Kluge Köpfe + goldene Hände...(Ziegler & Perleth, 1997) 6 Messung berufliche Begabung...

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Kluge Köpfe & goldene Hände Überdurchschnittlich begabte Auszubildende in der beruflichen Grundbildung Michael Niederhauser, Departement Erziehungswissenschaften Gemeinsame Tagung LISSA-Preis und Netzwerk Begabungsförderung Begabungen fördern und Interessen stärken auf der Sekundarstufe II 7. November 2009, Baden-Dättwil

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Kluge Köpfe&

goldene HändeÜberdurchschnittlich begabte Auszubildende in der beruflichen Grundbildung

Michael Niederhauser, Departement Erziehungswissenschaften

Gemeinsame Tagung LISSA-Preis und Netzwerk Begabungsförderung

Begabungen fördern und Interessen stärken auf der Sekundarstufe II

7. November 2009, Baden-Dättwil

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Forschungsprojekt

“Hochbegabt und ‚nur‘ Lehrling?“� 1. April 2004 - 31. Dezember 2006

�Projektverlängerung

“Begabung und Leistungsexzellenz in der Berufsbildung“� 1. Januar 2007 - 31. Dezember 2008

Finanzierung� Berufsbildungsforschung des BBT

Projektleitung� Prof. Dr. Margrit Stamm, Universität Fribourg

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Übersicht

� Aktualität� Begriffe & Arbeitsmodell� Forschungsdesign & Projektablauf� Ergebnisse

� Schullaufbahn, Soz. Dem., Persönlichkeitsmerkmale� begabte Frauen und Männer� betriebliche Förderung� betriebliche Leistungen

� Begabte Auszubildende → exzellente Leistungen?� Exzellente Leistungen → begabte Auszubildende?

� Zusammenfassung & Fazit

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Forschungsinteresse

Forschungslücke� Schweizer Berufsbildungsforschung: keine Studien� International: wenig Fachpublikationen

� «Begabtenförderung Berufliche Bildung», Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)

� «Leistungsstarke Auszubildende nachhaltig fördern (LAnf)»,Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

� Fehlen demnächst der Berufsbildung die guten Auszubildenden?

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Konzeption berufliche Begabung

Berufliche Begabung als Leistung� (Förderwürdige) Potentiale werden nicht erfasst

� ‚Underachiever‘ nicht eingeschlossen

Berufliche Begabung als Disposition� mehrdimensionale Komponentenmodelle� allgemeine & spezifische Leistungsdispositionen können

in Kombination mit günstigen Persönlichkeitsmerkmalen und sozialen Faktoren in exzellente Leistungen umgesetzt werden.

� allgemein vs. bereichsspezifisch

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Münchner Begabungs-Prozess-Modell

Personinterne (Begabungs-)

Faktoren

Perzeptuelle Leistungsdispositionen

Kognitive Leistungsdispositionen

Bereichsspezifisches Vorwissen

Motorische Leistungsdispositionen

Umweltmerkmale

Betriebsklima

Anspruchsniveau

Anerkennung der Leistung

Verfügbarkeit von Weiterbildungsangeboten

etc.

Personmerkmale

Umgang mit Erfolg/Misserfolg

Leistungsmotivation

Stressbewältigung

Arbeits-/Lernstrategien

Kontrollüberzeugungen

etc.

Aussergewöhnliche

Leistungen

Routine/Effektivität

Erfindungen

Verhandlungserfolg

Verbesserungsideen

Mitarbeiterführung

etc.

Aktiver

Lernprozess

Zunehm

ender

Exper

tisi

erungsg

rad

(Ziegler & Perleth, 1997)

6

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Messung berufliche Begabung

� traditionelle, auf allgemeine Intelligenz abzielende Konzepte (IQ-Tests) sind nicht in der Lage das Konzept beruflicher Begabungsfaktoren abzubilden.

� L-P-S (Horn, 1983) & TdV2 (Skawran, 1965) messen:� praktische Intelligenz� Denkfähigkeit (allg. Intelligenz; „Reasoning“ bei Raven)� anschauungsgebundene Intelligenz� Wahrnehmungstempo, Augenmass� genaues Arbeiten, Handfertigkeit

�kulturfrei

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Forschungsdesign

� L-P-S Tests an 21 Berufsschulen (N≈2700)

� Längsschnittstudie, Fremdbeurteilung betriebliche Leistungen durch Ausbildende, schriftliche Befragungen

Beginn Berufslehre Ende

Screening I

Pretest

LPS & T-dV2

Screening II

Zusammenstellung Talentpool (n=196) & Vergleichsgruppe (n=134)

Leistungsdaten I

Leistungsdaten II Leistungsdaten III

Tagung Talentförderung

Leistungsdaten IV

Workshop mit GruppendiskussionBZ Uzwil

2004 2005 2006 2007 2008

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Verteilung L-P-S & Berufsfelder

9

Berufskategorien

75 100 125 150 175 200 225 Gesamtpunkte

Übrige (N=32)

Verkauf/Detailhandel (N=138)

Technische Berufe (N=309)

Produktionsberufe (übrige) (N=72)

Organisation/Verwaltung (N=716)

Nahrungsmittel/ Getränke (N=32)

Metall - / Maschinenindustrie (N=487)

Körperpflege (N=44)

Information und Kommunikation

(ITC) (N=174)

Holzverarbeitung (N=196)

Heilbehandlung/Sozialberufe/

SRK - Berufe (N=185)

Gastgewerbe/Hauswirtschaft (N=174)

Baugewerbe/Malerei (N=150 )

Cut-offs Screening I (203 P.)

und II (194 P.)

Berufsfelder

�TP (n=196): 7.2%; 19 Personen (0.7%) mit ≈IQ ≤ 130

Ver

gle

ich

sgru

pp

e V

G(n

=18

9)

Tal

entp

oo

l TP

(n

=19

6)

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Alter

� Durchschnittsalter 2004: TP=16.21, VG=16.50 Jahre� F=6.51, p=.01

10

Talentpool (TP) und Vergleichsgruppe (VG)

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

1984 1985 1986 1987 1988 1989

TP

VG

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Einschulung & Klassenrepetition

Chi2=.06, p=.81

Frühzeitige Einschulung

11

Talentpool

93%

7%

nein

ja

Vergleichsgruppe

93%

7%

nein

ja

Klassenrepetition

Chi2=12.4, p=.00

Talentpool8%

92%

nein

ja

Vergleichsgruppe

21%

79%

nein

ja

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Schulabschluss

12

Talentpool (TP) und Vergleichsgruppe (VG)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

andere Schule

Realschule

Sekundarschule

Bezirkschule

(Pro)Gymnasium

VG

TP

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Ausbildung Vater

13

Talentpool (TP) und Vergleichsgruppe (VG)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

weiss nicht / keine Antwort

andere Ausbildung

obligatorische Schule

Berufsausbildung

Allgemeinbildende Schule

Höhere Berufsausbildung

Fachhochschule

Universität, Hochschule

VG

TP

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Schulische & soziale Herkunft, Persönlichkeitsprofile: Zwischenfazit

Überdurchschnittlich begabte Auszubildende…

� gibt es in allen Berufsfeldern,� haben weniger häufig die Klasse repetiert und sind

jünger als durchschnittlich Begabte, � kommen aus anforderungsmittleren Schulniveaus

(Sekundarschule),� stammen vorwiegend aus Angestellten- und

Arbeitermilieus sowie aus vergleichsweise grossen Familien,

� und unterscheiden sich im Persönlichkeitsprofil kaum von durchschnittlich Begabten.

14

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Begabte Frauen & Männer (TP) I

Petra (17)

� Sekundarschule

� Beruf: Schreinerin

� überdurchschnittlich begabt

15

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Begabte Frauen & Männer (TP) II

� 49% (93) Frauen, 51% (98) Männer

16

Berufsfelder (TP)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

Übrige Berufe

Künstlerische Berufe

Sozialberufe/SRK-Berufe

Gastgewerbe/Hauswirtschaft

Verkauf/Detailhandel

Information und Kommunikation

Organisation/Verwaltung

Produktion/Textil-/Uhrenindustrie

Technische Berufe

Metall-/Maschinenindustrie

Baugewerbe/Malerei/Holzverarbeitung

Frauen

Männer

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Begabte Frauen & Männer (TP) III

17

Schulabschluss (TP)

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

andere Schule

Realschule

Sekundarschule

Bezirkschule

(Pro)Gymnasium

Frauen

Männer

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Begabte Frauen & Männer (TP) IV

Stressbelastung (Skala mit Wertebereich 1-3)

18

Berufsschule

1

2

3

Frauen

Männer

1. Hälfte 2. Hälfte

F=14.12, p=.00 F=6.83, p=.01

Lehrbetrieb

1

2

3

Frauen

Männer

1. Hälfte 2. Hälfte

F=13.56, p=.00 F=.05, p=.83

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Begabte Frauen & Männer (TP): Zwischenfazit

Überdurchschnittlich begabte Auszubildende…� wählen ihre Ausbildungsberufe geschlechtsspezifisch

Überdurchschnittlich begabte Frauen…� haben weniger Selbstvertrauen & Stressresistenz,� mehr Misserfolgsangst,� und zeigen zu Beginn der Ausbildung tendenziell

mehr Leistungsmotivationals überdurchschnittlich begabte Männer.

19

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Wichtigkeit Talentförderung

� Auszubildende & Ausbildende: Talentförderung wichtig!

Wichtigkeit Talentförderung Auszubildende

13%

17%

48%

39%

34%

42%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Vergleichsgruppe

Talentpoolnicht wichtig

eher nicht wichtig

weder noch

eher wichtig

wichtig

Wichtigkeit Talentförderung Ausbildende

30%

31%

68%

66%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Vergleichsgruppe

Talentpoolnicht wichtig

eher nicht wichtig

weder noch

eher wichtig

wichtig

20

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Wer soll gefördert werden? I

Leistungsschwache, damit sich ihre Leistungen verbessern?

Leistungsstarke, um ihr Potential bestmöglich zu nutzen?

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Wer soll gefördert werden? II

� Defizitorientierung überwiegt: Schwerpunkt auf Unterstützung von leistungsschwachenAuszubildenden zuungunsten der Förderung von Talenten!

Budget (100%) zur Unterstützung von Berufslernenden aufteilen auf:

- die Förderung von talentierten Auszubildendenund

- die Unterstützung von leistungsschwachen Auszubildenden

%-Satz für talentierte Auszubildende:

47%

51%

37%

33%

17%

17%

0% 20% 40% 60% 80% 100%

Ausbildner/innen Vergleichsgruppe

Ausbildner/innen Talentpool

0% - 40% 41% -50% 51% - 100%

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Feststellung Potential

� „Um Begabungen zu eruieren sind Zeugnisse der obligatorischen Schule nicht viel wert. Jedes System hat Ausreisser, darum sollte bei der Wahl förderungswürdiger Lehrlinge eine Kombination aus ausserschulischen Tests und guten Schulnoten stattfinden.“

� „In kleinen Betrieben fehlt der Vergleich zu anderen Lernenden. Dieser Vergleich liefert wertvolle Hinweise über die berufliche Begabung der Lernenden.“

� „Die Selbstreflexion muss angeregt und gefördert werden, sowohl bei Vorgesetzten als auch den Jugendlichen selbst. Die Jugendlichen müssen wissen,was ihre Stärken sind.“

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Fördermassnahmen Betrieb I

Akzeleration „Beschleunigung“� „Darf im Gegensatz zu anderen Lehrlinge bereits

eigenständig Geschäftsbriefe schreiben“ (Marina).Enrichment „Bereicherung“� „Profitiere von zusätzlichem Lernstoff und kann dadurch

ein breites Wissen aufbauen“ (Peter)Externe Kurse� „Lerne in einem Kurs PowerPoint kennen“ (Patrick)Spezielle Fördergruppen� „Kann im Betrieb zusammen mit anderen besonders

guten Lehrlingen ein eigenständiges Projekt verwirklichen“ (Lena).

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Fördermassnahmen Betrieb II

Förderung 1. Lehrjahr

� Fördermassnahmen werden eher selten (40 %), recht zufällig und wenig gezielt eingesetzt.

Förderung 3. Lehrjahr

25

Angewandte Fördertechniken t3

8%

43%

25%

83%

4%

46%

30%

79%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90%

spezielle Fördergruppen

betriebsexterne Förderung

Akzeleration

Enrichment

Talentpool

Vergleichsgruppe

(Mehrfachnennungen)

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Förderung: Herausforderungen

� „Es gibt mehr zu tun, wenn man leistungsstarke Lernende fördern möchte. Für die Schwachen kann man aus dem Fundus Material bereitstellen. Für die Leistungsstarken muss man zusätzliches Material erarbeiten.“

� „KMU haben Mühe, besondere Fördermassnahmen umzusetzen. Individuelle Förderung und die Erarbeitung von speziellen Projekten sind fast nicht möglich. Es besteht die Gefahr, dass Betriebe begabte Lernende oder solche mit besonderen Bedürfnissen nicht einstellen.“

� „Es gibt viele Förderkurse für Begabte. Aber die Betriebe wissen nichts davon und nutzen entsprechende Angebote nicht. Deshalb müssen diese Angebote bekannt gemacht werden.“

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Berufsmaturität

Chi2=4.47, p=.03

2. Lehrjahr

27

3. Lehrjahr

Chi2=6.47, p=.01

Talentpool

37%

63%

nein

ja

Vergleichsgruppe

22%

78%

nein

ja

Talentpool

35%

65%

nein

ja

Vergleichsgruppe

17%

83%

nein

ja

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Förderung: Zwischenfazit

� Talentförderung wichtiges Anliegen.� aber: Defizitorientierung dominant.

� Rund 90% der talentierten Auszubildenden werden im dritten Lehrjahr gefördert.� Enrichment (Bereicherung) am häufigsten

angewandte Fördermassnahme.� Förderung mehrheitlich punktuell, eher selten auf

spezielle Konzepte gestützt.� Förderung über spezielle Fördergruppen selten und

zu wenig bekannt!

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Messung betriebliche Leistung

� Münchner Begabungs-Prozess-Modell� Erhebungsinstrument in Anlehnung an Ripper &

Weissschuh (1999); Maag Merki (2001):

� Routine/Effektivität� …zur Lösung einer Aufgabe die Hilfsmittel

gezielt einzusetzen? � …eine Aufgabe selbstständig anzugehen? � ...mit Einsatz eine Arbeit zu Ende zu bringen?

� Kommunikation� Probleme lösen� Innovation� Soziale Kompetenz� Vorgabeneinhaltung

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Skala: 1-5

1: übertrifft Anforderungen selten

5: übertrifft Anforderungen meistens

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Betriebliche Leistung: TP vs. VG

� Konvergenz am Ende der Ausbildung!

3.0

3.2

3.4

3.6

3.8

4.0

t1 t2 t3

Erhebungszeitpunkte

Ska

la ’L

eist

un

gse

xzel

len

z to

tal’

(Wer

teb

erei

ch 1

-5)

Talentpool

Vergleichsgruppe

2005200520062006

20072007

t=2.25p=.03

t=2.25p=.03

t=2.08p=.04

t=2.08p=.04

t=-.71p=.48

t=-.71p=.48

30

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Betriebliche Leistung: begabte Frauen und Männer (TP)

3.0

3.2

3.4

3.6

3.8

4.0

t1 t2 t3

Erhebungszeitpunkte

Ska

la ’L

eist

un

gse

xzel

len

z to

tal’

(Wer

teb

erei

ch 1

-5)

Frauen (TP) N=52

Männer (TP) N=45

2005200520062006

20072007

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Leistungsentwicklung TP:Wie interpretieren?

� Der Talentpool kann sein Potenzial nicht voll ausnutzen.

Warum?

� Haben Betriebe feste Leistungsobergrenzen?

� Werden keine individuellen Standards gesetzt?

� Wird das Potenzial des Talentpools nicht erkannt?

� Ist das Potenzial des Talentpools nicht relevant für exzellente Leistung im Betrieb?

� etc.

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Hochleistende Auszubildende (HL) IDefinition� Ende Ausbildung (3. Lehrjahr) 1 Standardabweichung (s) über

dem Mittel aller Auszubildenden (Leistung total: M=3.66; s=.63) d.h. > 4.29.

33

3.0

3.2

3.4

3.6

3.8

4.0

4.2

4.4

4.6

4.8

5.0

t1 t2 t3

Erhebungszeitpunkte

Ska

la ’L

eist

un

gse

xzel

len

z to

tal’

(Wer

teb

erei

ch 1

-5)

HL (t3) N=26

DL (t3) N=70

2005200520062006

20072007

t=3.26p=.00

t=3.26p=.00

t=5.77p=.00

t=5.77p=.00

t=-19.70p=.00

t=-19.70p=.00

t1 t2 t3

Erhebungszeitpunkte

1s

Malle

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Hochleistende Auszubildende (HL) II

Am Ende der Ausbildung leistungsstarke Auszubildende (N=26)…

� entstammen aus diversen Berufsfeldern,� unterscheiden sich in kognitiven Fähigkeiten nicht

vom Durchschnitt (durchschnittliche Begabung),� gingen bei vergleichbar guten Noten tendenziell

etwas weniger gerne zur obligatorischen Schule,� sind motiviert und stressresistent,� arbeiten in Betrieben mit gutem Arbeitsklima und

Förderumfeld,� und werden signifikant häufiger in speziellen

Fördergruppen gefördert.

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‚Underachiever‘ / ‚Minderleister‘ I

� Martin (17)� IQ > 130

� Mutter unterstützte Martin stark in der Schule

� sehr guter Schüler in Primarschule & zu Beginn Progymnasium

� Wechsel von Progymnasium in Sekundarschule wegen schlechten Schulleistungen

� Schulwechsel (Probleme mit Lehrpersonen)

� suchte selbständig KV-Lehrstelle

� motiviert, schulisch & betrieblich leistungsstark

� Berufslehre als 2. Chance!

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‚Underachiever‘ / ‚Minderleister‘ II

Definition

� überdurchschnittliches Begabungsprofil und unterdurchschnittliche Leistungen in der obligatorischen Schule

� Berufsausbildung als 2. Chance?

Operationalisierung

� Talentpool

� Deutsch- & Mathe-Note der obligat. Schule < 4-5

� 39 Personen (21 männlich, 17 weiblich)

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3.00

3.20

3.40

3.60

3.80

4.00

t1 t2 t3

Messzeitpunkte

Ska

la L

eist

un

g to

tal (

ran

ge

1-5)

underachieverN=20

DL N=70

� ‚Underachiever‘ können 2. Chance nur bedingt nutzen.

‚Underachiever‘ /‚Minderleister‘ III

37

2005200520062006

20072007

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Einschränkungen

� Fallzahl (N)

�begrenzte Möglichkeiten zur Differenzierung

� z.B. berufsspezifisch

� Selektivität des Sample:

� freiwillige Teilnahme

� Auszubildende & Ausbildende

�Drop-out (Panelmortalität):

� überdurchschnittlich begabte & weiblicheAuszubildende etwas stärker gewillt an gesamter Untersuchung teilzunehmen.

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Fazit & Schlussfolgerungen

� ~7% Auszubildende überdurchschnittlich begabt� in allen Berufsfeldern vertreten

� unterscheiden sich kaum von der Norm, mehrheitlich aus Angestellten- & Arbeitermilieus

� spezifische Förderung selten (z.B. Fördergruppen)�Informationsbedarf

� Konvergenz der Leistungen am Ende�Motivation, Leistungswille, Zuverlässigkeit

(‚Sekundärtugenden‘) schlagen Intelligenz!� Begabung ⇒⇒⇒⇒ Leistung!!!

� Berufliche Begabung muss gezielt und spezifisch gefördert & Leistung entwickelt werden!�spezifische Förderangebote sind gefragt!

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Literatur

� HORN, W. (1983). Das Leistungsprüfsystem (L-P-S.). Göttingen: Hogrefe.

� MAAG MERKI, K. (2001). Evaluation Mittelschulen -Überfachliche Kompetenzen. Schluss-bericht der ersten Erhebung 2001. Zürich: Bildungsdirektion.

� RIPPER, J. & WEISSCHUH, B. (1999). Ausbildung im Dialog. Das ganzheitliche Beurtei-lungsverfahren für die betriebliche Berufsausbildung. Stuttgart: Daimler Chrysler AG.

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Page 41: Kluge Köpfe + goldene Hände...(Ziegler & Perleth, 1997) 6 Messung berufliche Begabung traditionelle, auf allgemeine Intelligenz abzielende Konzepte (IQ-Tests) sind nicht in der Lage

Literatur zum Projekt

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� STAMM, M., & NIEDERHAUSER, M. (2008). Leistungsexzellenz in der beruflichen Ausbildung. Theoretische Überlegungen und empirische Befunde zu einer Schweizer Längsschnittstudie. Empirische Pädagogik, 22, 4, 552-568.

� STAMM, M., MÜLLER, R., & NIEDERHAUSER, M. (2009). Begabung und Leistungsexzellenz in der Berufsbildung. Eine empirische Studie zu den Ausbildungsverläufen besonders befähigter Jugendlicher im Schweizer Berufsbildungssystem (Schlussbericht zuhanden der Berufsbildungsforschung des BBT). Fribourg, Schweiz: Universität Fribourg, Departement Erziehungswissenschaften.

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