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Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik Teil 8 Urindiagnostik Niere Prof. Dr. Ralf Lichtinghagen Medizinische Hochschule Hannover Klinische Chemie Tel.: 0511-5323940

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Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik

Teil 8Urindiagnostik

Niere

Prof. Dr. Ralf LichtinghagenMedizinische Hochschule Hannover

Klinische ChemieTel.: 0511-5323940

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Niere: Grundlagen

Feinbau:Glomerulum, proximaler Tubulus, Henlesche Schleife, distaler Tubulus, Sammelrohr.

Aufgaben der Niere:Kontroll- und AusscheideorganKonstanthaltung der BlutzusammensetzungKonstanthaltung des Blut-pH-WertesAufrechterhaltung der charakteristischen

ElektrolytzusammensetzungAusscheidung unter beträchtlicher

Konzentrierung:1. glomeruläre Filtration2. tubuläre Rückresorption3. tubuläre SekretionHormonbildung (Renin, Erythropoetin)

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Erkrankungen der Niere oft lange lange Zeit ohne typische Beschwerden,deshalb Nierenfunktionsstörungen und Niereninsuffizienz oft jahrelang unerkannt.Auffällige Zunahme von diabetischen Nephropathien

Kosten in Deutschland:300 Millionen € / Jahr(30.000 € / Patient)

Ursachen für dialysepflichtiges Nierenversagen in Europa 2000

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Labormedizinische Untersuchungen auf derBasis pathobiochemischer Erkenntnisse

Untersuchungen zur Früherkennung von Nierenerkrankungen im Frühstadium (Bessere Zugänglichkeit für Therapie)

Differenzierung verschiedener Formen von Nierenerkrankungen mit verschiedener Prognose

Therapieüberwachung

Verlaufskontrolle (einschließlich der Überwachung von Dialyse- undtransplantierten Patienten)

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Überwachung der Nierenfunktion zusätzlich bei folgenden Krankheiten

•Hypertonie•D. mellitus•Hyperurikämie, Gicht•Urolithiasis•Prostatahypertrophie•akute oder chronisch rezidivierende Infekte•TBC•chronische Anwendung potentiell nephrotoxischer Medikamente•Hyperparathyreoidismus•maligne Erkrankungen mit Nierenbeteiligung (z.B. Myelom)

sowie in der Schwangerschaft

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UrinstatusUrinstatus umfasst Makroskopische Harnbeurteilung

TeststreifenuntersuchungMikroskopische Sedimentuntersuchung

Makroskopische BeurteilungUrinmenge Beitrag zur Wasserbilanz des Körpers

Normal M 800 – 1600 ml / TagW 600 – 1600 ml / Tag

Polyurie > 2500 ml / TagOligurie < 400 ml / TagAnurie < 100 ml / Tag

Urinfarbe/Trübung Der frische Urin (Mittelstrahlurin) von Gesunden ist klar und strohgelbFarbabweichungen beachten (Hämoglobin, Bilirubin, Porphyrine, Medikamente, Nahrungsmittel).Bei jeder Trübung muss an pathologische Ursachengedacht werden. Trübungen nach längerem Stehenlassen meist ohne pathologische Bedeutung.

Uringeruch nach Ammoniak: bakterielle Zersetzung von Harnstoffnach Aceton: Ketonurie bei z.B. D. mellitus

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UrinstatusTeststreifenuntersuchungen

Urindichte Test auf Konzentrierleistung der Niere, abhängig von Flüssigkeitsaufnahme und Krankheiten wie: D. mellitus, D. insipidus, Hyperaldosteronismus.(besser: Osmolalität über Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung)

pH-Wert pH-Wert frischer Harnproben zwischen 4,5 und 7,5Nachweis mittels Gemisch von IndikatorfarbstoffenEinflussgrößen: Ernährung (vegetarisch-fleischhaltig)Diäten, Fieber, Harnwegsinfekte, Lagerdauer des Urins

Glucose Suchtest auf D. mellitus, renale Glucosurie

Ketonkörper Diabetes , Azidosen, Nachweis von Aceton und Acetoacetat

Bilirubin Hepatopathien, Differentialdiagnostik des Ikterus(Prähepatisch, hepatisch, posthepatisch)

Urobilinogen Hepatopathien, Differentialdiagnostik des Ikterus

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UrinstatusTeststreifenuntersuchungen II

Protein Wichtige Untersuchung zum Ausschluss von Nierenerkrankungen,erfasst Proteinurien > 200 mg/l, Albumin besser als Globuline erfasst, Bence-Jones-Proteine werden nicht erfasst,alkalischer pH-Wert kann bei positivem Protein negativen Befund verursachen.Proteindifferenzierung bei positivem Befund!

Nitrit Suchtest für Harnwegsinfekte durch nitritbildende Bakterien (z.B. E. coli). Negativ bei Bakterien, die kein Nitrit bilden und bei hoher Ascorbatkonzentration.

Hämoglobin Pseudoperoxidaseaktivität des Hämoglobins als Grundlage des Nachweises, Erythrozyten lysieren auf dem Testfeld und werden auch erfasst. Nachweis von Mikrohämaturie (Erythrozyturie, Hämoglobinurie) bei glomerulären Schäden, Tumoren der Niere und ableitenden Harnwege, Steinleiden.

Leukozyten Esteraseaktivität des (intrazellulären) granulozytären Enzyms wird erfasst. Suchtest auf Entzündungen im Bereich der Niere und ableitenden Harnwege.

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Urinstatus: SedimentIndiziert bei positiven Ergebnissen im Teststreifen.Besonders geeignet für eine Untersuchung ist der konzentrierte erste Morgenurin.

10 ml Urin mischen, 5 min bei 800 g zentrifugieren, Überstand dekantieren, Ein Tropfen der Suspension auf Objektträger.Betrachtung von 20 Gesichtsfeldern bei 400facher Vergrößerung.Organisierte Bestandteile: Erythrozyten, Leukozyten, Zylinder und andere Zellen.Nicht organisierte Bestandteile: Kristalle.

Herkunft:aus der Niere (renal)aus den Harnwegen (postrenal)aus Vagina, Prostata (nicht renal)

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Urinstatus: Sediment

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Proteinurie

Leitsymptom fast aller Nierenerkrankungen

Einfache Ergänzung der nephrologischen Diagnostik (Verlaufsbeobachtung, präventive Reihenuntersuchung)

Ursachen der Proteinurie sind renaler, prärenaler und postrenaler Genese

Niere ist, neben hereditären und erworbenen Erkrankungen,Manifestationsort vieler systemischer und generalisierter Prozesse

Renale Beteiligung nimmt oft entscheidenden Einfluss auf Prognose dieser Erkrankungen

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Proteinurie

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Renale Ursachen einer Proteinurie: Glomerulopathien

Glomerulonephritiden (Immunk.typ (postinf.), IgA-Nephritis, Antibasalmembrantyp)

erbliche Nephropathien (Zystennieren, α1-Antitrypsinmangel)

Kollagenosen (Lupus erythematodes, Sklerodemie)

Degenerative Erkrankungen (Sarkoidose, Wegeners Granulomatose)

Nierenstauung (Rechtsherzinsuffizienz, Nierenvenenthrombose)

Diabetische Nephropathie, Schwangerschaftnephropathie,EPH-Gestose, Amyloidose

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Renale Ursachen einer Proteinurie: Tubulopathien

Erbliche Tubulopathie (Fanconi-Syndrom, Renal-tubuläre Azidose)

Interstitielle Nephritis (viral (Hantavirus), bakteriell (Pyelonephritis),

allergisch (Medikamente))

Toxische Tubulopathie (chronisch-kumulativ (Analgetika), akut (Aminoglykoside ))

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Prä- und postrenale Ursachen einer Proteinurie

Prärenal Postrenal

Immunglobulinleichtketten- Harnwegsinfekte

AusscheidungTumoren (Niere, Blase, Prostata)

Intravasale HämolyseSteinleiden

RhabdomyolyseVerletzungen

Münchhausensyndrom

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Proteinurieformen Größen Ausscheidung[kDa] g/24h

Selektive glomeruläre Proteinurie 50-70 0,03-0,3

Nicht selektive glom. Proteinurie 50->150 1,5-20

Tubuläre Proteinurie 10-70 0,15-1,5

Mischproteinurie 10->150 0,15-20

Prärenale Proteinurie 0,1-50

Postrenale Proteinurie variabel

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Prognose

Qualität der Filtration (neben Menge) von diagnostischer BedeutungKationische Moleküle passieren eher glomer. Basalmembran.Verminderung der ionischen Komponente: selektive glomeruläre ProteinurieZusätzlich Strukturveränderungen durch entzündliche oderimmunologische Faktoren: Verlust der Porengrößenselektivität

(unselektive glomeruläre Proteinurie)

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Differentialdiagnostik einer Proteinurie

Teststreifen Screening auf Proteinurie bei asympotischen Patienten, gleichzeitig Erfassung von Leukozytenesterase sowie Hämoglobin und Myoglobin

Gesamtprotein Quantifizierung und Verlaufsbeurteilung bekannter Proteinurie, Grobeinteilung von Typ und Schweregrad einer Nephropathie Aufdeckung einer Bence-Jones-Proteinurie (vgl. Teststreifen).

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Differentialdiagnostik der Proteinurie(wichtige Markerproteine)

Albumin (64 kD, Marker einer glomerulären Proteinurie)

Nachweis einer Mikroalbuminurie (20-200 mg/l, M 30-300 mg/g Kreatinin

30-300 mg/24h, W 20-200 mg/g Kreatinin

IgG (145 kD, Beurteilung der Selektivität einer glomerulären Proteinurie)

α1-Mikroglobulin (31 kD, Marker einer tubulären Proteinurie, Resorptionskapazität)

N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase (β-NAG) (akuter Schädigungsgrad proximaler(Tubulusenzym) Tubuluszellen)

α2-Makroglobulin (720 kD, Differenzierung renaler/postrenaler Hämaturien)

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Urinproteindiffenzierung mittels Elektrophorese

Zelluloseacetat-Folie

Trennung der Proteine primär nach Ladung oder Größe

SDS-PAGE besser geeignet für Differenzierung der Proteinurie

Problem:Quantifizierbarkeit und Objektivität der Aussage

Albumin

SDS-PAGE

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1 2 3

66 kDa,Albumin

45 kDa,Ovalbumin

30 kDa,Carbonic Anhydrase

97 kDa,Phophoryl. B

Urin von Patientin.,verdünnt (1)

Molekulargewichts-marker, (2)

Vergleichsurin (3)B.J.-Proteinurie

1 2 3 4 5Kontrollserum (1, 5)

Marker, Ovalbumin (a) und Lysozym (b) (2)

Urin von Patientin.,verdünnt und unverdünnt (3, 4)

(b)

(a)

Patientin, 27 Jahre(in Behandlung wegen V. a. SLE mit Nierenbeteiligung)

Weitere Befunde: Vaskulitis, Mikrohämaturie, blutiger Stuhl, Serologie: AK-negativ

V. a. Münchhausen-Syndrom

Befunde: (Serum-Werte,Serum-E‘pho unauffällig)

U-Protein [g/l] 5,03U-Albumin [g/l] 0.025U-Transferrin [g/l] <0.002U-IgG [g/l] 0.005U-α1-Mikroglobulin[g/l] 0.007

E‘pho auf Celluloseacetatmembran

SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese

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Wann ist welcher Marker erhöht?

Albumin: Bei glomerulärer Filtrationsstörung

α1-Mikroglobulin: Bei tubulärer Resorptionsstörung

Aber auch bei Einschränkung der tubulären Rückresorption vermehrt im Harn ausgeschieden

Erhöhte Urinkonzentrationen auch bei glomerulärerProteinurie (>100facher Anstieg der Albuminurie)ohne histopathol. Veränderungen des Interstitiums(Überlastung der Resorptionskapazität der Tubuli)

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Vergleich von Albumin- und α1-Mikroglobulin-Ausscheidungsmustern

Nephropathien

Glomerulopathien,primär

Glomerulopathien,sekundär

Dysfunktionskollektiv

Exponentialfunktion

Logarithmische Funktion

http://wilas.zait.uni-bremen.de/upes/upes_info.htm

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Festlegung der Bereiche

3

1

Glomerulopathie (1)

Glomerulopathie mit tubulo-interstitiellerBeteiligung (2)

Tubulo-interstitiellerNephropathie (3)

Auswertung inkl. Diagnosestellung im Idealfall mittels ExpertensystemHofmann et al. Lab.med.1993; 17:502

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Selektivität der glomerulären Proteinurie

IgG/Albumin

Selektiv <0,03Nicht-selektiv >0,03

Gültig für eine Albuminurie > 500 mg/g Kreatinin

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Entscheidungskriterien zur Leukozyturiedifferenzierung

Leukozytenesterase: positiv

Gesamtprotein: normalAlbumin: normalα1-Mikroglobulin: normal

Leukozytenesterase: positiv

Gesamtprotein: normalAlbumin: 30-100 mg/g Krea.α1-Mikroglobulin: normal

Leukozytenesterase: positiv

Gesamtprotein: >150 mg/g Krea.Albumin: >100 mg/g Krea.α1-Mikroglobulin: >14 mg/g Krea.

Postrenale EntzündungKein Hinweis auf Störung der glomerulärenund tubulären Proteinreabsorption.Klinisch relevante Nierenparenchymerkrankung mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.

Urineiweißdifferenzierung nach Abklingen derLeukozyturie wiederholen.Auch Entzündungen der ableitenden Harnwegekönnen mit geringen Albumin- und/oderIgG-Erhöhungen einhergehen.

Zur Abschätzung des Ausmaßes der renalenBeteiligung bei Entzündungen im Bereichder ableitenden HarnwegeUrineiweißdifferenzierung nach Abklingen der Leukozyturie wiederholen.

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Ursachen der Hämaturie

Mikrohämaturie (mikroskopisch)

Makrohämaturie (roter Urin)

Prärenal: Hämolyse

Renal: EntzündungenTumore, Steine, Nieren-Parenchymschaden

Postrenal: Steine, Tumore, Entzündungen

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Entscheidungskriterien zur Hämaturiedifferenzierung

1 2 3

IgG/Albumin >0,2 <0,2 >0,2α2-Makrogl./Albumin >0,02 <0,02 <0,02α1-Mikrogl./Albumin <1,0 <1,0 >1,0

Für U-Albumin > 100 mg/l

1 Mit großer Wahrscheinlichkeit postrenale Hämaturie, Kontrolle nach Abklingen

2 Mit großer Wahrscheinlichkeit renale (glom.) Hämaturie,zusätzliche postrenale Blutbeimengung nicht ausgeschlossen(zusätzl. Proteinurie bewerten)

3 Mit großer Wahrscheinlichkeit renale (tubulo-interstit.) Hämaturie,zusätzliche postrenale Blutbeimengung nicht ausgeschlossen(zusätzl. Proteinurie bewerten)

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Differenzierung einer Bence-Jones-Proteinurie

Albumin + α1-Mikrogl. + Transferrin + IgG

Gesamtprotein

Cut off: 0,69

Sensitivität: 100%Spezifität: 76,8%

Immunfixation: Kappa/Lambda

Sensitivität: 100%Spezifität: 98,6%

SDS-PAGE:

Sensitivität: 67,5%Spezifität: 100%

Boege et al. J Clin Chem Clin Biochem 1990; 28:37-42

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Mikroalbuminurie

Urinausscheidung von Albumin in einer Konzentration von 20 – 200 µg/lFrüher und sensitiver Nachweis einer diabetischen Nephropathie

Bestimmung

Semiquantitativ: Albuminteststreifen

Quantitativ: 24-Std.-Urin

Ref.bereich:12 – 19 mg / 24 Std.

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Messung der Konzentration von glomerulär filtrierten Substanzen im Blut: Aussagen über glom. Filtration, nicht über Art der Nierenerkrankung

Entsteht im Muskelgewebe aus Kreatin (Energiespeichersubstanz)Höhere Werte mit zunehmender Muskelmasse, Abnahme im Alter(Muskelzerfall (Myopathie): Anstieg des S-Kreatinins)

Bestimmung entweder photometrisch mit Pikrinsäure (Jaffé-Reaktion) oder enzymatisch (höhere Spezifität, keine Reaktion mit Pseudo-Kreatininen)

Kreatinin orangefarbene VerbindungenPseudokreatinine

Kreatinin

Funktionsdiagnostik

Pikrinsäure, OH-

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Referenzintervall:(enzymatisch)Serum bis 6J. 21 - 53 µmol/l Urin: 0,07-0,14 mmol/ (kg x d)2

6-12 40 - 60 µmol/l 0,07-0,18 mmol/ (kg x d)2

M 59 – 104 µmol/l 9,0-14,0 mmol/dW 45 – 84 µmol/l 9,0-14,0 mmol/d

Anstiege (renal bedingt): akutes Nierenversagenchronische NiereninsuffizienzHerz-Kreislauf-Insuffizienzpostrenale harnwegsobstruktionZytostatika-, Aminoglykosidtherapie

(prärenal bedingt): MuskeltraumenVerbrennungenMuskeldystrophieBodybuilding,

Funktionsdiagnostik

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Konstitution des Patienten sollte einbezogen werden(Extremfälle: Bodybuilder vs. muskelarmer altersschwacher Patient)

Kreatinin-Anstieg im Serum erst bei einer Reduktion der GFR unter 50%

Zunehmende Serumkonzentration bei eingeschränkter Nierenfunktion führt zu Überschätzung der GFR: glomeruläre Filtration + tubuläre Sekretion + Ausscheidung über Darmschleimhaut (linear bis etwa 20 ml/min).

Kreatinin: Diagnostische Wertigkeit

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•Quantitativ wichtigstes Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels•in der Leber gebildet•glomerulär filtriert, zum großen Teil tubulär rückresorbiert•Ausscheidung ist von Diurese abhängig (im Gegensatz zu Kreatinin)•Enzym. Nachweis (Urease-Methode) Ref.bereich: 3,3-6,7 mmol/l•Üblicherweise Bestimmung zusammen mit Kreatinin

Weitere Faktoren, die [S-Harnstoff] beeinflussen:•Eiweißreiche Kost•Katabole Stoffwechsellage (z.B. bei Fieber)•Mangelnde Flüssigkeitszufuhr•Oligurie S-Harnstoff steigt

•Eiweissarme Ernährung•Vermehrte Flüssigkeitsausscheidung im Urin•fortgeschrittene Lebererkrankung (Synthese) S-Harnstoff sinkt

S-Harnstoff >30 mmol/l: in der Regel nur renale Ursache

Funktionsdiagnostik: Harnstoff

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Funktionsdiagnostik: Renale ClearancePlasmavolumen in ml, das durch Harnbildung durch die Niere pro Minute von einer Substanz befreit wird.•exogen: Inulin•endogen: Kreatinin

•Kreatininclearance zur Beurteilung der glomerulären Filtration•Überprüfung der Nierenfunktion•Verlaufskontrolle bei Nierenerkrankungen•Überwachung nephrotoxischer Pharmaka

U-Kreatinin x U-Volumen (ml) x 1000 x 1,73C = ---------------------------------------------------------- ml/min

S-Kreatinin x Sammeldauer (min) x KOF (m2)

Referenzbereich: 80-170 ml/minKOF= 0,1672[KGW (kg) x KGR (m)]1/2

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Funktionsdiagnostik: Cystatin C

•neuere Messgröße zur Abschätzung der GFR•kleinmolekularer Proteinaseinhibitor (13,4 kD)•in konstanter Menge im Blut•Konzentration im Blut hauptsächlich durch GFR bestimmt

Ref.bereich: Erwachsene <1,3 mg/l

Vorteile:•keine ausgeprägte Alters- und Geschlechtsabhängigkeit•keine Abhängigkeit von extrarenalen Faktoren (Muskelmasse)•Anstiege auch im kreatininblinden Bereich•deshalb direkte Abschätzung der Clearance möglich :

C (ml/min) = 74,8 / Cystatin C 1/0,75

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Funktionsdiagnostik: Cystatin C

InulinInulin clearanceclearance (mL/min/1.73m(mL/min/1.73m22))

N L

atex

Cys

tatin

C (m

g/L)

N L

atex

Cys

tatin

C (m

g/L)

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250

6

5

2

4

3

0

1

Paediatric patients (1-16 years)n = 42y = 18.3275 x -0.6762

Pearson r2 = 0.7480

Adult patients (<50 years)n = 94y = 26.6319 x -0.7651

Pearson r2 = 0.8234

Elderly patients (>50 years)n = 72y = 26.0710 x -0.7569

Pearson r2 = 0.7765

GFR =est.74.83

Cys C 1/0.75

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Ausschluss einer Nierenerkrankung

Serum: KreatininCystatin C

Urin: HämoglobinLeukozytenesteraseGesamtproteinAlbuminα1-Mikroglobulin

Normalbefundunauffällig

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Befundbeispiel

Patient, 30 J, seit einigen Tagen schmerzhafte häufige Blasenentleerungen. Ständiger Harndrang (Pollakisurie) sowie erschwerte Miktion (Dysurie). Kein Fieber, BSG nicht erhöht .

Cystitis

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Befundbeispiel

Patient, 38 J, Seit einer Woche Pollakisurie und Brennen bei der Miktion.Seit zwei Tagen hohes Fieber, teils kolikartige Schmerzen im Rücken. Rechtes Nierenlager klopfempfindlich.

Pyelonephritis

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Befundbeispiel

Patient, 38 J, Eine Woche nach einer Angina tonsilliaris plötzlich unbe-stimmte Schmerzen in der Nierengegend mit heftigen Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Der Patient bemerkte eine leichte rötlich-braune Verfärbung des Urins sowie Lidödeme.

Glomerulonephritis