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Klimasystem unserer Erde (SY)

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Was ist Klima? (SY 1)

Es sind zwei eng verwandte Begriffe – doch was unterscheidet das Klima vom Wetter?DasWetter ist gekennzeichnet von einer hohen zeitlichen und räumlichen Variabilität, die täglich erlebbar ist. Seine möglichst genaue Vorhersage ist für viele Entscheidungen des täglichen Lebens wichtig, aber trotz gewaltiger Fortschritte in der meteorologischen Datenerfassung und Modellierung noch immer eine Herausforderung. Das Wetter ist Bestandteil einer bestimmtenWitterung, die wiederum von den jeweils herrschendenGroßwettertypen undGroßwetterlagen abhängt.Vorhersehbarer sind dagegen wiederkehrende jahreszeitliche Witterungsverläufe, die auf die Neigung der Erdachse und die demzufolge im Jahreszyklus des Erdumlaufs um die Sonne variable Sonnenein-strahlung zurück zu führen sind (siehe Abb. SY 1.3). Über längere Zeiträume gleichen sich die kurz- und mittelfristigen Schwankungen des Wetters bzw. der Witterung aus und offenbaren, statistisch gemit-telt, eine gewisse Stabilität – die desKlimas. In den verschiedenen Regionen unserer Erde hat sich jeweils ein Klima mit charakteristischen Jahresgängen und räumlichen Verteilungsmustern derKlimaelemente eingestellt. Statistische Analysen von Messdaten über längere Zeiträume lassen sich nur in Diagrammen und Karten darstellen. Während also das vorherrschende Klima im Gegensatz zum Wetter nicht unmittelbar erlebbar ist, geben aber insbesondere Flora und Fauna sowie Land-schaftsstrukturen und die Flächennutzung durch den Menschen indirekt Auskunft über das Klima einer Region.

SY 1.1 Klimaelemente (mit Maßeinheiten und Messgeräten) und Klimafaktoren

Räumlich differenziert sich das Klima durch eine Reihe vonKlimafaktoren (s. Tab. SY 1.1). Dabei wirken geografische Breite (Zuordnung zu einer Klimazone, s. Abb. SY 1.3), Meeresströmungen und Meeresnähe eher überregional, die Höhe über dem Meeresniveau, Geländeneigung und Flächennut-zung eher regional (Regional-, Lokalklima).

Für das Klima in Sachsen ergibt sich folgende Zuordnung bzw. mögliche Gliederung:

SY 1.2 Klimatische Einordnung und Gliederung Sachsens

Das Wetter ist der Momentanzustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort und unterliegt ständiger Veränderung. Der zu Grunde liegende Zeitraum umfasst höchs-tens einen Tag.

Unter Witterung versteht man den vor-herrschenden Charakter des Wetterablau-fes über mehrere Tage bis Monate.

Großwetterlage entspricht der mittleren Luftdruckverteilung eines Gebietes min-destens von der Größe Europas, während eines mindestens 3-tägigen Zeitraumes, in welchem gewisse Abfolgen von Wetterla-gen gleich bleiben. Man unterscheidet nach Hess & Brezowsky 29 Großwetterlagen (z. B. Trog Westeuropa; Westlage zyklonal).

Verwandte Großwetterlagen werden zu 10 Großwettertypen zusammengefasst (z. B. Westlage; Südwestlage; Hoch Mittel-europa). In unseren Breiten dominieren Westlagen.

Unter Klima versteht man einerseits den mittleren Zustand der Klimaelemente, an-dererseits den charakteris tischen jährli-chen Witterungs ablauf über einen langen Referenz zeitraum (empfohlen sind 30 Jah-re, auch Betrachtungen für Jahrhunderte bis Jahr millionen). Statistisch wird es durch Mittel- und Extremwerte von Kli-maelementen charakterisiert.

Klimaelemente sind meteorologische Größen, die einzeln sowie durch ihr Zu-sammenwirken das Klima kennzeichnen (z. B. Temperatur, Niederschlag, siehe Tab. SY 1.1).

Als Klimafaktoren bezeichnet man dieje-nigen Wirkungen, die die Klimaelemente in ihrer räumlich und zeitlichen Ausprä-gung beeinflussen.

Klimaelemente Maßeinheiten Messgeräte Klimafaktoren

Temperaturen °C, °F, K Grad Celsius, Grad Fahrenheit, Kelvin

Thermometer in 2 m Höhe

Sonnenstand/ Breitenlage Meeres nähe Höhenlage Meeresströmungen Geländeneigung Exposition Art der Bodenbedeckung Flächennutzung

Luftdruck hPa Hektopascal Barometer

Luftfeuchte % Relative Luft-feuchte

Hygrometer

Windstärke m/s, Kn, Bf Meter pro Sekunde, Knoten, Beaufort

Anemometer

Windrichtung ° Grad Windfahne

Strahlung W/m2 Watt pro m2 Radiometer

Bewölkung 0 … 1, Achtelschrittweite Schätzung durch Metereologen

Niederschlag mm, l/m2 Millimeter, Liter pro m2

Regenmesser

Verdunstung mm Millimeter Evaporimeter

Mitteleuropa Gemäßigte Klimazone

Deutschland Übergangszone zwischen maritimem westeuropäischen und kontinentalem osteuropäischen Klima

Sachsens klimatische Gliederung:

Erzgebirge, Vogtland,

Mittelgebirgsvorland, Sächsische Schweiz

Leipziger Tieflandsbucht, Lausitz, Elbtal

Deutsches Mittelgebirgsklima

Deutsches Berg- und Hügelland-Klima

Ostdeutsches Binnenland-Klima

SY 1 Was ist Klima? | 01 Kapitelanfang

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SY 1.3 Die Klimazonen der Erde (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Zeitlich differenzierend wirken eine ganze Reihe von externen Klimafaktoren mit unterschiedlichen Wirkungszeiträumen: n Episodisch wirken Meteoriteneinschläge und explosive Vulkanausbrüche. n Periodisch wirken Variationen derSonnenaktivität mit Zyklen um 11, 22, 76 … Jahren. n Als mittel- bis langfristig monodirektionaler Strahlungsantrieb wirkt der anthropogene

Treibhauseffekt (vgl. Kap. SY 4). n Wesentlich längerfristig wirken die Orbitalparameter des Erdumlaufs um die Sonne

(Milankovitch-Zyklen mit ca. 20.000 bis 100.000 Jahren, vgl. Abb. SY 1.4), die Hauptursache für die Abfolge von Kalt- und Warmzeiten sind.

n Langfristig monodirektional wirkt die Kontinentaldrift (Jahrmillionen).

Die natürliche interne Variabilität des Klimas resultiert aus den komplexen Wechselwirkungen inner-halb des Klimasystems (vgl. Kap. SY 2), insbesondere zwischen Meeresströmungen und Atmosphäre. Entsprechend der sehr unterschiedlichen Land/Ozean-Verteilung finden sich auf Nord- und Südhalb-kugel jeweils charakteristische oszillierende Zirkulationsmuster, die prägend auf die Großwetterlagen (s. o.) wirken:

02 | SY 1 Was ist Klima?

Die Sonnenaktivität ist die Gesamtheit von Prozessen auf der Sonne, die mit Vari-ationen der elektromagnetischen Strah-lungsflussdichte und der Korpuskular-strahlung verbunden sind.

Die nach dem serbischen Mathematiker Milutin Milankovitch (1879 –1958) be-nannten Milankovitch-Zyklen beschrei-ben Schwankungen der Erdbahn. Diese langperiodischen Änderungen (Exzentrizi-tät, Obliquität, Präzession) führen zu Ver-änderungen der Einstrahlung und der Strahlungsverteilung (siehe Abb. SY 1.4) um 5 –10% auf der Erde.

SY 1.4 Die wichtigsten Erdbahnparameter und ihre charakteristischen Zeitskalen (Zyklen) (Abbildung: Hamburger Bildungsserver)

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Nordhemisphäre:NAO – Nordatlantische OszillationEin positiver NAO-Index führt in den meisten Fällen zu einer starken Westströmung, die milde und feuchte Luft nach Europa führt. Bei einem negativen NAO-Index können häufige Kaltlufteinbrüche aus Nordosten in Mitteleuropa zu kalten Wintern führen.

Südhemisphäre: ENSO – El Niño, Südliche OszillationenDie Wassertemperatur an der Oberfläche des Pazifiks vor Südamerika charakterisiert die Jahre mit El Niño-Phänomen (besonders warm) bzw. seinem Gegenspieler La Niña. Seit dem extremen El Niño 1997/98 mit verheerenden Wirbelstürmen, Überschwemmungen, Trockenheiten und Waldbränden in verschiedenen Erdteilen werden die komplexen Zusammenhänge von ENSO intensiv erforscht (vgl. www.enso.info).

Die Kenntnis der Entwicklung der Klimafaktoren und ihrer Wirkmechanismen ermöglicht es, auch Aussagen über die langfristigen Veränderungen des Klimas zu treffen. Mittels mathematischer Mo-delle können Klima-Projektionen für mögliche Zukünfte entwickelt werden. Dafür müssen Szenarien über die Aktivitäten des Menschen in der Zukunft (Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Bevöl-kerungswachstum u. a.) entwickelt werden. Aufgrund der komplexen Wechsel wirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten des Klimasystems (vgl. Kap. SY 2) ist die Klimamodellierung im globalen Maßstab sehr aufwändig (vgl. Kap. PJ 1). Nicht kalkulierbare Rück kopplungseffekte erschweren zudem die Interpretation der Projektionsergebnisse.

Weiterführender Link:www.klimawiki.org

SY 1 Was ist Klima? | 03

Unter NAO (North Atlantic Oscillation) versteht man die Schwankung des Druck-verhältnisses zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden des Nordatlantiks. Der NAO-Index ist ein Maß für die Stärke der Westwinddrift auf dem Nordatlantik, die für die Witterung und das Klima in Europa, insbesondere für die Winter, eine maßgebliche Rolle spielt.

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04 | SY 1 Was ist Klima?

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SY 2 Klimasystem und Treibhauseffekt | 01

Klimasystem und Treibhauseffekt (SY 2)

DasKlimasystem unseres Planeten Erde ist von gewaltigen Stoff- und Energieströmen gekenn-zeichnet. Wetter, Witterung und letztlich das Klima sind Ergebnis eines wiederkehrenden dynamischen Wechselspiels zwischen den Komponenten des Klimasystems. Dieser ständige Wandel wird angetrie-ben von der solaren Einstrahlung und variiert durch die Klimafaktoren (vgl. Kap. SY 1). Wie hoch die Variabilität (Schwankungsbreite um langjährige Mittelwerte) ist, wird an Extremereignissen wie Hitze- oder Kälterekorden, Starkniederschlägen/Hochwasser, Tornados, Dürreperioden usw. deutlich.

Die wichtigsten Stoffkreisläufe sind: n Der atmosphärische Wasserkreislauf mit Verdunstung, Wolkenbildung, Verfrachtung, Nieder-

schlag und Abfluss sowie den jeweiligen Wirkungen inBiosphäre (Pflanzenwachstum, Trink-wasser, Lebensraum),Pedosphäre (Versickerung, Erosion),Lithosphäre (Verwitterung) und Kryo sphäre (Eisbildung, Schmelze). Die Wolken sind entscheidend für die atmosphärische Strahlungsbilanz.

n Der Kohlenstoffkreislauf mit der Freisetzung von Kohlenstoffverbindungen wie Kohlendioxid und Methan aus Boden, Wasser und Biosphäre in dieAtmosphäre und der Bindung von Koh-lenstoff aus der Atmosphäre in der Biosphäre (Photosynthese) und derHydrosphäre (physi-kalische Gaslösung, Photosynthese, Karbonatbildung).

n Stickstoff- und Schwefelkreislauf insbesondere durch ihre Einflüsse auf das atmosphärische Treibhausgas- und Aerosolinventar sowie auf die Biosphäre.

SY 2.1 Klimasystem der Erde (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Für die Herausbildung der Klimate in den verschiedenen Regionen unserer Erde sind neben der geografischen Breite globale Energieströme in der Atmosphäre (Luftmassenzirkulation, die von Temperatur- und Druckunterschieden angetrieben und von Erdrotation und Landoberfläche geprägt wird) und der Hydrosphäre (thermohaline Zirkulation wie z. B. der Golfstrom) von großer Bedeutung.

Die für den globalen Energiehaushalt als Ganzes entscheidende Wechselwirkung der Klimakompo-nenten ist derTreibhauseffekt. Bereits 1822 hat der Mathematiker und Physiker Jean Baptiste Joseph Fourier in seinem Buch »Analytische Theorie der Wärme« den Treibhauseffekt beschrieben. Der schwedische Chemiker Svante Arrhenius erkannte 1895 die Wirkung des Kohlendioxids als wichtiges Treibhausgas. Abb. SY 2.2 zeigt die Anteile der verschiedenen Treibhausgase an der Gesamtwirkung des natürlichen Treibhauseffekts von 33 Grad Erwärmung.

Das Klimasystem ist ein höchst komplexes System, das aus folgenden Komponenten besteht: Atmosphäre, Hydrosphäre, Kryo-sphäre, Lithosphäre/ Pedosphäre (Land-oberfläche) und Biosphäre sowie den Wechselbeziehungen zwischen diesen.

Die Biosphäre ist der von Lebewesen besiedelte Teil der Erde.

Die Pedosphäre ist die Bodenschicht, welche aus verwittertem Gestein und zer-setzter organischer Materie entstand.

Die Lithosphäre ist die obere feste Ge-steinsschicht des Erdmantels. In ihr erfol-gen die tektonischen Plattenbewegungen.

Die Kryosphäre enthält das gefrorene Wasser in Form von Gletschern, Inlandeis, Permafrost, Schnee und Meereis. Infolge starker Reflexion der Sonnenstrahlung durch Eis- und Schneeflächen wirken sich Veränderungen stark auf das Klima aus.

Die Atmosphäre ist die ca. 150 km starke gasförmige Hülle, welche die Erde umgibt. Sie besteht aus Stickstoff (78,1 %) und Sauerstoff (20,9 %) sowie Spurengasen wie Argon (0,93 %), Helium und Treib-hausgasen wie Kohlendioxid (0,04 %), Lachgas, Methan und Ozon. Die Atmo-sphäre enthält Wasserdampf, dessen Menge stark schwankt, sowie Wolken (kleinste Wassertröpfchen) und Aerosole.

Die Hydrosphäre umfasst das gesamte Wasser auf der Erde (Meere, Binnenge-wässer, Grundwasser sowie das Wasser in der Atmosphäre und Kryosphäre).

Diese zusätzliche Erwärmung der boden-nahe Luftschicht nennt man natürlichen Treibhauseffekt. Ohne diesen betrüge die globale Durchschnittstemperatur statt 15 °C nur -18 °C. Haupttreibhausgase sind Wasserdampf (H2O), Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O), Methan (CH4), Ozon (O3) und Halogenkohlenwasserstoffe. Beson-ders wirksam sind Schwefelhexafluorid (SF6) und Fluorkohlenwasserstoffe

Treibhausgase lassen die kurzwellige Sonnenstrahlung durch die Atmosphäre weitgehend zur Erdoberfläche passieren, absorbieren aber Strahlung spezifischer Wellenlängen innerhalb des Spektrums der langwelligen Infrarotstrahlung, welche von der Erdoberfläche, der Atmosphäre und den Wolken ausgestrahlt wird. Die aufgenommene Wärme strahlen sie auf die Erde und verringern damit den in das Weltall rückgestrahlten Anteil der einge-strahlten Sonnenenergie.

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02 | SY 2 Klimasystem und Treibhauseffekt

SY 2.2 Beiträge der Treibhausgase zur Temperaturerhöhung in Grad (Anteil am natürlichen Treibhauseffekt von 33°)

Da die Wirkung der vom Menschen freigesetzten Treibhausgase auf die Strahlungsbilanz unterschied-lich ist, wurden folgende Treibhauspotenzial-Äquivalenzfaktoren ermittelt, die auf die Wirksamkeit von CO2 und einen Wirkzeitraum von 100 Jahren bezogen sind: Treibhausgas CO2 CH4 N2O SF6

Äquivalenzfaktor 1 21 310 23.900So lassen sich die wirksamen Treibhausgase als CO2-Äquivalente zusammenfassen (http://unfccc.int/ghg_data/items/3825.php).

Abb. SY 2.3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der solaren Strahlungsbilanz. Neben der Wirkung von Wolken (Reflektion und Absorption von kurz- und langwelliger Strahlung) und Treibhausgasen wird auch die Bedeutung des Rückstrahlvermögens der Erdoberfläche, derAlbedo, deutlich. Da die Al-bedo verschiedener Oberflächen sehr unterschiedlich ist, haben großflächige Veränderungen wie zum Beispiel Vergletscherung/Abschmelzen, Wüstenbildung/Begrünung, Versumpfung/Austrocknung, Be-/Entwaldung und der Kontinentaldrift Auswirkungen auf das regionale und globale Klima.

SY 2.3 Strahlungsbilanz der eingestrahlten Sonnenenergie, (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Besonders in den letzten Jahren ist das Wissen und Prozessverständnis über die Wechselwirkungen zwischen den variablen Stoffströmen und der globalen Energiebilanz, dargestellt als globale Mitteltem-peratur, erheblich angewachsen. Mittels Eisbohrkernen konnte der Zusammenhang zwischen der Tem-peraturveränderung über die Jahrtausende und dem Kohlenstoffkreislauf in Form des atmosphärischen Kohlendioxid- und Methangehalts belegt werden (vgl. z. B. ed Brooke in NATURE, Vol. 453, 18. 5. 2008)

Wie komplex die Wechselwirkungen im Klimasystem sind, zeigen Untersuchungen zu Entwaldung und Wiederaufforstung bisher landwirtschaftlich genutzter Gebiete (Quelle: J. Pongratz, Diss. 2008). Die Auswirkung auf das Klima setzt sich aus mehreren Effekten zusammen: n Ein bewirtschafteter Wald mit hohem Zuwachs wirkt als Kohlenstoffsenke, die Bindung von CO2

aus der Atmosphäre wirkt global abkühlend. n Wald hat meist eine geringere Albedo als Ackerland, eine Landnutzungsänderung zugunsten von

Waldflächen wirkt lokal erwärmend. n Falls Wald die Verdunstung und damit die Wolkenbildung verringert, resultiert regionale Erwärmung. n Der Erwärmung entgegen wirkt in der Regel die lokale Verdunstungskühlung, sofern ausreichend

Wasser vorhanden ist. n Lokale Wirkungen wie z. B. veränderte Windmuster können das Klima überregional beeinflussen.

Inwieweit großräumige Aufforstungen das Klima im gewollten Sinn, also kühlend, beeinflussen, hängt demnach nicht allein von der Vitalität des Baumbestandes ab. Das Vorzeichen der Klimabilanz hängt insbesondere auch von der geografischen Breite (Temperaturniveau) und der Wasserverfügbarkeit ab.

Weiterführender Link:www.klimawiki.org

Die Albedo ist ein Maß für das Rück-strahlvermögen von diffus reflektierenden Oberflächen. Sie wird bestimmt durch den Quotienten aus reflektierter zu einfallen-der Lichtmenge. In der Meteorologie beschreibt sie, wie stark sich Luft über verschiedenen Oberflächen erwärmt.

20

15

10

5

0

20,6

7,2

2,4 1,4 0,8 0,6

H2O CO2 O3 N2O CH4 andere

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SY 3 Klimageschichte | 01

Klimageschichte – natürliche Variationen (SY 3)

Die Erdgeschichte ist zugleich eine Geschichte des globalen wie regionalen Klimawandels. So hat es in der Erdgeschichte immer wieder zum Teil drastische Klimaänderungen gegeben, sowohl langfristi-ge Veränderungen als auch kurzfristige Schwankungen.

Durch die Erkenntnisse derPaläoklimatologie lassen sich das Erdklima und seine natürlichen Ver-änderungen über Jahrmillionen zurückverfolgen. Die Eigenschaften historischer Klimate sind in den Sedimenten, den Eisschilden der Antarktis und Grönlands, in biosphärischen Spuren sowie für die jüngste Geschichte auch in menschlichen Zeug-nissen gespeichert.

SY 3.1 Beispiele für Klimaanzeiger (Proxies) und deren historische Reichweiten (weiterführender Link: http://www.ncdc.noaa.gov/paleo/primer_proxy.html)

Die langfristigen Klimaänderungen hängen von einer Reihe externer Klimafaktoren ab, die in Kapitel SY 1 aufgezählt und in Kapitel SY 2 teilweise erklärt sind.

Die Erdgeschichte der letzten 2 – 3 Milliarden Jahre gliedert sich klimatisch in Erdzeitalter mit relativ warmem Klima ohne jegliche Eisvorkommen an der Erdoberfläche und episodisch eintretende so genannten Eiszeitalter von jeweils einigen Jahrmillionen Dauer.

Im Präkambrium (Erdurzeit) sind für zwei Abschnitte ausgedehnte Vereisungen nachgewiesen worden. Die älteste Vereisung fällt in die Zeit vor etwa 2 bis 2,5 Milliarden Jahren, die zweite Eiszeit fand vor etwa 750 bis 550 Millionen Jahren statt.

Das Paläozoikum (Erdaltertum) umfasst den Zeitraum vor 590 bis 250 Mio. Jahren.Es war eine Epoche mit zum Teil erheblichen klimatischen Gegensätzen. Europa lag zur damaligen Zeit am Äquator und hatte tropisches Klima.

Das Mesozoikum (Erdmittelalter), der Zeitraum vor etwa 250 bis 65 Millionen Jahren, war geprägt durch Perioden eines überdurchschnittlich warmen Klimas mit geringen Temperaturunterschieden zwischen den Polen und den äquatornahen Zonen.

Das jüngste Erdzeitalter, das Känozoikum (Erdneuzeit), begann vor etwa 65 Millionen Jahren und umfasst das Tertiär und das Quartär. Das Tertiär (Neogen und Paläogen) war gekennzeichnet von einer globalen Abkühlung, die schließlich zu den ausgedehnten Vereisungen des Quartärs führte.

Die Paläoklimatologie zieht aus der Un-tersuchung von Klimaanzeigern (Proxies) Rückschlüsse auf die klimatischen Verhält-nisse der Vergangenheit. Wichtige Proxies sind zum Beispiel Baumringe, fossile Pollen, Korallen und Muscheln, See- und Meeressedimente, Tropfsteine, Eisbohr-kerne sowie Aufzeichnungen in Schiffs-tagebüchern, Reise- und Landwirtschafts-berichten.

Beispiele für Klimaproxies Historische Reichweite in Jahren

Dendroklimatologie (Baumringanalse) 12.000

Fossile Pollen in Mooren, Torfen, Sedimenten 40.000

Eisbohrkerne (Sauerstoffisotopenanalyse 16O/18O) 800.000 EPICA-Projekt

Tiefseesedimente Mehrere Mio.

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SY 3.2 Entwicklung des Klimas (Abweichung der globalen Mitteltemperatur zu heute und Ausmaß der Vereisung) seit dem Erdaltertum (Paläozoikum) aus Proxydaten (nach: www.hamburger-bildungsserver.de)

Die jüngste Periode der Erdgeschichte, das Quartär, begann vor etwa 2,4 Millionen Jahren und ist durch den häufigen Wechsel von Warmzeiten und Kaltzeiten geprägt. Kaltzeiten sind Epochen anhal-tender Vergletscherungen der sonst eisfreien Gebiete mittlerer Breite. Noch vor etwa 20.000 Jahren waren das heutige Kanada und Skandinavien unter dickem Inlandeis begraben, mächtige Eismassen reichten in der Region des heutigen Deutschlands bis zum Mittelgebirgsrand. Ab etwa 15.000 Jahren vor heute zog sich das Inlandeis in zwei Phasen auf den heutigen Stand zurück. Als wesentliche Ur-sache der zum Teil extremen Klimaschwankungen im Quartär werden die Milankovitch-Zyklen (vgl. Kap. SY 1) angesehen. Diese jüngste Eiszeit (Würm-Kaltzeit) endete vor etwa 11.000 Jahren.

SY 3.3 Globale Temperaturentwicklung der letzten 400.000 Jahre (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Der letzte, die Erde tiefgreifend verändernde Klimawandel hat vor etwa 10.000 –11.000 Jahren mit dem Übergang in das noch andauernde Klima einer Warmzeit, dem Holozän, stattgefunden, verbun-den mit einem globalen bodennahen Lufttemperaturanstieg um ca. 4 – 5 °C. Dieses Warmzeitklima ist bislang relativ stabil gewesen und insofern eine Ausnahmeerscheinung in der jüngeren Klimageschich-te, was die Entwicklung der Menschheit sicherlich begünstigt hat.

02 | SY 3 Klimageschichte

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SY 3 Klimageschichte | 03

SY 3.4 Globale Temperaturentwicklung der letzten 10.000 Jahre (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Das Klima während des Holozäns wurde von geringfügigeren Erwärmungs- und Abkühlungsphasen geprägt (Abb. SY 3.4). Als warme Episoden gelten beispielsweise das Klimaoptimum der Römerzeit (Lufttemperatur im Mittel etwa 1 Grad höher als heute) und das mittelalterliche Optimum (Lufttem-peratur im Mittel etwa wie heute). Die kälteste Epoche dieses Zeitraumes ist offensichtlich vor ca. 2.000 bis 2.500 Jahren eingetreten. In dieser Zeit vermutet man auch eine erste germanische Völker-wanderung, während die große Völkerwanderung im 4. bis 6. Jh. n. Chr. folgte. Die Zeitspanne von 1350 – 1850 war in der Nordhemisphäre insgesamt etwa 1 Grad kälter (»Kleine Eiszeit«) als die meisten Abschnitte des Holozäns und gipfelte schließlich in der Maximalausdehnung der Gletscher um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Im 14. Jahrhundert wurde ganz Europa von kalten Sommern und Miss-ernten heimgesucht. Die normannische Besiedlung Grönlands fand ein jähes Ende.

SY 3.5 Temperaturveränderung der letzten 1.000 Jahre (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte ein globaler Temperaturanstieg mit einem ersten Maximum um 1940 ein (Abb. SY 3.5). Seit etwa 30 Jahren hat sich der Anstieg erheblich verstärkt. Bemerkenswert ist dabei, dass sich diese Erwärmung – von kleineren Regionen mit gegenläufigen Tendenzen abgesehen – im globalen Maßstab vollzieht. Die früheren Episoden des Holozäns traten nicht weltweit auf, sondern beschränkten sich auf bestimmte Regionen der Erde. Als Ursachen für diese Klimaänderungen werden vor allem Veränderungen der Sonneneinstrahlung, der Vulkanismus und interne Klimaschwankungen disku-tiert, neben den anthropogenen Faktoren (Treibhausgas-Emissionen) gegen Ende des 20. Jahrhunderts

Im 20. Jahrhundert hat sich die globale Mitteltemperatur bereits um 0,6 Grad erhöht (vgl. Kap. DG 1). Durch die immer stärkere Einflussnahme des Menschen (vgl. Kap. SY 4) besteht die Gefahr, dass das relativ stabile Klima der letzten Jahrhunderte innerhalb weniger Jahrzehnte durch abrupte Klimaän-derungen beendet wird – mit kaum absehbaren Folgen. Da wir heute bereits in einer Warmzeit – etwa vergleichbar mit einer Warmzeit vor ca. 400.000 Jahren – leben, könnte die Menschheit bei einer Fortsetzung dieser Entwicklung bald mit einem globalen Temperaturniveau konfrontiert sein, das sie noch nie erlebt hat.

Weiterführend:www.dwd.de/klimawandel Klimastatusbericht 2003

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04 | SY 3 Klimageschichte

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SY 4 Einfluss des Menschen | 01

Einfluss des Menschen (SY 4)

Das Klima verändert sich über die Zeit unter dem Einfluss seiner inneren Dynamik und durch externe Einflüsse wie Vulkanausbrüche, solare und astronomische Schwankungen (vgl. Kap. SY 2), aber zu-nehmend auch durch vom Menschen induzierte Einflüsse wie die Änderungen der Landnutzung und der Zusammensetzung der Atmosphäre. Damit sind Eingriffe in viele klimarelevante Systeme wie den Kohlenstoff-, Stickstoff- und den Wasserkreislauf sowie in den Energiehaushalt (Treibhauseffekt) verbunden.

Landnutzungsänderungen wie insbesondere großflächige Abholzungen und Umwandlung in Acker-land und Weide beeinflussten schon in vorindustrieller Zeit die Albedo (vgl. Kap. SY 2). Der damit verbundene negativeStrahlungsantrieb wirkte (zunächst regional) abkühlend (vgl. Abb. SY 4.1). Die vorübergehende Trendumkehr im 14. Jahrhundert spiegelt den Rückgang der Landwirtschaft nach der Pandemie (»Schwarzer Tod«) in Europa wieder.Für das globale Klimasystem war das Fehlen der Waldflächen im globalen Kohlenstoffkreislauf und die daraus resultierende Erwärmungswirkung bedeutungsvoller, da Teile des in Biomasse und Boden gebundenen Kohlenstoffs als Treibhausgas (CO2 oder CH4) freigesetzt wurden. Der resultierende po-sitive Strahlungsantrieb spielt aber im betrachteten Zeitfenster von 800 bis 1700 n. Chr. im Vergleich zu den natürlichen Klimafaktoren eine untergeordnete Rolle.

SY 4.1 a) Änderung der kurzwelligen Strahlungsbilanz (ausgedrückt als Änderung der Nettoenergieflussdichte [W/m²] am Oberrand der Atmosphäre) für das Jahr 800 als direkte Folge der Albedoänderung durch Landwirtschaft. b) Änderung der Strahlungsbilanz gemittelt über die Fläche Europas von 800 bis 1700. (Quelle: J. Pongratz, CH. reiCk; MPG-Jahresbericht 2008)

SY 4.2 Zusätzlicher Treibhauseffekt durch anthropogene Aktivitäten (Abbildung: Allianz Umweltstiftung)

Der Strahlungsantrieb ist die Verände-rung in der vertikalen Nettoeinstrahlung (ausgedrückt in Watt pro Quadratmeter) aufgrund einer internen Veränderung (z. B. Treibhausgaskonzentration, Albedo) oder einer Veränderung im externen Antrieb des Klimasystems (Sonnenstrah-lung).

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Mit der Freisetzung von Treibhausgasen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Treibstoffe und aus bestimmten industriellen und landwirtschaftlichen Aktivitäten hat der Einfluss des Menschen auf das Klimasystem stetig zugenommen und den zusätzlichen Treibhauseffekt (Abb. SY 4.2) bewirkt. Allein die CO2-Konzentration stieg im Jahresmittel von 280 ppm (vorindustriell) auf 387 ppm (2009) und steigt ungebremst weiter an (Abb. SY 4.3). Auch durch die Landwirtschaft werden große Mengen an Treibhausgasen (insbesondere Methan und Lachgas) freigesetzt. Während die Methanfreisetzung (Nass-Reisanbau, Tierhaltung) auf die biologi-schen Grundprozesse zurückzuführen ist, wuchs die Lachgasemission aus den Ackerböden enorm mit der industriellen Herstellung und dem großflächigen Einsatz von Stickstoffdüngern.Eine dritte große anthropogene Quelle ist die Rodung des tropischen Regenwaldes, in dem sehr große Mengen Kohlenstoff gespeichert sind.

SY 4.3 Anstieg des CO2-Gehalts der Atmosphäre, gemessen am Mauna Loa auf Hawaii als Jahresmittelwerte seit 1959 (links) und Monatsmittelwerte seit 2000 (rechts), (nach Daten von www.noaa.org)

Abb. SY 4.3 zeigt neben dem ungebremsten Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxidgehalts an der Hintergrund-Messstation Mauna Loa auf Hawaii auch die Tiefe der jährlichen Schwankung. So sinken die Monatsmittelwerte der CO2-Konzentration um etwa 5 ppm (Volumenanteile) während, und steigen um etwa 7 ppm außerhalb der nordhemisphärischen Vegetationszeit. Darin zeigt sich das Wechselspiel zwischen natürlichen CO2-Quellen und -Senken. Der Mensch ist für den jährlichen Zuwachs um 2 ppm überwiegend verantwortlich.Ähnlich steigt die N2O-Konzentration stetig weiter, während die CH4-Konzentration einen gedämpften Anstieg aufweist. Letztere hat sich im Vergleich mit der vorindustriellen Zeit mehr als verdoppelt.

Eine besondere Rolle spielen dieAerosole und gasförmige Vorläufer wie Schwefeldioxid, welche aus natürlichen und anthropogenen Quellen in die Atmosphäre gelangen. Komplexe Wirkungsmechanismen und Wechselwirkungen mit der Wolkenbildung erschweren eine Bewertung. Es ist davon auszugehen, dass ähnlich wie Vulkanasche und –gase auch anthropogen emittierte Aerosole in der Troposphäre eine abkühlende Wirkung haben. Schwarze Rußpartikel wirken dagegen erwärmend: als Ablagerung auf Schnee- und Eisflächen (Albedoreduzierung) sowie als Wärmestrahlung absorbierende Schwebteilchen in der Troposphäre.Dass das Gesamtverständnis der Prozesse inzwischen recht gut ist, konnten sCHönwiese et al. 2010 durch empirisch-statistische Modellierung der globalen Temperaturveränderung der letzten 150 Jahre zeigen. In Abb. SY 4.4 sind die berücksichtigten Einflüsse von Treibhausgasen, Sulfat-Aerosolen, Sonnenaktivität, Vulkaneruptionen und interner Klimavarianz mit eingetragen. Aus der gegenläufigen Wirkung von Treibhausgasen und Sulfat-Aerosolen lässt sich unter Einbeziehung der anderen Fakto-ren eine plausible Temperaturentwicklung nachbilden.

1959

1964

1969

1974

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1984

1989

1994

1999

2004

2010

400

350

300

02 | SY 4 Einfluss des Menschen

Aerosole sind ein Gemisch von festen oder flüssigen Schwebeteilchen mit einem Trägergas. In der Atmosphäre haben die Aerosolteilchen große Bedeutung bei der Tröpfchen-/Wolkenbildung und für die Strahlungsbilanz.

Detail siehe rechts

2000

2002

2004

2006

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2010

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SY 4 Einfluss des Menschen | 03

SY 4.4 Simulation der beobachteten global gemittelten Jahresanomalien 1860 – 2008 (Referenzperiode 1961–1990) der bodennahen Lufttemperatur durch ein neuronales Netz unter Berücksichtigung von explosiven Vulkanausbrüchen, Sonnenaktivität und El-Niño-Ereignissen sowie anthropogener Signale durch Treibhausgase (GHG, gestrichelt) und Sulfat partikel (SUL, punktiert); Quelle: C.-d. sCHönwiese, a. walter und s. BrinCkmann, 2010: Statistical assessments of anthro pogenic and natural global climate forcing. An update. Meteorolog. Z., Vol. 19, pp. 3 –10

Eine Gesamtschau der natürlichen und anthropogenen Einflüsse auf unser heutiges Klima gibt der IPCC-Bericht von 2007 (AR4). Ein Vergleich der Strahlungs-Antriebe zeigt, dass die anthropogenen Treibhausgasfreisetzungen die kühlenden Einflüsse sowie den natürlichen solaren Antrieb klar über-wiegen (Abb. SY 4.5). Deutlich erkennbar ist der dominierende Einfluss des Kohlendioxid auf die glo-bale Erwärmung.

SY 4.5 Die Komponenten des Strahlungsantriebs nach IPCC, AR4

In den letzten Jahren ist das Wissen über diese komplexen Zusammenhänge gewachsen und konnte durch Messungen und deutlich verbesserte Abschätzungen der globalen Stoffflüsse untersetzt werden. Das Global Carbon Projekt liefert ergänzend zu den schon länger betriebenen Bilanzierungen der globalen CO2-Quellen Abschätzungen der Leistung unserer CO2-Senken (Abb. SY 4.6). Die Senkenleis-tung der Geo-Biosphäre wird überwiegend durch die Wälder und deren Böden erbracht. Sie ist über längere Zeiträume betrachtet relativ gleichbleibend, schwankt aber erheblich in Abhängigkeit von der jährlichen Witterung sowie der Häufung von Schädlingskalamitäten und Bränden, da der Wald durch solche Ereignisse von der Senke zur Quelle wird. Die Senkenleistung der Hydrosphäre (Ozeane) geht langsam zurück, was mit der zunehmenden Versauerung der Weltmeere einhergeht. Dadurch dürfte sich der in der Atmosphäre verbleibende Anteil des freigesetzten CO2 von etwa 45 % (2008) weiter vergrößern. Der Einfluss des Menschen auf das Klima schließt also den Umgang mit Kohlenstoff-Senken und -Speichern (z. B. tropischer Regenwald) ein.Dabei ist die Trägheit des Klimasystems mit Reaktionszeiten von mehreren Jahrzehnten bis Jahr-hunderten zu beachten. Der in Gang gekommene globale Temperaturanstieg ist der Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert zuzuschreiben.

IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimafragen, auch Welt-klimarat. Wurde 1988 durch UNEP (United Nations Environment Programme) und WMO (World Meteorological Organization) eingerichtet, um über den aktuellen For-schungsstand auf dem Gebiet der Klima- und Klimafolgen-forschung zu berichten. Untergliedert sich in drei Arbeitsgruppen: AG I befasst sich mit den naturwissen-schaftlichen Aspekten des Klimasystems, AG II bewertet die Auswirkungen des Klimawandels für Natur und Gesellschaft und AG III konzentriert sich auf Strate gien, die resultierenden Probleme zu lösen. Im Jahr 2001 wurde der dritte (TAR) und 2007 der vierte Sachstands-Bericht (AR4) neben weiteren Sonderberichten vorgelegt.www.ipcc.chwww.unep.orgwww.wmo.int

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04 | SY 4 Einfluss des Menschen

SY 4.6 Globale CO2-Quellen und -Senken in Gt Kohlenstoff pro Jahr, www.globalcarbonproject.org/carbonbudget

Das ist seit Jahrzehnten erkannt und die Suche nach und die Versuche zur Umsetzung geeigneter Gegenstrategien seitdem im Gange.

Der Klimaschutz ist ein globales politisches Anliegen, dem sich die Vereinten Nationen seit Jahren stellen. Die Klimarahmenkonvention (bekannt alsKyoto-Protokoll) ist dafür der erste weitgehende Ansatz, obwohl er nicht von allen Ländern ratifiziert wurde. Ein Nachfolge-Abkommen wird langwie-rig verhandelt (…). www.unfccc.int

Ein sehr interessanter Ansatz für die Erzielung einer globalen Übereinkunft ist der vom Wissenschaft-lichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) vorgeschlagene Budget-ansatz, da er die historische Verantwortung der entwickelten Welt für den Klimawandel berücksichtigt und jedem Erdbürger ein vergleichbares Recht auf kurzfristig »preiswerten« Wohlstand zubilligt, welcher auf der Grundlage fossiler Energieträger zu Lasten des Globalklimas erzielt wird (Abb. SY 4.7).(WBGU-Sondergutachten: Kassensturz für den Weltklimavertrag – Der Budgetansatz, 2009, www.wbgu.de)

Unter dem Begriff Klimaschutz wird all-gemein die Neutralisierung des anthropo-genen Einflusses auf das Klima verstanden (mitunter auch der Schutz eines bestimm-ten Regionalklimas durch Bewahrung sei-ner prägenden Einflüsse wie Kaltluftströ-mungen, Beschattung, Verdunstung etc.).

Das Kyoto-Protokoll ist ein internatio-nales Abkommen zum Klimaschutz. Es schreibt verbindliche Ziele für die Verrin-gerung des Ausstoßes von Treibhausgasen fest. Es wurde 1997 im japanischen Kyoto verabschiedet und sieht vor, dass die Industrieländer ihre Emissionen bis zum Jahre 2012 um insgesamt 5,2 % unter das Niveau von 1990 senken. Es trat am 16. 2. 2005 in Kraft.

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Abb. 4.7 WBGU-Ansatz für die verbleibenden CO2-Emissions-Budgets pro Kopf als Szenario mit und ohne Emissionshandel nach Entwicklungsstand

Bekannte Strategien des Klimaschutzes sind der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger (Sonne, Wind, Biomasse, …) und die Steigerung der Energieeffizienz. Diese Strategien sind insbesonde-re in Europa durch zahlreiche Gesetze untersetzt. Zunehmend wird dabei dieSuffizienz betrachtet.

Ein rein ökonomisches Instrument zur Reduzierung der CO2-Emission ist der Emissionshandel. Durch ein sanktionsbewehrtes Handelssystem mit Zertifikaten (sog. Verschmutzungsrechte) wird erreicht, dass der pro Zeitabschnitt geplante Reduzierungserfolg dort erzielt wird, wo die Umsetzung am kostengünstigsten ist.

Neuere und teilweise wegen unüberschaubarer Nebenwirkungen umstrittene Ansätze des Klimaschut-zes sind Verfahren des Geoengineering wie z. B. die Verpressung von CO2 im Untergrund (CCS – Carbon Capture and Storage), Algendüngung im Ozean, Sonnenschilde, Ausbringung von Aerosolen in der Atmosphäre. Eher bewertbar sind Ansätze, die gezielt die Albedo erhöhen oder Senkenleistungen steigern (Wieder-aufforstung). Klimafarming setzt auf Biokohle als Kohlenstoffsenke und Bodenverbesserer. CO2-Re-cycling durch stoffliche Nutzung im industriellen Maßstab ist ein weiterer Ansatz.

Da die globale politische Verständigung in Verbindung mit sehr unterschiedlich entwickelten Wirt-schaftssystemen und Verantwortlichkeiten für den in Gang gekommenen Klimawandel äußerst schwierig und langwierig ist, wächst die Verantwortung des Einzelnen, der mit seinen persönlichen Wohn-, Mobilitäts-, Ernährungs- und Konsumgewohnheiten Einfluss nimmt.

Verbrauchertipps:www.saena.dewww.utopia.dewww.klima-sucht-schutz.dewww.verbraucherfuersklima.de

Weiterführende Links: www.klimaktiv.dewww.dwd.de/klimawandelwww.klima.sachsen.de

Suffizienz (auch Öko-Effizienz) bezeichnet im Sinne der Nachhaltigkeit die Beschrän-kung auf einen möglichst geringen Res-sourcenverbrauch als Ganzes. Das schließt Naturressourcen ein und verbindet damit den Effizienzgedanken stärker mit der Nutzung Erneuerbarer Energien.

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