Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von...

12
6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse aus 7 Mehrfamilienhäusern, die auf Null-Emissions-Niveau saniert wurden Marc Großklos und Margrit Schaede Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Rheinstraße 65, 64295 Darmstadt, T: +49 6151 2904-47, F:+49 6151 2904-97, [email protected] Vortrag KURZFASSUNG In Frankfurt am Main wurden 7 Mehrfamilienhäuser auf Passivhaus-Standard saniert. Dabei kamen überwiegend Zelluloseflocken als Dämmstoff zum Einsatz, auch bei der Außenwand, für die eine Fassadenkonstruktion entwickelt werden musste, die den Anforderungen an Mehrfamilienhäuser gerecht wird. Durch eine überwiegend regenerative Energieversorgung sollten die Gebäude für Heizung, Warmwasser, Wärmeverteilung und Hilfsenergie eine ausgeglichene Klimabilanz aufweisen. Mit der energetischen Modernisierung konnte der Endenergieverbrauch um 70 % reduziert werden (Reduktion vorher/nachher, messtechnisch belegt). Besonders bei der Anlagentechnik zeigte sich im Projekt, dass noch ein erheblicher Bedarf an zuverlässiger regenerativer Energieversorgungstechnik für Mehrfamilienhäuser besteht. Zusätzlich ist auch die Frage der Betriebsoptimierung zu lösen, damit die in diesem Bereich vorhandenen Einsparpotenziale genutzt werden können. Bei der Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen an der Anlagentechnik (nahezu kostenneutral) könnten die realen Energieeinsparungen auf 75 % ansteigen. Die Wohnungen wurden im Warmmietmodell vermietet, das für die meisten Mieter ein Mietentscheidungsgrund für diese Wohnungen war. Für die Beheizung konnte kein erhöhter Verbrauch durch die Warmmiete nachgewiesen werden. SCHLÜSSELWÖRTER Sanierung, Bedarf/Verbrauch, gemessene Einsparungen, Warmmiete, Anlagen- optimierung, Mieterbefragung EINLEITUNG Die ABG Frankfurt Holding modernisierte von 2008 – 2011 zusammen mit den Büros faktor10, bauart Konstruktions und Baumgartner sieben Mehrfamilienhäuser aus dem Jahr 1956 mit insgesamt 61 Wohneinheiten (Bild 1). Die Energiebezugsfläche liegt nach Modernisierung bei 3850 m². Nach Abschluss der Arbeiten erreichen die Gebäude im Mittel über alle drei Bauabschnitte (je Block ein Bauabschnitt) den Passivhaus-Standard, wobei ein Block aufgrund seiner Ost-West-Orientierung mit 17,5 kWh/(m²a) die Neubauanforderungen an Passivhäuser von 15 kWh/(m²a) leicht überschreitet. Neben marktgängigen, zertifizierten Passivhaus-Komponenten kamen neu entwickelte Dämmfassaden aus nachwachsenden/recycelten Rohstoffen zum Einsatz (Bild 2). Nahezu die gesamte Gebäudehülle konnte trotz der erhöhten Brandschutzanforderungen im Mehrfamilienhaus mit Zelluloseflocken gedämmt werden. Dazu musste ein bestehendes Fassadensystem an die Anforderungen für große Gebäude angepasst werden.

Transcript of Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von...

Page 1: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse aus 7 Mehrfamilienhäusern, die auf Null-Emissions-Niveau saniert wurden

Marc Großklos und Margrit Schaede

Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Rheinstraße 65, 64295 Darmstadt, T: +49 6151 2904-47, F:+49 6151 2904-97, [email protected]

Vortrag

KURZFASSUNG In Frankfurt am Main wurden 7 Mehrfamilienhäuser auf Passivhaus-Standard saniert. Dabei kamen überwiegend Zelluloseflocken als Dämmstoff zum Einsatz, auch bei der Außenwand, für die eine Fassadenkonstruktion entwickelt werden musste, die den Anforderungen an Mehrfamilienhäuser gerecht wird. Durch eine überwiegend regenerative Energieversorgung sollten die Gebäude für Heizung, Warmwasser, Wärmeverteilung und Hilfsenergie eine ausgeglichene Klimabilanz aufweisen. Mit der energetischen Modernisierung konnte der Endenergieverbrauch um 70 % reduziert werden (Reduktion vorher/nachher, messtechnisch belegt). Besonders bei der Anlagentechnik zeigte sich im Projekt, dass noch ein erheblicher Bedarf an zuverlässiger regenerativer Energieversorgungstechnik für Mehrfamilienhäuser besteht. Zusätzlich ist auch die Frage der Betriebsoptimierung zu lösen, damit die in diesem Bereich vorhandenen Einsparpotenziale genutzt werden können. Bei der Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen an der Anlagentechnik (nahezu kostenneutral) könnten die realen Energieeinsparungen auf 75 % ansteigen. Die Wohnungen wurden im Warmmietmodell vermietet, das für die meisten Mieter ein Mietentscheidungsgrund für diese Wohnungen war. Für die Beheizung konnte kein erhöhter Verbrauch durch die Warmmiete nachgewiesen werden. SCHLÜSSELWÖRTER Sanierung, Bedarf/Verbrauch, gemessene Einsparungen, Warmmiete, Anlagen-optimierung, Mieterbefragung EINLEITUNG Die ABG Frankfurt Holding modernisierte von 2008 – 2011 zusammen mit den Büros faktor10, bauart Konstruktions und Baumgartner sieben Mehrfamilienhäuser aus dem Jahr 1956 mit insgesamt 61 Wohneinheiten (Bild 1). Die Energiebezugsfläche liegt nach Modernisierung bei 3850 m². Nach Abschluss der Arbeiten erreichen die Gebäude im Mittel über alle drei Bauabschnitte (je Block ein Bauabschnitt) den Passivhaus-Standard, wobei ein Block aufgrund seiner Ost-West-Orientierung mit 17,5 kWh/(m²a) die Neubauanforderungen an Passivhäuser von 15 kWh/(m²a) leicht überschreitet. Neben marktgängigen, zertifizierten Passivhaus-Komponenten kamen neu entwickelte Dämmfassaden aus nachwachsenden/recycelten Rohstoffen zum Einsatz (Bild 2). Nahezu die gesamte Gebäudehülle konnte trotz der erhöhten Brandschutzanforderungen im Mehrfamilienhaus mit Zelluloseflocken gedämmt werden. Dazu musste ein bestehendes Fassadensystem an die Anforderungen für große Gebäude angepasst werden.

Page 2: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 2

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Bild 1: Außenansichten der Gebäude nach Abschluss der Arbeiten Außerdem wurden umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion der Verteilverluste und des Energiebedarfs für die Warmwasserbereitung umgesetzt. Dazu gehören die Isolierung aller Verteilleitungen mit mindestens dem 2,5-fachen der EnEV-Anforde-rungen, die Verlegung der horizontalen Verteilleitungen innerhalb der Kellerdecken-dämmung und Rohr-in-Rohr-Zirkulation. Die Wärmeversorgung sollte überwiegend mit einem Rapsöl-BHKW und drei thermischen Solaranlagen erfolgen. Die verschiedenen Maßnahmen wurden in Schaede et al. (2011) beschrieben.

Bild 2: Konstruktion der Fassadendämmung während der Bauphase Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 – April 2013 messtechnisch untersucht. Im März 2012 fand eine Mieterbefragung statt, bei der Aussagen zur Zufriedenheit mit Gebäude und Anlagentechnik, der Nutzung der Anlagentechnik sowie auch zum umgesetzten Warmmietenmodell erhoben wurden.

Page 3: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 3

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

ERGEBNISSE DER MESSTECHNISCHEN ERFOLGSKONTROLLE Raumtemperaturen Die Komfortansprüche/Raumtemperaturen der Mieter liegen durchgängig über den Standard-Randbedingungen von 20 °C, die bei der Pla nung angesetzt werden. Im Mittel lag die Raumtemperatur in den Kern-Heizmonaten (Jan, Feb, Mrz, Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22,3 °C. Die Schwankung sbreite liegt zwischen 20,3 °C und 24,4 °C (Bild 3). Zusätzlich sind die Aussagen der Mieter zur Zufriedenheit mit der Raumtemperatur angegeben. 86 % sagten, dass die Raumtemperatur genau richtig sei, während es 14 % zu kalt war. In der Gruppe derjenigen, denen die Raumtemperatur nicht ausgereicht hat, lag die Mitteltemperatur aber ebenfalls bei 22,0 °C und die niedrigste Temperatur erreichte imm er noch 20,6 °C. Eine mögliche Erklärung für die Einschätzung, dass es trotz vergleichsweise hoher Temperaturen zu kalt ist, könnte die Sommer-Bypass-Schaltung der Lüftungsanlage in der Heiz-periode sein (siehe unten).

20,0

20,5

21,0

21,5

22,0

22,5

23,0

23,5

24,0

24,5

25,0

Ge

me

sse

ne

Ra

um

tem

pe

ratu

ren

in

°C

(ge

mit

telt

üb

er

die

He

izp

eri

od

e 2

01

1/1

2)

Berurteilung der Raumtemperatur: genau richtig (n=43) bzw. zu kalt (n=7)

Gemessene Raumtemperatur Heizperiode 2011/12 genau richtig

Mittelwert: 22,3°C

(Standardabweichung: SD=0,83)

22°C (SD=1,5)

Bild 3: Gemessene Raumtemperaturen der Rotlintstraße 116 – 128, sortiert nach Zufriedenheit der Mieter

Heizwärmeverbräuche Der gemessene Heizwärmeverbrauch der Wohnungen (Bild 4) liegt 2012 bei 27,0 kWh/(m²a) (je nach Bauabschnitt leicht verschieden) und überschreitet somit den in der Planungsphase ermittelten Bedarfswert von 15,2 kWh/(m²a). Berück-sichtigt man die gemessenen Raumtemperaturen sowie die geringeren inneren

Page 4: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 4

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Wärmequellen (Personenbelegung 40,5 m²/Person, im Rahmen der Befragung erhoben an Stelle 35 m²/Person, die in der Planung angesetzt wurden), so ergibt sich insgesamt ein Heizwärmebedarf von 22,5 kWh/(m²a).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

B9 C10 C19 C18 B17 A13 A8 C14 A15 C16 A10 A19 B15 C8 C6 B14 C5 A18 A3 C12 C20 B10 B1 A20 B6 A21 B13 B2 C11 C2 C21 A17 A4 C22 B5 C3 C9 C4 B8 C7 B16 B4 C15 B12 C17 C13 A5 A9 A2 B11 B7 A11 A12 A7 A16 A1 B18 C1 B3 A14 A6

Heizwärmeverbrauch 2012 [kWh/(m²a)]

Mittelwert: 27 kWh/(m²a)

PHPP mit gemess. Temp. u. Pers.beleg.: 22,5 kWh/(m²a)

PHPP: 15,2 kWh/(m²a)

Bild 4: Gemessene Raumtemperaturen der Rotlintstraße 116 – 128 und weiteren energetisch modernisierten Mehrfamilienhäusern

Der Mehrverbrauch der Gebäude ist somit zu einem wesentlichen Teil auf die höheren Komfortansprüche der Mieter und die geringere Personenbelegung zurück-zuführen. Eine detaillierte Analyse ergab insgesamt folgende Einflussfaktoren:

1. Erhöhte Raumtemperaturen in den Wohnungen (direkt vom Nutzer beein-flusst)

2. Verspätete Umschaltung der Lüftungsanlagen von Sommerbetrieb (Bypass) auf Winterbetrieb (Wärmerückgewinnung) im Rahmen der Wartung (teilweise erst im Januar!) (keine Beeinflussung durch den Nutzer)

3. Teilweise Betrieb der Heizkreise im Sommer aufgrund von Handbetrieb der Heizungsregelung (keine direkte Beeinflussung durch den Nutzer)

4. Geringere interne Wärmequellen (Personenbelegung/Stromverbräuche) (nur teilweise vom Nutzer beeinflussbar)

5. Teilweise Verschattung durch Schiebeläden tagsüber im Winter (Reduktion der solaren Gewinne) (direkt vom Nutzer beeinflusst)

6. Verstärkte Fensterlüftung im Badezimmer einiger Wohnungen im Winter (direkt vom Nutzer beeinflusst)

Es ergibt sich somit eine Kombination von technischen Gründen und Nutzereinfluss für den gemessenen Verbrauch.

Page 5: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 5

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

In Bild 5 sind die verschiedenen Beiträge der einzelnen Einflussfaktoren zur Abweichung zwischen gemessenem Heizwärmeverbrauch und berechnetem Bedarf für zwei Heizperioden dargestellt. Ausgehend von dem Heizwärmebedarf mit Standardrandbedingungen von 15,2 kWh/(m²a) führte das reale Außenklima im Messjahr 2011/12 zu einer Reduktion des Bedarfs um 2,3 kWh/(m²a), 2012/13 zu einer Erhöhung um 1,3 kWh/(m²a). Die erhöhten realen Raumtemperaturen führten in den Heizperioden zu einem Mehrverbrauch von 4,2 bzw. 5,6 kWh/(m²a). Die Raumtemperaturen unterschieden sich in diesem Zeitraum kaum, durch das unterschiedliche Klima ergeben sich jedoch verschiedene Auswirkungen. Die durch eine Mieterbefragung erhobene tatsächliche Personenbelegung (97 statt 117 Personen) wurde in beiden Heizperioden gleich angesetzt und führte zu einem Mehrverbrauch von ca. 2 kWh/(m²a). Eine nennenswerte Erhöhung des Energie-bedarfs ergibt sich durch die verspätete Umschaltung der Lüftungsanlagen von Sommer- auf Winterbetrieb (ca. 4,2 kWh/(m²a)). In beiden Jahren ergibt sich eine nicht erklärte Differenz von 1,3 bzw. 1,6 kWh/(m²a), die sich wahrscheinlich durch weitere, nicht messtechnisch erfasste oder eingerechnete Einflussgrößen, wie zusätzliche Fensterlüftung, Verschattung der Fenster im Winter oder auch geringere innere Wärmequellen aufgrund geringerer Haushaltsstromverbräuche, ergibt. Insgesamt könnten mit den Messdaten die gemessenen Verbräuche gut erklärt werden. Es zeigt sich somit, dass der oft als Rebound-Effekt bezeichnete Mehr-verbrauch nicht ausschließlich den Mietern zugerechnet werden kann, sondern weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen.

15,2 15,2

-2,3

1,3

4,2

5,61,8

2,24,38

4,21,3

1,6

-5

0

5

10

15

20

25

30

35

2011/12 2012/13

kW

h/(

m²a

)

nicht erklärte

Differenz

verspätete

Lüftungswartung

tats.

Personenbelegung

reale

Innentemperaturen

reales Außenklima

PHPP mit Standard-

randbedingungen

Bild 5: Analyse der Beiträge zum gemessenen Heizwärmeverbrauch in zwei verschiedenen Messjahren

Page 6: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 6

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Der Heizwärmeverbrauch im Sommer (Mai – September) lag im ersten Messjahr bei 5,2 kWh/(m²a). Ursache war die Umschaltung der Heizungsregelung von Automatik-betrieb, der ab Mitte Mai bis Ende September die Heizkreise abschaltet, auf Hand-betrieb, bei dem die Heizkreispumpen durchgängig in Betrieb sind. Der Grund für die Umschaltung ist nicht bekannt. Mögliche Ursachen könnten ein kurzer Kälteeinbruch oder auch Probleme bei der Warmwasserbereitung gewesen sein. Nach Behebung des Problems wurde aber nicht sofort wieder auf Automatikbetrieb zurückgeschaltet. Da einzelne Bewohner die Thermostatventile auf Maximalstellung stehen hatten, wurde dann auch im Sommer bei Raumtemperaturen über 24 °C Heizwärme abgenommen. Dieser zusätzliche Heizwärmeverbrauch konnte in den folgenden Jahren durch verbesserten Anlagenbetrieb auf 1 bzw. 1,5 kWh/(m²a) reduziert werden. Als Konsequenz aus der Auswertung der oben dargestellten Einflussfaktoren auf die Energiebilanz sollte einerseits die Diskrepanz zwischen Auslegungstemperatur von 20 °C und realer Raumtemperatur von eher 21,5 °C bi s 22 °C in energetisch modernisierten Mietwohngebäuden zukünftig stärker berücksichtigt werden. Insbesondere bei der Planung und Bilanzierung von Null- und Plusenergiehäusern ist dies notwendig, damit die ehrgeizige Zielsetzung eines End- und Primär-energieüberschusses auch erreicht werden kann. Andererseits sollten möglichst Lüftungsregelungen umgesetzt werden, bei denen Probleme mit dem Sommer-bypass in der Heizperiode nicht auftreten können (automatische Umschaltung) oder zumindest der Zeitpunkt der Lüftungswartung mit Umstellung des Bypasses auf Winterbetrieb vertraglich auf die Zeit vor der Heizperiode (September) festgelegt werden. Stromverbräuche Im Jahr 2012 ergab sich ein spezifischer Haushaltsstromverbrauch von 25,4 kWh/(m²a). Die Schwankungsbreite ist hier noch größer als bei den Raum-temperaturen und liegt zwischen 6 kWh/(m²a) und 96,7 kWh/(m²a). Der Planwert nach PHPP lag bei 28,2 kWh/(m²a), sodass dieser sogar um 10 % unterschritten wurde, während in anderen messtechnischen Untersuchungen von modernisierten Mehrfamilienhäusern zum Teil höhere Haushaltsstromverbräuche gemessen wurden (siehe Tabelle 1). Dies zeigt, dass durch konsequente Effizienzmaßnahmen auch beim sensiblen Bereich Haushaltsstrom nennenswert Energie gespart werden kann.

TABELLE 1: Vergleich der Haushaltsstromverbräuche verschiedener Mehrfamilienhäuser

Projekt Verbrauchskennwert Haushaltsstrom [kWh/(m²a)]

Quelle

Rotlintstraße, Frankfurt (vermietet)

26,7 (mit Lüftungsstrom) bzw. 25,1 (ohne Lüftungsstrom)

Großklos (2013)

Tevesstraße, Frankfurt (vermietet)

33,0 Peper et al. (2009)

St. Jacob, Frankfurt (Eigentum)

29,4 Peper et al. (2004)

3-Liter-Haus, Mannheim (vermietet)

31,0 Schmidt et al. (2007)

Page 7: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 7

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Für die Lüftungsanlagen wurden im Mittel 1,6 kWh/(m²a) an Hilfsenergie benötigt, für die Hilfsenergie für die Heiz- und Solartechnik inkl. Wasserbehandlung 2,3 kWh/(m²a). Zusätzlich wurden 1,7 kWh/(m²a) an Allgemeinstrom z. B. für die Treppenhaus- und Außenbeleuchtung und die Aufzüge verbraucht. BETRIEB DER ANLAGENTECHNIK Die Anlagentechnik der Gebäude ist mit einem BHKW, einer Gasbrennwerttherme, drei thermischen Solaranlagen (Bild 6) und einem Nahwärmenetz mit drei Semizentralen komplex, und es mussten einige Schwierigkeit in der Startphase behoben werden. Bei zwei der drei Bauabschnitte ist kurz nach Inbetriebnahme die Solarpumpe ausgefallen, sodass der solare Deckungsgrad auf null abgesunken ist, bis das Problem behoben war. Weiterhin traten Probleme mit der Regelung der Wassererwärmung auf. Ohne die kontinuierliche Betriebsüberwachung im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung wären diese Probleme wohl lange unentdeckt geblieben. Beim zweiten Bauabschnitt, der kontinuierlich funktionierte, konnte 2011 ein solarer Deckungsgrad von 55 % erreicht werden. Durch das Monitoring konnten auch nicht eingebaute oder nicht funktionierende Rückschlagklappen identifiziert werden, die den korrekten Anlagenbetrieb, z. B. beim Zusammenspiel von BHKW und Brennwerttherme, verhinderten. Auch bei der Optimierung der Betriebsweise konnte z. B, durch das Abschalten von Umwälz-pumpen die Effizienz gesteigert werden.

Bild 6: Je eine solarthermische Anlage mit 32 m² Kollektorfläche auf jedem Block und

Wärmeversorgung mit Rapsöl-BHKW und Erdgas-Spitzenlasttherme im Heizhaus Das Rapsöl-BHKW lief nach seiner Inbetriebnahme einige Monate relativ zuverlässig, bis es im Mai 2011 wegen hoher Rußemissionen und Schallproblemen in einer Dachgeschosswohnung vorübergehend abgeschaltet werden musste. Der Fachplaner sowie der Hersteller des BHKWs entwickelten daraufhin zusammen mit Gutachtern Verbesserungen bei der Schallentkopplung der Abgasführung des BHKW. Außerdem wurde ein Rußfilter aus dem Bereich der Flurförderung eingebaut, sodass die Anlage im Dezember 2012 wieder in Betrieb gehen konnte.

Page 8: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 8

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Die Erfahrungen aus dem Anlagenbetrieb und dem Monitoring zeigen, dass Anlagen zur Nutzung von Rapsöl scheinbar noch nicht ausgereift sind – besonders wenn sie im innerstädtischen Bereich und in Mehrfamilienhäusern eingesetzt werden. Außerdem fehlt es generell bei Anlagentechnik an kostengünstigen Überwachungs-funktionen, um Probleme zeitnah erkennen und beheben zu können. Insbesondere dann, wenn der anlagentechnische Aufwand steigt, sollte mit einem Monitoring der korrekte Anlagenbetrieb zumindest in den ersten zwei Jahren überwacht werden. Hierzu fehlen aber kostengünstige Lösungen, und die Kommunikation von Komponenten unterschiedlicher Hersteller funktioniert häufig nicht oder nur mit erheblichen Zusatzkosten. Dass in der Rotlintstraße die Heizenergieverbräuche immer noch niedrig ausfielen, zeigt die Bedeutung der Effizienzverbesserungen in der Gebäudehülle. Energieeffizienz sollte daher vor dem Einsatz von erneuerbaren Energien bzw. der Anrechnung von Gutschriften umgesetzt werden. MESSTECHNISCH NACHGEWIESENE EINSPARUNGEN In Bild 7 sind auf der linken Seite der gemessene Endenergieverbrauch vor Sanierung von 189,5 kWh/(m²a) und der gemessene Endenergieverbrauch von 56,5 kWh/(m²a) im Jahr 2012 nach Sanierung dargestellt. Trotz deutlicher Wohn-komfortsteigerungen, die zu einem erhöhten Energieverbrauch führen, konnte eine Einsparung von 70 % messtechnisch nachgewiesenen werden. Die Differenz zum prognostizierten Bedarfswert für Endenergie von 40,3 kWh/(m²a) teilt sich etwa gleichmäßig auf zwischen dem zusätzlichen Verbrauch durch die erhöhten Raumtemperaturen, Zusatzverbrauch durch die verspätete Lüftungswartung und verringertem Solarertrag bei der Warmwasserbereitung durch eine nicht korrekt funktionierende Regelung der Warmwasserbereitung. Die beiden anlagentech-nischen Gründe für den Mehrverbrauch lassen sich ohne oder mit nur geringen Kosten zukünftig vermeiden.

189,5

45,3

56,5

12,7

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

Endenergie Treibhausgase

kW

h/(

m²a

) b

zw.

kg

/(m

²a)

Messwert vor Modernisierung (2006)

Messwert nach Modernisierung (2012)

-70%

-72%

Bild 7: Vergleich von Endenergieverbrauch und Treibhausgasemissionen vor und nach Modernisierung

Page 9: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 9

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

Betrachtet man die Treibhausgasemissionen, so ergibt sich eine Reduktion von 45,3 kg/(m²a) auf 12,7 kg/(m²a) bzw. um 72 %. Aufgrund der beschriebenen Schwierigkeiten mit dem Rapsöl-BHKW erfolgte die Restwärmeversorgung über-wiegend mit dem Gas-Brennwertkessel, sodass die Reduktion der Treibhausgase überwiegend auf die ergriffenen Effizienzmaßnahmen und nur in geringem Maße auf einen Energieträgerwechsel zurückzuführen sind. Werden die niedrig-investiven Verbesserungsmaßnahmen bei Lüftungswartung und Solarregelung umgesetzt, so ist mit einer Reduktion auf ca. 80 % zu rechnen. Der verbleibende Schritt zur angestrebten bilanziellen Klimaneutralität für Heizung, Warmwasser und Hilfsenergie ist dann nur mit aktiver Technik durch ein regenerativ versorgtes BHKW zu erreichen. Hier besteht neben dem Weiterbetrieb des zwischenzeitlich überarbeiteten Rapsöl-BHKWs auch die Option des Umstiegs auf ein zuverlässigeres Gas-BHKW mit Biomethanversorgung. AUSWERTUNGEN ZUM WARMMIETENMODELL Die Heizkosten der Wohnungen werden gemäß der Ausnahmeregelung in §11 Abs.1 Nr. 1a der Heizkostenverordnung (HeizkV) für Passivhäuser nicht individuell abgerechnet, sondern es wurde eine pauschale Warmmiete vereinbart. Neben den Heizkosten wird auch die Wärme für die Warmwasserbereitung pauschaliert abgerechnet (nicht jedoch das Warmwasservolumen), da die Warmwasserbereitung überwiegend mit Solarenergie bzw. Kraft-Wärme-Kopplung erfolgt (§11, Abs.2 HeizkV). Ursprünglich wurde die HeizkV eingeführt, um neben einer Steigerung der Abrechnungsgerechtigkeit auch Anreize für eine Reduktion des individuellen Verbrauchs zu schaffen. Nun stellt sich die Frage, ob durch die fehlende Abrechnung der Anreiz der Mieter zu sparsamem Verhalten nachlässt. Indikatoren waren hierbei der gemessene Heizwärmeverbrauch der Wohnungen, die individuellen Raum-temperaturen sowie der Warmwasserverbrauch, jeweils bezogen auf die Wohnfläche oder pro Person.

Die Raumtemperaturen in der Rotlintstraße liegen zwar deutlich über dem Standardwert von 20 °C, deutlich erhöhte Raumtemper aturen wurden aber auch in anderen energetisch hochwertig modernisierten Mehrfamilienhäusern bei sehr niedrigen Heizwärmeverbräuchen gemessen (Bild 8, Messdaten Rotlintstraße als Kreise dargestellt). Die Punkte zeigen, dass die Wohnungen der Rotlintstraße im oberen Bereich der dargestellten Verteilung liegen, aber nicht darüber. In allen anderen dargestellten Sanierungsprojekten wird im Gegensatz zur Rotlintstraße eine verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung eingesetzt.

Page 10: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 10

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

FFM_Teves

LU_PiB

LU_NEH

MA_Gartenstadt

KA_Gördeler

Wittenberg

Rotlint 1.BA

Rotlint 2.BA

Rotlint 3.BA

20,0

20,5

21,0

21,5

22,0

22,5

23,0

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

Mit

tle

re g

em

ess

en

e R

au

mlu

ftte

mp

era

tur

[°C

]

Heizwärmeverbrauch [kWh/(m²a)]

Bild 8: Gemessene Raumtemperaturen der Rotlintstraße 116-128 und weiterer

energetisch modernisierter Mehrfamilienhäuser, aufgetragen über dem gemessenen Heizwärmeverbrauch

Die Messergebnisse zeigen zwar erhöhte Heizwärmeverbräuche, die jedoch überwiegend auf die gemessenen Raumtemperaturen und verspätete Umschaltung der Lüftungsanlage von Sommer- auf Winterbetrieb zurückgeführt werden können (siehe Bild 3). Die Raumtemperaturen selbst zeigen nur eine geringe Erhöhung im Vergleich mit anderen Passivhausprojekten mit Heizkostenabrechnung (Bild 8), sodass hier kein nennenswerter Einfluss des Warmmietenmodells nachzuweisen ist. Möglicherweise wäre die Raumtemperatur mit Heizkostenabrechnung aber etwas niedriger ausgefallen. Die personenbezogenen Warmwasserverbräuche liegen im Jahr 2012 mit 48,4 l/(Pers*d) deutlich über den projektierten Werten (25 l/(Pers*d)). Auch wenn das Volumen auf eine einheitliche Warmwassertemperatur von 60 °C umgerechnet wird, ergibt sich mit 37,5 l/(Pers*d) eine deutliche Erhöhung des Warmwasserverbrauchs gegenüber den Planwerten von 25 l/(Pers*d), was seine Ursache wahrscheinlich im Warmmietmodell hat. Es besteht kein Anreiz für die Mieter kaltes Wasser zu nutzen (z. B. zum Händewaschen oder in der Küche). Somit fällt die Bewertung des Warmmietmodells unterschiedlich aus: Bei den Heizkosten ist der Mehrverbrauch zwar wohl vorhanden, aber als gering einzustufen und erscheint noch vertretbar. Wird jedoch nicht zwischen den Kosten von warmem und kaltem Wasser unterschieden, so ist auf Basis der Messergebnisse in der Rotlintstraße von einer deutlichen Verschiebung zur Warmwassernutzung und somit zu erhöhtem Energieverbrauch auszugehen. Selbst bei regenerativer Energie-versorgung sind die Auswirkungen kritisch einzuschätzen.

Page 11: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 11

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

DAS WARMMIETENMODELL AUS MIETERSICHT Neben der messtechnischen Überprüfung wurden die Mieter in einer umfangreichen Erhebung u. a. nach ihrer Einschätzung des Warmmietenmodells befragt (siehe Hacke et al. (2012)). Es zeigte sich, dass 55 % der Befragten das Warmmieten-modell gut finden, 35 % präferieren jedoch eine gebäudebezogene oder individuelle Abrechnung. Die Zustimmung zur Warmmiete war bei niedrigen und hohen Haushaltseinkommen höher als bei mittleren Einkommen (Bild 9). Unabhängig von der individuellen Präferenz beurteilen die meisten Mieter das Warmmietenmodell gut bis sehr gut (87 %), sinnvoll (77 %) und zeitgemäß (80 %), allerdings wird es als weniger gerecht bewertet und es ist ihnen noch eher fremd. Berücksichtigt man die Wohndauer (die Mieter wohnten zum Zeitpunkt der Befragung zwischen einer und drei Heizperioden in ihrer Wohnung), so steigt die Vertrautheit mit dem Abrechnungsmodell, je länger die Wohndauer ausfällt, die Zustimmung zum Abrechnungsmodell sinkt aber leicht. Als Vorteile der Warmmiete wurde in einer offenen Frage vor allem die Planungssicherheit für den Mieter und die Kosten-senkung bei Technik und Personal genannt. Als Nachteile wurde angeführt, dass man für andere mitzahlt bzw. das Vertrauen unter den Mietern bezüglich achtsamen Verhaltens vorhanden sein muss.

33,3% 35,3% 36,4% 37,5%

50,0%

11,8%

27,3%12,5%

47,1%27,3% 50,0%

16,6%5,9% 9,1%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

bis unter 1.700 €

(n= 6)

1.700 bis unter

2.600 € (n = 17)

2.600 bis unter

3.600 € (n = 11)

3.600 € und mehr

(n = 8)

ja, auf jeden Fall ja, vielleicht nein, eher nicht nein, auf gar keinen Fall

Bild 9: Warmmiete als Grund für die Mietentscheidung nach angegebenen Haushaltsnettoeinkommen

Interessant sind auch die Antworten zur Frage, inwieweit das Warmmietenmodell die Mietentscheidung beeinflusst hat. So geben 54 % derjenigen, die das Abrechnungs-modell befürworten an, dass es auf jeden Fall oder zumindest vielleicht ein Mietentscheidungsgrund war. Aber auch 44 % derjenigen, die die Warmmiete nicht präferieren, ließen sich bei Abschluss des Mietvertrages dadurch positiv beein-flussen. Die Warmmiete war bei allen Einkommensgruppen bei ca. 35 % der Befragten ein wichtiger Grund für die Mietentscheidung. Rechnet man die Angaben „ja, vielleicht“ mit hinzu, so lag die höchste Zustimmung (80 %) bei den niedrigen Einkommen, bei mittleren und hohen Einkommen immer noch 47 % – 64 %. Bei den Einzugsgründen wurde die Höhe der Gesamtmiete als drittwichtigstes Kriterium nach Lage (Nähe zur Innenstadt) und Vorhandensein von Balkon/Terrasse genannt.

Page 12: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – … · Nach Bezug wurden die Gebäude im Zeitraum von Frühjahr 2010 ... Nov, Dez) der Heizperiode 2011/12 bei 22 ... EffizienzTagung Bauen

Großklos, M. und Schaede, M.: Klima-neutrale Gebäude in der Praxis – Messergebnisse … 12

6. EffizienzTagung Bauen + Modernisieren 28.-29. November 2014, Hannover

FAZIT Mit der energetischen Modernisierung – überwiegend mit nachwachsenden Dämm-stoffen ausgeführt – konnte der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser um 70 % reduziert werden (Reduktion vorher/nachher messtechnisch belegt). Besonders erfreulich war auch die Tatsache, dass der Haushaltsstromverbrauch noch ca. 10 % unter dem Planungswert lag. Bei der Anlagentechnik zeigte sich im Projekt, dass noch ein erheblicher Bedarf an zuverlässigen regenerativen Energieversorgungen für Mehrfamilienhäuser besteht. Zusätzlich ist die Frage der Betriebsoptimierung zu lösen, damit die vorhandenen Einsparpotenziale auch genutzt werden können. Das Warmmietmodell wurde von den Bewohnern überwiegend sehr gut aufge-nommen und stellte für viele einen Mietentscheidungsgrund dar. Für den Bereich Heizwärme wird nur eine geringe Erhöhung der Verbräuche vermutet, so dass das Warmmietmodell auch als Vermarktungschance für die Wohnungswirtschaft verstanden werden kann. Die Anwendung auf die Warmwasserbereitung ist aus gegenwärtiger Sicht fragwürdig. Alle Projektberichte zu Planungs- und Bauphase, Kosten, Mieterbefragung und Ergebnisse des Messprogramms stehen auf der Internetseite des Instituts Wohnen und Umwelt www.iwu.de kostenlos zur Verfügung. DANKSAGUNG Die wissenschaftliche Begleitung der Modernisierung durch das Institut Wohnen und Umwelt wurde vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Europäischen Union, Investition in die Zukunft des europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert. Referenzen Großklos, (2013). „Wissenschaftliche Begleitung der Sanierung Rotlintstraße 116-128 in Frankfurt -Ergebnisse der messtechnischen Erfolgskontrolle“, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt Hacke, U., Großklos, M., Lohmann, G. (2012). „Wissenschaftliche Begleitung der Sanierung Rotlintstraße 116-128 in Frankfurt - Mieterbefragung zum Wohnverhalten im Passivhaus und zur Akzeptanz des Warmmietmodells“, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt Schmidt, M.; Schmidt, S.; Treiber, M.; Arnold, J.(2007): Entwicklung eines Konzepts für energetische Modernisierungen kleiner Wohngebäude auf 3-Liter-Haus-Niveau in Mannheim-Gartenstadt, final report, Institut für GebäudeEnergetik der Universität Stuttgart Peper, S.; Feist, W.; Pfluger, R. (2004): Ein nordorientiertes Passivhaus - Passivhaus „Wohnen bei St. Jakob“, Passivhaus Institut, Darmstadt Peper, S., Grove-Smith, J., Feist, W. (2009). Sanierung mit Passivhauskomponenten; Messtechnische Untersuchung und Auswertung Tevesstraße Frankfurt a. M., Passivhaus Institut, Darmstadt

Schaede, M., Großklos, M. (2011). Sanierung von sieben Mehrfamilienhäusern – können die Anforderungen der EPBD an Fast-Nullenergiegebäude auch im Bestand umgesetzt werden?, 4. Effizienztagung Bauen+Modernisieren, 11.+12. November 2011, Hannover