Kolloquium Bilingualer Unterricht 9. Januar 2013 Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens E. Thürmann...

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Kolloquium „Bilingualer Unterricht“ 9. Januar 2013 Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013 Stand der Dinge: Was sagt die Wissenschaft zum bilingualen Unterricht?

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Kolloquium „Bilingualer Unterricht“ 9. Januar 2013

Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Stand der Dinge: Was sagt die

Wissenschaft zum bilingualen Unterricht?

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E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

INHALT

1. Vorbemerkungen zur Rolle von Wissenschaft und Forschung

2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

5. Ausblick

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1. Vorbemerkungen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Bilinguale Programme (CLIL, EMILE) gleich welcher Art erzeugen bildungsmäßig Vorteile und Mehrwert ohne

zusätzliche Kosten und Mühen. vs.

CLIL ist eine Illusion und dient einer Reihe von politischen Zielen und Programmen (Amos Paran 2010).

Wissenschaftliche Forschung (Evaluationsstudien) in der Rolle des Schiedsrichters

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1. Vorbemerkungen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Es macht wenig Sinn, Evaluationsvorhaben zu beauftragen, um das BESTE pädagogische Programm bilingualer Bildung/Erziehung zu identifizieren. Die Schlüsselaufgabe ist nicht, ein Programm zu finden, das für alle Kinder und Jugendlichen an allen Orten die besten Ergebnisse bringt, sondern die pädagogischen Elemente zu bestimmen, die angesichts der demographischen Gegebenheiten und der zur Verfügung stehenden Ressourcen in einem spezifischen lokalen Kontext funktionieren.

ERGEBNIS EINER UMFASSENDEN META-ANALYSE EMPIRISCHER FORSCHUNGEN ZUR WIRKSAMKEIT

BILINGUALER BESCHULUNGSMODELLE IN DEN USA

[Nach: James Crawford. Bilingual Education: History, Politics, Theory and Practice. 1999. Chapt. 13 „Disaster at the polls“.

http://www.onenation.org/crawford.html ]

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1. Vorbemerkungen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Faktoren, die die Gestaltung und Wirkung von CLIL-Programmen beeinflussen:

AltergsgruppeSozialer Status von L2

Lernzeit in L2 (exposure) In L2 unterrichtete Fächer

Schülerbegabungen bzw- Leistungsfähigkeit Sprachbiographien der Schüler/innen

Lokaler /regionaler linguistischer KontextSprachliche Kompetenz der Lehrkräfte

Fachliche (akademische) Kompetenz der LehrkräfteZiele und Prioritäten der bilingualen Programme

UnterrichtstraditionenUnterstützungssysteme

….Repräsentativ-systemische

StudienFallstudien Metastudien

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2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

ZUSCHREIBUNG POSITIVER EFFEKTE VON CLIL-PROGRAMMEN

Umgangssprachliche Kompetenzen (Geläufigkeit, Korrektheit, Wortschatz, Grammatik - kommunikative Fertigkeiten)

Bildungs- /Schulsprachliche KompetenzenSprachliche Sensibilität

Meta-kognitive FertigkeitenKognitive Verarbeitung von Inhalten

Gender-EffekteInterkulturelle Kompetenzen (bi-nationaler Fokus, Europäische Dimension,

globale Perspektive)Lerner Motivation und Anstrengungsbereitschaft

Attraktivität der SchulePersonalentwicklung

Empirischer Nachweis? Illusion? Behauptung?

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1. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

ZUSCHREIBUNG NEGATIVER EFFEKTE VON CLIL-PROGRAMMEN

e.g. Selektion

Bevorzugung durch zusätzliche Ressourcen (Schüler, Lehrkräfte)Bedrohung „kleinerer“ Sprachen und der Mehrsprachigkeit

Arbeitsbelastung LernendeArbeitsbelastung LehrendeLehr- und Lernmaterialien

Akademisches PrestigeKosten-Nutzen-Relation

….

Empirischer Nachweis? Illusion? Behauptung?

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2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

EMPIRISCHE NACHWEISE AUS EUROPÄISCHEN CLIL-PROGRAMMEN

Sprachliche bzw. kommunikative Kompetenzen in L1/L2

• Keine negative Auswirkung auf Kompetenzerwerb in L1

• Insgesamt signifikant höheres umgangssprachliches Niveau als bei konventionellen L2-Programmen (1,5 bis 2 Jahre Vorteil bis zum Ende der Vollzeitschulpflicht nach DESI 2006 in Deutschland, vgl. dazu u.a. auch Wode 1994, Klieme 2006, Zydatiß, 2007, Lasagabaster, 2008)

• Signifikante Leistungsvorteile für eine breite Gruppe von Lernenden mit (über-) durchschnittlichen Befähigungen / Interessen für Fremdsprachen (Österreich)

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2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

EMPIRISCHE NACHWEISE AUS EUROPÄISCHEN CLIL-PROGRAMMEN(Dalton-Puffer 2007)

Positive Auswirkungen feststellbar auf

Keine Auswirkungen feststellbar auf …

Lese- und HörverstehenWortschatz

MorphologieRisikobereitschaft, Geläufigkeit, Kreativität, UmfangBildungs- / Schulsprachlichers Register

SyntaxTextproduktion

AusspracheUmgangssprachliches RegisterHandlungsfähigkeit in Alltagssituationen

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2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

EMPIRISCHE NACHWEISE AUS EUROPÄISCHEN CLIL-PROGRAMMEN

Fachunterrichtliche Kompetenzen

• Leistungsvorteile für CLIL-Programme – auch wenn in L1 getestet wurde: z.B. Vollmer et al. 2006, Bonnet 2004, de Graen et al. 2007, Huibregtse 2001, Badertscher 2009, Heine, 2008. Hypothese: die Überwindung sprachlicher Widerstände führt zu tiefer angelegten kognitivern Prozessen

• Leistungsnachteile : paradoxerweise außer für Sprachunterricht L1 (z.B. in schwedischen Vergleichsstudien und bei Hajer 2000)

• Gelegentlich Bruchlandungen von nationalen CLIL-Programmen: z.B. in Asien (Malysia, Hongkong etc.) wegen negativer Auswirkung auf Fachkenntnisse.

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2. Effekte von CLIL-Programmen: Was die Forschung dazu sagt

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

ZWISCHENBILANZ:

• Immersion allein reicht nicht (wenigstens gilt das für einsprachige Kontexte in Europa mit Statusgefälle zwischen L1 und L2).

• CLIL – Programme erwirtschaften nicht automatisch Mehrwert – weder für kommunikative noch für fachunterrichtliche Kompetenzen.

• Wie gut Schüler etwas lernen hängt direkt davon ab, wie Sprache im Sachfachunterricht verwendet wird. Struktur und Art der Unterrichtsdiskurse wirken sich auf die Lernergebnisse sprachlich und inhaltlich aus (= Dalton-Puffer 2007).

• Unterstützt durch geeignete Unterrichtsmethoden (Meyer 2010, Wildhage/Otten 2003) haben CLIL-Programme ein enormes Potenzial - sowohl sprachlich (CALP!) als auch fachinhaltlich (Mehrperspektivität, Nachhaltigkeit).

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3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Exzerpt von C1T: Was gibt es im Sonnensystem?P: Planeten. T: Ok, Wie heißt dieser Planet?P: Saturn.

Exzerpt von C8T: ...Aus welchem Material besteht diese Isolierung?P: Holz!

Exzerpt von C4T: Kann man den Mond während des Tages sehen? P: Nein!

Exzerpt von C7T: Rost kann durch Anstrich verhindert werden. Ist das richtig?P: Ja!!

T7: Welcher Gegenstand wird schnell heiß? T7: Alle diese Gegenstände nennen wir.? Bleistift, Stroh, Plastikgabel, ah,

welches gemeinsame Merkmal haben sie? T7: Was meint ihr – rostet Eisen in trockener oder nasser Umgebung schneller?

Übersetzt aus: Md Yassin et al. 2010

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2. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Aus: Md Yassin et al. 2010

Diskursanteile im Fachunterricht

Klasse Anteil Lehrer (%) Anteil Schüler (%) Medien (%)

C1 83.8 2.0 14.2C2 87.6 12.4 0.0C3 45.7 3.0 51.3C4 91.2 8.8 0.0C5 63.9 4.5 31.6C6 90.1 9.9 0.0C7 94.7 5.3 0.0C8 97.3 2.7 0.0C9 71.2 4.6 24.3Durchschnitt 80.6 5.9 13.5

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3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Das größte Problem: Die

Selbstwahrneh-mung der Lehrkräfte

taken from: A. Helmke et al. 2011

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3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Warum Metalle den elektrischen Strom leitenDie Atome in Metallen können Elektronen aus der Atomhülle abgeben. Solche Atome, die nicht mehr elektrisch neutral sind, bezeichnet man als Ionen. Die abgegebenen Elektronen sind nun beweglich im Metall vorhanden und können elektrische Ladung transportieren. … Beschrifte die Zeichnungen, verwende dafür folgende Begriffe: Metall; Isolator; neutrale Atome; positive Ionen; bewegliche Elektronen.

Schemata

Der Stromkreis besteht aus einer Elektrizitätsquelle, der ……………………………… elektrischen Leitern, den ………………………………….. einem Schalter und einem Energiewandler, der ……………………………….. Am Minuspol der Batterie besteht ein Mangel an ………………………………….

SCHREIBEN IM FACHUNTERRICHT

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2. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Forschungsergebnisse zum Sachfachunterricht:

• Vorherrschend mündliche Diskursformen• Kreativer und „riskanter“ Sprachgebrauch selten bis nicht existent• Schreibaufgaben verlangen vorwiegend geschlossene oder halb-offene

Antwortformate • Erfüllen vorwiegend instrumentelle Zwecke (e.g. Leistungsfeststellung, Notizen,

Lückentexte)

CLIL – Unterricht wird fast ausschließlich mündlich geführt also ohne Schreibaktivitäten – Mangel an Gelegenheiten für sprachlich zusammenhängende sinnentwickelnde Diskurse – eingeschränktes Repertoire an Diskursfunktionen

Dalton-Puffer (2007):

SCHREIBEN IM FACHUNTERRICHT

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3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Kognitive Herausforderung

A word to the wise: of the approximately 80,000 questions asked on average annually by

teachers,80 per cent are at the lowest level of thinking –

factual knowledge.

(Gall 1984; Watson/Young 1986 in Mehisto et al. 2008)

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3. Günstige Unterrichtsdiskurse: Was wir dazu aus der Forschung wissen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Kognitive Herausforderung

Teacher ErinnernVerstehen

Anwenden

Analysieren

Evaluieren

Gestalten Total

T1 64 (78.0%)

17 (20.7%) 1 (1.2%) 0 0 0 82

T2 38 (84.4%)

7 (15.6%) 0 0 0 0 45

T39 (100.0%)

0 0 0 0 0 9

T4 113 (95.0%) 6 (5.0%) 0 0 0 0 119

T5 36 (90.0%)

4 (10.0%) 0 0 0 0 40

T6 30 (48.4%)

32 (51.6%) 0 0 0 0 62

T7 27 (38.0%)

44 (62.0%) 0 0 0 0 71

T8 5 (38.5%)

5 (38.5%) 0 3 (23.1%)0 0 13

T9 62 (86.1%)

8 (11.1%) 2 (2.8%) 0 0 0 72

Total 384 (74.8%)

123 (24.0%) 3 (0.6%) 3 (0.6%) 0 0 513

(taken from Md Yassin 2010)

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

Nicht unter 3 Sek.

Schnell getakteter CLIL-Unterricht erschwert die Konstruktion von komplexeren zusammenhängenden Äußerungen und kann daher auch das Niveau der kognitiv-fachlichen Arbeit negativ beeinträchtigen. Außerdem ist schnell getakteter CLIL-Unterricht in hohem Maße selektiv.

4.1 Entschleunigung der unterrichtlichen Interaktion

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" -

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

4.2 Öffnung und Erweiterung von IRF-Zyklen

Diskurseröffnungen von Schüler/innen sind eher die AusnahmeSchülerreaktionen sind durch die Lehrereröffnung sprachlich u. inhaltlich festgelegtFeedback wird meist mit der Eröffnung eines neuen Zyklus verbunden

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Eröffnung Reaktion -

T …which, ah, religion did he have? Did, did you, did your article say? Spanish , the Spanish King, Philip the Second, was Catholic, Protestant, Puri…?

S Catholic.

T Catholic, exactly. Good …

Feedback - Weiterführung

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

4.3 Sprachliche Rückmeldung und Reparatur

Forschungsergebnisse, eigene Erfahrungen:

• Im CLIL-Unterricht wird Fokus auf Fachinhalte gerichtet, sprachliche Rückmeldungen und Reparatur-Unterstützung sind signifikant seltener als im regulären F2-Unterricht

• Lexikalische/terminologische „Missgriffe“ werden am stärksten beachtet – Aussprach bleibt meist unberücksichtigt

• Nur ca. 20% der Rückmeldungen betreffen morphologische Aspekte (Daten aus Österreich)

• Extrem seltene Lehrerrückmeldungen zu sprachlichen Aspekten in den Heften der Schüler/innen

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Anaysiere die thematische Karte von Kalifornien und erkläre, warum das

Central Valley sehr gut für dielandwirtschaftliche Nutzung geignet ist.

Fasse die Ergebnisse in einer Präsentation von nicht mehr als

3 Minuten zusammen.

4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

4.4 Transparenz der sprachlichen Anforderungen in der Aufgabenstellung

Offene komplexe und kognitiv herausfordernde Aufgaben,

die mehrere Fertigkeiten verbinden

Ritualisierte Formulierungen, die sich auf ein begrenzetes

Inventar von kognitiv-sprachlichen Funktionen und

Textsorten stützen

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Systematische Unterstützung der schul-/bildungssprachlichen Fähigkeiten

Was Schüler sagen /

Verstehen / schreiben

wollen

Was Schüler in L2 sagen / verstehen / schreiben können

Scaffolding

4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

4.5 Bereitstellung von sprachlicher Unterstützung nach dem Scaffolding Prinzip

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

das ... nein, es geht nicht ... es bewegt sich nicht ...

versuch das ...

ja, es geht ... ein bisschen ... das nicht …

das geht nicht, es ist kein Metall …

diese sind am besten ... gehen richtig schnell.

wir versuchten eine Stecknadel ... einen Bleistiftanspitzer ... ein paar Eisenspäne und ein Stück Plastik ... der Magnet hat die Stecknadel nicht angezogen, aber er hat den Bleistiftanspitzer und die Eisenspäne angezogen ... er hat das Plastik nicht angezogen.

Mit unserem Experiment sollten wir herausfinden, was ein Magnet anzieht. Wir entdeckten, dass ein Magnet einige Arten von Metall anzieht. Er zog die Eisenspäne an, aber nicht die Stecknadel. Er zog auch Dinge nicht an, die kein Metall waren.Der Weg von Alltagssprache und Alltagswissen zur Bildungs- und Unterrichtssprache und

Denken in (vor-) wissenschaftlichen Strukturen – von der konzeptuellen Mündlichkeit zur konzeptuellen Schrift(sprach)lichkeit.

Chlosta et al. 2012, S. 6/7

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

Einleitung/Hinführung

Strategie Redemittel/chunks

Fachbegriffe

Knapp thematische Karte vorstellen

Bei der thematischen Karte handelt es sich um…. gezeigt wird …

Maßstab – Kartenaus-schnitt – Erstreckung ….

Hauptteil

Einleitender Satz – Konzentration auf 3/4 Gründe, die erst genannt u. dann erläutert werden

An der thematischen Karte von K. kann ich drei Gründe dafür erkennen, dass…

Regenfeldbau – Bewässe-rungsfeldbau – Schmelzwas-serabfluss – Stauseen –geschützte Lage

SchlussE. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Analysiere die thematische Karte Kaliforniens underkläre warum sich das Central Valley sehr gut für dieLandwirtschaft eignet. Fasse die Ergebnisse in einer

mündlichen Präsentation von nicht mehr als 5 Minuten zusammen.

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

4.6 Modellierung durch Textsorten bzw. Genres

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Vorbereitung des LernfeldsVorbereitung des Lernfelds

Modellierung durch Dekonstruktion

Modellierung durch Dekonstruktion

Gemeinsame KonstruktionGemeinsame Konstruktion

Unabhängige, individuelle

Konstruktion

Unabhängige, individuelle

Konstruktion

Regelfin-dung durch

kritische Reflexion

Regelfin-dung durch

kritische Reflexion

Z. B. Bedienungsanleitung

• Der Blutdruck sollte im Sitzen gemessen werden. Der Patient setzt sich bequem und entspannt in einen Sessel mit Armlehnen oder an einen Tisch, auf dem er den Arm leicht angewinkelt auflegen kann.

• Die Messung ist am unbekleideten Oberarm durchzuführen. Achten Sie darauf, dass ….

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4. Strategien zur Nutzung des Potenzials von CLIL-Programmen

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Zwischenbilanz zu Teil 4

• Keine systematische Sprachinstruktion in den Sachfächern

• Bereitstellung von sprachlichen Hilfen und Modellen zum Zeitpunkt des fachinhaltlichen Bedarfs

• Modellfunktion der Lehrersprache

• Mehr Zeit für schriftliche Lernaktivitäten

• Transparenz und Eindeutigkeit der sprachlichen Anforderungen

• Steuerung des sprachlichen Lernens durch begrenzte Inventare von Diskursfunktionen, Operatoren und Genres

• Behutsame Rückmeldung zur sprachlichen Performanz (language matters!)

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5. Ausblick

E. Thürmann - Kolloquium der DG "Bilingualer Unterricht" - 09.01.2013

Kriteriengeleitete kollegiale Unterrichtshospitation und Lehreer als Handlungsforscher des eigenen Unterrichts

Klare sprachliche Zielsetzungen für den Sachfachunterricht

Zyklische Überprüfung der Zielerreichung (außerhalb der Leistungsbewertung in den Sachfächern)

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