersten Weltmeister im Wettkampfklettern an

der Kunstwand (vgl. Hepp/Heidorn/Güllich 1992, 16 ff.). Interessant an dieser Ent-

wicklung war, dass Klettern bisher als alternative Sportart galt. Es ging um die Aus-

einandersetzung mit dem Fels und dabei an seine persönlichen Grenzen zu gelangen.

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Abbildungsverzeichnis

Freude an der Bewegung, das Naturerlebnis und das Abenteuer spielten ebenfalls eine

essentielle Rolle, genauso wie der Gedanke des Wettbewerbs: sich mit anderen zu

messen in Leistung und Zeit. Zudem waren die ersten Wettkämpfe mit der Erwartung

verknüpft, dass Klettern als olympische Disziplin anerkannt werden könnte, welche

aber bis heute nicht erfüllt wurde. Nachdem Klettern von politischen Stellen als Sport

anerkannt wurde, konnte sich eine Organisationsstruktur entwickeln, die zu einem

Ausbildungssystem, Kaderbildung und gezielter Nachwuchsarbeit führte. Durch den

entwickelten Breitensport wurden künstliche Kletterwände errichtet, die den Sport im

Schulbereich integrierte und neuen Bevölkerungsschichten den Zugang ermöglichte.

Sportklettern galt in den letzten Jahrzehnten als Trendsport. Auf den ersten Blick ist

dies anzunehmen, da immer mehr Menschen diesem Sport beiwohnen, das Alter

immer weiter nach unten geht und der Sport zunehmend im schulischen Bereich

Eingang gefunden hat. Die Kontinuität des Klettersports, seine hundertjährige Tradition

und seine Entwicklung sprechen aber klar gegen eine Zuteilung zu den Trendsport-

arten (vgl. www.alpenverein.at, 06.04.2010, 9).

2.2 Disziplinen innerhalb des Klettersports

Ähnlich wie bei anderen Sportarten gibt es auch beim Klettern verschiedene Diszip-

linen. Generell wird sich die Autorin in der vorliegenden Diplomarbeit nur auf eine

Disziplin, das Sportklettern bezogen auf die Kinder- und Jugendarbeit, beschränken.

Jedoch werden auch zwei weitere Disziplinen beschrieben. Zum einen um den Unter-

schied zum Sportklettern deutlicher zu machen und zum anderen, weil diese Diszip-

linen grundsätzlich ähnliche Auswirkungen auf die Persönlichkeit haben und fast ident

durchgeführt werden können. Würden alle Ausarbeitungen in den folgenden Kapiteln

auf alle Disziplinen bezogen werden, würde dies den Rahmen der Diplomarbeit

sprengen.

Gleich bleibt bei allen Formen der Grundgedanke des freien Kletterns, was bedeutet,

an Höhe zu gewinnen, Passagen aus eigener Kraft zu überwinden bzw. ohne künst-

liche Hilfsmittel zu klettern. Unter künstlichen Hilfsmitteln werden Geräte angesehen,

welche dabei helfen sich hochzuziehen, zum Beispiel Extra-Seile oder Leitern.

Sicherungsseile, Karabiner und Haken dienen ausschließlich der Sicherheit und

werden nicht als Hilfsmittel verstanden (vgl. Güllich/Kubin 1986, 9).

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Abbildungsverzeichnis

2.2.1 Sportklettern

Sportklettern bezeichnet die Begehung einer Kletterroute ohne Hilfsmittel. Hierbei

werden nur die natürlichen Möglichkeiten genutzt, die der nackte Fels bietet (In der

Halle sind dies gekennzeichnete Griffe und Tritte). Künstliche Haltepunkte wie Haken,

Keile oder Schlingen sind ausschließlich als Sicherung zu nützen. Beim Sportklettern

geht es hauptsächlich um die Schwierigkeit einer Kletterpassage und die Konzentration

darauf, diese durchzusteigen. Risiken wie brüchiger Fels und erschwerte Rückzugs-

möglichkeiten an der Wand werden beim Sportklettern durch kontrollierte Kletter-

gärten/Kletterhallen vermieden oder beinah ausgeschlossen. Die meisten Sportkletter-

gebiete sind außerdem gut zu erreichen und öffentlich zugänglich (vgl. Brandauer

1994, 9ff.).

2.2.2 Bouldern

Der Begriff Bouldern stammt vom amerikanischen Wort „boulder“ was so viel bedeutet

wie Felsblock. Unter dieser Disziplin versteht man das Klettern in Absprunghöhe ohne

Seilsicherung. Diese Form ist äußerst beliebt, da der Erwerb professioneller Aus-

rüstung nicht notwendig ist. Benötigt werden nur Kletterschuhe und Magnesium, um

einen besseren Halt am Fels zu haben. Bouldern eignet sich unter anderem auch

hervorragend zum Trainieren, da die niedrige Höhe eine bessere gegenseitige Unter-

stützung durch TrainingspartnerInnen ermöglicht. Diese Kletterform wird oft als Einstieg

in den Sport praktiziert, da sich ein Gefühl für die Bewegung einstellen kann. Die

körperlichen Anforderungen bei dieser Form sind dennoch sehr hoch, da schwierige

Passagen auf eine kurze Route komprimiert sind (vgl. Hepp/Güllich/Heidorn 1992, 30).

Diese Form des Kletterns kann in freier Natur praktiziert werden, wird aber Großteils in

eigene, dafür vorgesehene Hallen verlagert.

2.2.3 Das Alpine Sportklettern

Unter Alpinem Sportklettern wird das Klettern im alpinen Gelände über mehrere

Seillängen (zwischen 30-35 m) verstanden. Ziel ist in den meisten Fällen die Bestei-

gung einer Gipfelwand oder des Gipfels selbst. Diese Form des Kletterns verlangt

zuverlässige Fähigkeiten im Klettern, mentale Stärke, gute Ausdauer und Regenerati-

onsfähigkeit. Notwendige Voraussetzungen sind außerdem viel Erfahrung, spezielle

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Abbildungsverzeichnis

Ausrüstung und Kenntnisse der alpinen Gefahren (vgl. Hepp/Güllich/Heidorn 1992, 31).

Im Gegensatz zum Sportklettern können (nach den Regeln) beim Alpinen Klettern

künstlich angebrachte Haken und Schlingen als Haltepunkte verwendet werden (vgl.

Brandauer 1994, 10). Speziell bei dieser Form wird das Klettern mit dem Naturerlebnis

in Verbindung gebracht, da sich die meisten alpinen Routen in hohen Gebirgslagen

befinden und oft einen ein- bis zweistündigen Anstieg oder eine Wanderung bis zum

Routenbeginn erfordern.

2.3 Sicherungstechnik / Begehungsarten

Beim Klettern gibt es verschiedene Begehungsstile und in Folge dessen verschiedene

Möglichkeiten der Sicherung. Für die Arbeit mit Kindern und Jugendliche ist besonders

das Toprope Klettern attraktiv, eine sichere und einfache Art des Sicherns, welche am

wenigsten Vorkenntnisse benötigt. Diese

Begehungsart und Sicherungstechnik wird im

folgenden Kapitel genauer beschrieben.

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Abbildungsverzeichnis

2.3.1 Toprope

Beim so genannten Toprope Klettern werden die KletterInnen vom Boden aus von

ihren PartnerInnen gesichert. Das Sicherungsseil wird am Ende der Route in einem

Haken (Fixpunkt) umgelenkt. Im Durchschnitt sind Toprope Routen zwischen 5 und 30

Meter lang (vgl. Klein/Schunk 2005, 47). In künstlichen Kletteranlagen gibt es immer

vorbereitete Toprope Routen, welche einen wesentlichen Vorteil für die Arbeit mit

Kindern und Jugendlichen gegenüber den natürlichen

Kletteranlagen darstellen, da in diesen die Toprope

Routen meistens erst eingehängt werden

müssen. Toprope Routen können von den

TeilnehmerInnen direkt angegangen werden, und

jeder/jede KletterIn wählt die individuell passende Route,

während die betreuende Person die ganze Gruppe im

Auge behalten kann. (vgl. Feduik 2008, 224) Vorteil

gegenüber dem „Vorstieg“, welcher nachfolgend

beschrieben wird, ist beim Toprope Klettern, dass mit

relativ wenig Material (man benötigt keine Express-

Schlingen) geklettert werden kann. Außerdem können die

Ausdauer, die taktischen Ruhepausen und die mentale

Stärke besser geschult werden, da bei korrektem

Sicherungsverhalten eine ständige Seilspannung besteht

und somit Stürze unproblematisch sind und ein „Ins-Seil-

setzen2“ zu jeder Zeit möglich ist. Im Training können

schwierige Passagen und verschiedene Lösungen leicht

ausprobiert werden.

Für Kinder und Jugendliche ist diese Begehungs- bzw.

Sicherungsart aus vier Gründen einfach anzuwenden: Sie

stellt vor allem für AnfängerInnen keine große Schwierig-

keit dar, ist für Fortgeschrittene gut, um an ihrer Leis-

tungsgrenze zu üben, bietet für Könner ein stressfreie

Klettervariante und ist mit bestimmten Sicherungsmateri-

alien nahezu ungefährlich (vgl. Winter 2000, 76).

2 Ins-Seil-setzen: sich in den Klettergurt setzen; in der Wand rasten; (vgl. Winter 2000, 76)

19

Abbildung 1: Toprope Sichern (vgl. Winter

2000, 77)

Abbildung 2: Vorstieg Sichern

am Naturfelsen (Foto Georg

Pichler)

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Abbildungsverzeichnis

2.3.2 Vorstieg

Beim „Vorstieg“ gibt es keine Seilsicherung von oben. Die KletterInnen starten vom

Boden aus, ohne das Seil vorher in eine Umlenkung3 einzuhängen. Damit sie nicht auf

den Boden stürzen können, hängen sie in unregelmäßigen Abständen

Expressschlingen4 in die Zwischensicherungen (Bohrhaken) und danach das Seil in

eine Expressschlinge ein. Somit können die PartnerInnen vom Boden aus sichern. Je

nach Dichte der Zwischensicherungen kann die Sturzhöhe verringert werden. (Je

weiter die Sicherungen zusammen sind, desto niedriger ist die Sturzhöhe) Stürzt

der/die KletterIn zwischen zwei Sicherungshaken, fällt er/sie solange, bis das Seil sich

spannt und ihn/sie auffängt. Am Ende der Route wird das Seil in einem Fixpunkt

umgelenkt und die KletterInnen werden von den PartnerInnen abgelassen (vgl. Winter

2000, 84 und Klein/Schunk 2005, 47).

Das Vorstiegklettern erfordert hohe Kenntnisse im Bereich der Sicherungstechnik und

eine hohe Anforderung an die KletterInnen und die sichernde Person. Da ein Sturz

einige Meter tief sein kann, erfordert diese Form des Kletterns große mentale Stärke

und Konzentration. Im Unterschied zum Toprope Klettern werden die eigenen mentalen

Grenzen beim Vorstiegklettern stärker gespürt.

2.4 Wo kann man klettern?

In Bezug auf die Diplomarbeit und das Klettern als Sport für Kinder und Jugendliche

muss noch geklärt werden, wo geklettert werden kann und unter welchen Vorausset-

zungen.

Grundsätzlich gibt es in Österreich künstliche Kletteranlagen und Klettergärten am

Naturfels. Alleine beim österreichischen Alpenverein sind insgesamt 115 künstliche

Kletteranlagen (Kletterhallen, -zentren, und -türme, Boulderhallen) in Österreich

registriert, welche sich auf das ganze Land, bis auf das Burgenland, aufteilen (vgl.

www.alpenverein.at, 26.03.2010). Natürliche Kletteranlagen sind grundsätzlich schwie-

rig zu zählen, da ständig neue gebaut oder saniert werden. Im folgenden Teil der Arbeit

wird der Unterschied zwischen künstlichen und natürlichen Kletteranlagen beschrie-

ben.

3 Haken, meist am Ende einer Route, bei dem das Seil durchgeführt wird und an dem man sich wieder

abseilt4 Eine vernähte Schlinge mit zwei Karabinern auf beiden Seiten (vgl. Winter 2000, 68).

20

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Abbildungsverzeichnis

2.4.1 Künstliche Kletteranlagen

Private AnbieterInnen, verschiedene Alpenvereinssektionen, Eventfirmen oder Schulen

besitzen Freiluft- oder Hallenanlagen die es ermöglichen, den verschiedenen Kletter-

formen nachzugehen. Ein großer Vorteil dieser künstlichen Anlagen liegt in der ein-

fachen Organisation (vgl. Klein/Schunk 2005, 20 ff.). In den meisten Fällen entfällt eine

lange Anfahrt, Ausrüstung kann in den Hallen gemietet werden und in vielen Hallen

finden regelmäßig Trainingsangebote statt. Künstliche Kletteranlagen besitzen außer-

dem einen hohen Sicherheitsstandard und bieten vielfältige Variationsmöglichkeiten

hinsichtlich Kletterform und Schwierigkeitsgrad.

Unter den verschiedenen Angeboten muss zwischen zwei Typen unterschiedenen

werden: Boulderanlagen und Topropeanlagen (vgl. ebd.). Boulderanlagen sind mit

Matten ausgelegt, um das Risiko von Verletzungen bei Absprüngen zu vermeiden. Im

Gegensatz zum Bouldern am Naturfels gibt es in der Halle festgelegte markierte

Routen, die am Fels in den meisten Fällen erst „definiert“5 werden müssen.

Topropeanlagen sind Kletterwände mit Tritthöhen über zwei Meter, die ein Klettern mit

Seilsicherung erfordern. Hierbei wird ein Seil am Ende der Route (Fixpunkt) eingehängt

und vom Boden aus gesichert (vgl. Klein/Schunk 2005, 20 ff.). Dies kann durch die

PartnerInnen oder einem/r Angestellten der Halle erfolgen. Vorteil beim Topropesichern

ist ein minimaler Höhenverlust bei einem Sturz, da der/die Sichernde durch ständiges

Nachziehen des Seiles immer für Seilspannung sorgt. Somit entsteht ein sicheres

Gefühl beim Klettern.

2.4.2 Naturfels

Alle Vorteile der künstlichen Kletteranlagen

übertrifft noch der große Vorteil des Naturer-

lebnisses am Naturfels. Verschiedene Ge-

steinsarten, Flora und Fauna kommen dem

Klettererlebnis als Erfahrungsmöglichkeit hinzu

(vgl. Winter 2000, 121). In Österreich gibt es,

wie bereits erwähnt, viele Klettergebiete mit

unterschiedlichen Größen, Schwierigkeitsgra-

den und Anforderungen. In der Regel weisen

5 Definieren – Bestimmen/Erfinden einer Route

21

Abbildung 3: Alpines Klettern am

Naturfelsen (Foto Hannes Thurner)

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Abbildungsverzeichnis

diese neben sicheren Zufahrten oder Zustiegen eine zuverlässige Felsqualität und be-

tonierte bzw. geklebte Sicherungsringe auf. Die meisten sind öffentlich zugänglich und

werden regelmäßig von den zuständigen Vereinen oder Personengruppen gewartet.

Populäre Klettergebiete werden in sogenannten „Kletterführern“ beschrieben, welche

Informationen über Routen, Schwierigkeiten, Felsqualität, Hakenabstände und vieles

mehr bieten. Insofern ist von vornherein augenscheinlich, worauf man sich beim

Besuch der gewählten Kletterdestination einlässt. Natürlich ist in jedem Klettergarten

ein Restrisiko vorhanden. Objektive Gefahren wie Steinschlag oder Wetterumstürze

können beim Klettern im Freien kaum vermieden werden (vgl. ebd.). Die

Verantwortlichkeit liegt grundsätzlich beim/bei der Kletterer/in oder der Betreuungsper-

son. Im Gegensatz zu den Kletterhallen ist es unbedingt notwendig, Ausrüstung selbst

mitzubringen und sich im Vorhinein gut zu informieren (Kletterführer, Kletterlehrer, etc.).

2.5 Klettern und Recht

Klettern ist ein Risikosport. Jeder/Jede der diesem Sport nachgeht, muss sich der

Konsequenzen bewusst sein. Bei Kletterprojekten als Intervention in der Kinder- und

Jugendarbeit stellt sich die Frage, wer dieses Risiko trägt: Die KletterlehrwartInnen, die

SozialpädagogInnen bzw. SozialarbeiterInnen oder die Eltern der Kinder- und Jugend-

lichen?

Prinzipiell ist es wie bei anderen Projekten auch. In erster Linie ist für die Projekt-

leiterInnen bei Projekten mit Kindern und Jugendlichen immer die Aufsichtspflicht zu

beachten. Damit ist gemeint, dass die Kinder und Jugendlichen so zu betreuen sind,

dass sie selbst keinen Schaden erleiden und keinen Schaden an anderen Personen

oder Sachgegenständen anrichten. Grundsätzlich obliegt diese Aufsichtspflicht den

Eltern. Diese können sie aber an andere Personen (LehrerInnen, BetreuerInnen, etc.)

bzw. Institutionen weitergeben, welche sich davon überzeugen müssen, dass die

Kinder bzw. Jugendlichen reif genug für die Aktivität sind (vgl. www.kija.at, 26.03.2010).

Zu den Betreuungspflichten gehören die Anwesenheit des/der BetreuerIn für die

gesamte Dauer der Aktivität. Die Kinder und Jugendlichen müssen verständlich auf

Gefahren und falsches Verhalten hingewiesen werden, wobei die Aufsichtsperson

kontrollieren muss, dass sich die zu Betreuenden auch daran halten. Zum Schluss

muss den Eltern außerdem noch Information darüber gegeben werden, was mit den

Kindern und Jugendlichen unternommen wird. Kommt es zu einer Verletzung der

Aufsichtspflicht, kann es zu zivil- und strafrechtlichen Folgen kommen (vgl. ebd.).

22

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Abbildungsverzeichnis

Grundsätzlich können Kletterprojekte rechtlich gesehen von jeder Person oder jedem

Verein organisiert und durchgeführt werden. Von großer Bedeutung ist, dass der/die

VeranstalterIn haftpflichtversichert ist und eventuelle AGBs (Allgemeine Geschäfts-

bedingungen) im Vorhinein von den TeilnehmerInnen bzw. deren Erziehungs-

berechtigten unterschreiben lässt (Haftung, Bezahlung, Angebot, etc.) (vgl.

Kölsch/Wagner 2004, 50). „Haftpflichtversicherungen decken finanzielle Forderungen

von Teilnehmern, die sich aus Schadenersatzansprüchen herleiten“ (ebd.). Da eine

Haftpflichtversicherung nur Sachschäden abdeckt, ist es außerdem empfehlenswert für

die VeranstalterInnen eine Unfallversicherung abzuschließen. Rechtlich und päda-

gogisch gesehen ist es jedoch ratsam, externe KletterexpertInnen (geprüfter Kletter-

lehrwart, BergführerInnen, JugendleiterInnen beim Alpenverein, etc.) bzw. einen

fachbezogenen Verein (Alpenverein, Naturfreunde) zum Projekt hinzuzuziehen, da

diese durch ihre Ausbildung über ausreichenden Versicherungsschutz verfügen (vgl.

Kölsch/Wagner 2004, 51). „Institutionen, Verbände oder Vereine haben Versiche-

rungspakete, allerdings sind darin […] die Versicherung der Teilnehmerinnen nicht

immer vorgesehen“ (ebd.). Dies sollte vorher mit den externen Experten besprochen

werden. Grundsätzlich ist es immer notwendig die Versicherungsfrage mit den Auftrag-

geberInnen zu klären (vgl. ebd.). Rechtlich gesehen ergibt sich trotzdem ein Vorteil,

externe ExpertenInnen heranzuziehen, da sie in erster Linie die Haftung übernehmen

können, wie im Folgenden dargestellt wird.

In einem vertraglichen Verhältnis zu einem Dritten (Buchung, bezahlte Arbeit, etc.)

haftet der/die BergführerIn bzw. der/die KletterlehrerIn bei Verletzung seiner/ihrer

Pflichten aus dem Vertrag. Ein vertragswidriges Verhalten ist somit rechtswidrig. Dabei

kommt es zu einer Beweislastumkehr. Dies bedeutet, dass die Person, welche den

Vertrag seiner/ihrer Meinung nach eingehalten hat, den Beweis dafür zu erbringen hat.

„Die übrigen Voraussetzungen für den Schadenersatz müssen vom Kläger bewiesen

werden“ (vgl. Auckenthaler/Hofer 2009, 73). Die/den BergführerInnen bzw. Kletterleh-

rerInnen treffen, wie den SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen, zusätzlich zu

seinen/ihren vertragsrechtlichen Pflichten Schutz- und Sorgfaltspflichten. Ein Verein als

Veranstalter haftet einerseits für das „Fehlverhalten“ seiner FunktionärInnen, anderer-

seits für das „Fehlverhalten“ der in Vertrag genommenen TrainerInnen oder Kletter-

lehrerInnen. Besteht kein Vertragsverhältnis, muss der Verein im Rahmen der Besor-

gungsgehilfenhaftung einstehen, wenn er sich wissend untüchtig oder ungeeigneter

Personen bedient (vgl. Auckenthaler/Hofer 2009, 74f.).

23

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Abbildungsverzeichnis

Der pädagogische Vorteil ergibt sich unter anderem daraus, dass den Sozialpädago-

gInnen/SozialarbeiterInnen mehr Zeit bleibt, Defizite, Probleme, Verhaltensverände-

rungen, der Teilnehmer/innen zu erkennen und darauf einzugehen, da die fach-

spezifischen Aufgaben (Knotenkunde, Sicherungstechniken, etc.) dem/der ExpertIn

zugeschrieben werden und mehr Freiraum für einen sozialarbeiterischen Blick für das

Projekt entsteht. Trotzdem bleibt die Aufsichtspflicht bei beiden Professionen.

Dieser Teil des einführenden Kapitels stellt lediglich eine kurze Einführung in die

rechtlichen Aspekte des Kletterns dar. Eine genauere Darstellung wäre nicht im Sinne

der zu behandelnden Thematik und würde in dieser Arbeit den Rahmen sprengen. Die

Autorin übernimmt für die Angaben keinerlei Haftung.

2.6 Zusammenfassung

Klettern ist für viele Menschen ein undefinierter Sport, der viele neue Begriffe und

Vokabeln mit sich bringt. Deshalb war es unumgänglich, eine weit reichende Erklärung

oder Beschreibung des Sports zu behandeln, um für die LeserInnen ein klares Bild

vom Sport zu schaffen. Denn bevor die Thematik „Klettern in der Kinder- und Jugend-

arbeit“ behandelt werden kann, muss im Vorhinein eine genaue Begriffsdefinition

stattfinden, die es den LeserInnen ermöglicht Gedankengänge, der Autorin zu folgen

und somit die Begründungen der Fragestellungen zu verstehen. Eine geschichtliche

Einführung des Kletterns wurde in dieser Arbeit gewählt, da sie einen lockeren Einstieg

in die Thematik bieten und ein neues Verständnis für die doch viel verbreitete

risikolastige Sportart geben sollte. Besonders bedeutend war es, die verschiedenen

Kletterdisziplinen aufzuzeigen, da diese Arbeit spezifisch auf das Sportklettern gerich-

tet ist und bei vielen „Laien“ keine klare Trennung der Arten (Boulder, Sportklettern,

Alpines Klettern) stattfindet. Alle Kapitel der Arbeit die auf das Klettern gerichtet sind,

sind ausschließlich auf das Sportklettern bezogen. Eine genaue Beschreibung der

örtlichen Möglichkeiten, den Sport zu vollziehen, wurden einerseits deshalb gewählt,

da sich bei der Wahl der Kletteranlagen verschiedene Chancen für den/die Sozial-

pädagogen/in bzw. SozialarbeiterIn ergeben, welcher er/sie sich im Vorhinein bewusst

sein sollte und andererseits, da die Angebote möglichst regional gestaltet werden

sollen und somit auf die geografischen Möglichkeiten bezogen ausgewählt werden

müssen. Zum Schluss des Kapitels wurden die rechtlichen Aspekte des Kletterns

behandelt, die der Autorin besonders wichtig erscheinen, da gerade Risikosportarten

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Abbildungsverzeichnis

oft Angst vor Verletzungen und darauf folgende Haftungen mit sich bringen. Ein

zumindest einführendes Grundwissen darüber sollte somit vorhanden sein.

25

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Abbildungsverzeichnis

3 Vorteile des Kletterns für Kinder und Jugendliche in Hinblick auf das Biopsychosoziale Modell

„Das ist der größte Fehler bei der Behandlung von

Krankheiten, dass es Ärzte für den Körper und

Ärzte für die Seele gibt, wo beides doch nicht

getrennt werden kann.“

(Platon)

Der deutsche Kletterer Franz Nieberl meint „Keine Partie des Körpers kann sagen, sie

werde beim Klettern niemals in Anspruch genommen“ (Klein/Schunk 2005, 11). Dieses

Zitat möchte die Autorin nicht nur auf die physischen Partien des Körpers beschränken,

sondern um psychische und soziale Faktoren erweitern.

Bezogen auf dieses Zitat und die generelle Fragestellung „Ergeben sich

persönlichkeitsbildende Vorteile durch das Klettern auf der biologischen, psychischen

und sozialen Ebene?“, wird im folgenden Kapitel einerseits auf das Biopsychosoziale

Modell eingegangen und im Folgenden die positiven Effekte des Kletterns auf die

Ebenen des genannten Modells aufgeteilt.

3.1 Das Biopsychosoziale Modell

Innerhalb der Medizin gilt das Biopsychosoziale Modell als die bedeutendste Theorie

für die Beziehung zwischen Körper und Geist. Mit ihm lassen sich die Probleme der

Psychosomatik und der Krankheitsentwicklung erklären. Krankheit ist diesbezüglich

„eine auftretende Störung auf beliebiger Ebene des Systems „Mensch“ (www.meduni-

graz.at, 26.03.2010). Das Biopsychosoziale Modell ist keine Theorie, sondern eine weit

verbreitete Grundüberzeugung in der Medizin, Gesundheitspsychologie und der

klinischen Sozialen Arbeit der Mehrdimensionalität von Krankheit und Gesundheit (vgl.

Faltmaier 2005). Der Bericht der Weltgesundheitsorganisation von 2001 zeigt For-

schungsergebnisse auf, die die Notwendigkeit ableiten, die soziale Komponente in der

medizinischen Behandlung zu verstärken und zu einer arbeitsteiligen und inter-

disziplinären Praxis in der Behandlung von Krankheiten führen soll (vgl. Pauls 2004,

20).

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Abbildungsverzeichnis

Die Annahme, dass somatische oder psychische Krankheiten nur durch „natur-

wissenschaftlich objektivierbare Zustände biologischer Organismen“

(Knoll/Scholz/Rickmann 2005, 18) entstehen, wurde im 20. Jahrhundert abgelöst von

der Vorstellung, dass Krankheiten bzw. „psychische Probleme“ von einem Wechsel-

spiel biologischer, psychologischer und sozialer Faktoren beeinflusst und verursacht

werden (vgl. Egger 2005, 3).

3.1.1 Die Entwicklung des Biopsychosozialen Modells

Das Biopsychosoziale Modell löst vier fundamentale Theorien ab, die eine Erklärung

der Beziehung Physis und Psyche darzustellen versuchen und den Grundstein legen,

sich neu damit auseinanderzusetzen:

Der deutsche Philosoph Gottfried Willhelm Leibnitz war der Ansicht, dass Körper und

Geist zwei unabhängige, voneinander getrennte Existenzen sind, die sich in keinster

Weise gegenseitig beeinflussen. Diese Annahme konnte sich nicht halten, da es eine

offensichtliche Beeinflussbarkeit von physischen und psychischen Ereignissen gibt

(vgl. Egger 1993, 107).

Der französische Philosoph René Descartes formulierte den psychophysischen

Dualismus, welcher besagt, dass die beiden Existenzen, Körper und Geist, interaktiv

sind und sich immer gegenseitig beeinflussen. Diesbezüglich besteht ein ständiger

Austausch in wechselseitiger Beziehung (vgl. ebd. 107f.).

Thomas Hobbes vertrat im Gegensatz zu den beiden ersten Theorien die Annahme,

dass die Wirklichkeit immer eine physische ist und mentale Phänomene nicht

existieren (vgl. ebd. 108). Diese Theorie nannte er Materialismus. Das Mentale wird auf

das Physikalische reduziert und ist durch die physischen Prozesse und deren Effekte

erklärbar. Sozusagen sind alle mentalen bzw. psychischen Prozesse eines Menschen

Folge von physischen Verläufen und Interaktionen.

Die vierte fundamentale Theorie ist die Leib-Seele-Identität von Baruch Spinoza, einem

niederländischen Philosophen. Dieser behauptete, dass Prozesse, die im Gehirn eines

Menschen entstehen, Geisteszuständen gleichen (vgl. ebd.).

Erste ernstzunehmende Hinweise auf das Biopsychosoziale Modell wurden bei ENGEL

(1979) gefunden. Vorlage dazu war das biomedizinische Modell, ein Erklärungsmuster

für das Auftreten von Krankheiten, welches sich aber ausschließlich nach biologischen

Parametern richtete. In den 1970er Jahren erfuhr dieses Modell scharfe Kritik, da es

bei psychischen Störungen oder psychiatrischen Krankheiten nicht angewendet

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Soziale Faktoren • Sozioökonomisc her

Status

• Arbe itsverhä ltnisse

• Ethnisc he Zugehörigke it

Psychische Faktoren • Verha lten • Einste llungen/ sub jektive

Krankhe itstheorien • Bewältigung

• Stress

• Sc hmerz

Biologische Faktoren • Viren

• Bakterien

• Verletzungen • Genetisc he

Dispositionen

Abbildung 4: Das Biopsychosoziale Modell. Darstellung in Anlehnung an

Engel 1977/1980 (vgl. Knoll/Scholz/Rieckmann 2005, 20)

Abbildungsverzeichnis

werden konnte, die Ganzheitlichkeit des Menschen, die Verbindung Körper und Geist,

wurde außen vor gelassen. Die gesellschaftliche Stellung oder das Lebensumfeld der

PatientInnen wurde beim biomedizinischen Modell nicht berücksichtigt. Engel

erweiterte somit das biomedizinische Modell um zusätzliche Anforderungen. Ihm war

wichtig, bei Krankheit psychische, soziale und kulturelle Faktoren mit einzubeziehen.

Seines Erachtens können somit die Lebensumstände einer Person die Krankheit

negativ aber auch positiv beeinflussen (vgl. Seidel 2007, 9-11).

Nach Ende des zweiten Weltkriegs hat Thore von Uexküll dieses umfassende

Biopsychosoziale Modell aufgenommen und theoretisch veranschaulicht. Auch er

kritisierte das biomedizinische Modell aber ebenso das psychoanalytische, bei dem

davon ausgegangen wird, dass Krankheiten nur durch die geistigen und seelischen

Prozesse eines Menschen entstehen. Dabei wurden somatische Symptome

neurotischer und psychotischer Natur mit psychischen Symptomen gleichsam auf

hirnorganische Prozesse zurückgeführt (vgl. Beise/Heime/Schwarz 2009, 342). Mit

dem Biopsychosozialen Modell wollte er eine Möglichkeit finden, eine seelenlose

Körpermedizin und körperlose Seelenmedizin um den jeweilig fehlenden Faktor zu

erweitern, (vgl. Bräutigam/Christian/Rad v. 1992, 73) um seiner Meinung nach ganz-

heitlicher zu praktizieren, unter Berücksichtigung aller möglichen Faktoren für die

Entstehung von Krankheiten.

28

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Abbildungsverzeichnis

Mittlerweile ist das Biopsychosoziale Modell das bedeutendste Theoriegerüst der

heutigen Zeit innerhalb der medizinischen Wissenschaft, der Gesundheitspsychologie

und der klinischen Sozialarbeit. Es ist essentiell, um die Beziehung zwischen Leib und

Seele bzw. Physis und Psyche zu erklären, wonach der Mensch als Gerüst einer

biologischen, psychischen und sozialen Ebene beschrieben wird. Demnach fußt das

Biopsychosoziale Modell unter anderem auch auf verschiedenen Denkmustern der

allgemeinen Systemtheorie und deren Anwendung in der Biologie (vgl. ebd.).

Die menschliche Natur ist auf verschiedene Systeme aufgeteilt und jedes System weist

Qualitäten und Beziehungen zueinander auf. „Kein System ist isoliert, jedes System ist

durch die Konfiguration von Systemen, von dem es wiederum ein Teil ist, beeinlußt

[sic]“ (Egger 1993, 109). Alle Ebenen innerhalb der Systeme sind miteinander

verbunden. Kommt es in einer Ebene zu einer Veränderung, bewirkt dies auch eine

Veränderung auf einer anderen (vgl. ebd.). Kommt es, in diesem Sinne, auf der

biologischen Ebene durch Krankheit oder dem Fehlen von Gliedmaßen etc. zu einem

Wandel, kann dies die soziale oder die psychische Ebene beeinflussen. Umgekehrt

kann ein Verlust von sozialen Ressourcen wie FreundInnen oder Familienmitgliedern

unmittelbar zu psychischen Problemen oder somatischen Erkrankungen kommen.

3.2 Das Biopsychosoziale Modell in der Sozialen Arbeit

Bei der Arbeit als SozialarbeiterIn bzw. SozialpädagogIn wird grundsätzlich nach

psychischer und sozialer Zufriedenheit für den/die KlientIn gestrebt. Hierbei werden

hauptsächlich psychische und soziale Faktoren berücksichtigt. Die biologische Ebene

wird selten berücksichtigt, da sie nicht Hauptbestandteil der Arbeit des/der

SozialarbeiterIn bzw. SozialpädagogIn ist. Umgekehrt wird der Medizin die Notwendig-

keit immer bewusster, die sozialen und psychischen Komponenten in die Klärung einer

Krankheitsursache mit beizuordnen. Die Weltgesundheitsorganisation fordert somit

eine Einbeziehung der sozialen Komponente in der primären Gesundheitsversorgung

durch Fachkräfte in nicht gesundheitsspezifischen Disziplinen (vgl. Pauls 2004, 20).

Damit fühlt sich beispielsweise die Soziale Arbeit angesprochen, welche sich als

Klinische Sozialarbeit „mit psycho-sozialen Störungen und den sozialen Aspekten

psychischer und somatischer Störungen/Krankheiten und Behinderungen unter

Berücksichtigung der Lebenslage der Betroffenen befasst“ (Pauls 2004, 22).

Werden in der Medizin psychosoziale Disziplinen bei der Behandlung mit einbezogen,

und wird davon ausgegangen, dass Gesundheit oder Zufriedenheit nur entstehen

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Abbildungsverzeichnis

kann, wenn alle Ebenen eines Menschen interaktiv und wechselwirkend

zusammenarbeiten, sollten auch in der Sozialen Arbeit biologische Faktoren

berücksichtigt werden. Methoden, die in der Sozialen Arbeit Einzug gefunden haben,

wie die Erlebnispädagogik, Freizeitpädagogik und sportpädagogische Projekte fördern

sowohl die psychischen und sozialen Ebenen des Menschen, als auch die biologische

Ebene.

In dieser Arbeit geht es nicht darum, die medizinische Determination von Krankheit

bzw. Gesundheit zu beschreiben, sondern die Idee der Zusammenhänge von

psychischen, biologischen und sozialen Ebenen des Biopsychosozialen Modell soweit

zu übernehmen, um aufzuzeigen wie eine Entstehung oder Entwicklung von

emotionalen, psychischen oder sozialen Störungen zu erklären oder nachzuvollziehen

ist. Das Theoriegerüst des Biopsychosozialen Modells wird nur soweit verändert, dass

der Term Gesundheit für emotionale, psychische, soziale und physische Zufrie-

denheit/Gesundheit und das Wort Krankheit für emotionale, psychische, soziale und

physische Unzufriedenheit/Störung verwendet wird.

Im Biopsychosozialen Modell erklärt sich Gesundheit und Krankheit wie folgt:

• Gesundheit ist die ausreichende Kompetenz eines Menschen, verschiedene

Störungen aus eigener Kraft bzw. mit eigenen Ressourcen zu bewältigen. Ge-

sundheit ist demnach die Fähigkeit, pathogene Faktoren zu kontrollieren.

• Krankheit bzw. ein „Problem“ tritt auf, wenn dem Mensch die Kompetenzen zur

Bewältigung von Störungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen bzw. er in

seiner Funktionstüchtigkeit überfordert ist. Die Störung kann auf der bio-

logischen, psychischen oder sozialen Ebene auftreten.

(vgl. www.meduni-graz.at, 26.03.2010)

Wird der Versuch unternommen, beide Definitionen in die Sozialwissenschaft

einzubetten, kommt man zu dem Schluss, dass Menschen, welche ausreichende

Kompetenzen und Ressourcen im biologischen, sozialen und psychischen Bereich

aufweisen, mit eigener Kraft Probleme bewältigen können. Gesundheit ist demzufolge

die Fähigkeit, mit Problemen umzugehen, sie zu kontrollieren und, wenn möglich, diese

zu lösen. Fehlen einer Person die Kompetenzen auf einer Ebene, zum Beispiel

Ressourcen im sozialen Bereich wie etwa Familie, Arbeit oder Schule oder Kontakt zu

Freunden/innen bzw. Peers, kann dies zu Überforderung und somit Störungen führen.

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Abbildungsverzeichnis

Diese Störungen müssen aber nicht zwingend auf derselben Ebene stattfinden,

sondern können Auswirkungen auf die biologische Ebene (somatische Krankheiten,

etc.) oder auf die psychische Ebene (Depression, Antriebslosigkeit, Wut, etc.) haben.

Kommt es aufgrund von fehlenden Ressourcen zu einer Störung, kann dies

häufig zu Verhaltensänderungen führen. Die Personen versuchen Sozusagen durch

deviantes Verhalten, Gewalt oder Suchtproblematiken die Lücken der fehlenden

Ressourcen zu füllen um, unbewusst Störungen zu vermeiden. Dies kann zur Folge

haben, dass Menschen ihre sozialen Kontakte verlieren, ausgeschlossen werden oder

sogar vollständig exkludiert werden. Somit verlieren die Personen in der Folge auch

bestehende Ressourcen auf der sozialen Ebene und ein Kreislauf entsteht.

Gesundheit und Störungen erscheinen diesbezüglich nicht als anhaltender Zustand

sondern als dynamisches Geschehen. Gesundheit ist also ebenfalls kein dauerhafter

Zustand und muss zu jedem Zeitpunkt im Leben neu geschaffen werden (vgl.

www.meduni-graz.at, 26.03.2010).

Durch Stärken der einzelnen Ebenen bzw. Erweitern der charakteristischen Res-

sourcen kann der Zustand Gesundheit immer wieder neu erarbeitet werden.

3.3 Das Klettern bezogen auf das Biopsychosoziale Modell

Sport und Bewegung, wenn sie entsprechend pädagogisch gestaltet werden und in

einen pädagogischen Rahmen eingebettet werden, können außer der physischen

Förderung psychische und soziale Unterstützungsleistungen bringen. Bezogen auf die

Soziale Arbeit birgt dies ein enormes professionelles Potential (www.webnetwork-

nordwest.de, 26.03.2010, 4).

Dieser Teil der Diplomarbeit widmet sich der Fragestellung „Welche persönlich-

keitsbildenden Vorteile bezogen auf das Biopsychosoziales Modell ergeben sich durch

das Klettern?“. Beim Klettern als sozialpädagogische Intervention mit KlientInnen

entstehen Effekte und Faktoren, die förderlich für das gesamte System Mensch sind.

Mit Hilfe des Biopsychosozialen Modells und dessen unterschiedlichen divergenten

Ebenen (biologisch, psychisch und sozial) werden positive Aspekte des Kletterns

formuliert. Dabei wird gut sichtbar, dass sich das Klettern als hervorragende

Möglichkeit anbietet, um alle Systeme des Menschen anzuregen.

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Abbildungsverzeichnis

3.3.1 Biologische Faktoren / Physische Faktoren

Respektive der motorischen Elementen, welche sich aus dem Klettersport ergeben,

sind die taktilen und kinästhetischen Erfahrungen hervorzuheben (vgl. Klein/Schunk

2005, 11). Die taktilen Erfahrungen werden über den Tastsinn gewonnen. Durch

Ergreifen der Griffe und Stehen auf Tritten wirken Berührungsreize auf die Kinder und

Jugendliche, welche durch festes Halten, Weitersteigen oder Rasten reagieren. Die

kinästhetischen Erfahrungen, bei denen man „die Lage und die Bewegungsrichtung

von Körperteilen zueinander und in bezug [sic] zur Umwelt unbewußt [sic] [...]“ (Meyers

großes Taschenlexikon 1983, 329) kontrolliert

und steuert, führen dazu, die eigene Bewe-

gungsfolge mit allen vier Extremitäten zu

spüren und schulen den Gleichgewichtssinn.

Beim Klettern kann gelernt werden, Arme und

Beine mit Händen und Füßen in eine Position

zu bringen, so dass ein festes und sicheres

Stehen in der Wand möglich ist und der/die

KletterIn im besten Falle noch „weitergreifen“

bzw. weitersteigen kann. Diese Zusammenar-

beit der Extremitäten sollte insofern bestens

ausgeprägt sein, dass auch in schrägem

Gelände (Überhängen6) geklettert werden

kann, obwohl dies gegen das physikalische

Gesetz der Gravitation wirkt. „Hierfür ist ein Hineinhorchen und Fühlen der inneren

Prozesse erforderlich. Durch diese intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen

Körper, kann ein neues bzw. verändertes Körperbild aufgebaut und Defizite

kompensiert werden“ (www.fh-frankfurt.de, 29.03.2010).

Ein kletterspezifisches Körpergefühl bzw. die Positionierung des Körpers entwickelt

sich in Folge noch weiter, wenn die Ästhetik und die Leistung in den Sport Einzug

halten. Beim Versuch, sich möglichst elegant an der Kletterwand zu bewegen be-

kommen Kinder und Jugendliche ein gutes Gefühl, ihren eigenen Körper zu bewegen

und beginnen diese Bewegungen zu reflektieren und zu wiederholen. Die Leistung

findet Ausdruck, wenn das Bestreben entsteht, verschiedene Kletterstellen zu über-

winden, höhere Schwierigkeitsgrade zu klettern oder sein eigenes Können

6 Gelände beim Klettern über 90°

32

Abbildung 5: Gleichmäßige Reizausübung auf

Hände und Füße (vgl. Winter 2000, 53)

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Abbildungsverzeichnis

auszuwerten, zu messen und anzuerkennen. Diesbezüglich besteht ein Nahverhältnis

zwischen dem eigenen Selbstbild und der persönlichen Leistungssteigerung (vgl.

Winter 2000, 22). Um die eigene Leistung zu steigern, ist es zwingend notwendig, zu

wissen, wo sich der individuelle Leistungsstand befindet und wo das eigene Können

und die eigenen Grenzen liegen.

Im Gegensatz zu anderen Sportarten, welche durch vorgegebene Bewegungsmuster

eingegrenzt sind, steht beim Klettern die offene Bewegungssituation im Vordergrund.

Der/die KletterIn steht immer vor der Bewegungsaufgabe, eine Bewegungslösung zu

finden. Dies geschieht unter Berücksichtigung seiner/ihrer eigenen physischen und

psychischen Kräften, seinen/ihren koordinativen und konditionellen Möglichkeiten und

der objektiven Sicherungsmöglichkeiten (vgl. Klein/Schunk 2005, 11). Kinder stehen

vor der Aufgabe, das eigene Können und die eigenen Grenzen zu reflektieren und zu

lernen, sich selbst einzuschätzen.

Vorgegebene Bewegungen können zwar nachgeahmt werden, wenn man jemanden

beim Durchsteigen einer Route beobachtet, jedoch sind die eigenen Kräfte und die

persönlichen Möglichkeiten immer unterschiedlich zu denen der anderen und somit

müssen meist eigene Bewegungslösungen gefunden werden, um eine Route zu

bewältigen.

In Hinsicht auf den sportlichen Aspekt entsteht beim Klettern, im Gegensatz zu

anderen Sportarten, ein relativ schnelles Erfolgsgefühl, weil es leichte Routen gibt und

der/die Sichernde durch Nachziehen des Seils helfen kann, eine hohe Spannung im

Seil entstehen zu lassen und der kletternden Person Eigengewicht zu „nehmen“.

Dadurch können bereits die ersten Versuch zum Erfolg führen.

3.3.2 Psychische / Emotionale Faktoren

Wie bereits oben erwähnt, bietet das Klettern emotionale bzw. psychische Elemente,

die Kindern und Jugendlichen in ihrer Entwicklung helfen können. Diese Bestandteile

des Kletterns können bei guter pädagogischer Leitung positive Aspekte für das

alltägliche Leben bringen und dort angewendet werden.

33

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Abbildungsverzeichnis

Grenzerfahrungen

„Entwicklung braucht das Überwinden der Verharrungstendenz. Es braucht die Grenz-

sprengung, weil nur so die Handlungsspielräume und die eigenen Persönlichkeits-

dimensionen erfahrbar werden“ (Warwitz, 2001).

Eine Überwindung dieser Grenzen kann dazu führen, neue Handlungsmöglichkeiten zu

erfahren und diese zu benutzen. Eine Auseinandersetzung mit diesen neuen

Möglichkeiten kann hilfreich sein, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Um Grenzen

zu überwinden, muss zuerst eine Auseinandersetzung mit den eigenen psychischen

und physischen Grenzen stattfinden. Ein Bewusstsein über die eigenen Grenzen ist

von Vorteil, um diese überschreiten zu können. Beim Klettern spielt die Erfahrung mit

verschiedenen Grenzen (psychisch und physisch) eine zentrale Rolle. Hierbei ist

entscheidend, dass diese Grenzen relativ sind und vom Individuum immer selbst

gesetzt werden können (vgl. Brandauer 1994, 20).

Mit dem Wählen des Schwierigkeitsgrades oder der Sicherungstechnik bzw. der

Begehungsart (siehe Kapitel 2.3) können individuelle Grenzen gesetzt werden und an

die momentane Verfassung angepasst werden, ohne sich ein Erfolgserlebnis zu

nehmen. Am besten sollten keine schweren Routen gewählt werden, wenn die

emotionale oder physische Belastbarkeit nicht vorhanden ist, ansonsten könnte das

Erfolgserlebnis ausbleiben. Das positive Gefühl des Erfolgs wird ausgeprägter sein,

wenn die Grenzen hoch angesetzt werden und die Route bestiegen wird.

Kinder und Jugendliche sollen bei der Routenwahl unterstützt werden, um negative

Stimmungen zu vermeiden, falls zu schwere Routen gewählt werden und diese nicht

zu schaffen sind. Essentiell ist jedoch, nur einen Routenvorschlag zu machen, um den

Kindern und Jugendlichen nicht die Freiheit zu nehmen, eigenständig zu entscheiden.

Konzentration und Flow-Erlebnis

CSIKSZENTMIHALYI (1996 in: Brandauer 1994, 20) beschreibt das „Flow-Erlebnis“ als

das im eigenen Handeln vollkommene Aufgehen und das intensive Erleben einer

Situation, in der das individuelle Bewusstsein und das Handeln fusionieren.

Klettern erfordert zwingend eine erhöhte Konzentration und erfüllt somit die

Vorrausetzungen für ein Flow-Erlebnis in idealer Weise (vgl. Brandauer 1994, 20).

Geplante und reflektierte Bewegungen an der Wand lassen Bewusstsein und Handeln

miteinander verschmelzen. Konzentration beim Klettern ist im Weiteren auch noch

34

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Abbildungsverzeichnis

essentiell, da sich dadurch kaum Angstgefühle einstellen. Von der anderen Seite

betrachtet heißt das, wenn ein ängstliches Gefühl besteht, wird sich die Konzentration

nicht auf die Route richten (vgl. Hepp/Heidorn/Güllich 1992, 144).

Bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sollen diese regelmäßig daran erinnert

werden, sich auf die aktuelle Kletterbewegung zu konzentrieren und Gedanken an

andere Dinge oder an einen möglichen Sturz zu vermeiden. In weiterer Folge kann es

durch das Klettern gelingen, Probleme oder Gedanken aus dem alltäglichen Leben für

eine kurze Zeit zu vergessen und zu lernen, auf den eigenen Körper und die eigene

Psyche zu hören.

Angstüberwindung

Angst ist ein Warnsignal, welches auf eine gefährliche Situation hinweist und das

Individuum bemerken lässt, dass eine Situation für die eigene Gesundheit (physisch

und psychisch) riskant werden könnte (vgl. Hepp/Heidorn/Güllich 1992, 142). „Angst ist

eine zukunftsorientierte Emotion, gekennzeichnet durch Befürchtungen und das

Gefühl, zukünftige, möglicherweise bedrohliche

Situationen nicht kontrollieren zu können“

(Essau 2005, 17). Angst kann essentiell sinnvoll

sein, aber auch pathologisch werden. „Die

normale Angst ist ein Alarmzeichen für den

Organismus, das ihn in die Lage versetzt, einer

tatsächlichen oder vermuteten Bedrohung

gegenüberzutreten und sie zu bewältigen bzw.

zu beseitigen“ (ebd.). Viele Situationen im

Leben von Kindern und Jugendlichen lösen ein

solches Gefühl aus: Die Angst vor Neuem

(Schule, Berufsausbildung, etc.), neuen Per-

sonen, neuen Erfahrungen oder unbekannten

Entwicklungen. Diese Angst kann oft hemmend

wirken und Menschen davon abhalten, diesem

Neuen bzw. Unbekannten gegenüberzutreten.

Lernt die Person mit dieser umzugehen, kann die Angst neue Möglichkeiten und Wege

eröffnen, da sie fordert Situationen zu kontrollieren und befähigt diesen „Bedrohungen“

gegenüberzutreten (vgl. ebd.).

35

Abbildung 6: Höhenüberwindung als

Angstüberwindung (Foto Birgit Egger)

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Abbildungsverzeichnis

Ein/Eine KletterIn muss ein gewisses Maß an Mut aufbringen, um eine Wand hoch zu

klettern. Schritt für Schritt kann an Höhe gewonnen werden und man wird mit neuen

Strukturen an der Wand und Ungewissheit konfrontiert. Dafür sind Flexibilität und

Angstüberwindung wichtig (vgl. Brück/Boecker 2004, 116). Beim Klettern kann das

Risiko zu stürzen nie völlig ausgeschaltet werden, welches aber ein hohes Maß an

Kalkulierbarkeit darstellt, da der Sturz beim Sportklettern und Bouldern keine Lebens-

gefahr darstellt (vgl. Brandauer 1994, 19).

Hinsichtlich des Kletterns kann angenommen werden, dass nach wiederholten Stürzen

ein Umgang mit Angst erlernt werden kann, da ein Vertrauen zum Seil und dem

Sichernden entsteht. Entwickelt sich beim Klettern eine ausgeprägte Angstbewältigung

und mentale Stärke, eröffnen sich neue Klettermöglichkeiten und verschiedene Routen

oder neue Techniken können erlernt werden. „Trotz objektiver Sicherheit kann die

subjektive Begegnung mit Angstgefühlen und persönlichen Grenzen für tief greifende

Erfahrungen bei den einzelnen Teilnehmern und der Gruppe sorgen, was zu einer

gesteigerten oder veränderten Eigenwahrnehmung und Selbsterfahrung anregen und

zu bewussten Erfahrungen bisher verdrängter oder unbewusster Seiten der Persön-

lichkeit führen kann“ (Brück/Boecker 117).

Wird der neu erlernte Umgang mit Angst bzw. Angstüberwindung mit Kindern und

Jugendlichen gut reflektiert, kann eine Übertragung des Erlernten ins alltägliche Leben

erfolgen, und die AdressatInnen lernen, das scheinbar gefahrvolle und bedrohliche

Situationen nicht immer sein müssen, wie sie erscheinen.

Selbständiges Handeln

Grundsätzlich erkennen ForscherInnen Kinder heute als aktiv und kompetent an, was

ihre Entwicklung betrifft. Diese sind fähig, sich eigenständig zu entwickeln und trauma-

tischen Problemen und Krisen widerstandsfähig zu begegnen, ohne dabei langfristig

darunter zu leiden. Trotzdem ist eine fördernde Umgebung, die vor allem den Kindern

den Freiraum lässt, sich zu Entwickeln, von Nöten, um diese bei der selbstständigen

Entwicklung zu unterstützen. Dieses rechte Maß an Selbstständigkeitsgewährung,

Selbstständgkeitszumutung und Selbstbeschränkung muss von den Erziehenden

gefunden werden, was wahrlich nicht einfach ist, um letztendlich förderlich zu sein.

(vgl. Göppl 2007, 113ff.) Vielen Kindern und in späterer Folge Jugendlichen kommt

diese Förderung nicht zu Teil und sie haben folglich Probleme, eigenständig zu ent-

scheiden und zu handeln.

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Abbildungsverzeichnis

Klettern fordert von seinen TeilnehmerInnen Eigeninitiative und Eigenständigkeit. Der

Sport beinhaltet Prozesse mit offenen Bewegungsabläufen und permanent neue

Gestaltungsräume, die keine vereinheitlichten Bewegungsmuster festschreiben.

KletterInnen müssen situativ entscheiden und die Kletterbewegung individuell an den

Gestaltungsraum anpassen. Sie müssen für sich eine bestmögliche Lösung finden.

Somit wird die Eigeninitiative und Eigenständigkeit in den Vordergrund jeder Bewegung

gestellt (vgl. www.fh-frankfurt.de, 60ff. 29.03.2010) und gefördert.

Leistungsbereitschaft

Beim Klettern erfordert die Bewältigung von Routen psychische und physische

Höchstleistungen. Hierbei geht es einerseits um die eigene Auseinandersetzung mit

dem Fels bzw. der Route und andererseits auch um den Leistungsvergleich mit

anderen SportlerInnen, (vgl. Brandauer 1994, 19) denn Leistung bedeutet in einer

Dimension der Selbstwahrnehmung, sich zu messen, auszuwerten und die eigene

Leistungsgrenze und die der anderen zu erfahren, sie zu akzeptieren und zu

respektieren. „Diesbezüglich steht die Kletterleistung in engem Zusammenhang mit

dem Selbstbild der persönlichen Leistungsfähigkeit, welches das Selbstwertgefühl und

die Stellung in der Gemeinschaft in Abhängigkeit vom persönlichen Können definiert“

(Winter 2000, 22). Dies bedeutet, dass eine Person sich über sein/ihr Können bzw.

seine/ihre Leistungen definiert. („Ich bin, was ich kann“). Dies wird dann in die Gemein-

schaft eingebracht und das Individuum findet somit seinen/ihren Platz. Viele Kinder und

Jugendliche benötigen den Wettkampf, denn sie finden ihre eigenen Leistungsgrenzen

heraus, indem sie diese mit anderen messen. Bei verschiedenen Spielen oder Wett-

bewerben können diese Grenzen ausgetestet werden. Andere wiederum erfahren ihre

Selbstwahrnehmung über die individuellen Erfahrungen, ohne sich mit anderen zu

messen. Gerade in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sollte reflektiert gearbeitet

werden, um das Selbstwertgefühl der KlientInnen nicht zu verschlechtern („Ich bin

nichts, weil ich nichts kann“.) (vgl. Winter 2000, 22).

Diesbezüglich sollte die erbrachte Leistung bei den meisten Kindern und Jugendlichen

mit der zeitlichen Komponente verglichen werden. Etwa so; „Was habe ich letztes Mal

geschafft, was schaffe ich heute“. Hierbei sollte jeder kleinste Fortschritt aufgezeigt

werden. (Ein Griff mehr, ein Tritt mehr, eine gute, ästhetische Bewegung, etc.) Die

eigenen Grenzen sollen ausgetestet und Ziele gesetzt werden, welche durch

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Abbildungsverzeichnis

wiederholtes Üben erreicht werden können. Werden diese Ziele selbst gesetzt, ist die

eigene Leistung einfacher zu erkennen.

Gegensätze

Beim Klettern lernen KletterInnen sich mit Gegensätzen in Situationen auseinanderzu-

setzen (vgl. stud.paedak-krems.ac.at, 26.03.2010, 3). Klettern als Erleben von Gegen-

sätzen ist geprägt durch Anstrengung und Erholung, Misserfolg und Erfolg, Angst und

Freude, leichten und schweren Passagen, Vertrauen erleben und Vertrauen schenken,

flachem und steilem Gelände, etc. (vgl. Klein/Schunk 2005, 17). Diese Gegensätze

müssen akzeptiert und angenommen werden um die eigene Position darin zu finden.

Die Gegensätze dürfen nicht als ausschließlich negativ oder positiv bewertet werden.

Kinder und Jugendliche lernen beim Klettern den Dualismus zu erkennen, dass die

eine Seite ohne die andere nicht funktionieren bzw. existieren kann. Man kann beim

Klettern keine Freude erleben, wenn nicht zwischenzeitlich ein klein wenig Angst

vorhanden ist, die man akzeptiert und überwindet.

3.3.3 Soziale Faktoren

Neben den psychischen und biologischen Aspekten des Kletterns, welche eben

beschrieben wurden, nehmen die sozialen Faktoren eine wichtige Rolle bei den

positiven Aspekten des Kletterns ein. Diese werden in folgendem Teil dieser

Diplomarbeit exemplarisch am Gemeinschaftserleben und der wichtigen Thematik des

Vertrauens beschrieben.

a. Gemeinschaftserleben

Der sportliche Akt Klettern stellt grundsätzlich eine individuelle Tätigkeit dar. Bei der

Betätigung sind die KletterInnen generell auf sich alleine gestellt und müssen selbst

entscheiden, wie am bestmöglichsten gehandelt werden soll. (vgl. Brandauer 1994 19).

Im Gegensatz dazu ist man beim Klettern im Gesamten in einer Seilschaft7 nie auf sich

allein gestellt. Die Sichernden stehen den Kletternden in vielerlei Hinsicht als Unter-

stützung zur Seite. In erster Linie sichern sie die Kletternden und sorgen für ihren

Schutz. Außerdem geben sie den Kletternden Rat und Hilfe bei komplexen Kletter-

stellen, wenn diese nicht mehr weiter wissen. Vom Boden aus werden oft andere

7 Zwei Leute, ein Kletterer und ein Sicherer, bilden eine Seilschaft

38

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Abbildungsverzeichnis

Lösungswege gesehen, als wenn man sich direkt in der Wand befindet. Durch An-

feuern oder Motivieren stehen die Sichernden den Kletternden auch als moralische

Unterstützung zur Seite. Häufig wird erst durch die Zusammenarbeit der Einzelnen der

Erfolg an der Kletterwand möglich (vgl. Winter 2000, 24).

Klettern als Sport wird von Außenstehenden oft als riskant und „als abstrus“ betrachtet.

Die KletterInnen erzeugen in der Folge häufig Verständnislosigkeit. In der Gruppe

(„Szene“) wird das Individuum verstanden und motiviert (vgl. Brandauer 1994, 19).

Innerhalb dieser „Szenen“ bildet sich häufig ein eigener Kletter-Jargon, der das

Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe verstärkt. Kinder und Jugendliche können

sich dieser Gruppe zugehörig fühlen und wichtige soziale Spielregeln bzw. Verhalten-

sweisen für den Umgang mit Kameraden lernen. (Verantwortung übernehmen und

übergeben, verantwortungsbewusster Umgang mit dem Material, freundlicher Umgang

mit Kameraden, gegenseitiges Motivieren, Zusammenarbeit bei Planung oder

Problemlösungen, etc.)

Im Gegensatz zu anderen Sportarten entstehen beim Klettern häufige Ruhephasen,

die interpersonelle Kommunikation fördern können.

Ein weiterer zentraler Punkt beim Gemeinschaftserleben ist das Abenteuer bzw. die

Grenzerfahrung. Situationen, die Menschen an ihre Grenzen bringen und die quasi zu

zweit durchgestanden werden, fördern eine feste Bindung. Beim Klettern entstehen

häufig solche Situationen, etwa bei einem Sturz oder einem „gefährlichen“ Zug8.

Werden solche Situationen in der Seilschaft gemeistert, entspringt solchen Situationen

meist ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Bei Gruppen mit Kindern und Jugendlichen kann das Gemeinschaftsgefühl mit koope-

rativen Kletterspielen zusätzlich gefördert werden. Kletterprobleme sollten immer

gemeinsam gelöst und Ausflüge oder Kletterprojekte wenn möglich gemeinsam geplant

werden. Ergibt sich die Möglichkeit, so können Kinder und Jugendliche im Team

Routen an künstlichen Kletterwänden bauen9 und bewältigen.

Verantwortung geben und annehmen

Während des Kletterns ist in erster Linie jede Person für sich selbst verantwortlich.

Sollte es zu einem Sturz kommen, ist die Abschiebung dieser Verantwortung unmög-

lich.8 Einen Zug machen – sich an einem Griff hinaufziehen; das eigene Körpergewicht über den Griff

bringen9 Eine Route bauen – eine Route entwickeln und Griffe und Tritte an die Wand schrauben

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Abbildungsverzeichnis

Ein großer Teil der Verantwortung liegt jedoch auch, im wahrsten Sinne des Wortes, „in

den Händen der Sichernden“. Wie bereits erwähnt wurde, sind diese verantwortlich für

die Gesundheit der Kletternden und wirken nebenbei als Unterstützung und Motivation.

Beim gegenseitigen Sichern lernen Kletternde, sich auf ihre PartnerInnen zu verlassen

und im Gegenzug dazu Verantwortung für andere zu tragen (vgl. Winter 2000, 24).

In dieser Hinsicht wird beim Klettern Verantwortung übernommen und Verantwortung

übergeben. Übernommen wird diese über die körperliche Unversehrtheit des/der

PartnerIn durch konsequentes und konzentriertes Sichern und langsames und kontrol-

liertes Ablassen. Bevor der/die PartnerIn losklettert, wird außerdem immer ein Partner-

check10 gemacht, bei dem die Knoten und das Sicherungsgerät kontrolliert werden.

Übernommen wird außerdem die Verantwortung für sich selbst durch konzentriertes

Klettern, ausreichende Vorbereitung und entsprechendes adäquates Einschätzen der

eigenen Fähigkeiten bezüglich der Schwierigkeitsgrade der Route. Bei der Übergabe

der Verantwortung vertraut man den Fähigkeiten der Sichernden (vgl. Winter 2000,

24f.). Bei dieser Übergabe werden die eigenen Fähigkeiten trainiert, Menschen einzu-

schätzen und den sichernden Personen zu vertrauen. Ohne dieses Vertrauen kann es

zu keinem „guten Gefühl“ beim Klettern kommen, denn es könnten sich Angstgefühle

oder Emotionen des Unwohlseins einstellen. Wie kann auch angstfrei geklettert, wenn

man seinem/seiner PartnerIn oder dem eigenen Können nicht vertraut?

3.4 Zusammenfassung

Folgt man der Annahme des Biopsychosozialen Modells und geht davon aus, dass das

menschliche Verhalten durch divergente Faktoren beeinflusst wird, die Beziehungen

zueinander haben, welche in Wechselwirkung treten und miteinander verbunden sind,

und setzt diese in Verbindung mit den verschiedenen positiven Aspekten des Kletterns,

welche im vorigen Kapitel beschrieben wurden, kann die Fragestellung, ob durch das

Klettern persönlichkeitsbildende Vorteile auf der biologischen, psychischen und

sozialen Ebene entstehen, subsumierend als positiv bewertet werden. Folglich können

diese positiven Aspekte auf das Individuum zurückgeführt werden, was bedeutet, dass

sie somit eine pädagogische, präventive bzw. intervenierende Möglichkeit für die

Soziale Arbeit bringen.

10 Am Beginn jeder Route kontrollieren sich der Kletterer und der Sicherer gegenseitig; Gurt, Knoten,

Karabiner, Sicherungsmaterial;

40

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Abbildungsverzeichnis

Weitere bedeutende positive Gesichtspunkte beim Klettern wie „das Selbstver-

trauen/Selbstbewusstsein/Selbstwertgefühl“ wurden nicht speziell angeführt, da sich

diese Punkte aus der Summe der angeführten Aspekte ergeben. Beispielhaft erklärt

bedeutet dies, wenn die kletternde Person zuerst auf sich alleine gestellt ist, Verant-

wortung für ihr Handeln übernimmt, Grenzerfahrungen macht und ihre Angst überwin-

det, tritt ein individuelles Erfolgserlebnis ein. In nächster Folge öffnet sie sich der

Gruppe bzw. dem/der SicherungspartnerIn und wird im besten Fall angenommen.

Der/die Kletterer/in kann somit an Selbstsicherheit und folglich an Selbstwertgefühl

wachsen (vgl. www.fh-frankfurt.de, 29.03.2010).

Inwieweit die biologischen, psychischen und sozialen Effekte des Kletterns

sozialarbeiterisch genützt werden können, wird in den folgenden Kapiteln erarbeitet.

Hierfür kommt es zu einer methodischen/theoretischen Einbettung des Sports in das

Konzept bzw. der Methode der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit nach Hans

Thiersch und der Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit. Vorher wird die

Lebensweltorientierung und die Erlebnispädagogik ausführlich beschrieben und das

Klettern als Intervention dargelegt.

41

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Abbildungsverzeichnis

4 Lebensweltorientierung

„Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu

schaffen macht, ist der Alltag.“

(Anton Pawlowitsch Tschechow)

4.1 Geschichte

Das Konzept bzw. die Methode, wie sie oft in verschiedener Literatur bezeichnet wird,

der lebensweltorientierten Sozialen Arbeit beschäftigt sich mit dem Alltag und der

Lebenswelt der AdressatInnen. „Lebensweltorientierte Soziale Arbeit ist nur im Kontext

ihrer theoretischen Annahmen und Konzepte zu verstehen“ (Grunwald/Thiersch 2004,

17). Damit ist gemeint, dass die lebensweltorientierte Soziale Arbeit sich mit Fragen

des Alltagslebens ihrer AdressatInnen beschäftigt und die darauf bezogenen

Hilfeleistungen, was oft dazu führt, dieses Konzept in ihrer Komplexität abzuwerten, da

eine Alltagsbeschreibung ohnehin im „gesunden Menschenverstand“ vorhanden ist.

Sozusagen sei alltagsorientiertes sozialpädagogisches Handeln bezogen auf die

Alltagserfahrungen das, was einem in der Situation einfällt. Um die lebensweltorien-

tierte Soziale Arbeit als Arbeitsansatz, Methode bzw. Konzept zu etablieren, greift sie

auf verschiedene Wissenschaftskonzepte zurück, aus welchen sich die Kriterien zur

Unterscheidung von Alltagserfahrungen und gelungener Sozialen Arbeit ergeben (vgl.

ebd. 17).

Zum einen orientiert sich die lebensweltorientierte Soziale Arbeit an der hermeneu-

tisch-pragmatischen Pädagogik, bei der die Frage nach dem Alltag und der jeweils

individuellen Welt der Menschen bestimmend ist. Sie ist interessiert an der alltäglichen

Praxis des Verstehens und dem Handeln, das daraus entsteht. Die hermeneutisch-

pragmatische Pädagogik rekonstruiert dieses Praxis- und Alltagswissen und entwickelt

daraus die Methode „des höheren Verstehens“, das eine Entlastung des Handlungs-

drucks ermöglichen soll. Dies bringt eine kritische Distanz zur „laienhaften“

Alltagspraxis, ohne dabei die Perspektive des Alltags und das darin liegende Handeln

abzuwerten (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, 17).

Zum Zweiten ist Lebensweltorientierung geprägt durch das phänomologisch-interaktio-

nistische Paradigma das beschreibt, dass die Lebenswirklichkeit der Menschen und

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Abbildungsverzeichnis

deren Handlungsmuster unter dem Gesichtspunkt der Alltäglichkeit rekonstruiert

werden. Dies bedeutet unter anderem, dass der Alltag die ausgezeichnete Wirklichkeit

der Menschen ist. „Die alltägliche Lebenswelt ist strukturiert durch die erlebte Zeit, den

erlebten Raum und die erlebten sozialen Bezüge; in ihr wird pragmatisch Relevantes

von Nicht-Relevantem unterschieden; Interpretationen und Handlungen gerinnen zu

Alltagswissen und Routinen“ (Grunwald/Thiersch 2004, 18). Der Mensch sieht die

Rekonstruktion seiner alltäglichen Lebenswelt in den alltäglichen Verhältnissen, die er

auch aktiv mitgestalten kann.

Das dritte Wissenschaftskonzept, an dem sich die lebensweltorientierte Soziale Arbeit

orientiert, ist die kritische Variante der Alltagstheorie bei der „die Doppelbödigkeit von

Gegebenem und Aufgegebenem, von Realität und Möglichkeit in den Vordergrund“

(ebd.) rückt. Alltag kennzeichnet sich durch Routinen, die eine entlastende Funktion

haben können. Dies bringt Sicherheiten und Produktivität für die Menschen in ihrem

Handeln mit sich. Andererseits können Routinen auch eine gewisse Enge und Unbe-

weglichkeit erzeugen, die den Menschen in seinen individuellen Wünsche und Grund-

bedürfnisse einschränken können. Die Intention der kritischen Alltagstheorie liegt darin,

einerseits die Ressourcen zu sehen, die Enge einzuschränken und zu destruieren und

andererseits verborgene Möglichkeiten aufzuzeigen und eine Möglichkeit eines

gelingenderen Alltags hervorzurufen (vgl. ebd.).

Zum Vierten bezieht sich das Konzept der Lebensweltorientierung auf die Analyse

gesellschaftlicher Strukturen. Diese meint, dass Wirklichkeit immer durch die gesell-

schaftlichen Strukturen und Ressourcen bestimmt ist. Die Lebenswelt ist somit eine

Schnittstelle zwischen dem Objektiven und dem Subjektivem. Grunwald und Thiersch

(2004) beschreiben dies auf einer fiktiven Bühne, auf der jeder Mensch eine Rolle hat

in der er mit anderen Figuren (Menschen) nach bühnenspezifischen Regeln

miteinander agiert. Das Konzept der Lebensweltorientierung stützt sich auf die Veran-

schaulichung der gesellschaftlich-sozialen Ressourcen (finanzielle, materielle, ideolo-

gische und soziale Ressourcen) der Lebenswelt und auf die Untersuchung zur Be-

stimmung von gesellschaftlichen und sozialen Lebensmustern, wie zum Beispiel die

Geschlechterrollen, diverse kulturelle Unterschiede, etc.

Zusammenfassend kann die lebensweltorientierte Soziale Arbeit als theoretisches

Konzept der Sozialen Arbeit verstanden werden, „das seinen Ausgang nimmt in der

Verbindung der Traditionen der hermeneutisch-pragmatischen Erziehungswissenschaft

mit dem interaktionistischen Paradigma, reformuliert im Kontext der kritischen Alltags-

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Abbildungsverzeichnis

theorie und bezogen auf die Gesellschaftsanalyse zu Ungleichheiten und Offenheiten

in der reflexiven Moderne“ (ebd. 19).

4.2 Begriffe und Merkmale

4.2.1 Die Lebenswelt

Die Rekonstruktion der Lebenswelt lässt sich wieder in vier verschiedenen Aspekten

darstellen:

(1) Der Mensch wird grundsätzlich nicht als abstraktes Individuum verstanden, son-

dern als Person, die eingebettet ist in ihre Erfahrungen einer Wirklichkeit in der

sie sich befindet. Die Ressourcen (materiell und symbolisch) sind gegliedert in

die zeitlichen, räumlichen und sozialen Erfahrungen (vgl. Schütz 1974 in:

Grunwald/Thiersch 2004, 20). „Menschen werden gesehen in der pragma-

tischen Anstrengung, die Vielfältigkeit der in der Lebenswelt ineinander ver-

quickten Aufgaben zu bewältigen; Routinen […] entlasten, bestimmen aber in

der Selbstverständlichkeit ihrer Pragmatik auch, was gleichsam unhinterfragt

selbstverständlich ist oder als verhandlungsfähig/bedürftig gilt“

(Grundwald/Thiersch 2004, 20). Schwierigkeiten ergeben sich darin, sich jen-

seits von den gesellschaftlichen Prinzipien zu arrangieren und sich trotzdem zu

behaupten. Defizitäres Verhalten erscheint in diesem Konzept immer als Er-

gebnis einer Anstrengung am Rande der gesellschaftlichen Prinzipien zu

agieren, das aber für das Individuum in seiner Wirklichkeit in Ordnung ist (vgl.

Grundwald/Thiersch 2004, 20).

(2) Die Lebenswelt ist immer gegliedert in unterschiedliche Lebensräume oder Le-

bensfelder und deren Funktionen. Damit sind Familie, Arbeit, Peer-Groups etc.

gemeint. Indem Menschen mit verschiedenen Lebensfeldern der verschiedenen

Personen konfrontiert werden, steigern und ergänzen sich diese Lebenswelten

gegenseitig. Andererseits können sie sich auch blockieren. Das Konzept der

Lebenswelt beschäftigt sich damit, die lebensweltlichen Verhältnisse in den

verschiedenen Lebenswelten der Menschen, deren Spannungen und Konflikte

mit den zugehörigen Bewältigungsaufgaben zu vermitteln und neu erworbene

lebensweltliche Ressourcen aufzuzeigen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, 20f.).

44

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Abbildungsverzeichnis

(3) Der dritte Zugang zum Konzept der Lebenswelt ist normativ-kritisch. Dies

bedeutet, dass Ressourcen, Handlungsmuster und Deutungen im Alltag der

Menschen immer als widersprüchlich erfahren werden, da sie einerseits Ent-

lastung schaffen durch soziale Sicherheit, Phantasie und Kreativität, anderer-

seits engen sie ein, grenzen aus und blockieren. (vgl. Grunwald/Thiersch 2004,

21).

(4) Zum Vierten ist das Konzept der Lebenswelt ein historisch und sozial konkretes

Konzept. Lebenswelt befindet sich in einem Doppelspiel zwischen gesellschaft-

lichen Hintergrund und lebensweltlichen Vordergrund. Die allgemeinen Muster

der Lebensbewältigung sind geformt und bestimmt durch die heutigen Gesell-

schaftsstrukturen, betreffend soziale Ungleichheiten und Offenheiten (vgl.

Grundwald/Thiersch 2004, 22). Als historisch und sozial konkretes Konzept

verfolgt die Lebensweltorientierung die Brüchigkeit der eigensinnigen Lebens-

gestaltung der Menschen, ihrer sozialen Bezüge und gesellschaftlichen Ver-

bindlichkeiten (vgl. ebd.).

4.2.2 Handlungsmaxime der lebensweltorientierten Sozialen Ar-beit/Sozialpädagogik

Die lebensweltorientierte Soziale Arbeit ist in fünf Strukturmaximen bzw.

Handlungsmaximen organisiert. Die Bezeichnung variiert in verschiedenen

Publikationen, in dieser Arbeit wird von Handlungsmaximen gesprochen. Die Präven-

tion, Regionalisierung und die Alltagsnähe deuten dabei als Bezugspunkte auf die

lebensweltliche Erfahrung, wobei die Integration und Partizipation auf kritische und

sozialethische Dimensionen im Zeichen sozialer Gerechtigkeit verweisen. Im Folgen-

den möchte die Autorin die einzelnen Handlungsmaximen genauer erklären.

(1) Prävention zielt auf die Stabilisierung von belastbaren und unterstützenden

Infrastrukturen bei einem Menschen. Durch die Ausbildung allgemeiner Kom-

petenzen zur Lebensbewältigung versucht Prävention nicht erst zu helfen,

wenn sich Probleme und Schwierigkeiten im Leben eines Menschen verhärten,

sondern rechtzeitig einzugreifen wenn zu erwarten ist, dass Überforderung und

Belastung sich zu Krisen auswachsen (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, 26-28).

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Abbildungsverzeichnis

Im achten deutschen Jugendbericht von 1990 (Schilling/Zeller 2007, 169) setzte

sich eine präventive Orientierung durch. Primäre Prävention versteht sich, dafür

zu sorgen, dass Kinder und Jugendliche in lebenswerten und stabilen Verhält-

nissen leben, die nicht zu Konflikten oder Krisen führen. Sekundäre Prävention

wird als vorbeugende Hilfe in Situationen beschrieben, „die erfahrungsgemäß

belastend sind und sich zu Krisen auswachsen können“ (vgl. www.aba-

fachverband.org, 16.03.2010). Hilfe in akuten Situationen, im Sinne der Prä-

vention, ist im Aufgabenspektrum der Jugendhilfe anzusiedeln, und bezogen

auf die gesamte Soziale Arbeit und deren Handlungsfeldern nicht als

unwichtiger hinzunehmen (vgl. Schilling/Zeller 2007, 169). Prävention verführt

häufig dazu, immer vom schlimmsten Fall auszugehen, dass heißt nur durch

Kontrolle zu helfen. Prävention soll aber keinesfalls zu einem Instrument der

frühzeitigen Kontrolle werden.

(2) Alltagsnähe ist zunächst die präsente Hilfe in der Lebenswelt von KlientInnen.

Damit ist in der Sozialen Arbeit/Sozialpädagogik auch gemeint, Angebote so

niederschwellig und erreichbar als möglich für ihre AdressatInnen zu gestalten.

Im Weiteren meint Alltagsnähe eine ganzheitliche Hilfe, die den Lebenserfah-

rungen und Lebensdeutungen der individuellen Lebenswelt gerecht wird (vgl.

Grunwald/Thiersch 2004, 26-28). Ausgehend von der tendenziellen Distanzie-

rung vom Alltag in der institutionalisierten Sozialen Arbeit, versucht eine le-

bensweltorientierte Jugendhilfe organisatorische, institutionelle und temporäre

Zugangsbarrieren abzubauen, um im Erfahrungsraum der Jugendlichen

unmittelbar anwesend zu sein (vgl. www.aba-fachverband.org, 16.03.2010).

Wie bereits Anfang des Kapitels beschrieben worden ist, wird Alltagsorientie-

rung häufig mit unprofessionellem Handeln verwechselt. Dem soll auch durch

das Konzept der Lebensweltorientierung entgegen gewirkt werden.

(3) Dezentralisierung/Regionalisierung meint wie in der Alltagsnähe die Präsenz

der Hilfen soweit in die Lebenswelten der KlientInnen zu integrieren, damit

diese an die regionalen/lokalen Strukturen der Menschen angepasst werden

können (vgl. Grunwald/Thiersch 2004, 26-28). Das zentrale Ziel hierbei ist, An-

gebote und Organisationsstrukturen so zu verlagern, damit die

Zugangsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche erleichtert werden. Zentrale

Voraussetzung hierfür ist eine gute regionale Erreichbarkeit und

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Abbildungsverzeichnis

niederschwellige Angebote (vgl. Bassarak 2006, 216). Im Weiteren ist eine

„Verlagerung von Zuständigkeiten an die Basis und die daraus resultierende

Planung und Kooperation der beteiligten Personen“ (Schilling/Zeller 2007, 170)

notwendig. Dies bedeutet, dass es zu einer Übertragung beruflicher Handlungs-

und Entscheidungsmöglichkeiten von den jeweiligen Führungskräften und

deren Ebene auf die Ebene der Beratungs- und Arbeitsebene in der Sozialen

Arbeit kommt. Somit erlangen Fachkräfte in Einrichtungen eine freie Entschei-

dungskompetenz, tragen aber im Gegenzug mehr Macht und Verantwortung für

ihr eigenes Handeln (vgl. Bassarak 2006, 216). Gerade für die Arbeit als So-

zialarbeiterIn/SozialpädagogIn ist es bedeutsam, eigenständig arbeiten zu

können, da in professionellen Situationen meist akuter Handlungsbedarf be-

steht, und oft keine Zeit besteht, höhere Instanzen in den Führungsebenen zu

kontaktieren.

(4) Integration zielt, einfach formuliert, auf eine Nicht-Ausgrenzung und eine Grund-

gleichheit der Ansprüche für jeden. Thiersch möchte in seinem Ansatz das

sozialpädagogische Konzept der lebensweltorientierten Sozialen Ar-

beit/Sozialpädagogik so gestalten, dass das Leistungsangebot für Menschen

ohne bestimmte Problemlagen gilt, also präventiv, aber auch für Menschen die

diverse Problemstellungen aufweisen bzw. sich in belastenden

Lebensumständen befinden (vgl. Schilling/Zeller 2007, 1970). Integration ist

aber keinesfalls mit einer Anpassung an die gesellschaftlichen Normal-

vorstellungen zu verwechseln um etwa soziale Hintergründe zu verdrängen. Die

Lebenswelten bzw. das Verhalten der AdressatInnen soll dabei nicht verändert

werden, um sich an die Gesellschaft gänzlich anzupassen (vgl.

Grunwald/Thiersch 2004, 27).

(5) Partizipation realisiert sich in Mitbestimmung und Beteiligung seitens der

AdressatInnen. „Wenn lebensweltorientierte Jugendhilfe darauf hinzielt, dass

Menschen sich als Subjekte ihres eigenen Lebens erfahren, ist Partizipation

eines ihrer konstitutiven Momente“ (www.aba-fachverband.org, 16.03.2010).

Dafür müssen Voraussetzungen im Setting geschaffen werden, die eine Par-

tizipation der AdressatInnen ermöglichen. Die Partizipation muss aber un-

bedingt auch als Teilhabe der Sozialen Arbeit an den anderen Bezugs-

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Abbildungsverzeichnis

disziplinen und institutionalisierte Zusammenschlüsse gelten (vgl.

Grunwald/Thiersch 2004, 26-28).

Diese Handlungsmaximen sollten als zentrale Orientierung und Versuch zur

Strukturierung des Konzepts der lebensweltorientierten Sozialen

Arbeit/Sozialpädagogik gesehen werden, die bestehend sind für weitere Ent-

wicklungen. Zusammenfassend kann jedoch gesagt werden, dass die

Sozialpädagogik nach Hans Thiersch bzw. die lebensweltorientierte Soziale

Arbeit/Sozialpädagogik sich an die jeweilige Lebenswelt ihrer AdressatInnen richtet.

Diese gibt Hilfe zur Bearbeitung in sozialen Krisen bzw. Konflikten. Nach den fünf

Handlungsmaximen handelt sie präventiv, dezentralisierend bzw. regionalisierend

und gilt als Normalangebot für ihre AdressatInnen. Die lebensweltorientierte

Soziale Arbeit/Sozialpädagogik arbeitet im Alltag der KlientInnen und fordert bzw.

setzt Partizipation der Individuen voraus. Thiersch beschreibt seinen Ansatz noch

als „offensive Einmischung im Sinne der Adressaten“ (vgl. Schilling/Zeller 2007,

171).

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Abbildungsverzeichnis

5 Erlebnispädagogik

„Ich erlebe also bin ich.“

(Jean-Jacque Rousseau)

5.1 Geschichtliche Entwicklung der Erlebnispädagogik

Seit Mitte der 80er Jahr gilt die Erlebnispädagogik als handlungsorientierte Methode

der Erziehungswissenschaft und der Sozialpädagogik. Nach Auffassung von

HECKMAIR/MICHL (1994) wird als einer der „Urväter“ der Erlebnispädagogik der

Pädagoge und Philosoph Jean-Jacques Rousseau bezeichnet, der sich gegen eine

belehrende Form von Erziehung wandte. Rousseau entwickelte in seiner Auffassung

von Pädagogik ein Prinzip, das gemeinhin als „negative Erziehung“ bekannt ist. Bei

diesem Prinzip hält sich der/die ErzieherIn zurück, belehrt und bestraft nicht. Er/Sie

respektiert die Handlungen der Heranwachsenden und fördert diese, indem er/sie sie

eigene Erfahrungen machen lässt und sie ihr eigenes Urteil bilden können. Dies

passiert in abgesteckten Rahmenbedingungen (vgl. Raithel/Dollinger/Hörmann 2007,

106f.). Der/die ErzieherIn ist dazu da, pädagogische Situationen herzustellen und

aufzubauen. Die Auseinandersetzung und die darauf folgenden Handlungen des

Kindes bzw. der KlientInnen geschehen auf natürlichem Wege, ohne Eingriff seitens

der ErzieherInnen, und werden respektiert.

Rousseau geht außerdem davon aus, dass der Mensch von Natur aus gut ist. Erst

verschiedene Einflüsse, Institutionen oder die Kultur lassen ihn böse werden. Geht

man von diesem Gedanken aus und hält man sich an die „negative Erziehung“

Rousseaus, dann geht die Erziehung den Gang der Natur (vgl. Gudjons 2008, 84ff.).

Diesbezüglich ist „das unmittelbare Lernen über die Sinne und nicht belehren und

unterrichten die Lebenswelt des Kindes“ (Heckmair/Michl 1994, 8). Die Logik

Rousseaus besagt somit: „Wer handelt lernt besser und mehr, und wer gut handelt,

wird ein guter Mensch […]“ (ebd.). Mit dieser Logik legte er den Grundstein für die

heute handlungsorientierte Erlebnispädagogik.

Im Weiteren sollte der Umgang mit und in der Natur einen Bestandteil erzieherischen

Handelns darstellen (vgl. Galuske 2009, 241), denn für ihn bietet sie Raum um Fähig-

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Abbildungsverzeichnis

keiten und Kräfte zu entwickeln. Der Mensch als Erzieher lehrt uns den Gebrauch

dieser Fähigkeiten (vgl. Raithel/Dollinger/Hörmann 2007, 106f.).

Die „Natur und der Mensch“ als Erzieher werden in der Erlebnispädagogik wieder-

gefunden. Die Gegebenheiten bzw. Möglichkeiten, die die Natur bietet, ermöglichen

KlientInnen neue Fähigkeiten zu lernen und Kräfte zu entwickeln.

SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen bzw. ErlebnispädagogInnen stehen als

Unterstützung zur Verfügung, um zu lehren, mit neuen Fähigkeiten umzugehen. Zuletzt

verhelfen verschiedene neue Situationen, die erlebt werden, zu neuen Erfahrungen,

aus denen KlientInnen lernen können.

Als Begründer der „modernen Erlebnispädagogik“ kann der Reformpädagoge Kurt

Hahn angesehen werden. Seiner Ansicht nach wurde die Gesellschaft gekennzeichnet

von vier Verfallserscheinungen, welche FATKE (1993) wie folgt beschreibt: „den

Mangel an menschlicher Anteilnahme; den Mangel an Sorgsamkeit; den Verfall der

körperlichen Leistungsfähigkeit und Tauglichkeit; den Mangel an Initiative und

Spontaneität“ (vgl. Fatke 1993, Ziegenspeck 1992, Heckmair/Michl 1994 in: Galuske

2009, 242).

Bezogen auf Verfallserscheinungen der Gesellschaft, entwickelte Kurt Hahn eine

Erlebnistherapie, die eine Lösung des Problems bringen sollte. Er verwendete den

Begriff „Erlebnistherapie“ da die Angebote therapeutische Wirkung auf die Heran-

wachsenden besitzen sollten (vgl. Brück/Boecker 2004, 90). Seine Erlebnistherapie

beruht auf zwei Prinzipien: Erleben ist besser als belehren und Erziehung durch

Gemeinschaft, wo ein Bezug zu Rousseau wieder hergestellt werden kann (vgl.

Sommerfeld 1993, 32 f. in: Galuske 2009, 242). Des Weiteren sollte sie den oben-

genannten Erscheinungen entgegenwirken, indem sie sich auf vier Bereiche stützt:

Jugendliche werden angehalten, sozial nützliche Dienste zu leisten die das

Individuum vor ernsthafte Aufgaben stellt. Diese Aufgaben sollten erlebnisreiche

Erfahrungen bringen (vgl. Galuske 2009, 242). Möglich werde dies in engen

Lebensgemeinschaften, in denen Nächstenliebe und Nächstenhilfe praktiziert

werden können, mit dem Ziel, dem Frieden zu dienen (vgl. Brück/Boecker 2004,

91).

Körperliches Training in Form von naturbezogenen Übungen wie Bergsteigen,

Klettern, Segeln etc. fördern die Bewegung und körperliche Tauglichkeit der

Jugendlichen (vgl. Galuske 2009, 242).

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Abbildungsverzeichnis

Mehrtägige Expeditionen in Naturlandschaften werden selbst geplant und

realisiert (vgl. ebd.).

Planung und Umsetzung eines Projekts, bei dem es um ein zeitlich befristetes

handwerkliches und künstlerisches Vorhaben geht, mit dem Ziel, ein im

Vorhinein definiertes Produkt herzustellen (vgl. ebd.).

Nach Hahn hängt die Wirksamkeit seiner Erlebnistherapie von der Qualität des

Erlebnisses ab, also der Qualität der Aktion. Je mehr Erlebnis die TeilnehmerInnen aus

der Aktion wahrnehmen können, desto größer ist, laut Kurt Hahn, die „heilende Wir-

kung“ (vgl. ebd.).

Die moderne Erlebnispädagogik hatte 1930 mit der Dissertation von Waltraud Neubert,

einer Schülerin des Pädagogen Hermann Nohl, ihren Höhepunkt. Neubert entwarf ein

Konzept, worin ein Erlebnisunterricht in verschiedenen Fächern an der Schule ange-

wendet werden sollte. In der Zeit des Dritten Reiches wurde der ursprünglich geistes-

wissenschaftliche Gedanke der Erlebnispädagogik durch die Hitlerjugend, Bund

deutscher Mädchen und durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

verfälscht und Elemente der Erlebnispädagogik wurden für parteipolitische Zwecke

ausgenutzt. Nach 1945 und der Verdrängung von reformpädagogischen Ideologien

durch das Dritte Reich wurde die Erlebnispädagogik mit Vorsicht und Zurückhaltung

angewendet. Mit dem Wiederaufbau entstand ein Wettlauf der Systeme innerhalb

Europas und der Welt, bei dem die Optimierung der Lernleistung zentrales Ziel wurde.

Die Ganzheitlichkeit, in der die Erlebnispädagogik verankert ist, war nicht mehr wichtig

(vgl. Brück/Boecker 2004, 91f.). Heute kann die Erlebnispädagogik wieder einen neuen

Höhepunkt erleben, was auch an der in den letzten Jahren angestiegenen Anzahl an

Fachliteratur und Vielzahl an TrägerInnen und AnbieterInnen erlebnispädagogischer

Maßnahmen zu beobachten ist (vgl. Galuske 2009, 243). Jedoch ist sie hauptsächlich

in außerschulischen Bereichen angesiedelt und ihr wird zunehmend eine

sozialtherapeutische Rolle zugeschrieben (vgl. Brück/Boecker 2004, 91f.).

5.2 Theoretische Einbettung

Bis heute gibt es für die Erlebnispädagogik noch keine einschlägige theoretische

Fundierung. STAHLMANN (1994, 22 in: Otto/Thiersch 2005, 396) drückt dies wie folgt

aus: „Definitionsversuche und theoretische Fundierungen stecken bislang noch in den

Kinderschuhen. […] So entsteht der Eindruck, als würde der Begriff Erlebnispädagogik

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allzu oft als Metapher gebraucht“. SOMMERFELD (2001 in: Raithel/Dollinger/Hörmann

2007, 212) benennt für die „theoretische Fundierung“ verschiedene Stränge; zum einen

die erziehungswissenschaftliche und die sozialwissenschaftliche Herkunft und zum

anderen die Forschung. Wobei es sich bei der Forschung im engeren Sinne eigentlich

um eine wissenschaftliche Methode handelt und diese in dieser Arbeit nicht näher

erläutert wird. Die erziehungswissenschaftliche Herkunft bezieht sich hauptsächlich auf

die reformpädagogischen Klassiker mit Begriffen und deren zusammenhängende

Konzeptionen wie „(Mit-)Verantwortung, Gemeinschaft, soziales Lernen durch Handeln,

pädagogische Provinz, die bei diesen Klassikern in unterschiedlicher Gewichtung und

methodischer Umsetzung eine Rolle spielen“ (Raithel/Dollinger/Hörmann 2007, 212).

„Die hauptsächliche Form erziehungswissenschaftlicher Fundierung der

Erlebnispädagogik […] ist die begrifflich-systematische oder phänomenologische

Ausdeutung von Begriffen oder von als relevant vermuteten Strukturelementen der

erlebnispädagogischen Handlungsfelder und die argumentative Herstellung von

möglichen Zusammenhängen der Deutungen mit den verfolgten Erziehungszielen“

(Sommerfeld 2001, 397 in: Raithel/Dollinger/Hörmann 2007, 213).

Bei der sozialwissenschaftlichen Fundierung werden Theorien angegeben, wie

exemplarisch gezeigt die Sozialisationstheorie, die psychologische Tätigkeits- und

Handlungstheorie, die Theorie der Selbstwirksamkeit oder die humanistische Psycho-

logie. Grundsätzlich ist der zentrale Begriff das Handeln „als aktive Auseinander-

setzung mit der Umwelt zum Zwecke der Problemlösung bzw. Bewältigung von Um-

weltanforderungen, die den Lern- und Entwicklungsprozess vorantreiben“

(Raithel/Dollinger/Hörmann 2007, 213). Da zusammenfassend nicht der Mangel an

theoretischen Ansätzen und Konzepten zur Fundierung der Erlebnispädagogik das

Problem ist, sondern eher die Vielfalt an nicht strukturierten, unverbundenen Ansätzen,

erweckt dies eine Beliebigkeit, die die Erlebnispädagogik in mancher Hinsicht

unprofessionell erscheinen lässt (vgl. Sommerfeld 2005, 396). Um wenigstens einen

theoretischen Hintergrund der Erlebnispädagogik darzustellen, welcher der Autorin am

passendsten für diese Arbeit erscheint, wird im folgenden Kapitel die Erlebnis-

pädagogik theoretisch mit Hilfe der Humanistischen Psychologie fundiert.

5.2.1 Humanistische Psychologie

VÖLKER (1980, 5) meint in seinem Sammelband „Humanistische Psychologie“: „Das

Hauptanliegen der Humanistischen Psychologie besteht für mich darin, durch wissen-

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schaftliches und praktisches Handeln ihren Beitrag zur Entwicklung einer menschen-

gerechten und menschenwürdigen Umwelt zu leisten und Lebensverhältnisse zu

schaffen, welche sowohl die persönliche Entfaltung des einzelnen als auch seine

Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft fördern“.

Grundsätzlich entstand die Strömung der Humanistischen Psychologie daraus, ein

triebgesteuertes und mechanistisches Menschenbild zu überwinden, wie es in der

Psychoanalyse und dem Behaviorismus existiert. Die Humanistische Psychologie ist

davon überzeugt, dass besonders der Behaviorismus an Problemen der sozialen

Wirklichkeit vorbei geht bzw. ging. Ihre Anhänger gehen davon aus, dass sich die

Gesellschaft in einer kulturellen Krise befindet (Entfernung zur Natur, Entfremdung von

der Arbeit, Entfremdung vom Menschen zu seinen Mitmenschen und sich selbst,

Verlust der Traditionen, psychosoziale Probleme, etc.). Die Humanistische Psychologie

geht der Frage nach dem Sinn des Lebens bzw. der Daseinserfüllung nach (vgl. Völker

1980, 14). Wie bereits erwähnt, möchte sich die Humanistische Psychologie von den

Menschenbildern der Psychoanalyse und des Behaviorismus entfernen und ein

eigenes Menschenbild setzen, das der Natur des Menschen gerecht wird. Folgende

vier Postulate für ein Menschenbild der Humanistischen Psychologie entwickelten sich:

a. Autonomie

„Jeder Mensch ist zu Beginn seines Lebens biologisch und emotional von seiner

Umwelt abhängig“ (Völker 1980, 16). Babys und Kinder brauchen andere Menschen

um zu überleben. Dies rechtfertigt aber nicht, den Menschen, dessen Handeln nur aus

Reaktionen auf Umweltreize besteht, als vollständig triebgesteuert anzusehen. Wächst

der Mensch und wird älter, entwickelt er Beherrschung über seinen Körper und ist

fähig, Anforderungen des Lebens zu bewältigen. Der Organismus strebt dann nach

Unabhängigkeit von der äußeren Kontrolle durch die Umwelt. Dieses aktive Selbst

kann, trotz determinierender Einflüsse in die eigene Entwicklung eingreifen. Nach

Völker (1980, 16) bedeutet Autonomie, „daß [sic] es ein stark ausgeprägtes Streben

des Organismus gibt, sich selbst und die Umwelt zu beherrschen und dadurch un-

abhängig von äußerer Kontrolle zu werden“. Mit dieser Autonomie bekommt der

Mensch Verantwortlichkeit über sein Leben. Nur Individuen, die für sich selbst verant-

wortlich sein können, können Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen. Bemerkt

eine Person, dass sie sich selbst ändern kann, wird es ihr möglich sein, notwendige

Veränderungen an der Umwelt vorzunehmen (vgl. ebd.).

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Abbildungsverzeichnis

Selbstverwirklichung

Nach der humanistischen Psychologie zeigt der Mensch „die Tendenz, sich selbst und

seine Umwelt zu erforschen, nach Wissen zu streben und schöpferische Fähigkeiten

zu entfalten“ (Völker 1980, 17). Humanistische Forscher sehen dieses Streben nach

Selbstverwirklichung als Antriebskraft. Diese zielgerichtete Kraft bzw. Tendenz des

Menschen strebt danach, sich selbst zu erhalten, zu entfalten und Unabhängigkeit von

der äußeren Kontrolle zu entwickeln. „Auf biologischer Ebene ist damit die Tendenz

des Organismus zur Entwicklung und Differenzierung vorhandener Anlagen gemeint.

Auf der psychischen und sozialen Ebene sind Selbstverwirklichungstendenzen durch

die Entfaltung von Fähigkeiten, durch das Streben nach Wissen und die Freisetzung

des menschlichen Potentials an konstruktiven Kräften gekennzeichnet“ (Völker 1980,

18). Der Begriff Selbstverwirklichung wurde oft missverstanden. Die Selbstver-

wirklichungstendenz entfaltet sich bei einem Menschen nicht automatisch, sondern

kann von seiner Umwelt und dessen Bedingungen gefördert oder beeinträchtigt

werden. Sie kann sich nur in einem Austausch mit der sozialen Umgebung bzw.

Umwelt vollziehen (vgl. ebd.). Die deutsch-amerikanische Psychoanalytikerin Karen

Clementine Theodore HORNEY (1950 in: Völker 1980, 17) betont, „daß [sic] sich erst

der gesunde Mensch, der zu seinen Mitmenschen in einem Verhältnis echter Gegen-

seitigkeit steht, auf die Entfaltung seiner psychischen Kräfte konzentrieren kann“.

Wenn der Mensch also in einem guten Verhältnis zu seiner sozialen Umgebung steht,

kann er sich auf seine Entwicklung konzentrieren und somit in späterer Folge wieder

Veränderung auf seine Umwelt bewirken, die rückwirkend wieder positiv auf ihn wirkt.

Somit entsteht ein Kreislauf.

Ziel- und Sinnorientierung

Die Humanistische Psychologie geht davon aus, dass psychische Geschehen immer

zielgerichtet und bedeutungsvoll sind. Der Mensch strebt nach einem sinnvollen und

erfüllten Dasein (vgl. Völker 1980, 18f.). Dies kann jedoch nur funktionieren, wenn

Werte und Standards der Umwelt anerkannt werden und der Mensch als Wesen

gesehen wird, das bestimmte Werte bewusst oder unbewusst auf sein Leben wirken

lässt. Humanistische PsychologInnen nehmen an, dass es bei Verlust von Ziel-

und/oder Sinnorientierung zu psychischen Störungen kommen kann. Eigene Alltags-

erfahrungen führen zur Annahme, dass, wenn es einem Menschen nicht gut geht,

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dieser deprimiert ist oder an psychischen Störungen leidet, es helfen kann, ihm ein Ziel

zu geben. Mit dem Streben nach etwas „Bedeutendes“ bzw. „Wertvollem“, kann er

seinem Leben wieder „Sinn“ verleihen (vgl. ebd.).

Ganzheit

„Aus humanistischer Sicht läßt [sic] sich ein volles Verständnis der menschlichen

Existenz nur dann erreichen, wenn der ganze Mensch als handelndes Subjekt

betrachtet wird, als biologisches, psychisches und soziales Wesen“ (Völker 1980, 20).

Es besteht also eine wechselseitige Beziehung zwischen psychischen, biologischen

und sozialen Vorgängen, die den Menschen ganzheitlich ausmachen und beeinflussen.

Diese Sichtweise erinnert an das Biopsychosoziale Modell, das bereits behandelt

wurde (siehe Kapitel 3.1).

5.2.2 Erlebnispädagogik theoretisch fundiert

Die Humanistische Psychologie hat sich zur Aufgabe gemacht, menschliche Eigen-

schaften wahrzunehmen und anzuerkennen und Möglichkeiten zu fördern, durch die

der Mensch seine Fähigkeiten voll entfalten kann (vgl. Knohl 1980, 274). „Ein wesent-

liches Merkmal der Humanistischen Bewegung ist ihr anwendungsorientiertes, auf

Veränderung der Praxis gerichtetes Interesse und die Absicht, menschenwürdige

Bedingungen in den verschiedenen Lebensbereichen zu schaffen“ (Völker 1980, 30).

Diese Anwendungsorientierung wird unter anderem anhand der Erlebnispädagogik

deutlich. Grundsätzlich fußt die Erlebnispädagogik zum Teil auf der Humanistischen

Psychologie. Da die Erlebnispädagogik aber, wie bereits schon erwähnt, ihre Wurzeln

in verschiedenen Theorien und Ansätze hat, ist eine genaue Anführung der theore-

tischen Fundierung in der Humanistischen Psychologie literarisch nicht auffindbar. Die

Autorin möchte in diesem Unterkapitel den Bezug der Erlebnispädagogik zur Humanis-

tischen Psychologie komprimiert anhand von verschiedenen Beispielen darlegen.

Wie aus der Definition und den folgenden Kapiteln (siehe Kapitel 5.3) hervorgeht, ist

die Erlebnispädagogik handlungs- und erlebnisorientiert. Der österreichisch-

amerikanische Arzt und Begründer der humanistischen Therapieform Psychodrama,

Jacob Levy Moreno, war der Meinung, dass „erlebnismäßige und handlungs-

gebundene Auseinandersetzungen mit psychischen Konflikten“ (Völker 1980, 30) die

Fähigkeiten eines Menschen, zukünftige psychische Probleme selbst zu lösen, fördern.

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Erlebnispädagogik zielt ebenfalls auf die Entwicklung individueller Persönlichkeits-

merkmale wie die Problemlösungsstrategien und die Förderung der sozialen

Kompetenzen, (siehe Kapitel 5.5) um den AdressatInnen zu ermöglichen, zukünftig

eigene Lösungen für Probleme zu finden und sich mit seinen psychischen Konflikten

auseinanderzusetzen.

Humanistische Psychologie ist wie die Erlebnispädagogik klientInnenzentriert. Betont

werden die Eigenverantwortung des Menschen und dessen Fähigkeiten. Der Mensch

muss aus sich selbst heraus aktiv werden, worin die Ursachen seines Handelns liegen

(vgl. Portele 1980, 55). Bei einem erlebnispädagogischen Setting ist das Individuum

aufgefordert, eigenständig und verantwortungsbewusst zu handeln. Nur aus der

eigenen Aktion und eigenen Fähigkeiten heraus kann es handeln und Ziele erfüllen.

Ihm wird nicht gesagt, was zu tun ist und wie zu handeln ist. Gemeinsam mit der

Gruppe versucht es eigenständig, Aufgaben zu lösen. Durch diese Eigenständigkeit

kommt es zu einer allseitigen Entfaltung der Persönlichkeit (vgl. ebd.).

Wie bereits oben beschrieben, ist eines der vier Postulate des Menschenbildes in der

Humanistischen Psychologie die Ganzheit. Dies bedeutet, dass der Mensch in seiner

Ganzheitlichkeit gesehen werden soll, und er somit als das verstanden werden kann,

wie er/sie sich selbst erlebt. Die Trennung zwischen Psyche und Körper soll

diesbezüglich aufgehoben werden und der Mensch soll in Beziehung zu seiner Umwelt

gesehen werden (vgl. Clemens-Lodde/Schäuble 1980, 133). Die Erlebnispädagogik

zielt darauf, den Menschen ganzheitlich zu erkennen und ihn darauf hin zu fördern.

Sowohl Körper, Seele als auch der Geist werden bei erlebnispädagogischen Settings

gleich angesprochen (vgl. Hufenus 1993, 86 in: Galuske 2009, 244). Durch die

gruppenorientierten Angebote der Erlebnispädagogik lernt der Mensch, sich mit seiner

Umwelt auseinanderzusetzen. Umgekehrt wird es den TherapeutInnen,

SozialarbeiterInnen, PsychologInnen etc. ermöglicht, die Person im Umgang mit ihrer

Umwelt zu sehen und sie so möglicherweise zu verstehen.

Erlebnispädagogik ist zielgerichtet. Genauso wie nach der Humanistischen Psychologi-

e das Leben eines Menschen ziel-/sinnorientiert ist. Diese Ziele lassen sich in

Erziehungsziele und Handlungsziele teilen. (siehe Kapitel 5.5) Wie bereits erwähnt

wurde, kann es einer Person helfen, Aktionen mit Zielen zu formulieren, um ihnen

einen Sinn zu geben. Gewissermaßen macht es Sinn, einen Fluss hinunterzufahren mit

einem zielgerichteten Anlegeplatz, oder einen Berg zu besteigen mit dem Gipfel als

Ziel. Erlebnispädagogische Settings können Menschen das Gefühl geben, etwas

Sinnvolles und Wertvolles zu machen.

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Wie bereits erwähnt, zeigt der Mensch „die Tendenz, sich selbst und seine Umwelt zu

erforschen, nach Wissen zu streben und schöpferische Fähigkeiten zu entfalten“

(Völker 1980, 17). Dies gelingt ihm aber nur, wenn er die nötigen persönlichen,

sozialen oder biologischen Ressourcen dafür hat, die nach der Humanistischen

Psychologie jeder Mensch in sich trägt. Ein übergeordnetes Ziel der Erlebnispädagogik

ist es, Selbstwirksamkeit zu erfahren. Dies bedeutet, dass der Mensch sich bewusst

ist, dass er die nötigen Ressourcen besitzt um individuelle Ziele zu erreichen (vgl.

Brücker/Boecker 2004, 97f.). Erkennt ein Mensch durch erlebnispädagogische Settings

seine Ressourcen, kann er seiner Tendenz nach Selbstverwirklichung nachgehen.

Dies sind nur Beispiele dafür, dass es Ansätze gibt, die die theoretische Fundierung

der Erlebnispädagogik auf der Humanistischen Psychologie zeigen. Zusammen-

fassend wird deutlich, dass eindeutig ein Konsens zwischen der modernen Methode

der Erlebnispädagogik und der Strömung der Humanistischen Psychologie besteht.

Dies hier jedoch noch weiter zu vertiefen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen

und liegt nicht im eigentlichen Themenbereich.

5.3 Begriffe und Merkmale

5.3.1 Das Erlebnis

„Erlebnis wird als innerer, mentaler Vorgang gesehen, bei dem äußere Reize aufgrund

von Wahrnehmung, Vorwissen und Stimmung subjektiv zu einem Eindruck verarbeitet

werden“ (Raithel/Dollinger/Hörmann 2007, 211). Der gewonnene Eindruck wird mit der

menschlichen Sprache als Erlebnis geschildert. Parallel zur äußeren Erlebniswelt (der

äußere Reiz und Stimulus) existiert auch eine innere Erlebniswelt, mit der der Mensch

träumt, fantasiert oder fühlt. (vgl. Seeger 2003, 10)

Gewöhnlich verbindet man Erlebnisse mit etwas Neuem und Ungewöhnlichem weshalb

es sich vom Alltag abhebt (vgl. Heckmair/Michl 1993, 65f.). Waltraud Neubert fasste in

ihrer Dissertation mit dem Titel „Das Erlebnis in der Pädagogik“ den Begriff auf sieben

entscheidende Merkmale zusammen:

1. Das Erlebnis als unmittelbare Realität. Es ist nicht vorgestellt, wahrgenommen

oder gegeben, sondern erst durch das Denken und Erklären wird es zu etwas

Gegenständlichem.

2. Das Erlebnis als gegliederte Einheit ist von anderen Erlebnissen abgrenzbar.

3. Das Erlebnis ist ein Spannungsgefüge mit drei Komponenten

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a. Totalitätscharakter: Der Mensch als Ganzes wird vom Erlebnis erfasst.

b. Subjekt-Objekt-Bezug: Durch ein Erlebnis nimmt das Subjekt

besonderen Bezug zu sich, durch steigernde Intensität des eigenen

Bewusstseins, und zu seiner umgebenen Welt.

c. Allgemeingültigkeit und Individualität: Es gibt individuelle Erlebnisse,

abhängig von jeder Person, und Grunderlebnisse aller Menschen wie

Liebe, Tod, Schicksal, etc.

4. Erlebnisse haben einen historischen Charakter. Individuelle Erlebnisse sind

abhängig vom Subjekt und treiben die Entwicklung eines Menschen an. Alles

Erlebte wirk in den folgenden Erlebnissen mit.

5. Erlebnisse sind entwicklungsfähig und Ereignis einer Folge von verschiedenen

Seelenzuständen. Jedes Erlebnis entsteht durch das Zusammenspiel vergan-

gener Erlebnisse.

6. Das Erlebnis erweckt einen Willensimpuls/Objektivitätsdrang, der durch Reize

und Empfindungen entstanden ist. Dieser entlädt sich in Folge in einer Hand-

lung. Erleben wird zu Ausdruck, welches danach zu Verstehen wird.

7. Durch die Objektivierung der subjektiven Erlebnisse können andere Menschen

diese nacherleben und somit ein besseres Verständnis über andere Personen

bekommen bzw. lernt man andere Menschen über deren Erlebnisse besser zu

verstehen.

(vgl. Neubert 1990, 20-24 in: Berthold/Ziegenspeck 2002, 7f.)

Aus diesen Merkmalen von Neubert lassen sich entsprechende pädagogische Prinzi-

pien ableiten. Das Erlebnis ist Grundlage für das menschliche Verstehen. Die Päda-

gogik muss sich zur Aufgabe machen, Erlebnisse zu arrangieren, denn sie können

nicht erzwungen werden (vgl. Berthold/Ziegenspeck 2002, 8). Für die Pädagogik, und

in Folge dessen die Soziale Arbeit/Sozialpädagogik, wird das Erlebnis nur dann

wichtig, wenn daraus gelernt werden kann. Somit kann das Erlebnis als Instrument

dienen, um Lernerfahrungen für die AdressatInnen zu ermöglichen. „Das aus

Erlebnissen gelernt werden kann steht mittlerweile außer Zweifel, nur ob es als Instru-

ment für eine zielgerichtete erzieherische Pädagogik geeignet ist, ist noch sehr um-

stritten“ (Haier 2006, 33). Die Erlebnispädagogik kann nicht durch Erlebnisse

automatisch wirken, sondern trägt die Verantwortung, in ihrem Setting Erlebnisse so zu

gestalten bzw. künstlich herzustellen, um Lernerfahrungen für die AdressatInnen

herzustellen.

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Abbildungsverzeichnis

5.3.2 Der Begriff „Erlebnispädagogik“

Eine genaue Begriffsdefinition der Erlebnispädagogik ist in Folge des erlebnis-

pädagogischen Booms nicht einfacher geworden. Zum einen existieren einige Begriffe,

die synonym und/oder konkurrierend verwendet werden, wie etwa die Aktions-

pädagogik, Abenteuerpädagogik oder Reisepädagogik (vgl. Heckmair/Michl 1994, 65

in: Galuske 2009, 243). Zum anderen ist in der gängigen Diskussion eine

entgrenzende Tendenz zu beobachten, „wonach jedes Lernen in Lebens-

zusammenhängen bzw. jedes handlungsorientiertes Lernarrangement als Erlebnis-

pädagogik bezeichnet“ (Galuske 2009, 243) werden könnte. Heckmair und Michl (1994

in: Galuske 2009, 244) betonen, dass Erlebnispädagogik trotz allem nur eine weitere

handlungsorientierte Methode ist. Als dritter Punkt für eine erschwerte Begriffsdefinition

kommt hinzu, dass sich die Angebotspalette der Erlebnispädagogik in den

vergangenen Jahren erweitert und ausdifferenziert hat. So finden sowohl Kurzzeit-

projekte als auch langfristige Maßnahmen statt und die Aktionsräume haben sich auf

naturbezogenen als auch auf die städtischen Gebiete verlagert (vgl. Galuske 2009,

244).

HUFENUS (1993) versucht das genannte Problem zu berücksichtigen und beschreibt

folgende Definition für die Erlebnispädagogik:

„Erlebnispädagogik ist eine Methode, die Personen und Gruppen zum Handeln bringt

mit allen Implikationen und Konsequenzen bei möglichst hoher Echtheit von Aufgaben

und Situationen in einem Umfeld, das experimentierendes Handeln erlaubt, sicher ist

und den notwendigen Ernstcharakter besitzt“ (Hufenus 1993, 86 in: Galuske 2009,

244).

5.3.3 Merkmale

Aus der Definition nach Hufenus lassen sich einige Merkmale (Handlungsmaximen) für

die Erlebnispädagogik ableiten:

a. Gruppe als Lerngemeinschaft

Überwiegend konkretisiert sich Erlebnispädagogik anhand von gruppenorientierten

Angeboten. Zurückzuführen ist dies auch auf die Präferenz der Erlebnispädagogik,

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Abbildungsverzeichnis

soziale Kompetenzen und Kooperationsfähigkeit zu fördern (vgl. Galuske 2009, 245).

Mit einem Zitat von Heckmair und Michl formuliert: „Die Gruppe ist Mittelpunkt und

Zentrifuge der alltäglichen Probleme: Sie bietet Geborgenheit und Diskussionsstoff, sie

verteilt Rollen und Positionen, sie ist Ort der Reflexion und Planung. Aufwühlende

Erlebnisse können hier aufgearbeitet oder ausgeglichen werden“ (Heckmair/Michl

1993, 147 in: Galuske 2009, 245). Auch Rousseau forderte die freiwillige Unterordnung

des Einzelwillens unter den gemeinsamen Willen (vgl. Gudjons 2008, 84ff.).

Erlebnischarakter

Die anderen Merkmale die angeführt werden bzw. wurden, können auch in einer

alltäglichen Situation konstruiert werden. Bei der Erlebnispädagogik kommt durch die

Distanz zum Alltag die Grenzerfahrung als außergewöhnlicher Charakter in einer

Lernsituation hinzu. Erlebnispädagogische Angebote und Aktionen müssen immer nicht

alltägliche, vielfältige aber auch reale und ernsthafte Situationen beinhalten, die

Möglichkeiten zur Grenzerfahrung haben Mit einer solchen Situation kann ermöglicht

werden, dass ein Ereignis zu einem Erlebnis wird, welches bewegend und nachhaltig

sein kann (vgl. Galuske 2009, 245).

Pädagogisches Arrangement

Auch im alltäglichen Leben gibt es Situationen, die erlebnisträchtig sind. Erst durch

eine pädagogische Instrumentalisierung wird ein erlebnispädagogisches Arrangement

gebildet. „Dazu gehört einerseits die gezielte und absichtsvolle Planung und

Realisierung von Angeboten, andererseits aber auch die Beteiligung von erlebnis-

pädagogisch geschultem Personal“ (Galuske 2009, 245).

Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit

In der Mitte des Lernprozesses in der Erlebnispädagogik steht immer die Auseinander-

setzung mit Raum und einer Aufgabe bzw. mit dem Handeln, das bei erlebnis-

pädagogischen Aktionen erfordert wird. Akzente werden hier bewusst auf das Handeln

gelegt, da eine Abgrenzung von eher theoretischen Lernzugängen besteht (vgl.

Galuske 2009, 244). Der Begriff der Ganzheitlichkeit ist in diesem Zusammenhang so

zu verstehen, dass im Rahmen eines erlebnispädagogischen Lernarrangements alle

Sinne, „d.h. „Körper, Seele und Geist“ (Hufenus 1993, 86 in: Galuske 2009, 244)

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Abbildungsverzeichnis

angesprochen werden und „neben kognitiven auch sensomotorische und affektive

Lerndimensionen zu berücksichtigen sind“ (Galuske 2009, 244).

Lernen in Situationen mit Ernstcharakter

Im Setting erlebnispädagogischer Angebote spielt der Ernstcharakter der Situation eine

besonders wichtige Rolle. Dies bedeutet, dass Lernsituationen gefunden und

produziert werden, die für sich selbst sprechen und Aufgaben und Anforderungen sich

als Sachzwang der Situation selbst ergeben. (vgl. ebd.) „Zur Charakteristik von

erlebnispädagogischen Aktivitäten gehört neben dem Verbund von Aktion, Spiel,

Übung, Projekt, u.a. die physische, psychische und kognitive Auseinandersetzung mit

der Natur, die Erschließung von Erlebnis- und Lernräumen, und damit ist eine gewisse

Ernstsituation verbunden, in der spielerische Ansätze und Übungen vorübergehend

keinen Platz haben“ (Heckmair/Michl 1994, 166 in: Galuske 2009, 244). Hufenus

beschreibt die ideale erlebnispädagogische Lernsituation als jene, in der sich Lern-

prozesse aus den Gegebenheiten zwangsläufig entwickeln und diese Prozesse

unmittelbar Feedback und ein Sicht- und Spürbarkeit der Wirkung befördern. (vgl.

Hufenus 1993, 86 in: Galuske 2009, 244f.) BRENNER folgert daraus, dass erlebnis-

pädagogische Handlungsarrangements sozusagen eine apersonale Erziehung

darbieten, in der sich Verhaltensänderung zeigt, ohne dass ein/eine PädagogIn

persönlich involviert ist (vgl. Brenner 1993, 433 in: Galuske 2009, 245).

5.4 Erlebnispädagogische Lern-/Transfermodelle

Erlebnispädagogik hat unter anderem als anerkannte Methode der Sozialen Arbeit

Einzug in die gängige Soziale Arbeit gefunden. Trotzdem werden die Ziele in vielen

Debatten und Diskussionen rund um die Methode kritisch betrachtet, da ein Transfer

des neu Erlernten bzw. Erlebten in den Alltag kaum bis nicht stattfindet. WAGNER

(2000, 94 in: Seeger 2003, 44) meint in einem Aufsatz: „Den Transfer machen das

während des Trainings erworbene Wissen, die Fähigkeiten, Einstellungen und Verhal-

tensweisen aus, die vom Teilnehmer nach dem Training angewendet werden“.

REINERS (1995, 59 in: Seeger 2003, 44) definiert: „Als Transfer wird das Fortschreiten

des Lernenden vom Konkreten zum Abstrakten verstanden, indem er neue Verhal-

tensweisen in der konkreten (Kurs-) Situation entdeckt, diese Lernerfahrungen

generalisiert und auf andere (Alltags-) Situationen überträgt“. Die Frage nach dem

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Abbildungsverzeichnis

Transfer in der Erlebnispädagogik ist also von essentieller Bedeutung, da er für die

pädagogische Zielsetzung, langfristige Veränderung zu erreichen, wirksam sein muss.

Im folgenden Teil des Kapitels wird zum Teil dieser Transfer durch die

Lern-/Transfermodelle theoretisch beschrieben.

5.4.1 Lern-/Transfermodelle nach Stephen Bacon

Bevor verschiedene Ziele bzw. Prozessziele beschrieben werden, ist es bedeutend, zu

beschreiben, welcher Weg in der Erlebnispädagogik genommen wird, um Ziele zu

erreichen. Wie bereits erwähnt wurde, basiert die Erlebnispädagogik auf handlungs-

orientiertem Lernen, wodurch ein Transfer des Gelernten zum Alltag hergestellt wird

(vgl. Kölsch/Wagner 2004, 30).

The Mountains Speak For Themselves

Bei diesem Modell sollen verschiedene Aktionen, Aktivitäten und Herausforderungen in

der Natur durch neue Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten, die sich aus dem

Erlebnis ergeben, unmittelbar eine Veränderung des Verhaltens im Alltag bewirken (vgl.

Kölsch/Wagner 2004, 30). Der „Berg“ stellt sozusagen die AdressatInnen vor

bestimmte Herausforderungen, indem er im übertragenen Sinn zu den AdressatInnen

„spricht“, „ohne dass die Aktivität für den Teilnehmer aufgefangen oder reflektiert wird“

(Haier 2006, 25). Dieses Modell will somit ausdrücken, dass das „Besteigen eines

Berges, vergleichbar ist mit der Bewältigung von Schwierigkeiten und Problemen des

Alltags“ (vgl. Brück/Boecker 2004, 104) da die benötigten Bewältigungsstrategien wie

Überwindung der Anstrengung, Motivation, Durchhaltevermögen auch für Lösungs-

strategien für die Bewältigung von alltäglichen Problemen von entscheidender

Bedeutung sind. Daraus ergeben sich Erfahrungen, die Handlungsmöglichkeiten mit

sich bringen. Übersehen wird dabei jedoch, dass die Aktion nicht auf die Zielgruppe

und deren Problemlösung gerichtet ist, da der „Berg“ dies nicht spezifisch einrichten

kann (vgl. Haier 2006, 25). Bei diesem Modell kritisch gesehen wird die fehlende

Erfolgskontrolle. Es wird zwar von einer positiven Wirkung der Natur auf den Menschen

ausgegangen, welche sich aber nicht unbedingt überprüfen lässt. (vgl. Seeger 2003,

49) Genauer formuliert ist das Modell in sich selbst so strukturiert, dass alle Lernerfolge

notwendige Folgen des Handelns sind. Ähnlich wie, es schon Rousseau mit seinem

Prinzip der „negativen Erziehung“ beschrieben hat begleitet der/die PädagogIn die

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TeilnehmerInnen in die Situation, hält sich danach aber zurück und überlässt sie dem

Moment bzw. der Situation selbst (vgl. Galuske 2009, 247). Hierbei kann es

geschehen, dass die AdressatInnen beim Verstehen was, das neu Erlernte und Erlebte

für sie im Alltag bringen kann bzw. bringen könnte, allein gelassen werden.

Outward Bound Plus

Bei diesem methodischen Ansatz folgt auf die Situation, die ähnlich abläuft wie im oben

beschriebenen Modell, eine Reflexionsphase mit dem/der PädagogIn, in der Erlebtes

aufgearbeitet und so eine Verhaltensänderung im Alltag erreicht werden kann (vgl.

Kölsch/Wagner 2004, 31). Durch diese Reflexionsphase und Begleitung des/der

PädagogIn ist ein Transfer des Erlernten möglich, wenn dieser die Verknüpfungspunkte

der neuen Handlungsmöglichkeiten und den Alltag findet und herstellen kann. Von

großer Bedeutung ist außerdem, dass bestimmte Lernziele im Vorhinein festgelegt

werden, und in der Reflexion diese noch einmal verdichtet werden (vgl. Galuske 2009,

248), um zu diskutieren ob diese Ziele erreicht wurden oder nicht.

Metaphorisches Modell

Dieses Modell bietet den TeilnehmerInnen die Möglichkeit, in einer neuen Situation ein

anderes Verhalten bzw. neue Rollen auszuprobieren, als sie es aus den normalen

Alltagssituationen gewöhnt sind. Durch den unbewussten oder bewussten Vergleich

dieser beiden Verhaltensweisen bilden sich Chancen, in verschiedenen alltäglichen

Situationen andere bzw. neu erlernte Verhaltenspositionen zu wählen und diese

auszuführen (vgl. Kölsch/Wagner 2004, 31). Gelernt wird ein Austausch von

Verhaltensmustern, bei denen es, wie der Name schon sagt, um „Metaphern“ geht,

welche die emotionale, geistige und physische Ebene der TeilnehmerInnen ansprechen

soll. Negativ an diesem Modell ist, dass die TeilnehmerInnen nach Informationen über

Regeln und Sicherheitsvorkehrungen fast gänzlich alleine gelassen werden und der/die

ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn erst nach der Übung den

Erlebnisinhalt mit der Gruppe aufarbeitet (vgl. Seeger 2003, 53f.).

5.4.2 Lern-/Transfermodelle nach Simon Priest

Aufbauend auf diese Modelle hat Simon Priest sechs Lernmodelle entwickelt, die sich

in zwei Blöcke teilen lassen. Die ersten drei streben Verhaltensmodifikationen nach

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Abbildungsverzeichnis

den Aktionen an und die letzten drei nützen die entwicklungsfördernden Kräfte vor und

während der Aktivitäten. Auf das letzte Lernmodell („redirection before reflection“) wird

in dieser Diplomarbeit gänzlich verzichtet, da in den meisten Literaturbeispielen

erwähnt wird, dass dieses Modell selten bis nie eingesetzt wird.

a. Learning by doing

Bei diesem „Handlungslernen pur“ lernen die TeilnehmerInnen neue Techniken (Ab-

seilen/Knotenkunde) und Aktivitäten. In keiner Weise wird bei diesem Modell jedoch

thematisiert, ob auch etwas über Beziehungen zu andern gelernt werden kann oder

wie man mit verschiedenen Herausforderungen im Alltag umgehen soll. Diese Dinge

gehören bei diesem Modell auch nicht zu den Aufgaben der TrainerInnen. Diese sollen

sich auf organisatorische Aspekte, Vermittlung von neuen technischen Fertigkeiten

oder Sicherheitsfragen konzentrieren (vgl. Kölsch/Wagner 2004, 32). Dabei ist kein

nützlicher Transfer in den Alltag gegeben, da solche Fähigkeiten für das alltägliche

Leben nicht notwendig sind.

Learning by telling

Beim „Kommentierten Handlungslernen“ fasst der/die TrainerIn im Anschluss an die

Aktion die wesentlichen Lernziele zusammen und versucht den TeilnehmerInnen zu

erklären, wie sie diese umsetzen können. Diese Form von Feedback kann von den

TeilnehmerInnen jedoch als besserwisserisch aufgenommen werden und wirkt all-

gemein formuliert demotivierend (vgl. Kölsch/Wagner 2004, 32). Beachtet der/die

PädagogIn jedoch alle Feedbackregeln und wirkt somit nicht negativ, können die neu

erlernten Fähigkeiten mit dem Alltag verknüpft werden, da der/die PädagogIn diese

Verbindung artikulieren kann und diese somit für die TeilnehmerInnen verständlich

gemacht wird.

Learning through reflection

Beim „Handlungslernen durch Reflexion“ werden die TeilnehmerInnen durch bestimmte

Fragen zum Nachdenken angeregt und „aktiv an der Umsetzung gemachter

Erfahrungen beteiligt“ (Kölsch/Wagner 2004, 32). Bestimmte Fragen wie „Wie ist es

euch dabei ergangen? Was habt ihr daraus gelernt? Wie könnt ihr dies im Alltag

verwenden? Was würdet ihr beim nächsten Mal anders machen? Kennt ihr vergleich-

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Abbildungsverzeichnis

bare Situationen im Alltag?“ (ebd. 32), sollen dazu führen, verschiedene Potenziale

und Vorteile aus den Erfahrungen selbst zu entdecken und diese in den Alltag zu

transferieren. Der/die TrainerIn unterstützt diesen Prozess, indem er entsprechende

Aspekte aufgreift und bei bestimmten Situationen nachfragt (vgl. ebd.).

Direction with reflection

Mit dem „Direktiven Handlungslernen“ ändern sich die Methoden wesentlich. Bei den

vorigen Lernmodellen wurde die Erfahrung und das Erlebnis immer erst im Nachhinein

ausgewertet und reflektiert, bei diesem Modell werden Entwicklungsrichtungen bereits

vorher thematisiert. Kölsch und Wagner listen hierfür folgende Aspekte auf, die ange-

sprochen werden:

• Rückblick: Was wurde bei den vergangenen Aktivitäten erreicht/gelernt?

• Bezug: Was kann bei der folgenden Aktivität gelernt werden?

• Motivation: Warum ist die Erfahrung wichtig, welchen Bezug hat sie zum Alltag?

• Funktionsweise: Welches Verhalten bringt voraussichtlich den größten Erfolg?

• Hindernisse: Welches Verhalten wird eher hinderlich/kontraproduktiv sein?

(Kölsch/Wagner 2004, 32-33)

Der/die TrainerIn hat die Aufgabe, bestimmte Aktivitäten einzuleiten und durch gezielte

Fragen (Was könnte man daraus lernen? Was nimmst du dir aus dieser Aktion mit?

usw.) die wesentliche Entwicklungsrichtung vor der Aktion einzuhalten. Wendet der/die

PädagogIn hierbei sein Augenmerk auf Fragen und Beobachtungen bezogen auf den

Alltag, kann wiederum eine Verbindung der neuen Fähigkeiten und des Erlebten zum

Alltag hergestellt werden (vgl. ebd.).

Reinforcement in Reflection

Beim „Metaphorischen Handlungslernen“ (ähnlich dem „Metaphorischen Modell“ nach

Stephen Bacon) wird die Verhaltensänderung ebenfalls bereits vor, aber auch während

der Aktivität angestrebt. Im Unterschied zum anderen Modell beginnt der/die TrainerIn

in der Einführung damit, die Aktivität isomorph (von gleicher Gestalt) zur Lebens-

wirklichkeit der TeilnehmerInnen darzustellen. Voraussetzung ist eine gute Kenntnis der

Lebensumstände (vgl. Kölsch/Wagner 2004, 33). „Gelingt diese Anpassung ist der

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Lerneffekt groß, weil die Übertragung in den Alltag unmittelbar erfolgt“ (ebd. 33). Bacon

(1983) meinte dazu: „Das Maß an Isomorphie zwischen der metaphorischen und der

entsprechenden Lebenssituation stellt den Schlüsselfaktor dar, der zu bestimmen

erlaubt, ob eine Erfahrung als metaphorisch gelten kann. Isomorph bedeutet dabei

strukturgleich. Wenn alle Hauptbestandteile einer Erfahrung in korrespondierenden

Elementen einer zweiten repräsentiert werden und wenn die übergreifende Struktur der

beiden Erfahrungen einen hohen Grad an Ähnlichkeit aufweist, dann treten die beiden

Erfahrungen metaphorisch füreinander ein“ (Bacon 1983, 32 in: Haier 2006, 27). Wenn

Isomorphie zwischen der Metapher und den alltäglichen Problemen der

TeilnehmerInnen besteht, kann die Natur als gezielter Schlüssel dafür verwendet

werden. Kritisch an diesem Modell muss jedoch betrachtet werden, dass bei kurzen

Projekten der Ist-Zustand der Gruppe nie vollständig beurteilt werden kann. Bei diesem

Modell ist eine gute Planung essentiell für den Erfolg einer erlebnispädagogischen

Aktion (vgl. Haier 2006, 27).

All diese Lernmodelle können von SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen oder

ErlebnispädagogInnen genutzt werden, um Lernbedingungen für die AdressatInnen zu

schaffen bzw. zu arrangieren, in denen sie handlungsorientiert arbeiten bzw. lernen

können. Welches Lernmodell am geeignetsten ist, ist abhängig davon, um welche

Situation und erlebnispädagogisches Medium es sich handelt und mit welcher sich die

PädagogInnen bzw. TrainerInnen am wohlsten fühlen. Quasi ist es beim Klettern aus

sicherheitsrelevanter Sicht notwendig, dass die PädagogInnen bzw. TrainerInnen

immer beobachtende und eingreifende Instanz sind. Ihnen ist es freigestellt ob sie sich

reflexiv in die Situation einmischen. Der Situation und somit der Verantwortung können

sie sich nicht ganz entziehen.

Primäres Ziel sollte trotzdem immer der Lernerfolg der TeilnehmerInnen sein mit einem

guten Transfer der neuen Handlungsmöglichkeiten in den Alltag. Nur so kann innerhalb

der Erlebnispädagogik auch von längerfristigem Erfolg gesprochen werden.

5.5 Angestrebte Ziele der Erlebnispädagogik

Die angestrebten Ziele der Erlebnispädagogik müssen immer unter Berücksichtigung

einiger Faktoren erfolgen, die die Zielformulierung der Aktion beeinflussen können.

Zum einen hängen die Ziele immer von den jeweiligen Rahmenbedingungen ab, wie

zum Beispiel In- oder Outdoorprogramm, Lang- oder Kurzzeitprojekt, das individuelle

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Anforderungsniveau der TeilnehmerInnen und der Träger der Maßnahme. Ebenfalls

muss sich die Zielformulierung an der Zielgruppe und deren individuellen Spezifitäten

oder Problemlagen orientieren (Behinderung, Alter, Geschlecht, Fähigkeiten, sozio-

kulturelle Bedingungen, etc.). Alle Kenntnisse über die Zielgruppe und die Wünsche

und Erwartungen der TeilnehmerInnen müssen in die Zielformulierung eingearbeitet

werden. Diese Ziele werden grundsätzlich in Erziehungsziele und Handlungsziele

unterschieden (vgl. Brück/Boecker 2004, 96f.).

Bei den Erziehungszielen geht es um die Intentionen der

SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen. In erster Linie sollen die Maßnahmen so

initiiert werden, dass emotionale und pragmatische Lernbereiche und in zweiter Linie

kognitive Lernbereiche angesprochen werden. Pragmatische Ziele beinhalten die

Förderung von Fähigkeiten und die Entfaltung von Fertigkeiten. Die emotionale

Dimension beschäftigt sich mit Situationen aus denen Erlebnisse entstehen bzw.

geweckt werden und der kognitive Bereich behandelt die Vermittlung von

Sachverhalten, die Erkenntnisse bzw. Überzeugungen fördern (vgl. Reiners 1995, 31).

Als Orientierung dienen den ErlebnispädagogInnen bzw.

SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen folgende Erziehungsziele, nach Brücker und

Boecker (2004, 97):

1. Die Entwicklung individueller Persönlichkeitsmerkmale, exemplarisch

aufgezeigt: Problemlösungsstrategien, Eigeninitiative, Spontaneität, Kreativität,

Selbstbewusstsein, Selbstverantwortung, […] u.a.

2. Die Förderung sozialer Kompetenzen, (Gruppenarbeit, Konfliktfähigkeit,

Kommunikationsfähigkeit, […] u.a.)

3. Die Entstehung und das Wachsen eines geordneten und ökologischen

Bewusstseins.

Letzteres kann als bewusster und besserer Umgang mit der Natur verstanden werden

bzw. ein umweltschonendes Verhalten.

Wie bereits vorhin erwähnt wurde, sind die Wünsche und Erwartungen der

AdressatInnen in die Zielformulierung einzuarbeiten.

Da nicht jeder Mensch fähig ist, seine Wünsche zu artikulieren, muss der/die

PädagogIn versuchen, durch Beobachtung die Bedürfnisse und Erwartungen der

TeilnehmerInnen zu deuten. Somit werden die individuellen Handlungsziele festgestellt,

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Abbildungsverzeichnis

denen gleiche Bedeutung zukommen muss wie den Erziehungszielen (vgl.

Brücker/Boecker 2004, 97).

Aus den Erziehungszielen und Handlungszielen können Lernziele gewonnen werden.

Diese können individuell verschieden sein. So ist bei einer Person das Lernziel, das

Selbstvertrauen zu fördern, wohingegen bei einer anderen Person die Förderung der

motorischen Fähigkeiten im Vordergrund steht. Um diese Lernziele zu verwirklichen,

bedienen sich ErlebnispädagogInnen bzw. SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen

der Reflexion mit den erlebnispädagogischen Reflexionsmodellen, die oben vorgestellt

wurden (vgl. www.fh-frankfurt.de, 29.03.2010).

Außer den Erziehungszielen, Handlungszielen und Lernzielen ergibt sich aus einer

erlebnispädagogischen Aktion heraus ein übergeordnetes Ziel: Das Erfahren von

Selbstwirksamkeit. Somit hat die Erlebnispädagogik „eine zentrale Bedeutung für die

Entwicklung der aktiven und situationsgemessenen Handlungsfähigkeit von Jugend-

lichen“ (vgl. Brücker/Boecker 2004, 97). Unter dem Begriff Selbstwirksamkeit wird in

diesem Sinne die Überzeugung einer Person verstanden, die nötigen Ressourcen zu

besitzen, um individuelle Ziele zu erreichen (vgl. ebd. 97f.). Wenn also bei Kindern und

Jugendlichen durch eine erlebnispädagogische Aktion die Selbstwirksamkeit gefördert

werden, kann diese individuelle Überzeugung über die eigenen Ressourcen auf den

Alltag transferiert werden und somit Probleme und Schwierigkeiten im Leben durch

eigene Kraft gelöst werden. Bedeutsam ist, dass Menschen ihre Selbstwirksamkeit

selbst einschätzen können und sich dessen bewusst sind. Voraussetzung für die

Selbstwirksamkeit sind bestimmte Fähigkeiten, die in vielen Fällen bei Kindern und

Jugendlichen erst gelernt und geübt werden müssen, wie die Steigerung der Selbst-

wahrnehmung, Festigung des Selbstbildes, Verbesserung der Eigenkontrolle und

Ausdauer, Umgang mit dem eigenen Körper, etc. Um die Selbstwirksamkeit von

Kindern und Jugendlichen zu fördern, sollen diese Fertigkeiten bzw. Fähigkeiten in die

Erziehungsziele aufgenommen werden (vgl. ebd.).

Grundsätzlich kann behauptet werden, dass die Erlebnispädagogik durch gezielte

Maßnahmen und Lernmodelle das Individuum fördern und unterstützen will, damit es

eigenständig zu neuen Handlungsmöglichkeiten kommt, um eigene Lösungen für

problematische Situationen innerhalb des Alltags zu finden. Zusätzlich sollen alte

Strategien erneuert bzw. reformiert werden. Durch die Gruppe können verschiedene

Rollen und Verhaltensweisen ausprobiert und für den Alltag erprobt werden. Die

ErlebnispädagogInnen bzw. SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen nehmen dabei

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eine unterstützende, führende und begleitende Rolle ein und versuchen durch

Reflexion und Gespräche den Transfer der Ziele zum Alltag herzustellen.

5.6 Kritik an der Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik erlebt neben ihrem ständigen Aufschwung an Nachfrage auch

Kritik. Gerade durch die fehlende theoretische Fundierung und den unscharfen Ge-

brauch an Begrifflichkeiten verliert die Erlebnispädagogik an Ausdruckskraft. In diesem

letzten Teil des Kapitels möchte die Autorin exemplarisch Kritik an der Erlebnis-

pädagogik äußern, um die teilweise heroische Wirkung der Erlebnispädagogik ab-

zuschwächen und sie als Methode der Sozialen Arbeit mit Schwächen „realistischer“

darzustellen.

Größter Kritikpunkt ist die Transferproblematik. In Frage gestellt wird, ob die Adressa-

tInnen die Lernerfahrungen in ihren Alltag transferieren können, da die Erfahrungen

außerhalb ihres Milieus gemacht werden (vgl. Heckmaier/Michl 2002, 212 in: Pollert,

2006 9). Die Erlebnispädagogik verlässt sich automatisch auf die Tiefe und Kraft des

Erlebnisses und vergisst dabei jedoch, dass sie „mit unbewiesenen Unterstellungen

bezüglich ihrer Wirkungen lebe“ (Raithel/Dollinger/Hormann 2007, 221). Man versucht

zwar mit den verschiedenen Lernmodellen, die im Vorhinein beschrieben wurden, die

Transferproblematik zu umgehen, jedoch fehlen dafür empirische Beweise. Dabei wird

beispielsweise die fehlende Qualitätskontrolle kritisiert. Evaluationen oder Inter-

ventionsstudien im Bereich Transferleistung von Problemlösefähigkeiten und deren

anhaltende Dauer fehlen (vgl. ebd.).

Außerdem wird der Erlebnispädagogik vorgeworfen, dass sie sich fast ausschließlich

an den männlichen Bedürfnissen orientiert. Action, Abenteuer, Risiko oder das

Austesten der eigenen Leistungsgrenze liegt nicht so sehr im weiblichen Interesse als

im männlichen (vgl. Raithel 2004, in: Raithel/Dollinger/Hormann 2007, 221). Erlebnis-

pädagogik ist demnach eine „Männerdomäne“ (Heckmair/Michl 2002, 225 in Pollert,

2006 9). Sie wird einerseits meistens von männlichen Teilnehmern angenommen und

andererseits hauptsächlich von männlichen Fachkräften durchgeführt und arrangiert

(vgl. ebd.).

Aus ökologischer Sicht wird der Erlebnispädagogik vorgeworfen, die Natur als Mittel

zum Zweck zu verwenden und gegen eine Umweltverantwortlichkeit zu wirken, indem

man unberührte Landschaften missbraucht (vgl. Raithel/Dollinger/Hormann 2007, 221).

Die Erlebnispädagogik legt ihre Konzentration hauptsächlich auf Natursportarten und

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trägt dabei einen Teil zum Schaden der Umwelt mit sich (vgl. Heckmair/Michl 2002,

215f.).

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das „Spiel von Macht und Minderwertigkeit“

(Heckmair/Michl 2002, 219 in: Pollert, 2006 10). Dies bedeutet, dass die durch-

führenden PädagogInnen mit ihren Erfahrungen und der physischen Kraft den

TeilnehmerInnen in den meisten Fällen voraus ist. Dabei vergessen sie oft, dass es

nicht Ziel ist, Höchstleistungen zu erbringen, sondern die Persönlichkeitsentwicklung

der AdressatInnen zu fördern (vgl. Heckmair/Michl 2002, 219 in: Pollert, 2006 9).

Schlussendlich sei die größte Kritik, dass Erlebnisse sich nicht pädagogisieren lassen

(vgl. Oelkers 1992/Schulze 1992 in: Raithel/Dollinger/Hormann 2007, 221), da ein

Erleben subjektiver Natur ist und eine Planbarkeit eines Erlebnisses fraglich bleibt (vgl.

Raithel/Dollinger/Hormann 2007, 222).

Nach diesen exemplarischen Kritikpunkten an der Erlebnispädagogik als Methode der

Sozialen Arbeit kann gesagt werden, dass sie, wie viele Methoden in der Sozialen

Arbeit, nicht garantieren kann, dass sich die AdressatInnen von einem Zustand zu

einem vorher definierten Zustand verändern. Es können lediglich Anregungen und

Unterstützungen angeboten werden (vgl. Galuske 1999, 49 in: Pollert, 2006 10).

Trotzdem bleibt sie eine wichtige Methode, durch die ein Zugang zu AdressatInnen

ermöglicht werden kann. Den SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen sollten jedoch

die Schwächen bewusst sein, um bestmöglich zu handeln.

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6 Klettern als Intervention in der Kinder und Jugend-arbeit – Eine Begriffsbeschreibung

Dieses Kapitel widmet sich kurz und bündig der Definition von Begriffen, die für die

Erarbeitung der zentralen Fragestellungen wichtig sind, welche im letzten und

folgenden Kapitel vorgenommen wird. Geleitet werden die Definitionen von der Frage

„Ist es möglich, den Klettersport als Interventionsmöglichkeit in die Kinder- und

Jugendarbeit zu integrieren?“, die dadurch erarbeitet wird.

6.1 Intervention

Intervention im Sozialwesen ist geprägt von dem Umstand, dass es Menschen in

unserer Gesellschaft gibt, deren Lebensumstände erschwert sind und denen Hand-

lungsweisen oder Handlungsmöglichkeiten fehlen, um ein gesellschaftliches Heraus-

brechen zu vermeiden. In diesen Fällen kann es zu sozialer Isolation kommen (vgl.

Störmer/Vojtová 2006, 17). Intervention kann aber auch präventive Maßnahmen

bringen und eingesetzt werden um mit verschiedenen AdressatInnen deren Hand-

lungsweisen bzw. Ressourcen weitestgehend zu erhöhen bzw. zu stärken, um

erschwerte Lebensumstände eigenständig bearbeiten zu können. „Letztendlich muss

es bei einer Intervention immer darum gehen, Prozesse zu ermöglichen, zu unter-

stützen und zu sichern, in denen der Mensch sich zu einer eigenständigen, selbst-

bestimmten, verantwortlichen, sich selbst und anderer akzeptierende Person ent-

wickeln kann“ (ebd. 18) auch dadurch, dass er eine Vorstellung von sich selbst

entwickeln kann und lernt, Vorstellungen von anderen zu reflektieren.

Bei längeren Recherchen wurde deutlich, dass eine genaue Begriffsdefinition von

Intervention scheinbar nicht existiert. Verschiedene AutorInnen haben sich auf

bestimmte Schwerpunkte konzentriert und diese in ihre Definition eingearbeitet. Nach

unterschiedlichen Begriffserklärungen wagt die Autorin am Ende dieses Kapitels einen

Versuch, eine eigene Definition zu entwickeln.

Der Begriff Intervention stammt von dem lateinischen Wort „intervenire“. Dies bedeutet

so viel wie dazwischenkommen oder dazwischen treten (vgl. Müller 2006, 68).

MÜLLER meint dazu, dass eine personenbezogene Intervention immer einen doppel-

ten Bezug hat, einmal zu einer Person und zum anderen um das Problem das diese

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Abbildungsverzeichnis

Person hat (vgl. Müller 2006. 69). „Intervention bedeutet […] in diesem […] Sinne also

ein vermittelndes „Dazwischen-Treten“ zwischen eine Person und ihr Problem“ (ebd.

69). Müller sieht aber auch, dass Intervention nicht nur ein Dazwischen-Gehen

zwischen Person und Problem ist, sondern die Vermittlung zwischen verschiedenen

Problemdefinitionen ebenfalls einen Teil der Intervention darstellt (vgl. ebd. 73).

Störmer und Vojtová definieren Intervention als einen Prozess „des sich in Beziehung

Setzens zu sich selbst, zu anderen Personen, zu den Gegenständen und den raum-

zeitlichen Prozessen des Lebens wie auch zum kulturellen Erbes“ diesen Prozess „zu

initiieren, zu ermöglichen, zu unterstützen und abzusichern“ (Störmer/Vojtová 2006,

45).

Im Prozessrecht wird der Begriff Intervention wie folgt definiert: „Eingriff in einen bereits

anhängigen Prozess“ (Fachlexikon der Sozialen Arbeit 2007, 504). In der Therapeuten-

und Beratersprache ist diese Definition schon angenommen worden. Bei Müller ist der

Eingriff eine von drei Formen von sozialpädagogischer Intervention, die sich häufig

ineinander vermischen. Neben Eingriff gibt es noch das Angebot und das gemeinsame

Handeln (vgl. Müller 2006, 140). Um Eingriff als sozialpädagogische Intervention

handelt es sich, wenn eine professionelle Handlung mit Ausübung von Macht

verbunden ist, wohingegen sich ein Angebot von einem Eingriff durch den Verzicht auf

Macht unterscheidet. Ein Angebot als Intervention hängt auch immer damit zusammen,

ob AdressatInnen dieses annehmen oder ablehnen. Das Gemeinsame Handeln als

dritte Form sozialpädagogischer Intervention nach Müller besteht sowohl aus Eingriffen

als auch aus Angeboten (vgl. ebd. 141). Das gemeinsame Handeln als Interventions-

form ist immer ein koproduktiver Prozess zwischen den

SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen und den KlientInnen (vgl. ebd. 156).

Interessant ist, dass in der amerikanischen Sozialen Arbeit seit Anfang der 60er Jahre

das Wort Intervention statt dem Begriff Methode immer häufiger verwendet wird,

wohingegen in die deutschen Sozialen Arbeit die Intervention als Zusammenfassung

aller „systematischen Handlungsweisen in sozialarbeiterischen Arbeitssituationen auf

der Grundlage von theoriegeleiteten Konzepten, Methoden und Verfahren“ (Fach-

lexikon der Sozialen Arbeit 2007, 504) gelten. Konzepte, Methoden und Verfahren sind

aber Vorgehensweisen, die die Situation mit Möglichkeit auf Veränderung oder

Entwicklung nicht berücksichtigen (vgl. Geißler/Hege 2001, 34).

Folglich wird bei Geißler und Hege von Intervention gesprochen, wenn auf

systemisches Handeln in bestimmten Situationen Bezug genommen wird. Inter-

ventionen können niemals endgültig oder erstarrte Normen sein, da sich Situationen

72

Page 73: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

und Personen immer verändern bzw. entwickeln. Interventionen müssen auch immer

darauf hingehend verändert werden. Sie sind in einem kontinuierlichen Prozess, der

Deutungen, Definitionen und vor allem Neudefinitionen von Situationen verlangt (vgl.

Geißler/Hege 2001, 33ff.).

Um alle Begriffserklärungen bzw. Definitionen zusammenzufassen, könnte Intervention

wie folgt definiert werden: Intervention ist eine sozialpädagogische professionelle

Handlungsweise, in der man sich mit AdressatInnen und deren Problemen

auseinandersetzt. Nach dem lateinischen Wort „intervenire“ tritt der/die SozialarbeiterIn

bzw. SozialpädagogIn zwischen den/die AdressatIn und seine/ihre Probleme und

versucht, zwischen diesen zu vermitteln.

Sie kann präventiv erfolgen, aber sich auch auf aktuelle Problemlagen von Menschen

beziehen. Da innerhalb der Sozialen Arbeit verändernde Systeme eine entscheidende

Rolle haben, ist hierbei eine ständige Bezugnahme auf die verändernden Personen

und Situationen wichtig. Die Intervention muss also immer wieder reflektiert, neu

definiert und bestimmt werden.

Die Intervention sollte immer eine Mischung aus Eingriff, Angebot und gemeinsamem

Handeln sein. Primär ist hierbei immer im Sinne der AdressatInnen zu intervenieren.

Letztendlich sollte es in einer Intervention darum gehen, Prozesse zu ermöglichen, in

denen Menschen unterstützt werden, sich eigenständig, selbstbestimmt und eigen-

verantwortlich zu entwickeln.

6.2 Klettern als Intervention

Da sich diese Diplomarbeit mit dem Thema „Klettern als sozial-/erlebnispädagogische

Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit“ befasst, ist es zwingend notwendig,

herauszuarbeiten, ob Klettern potentiell als Intervention in der Sozialen Arbeit an-

wendbar ist. Dafür möchte die Autorin Eigenschaften und Merkmale des Kletterns mit

der Begriffsdefinition der Intervention verknüpfen und herausarbeiten, ob genügend

Konsens besteht, um Klettern als Intervention für die Soziale Arbeit geltend zu machen.

Gleich zu Anfang muss erwähnt werden, dass das Klettern als Sport wie jede andere

Methode oder Handlungsweise in der Sozialen Arbeit nicht als unfehlbar verstanden

werden darf. Es kann seine Funktion nur soweit erfüllen, wenn es kontrolliert und mit

sozialarbeiterischer/sozialpädagogischer Anleitung passiert. Das kann so verstanden

werden, dass Reflexionsgespräche, Übungen bezogen auf Defizite etc. während der

73

Page 74: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

Aktion angeleitet von einem/einer SozialarbeiterIn bzw. SozialpädagogIn passieren.

Durch eine methodische oder theoretische Fundierung soll sich die professionelle

Kinder und Jugendarbeit von der praktischen Sozialarbeit abheben. Diese metho-

dische/theoretische Fundierung wird in nachfolgenden Kapiteln thematisiert.

Intervention bedeutet dazwischenkommen bzw. dazwischentreten. Bezogen auf die

Soziale Arbeit treten die SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen zwischen die Person

(KlientIn) und deren Problem. Das Klettern als Intervention tritt auch zwischen eine

Person und deren Problem, (vgl. Müller 2006, 68) kann aber bei diversen Problemen

(Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Depression nach Scheidung der Eltern, etc.)

nicht unmittelbar zwischen ihnen vermitteln. Bezogen auf diese Arbeit ist es bedeutend,

festzuhalten, dass das Klettern eher bei primären Problemen wie mangelndem

Selbstvertrauen, fehlendem Bezug zum eigenen Körper etc. intervenieren, sowie bei

massiven Problemen eher als begleitende Intervention neben spezifischen

Betreuungen wirken kann. Grundsätzlich kann Intervention aber auch, wie am Anfang

des Kapitels dargestellt, präventiv sein und die Handlungsweisen und Ressourcen der

AdressatInnen soweit fördern bzw. stärken, dass erschwerte Lebensumstände

eigenständig bearbeitet werden können.

Klettern kann als ganzheitliche Beschäftigung und Erfahrung mit verschiedensten

persönlichkeitsentwickelnden Förderungen (siehe Kapitel 3.3) insofern vermitteln, als

die Person gefordert wird, ein Problem zu lösen bzw. eine Lösungsstrategie zu

entwickeln (vgl. Klein/Schunk 2005 16). Werden diverse Problemlagen von den

KlientInnen direkt und offen beim Klettern thematisiert, kann durchaus eine direkte

Intervention stattfinden. Wenn angenommen ein Kind bzw. ein/eine Jugendliche/r

äußert, in verschiedenen Situationen ein Problem aufgrund mangelnden Selbst-

vertrauens zu haben, kann mittels gezielten erfolgssteigernden Kletterübungen daran

gearbeitet werden, ein positives Selbstwertgefühl zu erlangen. Klettern kann in solch

einem Fall zwischen die Person und ihr Problem (fehlendes Selbstvertrauen) treten

und vermitteln.

Angelehnt an Störmer und Vojtovà ist Klettern als Intervention ein Prozess bzw. Aktion,

die es Menschen ermöglicht, sich mit sich selbst, anderen Personen, Gegenständen,

dem Raum und der Zeit in Beziehung zu setzen (Störmer/Vojtová 2006, 45). Durch die

Grenzerfahrung auf psychischer, sozialer und motorischer Ebene und die geforderte

Konzentration ermöglicht Klettern den AdressatInnen, sich mit sich selbst als Person

auseinanderzusetzen. Es ist nicht möglich, erfolgreich zu klettern, ohne sich seiner

eigenen Grenzen bewusst zu sein. Mitunter kann es passieren, durch die wiederholte

74

Page 75: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

Wahl der falschen Routen, falschen PartnerInnen oder eines falschen Geländes,

negative Erfahrungen zu machen. Mit anderen Personen zu interagieren ist Voraus-

setzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit beim Sichern. Das Aufbauen von

Vertrauen ist eine logische Konsequenz. (vgl. Winter 2000, 24). Die Ausrüstung, der

Fels bzw. die Kletterhalle, die Griffe und Tritte sowie die zeitlichen Ressourcen

zwingen, sich mit seiner Umgebung und den darin liegenden Gegenständen zu

beschäftigen.

Bezogen auf Müller und seine Definition von Intervention mit drei verschiedenen

Formen, lehnt sich das Klettern als Intervention eindeutig an das Angebot und das

gemeinsame Handeln. Klettern muss auf jeden Fall mit Freiwilligkeit von Seiten der

KlientInnen verbunden sein. Deshalb ist es im Falle eines Angebots ein Eingriff ohne

Ausübung von Macht. Der/die AdressatIn kann so selbst entscheiden, ob er das

Angebot Klettern als Intervention annimmt oder ablehnt, und vor allem, in welcher

Intensität er das Angebot annimmt (vgl. Müller 2006, 141). Beim gemeinsamen

Handeln (vgl. Müller 2006, 156) ist es wie weiter oben beschrieben ein koproduktiver

Prozess zwischen dem/der SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn und dem/der KlientIn,

welcher beim Klettern ganz offensichtlich wird, wenn beide zusammen eine Seilschaft

bilden. Der/die SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn übergibt sich bei vollständig ge-

sicherten Verhältnissen in die Verantwortung des/der KlientIn (vgl. Winter 2000, 25).

Verknüpft mit Geißler und Hege ist Klettern als Intervention anzuerkennen, da es

niemals endgültig ist. Beim Klettern ist besonders darauf zu achten, dass sich die

Situationen und Personen, die mit der Aktion verbunden sind, ständig verändern und

entwickeln. Die Intervention muss darauf hingehend immer verändert werden (vgl.

Geißler/Hege 2001, 33ff.). So kann bei einer Leistungssteigerung ein höherer

Schwierigkeitsgrad gewählt werden und bei Steigerung der psychischen Grenze

anspruchsvollere Routen erklettert werden. Bei negativen Entwicklungen kann dies nur

umgekehrt erfolgen, dass heißt leichtere Routen und einen niedrigeren Schwierigkeits-

grad.

Zusammenfassend kann die Autorin nach ihrer Begriffsdefinition sagen dass Klettern

durchaus als Intervention geltend gemacht werden kann, da Sozial-

arbeiterInnen/SozialpädagogInnen sich mit verschiedenen AdressatInnen und deren

Problemen auseinandersetzen und zwischen ihnen vermitteln können. Klettern als

Intervention kann außerdem präventiv (siehe Kapitel 7.1.2), aber auch bei aktuellen

Problemlagen von KlientInnen unterstützend und fördernd sein. Dabei wirkt sie zwar

nicht auf das direkte Problem, aber versucht durch persönlichkeitsbildende Maß-

75

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Abbildungsverzeichnis

nahmen den Mensch soweit zu fördern, um selbst Lösungen für das primäre Problem

zu finden bzw. gemeinsam mit den SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen Lösungs-

strategien zu erarbeiten.

Durch die verändernden Systeme, mit denen sich die Soziale Arbeit beschäftigt, ist es

beim Klettern essentiell, immer wieder zu reflektieren und die Situationen, in der sich

die Intervention befindet, neu zu definieren. Grundsätzlich sollte die Intervention

Klettern ein Angebot und gemeinsames Handeln sein und ohne Machtausübung

erfolgen. Im Vordergrund steht dabei immer die Freiwilligkeit. Letztendlich geht es bei

der Intervention Klettern darum, Prozesse und Entwicklungen für die KlientInnen zu

ermöglichen, bei denen sie gezielt unterstützt und gefördert werden, um schlussendlich

eigenständig und selbstbestimmt zu handeln.

6.3 Kinder und Jugendarbeit – Eine Einführung

Grundsätzlich konnte in der Arbeit erkannt werden, dass sie sich auf das Klettern mit

Kindern und Jugendlichen konzentriert, sprich Klettern in der Kinder- und Jugendarbeit.

In folgendem Teil wird kurz beschrieben was Kinder- und Jugendarbeit ist, um zu

veranschaulichen, in welchen Bereichen das Klettern als

sozialpädagogische-/erlebnispädagogische Intervention anzubieten ist.

Die reine Jugendarbeit hat sich in den letzten zwanzig Jahren, bezogen auf ihre

Altersgruppe, verändert. Sie wendet sich heute nicht nur mehr an Jugendliche

zwischen dem vierzehnten und achtzehnten Lebensjahr, sondern hat ihr Angebot

weiter ausgedehnt auf Kinder und postadoleszente Jugendliche. Somit hat sie sich zur

Kinder- und Jugendarbeit weiterentwickelt (vgl. Küster/Thole 2004, 213).

„Das sozialpädagogische Handlungsfeld der Kinder- und Jugendarbeit ist ein vielfältig

strukturiertes, […], von freien wie öffentlichen Trägern gestaltetes, pädagogisches

Handlungsfeld“ (Cloos/Köngeter/Müller/Thole 2009, 11). Dieses Handlungsfeld umfasst

sowohl die pädagogische Arbeit in diversen Jugendfreizeiteinrichtungen, Wohn-

gemeinschaften für Kinder und Jugendliche etc. als auch die Jugendvereinsarbeit,

Jugendsozialarbeit und die kulturelle, sportliche und politische Kinder- und Jugend-

bildungsarbeit. Grundsätzlich hat sich das Handlungsfeld der Kinder- und Jugendarbeit

„als außerschulisches Sozialisationsfeld in den letzten Jahrzehnten etabliert“ (ebd.).

Einer der allgemeinsten Definitionsversuche der Kinder- und Jugendarbeit beschreibt

dieses Handlungsfeld als ein Feld, das „alle außerschulischen und nicht ausschließlich

76

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Abbildungsverzeichnis

berufsbildenden, vornehmlich pädagogisch gerahmten und organisierten, öffentlichen,

nicht kommerziellen bildungs-, erlebnis- und erfahrungsbezogenen Sozialisationsfelder

von freien und öffentlichen Trägern, Initiativen und Arbeitsgemeinschaften umfasst“

(Thole 2000, 23). Dort können Kinder ab dem Schulalter bis zu postadoleszenten

Jugendlichen „selbstständig, mit Unterstützung oder in Begleitung von ehrenamtlichen

und/oder beruflichen MitarbeiterInnen, individuell oder in Gleichaltrigengruppen, zum

Zweck der Freizeit, Bildung und Erholung einmalig, sporadisch, über einen

turnusmäßigen Zeitraum oder für eine längere, zusammenhängende Dauer zu-

sammenkommen und sich engagieren“ (Thole 2000, 23).

Das „Klettern als Intervention“, das in dieser Arbeit behandelt wird, soll für alle Bereiche

in der Kinder- und Jugendarbeit geltend gemacht werden. Dem Handlungsspielraum

beim Klettern als Intervention soll grundsätzlich keine Grenzen gesetzt werden.

Sozusagen kann es in der offenen Kinder- und Jugendarbeit als freizeitpädagogisches

Projekt, in einer Wohngemeinschaft oder als Intensivbetreuung in der Einzelfallhilfe

angewendet werden.

Grundsätzlich ist das Klettern als Intervention in allen Handlungsbereichen der Kinder-

und Jugendarbeit möglich, wenn die voraussetzenden Ressourcen vorhanden sind.

Damit sind sowohl die Ausrüstung, die zeitliche Komponente, die finanziellen Möglich-

keiten und die örtlichen Gegebenheiten (Kletterhalle/Klettergarten) gemeint, als auch

die Kompetenz der Interventionsleitenden SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen

und/oder eine Möglichkeit des Zugangs zu externen ExpertInnen.

In dieser Arbeit ist, wie aus dem Titel hervorgeht, ein lebensweltorientierter-

sozialpädagogischer und erlebnispädagogischer Schwerpunkt auf die Intervention

Klettern gelegt. Bedient man sich in der Kinder- und Jugendarbeit des Kletterns als

Intervention, ist eine Methodenwahl insofern bedeutend, da die unterschiedlichen

Schwerpunkte verschiedene Handlungseinschränkungen/-möglichkeiten bieten und um

wirkungsvolle Konzepte von der Leistung und der zugehörigen Zielerreichung zu

erstellen, um die individuelle Situation der Adressaten zu verbessern (vgl. Corsa 2008,

96).

77

Page 78: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

7 Klettern als sozial-/erlebnispädagogische Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit

„Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann,

so ist es der Glaube an die eigene Kraft.“

(Marie von Ebner-Eschenbach)

Dieses Kapitel geht einer weiteren zentralen Fragestellungen dieser Arbeit nach „Wirkt

Klettern erlebnispädagogisch und ist Klettern lebensweltorientiert?“.

Hierfür werden die beiden zentralen Theoriezugänge der Arbeit, die Lebenswelt-

orientierung und die Erlebnispädagogik, einleitend anhand der Kinder- und Jugend-

arbeit beschrieben und danach mit den zugehörigen Handlungsmaximen am Klettern

bezogen auf die Fragestellung konkretisiert, um die letzte Fragestellung schlussendlich

zu beantworten.

7.1 Klettern als lebensweltorientierte sozialpädagogische Intervention

Klettern ist eine ganzheitliche Aktion. Es inkludiert die physischen, psychischen und

sozialen Aspekte eines Menschen und fordert, sich situationsgemäß zu konzentrieren

und sich vollkommen darauf einzulassen. Das Klettern kann langfristig gesehen zu

einer Freizeitbeschäftigung werden und sich somit direkt in die Lebenswelt der

AdressatInnen einbinden. Freizeitbeschäftigung zum einen, da diese direkt in den

Alltag der AdressatInnen verankert ist und Intervention zum anderen, da sie in den

Alltag der KlientInnen einzutreten versucht, um dort unterstützend zu agieren (siehe

Kapitel 6.2). Die offene Jugendarbeit sieht eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung als

geselliges, unterhaltsames und bildendes Angebot. Dies sind Eigenschaften, die das

Klettern (siehe Kapitel 3.3) eindeutig hervorzubringen vermag. Wichtig ist beiderseits,

dass Angebote geschaffen werden, welche die Entwicklung im Interesse der Kinder

und Jugendlichen fördern und die auch selbst mitbestimmen und mitgestalten können

(vgl. Fromme 2005, 133).

78

Page 79: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

Im folgenden Teil dieses Kapitels wird versucht herauszuarbeiten, ob Möglichkeiten

bestehen Klettern als Intervention zu nutzen, um sich sozialpädagogisch (lebenswelt-

orientierte Soziale Arbeit/Sozialpädagogik) in die Lebenswelt der KlientInnen einzu-

bringen.

7.1.1 Lebensweltorientierte Sozialpädagogik/Soziale Arbeit in der Kinder- und Jugendarbeit

Wendet man sich in der Kinder- und Jugendarbeit dem Konzept der lebenswelt-

orientierten Sozialen Arbeit/Sozialpädagogik zu, ergeben sich bestimmte

Überschneidungsflächen der Handlungsmaximen der Lebensweltorientierung und der

gängigen Kinder- und Jugendarbeit. Die Autorin möchte dies auszugsweise an

folgenden Beispielen veranschaulichen:

Kinder- und Jugendarbeit basiert auf pädagogischen und alltagsnahen Arrangements

entlang der sozialen, räumlichen und zeitlichen Bezüge ihrer AdressatInnen. Dies

findet sich exemplarisch in „Sozialräumlicher Jugendarbeit“ oder in „Wohngemein-

schaften für Kinder und Jugendliche“ wieder. Damit ist gemeint, dass die Kinder- und

Jugendarbeit in den meisten Bereichen des Handlungsfeldes im direkten Alltag bzw.

Lebensumfeld ihrer AdressatInnen handelt und arbeitet. Dort ist die Kinder- und

Jugendarbeit innerhalb des Programms der lebensweltorientierten Sozialen

Arbeit/Sozialpädagogik ein Reagieren auf einer Darstellungs-, Experimentier- und

Aushandlungsbühne der AdressatInnen, da diese Raum haben, sich selbst und ihre

Habitualisierungen zu erproben, erforschen, weiterzuentwickeln oder zu überdenken

(vgl. Küster/Thole 2004, 222).

Kinder- und Jugendarbeit fordert das Prinzip Freiwilligkeit in den meisten Bereichen

des Arbeitsfeldes ein. Sie versucht, Kinder und Jugendliche in Demokratisierungs-,

Partizipations- und Integrationsprozesse einzugliedern und fördern (vgl. ebd.). Dies ist

vor allem im Verhältnis zur Erwachsenenwelt zu sehen. Kinder- und Jugendarbeit

versucht, ihre AdressatInnen zu ermöglichen, Meinungen zu äußern, an der Erwach-

senenwelt zu partizipieren und sie zu integrieren, so dass sie auch ernst genommen

werden.

Kinder- und Jugendarbeit „sieht ihr Handeln mit und für Kinder und Jugendliche nicht

als exklusives, von anderen Lebensbereichen der AdressatInnen isoliertes Feld,

sondern positioniert sich im Sinne einer Hilfe zur Lebensbewältigung und

Identitätsbildung als Beratungs-, Hilfe-, und Bildungsangebot in Relation beispielsweise

79

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Abbildungsverzeichnis

zu Elternhaus und Schule“ (Küster/Thole 2004, 223). In diesem Sinne handeln ihre

VertreterInnen direkt in der Lebenswelt der KlientInnen.

Kinder- und Jugendarbeit wirkt regionalisierend und antizentralisierend aus den histori-

schen Wurzeln der kommunalen und verbandlichen Kinder- und Jugendarbeit heraus.

Die Kinder- und Jugendhilfeausschüsse sind als Formen der Vernetzung fest in die

Kinder- und Jugendarbeit implementiert.

Zusammenfassend gesehen „ergibt sich das Bild, dass die […] Programmatik einer

„Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit“ für den Bereich der Kinder- und Jugendarbeit

nicht erst entworfen werden muss, da sie – quasi als Sammlung evidenter Prinzipien –

dort bereits fest verankert ist, und eher einen […] konzeptionellen Hintergrund abgibt,

vor dem konkrete Ausformulierungen […] zu entwerfen sind“ (ebd. 223).

Um dieses Unterkapitel abzuschließen, ist es von immanenter Wichtigkeit, fest-

zuhalten, dass Kinder und Jugendliche reale soziale Räume bedürfen, in denen sie die

Möglichkeit haben, ihre Mündigkeit fantasievoll, mit möglichst wenig Kontrolle zu

erproben (vgl. ebd. 229). Das Zentrum dieser lebensweltorientierten Sozialen

Arbeit/Sozialpädagogik in der Kinder- und Jugendarbeit bilden Alltagsorte von Kindern

und Jugendlichen und deren Freizeitaktivitäten.

7.1.2 Klettern und die Handlungsmaximen der Lebensweltorientierung

Im folgenden Teil dieses Kapitels möchte die Autorin die Frage klären, ob Klettern am

Konzept der lebensweltorientierten Sozialpädagogik als sozialpädagogische Inter-

vention geltend gemacht werden kann. Dazu nimmt sie die fünf Struktur- bzw.

Handlungsmaximen der Lebensweltorientierung von Hans Thiersch und konkretisiert

sie am Beispiel Klettern in der Kinder- und Jugendarbeit.

a. Prävention

In der vergangenen Zeit wurde Jugendhilfe immer erst aktiv, wenn bereits Probleme

aufgetreten waren. Salopp formuliert, „wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen

war“ (Schilling/Zeller 2007, 169). Im achten deutschen Jugendbericht von 1990 setzte

sich eine präventive Orientierung durch. Primäre Prävention bedeutet, dafür zu sorgen,

dass Kinder und Jugendliche in lebenswerten und stabilen Verhältnissen leben, die

nicht zu Konflikten oder Krisen führen. Sekundäre Prävention wird als vorbeugende

Hilfe in Situationen beschrieben, „die erfahrungsgemäß belastend sind und sich zu

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Krisen auswachsen können“ (www.aba-fachverband.org, 16.03.2010). „Von einer Krise

spricht man, wenn es einem Menschen nicht gelingt, bestimmte belastende Ereignisse

oder eine geänderte Lebenssituation zu bewältigen“ (Kirchhefer 2005, 108). „Auslöser

einer Krise können Stresssituationen, Konflikte oder Verlusterlebnisse sein“ (ebd.),

genauso wie körperliche oder psychische Krankheiten. Hilfen in akuten Situationen

sind natürlich im Aufgabenspektrum der Jugendhilfe nicht als unwichtiger hinzunehmen

(vgl. www.aba-fachverband.org, 16.03.2010). Klettern versucht einerseits, mit den

daraus resultierenden positiven Aspekten11 eine gezielte Förderung des Selbstwertes,

der sozialen Kompetenzen, der Angstüberwindung und Grenzerfahrung, etc. zu

erreichen und somit die individuellen Ressourcen der Kinder und Jugendlichen zu

steigern, um ihnen die Möglichkeit zu geben, mit bestimmten Krisen und Konflikten

besser umzugehen. Dies kann beim Klettern vor allem deshalb erreicht werden, da

eine Sensibilisierung der Eigenwahrnehmung möglich ist. Somit bekommen Kinder-

und Jugendliche ein besseres Verständnis von sich selbst und den individuellen

Herausforderungen des Lebens. Andererseits hilft es auf gleicher Weise Ressourcen

zu erzeugen oder anzuregen, um bereits belastende Situationen nicht erst zu Krisen

auswachsen zu lassen. Sozusagen kann einem negativen Körpergefühl, wie es gerade

bei weiblichen Jugendlichen in der Pubertät häufig vorkommt, durch gewonnenes

Selbstvertrauen und Gruppenzugehörigkeit entgegen gewirkt werden. Natürlich ist das

Klettern kein „Wundermittel“, das alle Lösungen auf Probleme automatisch mit sich

bringt. Umso wichtiger ist es für die SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen, in

diesem Setting belastende Situationen bei den KlientInnen einzuschätzen, um gezielt

an diesen zu arbeiten. Wird ein defizitäres Sozialverhalten bei den TeilnehmerInnen

bemerkt, kann durch gruppendynamische Kletterübungen darauf hingehend gearbeitet

werden.

Dezentralisierung

Lebensweltorientierte Soziale Arbeit/Sozialpädagogik bedeutet Angebote zu dezent-

ralisieren und regionalisieren. Zum einen ist das zentrale Ziel hierbei, Angebote und

Organisationsstrukturen zu verlagern und die Zugangsmöglichkeiten für Kinder und

Jugendliche zu erleichtern. Zentrale Voraussetzung hierfür ist eine gute regionale

Erreichbarkeit und niederschwellige Angebote (Schilling/Zeller 2007, 170). Zum

anderen ist eine „Verlagerung von Zuständigkeiten an die Basis und die daraus

11 siehe Kapitel 3.3

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Abbildungsverzeichnis

resultierende Planung und Kooperation der beteiligten Personen“ (Schilling/Zeller

2007, 170) notwendig. Dies bedeutet, dass es zu einer Übertragung beruflicher Hand-

lungs- und Entscheidungsmöglichkeiten von den jeweiligen Führungskräften und deren

Ebene auf die Ebene der Beratungs- und Arbeitsebene in der Sozialen Arbeit kommt.

Somit erlangen Fachkräfte in Einrichtungen eine freie Entscheidungskompetenz,

tragen aber im Gegenzug mehr Macht und

Verantwortung für ihr eigenes Handeln (vgl. Bassarak

2006, 216).

Beim Klettern als sozialpädagogische Intervention am

Konzept der lebensweltorientierten Sozialpädagogik ist

es bedeutend, das Angebot möglichst zentral und

barrierefrei zu halten. Beispielsweise gibt es in vielen

Städten die Möglichkeit in Indoorhallen zu klettern, die

mit dem öffentlichen Verkehr in den meisten Fällen gut

zu erreichen sind. Sollten Klettergärten in der Natur

gewählt werden, muss unbedingt ein guter Zugang für

die Kinder und Jugendlichen ermöglicht werden, etwa

so, dass ein Bus organisiert werden kann oder Fahr-

gemeinschaften gebildet werden. Lebenswelt-

orientierung in diesem Sinne gilt, die Angebote

dahingehend zu planen, dass sie in den Möglichkeiten

der KlientInnen liegen, diese annehmen zu können. Als

hervorragend würde sich ein Kletterturm oder eine

Kletterwand in der (geografischen) Lebenswelt der

Jugendlichen erweisen. Zum Beispiel könnte ein

mobiler Kletterturm direkt an Plätzen aufgestellt werden,

wo sich die Kinder und Jugendlichen die meiste Zeit

aufhalten. In Graz gibt es beispielsweise eine Kletterwand an der Promenade an dem

Fluss Mur, die von der Öffentlichkeit genutzt werden kann. Diese Promenade ist ein

Ort, wo sich viele Jugendliche in ihrer Freizeit aufhalten und „herumhängen“. Man

würde bei der Auswahl dieser Kletterwand direkt im Lebensbereich der Jugendlichen

agieren. Um die Angebote außerdem barrierefrei zu halten, ist es notwendig, die

Klettereinheiten so zu organisieren bzw. zu planen, dass sie keine Vorkenntnisse bzw.

aufbauenden Leistungen verlangen. Jedes Kind bzw. jeder Jugendliche sollte die

Möglichkeit haben, zu jeder Zeit einzusteigen. Problematisch kann die Barrierefreiheit

82

Abbildung 7: Kletterrouten an

der Mur in Graz (Foto Georg

Pichler)

Abbildung 8: Klettergarten in der

"Lebenswelt" von Jugendlichen

in Graz (Foto Georg Pichler)

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werden, da Klettern aus versicherungstechnischen Gründen unbedingt das

Einverständnis von Eltern oder Erziehungsberechtigten benötigt, und somit für Kinder

und Jugendliche mit problematischen Familienkonstellationen eine Hürde entstehen

kann, die Eltern darum zu bitten.

Wie bereits erwähnt, ist es als SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn bedeutungsvoll,

eigenständig arbeiten zu können, da in professionellen Situationen meist akuter

Handlungsbedarf besteht, der keine Zeit hat um erst mit den Instanzen in den Füh-

rungsebenen besprochen zu werden. Werden Kletterprojekte organisiert, muss die

Entscheidungskompetenz immer in der Hand der ProjektleiterInnen liegen. Diese

müssen entscheiden können, welcher Ort gewählt wird, welche KlientInnen fähig sind,

bestimmte Routen zu gehen, ohne sich zu verletzen oder negative Erfahrungen zu

machen und wie das Projekt im Gesamten aufgebaut ist. Es wäre kontraproduktiv,

wenn eine Entscheidungsmacht von einer Führungsebene über solche Projekte

entscheiden würde, wenn sie persönlich nicht daran beteiligt wären, da somit die

Handlungsmöglichkeit des/der kletternden SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn ein-

geschränkt wäre. Würde ein/eine SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn aus einer stationä-

ren Jugendwohlfahrtseinrichtung mit den Kindern und Jugendlichen klettern gehen,

müsste diese, um eigenständig und kompetent zu arbeiten, zumindest bis zu einem

gewissen Grad freie Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeit haben. Im Gegenzug

dafür, wie bereits erwähnt, würde für ihn/sie mit dieser Macht auch ein großer Teil an

Verantwortung auf sie übertragen werden. Diesbezüglich ist es dringend notwendig,

alle Eventualitäten (Risiken) im Vorhinein bereits ausführlich zu besprechen und

abzuklären. Dies kann aber zur Folge haben, dass eine Einschränkung in der Organi-

sation und Durchführung geschieht.

Alltagsnähe

In der lebensweltorientierten Jugendhilfe ist aber nicht nur eine Regionalisierung der

Angebote von Nöten, sondern ein Zugang zum Alltag der AdressatInnen. Sich ab-

wendend von der Tendenz zur Distanz von Alltag in der institutionalisierten Sozialen

Arbeit, versucht eine lebensweltorientierte Jugendhilfe organisatorische, institutionelle

und temporäre Zugangsbarrieren abzubauen, um im Erfahrungsraum der Jugendlichen

unmittelbar anwesend zu sein (vgl. www.aba-fachverband.org, 16.03.2010, 87).

Diese Handlungsmaxime der Lebensweltorientierung muss in Bezug auf das Klettern

kritisch betrachtet werden. Grundsätzlich ist es möglich, Klettern durch Regelmäßigkeit

83

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Abbildungsverzeichnis

(zumindest wöchentlich) als alltägliche Aktion für Kinder und Jugendliche in deren

Lebenswelt zu integrieren. Würde es gelingen, eine Kontinuität für die KlientInnen

herzustellen und somit ein „Hobby“ bzw. eine Freizeitbeschäftigung für sie zu ent-

wickeln, kann Alltagsnähe geschaffen werden. Anders formuliert, die Lebenswelt kann

durch etwas „Neues“ ergänzt bzw. erweitert werden.

Im Weiteren ist dieser Punkt sensibel zu behandeln, da er grundsätzlich das Gegenteil

meint von einem der fünf Merkmale der Erlebnispädagogik. Der „Erlebnischarakter“

(siehe Kapitel 5.3.3) plädiert darauf eine Distanz zum Alltag der AdressatInnen

herzustellen, um den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, Abstand zu

den schwierigen, herausfordernden und überfordernden Seiten der eigenen Lebens-

welt zu gewinnen. Eine Kletter-Aktion außerhalb des eigenen Alltags kann dazu führen

abzuschalten und diverse Probleme für einen Moment zu vergessen, was bei diesem

Sport funktionieren kann, da er zu Konzentration auffordert und andere Gedanken und

Dinge vergessen lässt. Diese vorteilhafte Distanz wird aber auch bei Regelmäßigkeit

hergestellt bzw. bei Freizeitprojekten, die im Lebensbereich der AdressatInnen statt-

finden, denn in dem Moment, in dem die Aktion durchgeführt wird, können die Vorteile

trotzdem entstehen. Zusammenfassend kann bei diesem Punkt festgestellt werden,

dass es bei sozialpädagogischem Klettern möglich ist, Alltagsnähe herzustellen, dies

aber streng von dem Handlungsmaximen der Erlebnispädagogik zu trennen ist.

Integration – Normalisierung

Lebensweltorientierte Soziale Arbeit ist zum großen Teil bestimmt durch Prävention.

Sie versteht sich als Normalangebot für alle Menschen Dies bedeutet, die Arbeit mit

Menschen in unbelasteten Situationen. Hans Thiersch erweitert seinen sozial-

pädagogischen Ansatz um das Leistungsangebot für Menschen in belasteten Lebens-

umständen. Dies bedeutet somit, dass beim lebensweltorientierten Ansatz keine

AdressatInnen ausgeschlossen werden müssen (vgl. Schilling/Zeller 2007, 1970).

Die Sportart Klettern kann ein sozial-/ erlebnispädagogisches Angebot für Menschen in

unbelasteten aber auch belasteten Lebensumständen sein. Durch die verschiedenen

Variationen (Sportklettern, Bouldern, Toprope, Vorstieg, etc.) und Schwierigkeitsgrade

ermöglicht es fast jedem Menschen, diesen Sport durchzuführen und damit Vorteile für

sich selbst entdecken. Bei verschiedenen Projekten haben Menschen aus unterschied-

lichen sozialen Gefügen die Möglichkeit, zu klettern und sich in der Gruppe zu

integrieren und das Leben zu einem kleinen Stück innerhalb des geschützten

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Abbildungsverzeichnis

Rahmens zu normalisieren. Dies kann passieren, weil diverse Vorteile durchs Klettern

für die Menschen entstehen, es in der Gemeinschaft durchgeführt wird, etc.

Im Folgenden möchte die Autorin ein paar Einrichtungen bzw. Projekttitel vorstellen um

zu veranschaulichen, dass in Österreich bereits bestehende Projekte vorhanden sind,

welche sich speziell auf das Klettern mit bestimmten Zielgruppen richten.

Sport bringt in den meisten Fällen auch nicht nur Exklusion, aus biologischen oder

psychischen Gründen mit sich, sondern bedingt durch die Gesellschaftsschichten.

Kinder und Jugendliche, die aus höheren Einkommens- oder Gesellschaftsschichten

stammen, nehmen sportive Angebote eher wahr als solche, die aus ein-

kommensschwachen Familien stammen. (vgl. www.webnetwork-nordwest.de,

26.03.2010, 6) Das sportliche Angebot muss also barrierefrei, auch im Sinne der

Finanzierung und offen für jeden gestaltet werden. Diesbezüglich muss Integration

mehr bedeuten, als nur innerhalb der Aktion integrativ zu wirken. Wird mit Kindern und

Jugendlichen aus einer Wohngemeinschaft geklettert, bedeutet dies nicht, dass sich

die Kinder und Jugendlichen dadurch in die Gesellschaft integrieren können. Deshalb

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− Klettern mit behinderten Menschen

− "Klettern als Therapie für körper- und mehrfachbehinderte Kinder" in

Mäder in Vorarlberg (vgl. ergotherapie-gorbach.com, 26.03.2010).

− Klettern mit Drogenabhängigen

− Stationäre Langzeittherapie „Grüner Kreis“ (vgl. www.gruenerkreis.at,

26.03.2010)

− Schnupperklettern für AnfängerInnen bei der Drogenberatung Graz

(vgl.www.drogenberatung.steiermark.at, 26.03.2010)

− Klettern mit psychisch kranken Menschen

− Zeit für eine „Atempause“ (erlebnispädagogisches Projekt mit Kletter-

einheiten) (vgl. www.alpenverein.at, 26.03.2010)

− Klettern mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen im Landes-

krankenhaus Leoben (vgl. www.gsund.net, 26.03.2010)

− Klettern mit Kindern und Jugendlichen

− Kinderklettern im Pinzgau in Salzburg (vgl. salzburg.orf.at, 26.03.2010)

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Abbildungsverzeichnis

wären etwa Überschneidungen bestimmter Kletterprojekte eine Möglichkeit, um

Adressaten aus verschiedenen Handlungsfeldern (Schulkinder und behinderte Kinder,

etc.) miteinander in kontrollierten Rahmen zu konfrontieren. Außerdem können Kinder

und Jugendliche beim Klettern als Intervention in der Kinder und Jugendarbeit den

Sport in einem geschützten Rahmen austesten, und bekommen möglicherweise den

Mut dazu, in externe Vereine (Alpenverein, Naturfreunde, etc.) einzutreten, da sie erste

Fähigkeiten schon erlernt haben. Gerade für junge Menschen ist es oft schwierig

alleine Neues auszuprobieren. Haben sie aber Selbstvertrauen, weil ein Grundkönnen

schon vorhanden ist, wird diese Hürde leichter. Zusammenfassend kann gesagt

werden, dass ein Prozessziel einer „körperorientierten“ Sozialen Arbeit anhand des

Kletterns ist, allen Kindern und Jugendlichen ein „normales“ Angebot zu geben und

sich deshalb darauf zu konzentrieren ein integratives Angebot für jeden zu schaffen

(www.webnetwork-nordwest.de, 26.03.2010, 6).

Partizipation

„Wenn lebensweltorientierte Jugendhilfe darauf hinzielt, dass Menschen sich als

Subjekte ihres eigenen Lebens erfahren, ist Partizipation eines ihrer konstitutiven

Momente“ (vgl. www.aba-fachverband.org, 16.03.2010, 88). Freiwilligkeit,

Mitbestimmung und Selbsthilfe sind hierbei wesentliche Merkmale der Partizipation

(vgl. Schilling/Zeller 2007, 1970). Situative Partizipation der AdressatInnen kann sich

immer nur in der Grundhaltung der beteiligten Erwachsenen zeigen. Der/die

SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn wird somit aufgefordert, gemeinsam mit den

KlientInnen nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten zufriedenstellend sind

(vgl. Zinser 2005, 160).

„Sport und Bewegung üben auf Jugendliche eine enorme Faszination aus. Kinder und

Jugendliche müssen dazu nicht erst mühsam motiviert werden. Die Ausübung von

sportlichen Aktivitäten, die Teilhabe an Trendsportarten und Bewegungskulturen ist für

Jugendliche in hohem Maße attraktiv und wird zumeist aus Eigeninitiative heraus

gesucht“ (www.webnetwork-nordwest.de, 26.03.2010, 10).

Klettern erfordert rein vom sportlichen Aspekt her, automatisch Partizipation. Kinder

und Jugendliche können nur klettern, wenn sie aktiv daran teilnehmen, da Sport immer

eigene Kraft, Ausdauer und Energie erfordert. Wird ihnen bewusst, dass jede Be-

wegung, jeder Griff nach oben und jede geschaffte Route ihr eigenes Werk ist, können

sie sich als Subjekt ihres eigenen Lebens erfahren. Bedeutend beim Klettern ist, dass

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Abbildungsverzeichnis

die AdressatInnen dies freiwillig machen. Ohne Konzentration und Freude kann die

vollständige Leistung beim Klettern nicht erbracht werden, und dies kann zu negativen

Erfahrungen und rückwirkendem Selbstvertrauen führen. Klettern kann diesbezüglich

durchaus als Primärerfahrung bezeichnet werden, was bedeutet, dass Kinder und

Jugendliche beim Ausüben des Sports direkt beteiligt sind und mit all ihren Sinnen

teilnehmen (vgl. Lang 1995, 25). Beim Klettern sind außerdem projektorientierte

Beteiligungsformen bedeutungsvoll. Sie beziehen sich auf die Vorbereitungen eines

Planungsvorhabens (vgl. www.webnetwork-nordwest.de, 26.03.2010, 10). Werden die

Kinder und Jugendlichen in den Vorbereitungsprozess der Klettereinheit (Routen-

planung, Spieleauswahl, etc.) eingeschlossen, fördert dies ein Gefühl des ernst

genommen Werdens und das Zusammengehörigkeitsgefühl. Zusätzlich erfordert

Mitbestimmung Partizipation von den TeilnehmerInnen. In bestimmten Bereichen der

Kinder- und Jugendarbeit, wie offene/mobile Kinder- und Jugendarbeit, Projektarbeit

mit Kindern und Jugendlichen etc. soll ein freier Zugang zum Klettern für Kinder und

Jugendliche gegeben sein, soweit dies rechtlich gestattet ist (vgl. ebd.). Zum Schluss

muss auf jeden Fall noch erwähnt werden, dass es beim Klettern immer begründete

Regeln gibt, die keine Modifikation des Angebots erlauben. So können Sicherungs-

techniken nicht nach Belieben der TeilnehmerInnen verändert werden. Somit erlaubt

das Klettern Mitbestimmung und Mitgestaltung solange die Sicherheit aller Beteiligten

gewährleistet ist.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Sozialpädagogik nach Hans

Thiersch wie auch die Soziale Arbeit sich an der jeweiligen Lebenswelt ihrer

AdressatInnen orientiert und Hilfe zur Bearbeitung in sozialen Krisen bzw. Konflikten

gibt. Nach den Handlungsmaximen arbeitet sie präventiv, dezentralisierend bzw.

regionalisierend und gilt als Normalangebot für ihre AdressatInnen. Die lebenswelt-

orientierte Sozialpädagogik arbeitet im Alltag der KlientInnen und fordert bzw. setzt

Partizipation der Individuen voraus.

Bezogen auf das Klettern bedeutet dies, dass SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen

durch den Sport Klettern ermöglicht werden kann, in die Lebenswelt von Kindern und

Jugendlichen einzudringen und somit mit ihnen zu arbeiten, da bei fast allen

Handlungsmaximen der Lebensweltorientierung ein Konsens mit den Vorteilen des

Kletterns besteht. Das Eindringen in die Lebenswelt der Klienten beschreibt Thiersch

außerdem auch als „offensive Einmischung im Sinne der AdressatInnen“ (vgl.

Schilling/Zeller 2007, 171).

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Page 88: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

Die Autorin zieht aus dem vorhergehenden Kapitel den Schluss, dass Klettern als

sozialpädagogische Intervention eingesetzt werden kann. Diesbezüglich kann die

Fragestellung „Ist Klettern lebensweltorientiert?“ positiv beantwortet werden. Von

großer Bedeutung hierbei ist, dass dies nur geschehen kann, wenn die sozial-

pädagogische Intervention an den Arbeitsansatz der Lebensweltorientierung angelehnt

ist. Grundsätzlich ist dies in allen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit möglich.

Gefordert wird hierbei nur eine genaue Beschreibung der Wirkungsziele des Vor-

habens. So würde das Klettern in einer Wohngemeinschaft eher darauf zielen, eine

neue Freizeitbeschäftigung für die BewohnerInnen zu schaffen, um ihre Lebenswelt zu

erweitern. In einer Intensivbetreuung mit einem/einer KlientIn liegt das Augenmerk

vermutlich auf Lösungsfindungen und Problembewältigung. Natürlich kann, wie oben

formuliert, das Klettern grundsätzlich auch nur als präventive Maßnahme in der Kinder-

und Jugendarbeit genutzt werden.

Als zweite Bezugsmöglichkeit wird im Folgenden das Klettern an der Methode der

Erlebnispädagogik beschrieben.

7.2 Klettern als erlebnispädagogische Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit

Es ist anzunehmen, dass die Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit

grundsätzlich in allen Handlungsfeldern anwendbar ist. Die Rahmenbedingungen sind

auf das individuelle Klientel zu richten. Es macht wenig Sinn, mit Senioren schwerste

Routen zu klettern oder einen reißenden Fluss mit dem Kajak zu befahren, wenn die

physischen Voraussetzungen bei ihnen nicht mehr gegeben sind. Diese Diplomarbeit

richtet sich rein auf die Kinder- und Jugendarbeit, weshalb auch im folgenden Kapitel

die Methode des Kletterns speziell im Hinblick auf diese Zielgruppe bearbeitet wird.

Dies bedeutet aber nicht, dass dies in anderen Handlungsfeldern mit bestimmten

Abänderungen nicht anwendbar ist.

7.2.1 Erlebnispädagogik in der Kinder und Jugendarbeit

Kinder und Jugendliche wachsen in einer Zeit auf, die von verschiedenen Medien, die

kaum authentische Erlebnisse zulassen, bestimmt wird. Gewalttätige Computerspiele

und Filme zeigen aber, dass bei Kindern und Jugendlichen der Wunsch nach

Abenteuer und Nervenkitzel nach wie vor vorhanden ist. Grundsätzlich sucht der

Mensch nach Erlebnissen, die ihn Erfahrungen sammeln lassen, um für ihn einen Sinn

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Abbildungsverzeichnis

des Lebens zu finden. Somit wird die Beziehung zum eigenen Leben über Erlebnisse

aufgebaut. Kann dem Wunsch nach Abenteuer und Nervenkitzel bzw. dem Erlebnis

nicht auf legaler Weise nachgegangen werden, kommt es häufig zu delinquentem oder

kriminellem Verhalten, um Grenzerfahrungen zu machen (Brück/Boecker 2004, 94f.).

Vor diesem Hintergrund wird dem Erlebnis eine pädagogische Bedeutung zuge-

sprochen. Durch attraktive, spannende Angebote versucht die Erlebnispädagogik

Kindern und Jugendlichen erlebnisreiche Situationen zu schaffen, die abenteuerlich

sind. Erlebnispädagogische Aktionen sollen Kinder und Jugendliche ermöglichen, ihre

eigenen Grenzen zu erkennen und möglicherweise zu überwinden, sich selbst mit

anderen zu erleben, ihre Eigenaktivität und Problemlösestrategien zu fördern und

weiterzuentwickeln und die Handlungsfähigkeit ihres Körpers zu erfahren (vgl. Gilles

2005, 281). Kinder und Jugendliche befinden sich grundsätzlich in einer Phase des

Lebens, in der die Persönlichkeit eher durch unterschiedliche Einflüsse geprägt wird

als bei Erwachsenen

Bei pädagogisch begleiteten Erlebnissen sollen „Einstellungen, Interesse, Motivationen

und Handlungen aufgebaut und im Persönlichkeitsprofil prägende und richtungs-

weisende Akzente gesetzt werden“ (Brück/Boecker 2004, 95). Dies wiederum er-

möglicht Kindern und Jugendlichen, erlernte Aspekte und neue Handlungs-

möglichkeiten innerhalb des alltäglichen Lebens anzuwenden.

7.2.2 Klettern und die Handlungsmaximen der Erlebnispädagogik

Erlebnispädagogik als Sozialarbeiterische Methode wurde in Kapitel 5 ausführlich

beschrieben. Diese Diplomarbeit richtet sich nun nach der Frage, ob Klettern erlebnis-

pädagogisch wirkt, und folglich als erlebnispädagogische Intervention in der Kinder-

und Jugendarbeit eingesetzt werden kann. Dies wird nun im folgenden Kapitel

bearbeitet.

Klettern liegt grundsätzlich in der Natur des Menschen. Bevor ein Kind richtig laufen

lernt, erkundet es seine Umgebung, indem es sich an Bänken und Tischen hochzieht.

Auf jedem Spielplatz gibt es Klettergerüste, um diesem Bedürfnis später noch nach-

zugehen (vgl. Kölsch/Wagner 2004, 102).

Mit den fünf Maximen der Erlebnispädagogik, die sich aus der Definition nach Hufenus

entwickelt haben (siehe Kapitel 5.3.3), lässt sich das Klettern als erlebnispädagogische

Maßnahme gut beschreiben.

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Abbildungsverzeichnis

a. Gruppe als Lerngemeinschaft

Gaston Rébuffat, ein französischer Bergsteiger sagte einst „So bleiben auch die

Schönheit der Berge, die Freiheit der großen Räume, die herben Freuden des

Kletterns klein und ärmlich ohne die Seilkameradschaft“ (Kölsch/Wagner 2004, 102).

Generell muss beim Klettern die Gruppe als Lerngemeinschaft gesehen werden.

Gegenseitiges Sichern, gemeinsame Knotenkunde, gemeinsamer Anstieg bzw. Zustieg

zu einem natürlichen Klettergarten oder die Anfahrt zu künstlichen Hallen, gemeinsame

Jause in den Ruhepausen etc. fördern die sozialen Kompetenzen der Zielgruppe und

stellen die Gruppe in den Mittelpunkt des Angebots. Beim Klettern „gehen die Teil-

nehmerInnen eine sozial motivierte Beziehung ein. Das Ziel einer solchen Beziehung

ist das Wohlergehen des anderen, da dieser von der anderen Partei abhängig ist“

(Michaelis 2008, 102) Gemeinsame Ziele, wie das Besteigen eines Gipfels oder neue

Erfahrungen und Fertigkeiten die durch gruppendynamische Prozesse und soziale

Interaktion gemacht werden können, werden durch eine pro-soziale Beziehung inner-

halb der TeilnehmerInnen leichter (vgl. Michaelis 2008, 102). Die Gruppe lässt ver-

schiedene Positionen und Rollen entstehen und fördert Diskussionen zwischen den

TeilnehmerInnen, indem gemeinsam über Erlebnisse reflektiert wird. Personen lernen,

sich in die Gruppe zu integrieren und mit dieser zu arbeiten. Ein bedeutender Punkt

dabei ist, sich als Individuum mit der Gruppe auseinandersetzen. Klettern

TeilnehmerInnen vor den Augen der anderen, setzen sie sich mit einer sozialen

Situation auseinander, bei der sie den Bewertungen der anderen ausgesetzt sind.

Der/die Kletternde steht im Mittelpunkt, der/die Sichernde konzentriert sich voll auf

diesen/diese und die Gruppe sieht zu und feuert gegebenenfalls an. Somit kann sich

der/die Einzelne als individuelle Persönlichkeit in der Gruppe erleben und eventuell

positive Wirkungen auf das persönliche Wohlbefinden spüren. Der/die

ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn muss dabei Acht geben,

dass keine negativen Bewertungen geschehen, welche negative Emotionen, wie

Selbswertverlust oder Schamgefühl hervorbringen können (vgl. Brück/Boecker 2004,

117).

Der/die ErlebnispädagogIn bzw. der/die SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn hat außer-

dem die Aufgabe, den Kindern und Jugendlichen Anstöße und Anregungen für Diskus-

sionen und Gespräche zu geben, gemeinsame Zwischenaktionen, wie Spiele in den

Ruhepausen zu fördern und am Ende reflexive Unterhaltungen herbeizuführen. Beim

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Abbildungsverzeichnis

Sichern ist er/sie unterstützende und helfende Instanz, welche darauf achtet, das Ver-

trauen der Akteure zu sich selbst und anderen TeilnehmerInnen zu fördern. Dieses

Vertrauen kann durch spezifische Vertrauensspiele zu Beginn oder am Ende jeder

Kletteraktion gefördert werden.

Kritisch bei dieser Handlungs-maxime bezogen auf das Klettern ist, dass während des

aktiven Ausführens des Sports, die Gruppe eher in den Hintergrund gedrängt wird, da

jede Seilschaft nur aus maximal zwei Personen besteht.

Nach den persönlichen Erfahrungen der Autorin werden die eigentlichen Lernerfahrun-

gen innerhalb der Gruppe, generell eher in den Pausen bzw. den Vorbereitungsübun-

gen oder Übungsspiele gemacht.

Durch die Handlungsmaxime der „Gruppe als Lerngemeinschaft“ ergeben sich in der

Kinder- und Jugendarbeit gewisse Einschränkungen. Eine erlebnispädagogische

Intervention ist in der Einzelfallhilfe bzw. Intensivbetreuung nicht möglich, da sich die

Betreuung dabei auf das Individuum konzentriert und es in diesem Sinne zu keiner

Gruppe kommt. Eine existierende Gruppe ist also für die erlebnispädagogische Inter-

vention Voraussetzung. Klettern als erlebnispädagogische Intervention bietet sich

hervorragend in Wohngemeinschaften oder Freizeitprojekte in der offenen Kinder- und

Jugendarbeit an, vorausgesetzt, dass einige TeilnehmerInnen vorhanden sind um die

Gruppe als Bildungs- und Förderungsmaßnahme nutzen zu können.

Erlebnischarakter

Wie in Kapitel 5.3.3 „Merkmale“ schon

beschrieben wurde, setzt sich die

Erlebnispädagogik zur Aufgabe, Situati-

onen herzustellen, die Distanz zum

Alltag haben und außergewöhnlichen

Charakter in einer Lernsituation besit-

zen. Das Ereignis soll zum Erlebnis

werden und besitzt somit einen Erleb-

nischarakter (vgl. Galuske 2009, 245).

91Abbildung 9: Klettern als Erlebnis (Foto Johannes

Pirnbacher)

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Abbildungsverzeichnis

Ob bzw. wie die TeilnehmerInnen das Erlebnis wahrnehmen, kann allein durch die

Durchführung nicht beeinflusst werden. Deshalb liegt die erlebnispädagogische Grenze

nicht nur in der Maßnahme sondern auch im Mensch selbst. Die Angebote sollen die

Erlebnisfähigkeit der TeilnehmerInnen anregen und sie fördern. Klettern als

erlebnispädagogische Handlung hat den Vorteil, dass viele Elemente, auch wenn sie

subjektiv gefährlich eingeschätzt werden, objektiv sicher gestaltet sind (vgl.

Brück/Boecker 2004, 116). Aufgrund der guten Sicherungstechniken wissen die Kinder

und Jugendlichen, im Gegensatz zu ihren subjektiven Emotionen, dass das Klettern

ungefährlich ist, und sie sich mit ihren Ängsten auseinandersetzen müssen. Da es

unterschiedliche Schwierigkeitsgrade beim Klettern gibt, kann für jede Person ein

Erlebnis geschaffen werden. Werden bestimmte Schwierigkeitsstufen als einfach und

leicht machbar empfunden, erzielt man ein Erlebnis mit einem schwierigeren Angebot

an Kletterrouten. Das subjektive Empfinden kann auch durch eine andere Gegebenheit

am Fels gesteigert werden. Während gerade vertikal verlaufende Routen für „erfah-

rene“ KletterInnen oft psychisch einfach zu meistern sind, fördern überhängende

Wände12 die Grenzerfahrung und führen zu einem ganz neuen Erlebnisgefühl.

Pädagogische Arrangement

Auch im alltäglichen Leben gibt es verschiedene Situationen, die erlebnisträchtig sind.

Der Unterschied zu einem erlebnispädagogischen Setting ist die pädagogische

Instrumentalisierung.

Zu einer erlebnispädagogischen Aktion gehört es einerseits, gezielt zu planen, um

Angebote zu realisieren, andererseits aber auch, das erlebnispädagogisch geschulte

Personal zu beteiligen (vgl. Galuske 2009, 245). Somit kommt es auf das päda-

gogische Arrangement der erlebnispädagogischen Aktion an.

In einem erlebnispädagogischen Setting spielt der Aspekt des subjektiven Erlebens

eine essentielle Rolle. Für jeden Menschen erscheint die Umwelt so, wie sie innerhalb

des individuellen Entwicklungsstands erfahren wird. Dies kann in einem Kletter-Setting

mit Kindern und Jugendlichen bedeuten, dass Routen, Schwierigkeitsgrade,

Kletterwand etc. differenziert wahrgenommen werden. Was für die eine Person als

schwierig gilt ist für die andere zu leicht und sie wird somit nicht ausreichend gefordert.

Der/die ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn in einem erlebnis-

pädagogischen Setting muss sich bemühen, diese Erlebniswelt nachzuvollziehen und

12 Neigung im Gelände über 90°

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Abbildungsverzeichnis

sich an die Bedürfnisse und Lernansätze der Zielgruppe anzupassen (vgl.

Brück/Boecker 2004, 110-114).

Kennt man als ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn in einem

erlebnispädagogischen Setting die Erlebniswelt der Zielgruppe, ist es notwendig, das

Projekt gezielt und absichtsvoll darauf zu planen. Besteht Wissen darüber, dass viele

Kinder und Jugendliche sich selbst als schwach einschätzen, ist es günstig, eine

Kletterwand zu wählen, welche viele leichte Routen aufweist. Im Gegensatz dazu

sollen schwierige Routen gewählt werden, um fortgeschrittene KletterInnen auch zu

fördern bzw. zu fordern und ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihre Grenzen auszutesten.

Um keine TeilnehmerInnen aus einem erlebnispädagogischen Setting ausschließen zu

müssen, soll pädagogisch integrativ geplant werden.

Speziell für diese Handlungsmaxime wäre es von großem Vorteil, wenn der/die

ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn selbst Vorkenntnisse im

Bereich Klettern mitbringt, da es beim Arrangieren des Settings nicht nur um die

pädagogische Seite geht, sondern auch um den Sport selbst. Wenn der/die Erlebnis-

pädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn selbst keine Kenntnisse darüber hat,

können die Routen, nicht auf die Bedürfnisse und das Können der KlientInnen ab-

gestimmt werden.

Ein bedeutsamer Teil der Kletteraktion ist außerdem die durch den/die Erlebnis-

pädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn geleitete Abschlussreflexion bei der

die TeilnehmerInnen die Möglichkeit haben, im Gespräch durch eine dialogische

Auseinandersetzung Erfahrungen und Erlebnisse zu diskutieren. Dieses Gespräch

kann den Lern- und Entwicklungsprozess in Gang setzen und ihn auf den Alltag

übertragen. Im Grunde können überwundene Angstgefühle dadurch relativiert werden

und somit ein Transfer zum Alltag geschaffen werden (vgl. Brück/Boecker 2004, 119).

Handlungsorientierte Aktionen

Erlebnispädagogik als Lernarrangement versucht sich von theoretischen Lern-

zugängen abzugrenzen und die Lernprozesse durch handlungsorientierte Aktionen zu

fördern (vgl. Galuske 2009, 244). Klettern für Kinder und Jugendliche bietet hierbei ein

großes Spektrum. Sogar der erste Zugang zum Klettern, der sportlich betrachtet eher

als Theorieteil bezeichnet wird (Sicherungstechniken, Knotenkunde,…), ist eine

praktische Aktion. „Durch den hohen Aufforderungscharakter des Mediums Klettern

werden die Teilnehmer geradezu herausgefordert, die Situation annehmen und

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bewältigen zu wollen“ (Brück/Boecker 2004, 118). Das Klettern fordert somit Selbst-

kontrolle und aktives Handeln von seinen AdressatInnen. Dennoch lässt es Spielraum,

eigene Bewegungshandlungen auszuprobieren und individuell zu gestalten und

persönliche Entscheidungen zu treffen. Trotz der gruppenbezogenen Aktivität

unterliegen persönliche Wünsche und Handlungsinteressen nicht dem Zwang der

Gruppe. Jeder/Jede bestimmt seine/ihre Handlungen, das Tempo und seine/ihre

Aktionen selbst und lernt individuell daraus (vgl. ebd.).

Ernstcharakter

In einem erlebnispädagogischen Setting spielt der Ernstcharakter der Situation eine

besondere Rolle. Wie in dieser Diplomarbeit in einem vorigen Kapitel schon be-

schrieben, bedeutet dies, Lernsituationen zu finden und zu produzieren, die für sich

selbst sprechen und aus deren Aufgaben und Anforderungen an die TeilnehmerInnen

sich als Sachzwang der Situation ergeben (vgl. Galuske 2009, 244). Diese Lern-

situation befördert ein unmittelbares Feedback und eine Sicht- und Spürbarkeit der

Wirkung (vgl. Hufenus 1993, 86 in: Galuske 2009, 244f.). Wird dies mit der erlebnis-

pädagogischen Maßnahme Klettern verbunden, ergeben sich folgende Schluss-

folgerungen: Klettern als erlebnispädagogische Aktivität fordert eine direkte kognitive,

psychische und physische Auseinandersetzung mit den Umständen beim Klettern.

Auseinandersetzungen und die daraus resultierenden Lernsituationen, bezogen auf die

verschiedenen Ebenen, können folgende Ergebnisse bringen: Koordination in die

Bewegungen zu bekommen, seinen/ihren PartnerInnen Vertrauen schenken und

lernen, Vertrauen anzunehmen, Überwindung der Angst etc. Die Lernziele bzw. Lern-

ergebnisse werden für die TeilnehmerInnen und ErlebnispädagogInnen bzw. Sozial-

arbeiterInnen/SozialpädagogInnen direkt sichtbar an den Kletterleistungen. Dabei ist

aber darauf zu achten, die Leistung nicht nur mit hohen Schwierigkeitsgraden oder

Klettermetern zu verwechseln. Leistung in diesem Sinne bedeutet, eine aktive Teil-

nahme, ein auf Vertrauen basiertes Sichern ohne Angst und Unwohlsein oder ein

theoretisches Wissen über den Sport. Natürlich gelten dabei auch direkte Leistungen

gemessen an der Kletterhöhe und den steigenden Schwierigkeitsstufen. Der/die

ErlebnispädagogIn bzw. SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn steht als unterstützende

Instanz zur Seite, die aber keine Verhaltensänderung erzwingt.

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Abbildungsverzeichnis

Nicht nur die fünf beschriebenen Maximen spiegeln die hervorragende Wirkung des

Kletterns als erlebnispädagogische Maßnahme. Es eignet sich auch auf Grund von

Möglichkeiten gut: Damit sind die örtlichen Gegebenheiten gemeint wie künstliche

Indoor- oder Outdoorkletterhallen oder Klettergärten mit Naturfels (vgl. Brück/Boecker

2004, 111).

Mit guten Sicherungsmöglichkeiten, kalkulierbarem Risiko (kein Steinschlag, plötzlicher

Regen, etc.) und Leihausrüstung, die unmittelbar verfügbar ist, bieten sich künstliche

Kletterwände für das Klettern mit Kindern und Jugendlichen ausgezeichnet an.

Einziges Manko für das Klettern in Indoorhallen als erlebnispädagogische Aktivität ist

das fehlende Naturerlebnis, dem mit zahlreichen Klettergärten am Naturfels gegen-

gesteuert wird. Regelmäßige Kontrollen garantieren ein minimales Restrisiko, ab-

gesehen von Steinschlag, Wetterumstürze oder Herausbrechen von Griffen oder

Tritten. Wird ein erlebnispädagogisches Projekt am Naturfels durchgeführt, muss die

Ausrüstung selbst besorgt und die Durchführung hervorragend organisiert sein, um

Risiken zu minimieren.

Trotz alledem steht die ursprüngliche Idee des Bergsports im Vordergrund. Es kommt

zu einer Mensch-Natur-Begegnung (vgl. Brück/Boecker 2004, 114). Kinder und

Jugendliche haben die Möglichkeit, während des Kletterns die Natur kennen zu lernen,

da das Klettern häufige Ruhepausen anbietet.

In Hinblick auf die Zielgruppe sollte die Sicherheit berücksichtigt werden. Bei der

erlebnispädagogischen Tätigkeit Klettern ist die Sicherheit automatisch gegeben, wenn

der Sport in gesicherten kontrollierten Kletterhallen der Klettergärten durchführt wird

und alle Sicherungstechniken verantwortungsbewusst ausgeführt werden. Dies-

bezüglich ist das Toprope-Klettern von Vorteil, weil die ErlebnispädagogInnen bzw.

SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen bessere Möglichkeiten besitzt, einzugreifen.

So kann er/sie hinter dem/der Sichernden mit einem weiteren Sicherungsgerät

zusätzlich sichern. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist bei der Sicherheit

genau darauf zu achten, dass Regeln eingehalten werden. Zu einem gewissen Teil

wiederspricht dies der Erlebnispädagogik, die davon ausgeht, dass abenteuerliche

Erlebnisse vor allem „abseits pädagogischer Inszenierungen in einem möglichst

kontrollfreien Raum“ (Gilles 2005, 283) entstehen. Bei der erlebnispädagogischen

Methode des Kletterns ist aber die Sicherheit wichtiger als der kontrollfreie Raum, da

es bei Missachtung zu schweren Unfällen mit massiven rechtlichen Folgen kommen

kann.

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Abbildungsverzeichnis

Prinzipiell hat sich das Toprope-Klettern, wie bereits weiter oben erwähnt, wegen der

Sicherheit in einer erlebnispädagogischen Maßnahme durchgesetzt. Es ist von Wich-

tigkeit einerseits, dass die Herausforderung für die TeilnehmerInnen groß ist, aber das

Risiko bei einem Sturz wesentlich geringer bleibt, (siehe Kapitel 2.3.1) (vgl. Kölsch &

Wagner 1998, 101) und andererseits besteht beim Toprope-Klettern gegenüber dem

Vorstieg-Klettern, eine spürbare Verbindung vom Kletternden zum/zur Sichernden (vgl.

Brück/Boecker 2004, 113). Somit entsteht eine Vertrauensbasis zwischen den beiden

Akteuren und die Gruppengemeinschaft und Kooperationsfähigkeit kann gefördert

werden.

Um einen letzten Aspekt in Bezug auf das Klettern als erlebnispädagogische Handlung

anzuführen, ist noch die Ganzheitlichkeit der Aktion zu erwähnen. Ganzheitlichkeit

meint eine Verknüpfung zwischen kognitiven, emotionalen, motorischen und sozialen

Erfahrungsbereichen des Menschen (vgl. Brück/Boecker 2004, 100). Beim Klettern

geschieht diese Verknüpfung durch die Bewegung automatisch. Kognitiv werden die

Kinder und Jugendlichen aufgefordert, sich zu konzentrieren und Lösungswege zu

finden, um verschiedene Routen zu meistern, emotional kommt es zu einer Auseinan-

dersetzung mit den eigenen Ängsten und Erwartungen, körperliche Anstrengung und

Koordination fordert die motorischen Bereiche und die sozialen Erfahrungen werden

innerhalb der Gruppe und einer Seilschaft gemacht.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit kleinen Ausnahmen (Einzelfallarbeit)

und minimalen Abweichungen wegen des wichtigen Aspekts der Sicherheit, ein

erlebnispädagogischer Zugang beim Klettern sicherlich förderlich und unterstützend für

Kinder und Jugendliche sein kann, wenn erzieherische Absichten bestehen und diese

gezielt geplant, eingesetzt und später reflektiert werden. Diesbezüglich kann das

Klettern als erlebnispädagogische Intervention bezeichnet werden, und die Frage-

stellung „Wirkt Klettern erlebnispädagogisch?“ kann ebenfalls positiv beantwortet

werden. Werden die fünf Handlungsmaximen beim Planen eines erlebnis-

pädagogischen Kletterprojekts beachtet, steht einem erlebnispädagogischen Erfolg für

die AdressatInnen beim Klettern nichts im Wege.

In der Sozialen Arbeit hat die Methode der Erlebnispädagogik grundsätzlich an

Bedeutung gewonnen und man greift vor allem in der Jugendarbeit bzw. bei

erzieherischen Hilfen darauf zurück, wenn keine andere Betreuungsform mehr fruchtet.

Die Methode wird aber in allen anderen Handlungsfeldern und Altersgruppen ebenfalls

verwendet (Galuske 2009, 245 f.).

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Abbildungsverzeichnis

Sie bleibt jedoch kritisch zu betrachten, da sie eigentliche Problemlagen und prob-

lematische Lebenssituationen im Grunde nicht behandelt, da sie versucht, Distanz zum

Alltag herzustellen. Sie wirkt eher ressourcenorientiert und ressourcenfördernd im

Gegensatz zur Sozialpädagogik. Dies kommt jedoch gänzlich auf das pädagogische

Arrangement an. Hat man die Annahme, dass sich massive Probleme im Leben von

Kindern und Jugendlichen manifestieren, weil sie wenig Selbstwertgefühl haben, kann

dies durch gezielte Übungen beim Klettern gefördert werden. Es kommt also darauf an,

das Setting pädagogisch zu planen, um Ziele zu erreichen.

Ein großer Vorteil beim Klettern ergibt sich durch die Ganzheitlichkeit, welche wirklich

alle drei Ebenen (Biologische, Psychische und soziale Ebene) des Menschen an-

spricht.

Nach den Ausführungen und den daraus gewonnenen Erkenntnisse wird im folgenden

Kapitel die Anwendung des Kletterns als sozial-/erlebnispädagogische Intervention in

der Kinder- und Jugendarbeit beschrieben.

7.3 Klettern als sozialpädagogische oder erlebnispädagogische Inter-vention – Relevanz für die Soziale Arbeit

Wie aus der bisherigen Diplomarbeit zu erkennen ist, bietet das Sportklettern eine

breite Palette an pädagogischen Möglichkeiten. Daraus lässt sich durchaus eine

pädagogische Begründung im Sport finden. Grundsätzlich kann also angenommen

werden, dass Klettern pädagogisch wirken kann. Herauszukristallisieren ist jedoch,

dass es sowohl sozialpädagogisch als auch erlebnispädagogisch wirken kann und

beide Zugänge förderlich für die TeilnehmerInnen sind.

Die Fragen „Ist es möglich den Klettersport als Interventionsmöglichkeit in die Kinder-

und Jugendarbeit zu integrieren?“, und „Wirkt Klettern erlebnispädagogisch und ist

Klettern lebensweltorientiert?“ lassen sich nach den Ergebnissen der obigen Kapitel

definitiv mit „Ja“ beantworten. Abgesehen von kleinen Abzügen ist das sportive Medium

sowohl in der Erlebnispädagogik als auch am Konzept der Lebensweltorientierung

anwendbar.

Bedeutend ist jedoch, einen Bezug der Ergebnisse zur Sozialen Arbeit herzustellen.

Nach den obigen Kapiteln scheint es logisch, dass beide methodischen/theoretischen

Zugänge diverse Möglichkeiten für die SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen bzw.

die AdressatInnen mit sich bringen. Das sportive Angebot soll professionell gestaltet

werden, um sich von anderen Angeboten (zum Beispiel Jugendsportvereine)

97

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Abbildungsverzeichnis

abzuheben, um professionelle Soziale Arbeit zu leisten. Sozialarbeiterische Angebote

sollten mit professionellen Methoden und Zielen über die allgemeine Sportarbeit

hinausgehen (vgl. www.webnetwork-nordwest.de, 26.03.2010, 8). Trotzdem sollte ein

Grundwissen der SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen über den Sport vorhanden

sein, speziell beim Klettern, um gezielt an der Förderungen der AdressatInnen zu

arbeiten. „Sport-, bewegungs- bzw. körperorientierte Jugendsozialarbeit ist dort

besonders erfolgreich […] wo sozialarbeiterische Kompetenzen und sportive Fähig-

keiten in Personalunion miteinander verknüpft sind. Jugendliche benötigen keine

ausgefeilten Trainingspläne und sportmedizinisches Fachwissen, um ihren (breiten-)

sportlichen Aktivitäten nachgehen zu können“ (www.webnetwork-nordwest.de,

26.03.2010, 9). Somit können sportbezogene Projekte nur wirksam sein, wenn die

sportlichen Aktivitäten in einen pädagogischen Rahmen eingebettet sind, der durchaus

zu erarbeiten ist. (vgl. ebd.)

Es ist also, wie bereits beschrieben wurde, mit wenigen Abzügen möglich, Klettern als

erlebnispädagogische Methode oder im Konzept der Lebensweltorientierung in der

Arbeit mit Kindern und Jugendlichen förderlich einzusetzen und somit in die Kinder-

und Jugendarbeit in der Sozialen Arbeit methodisch/theoretisch fundiert zu integrieren.

Für die Abgrenzung der praktischen Kinder- und Jugendarbeit durch Vereine und

Verbände und sozialarbeiterische Konzeptionen ist es bedeutend, zu kommunizieren,

welche Theorie oder Methode man in der Arbeit mit der Klientel verwendet. Sozial-

arbeiterInnen/SozialpädagogInnen müssen entscheiden, welchen Zugang sie wählen

möchten bzw. welcher für die jeweilige Betreuungsform der beste ist, da sowohl die

Lebensweltorientierung als auch die Erlebnispädagogik einen unterschiedlichen

Zugang zum Klettern und in späterer Folge zu den AdressatInnen mit sich bringt. So

kann es etwa bei einigen Kindern und Jugendlichen förderlich sein, eine Distanz zum

Alltag herzustellen, um sie aus ihren alltäglichen Problemen für einen Moment heraus-

zunehmen (erlebnispädagogisch), und bei anderen, das Klettern in den Alltag zu

integrieren (sozialpädagogisch/lebensweltorientiert).

Grundsätzlich ist eine methodische/theoretische Fundierung wichtig, da Methoden

Planbarkeit, Kalkulierbarkeit und letztlich Machbarkeit suggerieren. Im Falle des

Kletterns als Intervention ist anzumerken bzw. zu empfehlen, dass die

methodischen/theoretischen Fundierungen immer geändert werden können, wenn ein

anderer Zugang förderlicher für den/die KlientIn wäre. Deshalb ist es als

SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn notwendig, die eigenen Handlungsweisen regel-

mäßig zu überdenken, da sich die Umstände jederzeit ändern können. Grundsätzlich

98

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Abbildungsverzeichnis

ist es aber notwendig sich an Theorien und Methoden anzulehnen, diese aber nicht

stur beizubehalten, wenn diese der Klientel schaden oder die Zielerreichung eventuell

negativ beeinflussen. Gleichsam bedeutend ist es, beim Klettern darauf zu achten, wie

weit sich das Setting ändert und welcher methodische/theoretische Zugang im

aktuellen Moment besser geeignet ist. Die Autorin sieht die Möglichkeit der Verände-

rung der Methodik als Vorteil, da man sich nicht streng an einen Plan halten muss und

als SozialarbeiterIn/SozialpädagogIn die Freiheit besitzt, je nach Bedarf der

AdressatInnen zu agieren. Trotzdem soll man sich seiner Handlungen professionell

bewusst sein und das eigentliche Ziel konsequent anstreben. So sollte ein lebens-

weltorientiertes Projekt immer so konzipiert sein, dass in der Lebenswelt der

KlientInnen gearbeitet wird. Ein Bezug auf die Lebensweltorientierung bzw. Erlebnis-

pädagogik kann jedoch förderlich sein. Gerade beim Klettern sind diese

methodischen/theoretischen Grenzen so gering (Distanz zum Alltag – Erlebnis-

charakter; Orientierung an der Lebenswelt der Adressaten – Gruppenorientierung),

dass sie auf den ersten Blick kaum zu sehen sind.

Zusammenfassend kommt es darauf an, als leitende Sozial-

arbeiterInnen/SozialpädagogInnen die Situation und die Umstände immer genau im

Auge zu behalten und sich darauf zu konzentrieren, die bestmögliche Förderung und

Entwicklung für Kinder und Jugendliche mit dem Klettern zu erreichen. Hierbei ist die

Zielsetzung der Intervention genau zu manifestieren, um die geeignetste

methodische/theoretische Fundierung wählen und gegebenenfalls ändern zu können.

Die KlientInnen sollten in beiden Fällen von der Intervention profitieren.

99

Page 100: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

8 Schlusskapitel

„Nicht die Erlebnisse diktieren unsere Handlungsweisen,

sondern die Schlussfolgerungen, die wir aus diesen Er-

lebnissen ziehen.“

Alfred Adler

Diese Diplomarbeit mit dem Titel „Klettern – Eine sozial-/erlebnispädagogische Inter-

vention in der Kinder- und Jugendarbeit“ hat sich nach den einleitenden Erarbeitungen

des Begriffes Klettern mit der Frage „Ergeben sich persönlichkeitsbildende Vorteile

durch das Klettern auf der biologischen, psychischen und sozialen Ebene?“

beschäftigt. In den Ausführungen hat sich eindeutig ergeben, dass sich verschiedene

persönlichkeitsbildende Vorteile für Kinder und Jugendliche beim Klettern auf der

biologischen, psychischen und sozialen Ebene herauskristallisieren. Hierfür wurden

das Biopsychosoziale Modell beschrieben und vorteilhafte Aspekte des Kletterns

beispielhaft auf die drei Ebenen des Modells aufgeteilt. Die Ergebnisse aus diesem

Kapitel boten den Grundstock für die Fragestellungen „Ist es möglich, den Klettersport

als Interventionsmöglichkeit in die Kinder- und Jugendarbeit zu integrieren?“, und

„Wirkt Klettern erlebnispädagogisch bzw. ist Klettern lebensweltorientiert?“. Um dieser

Frage nachzugehen, wurden die Begriffe Erlebnispädagogik und Lebens-

weltorientierung ausführlich beschrieben. Danach wurde das Klettern zuerst als

Intervention definiert und folglich mit den verschiedenen positiven Aspekten (Grenz-

erfahrung, Angstbewältigung, Vertrauen geben/Vertrauen annehmen, etc.), die sich aus

dem dritten Kapitel erarbeitet haben, mit dem Konzept der Lebensweltorientierung und

der Erlebnispädagogik als Methode der Sozialen Arbeit in Verbindung gebracht. Dafür

wurde jeweils versucht, einen Konsens der Handlungsmaximen der beiden Zugänge

und dem Klettern herzustellen. Es hat sich gezeigt, dass die sportive Aktion Klettern als

Intervention in der Kinder- und Jugendarbeit mit kleinen Abzügen sowohl

erlebnispädagogisch wirkt als auch lebensweltorientiert ist, vor allem durch die Mög-

lichkeiten der persönlichkeitsfördernden Aspekte (Grenzerfahrung, Förderung der

sozialen Kompetenzen durch die Gruppenaktivität, gewonnener Erkenntnisse und

Erfahrungen für den Lebensalltag wie Angstbewältigung, Integration, Partizipation, etc.)

die in der vorliegenden Arbeit beschrieben wurden. Durch die Variationsmöglichkeiten

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Abbildungsverzeichnis

in der Ausführung des Sports (Sportklettern, Bouldern, Toprope, etc.) ist er in der

Kinder- und Jugendarbeit hervorragend einzusetzen, da die Schwierigkeiten an die

AdressatInnen anzupassen sind.

Für die Soziale Arbeit ist es relevant, das Klettern methodisch/theoretisch zu fundieren,

was sich die Autorin am Ende der vorgenommenen Arbeit zur Aufgabe gemacht hat.

Denn um sich von der praktischen Kinder- und Jugendarbeit abzusetzen, ist eine

methodische/theoretische Fundierung in Form der Lebensweltorientierung und Erleb-

nispädagogik notwendig. Um zum Schluss dieser Arbeit zu kommen, möchte die

Autorin im letzten Teil noch ein kurzes Resümee geben und eine persönliche

Zukunftsprognose für diese Thematik einbauen.

8.1 Resümee der Autorin und persönliche Zukunftsprognose

Nach meinen persönlichen Einschätzungen sind erlebnispädagogische Projekte und

Kletterprojekte in der Sozialen Arbeit in Österreich bereits spürbar. Leider sind diese

trotz der Zunahme in den letzten Jahren immer noch schwer zu finanzieren. Wichtig ist

dabei, die Projekte methodisch zu fundieren und ausreichend zu evaluieren, um

Erfolge aufzuzeigen, welche schlussendlich auch finanziert werden können. Gerade

bei Kindern und Jugendlichen ist ein Ansatz am Körper in vielen Fällen einfacher, da

sie für Spiel und Sport leichter zu interessieren sind als erwachsene Menschen. Der

aktuelle Boom an Natursportarten (Klettern, Schitourengehen, Schneeschuhwandern,

etc.) ermöglicht es SozialarbeiterInnen, Interesse für das Klettern als Intervention zu

erreichen. Die Tatsache, dass Klettern keine sportlichen Voraussetzungen benötigt und

bei weitem nicht so schweißtreibend ist wie andere Sportarten, kann hierbei förderlich

sein. Beim Konzeptentwurf soll auf eine Problemorientierung hingewiesen werden und

darauf die pädagogischen bzw. didaktischen Handlungsweisen abzustimmen. So soll

Klettern mit drogenabhängigen Jugendlichen andere Ziele und Handlungsweisen

beinhalten als Klettern mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen.

Meine persönlichen Erfahrungen beim Kletterprojekt mit dem Alpenverein Feldkirchen

und einer Wohngemeinschaft in Waiern haben gezeigt, dass das Klettern nicht auto-

matisch förderlich ist und Entwicklungen hervorbringt. Genaue Beobachtungen und

eine gute pädagogische bzw. didaktische Vorbereitung sind notwendig, um gesteckte

Ziele zu erreichen. Viele Kinder und Jugendliche müssen motiviert werden um sich den

eigenen Ängsten zu stellen. Andere wiederum überraschen mit gekonnten Bewegun-

gen, obwohl sie am Boden tollpatschig wirken.

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Page 102: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

Abbildungsverzeichnis

Nach den Erfahrungen beim Projekt und meinem persönlichen Interesse am Klettern

lag mir als Autorin diese Arbeit besonders am Herzen, da ich unter anderem in diesem

Bereich meine berufliche Zukunft sehe durch Erfahrungen bei Projekten während

meines Studiums gezeigt hat, dass eine methodische/theoretische Einbettung für die

finanzielle Unterstützung und für den Wert der Arbeit wichtig ist. Eine intensivere

Forschung, bezogen auf die positiven Aspekte des Kletterns, ziehe ich durchaus in

Betracht. Die Möglichkeit dazu könnte ich bei zukünftigen Projekten bekommen bzw.

mir ermöglichen.

Ich hoffe mit diesem Thema dem/den LeserInnen einen Einblick in den Sport gegeben

zu haben und ihn als sinnvolles Medium zur Förderung des Individuums in Hinblick auf

die Soziale Arbeit zu beschrieben zu haben. Ebenfalls erträume ich mir durch meine

Ausführungen und Verbindung des Sports mit der Sozialen Arbeit SozialarbeiterInnen

anzuregen, neue und innovative Möglichkeiten für die professionelle Soziale Arbeit zu

sehen und möglicherweise umzusetzen.

102

Page 103: Klettern - Eine Sozial-/Erlebnispädagogische Intervention ... · rockclimbing, adventure education, life-world orientation, intervention, ... Biologi-sche Prozesse, die durch Bewegung

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Abbildungsverzeichnis

10 Abbildungsverzeichnis

ABBILDUNG 1: TOPROPE SICHERN (VGL. WINTER 2000, 77) .............. 19

ABBILDUNG 2: VORSTIEG SICHERN AM NATURFELSEN (FOTO GEORG

PICHLER) ........................................................................................... 19

ABBILDUNG 3: ALPINES KLETTERN AM NATURFELSEN (FOTO

HANNES THURNER) .......................................................................... 21

ABBILDUNG 4: DAS BIOPSYCHOSOZIALE MODELL. DARSTELLUNG IN

ANLEHNUNG AN ENGEL 1977/1980 (VGL.

KNOLL/SCHOLZ/RIECKMANN 2005, 20) ........................................... 28

ABBILDUNG 5: GLEICHMÄSSIGE REIZAUSÜBUNG AUF HÄNDE UND

FÜSSE (VGL. WINTER 2000, 53) ........................................................ 32

ABBILDUNG 6: HÖHENÜBERWINDUNG ALS ANGSTÜBERWINDUNG

(FOTO BIRGIT EGGER) ...................................................................... 35

ABBILDUNG 7: KLETTERROUTEN AN DER MUR IN GRAZ (FOTO

GEORG PICHLER) .............................................................................. 82

ABBILDUNG 8: KLETTERGARTEN IN DER "LEBENSWELT" VON

JUGENDLICHEN IN GRAZ (FOTO GEORG PICHLER) ......................... 82

ABBILDUNG 9: KLETTERN ALS ERLEBNIS (FOTO JOHANNES

PIRNBACHER) ................................................................................... 91

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