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Die vorliegende kommunale Handreichung ist das Ergebnis eines Koopera�onsprojektes von Kommunaler Umwelt-Ak�oN U.A.N. (www.uan.de) und Netzwerk Fließgewässer im urbanen Raum (www.netzwerk-flur.de), gefördert von der Deutschen Bundess��ung Umwelt, (AZ 26844-33/2).

ImpressumKommunale Umwelt-Ak�oN U.A.N. Arnswaldtstr. 28 | 30159 Hannover0511 - 302 85 60www.uan.de | [email protected]

Netzwerk Fließgewässer im urbanen Raum – FluR e. V.www.netzwerk-flur.de | [email protected]

Text, Redak�on und Layout: Dipl.-Ing. Bri�a Apelt, Netzwerk FluR e. V.

Autoren TEIL 2: Dr. Gerhard Becker, Günter Terhalle Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrück e. V.

Druck: dieUmweltDruckerei GmbH | www.dieUmweltDruckerei.de

Auflage: 1.500 Stück

Hannover, Mai 2010

natureOffice.com | DE-191-323384

FluRNetzwerk Fließgewässer im urbanen Raum

Die verwendeten Fotos stammen, sofern keine andere Quelle benannt ist,aus den Projekten bzw. der Beispielsammlung FluR.

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Danke!Ein herzliches Dankeschön gilt all jenen, die mit Geduld und Engagement, die Suche nach praxisna-hen Tipps und Hinweisen unterstützt haben. Dazu gehört der begleitende interdisziplinäre Beirat, der bei regelmäßigen Treffen den Fortgang des Projektes und der Untersuchung der Beispiele mit kri�schen Diskussionen befördert hat. Auch den Teilnehmern der Befragung via Internet soll an die-ser Stelle für Ihre Mitwirkung gedankt werden.Besonderer Dank gilt den untersuchten Beispielen bzw. den dahinter stehenden Personen und ihrer Gas�reundscha�. Durch die bereitwillige Weitergabe von Erfahrungen und Empfehlungen aus den eigenen Projekten sowie der Bereitscha�, auch über schwierige Erlebnisse Auskun� zu geben, wur-de die vorliegende kommunale Handreichung erst möglich.

Projektbeispiele

Darmbach in Darmstadt

Else in Melle

Hainbach in Böchingen/Landau-Land

Läppkes Mühlenbach in Essen, Mühlheim, Oberhausen

Lu�er in Bielefeld

Mi�elbach und andere in Löhne

Ruhr in Olsberg

Salze in Bad Salzuflen

Stadtbäche Nürnberg in Nürnberg

Sulz in Beilngries

Vechte/Povelgrachten in Nordhorn

Wiese in Lörrach

Wieseck und Lahn in Gießen

Interdisziplinärer BeiratDipl.-Ing. Chris�ane BALKS, Stadt Osnabrück

Dr. Gerhard BECKER, Verein für Ökolo-gie und Umweltbildung Osnabrück

Dipl.-Ing. Mar�n ENDERLE, Enderle Beratung

Dr.-Ing. Katrin FLASCHE, Kommu-nale Umwelt-Ak�oN U.A.N.

Dipl.-Ing. Thomas GROHÈ, Pro:zess!Krea�vbüro

Prof. Dr.-Ing. Stefan HEIMANN, Techn. Fachhochschule Berlin

Dipl.-Ing. Simon HENNEBERG, Fluss-gebietsgemeinscha� Weser

Dr. Oliver KAISER, Naturpark Spessart

Dipl. Chem. Tillman LANGNER, Um-weltbildung - Umweltberatung

Dipl.-Geogr. Anne�e MORTHORST, Regionalmanagement Hasetal

Dipl.-Ing. Dieter MÜLLER, Stadt Meppen

Dr. Petra PODRAZA, Ruhrverband

Prof. Antje STOKMAN, Uni Hanno-ver – Studio Urbane Landscha�en

Dipl.-Phys. Meinfried STRIEGNITZ, Leuphana Universität Lüneburg

Dr. Andrea SUNDERMANN, Forschungsins�tut Senckenberg

Prof. Dr.-Ing. Mathias UHL, Fachhochschule Münster

Dipl.-Ing. Jürgen VOLLBRANDT, Deu. Städte und Gemeindebund

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Die Unterstützung von Projekten der Fließgewässerrevitalisierungen in Städten und Ge-meinden ist bereits seit Einrichtung des Förderbereichs Naturschutz der DBU ein wich�ges The-ma des Schwerpunkts „Naturschutz im urbanen Raum“. Fließgewässer sind als verbindendes Ele-ment von großer Bedeutung für die Biotopvernetzung, gerade in dicht besiedelten Regionen wie in Deutschland. In diesem Sinne sind sie auch wich�g für den Erhalt des Na�onalen Naturerbes. Städte und Gemeinden können hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten – zum einen für den Natur- bzw. Biodiversitätsschutz, zum anderen aber auch zur Steigerung der Lebensqualität. Flüsse, die jahr-zehntelang aus dem Stadtbild verbannt waren, können wieder offen gelegt und naturnah gestaltet werden. Hierfür gibt es bereits zahlreiche Beispiele, die bei der Implemen�erung des Netzwerks „Fließgewässer im urbanen Raum“ (FluR) bereits zusammengetragen wurden. Die sorgfäl�ge Evalu-a�on dieser Projektbeispiele mündete als Ergebnis des DBU-Projekts in eine Handreichung, an der sich Städte und Gemeinden bei der Planung und Konzep�on von Revitalisierungsprojekten orien�e-ren können. Für das Zustandekommen dieser Handreichung danke ich dem Vorstand des Netzwerks FluR, der U.A.N. sowie dem engagierten Projekt-beirat und schließe mit dem Wunsch, dass sich das Netzwerk FluR weiterhin so posi�v entwickeln möge, wie in den vergangenen Jahren.

Dr. Volker Wachendörfer, Deutsche Bundess��ung Umwelt

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Wasser ist Leben und Wasser bedeutet Lebensqualität: Historisch haben die Menschen nahe-zu jede größere Siedlung an einem Gewässer als strategisch wich�gen Punkt gegründet. Wasser lie-ferte und liefert die Energie für die Grundversorgung der Bevölkerung. Zudem erfüllen Fließgewäs-ser als Verkehrswege, bei der Entwässerung sowie als Quelle von Energie, Trink- und Brauchwasser wich�ge Funk-�onen für die Wirtscha� und die Anrainerkommunen. Die rein funk�onale Betrachtung urbaner Bäche und Flüsse hat jedoch in der Vergangenheit dazu ge-führt, dass diese nicht selten monoton ausgebaut und durch die verschiedensten Einleitungen zusätzlich belastet wurden. Immer mehr haben aber Städte und Gemeinden in jüngerer Zeit ins-besondere die Frei-zeit- und Erholungsqualität von Fließgewässern als weichen Standor�aktor und als zentrales Element einer erfolgreichen Stadtentwicklung erkannt. Bei der Entwicklung und Um-setzung entsprechender Projekte nehmen die Kommunen ihre Verantwortung als bürgernächste Ebene ernst. Sie arbeiten mit anderen Kommunen, mit der Wissenscha� und mit bürgerscha�lichen Ini�a�ven zusammen. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie rückt zudem die Verbesserung der Gewässergüte weiter in den Blickpunkt.Die Zusammenarbeit mit der U.A.N., die für ihre äußerst praxisnahe und erfolgreiche Unterstützung der Kommunen im Umweltbereich bekannt ist, weiß der Deutsche Städte- und Gemeindebund seit zwei Jahrzehnten besonders zu schätzen. Mit der vorliegenden Broschüre ist es der U.A.N. aufgrund einer Evaluierung der verschiedensten kommunalen Projekte zur Revitalisierung von urbanen Fließ-gewässern gelungen, der Praxis Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Hierdurch wird die zielgerichtete Entwicklung zukün�iger Vorhaben maßgeblich erleichtert. Durch die Iden�fizie-rung von Erfolgsfaktoren gelingt es, den vorhandenen kommunalen Erfahrungsschatz für kün�ige Projekte nutzbar zu machen. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Mehrwert für Fließgewässer und ihre Anrainerkommunen sowie ein Beitrag zur Erreichung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und die von ihm vertretenen ca. 12 000 Städte und Ge-meinden sind sicher, dass die von der U.A.N. und dem Netzwerk FluR präsen�erten vorbildlichen Beispiele eine Quelle der Inspira�on für alle verantwortlichen Akteure im Rahmen des Netzwerks „Fließgewässer im urbanen Raum“ sein werden.

Norbert Portz, Beigeordneter beim Deutschen Städte- und Gemeindebund

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Inhalt

Bäche und Flüsse in Gemeinde und Stadt .................................................................

Netzwerk für urbane Fließgewässer .......................................................................

Hinsehen lohnt sich! ................................................................................................

TEIL 1: Hinweise und Tipps aus erster Hand ..............................................................

1.1 Anlass und Ziel ....................................................................................................

1.2 Poli�k und Verwaltung ........................................................................................

1.3 Finanzen .............................................................................................................

1.4 Planung und Umsetzung .....................................................................................

1.5 Prozess ................................................................................................................

TEIL 2: Umweltbildung an urbanen Fließgewässern ..................................................

2.1 Zur Bedeutung von Bildung für urbane Fließgewässer .......................................

2.2 Allgemeine Handlungsempfehlungen ................................................................

2.3 Handlungsempfehlungen für Schulen ................................................................

2.4 Handlungsempfehlungen für nichtschulische (Bildungs-)Einrichtungen ............

2.5 Handlungsempfehlungen für pädagogische Fließgewässer-Netzwerke .............

2.6 Perspek�ven .......................................................................................................

FAZIT – Erfahrungen und Empfehlungen ...................................................................

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Unsere Siedlungen sind in der Regel am Wasser entstanden. Wasser ist somit auch ein bedeu-tender Bestandteil unseres na�onalen Kultur- und Naturerbes. Wasser wurde zum Trinken, Kochen und Waschen gebraucht, aber auch als Energiequelle (Mühlen), für den Transport (Schifffahrt) oder für Arbeitsprozesse (z. B. Ger-ben). Die Lage am Fluss war auch strategisch und wirtscha�lich von Bedeutung, bot sie zum einen Schutz vor Angriffen und zum anderen die Möglichkeit, den Transport auf und über den Fluss zu kontrollieren und hierfür Han-delszölle einzunehmen. Andererseits war die Lage am Wasser auch stets mit der Gefahr von Überschwemmungen oder Krankheitserregern verbunden.

Schlechter Zustand vielerortsDie Degradierung, Kanalisierung und Verroh-rung von Fließgewässern in Siedlungen geschah im Wesentlichen aus Gründen der Hygiene und unzureichenden Wasserqualität. So wurden die Gewässer im Laufe der Zeit immer stärker aus-gebaut, um die vielfäl�gen Nutzungsansprü-che zu erfüllen und um die Gefahren so weit wie möglich zu beherrschen. Mit der Indust-rialisierung erreichte diese Entwicklung ihren Höhepunkt. Durch die zunehmende Einleitung von überwiegend ungeklärtem Abwasser ver-kamen viele Gewässer immer mehr zu Kloaken und wurden zum Teil abgedeckt kanalisiert. So verschwanden viele Fließgewässer aus dem Stadtbild und mit der Zeit auch aus dem All-tagsgedächtnis der Stadtbewohner. Straßen und Häuser reichen o� bis an die Gewässer-kante oder ragen darüber hinaus. Sie engen das Abflussprofil massiv ein und erschweren so den Hochwasserabfluss und die notwendi-ge –rückhaltung. Das betrifft Ober- und Unter-lieger an ein und demselben Fluss. Durch das künstliche Korse� im Siedlungsbereich ist das natürliche Wasserregime eines Flusses oder Baches so nachteilig verändert, so dass Tiere und Pflanzen kaum Halt finden können. Dies ist

nicht nur ökologisch, sondern auch ästhe�sch ein Manko: Wo eigentlich ein Bach plätschert herrscht heute Verkehrslärm, verläu� der Bach verrohrt und versteckt unter einem Parkplatz.

Wasser - mehr als ein ererbtes GutViele der genannten Gründe, Fließgewässer in Rohrsystemen verschwinden zu lassen, sind heute weitgehend en�allen. Der in der Mi�e des 20. Jahrhunderts eingesetzte wirtscha�-liche Strukturwandel - weg von der Industrie-gesellscha� hin zur Dienstleistungsgesellscha� – hat den Nutzungsdruck auf die Gewässer verändert. Mit zunehmendem Wohlstand hat gleichzei�g ein gesellscha�licher Wertewandel hin zu mehr Natur und Lebensqualität sta�ge-funden. Mit großen Anstrengungen wurde die Wasserqualität im letzten Dri�el des 20. Jahr-hunderts deutlich verbessert. Heute sind viele Wasserverschmutzer verschwunden und urba-ne Brachen sind zurückgelassen, die neue städ-tebauliche Entwicklungen möglich machen. Der demografische Wandel bietet möglicherweise Raum, großzügige barrierefreie Wohngebiete am Wasser zu schaffen und der Natur in der Stadt wieder zu mehr Raum zu verhelfen. So können Flüsse und Bäche vielerorts zumindest wieder in Teilen ihre natürlichen Funk�onen zurückgewinnen. Auch angesichts zunehmen-der Starkregenereignisse und Überschwem-mungen als Folge des Klimawandels erhält das Thema „Umgang mit dem Wasser“ eine zusätz-liche, neue Bedeutung und tri� zunehmend in das allgemeine Bewusstsein.

Einfluss der WasserrahmenrichtlinieSpätestens seit Einführung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) im Jahr 2000 hat der Umgang mit Wasser einen neuen Stellenwert erhalten. Die zumeist stark über-formten und degenerierten Gewässerstrecken im bebauten Raum haben eine wesentliche Bedeutung im ökologischen Gefüge und sind wich�ger Bestandteil für die Realisierung von

Bäche und Flüsse in Gemeinde und Stadt

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„Natur in der Stadt“. Im Kontext der EG-WRRL ist eine Verbesserung dieser o�mals naturfern ausgestalteten Abschni�e erforderlich, um an-gesichts von Revitalisierungsak�vitäten in der freien Landscha� eine durchgängig gute ökolo-gische Qualität der Fließgewässer herzustellen. Fließgewässer sind aber nicht erst seit der EG-WRRL von der Quelle bis zur Mündung als Ein-heit anzusehen. Gewässer und ihre Ufer bilden ein durchgängiges Band vernetzter Biotope innerhalb und außerhalb der Stadt und tragen damit zum gene�schen Austausch zwischen Popula�onen bei. Wird die Durchgängigkeit eines Gewässers an nur einer Stelle unterbro-chen, wirkt sich dies auf das gesamte Gewäs-ser aus. Die Wiederherstellung oder Aufrecht-erhaltung der ökologischen Funk�onen des Gewässers darf im Siedlungsraum keine Un-terbrechung erfahren, trotz der dort schwieri-geren Umsetzbarkeit. Im außerstäd�schen Be-reich ist der naturnahe Gewässerausbau längst etabliert. Aufgrund der auch hier vorliegenden intensiven Nutzungen der Gewässer und seiner Randbereiche können dabei die ökologischen Leitbilder nicht immer erreicht werden. Es sind Kompromisse zu finden, welche die Ziele der EG-WRRL weitgehend erfüllen.

Leben mit und am WasserAuch im Verdichtungsbereich ist eine naturna-he Entwicklung eines Gewässers mit seinem Umfeld möglich. Revitalisierte Fließgewässer im urbanen Raum haben eine große Mul�-plikatorenwirkung, da sie dort stets im engen Zusammenhang mit anderen zwangsläufig berührten Themen, wie Stadt- und Verkehrs-entwicklung, Freiraum- und Erholungsplanung u. v. m., stehen. Sie eigen sich zur Zusammen-führung dieser Themen und zeigen mancher-orts, dass in Kompromissen gleichzei�g ein Nutzen beispielsweise für ökologische Verbes-serungen und ein angenehmeres Wohnumfeld stecken können. Gerade im Siedlungsraum bie-tet das Themenfeld Wasser vielfäl�ge Chancen

und Anknüpfungspunkte für eine zukun�sfä-hige Stadt- und Gemeindeentwicklung. Diese Chancen werden von immer mehr Kommunen auch zur Verbesserung der weichen Standort-faktoren entdeckt und von der Bevölkerung als starkes Plus für mehr Lebensraumqualität erkannt. Die Einbindung der Gewässer in die Stadtentwicklungskonzepte trägt maßgeblich zur Iden�fika�on der Bürger mit dem Gewäs-ser und damit zur Akzeptanz bei. Wo ehemals verbaute Gewässer wieder erlebbar gemacht werden ist dies auch ein kultureller Aspekt, der spezifisch für urbane Gewässer ist. „Ar-beiten im Park“ – „Wohnen am Wasser“ mit-ten in der Stadt sind wesentliche Elemente der Stadtplanung geworden. Gerade in verstäd-terten Regionen und noch mehr in urbanen Verdichtungen spielen Grünflächen und Frei-räume eine besondere Rolle. Doch nicht nur dort kommt dem Element Wasser in all seinen Erscheinungsformen eine zunehmend zentrale Bedeutung zu. Wasser in der Stadt hat heute neben seinen gestaltenden und ökologischen Funk�onen in besonderem Maße auch soziale Funk�onen für Erholung und Freizeitgestaltung aller Altersgruppen zu erfüllen.

Alles im Fluss!Gleichzei�g stellt sich die Revitalisierung von Fließgewässern im bebauten Bereich beson-ders komplex und kostenintensiv dar. Es gibt unterschiedlichste Eigentumsverhältnisse, hohe Bebauungs- und Infrastrukturdichte so-wie vielfäl�ge Nutzungsansprüche. Dazu gehö-ren intensive Freizeitnutzung, Denkmalschutz, Wasserkra�, Naturschutz, Straßen und Wege-verbindungen, Ver- und Entsorgungsleitungen u. v. m. Die Umsetzung der in der EG-WRRL fest-gelegten Ziele ist im urbanen Bereich aufgrund dieser Umstände anspruchsvoll. Nicht immer sind deshalb hierunter Renaturierungen im klassischen Sinne zu verstehen. Begrenzt durch die komplexen Rahmenbedingungen sind in der Regel engere Grenzen gesetzt. Eine Heraus-

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forderung liegt in der Komplexität: Wie lassen sich angesichts schwieriger Voraussetzungen und ökonomischer Zwänge belastete Vorfluter zu einem a�rak�ven Freizeit- und Erholungs-raum bzw. zu einem Stück Natur in der Stadt entwickeln? Für die erfolgreiche und nachhal-�ge Durchführung von Revitalisierungsmaß-nahmen im urbanen Raum ist die Akzeptanz der betroffenen Einwohner bedeutend. Diese kann durch ihre Einbindung in den Planungs-prozess sowie durch Bildungsprojekte rund um das Gewässer erreicht werden. Das Verhältnis von Staat und Bürgern verändert sich, das be-trifft auch Städte und Gemeinden. Neue Erwar-tungen der Menschen erfordern neue Formen der Verwaltung und führen zur Entstehung von Netzwerkprozessen. Hier treten weniger for-mell legi�mierte gesellscha�liche Akteure wie lokale Agenda 21-Gruppen oder Interessen-verbände oder auch Bürgers��ungen auf und können sich einbringen. Die Bündelung dieser Ak�vitäten verspricht eine starke Iden�fika�on der Menschen mit Ihrer Lebensumwelt sowie wachsende gesellscha�liche Krä�e und Mit-verantwortung.

Trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen vor Ort stehen die Akteure bei der Revitalisie-rung ihrer Gewässer o�mals vor vergleichbaren Fragestellungen. Dazu zählt, wie sich Anlieger gewinnen oder Konflikte mit diesen vermei-den lassen oder welche Maßnahmen getroffen werden müssen, wenn Kinderspiel wieder am Wasser möglich sein soll. Hilfreich sind Erfah-rungsaustausche und das Lernen von bereits realisierten Maßnahmen. Diesen Wunsch vie-ler Prak�ker erfüllt der Verein „Netzwerk für Fließgewässer im urbanen Raum (FluR)“. Ge-fördert von der Deutschen Bundess��ung Um-welt (DBU) hat ein fachübergreifendes Team aus kommunaler Praxis, Wissenscha� und Pla-nung 2007 diese Organisa�on mit Unterstüt-

zung der Kommunalen Umwelt-Ak�oN U.A.N. gegründet. Das Netzwerk FluR ist Anlaufstelle für Kommunen, bürgerscha�liche Ini�a�ven und Ak�ve zum Thema Revitalisierung städ-�sch geprägter Gewässer. Es bietet Hilfestel-lungen bei Revitalisierungsprojekten. Hierzu werden vor allem praxiserprobte Erfahrungen für Interessierte nutzbar gemacht und so mit-telbar zur Umsetzung der Ziele der EG-WRRL beigetragen. Über enge Querverbindungen zu Experten, Fachverbänden, kommunalen Spit-zenverbänden und anderen Partnern wird eine Informa�ons- und Kommunika�onspla�orm aufgebaut. Hierzu gehören auch Netzwerkta-gungen, bei denen Teilnehmende aus Kommu-nen, Vereinen, Ini�a�ven, Praxis und Wissen-scha� die Gelegenheit zum Austausch nutzen. Gleichzei�g werden in Workshops oder Fach-foren aktuelle Fragen und Themen speziell im Kontext siedlungsgeprägter Flüsse und Bäche von und mit Prak�kern erörtert. Dazu gehören beispielsweise die Schwerpunkte Naturschutz, Stadtgeschichte Stadtentwicklung, EG-WRRL, Hochwasserschutz, Gewässerpädagogik und Bürgerak�vitäten, aber auch Ha�ungs- und Verkehrssicherungsfragen sowie Finanzie-rungsmöglichkeiten.

Dokumenta�on guter BeispieleZentraler Knotenpunkt ist im Netzwerk unter www.netzwerk-flur.de die Internetseite des Vereins. Als virtuelles Eingangstor zum Netz-werk eröffnet sie den strukturierten Zugang zu über 60 bundesweiten Beispielen, dokumen-�ert in Form von Gewässersteckbriefen, die gezielt anhand thema�scher Schwerpunkte wie Gewässerökologie, Hochwasserschutz oder Beteiligungsverfahren etc. aufgerufen werden können. Die Dokumenta�on der Beispiele zeigt eindrucksvoll ein buntes Spektrum krea�ver und machbarer Lösungen. Die vielen Beispiele verdeutlichen die Face�en der Thema�k von Fließgewässern im urbanen Raum, was die Be-deutung heraushebt, fachübergreifend zusam-

Netzwerk urbane Fließgewässer

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men zu arbeiten und die Öffentlichkeit ak�v einzubinden.

Die Beispielsammlung wurde begonnen, um Orien�erung für kün�ige Vorhaben und Anregung zum Handeln zu bieten sowie mögliche Ansprechpartner zu benennen. Gleichzei�g hat die Praxis gezeigt, dass Bedarf für die Erweiterung dieser Grundlage besteht. Zum einen sind stets weitere Beispiele in der Sammlung willkommen. Zum anderen hat sich angesichts der Verschiedenar�gkeit der Maß-nahmen, Schwerpunkte und Herangehenswei-sen die Frage gestellt, ob und wie sich Erfah-rungen und Empfehlungen verallgemeinerbar und damit über die Betrachtung eines einzel-nen Beispiels hinaus verfügbar machen lassen.

Das Rad nicht neu erfinden müssenUm sprichwörtlich das Rad nicht neu erfinden zu müssen, wurde gezielt nach Bewährtem ge-sucht: nach Ideen, Instrumenten, Tipps und Hinweisen. Auch Hemmnisse oder Stolperstei-ne wurden einbezogen, um vermeidbare Feh-ler möglichst zu umgehen. Die gebündelten Empfehlungen, Tipps und Hinweise einzelner Projekte bieten so Unterstützung für Nach-ahmer in einer Art „Werkzeugkiste“. Die ge-sammelten Beispiele beinhalten hinsichtlich Ausgangssitua�onen, Handlungsmo�va�onen, Akteuren und Beteiligten, ökologisch-was-serwirtscha�lichen Fragestellungen, Art und Umfang von Kommunika�on und Beteiligung, Umweltbildungsak�vitäten, Finanzierungswe-gen sowie landscha�lich-städtebaulichen Ge-staltungsfragen ein weites Spektrum. Dies ist die Ausgangslage, für die Suche nach Lösungs-wegen und Erfahrungen zum Weitergeben. Um aus diesem bunten Strauß eine Werkzeugkiste mit Instrumenten und Empfehlungen zu füllen, wurden Beispiele ausgewählt (s. oben), die das genannte Spektrum abbilden. Als weitere

Hinsehen lohnt sich!

Kriterien wurden eine Verteilung der Beispiele auf die Bundesländer mit ihren unterschiedli-chen Rahmenbedingungen herangezogen so-wie Städte und Gemeinden unterschiedlicher Größenordungen bzw. Einwohnerzahlen. Im Mi�elpunkt standen folgende Kernfragen:

Welche Bedingungen führen zu welchen ·Ergebnissen?

Welche Projekte waren/sind erfolgreich? ·

Welche Erfolgsfaktoren können iden�fiziert ·werden?

Welche Hemmnisse bestehen? ·

Welche Empfehlungen können daraus für ·kün�ige Projekte abgeleitet werden und wie sind diese übertragbar?

Diesen Kernfragen wurde in zwei Themenbe-reichen nachgegangen: Teil 1 umfasst die Untersuchung allgemein übertragbarer Erfahrungen und Hinweise im Hinblick auf generelle Erfahrungen und Emp-fehlungen (vgl. Teil 1). Teil 2 konzentriert sich auf das Thema Bildung für nachhal�ge Entwicklung im Kontext urba-ner Gewässerrevitalisierungen und gibt Emp-fehlungen für gewässerbezogene Bildung (vgl. Teil 2). Beide Teile sind eng miteinander verwoben: Umweltwissen ist Voraussetzung für umwelt-bezogenes Handeln. Teilweise sind Bildungs-angebote Auslöser oder Antrieb von Projek-�ni�a�ven. Aufgrund der unterschiedlichen angesprochenen Akteure und der daraus re-sul�erenden unterschiedlichen Vorgehenswei-sen wurden Teil 1 und Teil 2 jeweils eigenstän-dig bearbeitet. Die vorliegende Handreichung stellt die Werkzeugkiste dar. Für die interessier-te Leserscha�, insbesondere der kommunalen Ebene, wurden Argumente und eine Sammlung von Handlungsmöglichkeiten und Lösungswe-gen, mindestens aber Anregungen für diese zu-sammengestellt, um kün�igen Vorhaben den Start zu erleichtern – das Hinsehen lohnt sich!

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TEIL 1:Hinweise und Tipps aus erster HandWie lassen sich Erfahrungen zentral zusammen-tragen und dabei nicht nur Erfolgserlebnisse, sondern möglichst auch zukün�ig vermeidbare Stolpersteine und Missgeschicke beleuchten? Wie werden daraus übertragbare praxistaugli-che Empfehlungen, Tipps und Hinweise? In Stellvertretung für andere Interessierte, zu-kün�ige Projek�räger und engagierte Beteiligte wurden die ausgewählten Beispiele besucht (s. oben) und die dahinter stehenden Akteure in-terviewt. Begleitet wurde das Vorgehen durch einen fachübergreifenden Beirat mit erfahre-nen Vertretern aus Wissenscha� und Praxis (s. oben).

VorgehensweiseDie Befragung wurde anhand eines Interview-lei�adens durchgeführt. Dieser beinhaltet die genauere Betrachtung der Beispiele entlang der Schwerpunkte Ökologie und Naturschutz (in der Stadt), Hoch- und Niedrigwasser, Stadt-entwicklung Rahmenbedingungen und nicht zuletzt Kommunika�on (Koopera�on und Par-�zipa�on). Die Beispiele wurden einheitlich und ergebnisoffen mit ver�efenden Fragestel-lungen beleuchtet. Diese Fragestellungen sind chronologisch an der Entstehung und die Rea-lisierung eines Projektes angelehnt und in fol-gende Themen gegliedert:

Anlass und Ziel

Poli�k und Verwaltung

Finanzen

Planung und Umsetzung

Prozess

Erfahrungen und Empfehlungen

Damit ist auch die Gliederung der nachfolgen-den Kapitel (vgl. Teil 1 und Fazit) vorgegeben.Parallel wurden darüber hinaus weitere Bei-spiele und Akteure zu ausgesuchten Fragestel-lungen via Internet befragt.

Eine Netzwerktagung mit Workshop- und Dis-kussionsergebnissen wurde ebenfalls gezielt einbezogen.Ähnlich breit wie das Spektrum der untersuch-ten Beispiele ist auch das derer, die als Amtsträ-ger, Ini�a�ven, Ehrenamtliche und Kümmerer die Umsetzung betreiben. Je Beispiel wurden unterschiedliche beteiligte Akteure befragt, um auf diese Weise ein möglichst objek�ves Bild zu gewinnen und eine angemessene Ein-ordnung der Erfahrungen und Empfehlungen zu leisten. Befragt wurden dabei Angehörige der Fachbereiche Tie�au, Stadtplanung, Um-welt von Kommunalverwaltungen aus Städten, Gemeinden und Landkreisen, aber auch von Landesbehörden und Vertreter von Unterhal-tungsverbänden. Insbesondere auf Gemein-debene standen auch Bürgermeister für die Befragung zur Verfügung. Ebenso haben Ver-treter von Naturschutzverbänden, örtlichen Ini�a�ven und Agenda 21-Gruppen, Vereinen, Beschä�igungsträgern, Bürgers��ungen, Inge-nieur- und Planungsbüros und nicht zu verges-sen engagierte Einzelpersonen ihr Erfahrungs-wissen zur Verfügung gestellt.

Kommunale Akteure geben Empfehlungen für Interessierte der kommunalen Ebene!

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LesartDie Hinweise und Tipps aus erster Hand in den folgenden Kapiteln (vgl. Kapitel 1.1 – 1.5, Fazit) bauen aufeinander auf und haben enge Bezü-ge. Sie sind trotzdem weitgehend, je nach Inte-ressenslage, auch unabhängig voneinander les-bar. Dabei werden die zusammengetragenen Erfahrungen und Empfehlungen ergänzt durch weiterführende Tipps zum Nachlesen sowie Anlaufstellen und Angebote im Internet. Die förderlichen und konstruk�ven Ansätze stehen im Vordergrund, mögliche Stolpersteine wer-den stets im Zusammenhang mit aufgeführt.Selbstverständlich ist beim Einsatz der Hin-weise und Tipps stets eine Anpassung an die eigenen Verhältnisse vor Ort zwingend erfor-derlich. Damit ist gleichzei�g das kri�sche Hin-terfragen einer Eignung der vorgeschlagenen Lösungswege und Strategien für den Einzelfall verbunden. Die Hinweise und Tipps sind als Ideen und Impulsgeber für die Ausgestaltung individueller Lösungswege zu verstehen, die bereits prak�sch erprobt wurden. Im Zweifels-fall empfiehlt es sich jedoch, einen Blick in die Beispielsammlung des Netzwerks FluR (www.netzwerk-flur.de) zu werfen und den direkten Kontakt zu den Ansprechpartnern eines kon-kreten Beispiels zu suchen.

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Anlass und Ziel

Bei vielen der genauer betrachteten Revitali-sierungen ist der Weg von der Idee zur Umset-zung über einen längeren Zeitraum gewachsen, manchmal über viele Jahre. Dabei spielt sicher auch eine wich�ge Rolle, dass es im urbanen Raum o� sich scheinbar widersprechende Zielsetzungen gibt. Thema�sch und räumlich stehen diese dicht nebeneinander, z. B. unter-schiedliche Nutzungsanforderungen. Das lang-same Wachsen kann durchaus auch vorteilha� sein: Idee, Plan und Gelegenheit können in ei-nem geeigneten Moment zusammengebracht werden. Hilfreich kann es in diesem Zusam-menhang immer wieder sein, Ideen auch in

einem visionären Stadium zu dokumen�eren, sich mit möglichen anderen Mitstreitern früh-zei�g darüber auszutauschen und gemeinsame Pläne zu schmieden. Dazu gehören Konzepte genauso wie klassische Planwerke, die mit un-terschiedlichem Hintergrund entstehen. Deren Zielsetzung bezieht sich manchmal gar nicht originär auf ein urbanes Gewässerentwick-lungsprojekt, sie eignen sich aber dennoch dafür – manchmal als eine Art Sprungbre� für weitergehende Ziele, die sich im Laufe der Aus-einandersetzung mit den Plänen und beteilig-ten Verwaltungseinheiten ergeben.

1.1 Anlass und Ziel

Welche Anlässe können den Weg für urbane Revitalisierungsvorhaben öffnen? Hochwasserereignisse ·

Umstrukturierung der Siedlungswasserwirtscha� (Mängelanalysen, z. B. zur Einführung einer ·Trennkanalisa�on)

Gewässerentwicklungskonzept/-plan ·

Rechtliche Verpflichtung (Umsetzung der EG-WRRL als Argumenta�onshilfe) ·

Großereignisse (Gartenschauen oder vergleichbare Veranstaltungen mit Imagewirkung) ·

Stadtentwicklung/-sanierung, städtebauliche Entwicklungsprojekte (Einbindung von Investoren ·in vorhanden Ideen und Planungen)

Dorferneuerung ·

Stadtmarke�ng, Tourismus, Erholungsfunk�on ·

Anreiz durch We�bewerbe (Bsp. „Bundeshauptstadt im Naturschutz“, „Lebendige Flüsse“ der ·Deutschen Umwelthilfe)

Engagement von Vereinen und Ini�a�ven, Agenda 21-Gruppen und anderen ·

Kommunalwahlen ·

Wie lassen sich die unterschiedlichen Zielsetzungen (Ökologie, Nutzung, Gestaltung etc.) gewinnbringend miteinander in Verbindung setzen?

Leitbild als grobe Richtschnur und gemeinsame Diskussionsgrundlage ·

Entwicklung von tragfähigem Konsens, z. B. im Rahmen einer Zukun�swerksta� mit Bürgerbetei- ·ligung

Weitest mögliche Integra�on der Ziele und des Leitbildes in Gewässerentwicklungspläne ·

Weiterentwicklung/Anpassung der Ziele in bestehenden Fachplanungen (abschni�sweise unter- ·schiedliche Gewichtung und entsprechender Umgang mit Grundstücksverhältnissen, Straßenque-rungen, Versorgungsleitungen, Altlasten etc.)

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Entscheidende Schri�e von der Idee zum Plan! Die kommunalpoli�sche Zus�mmung und eine Absicherung des Projektes durch einen poli�schen Grundsatzbeschluss/Absichtserklärung des Stadt- bzw. Gemeinderates ist der grundlegendste Schri�. Dazu wie und wann man diesen Schri� am besten geht, liegen unterschiedliche Erfahrungen vor. Zum einen gibt es die Empfehlung, das Ganze möglichst frühzei�g und direkt zu betreiben. Zum anderen besteht die Gefahr, eine gute Ini�a�ve im Keim zu ers�cken, wenn sich die entsprechenden Gremien zu frühzei�g damit befassen. Die op�male Reife liegt im Zweifelsfall dann vor, wenn die Idee steht, Synergien (also die Verknüpfung mehrerer Zielsetzungen) und gute Argumente durch-dacht sind, Fördermi�el o. Ä. zumindest in Aussicht sind und das Ganze in einem plaka�ven Konzept vorgestellt werden kann. Darüber hinaus eignen sich folgende Vorgehensweisen:

Fachübergreifender, verbindlicher Arbeitskreis ·

regelmäßige Abs�mmung und breite Beteiligung bedarfsorien�ert ·

öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen ·

externe Gutachter/Planer als ehrliche Makler ·

Vision/Idee mit persönlichem Engagement, Ausdauer und Überzeugungskra� kommunizieren ·

Unterstützer (Geldgeber/Entscheidungsträger/Behörden) gewinnen ·

Insgesamt sind Kompromisse unerlässlich. Im urbanen Raum kann selten nur eine Zielset-zung verfolgt werden. Für ein erfolgreiches Vorgehen sollten möglichst gleichzei�g meh-rere Ziele, möglicherweise in unterschiedlicher Ausprägung an unterschiedlichen Abschni�en verfolgt werden. Alle Schri�e zur Verbesserung natürlicher bzw. ökologischer Qualitäten sind geeignet, sofern auch soziale und ökonomi-sche Ansprüche betrachtet werden. Aus sekto-raler Sicht ist dies jeweils mit Abstrichen und Kompromissen verbunden. Eine grundsätzliche Bereitscha� hierfür muss bei allen Beteiligten vorhanden oder erreichbar sein. Die Arbeit mit Leitbildern als Instrumenten für eine breite Zu-s�mmung und Orien�erung sollte zwingend am Prinzip der Nachhal�gkeit ausgerichtet sein: Eine nachhal�ge Kulturlandscha� sollte nicht als Kompromiss, sondern als Mehrwert verstanden werden! Gute Anlässe sind in der Regel vorhanden. Ent-scheidend ist jedoch, dass konkrete Ins�tu�o-nen und Personen ak�v werden und die Um-setzung in die Hand nehmen.

Es gilt also Anlässe, Gelegenheiten und Zugän-ge zu erkennen und zielgerichtet zum rich�gen Zeitpunkt zu nutzen! Eine zentrale Vorausset-zung für die erfolgreiche Nutzung der Anlässe ist das Vorhandensein eines Gewässerentwick-lungskonzeptes, das die Grobziele ggf. emo�o-nal und plaka�v darlegt, auch um Befürworter und Unterstützer zu gewinnen. Letztlich kann eine gelungene Umsetzung auch den umge-kehrten Effekt erzeugen und einen fortlaufen-den Prozess in Gang setzen: Eine Revitalisierung kann auch Anstoß für einen weitergehenden Stadtentwicklungsprozess oder ein Großereig-niss, z. B. eine Gartenschau, sein.

Anlass und Ziel

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Anlass und Ziel

Foto: Reinhard Werner

Die Wieseck in Gießen, revitalisiert im Zuge eines benachbarten Bauprojektes (links)

Der Main im Landkreis Offenbach: „Kultur am Fluss“

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Poli�k und Verwaltung1.2 Poli�k und Verwaltung

Das Zusammenspiel von Poli�k, Rat und Ver-waltung wird geprägt durch Beschlüsse, die den konkreten Aufgabenvollzug betreffen. Die Verwaltung kann aber auch Ini�a�ve zeigen, insbesondere bei der Vorbereitung von Be-schlüssen. Dieses Vorgehen ist allgemein be-kannt, es soll hier aber ausdrücklich erwähnt werden, da mit Hilfe von Verwaltungsvorlagen auch Themen gesetzt werden können, neben Anträgen von Frak�onen oder einzelnen Mit-gliedern des Rates.

Von der Haltung der Entscheidungsträger und der poli�schen wie administra�ven Meinungs-macher hängt vieles ab. Aber auch hier beste-hen Möglichkeiten, auf die Umsetzung eines Revitalisierungsvorhabens posi�v hinzuwir-ken und im besten Fall sogar Skep�ker dafür zu gewinnen. Bei erklärten Gegnern stellt sich die Lage zugegebenermaßen schwieriger, aber nicht unbedingt aussichtslos dar.

Wie lässt sich ein Vorhaben poli�sch-administra�v absichern?Die frühzei�ge · Einbindung von Entscheidungsträgern ist unerlässlich.

Das bedeutet möglichst · Fürsprecher aus Kommunalpoli�k und Verwaltungsspitze zu gewinnen, also Mandatsträger im Stadt- oder Gemeinderat sowie in den entsprechenden Ausschüssen z. B. den Ausschussvorsitz ak�v für ein Vorhaben ansprechen und mit guten Argumenten begeistern („Es darf nicht zu viel Geld kosten und muss neben ökologischer auch eine Verbesserung des Hochwasserabfluss und möglichst ein gestalterisches Plus beinhalten“).

Hierfür eignen sich auch · frak�onsübergreifende Ortstermine oder je nach Ausgangslage und S�mmung auch Einzeltermine für die jeweiligen Frak�onen bzw. für kleine Frak�onen möglicher-weise Sammeltermine. Auf diese Weise können unter Umständen Frak�on gewonnen werden, die Idee in den poli�schen Raum zu tragen und einen entsprechenden Antrag zu stellen, bei-spielsweise Gewässerbelange in Bebauungsplänen deutlich zu platzieren. Wich�g hierbei ist es, solche Termine mit einer angemessenen Visualisierung des Vorhabens und einem prak�schen Beispiel zu diesem frühen Zeitpunkt zu verbinden. In der Folge ist Kon�nuität bei diesen Angebot sinnvoll.

Auch · gemeinsame Ausflüge zu vorzeigbaren Beispielprojekten andernorts sind sinnvoll, um am lebendigen Beispiel in Verbindung mit Spaß am Fluss direkt Eindrücke zu sammeln.

Ein · ernster Umgang mit Skep�kern und ihren Vorbehalten ist wich�g. Dies setzt allerdings ein gewisses Maß an Kompromissbereitscha� in einem fachlich fundierten Rahmen voraus und das Wissen um Mo�ve und Befindlichkeiten, in der eine eher ablehnende Haltung tatsächlich be-gründet ist.

Absichterklärungen und Grundsatzbeschlüsse · , die vor allem die Zielsetzung absichern, sind adäquate Mi�el, um ein Vorhaben legi�mieren, weiterentwickeln und konkre�sieren zu können. Eine offene Kommunika�on von Lösungsvarianten mit Darstellung der Vor- und Nachteile hat sich in vielen Fällen bewährt. Das Vorgehen in einer Stufenplanung ermöglicht dabei den zeitli-chen und finanziellen Spielraum, der für die Bereitscha� zu einem Grundsatzbeschluss vielerorts Voraussetzung ist.

Als bewährtes Überzeugungsinstrument hat sich die · Machbarkeitsstudie gezeigt, die Entwicklung eines überzeugenden Konzeptes. Hierfür können externe Dienstleister herangezogen werden, die gleichzei�g in der Lage sind - auch bei bereits schwierigeren Verhältnissen vor Ort – als „ehrliche Makler“ und glaubha� in der Sache und nicht interessengebunden aufzutreten.

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Insgesamt gilt es möglichst frühzei�g und über-zeugend die Sinnha�igkeit darzustellen sowie im Interessenbereich von Entscheidungsträ-gern anschaulich, z. B. mit visuellen Darstel-lungen wie Fotomontagen, Mehrwerte gezielt herauszuarbeiten. Umweltschutz und Bauleit-planung sind Pflichtaufgaben im eigenen Wir-kungskreis und gerade Revitalisierungsprojek-te im Siedlungsbereich können als Motor für Stadtentwicklung funk�onieren. Der entscheidende Impuls muss aber nicht zwangsläufig aus Poli�k oder Verwaltung kom-men: Impulse in die Verwaltung können einen wich�gen Anstoß liefern.

Poli�k und Verwaltung

Gemeinden und Städte sind unmi�elbare und deshalb unverzichtbare Ansprechpartner für Bürger. Kommunalpoli�k bedeutet Gesell-scha�spoli�k und ist die unterste Stufe des öffentlichen Verwaltungsau�aus, das lebens-nahe Fundament unseres poli�schen Systems. Ein ak�ver Bürgerdialog und die Mitwirkung gesellscha�licher Gruppen und Vereine können bei der Entscheidung über Sachzwänge und der Ausgestaltung von Handlungsspielräumen auf kommunaler Ebene weiterhelfen. Weitere Hinweise zu diesem Thema sind zum Thema Prozess (vgl. Kapitel 1.5) zu finden.

Li�aßsäule in Freiburg/Brsg.

Eröffnung des Forellenbachs in Lengenfeld

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Finanzen

Ausreichende und gesicherte Finanzen werden übereins�mmend als DER Dreh- und Angel-punkt eines Projektes gesehen. Die finanziellen Möglichkeiten sind unbestri�en eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen eines Vorha-bens – aber nicht allein. Gerade angesichts immer knapper werdender Kassen grei� es zu kurz, ein Projekt vom zunächst verfügbaren Budget allein abhängig zu machen. Die kom-munale Finanzlage war und ist vielerorts an-gespannt. Hier ist Ideenreichtum und die ge-schickte Erschließung von Mehrwerten gefragt. Die Revitalisierung eines innerstäd�schen Flussabschni�es ist ohne Frage kostenintensiv.

Sie bietet aber gleichzei�g durch die exponier-te Lage, die Nähe zu vielen verschiedenen Nut-zern, Ins�tu�onen und nicht zuletzt zu Inves-toren und Geschä�sleuten auch Chancen für alterna�ve Finanzierungswege.Öffentliche Fördermi�el machen dennoch den größten Anteil in Ergänzung zu Haushaltsmit-teln oder anderwei�gen Eigenanteilen aus und sind deshalb unverzichtbar. Die Frage nach den Mi�eln darf deshalb auch direkt gestellt wer-den. Die dazu aufgeführten Hinweise haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, bieten bei der Suche aber erste Anknüpfungspunkte.

1.3 Finanzen

Welche Finanzierungsmöglichkeiten stehen für Projekte zur Verfügung?

StädtebauförderungGrünzüge und Flusstäler mit gesamtstäd�scher Bedeutung können beispielsweise in Integrierten Entwicklungskonzepten als ein Themenschwerpunkt aufgegriffen werden oder als zentrales Merk-mal im Mi�elpunkt einer umfassenderen Entwicklungs- oder Sanierungsmaßnahme stehen. För-dergegenstand ist dabei aber jeweils eine Gesamtmaßnahme. Eine reine Revitalisierung an einem Gewässerabschni� kommt somit nicht ohne Einbe�ung in einen weiteren städtebaulichen Kontext entsprechend des Baugesetzbuches aus. Bei Interesse für diesen Weg bietet es sich als Impuls an, unkonven�onell „Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzepte Fluss“ in eine Internetsuch-maschine einzugeben und die unterschiedlichen Beispiele aus verschiedenen Regionen mit unter-schiedlichen Ausrichtungen zu sichten. Gleichzei�g bietet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Informa�onen und Broschüren zum Thema (www.bmvbs.de), die einen all-gemeinen Eins�eg ermöglichen. Entscheidend sind letztlich aber die Ausgestaltung und die Möglich-keiten der jeweiligen Länder, die Ansprechpartner für diesen Förderbereich sind.

Zum Nachlesen:Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Bundesins�tut für Bau-, Stadt- und Raum- forschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.), 2009: Renaturierung als Stra-

tegie nachhal�ger Stadtentwicklung - Ergebnisse des Forschungsprojekts. Werksta�: Praxis He� 62. ISBN 978-3-87994-962-5. Bonn.

Fördermi�el des Bundes und der LänderIn der Regel finden sich die in Frage kommenden Programme und Angebote in den Bereichen Fließ-gewässerschutz bzw. –entwicklung/Umsetzung der EG-WRRL, Hochwasserschutz. Diese länderspezi-fischen Förderinstrumente sind bundesweit unterschiedlich gestaltet, was Modalitäten und die Höhe der Eigenanteile angeht. Auch hinsichtlich der finanziellen Aussta�ung weisen die Länder deutliche Unterschiede auf. Aus diesem Grund wird hier als ein gutes und auch über die Landesgrenzen hinaus

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interessantes Beispiel die „Ak�on Blau“ (www.ak�on-blau.de) aus Rheinland-Pfalz genannt. Darüber hinaus müssen die Anforderungen der jeweiligen Landesförderung genauer im Hinblick auf ein kon-kretes Vorhaben betrachtet werden.

Zum Nachlesen:Die Bundesregierung bietet im Internet einen umfassenden und aktuellen Überblick über Förderprogramme von Bund, der Länder sowie der Europäischen Union unter: www.foerderdatenbank.de

Die Verbändeförderung des Bundesumweltministeriums ermöglicht Zuschüsse für Projekte von Verbänden im Umwelt- und Naturschutz: www.bmu.de > Wirtscha� Innova�on > Produkte und Umwelt > Förderprogramme

Sparkassen- und Bankens��ungenHier lässt sich der Vorteil des unmi�elbaren Kontakts und der örtlich konkrete Bezug bei Beachtung der unterschiedlichen Förderschwerpunkte sinnvoll nutzen.

Umwelt- und Naturschutzs��ungen

Deutsche Bundess��ung Umwelt - DBU (www.dbu.de) ·

Allianz Umwelts��ung (www.allianz-umwelts��ung.de) ·

Kurt Lange S��ung (Milanweg 34, 33659 Bielefeld. Telefon 0521/152528) ·

Michael O�o S��ung für Umweltschutz (www.michaelo�os��ung.de) ·

BUNDs��ung (www.bund-s��ung.de) ·

Zum Nachlesen:Für detaillierte Informa�onen neben diesem nicht abschließenden Überblick über bundesweit tä�ge S��ungen gibt der Bundesverband Deutscher S��ungen eine umfassende Broschüre heraus: „Umwelts��ungen stellen sich vor“. In der Ausgabe 2008 sind beispielsweise 82 Kurzportraits einschlägiger S��ungen mit ihren Zielset-zungen, Fördergebieten, Fördervolumen/S��ungskapital etc. beschrieben.

Auf der Internetseite des Bundesverbands Deutscher S��ungen e. V. gibt es darüber hinaus die Möglichkeit über thema�sche Schwerpunkte und regionsbezogen nach geeigneten S��ungen zu recherchieren, die für geplante Vorhaben oder Teilbereiche davon in Frage kommen könnten: www.s��ungen.org > Service > S�f-tungssuche.

Weitere Finanzierungsbausteine

Nutzung von Synergiemöglichkeiten mit der · Eingriffsregelung gemäß Bundesnaturschutzgesetz und Baurecht und dem daraus resul�erenden Kompensa�onsbedarf (Ausgleichs- und Ersatzmaß-nahmen, Ersatzgeld)

Bewerbung als Projekt in der · Umweltlo�erie (z. B. BINGO! Die Umweltlo�erie in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen Anhalt)

Bewerbung als Empfänger bei der Bußgeldkasse der zuständigen Amtsgerichte ·

Einbeziehung von · Arbeitsagentur/Beschä�igungsini�a�ven bzw. -träger (Anschauung bietet das Interkommunale Weser-Werre-Else Projekt unter www.weser-werre-else.de)

Mobilisierung von · Sponsoren/Investoren, ortsansässige/in der Region tä�ge Unternehmen, möglichst mit thema�schem Bezug, z. B. Immobilienwirtscha� mit Objekten in Gewässernähe

Finanzen

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Finanzen

Insgesamt ist neben der Frage nach geeigne-ten Geldquellen auch frühzei�g eine realis�-sche und differenzierte Kostenaufstellung von Bedeutung. Dabei ist nicht unbedingt Klärung über die voraussichtliche Haushaltsbelastung das ausschlaggebende Mo�v. Vielmehr lässt sich auf diesem Weg das Gesamtvolumen ge-gebenenfalls besser spli�en und dafür unter-schiedliche Quellen und Träger gewinnen. Auch wenn Förderung aus einer Hand ein vor allem ein bürokra�scher Vorteil ist, sollte die Vertei-lung der Finanzlasten auf mehrere Schultern in Erwägung gezogen werden - keine Abschre-ckung durch Bürokra�e, das Ergebnis lohnt trotz Koordina�onsaufwand. Manchmal kann zudem eine unvorhergesehe-ne thema�sche Aufweitung des Projektes er-folgen, beispielsweise mit Partnerscha�en aus dem umweltpädagogischen oder kulturellen Bereich. Bereits beim Einwerben von Finanz-mi�eln ist Einbeziehung privat- und zivilge-sellscha�licher Akteure kein Tabu. So können Bürgers��ungen, auch wenn sie scheinbar an-dere Ziele verfolgen, sowie die ortsansässige Vereinslandscha� in der Zusammenarbeit den Zugang zu anderen Finanzierungsquellen zum gemeinsamen Nutzen herstellen. Paradoxerweise bietet gelegentlich vorhande-nes Geld eine gute Grundlage für die weitere Akquise. Vorausgesetzt es handelt sich um ein offensichtlich unterstützenswertes Vorhaben. Das Beispiel der Lu�er in Bielefeld zeigt, wie man sich krea�v um Geldgeber und Spenden bemühen kann. Eine erfolgreiche Abendver-anstaltung mit der beteiligten Schule, viel En-gagement von Schülern und Lehrern zur Vor-stellung des Vorhabens und der offensiven Werbung um finanzielle Unterstützung: „Lut-ter bei die Fische“! (www.prolu�er.de). Ein anderes Beispiel ist die Wiese in Lörrach: Die Lage im Grenzraum hat dazu aufgeordert als

„Schirmherr“ den Bundesgrenzschutz unter dem Mo�o „Lachs ohne Grenze“ zu gewinnen, was nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch eine Art guter Leumund nach sich zieht. In dieser Reihe sind noch andere Maßnahmen denkbar, wie das Angebot für den Erwerb von Bachak�en für Bürger und Interessierte, oder Spenden für konkrete Infrastruktur wie Bänke, Schilder und Laternen, Spielgeräte etc. Die Be-reitscha� der Bürger materiell und vor allem immateriell mitzuwirken sollte nicht unter-schätzt werden, vor allem nicht in Ihrer Außen-wirkung.

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Planung und Umsetzung

Planung und Umsetzung sind eng miteinander verbunden – nicht zuletzt fußt eine gelungene Umsetzung zumeist auf einer ausgewogenen und durchdachten Planung. Doch wie erreicht man genau das? Planung ist die gedankliche Vorwegnahme von Handlungsschri�en, die zur Erreichung eines Zieles notwendig schei-nen. Als Planungsergebnis erzeugen im Ideal-fall kurz-, mi�el- oder langfris�ge Pläne Hand-lungssicherheit. Das klingt zunächst banal, ist aber insbesondere im Siedlungsraum aufgrund o� unvorhergesehener Unwegsamkeiten nicht immer selbstverständlich. Ursache ist insbe-sondere vorhandene Infrastruktur wie Stra-ßen, Wege, bauliche Hochwasserschutzmaß-nahmen, Ver- und Entsorgungsleitungen, in Funk�on oder s�llgelegt. Besondere Aufmerk-samkeit gilt auch bestehenden Wasserrechten, u. a. im Zusammenhang mit Einleitungen oder dem Betrieb von Wasserkra�anlagen. Gleiches gilt auch für den Umgang mit bekannten und möglicherweise noch unbekannten Altlasten, beispielsweise industriellen bzw. gewerblichen Ursprungs oder noch nicht geborgenen Kampf-mi�eln. Vor allem bei der Planung und daraus folgen-den Umsetzungsschri�en werden die Ziele konkret in die Tat umgesetzt. In dieser Phase können Erfolge und Hemmnisse gleichen In-halts sein, beispielsweise der Umgang mit der

1.4 Planung und Umsetzungzumeist spärlichen oder nur par�ellen Flächen-verfügbarkeit. Neben der op�malen Sicherung noch unverbauter Flächen und Freiräume an Gewässern und der Schaffung neuer Reten�-onsflächen im Rahmen des Möglichen, sind o� weitere sinnvolle Maßnahmen machbar. Klei-nere Maßnahmen, die trotz geringer Flächen-verfügbarkeit die ökologische Qualität und Funk�onsfähigkeit eines Gewässers nachhal�g verbessern sind z. B.:

Extensivierung der Gewässerunterhaltung ·(z. B. Sohlräumung, Gehölzschni�)

En�ernung harter Ufer- und Sohlverbau- ·ungen und Sicherung mit ingenieurbiologi-schen Maßnahmen, Einbringung natürlicher Substrate

Schaffung von leitbildkonformen Ersatzstruk- ·turen, z. B. Störsteine, bewachsene Uferber-men, standortgerechte Ufergehölze

Verbesserung der Durchgängigkeit von ·Querbauwerken durch Auf- und Abs�egshil-fen

Öffnung überdeckter Gerinne ·

Anlage von strukturierten Niedrigwasserrin- ·nen

Der Erfolg hängt also nicht nur von den vorge-fundenen Rahmenbedingungen ab, sondern maßgeblich auch davon, WIE diese gehand-habt werden.

Was sollte in die Planung einfließen und bei der Umsetzung grundsätzlich Beachtung finden?

Machbarkeitsstudie Eine Machbarkeitsstudie kann im Vorfeld für alle Beteiligten wertvolle Entscheidungshilfe liefern indem sie Aufwand und Kosten, also technische und finanzielle Anforderungen abbildet. Mit dieser Grundlage können alterna�ve Betrachtungen oder Wertungen vorgenommen und Empfehlungen ausgesprochen werden. Hintergrund ist die möglichst transparente Vorbereitung von Entscheidun-gen zur weiteren Projektdurchführung. Dabei sollten aber unbedingt auch die zu erwartenden nicht-monetären Mehrwerte gebührend einbezogen werden.

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Planung und Umsetzung

Nutzung vorhandener Planungen Nicht nur offizielle Planwerke wie Gewässerentwicklungspläne oder dergleichen sollten herange-zogen werden, sondern insbesondere auch informelle Vorplanungen. Dazu zählen beispielsweise Entwicklungskonzepte von Agenda 21-Gruppen oder aber Ideen und Vorschläge anderer Bürger-gruppen.

Prioritätenliste Mit einer Sammlung von Zielen und Maßnahmen lässt sich eine abges�mmte Aufgabenliste erstel-len, die eine erste Basis bietet, aber dennoch ein gewisses Maß an Flexibilität beinhalten sollte. Die Prioritäten sollten im Verlauf der Planung und Umsetzung gut begründet auch verschoben werden können, um auf sich bietende Gelegenheiten pragma�sch eingehen zu können. Dieser „Aufgaben-speicher“ eignet sich auch als Ansatzpunkt, um Interessierte und ehrenamtlich Tä�ge gezielt in den Planungs- und Umsetzungsprozess einzubinden.

Meilensteinplanung Bei der Gesamtplanung empfiehlt es sich Meilensteine, also besondere Etappenziele und Fortschrit-te, herauszuarbeiten. Dazu ist ein Zeitplan als verlässliches Rahmenkonzept erforderlich, so dass der Planungs- und Umsetzungsprozess terminlich nicht aus den Fugen gerät. Dieses Vorgehen ermög-licht Orien�erung für sämtliche Beteiligte und gleichzei�g die unbedingt nö�ge Flexibilität zur An-passung der Zeitplanung, z. B. bei unvorhergesehenen Ereignissen. Nicht zuletzt können die Meilen-steine auch als Richtschnur und Erfolgsmessla�e für die poli�schen Entscheidungsträger fungieren. Das Zusammenspiel mit einer Prioritätenliste kann eine gute Hilfestellung für die Aufstellung einer Meilensteinplanung bieten.

Stufenplan Bewährt ist die planerische Vorbereitung einzelner Bauabschni�e bis zur Genehmigungsreife, die unabhängig voneinander realisiert werden können. Dieses Vorgehen ermöglicht das Denken in Teil-projekten und die abschni�sweise Realisierung, so dass unter Umständen an strategisch bedeutsa-men Standorten eine Umsetzung möglich wird, auch wenn die Umsetzung anderer Abschni�e noch nicht möglich sein sollte. Fer�ggestellte Abschni�e können dann im Ergebnis schon gewürdigt wer-den und sich damit posi�v auf den Fortschri� des Gesamtvorhabens auswirken. Auch kann hiermit ein güns�ger Einfluss auf den Einsatz (Wann und Wie) der Finanzmi�el verbunden sein.

Flächentausch und Gewässerallmende Ein vorbereitender Flächentausch erweitert o� den Handlungsspielraum und beeinflusst die Pla-nung maßgeblich. Mit einem sehr frühzei�gen Kontakt zum Liegenscha�samt und einem nicht zu engen Rahmen für mögliche Tauschflächen lassen sich o�mals gute Ergebnisse erzielen. Auch eine Art Gewässerallmende kann ein geeignetes Mi�el sein, um mehr Flächenspielraum zu bekommen und Problemen wie Hochwasserabfluss im Siedlungsbereich besser begegnen zu können. Hierfür sind intensive Aulärung und frühzei�ger persönlicher Kontakt zu den Eigentümern und Nutzern der betroffenen Flächen unerlässlich. In der Ausgestaltung kann sich dies folgendermaßen darstel-len: Gewässeranlieger stellen unter auszuhandelnden Bedingungen (Leistungen und Gegenleistun-gen) einen ans Gewässer direkt angrenzenden Teil Ihres Grundstücks zur Verfügung. Eine Allmende kann beispielsweise auf die Nutzung der Gemeindeverwaltung beschränkt sein oder aber auch als Weg öffentlich zugänglich sein.

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Ha�ungsfragenBereits in der Planung sollten Fragen rund um das Thema Ha�ung und Verkehrssicherung offensiv angegangen werden. Das meint aber nicht, dass unkonven�onelle Gestaltungen und vermeintliche Gefahrenbereiche von Vornherein ausgeklammert werden sollten, im Gegenteil. Beispielsweise kann die Planung einer Furt durch das Gewässer ein gewünschtes Element sein, ein sicherndes Ge-länder würde hier allerdings eher stören. Um mögliche Risiken realis�sch abzuschätzen, hat es sich bewährt im Vorfeld eine Gefahrenanalyse durchzuführen. Dies sollte in unmi�elbarem Kontakt mit dem zuständigen Schadensversicherer (z. B. Kommunaler Schadenausgleich) erfolgen und gut doku-men�ert werden. Bei einer derart soliden Planung sind übertriebene Bedenken fehl am Platz und sollten das Handeln und nicht zuletzt den Zugang zum Wasser keinesfalls einschränken. Die Salze in Bad Salzuflen mit über 30 Jahren Erfahrung hierzu oder die Ruhr in Olsberg können als gute Beispiele dienen.

Planungsbeirat Für eine tragfähige Planung und Umsetzung kann ein Planungsbeirat geschaffen werden, möglichst zusammengesetzt aus allen kommunalen/städ�schen Funk�onsbereichen und Fachdisziplinen. Hier-für sind unterschiedliche Organisa�onsformen und Intensitäten von informell bis formell denkbar. Das betrifft z. B. die Aspekte Geschä�sordnung oder die Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Treffen.

Externe Dienstleister Gerade bei umfassenderen und langfris�g angelegten Vorhaben hat sich der Einsatz verlässlicher, erfahrene Dienstleister für eine gute Planung und ak�ve Steuerung als sinnvoll erwiesen. Gemessen an der Gesamtsumme sind die dafür erforderlichen Kosten zumeist rela�v gering; Professionalität sollte hier im Vordergrund stehen. Auch die Zusammenarbeit mit Universitäten, Fachhochschulen und anderen Forschungseinrichtungen kann gewinnbringend für alle Beteiligten sein, z. B. im Rah-men von Studienarbeiten.

Fotodokumenta�onDie Dokumenta�on der Ausgangssitua�on mi�els Fotos, also vor Baubeginn, währenddessen und natürlich nach Fer�gstellung und bei Bedarf auch während der weiteren Entwicklung ist immer sinn-voll.

BeweissicherungDer ausführlichen Beweissicherung (Fotos, Begehungen, Aufnahmeprotokolle) des Zustandes insbe-sondere von anliegenden Privathäusern und anderen Bauwerken sollte ein fester Platz eingeräumt werden. Diese Vorgehensweise bietet auch Gelegenheit zum direkten Austausch mit Anliegern, zum Au�au von Vertrauen und zum Aufgreifen anderer berührter Themen.

Ausschreibung/VergabeFür Ausschreibung und Vergabe empfiehlt es sich, auch im Hinblick auf effiziente Mi�elverwen-dung, vorausschauend Bauabschni�e zu bilden. Ratsam kann es auch sein, eine mehrjährige Ent-wicklungspflege sowie Maßnahmen zur Erfolgskontrolle (z. B. hinsichtlich der Entwicklung des Mak-rozoobenthos) bereits frühzei�g in die Ausschreibung einzubeziehen.

Planung und Umsetzung

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Planung und Umsetzung

Zum Nachlesen:

Deutscher Rat für Landespflege (Hrsg.), 2008: Kompensa�on von Strukturdefiziten in Fließgewässern durch Strahlwirkung. He� 81. ISSN 0930 – 5165.

DWA, 2009: Entwicklung urbaner Fließgewässer - Grundlagen, Planung und Umsetzung. Teil 1, DWA-M 609-1 06 2009, ISBN:978-3-941089-64-8.

Kaiser, O. (2005): Bewertung und Entwicklung urbaner Fließgewässer. - Disserta�on der Fakultät für Forst- und Umweltwissenscha�en, Ins�tut für Landespflege, Culterra 44, 302 S.

Krämer, I., 2006: Verrohrte Fließgewässer bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie – mögliche Lösun-gen und deren Auswirkungen. ISBN-10: 3-8334-6518-2.

Mende, M. & Sindelar, C., 2009: Lenkbuhnen zur Strukturierung und Stabilisierung von Fließgewässern. In: Was-serWirtscha� (DWA), He� 1-2/2009.

Miethaner, S., König, F. & Lehmann, B., 2008: Ein neuer Bewertungsansatz für urbane Fließgewässer. In: Was-serWirtscha� (DWA), He� 5/2008.

Montag S��ung Urbane Räume Regionale 2010 (Hrsg.), 2008: Stromlagen, Urbane Flusslandscha�en gestalten. ISBN 978-3-7643-8828-7.

Sundermann, A., C. Antons, E. Heigl, D. Hering, E. Jedicke, A. Lorenz & P. Haase, 2009: Evalua�on von Fließge-wässer-Revitalisierungsprojekten als Modell für ein bundesweites Verfahren zur Umsetzung effizienten Fließ-gewässerschutzes.

h�p://www.freiraum.uni-hannover.de: Prozessorien�erte Gestaltung urbaner Fließgewässerräume, Leitung: Prof. Dr. Mar�n Prominski, Prof. Antje Stokman, Laufzeit: 08-2008 – 08-2010, Förderung durch DFG.

h�p://www.erneuerbare-energien.de > Wasserkra�

vorher Der Hainbach in Böchingen nachher< <

Die Salze in Bad Salzuflen

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Planung und Umsetzung

Insgesamt gilt es bereits in der Planung ak�v Bezugspunkte zum städ�schen Leben zu schaf-fen, gerade wenn das Gewässer bislang eher eine untergeordnete Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung gespielt hat. Gestaltungsele-mente wie Aussichtspla�eaus, Überhänge als Art Balkon, Spielplätze unmi�elbar am und in Berührung mit Wasser, Uferwege, Furten und dergleichen können letztlich in eine aus ande-ren Gründen notwendig gewordene Planung gewinnbringend aufgenommen werden. Hie-runter fällt auch die Offenheit gegenüber sich in der Umsetzung ergebender Gelegenheiten. Das kann das Aufgreifen bisher wenig bekann-ter historischer Bezüge sein, wie die gestalteri-sche Integra�on eines ehemaligen Waschplat-zes. Ein gelungenes Beispiel findet sich an der Lahn in Gießen. Im Verlauf der Planung ist das „Lahnfenster“ entstanden. Es ermöglicht ein-drucksvoll den Unterwasser-Blick in eine Fisch-aufs�egsanlage zur Umgehung einer Wasser-kra�anlage (s. Foto unten und ist gleichzei�g

als Anlaufstelle für wasserbezogene Umwelt-bildungsak�vitäten eingerichtet. Mi�els einer webcam kann auch via Internet in die Lahn eingetaucht werden: h�p://lahnfenster.rp-giessen, Benutzername Gast (ein Passwort ist nicht erforderlich). Mit solchen Maßnahmen lässt sich gezielt auch Aufmerksamkeit und Bewusstsein für ökologische Anforderungen schaffen. Als unumstri�en sinnvoll haben sich eine klare Kompetenzverteilung, verbindliche Ansprech-partner und die Informierung und das Ernst-nehmen möglichst sämtlicher Betroffener im Zuge der Planung und vor jeder größeren Bau-tä�gkeit gezeigt. Eine entscheidende Erfahrung bei Planung und Umsetzung ist die Poli�k der kleinen Schri�e: Mit Maßnahmen da zu beginnen, wo Erfolge schnell und ansprechend zu sehen sind. Das gilt auch für Bauabschni�e und Maßnahmen, die fachlich nicht immer die naheliegendsten sind.

< Das Lahnfenster in Gießen

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Prozess1.5 ProzessDurch die direkte Einbeziehung der Anlieger, der Vertreter anderer Fachdisziplinen als der eigenen und die realis�sche Möglichkeit zur Mitgestaltung durch die Einwohnerscha� kön-nen sich den Ausführenden von Planung und Umsetzung bei überlegtem Vorgehen echte Mehrwerte eröffnen. Gerade im Siedlungsbe-reich sollte der Ausgestaltung des gesamten Prozesses von der ersten Idee bis hin zu Ak�-vitäten am Gewässer im Anschluss an längst abgeschlossene bauliche Maßnahmen nicht als Nebensache betrachtet werden. Vielmehr lohnen sich hier Einsatz und Mühe, um die besonderen Potenziale, die die Siedlungsdich-te bietet, trotz der ebenfalls daraus resul�e-renden Schwierigkeiten gezielt zu nutzen. Das bedeutet angesichts der Prominenz der Stand-orte und der Nähe zu Öffentlichkeit und Anlie-gern eine ak�ve und möglichst kon�nuierliche

Kommunika�on zu verfolgen. Das Thema Pro-zess ist auch in allen vorangegangenen Inhal-ten präsent: Zielfindung, der Umgang mit Po-li�k und Verwaltung, die Finanzierung und vor allem Planung und Umsetzung eines Revitali-sierungsvorhabens sind zweifelsohne Teil des Prozesses. Da das Thema so übergreifend prä-sent ist, wird den prozessbezogenen Aspekten deshalb ein eigenes Kapitel mit allgemeinen Hinweisen gewidmet. Diese beziehen sich vor allem auf die Bereiche Koopera�on, Öffentlich-keitsarbeit, Bürgerbeteiligung mit den jeweils empfehlenswerten Instrumenten und Vorge-hensweisen. Aber auch Tipps zum Umgang mit Konflikten oder wie man einen möglichst lebendigen und dauerha�en Prozess gestalten kann, werden weitergegeben. Der Aufwand einer durchdachten und kon�-nuierlichen Vorgehensweise lohnt sich!

Welche Chancen bietet Koopera�on ?Eine gut funk�onierende Koopera�on wird in allen Phasen und auf allen Ebenen als entscheidend angesehen für den Erfolg eines Vorhabens. Wich�ge Bedingung hierfür ist die Freiwilligkeit bei den Partnern und gleichzei�g eine möglichst enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Vertrauen lässt sich über die Einbindung möglichst aller potenziellen Akteure gewinnen. Zur Umsetzung eig-net sich beispielsweise ein projektbegleitender Arbeitskreis, der Entscheidungsträger, Fachplaner bzw. Fachdisziplinen sowie die jeweiligen Partner vor Ort wie Unterhaltungsverbände, Vereine und Interessensgruppen usw. an einem Tisch vereint. Das setzt ein Grundinteresse am Vorhaben voraus. Mitstreiter und geeignete Partner können darüber hinaus aber auch mit entsprechenden Angebo-ten interessiert werden. Ein solches Angebot könnte ein Teilprojekt sein, in dem sich der Partner wieder findet und das in das Gesamtvorhaben passt oder das sich ohnehin aus diesem ergibt: z. B. Naturschutzverbände für das Monitoring gewinnen. Auf diese Weise bietet sich die Möglichkeit, Koopera�onen fortlaufend und konstruk�v zu entwickeln und so zu ausgewogenen Kompromissen zu gelangen. Voraussetzung hierfür ist ein Mindestmaß an Bereitscha� zum Verhandeln und zum Kompromiss. Die reibungsarme Zusammenarbeit ist dann über eine klare gemeinsame Zielsetzung, Aufgabenverteilung und Zuständigkeiten bzw. Verantwortlichkeiten zu erreichen. Das gilt vor allem für interkommunale Koopera�onen. Vor allem im Hinblick auf eine weiterführende Zusammenarbeit sollte eine gebührende Annerken-nung der Mitstreiter und ihrer Beiträge nie vergessen werden.

Zum Nachlesen:Langer, Kers�n; Renn, Ortwin (2000): Koopera�ve Planungsansätze in der interkommunalen Zusammenarbeit – Konfliktschlichtung am Runden Tisch? Arbeitsbericht der Akademie für Technikfolgenabschätzung Nr. 116

h�p://www.weser-werre-else.de

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Welche Rolle spielt Öffentlichkeitsarbeit?Der Öffentlichkeitsarbeit kommt eine Schlüsselrolle zu: Sie kann ein Projekt befördern und eben-so zu Fall bringen. Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet o�mals dieselbe für ein Thema und Vorhaben zunächst herzustellen. Eine wich�ge Erfahrung ist deshalb, frühzei�g und offensiv diese wich�ge Aufgabe wahrzunehmen, also agieren sta� reagieren. Dabei geht es nicht nur um einen gelunge-nen Informa�onsfluss, sondern auch um die die Wahl der rich�gen Kommunika�onswege. Bei der klassischen Öffentlichkeitsarbeit werden hierunter die bekannten Medien, vor allem die lokale Ta-gespresse, verstanden. Redakteure sind wich�ge Mul�plikatoren, mit welchen Kontakte bewusst und intensiv gepflegt werden sollten. Damit verbunden ist nicht nur die Meinungsbildung in der Öffentlichkeit mi�els Pressemeldungen des Projek�rägers. Gerade auch für Hinweise auf Veranstal-tungen und Ak�onen im Verlauf der Planung und Umsetzung sollte mit diesem Zugang gebührend umgegangen werden. Gezielte Pressetermine vor Ort können - gut vorbereitet - auch aus scheinbar verfahrenen Situa�o-nen helfen und mit Missverständnissen aufräumen bzw. diesen frühzei�g vorgreifen.Informa�onsfaltblä�er und Hauswurfsendungen eignen sich, insbesondere um gezielt Anlieger di-rekt mit Informa�onen zu versorgen. Dabei ist zumeist aber keine große Rückmeldung zu erwarten. Bewährt hat sich ein projektbezogenes Informa�onsangebot im Internet. Die Intensität eines sol-chen Angebotes hängt stark vom Umfang, der Dauer, der Zielsetzung und Brisanz des Vorhabens ab und kann von einer schlichten Informa�onsseite bis hin zu einem aktuellen Bautagebuch mit Fotos etc. reichen. Sofern die Möglichkeit vor Ort besteht, bietet auch Lokalradio oder –fernsehen eine gute Pla�orm, ein Revitalisierungsvorhaben der Öffentlichkeit lebendig vorzustellen, am besten mit einem Ereignis wie dem Spatens�ch. Alles in allem haben sich regelmäßige Baustellenführungen als sinnvoll erwiesen. Bei längeren Di-stanzen und zahlreichen Gästen bietet sich ein „Roter Faden“ zur Streckenmarkierung an (z. B. aus Sportplatzfarbe als kostengüns�ge und wieder en�ernbare Möglichkeit). Grundsätzlich sollte abge-wogen werden, ob die Teilnehmer nach Interessengruppen getrennt oder möglicherweise bewusst auch gemischt eingeladen und geführt werden können, z. B. breite Öffentlichkeit, Parlamentarier oder Verbände zusammenführen, sofern kein Grund dagegen spricht. Mancherorts wurde eigens ein Info-Pavillon als zentraler Informa�onspunkt zum Vorhaben aufgestellt. Hierbei sollte im Vorfeld aber schon eine Nachnutzung bedacht werden. Intensive Anliegergespräche und die Einrichtung von verbindlichen Einwohnersprechstunden bie-tet eine sinnvolle Möglichkeit, den unmi�elbaren Kontakt zur Öffentlichkeit herzustellen und auf diese Weise auch nutzbringende und direkte Rückmeldungen zu erhalten. Für eine breite Akzeptanz und Zus�mmung zum Vorhaben haben sich Veranstaltungen aller Art – möglichst am Ort des Geschehens - bewährt:

Informa�onsveranstaltungen und Ortstermine ·

Festveranstaltungen (Spatens�ch, Einweihungen und Eröffnungen zelebrieren) ·

Ausstellungen ·

Foto-Kalender (ergänzt durch Wasser�pps mit lokalem Bezug) ·

Schnitzeljagd und Umweltrallye (z. B. s. h�p://www.geocaching.de, ·h�p://www.umweltschulen.de > Suchwort: Umweltrallye)

Prozess

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Veranstaltungen, Internetangebot und Pressearbeit lassen sich gut kombinieren. Entscheidend ist, die Ak�vitäten stets in ihrer Reihenfolge und hinsichtlich Zweck, Adressaten sowie Aufwand zu hin-terfragen. Da o�mals unterschiedliche, durchaus emo�onal geprägte Haltungen bei den Interessen-sgruppen vorhanden sind, eignen sich besonders zum Eins�eg Veranstaltungen, die auf die Bedürf-nisse der einzelnen Gruppen zugeschni�en sind.

Zum Nachlesen:

h�p://www.wiesionen.de

h�p://www.melle.info > Rathaus > Umwelt > Else-Projekt

h�p://www.lebendige-hase.de

h�p://www.weser-werre-else.de

h�p://www.prolu�er.de

h�p://www.wiesionen.de

h�p://www.melle.info > Rathaus > Umwelt > Else-Projekt

Müller, E. & We�erich, S., 2005: Rathaus im Klartext: Moderne Bürgerinforma�on. ISBN-10: 3782504585.

Reiter, M., 2006: Öffentlichkeitsarbeit: - die wich�gsten Instrumente - die rich�ge Kommunika�on - der beste Umgang mit den Medien. ISBN-10: 3636013424.

SELLE, K. 2000: Was? Wer? Wie? Warum? – Voraussetzungen und Möglichkeiten einer nachhal�gen Kommunika�on. Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur.

Welcher Stellenwert kommt Beteiligung zu - Pflicht und Kür?Die Beteiligung Betroffener wurde früher tendenziell als Pflicht aufgefasst und blieb auf wenige Pha-sen während der Genehmigung begrenzt. Dabei hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Beteiligung betroffener Personen und Organisa�onen in der Regel zu einer besseren und nachhal�-geren Planung und Projektrealisierung führt. Beteilungsverfahren und Öffentlichkeitsarbeit, intensiv betrieben, können Hand in Hand gehen. Die Öffentlichkeit, also Einwohner, Vereine und andere Inte-ressensgruppen können in Entscheidungs- und Willenbildungsprozesse sinnvoll einbezogen werden und Planungen so wirkungsvoll bereichern. Neben der gesetzlich festgelegten formellen Beteiligung spielt dabei vor allem die freiwillige, informelle Beteiligung eine große Rolle. Als Mi�el für eine brei-te Akzeptanz und zum Dialog zwischen Verwaltung und Poli�k mit den Einwohnern kommt ihr eine wich�ge Bedeutung zu, vorausgesetzt, sie wird frühzei�g begonnen und ist langfris�g angelegt. Bewährt hat sich eine sehr frühe, je nach Interessenshintergrund differenzierte Einbeziehung der Akteure, also schon vor und auch ohne formelle Anforderung zur Beteiligung. Insbesondere bei der Ansprache betroffener Anlieger und Grundstückseigentümer sollten persönliche Anschreiben und Kontaktaufnahme vorgezogen werden gegenüber Bürgerversammlungen und dergleichen. Selbst bei guter Vorbereitung kann es passieren, dass Interessensvertreter übersehen werden, was ein Vorhaben nicht beeinträch�gen muss. Wenn jemand vergessen wurde hil� es, den Fehler ehrlich einzugestehen und ausdrücklich die Einladung zum Mitwirken nachzuholen. Für die Organisa�on des Dialogs und der Mitwirkung empfiehlt sich ein ergebnisoffenes und trans-parentes Vorgehen. Gleichzei�g ist für die zielorien�erte Durchführung eine inhaltliche Vorstruk-turierung hilfreich. Das kann heißen, eine Diskussion möglichst mit hinreichend konkreten Themen und Fragebereichen anzuleiten. Diese Steuerung kann der Entstehung von falschen oder nicht er-

Prozess

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füllbaren Erwartungshaltungen hinsichtlich späterer Umsetzungsmöglichkeiten vorbeugen. Wenn der Beigeschmack einer nicht ernst gemeinten „Scheinbeteiligung“ entsteht, ist das kontraproduk�v. Die Neugier und Betroffenheit der möglichen Beteiligten sollte nicht unterschätzt und mit Bürger-vorschlägen und –ideen konstruk�v umgegangen werden - Bürger werben nicht zuletzt Bürger! Für eine erfolgreiche Bürgerbeteiligung und Ak�vierung bürgerscha�licher Kompetenz eignen sich erfahrungsgemäß folgende Instrumente und Methoden:

Bürgerbefragung ·

Runder Tisch ·

Zukun�swerksta� ·

Zukun�skonferenz ·

Open Space ·

Planungszelle, Bürgergutachten ·

Planning for Real - “Ak�v für den Ort“ ·

Par�cipatory Learning and Ac�on - „Mitein- ·ander Lernen und Handeln“

Zielgruppenworkshops für Teilbereiche oder ·Themen

Bürgerentscheid ·

(Quelle: h�p://rw.leader.lu/de/teilprojekt_par�zipa�ons_coaching)

Prozess

Zum Nachlesen:

h�p://www.buergergesellscha�.de

h�p://www.mitarbeit.de

S��ung Mitarbeit (Hrsg.), 2003: Handbuch Bürgerbeteiligung. Arbeitshilfe Nr. 30.

Hekler, G., Kaltenbacher, W. & Krau�er, H., (Hrsg.), 1999: Mit dem Bürger planen. Verlag: Müller C. F.; Auflage 2. A. ISBN-10: 3788074272.

Oppermann, B. & Langer, K., 2003: Verfahren und Methoden der Bürgerbeteiligung in kommunalen Poli�kfel-dern. Lei�aden der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Wür�emberg, Stu�gart.

Bischoff, A., Selle, K. & Sinning, H., 1996: Informieren, Beteiligen, Kooperieren. Kommunika�on in Planungs-prozessen. Eine Übersicht zu Formen, Verfahren, Methoden und Techniken. Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur. Dortmund.

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ProzessWie lässt sich Konflikten begegnen? Nicht immer lassen sich Konflikte vermeiden und keinesfalls sollten sie unterschätzt werden in ih-rer Wirkung für ein Vorhaben und der Dynamik, die sie en�alten können. Manchmal sind sie so-gar beinahe voraussagbar. Querulanten, die fast immer vorhanden sind, ausgenommen. Ursache für einen auommenden Konflikt ist häufig unzureichende oder falsche Informa�on auf Seiten der Gegner und Skep�ker. Gut ist eine Art funk�onierendes Frühwarnsystem nach innen. Das können gute persönliche Kontakte zu den unterschiedlichen Interessengruppen oder zu einzelnen Anliegern sein, erfordert aber in jedem Fall eine hohe Aufmerksamkeit. Wenn sich über Nacht das Interesse der Öffentlichkeit z. B. auf eine unvorbereitete Behörde konzentriert, birgt das die Gefahr von zu-sätzlichen Missverständnissen. Erweckt eine Ins�tu�on im Konflik�all auch nur den Eindruck einer Hinhaltetak�k, ist dieser meist nur schwer wieder auszuräumen. Auf jeden Fall ist eine gute Vorbe-reitung ratsam im Hinblick auf den Umgang mit Konflikten - konkret oder auf Verdacht. Dazu gehö-ren beispielsweise Kontakte mit Journalisten, No�allpläne für die eigene Arbeit, die Möglichkeit externen Sachverstand hinzuzuziehen und scheinbar banal Bausteine für geeignete Pressetexte in der Schublade vorzuhalten.Kri�sche Punkte in fast allen Vorhaben sind beispielsweise mangelnde Toleranz für baubedingte Be-hinderungen und poli�scher und wirtscha�licher Druck. Eine tragfähige Strategie ist es, schwierige Themen und Maßnahmen direkt und offensiv vorzustellen und ehrlich zu disku�eren. Angriff wird hier zumeist als die beste Verteidigung gesehen, um mögliche Konflikte frühzei�g abzustellen. Es ist hilfreich Skep�kern a�rak�ve Angebote im Hinblick auf ihre Kri�k zu machen und Gegner möglichst ak�v und öffentlich einzubeziehen. Auch wenn es ursächlich nicht nur um Missverständnisse geht, sondern um gegensätzliche Ansichten und Wünsche, hat sich ein offensives Vorgehen bewährt: Hier müssen ggf. andere Lösungswege gefunden werden oder einzelnen Maßnahmen zumindest tempo-rär zurückgestellt werden. In jedem Fall sollten alle Spielräume für Kompromisse genutzt werden, um nicht den Verlauf des Gesamtvorhabens zu gefährden. Der Einsatz von Experten hat sich bewährt und reicht von der Einbindung von Universitäten bzw. Fachhochschulen (z. B. Studienarbeiten) bis hin zu Moderatoren oder gar Mediatoren als externe Projektsteuerer, die sich als Vertreter aller Beteiligten verstehen und auch die Sprache aller spre-chen. Vorteile liegen in der Funk�on als ehrliche Makler in der Sache und gleichzei�g der Fähigkeit zum „Dolmetschen“ zwischen den unterschiedlichen Parteien. In weniger brisanten und verfahrenen Situa�onen lohnt sich dagegen auch die Überlegung, ob nicht z. B. eine lokale Bürgergruppe/Agenda Gruppe eingebunden werden kann, gerade im Kontakt mit anderen Einwohnergruppen und Anliegern.

Zum Nachlesen:

Oppermann, B. & Langer, K., 2003: Umweltmedia�on in Theorie und Anwendung. Lei�aden der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Wür�emberg, 2. überarbeitete Auflage, Stu�gart.

Was führt zu einem langfris�g lebendigen Projekt?Die Umsetzung von Maßnahmen wird einfacher, je länger ein Projekt erfolgreich ist. Im Siedlungs-bereich ist dies umso wich�ger, weil die Projekte meistens viel langfris�ger geplant und umgesetzt werden, als beispielsweise an Gewässerabschni�en in der freien Landscha�. Gleichzei�g dient der Aufwand bei urbanen Flussrevitalisierungen nicht nur dem Naturhaushalt, sondern auf eine direkte Art auch den Menschen vor Ort. Es wäre geradezu frevelha�, die von guten Projekten ausgehenden

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Impulse für eine weitergehende qualitätsvolle Entwicklung des Lebens- und Geschä�sumfeldes ei-nes Ortes nicht zu nutzen. Ein Weg dies zu erreichen ist, wie oben dargelegt, Personen und/oder Ins�tu�onen frühzei�g und (teil-)verantwortlich einzubinden. Zumindest Teile eines Projektes müssen zu Projekten der lokalen Akteure und Gruppen werden. Bereits Ak�ve gilt es auch als Mul�plikatoren zu gewinnen und In-teressierte für das Gemeinwesen zu ak�vieren. Hier sind auch unkonven�onelle Ak�onen gefragt: Warum nicht die hin zu mehr Aufenthaltsqualität umgestaltete Unterführung einer Flussbrücke von Grafi�sprayern gestalten lassen oder punktuell Lichtkunst einsetzen? Gefragt ist Ideenreichtum und manchmal etwas Mut. Bewährt hat sich, wenn der Träger Starthilfe über den Transport von posi�v emo�onal belegten Themen und der Herausstellung der Vorteile für die Einwohnerscha� im Rah-men der Öffentlichkeitsarbeit, Koopera�ons- und Beteiligungsorganisa�on gibt. Ziel muss sein, Lust auf eine ak�ve Mitwirkung mit niedrigschwelligen Angeboten zu machen, um zunächst unterschied-lichste Interessen und Begeisterung zu wecken. Gute Beispiele aus gelungenen Projekten sind:

Gewässerstamm�sch ·

Gewässerradtouren zu unterschiedlichen Themen (mit Presse) ·

Bürgerbachak�onen, zum Arbeitseinsatz einladen, wo es möglich ist ·

Kunst am Wasser ·

Veranstaltungen ans Wasser legen ·

Koopera�on mit Schulen (gezielt Projek�age anregen: Goldwäsche für Kinder am Fluss) ·

Ein langfris�ges Vorhaben und tragfähiges Ergebnis ist, wenn z. B. Vereine und Bürgers��ungen im Kontext eines Revitalisierungsprojektes entstehen. Engagement bedeutet schließlich, dass Idee und Planung angenommen und zu eigen gemacht werden, auch wenn durch viele Beteiligte und Partner so manches Vorhaben als anstrengend empfunden wird. Ein lebendiger Prozess mit Lob und Kri�k hat den Nerv getroffen und die Menschen erreicht!

Zum Nachlesen:

h�p://www.lebendige-hase.de

h�p://www.darmbach-ev.de

h�p://www.neue-ufer.de und

h�p://www.wasser-stadt-leipzig.de

h�p://www.melle.info > Rathaus > Umwelt > Else-Projekt

h�p://www.wiesionen.de

h�p://www.prolu�er.de

h�p://www.weser-werre-else.de

Prozess

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Für die dauerha�e Akzeptanz von Revitalisie-rungsmaßnahmen an urbanen Fließgewässern und zur Schaffung der Akzeptanz von Bürgern; Poli�kern und den unterschiedlichsten Inter-essengruppen ist über Einzelprojekte hinaus auch eine langfris�g angelegte und kon�nu-ierliche Umweltbildungsarbeit auf allen Stu-fen hilfreich (Schulen, Hochschulen, außer-schulische Jugendarbeit, Erwachsenenbildung, usw.). Umweltverbände, S��ungen und ande-re Einrichtungen können eine ak�ve Rolle in der Umweltbildung spielen und Kommunen,

insbesondere die Verantwortlichen für Was-serwirtscha�, Umwelt und Stadtplanung sowie S��ungen und Sponsoren können hier als Im-pulsgeber unterstützen. Dabei kann bereits in vielen Regionen auf der Arbeit vorhandener Netzwerke aufgebaut werden. Einen genaueren Blick auf die Möglichkeiten und Anforderungen hinsichtlich der Ak�vitäten für eine Bildung für nachhal�ge Entwicklung rund um urbane Fließgewässer bietet das fol-gende Kapitel, das auf einer eigenständigen Untersuchung fußt.

TEIL 2:Umweltbildung an urbanen Fließgewässern

Die Sulz in Beilngries

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Umweltbildung

Praxisempfehlungen für Kommunen, Umweltorganisa�onen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen sowie Netzwerke

Gerhard Becker, Günter Terhalle1

2.1 Zur Bedeutung von Bildung für urbane FließgewässerFließgewässer in den weltweit schnell wachsenden urbanen Räumen sind ein zentrales Thema für eine nachhal�ge Entwicklung. Das ergibt sich bereits aus der Agenda 21 von Rio de Janeiro 1992. Ein daraus folgender poli�scher Handlungsrahmen leitet sich in Europa aus der Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) seit 2000 ab. Leider findet hier der urbane Raum nur wenig Beachtung. Zwar fordert die WRRL die Berücksich�gung sozialer, ökologischer und wirtscha�licher Aspekte als Richtlinie nach-hal�ger Entwicklung. Auch sieht sie die Par�zipa�on von Öffentlichkeit und einzelnen Bürgern vor. Jedoch Umweltbildung oder besser und umfassender Bildung für nachhal�ge Entwicklung (BNE) wird noch viel zu wenig berücksich�gt.In den letzten 25 bis 30 Jahren hat sich in vielen deutschen und europäischen Städten in der Wert-schätzung ihrer Gewässer ein grundlegender Wandel vollzogen: Offene und ‚natürlichere‘ Gewässer werden zunehmend Ziel zukun�sorien�erter Stadtentwicklungs- und Gewässerpoli�k. Dies ist be-gründet in veränderten Lebensbedürfnissen, erfolgreichen Gewässerschutzmaßnahmen, im Nach-hal�gkeitsdiskurs und nicht zuletzt in jahrzehntelanger beharrlicher Umweltbildungsarbeit.Wenn innerstäd�sche Gewerbe- und Industriegebiete aufgegeben werden, bieten sich o� städte-bauliche Chancen, Bereiche urbaner Flüsse und Bäche unter demokra�scher Beteiligung neu zu ge-stalten. Jetzt können die Gewässer für Freizeitak�vitäten und Erholung da sein; auch können sie ökologisch verbessert werden (vgl. Kaiser 2005). So en�altet sich eine neue urbane „Gewässerkul-tur“ (vgl. Ipsen/Cichorowski 1997), die nur mithilfe langfris�g und breit angelegter formeller und in-formeller Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit auf allen Ebenen demokra�sch gestaltet werden kann. Ohne eine solche Bildungsarbeit (als BNE) wird es letztlich keine erfolgreiche Fließgewässerpoli�k im Sinne der WRRL oder der Agenda 21 geben können. Andererseits bietet gerade der komplexe städ�sche Rahmen der Fließgewässer sehr vielfäl�ge inhaltliche Möglichkeiten einer modernen lo-kalen und handlungs- sowie kompetenzorien�erten Bildung, die sehr unterschiedlichen Adressaten im Sinne einer Orien�erung auf die jeweils eigene Lebenswelt gerecht werden kann.Natürlich sind pädagogische Beschä�igungen mit Fließgewässern nichts Neues. Sie gehören seit Jahrzehnten zu den beliebtesten Standardthemen der schulischen und außerschulischen Umweltbil-dung: In Schulen sind sie jedoch meistens nur auf Inhalte des Biologie-, Chemie- oder Geografieun-terrichts bezogen (s. Härtling/Döpke 2007), dafür stehen in außerschulischen Umweltbildungsein-richtungen häufig Handlungs- oder Erlebnisorien�erung im Vordergrund. Einen aufschlussreichen Überblick über die konkrete Praxis, eine Aufarbeitung der zugrunde liegenden didak�schen Konzep-te, der Erfahrungen und Wirkungen oder gar Evalua�onen gab es bisher kaum (vgl. Re�g 2006).

1 Dr. Gerhard Becker, UmweltBildung für nachhal�ge Entwicklung (UBINOS), c/o Universität Osnabrück, h�p://www.umweltbildung.uni-osnabrueck.de/becker email: [email protected]ünter Terhalle, Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrück e. V., h�p://www.umweltbildung-os.de/verein email: [email protected]

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Umweltbildung

Der städ�sche Raum wurde bislang kaum thema�siert, häufig aus einsei�g verstandenen (umwelt)pädagogischen Gründen sogar abgelehnt – vor allem zugunsten von außerstäd�schen Naturerleb-nissen an Fließgewässern (Becker 1999, 2006ff). Dabei gibt es viele pädagogische und umweltpä-dagogische Gründe, urbane Fließgewässer zum Gegenstand zu wählen: Als städ�scher Nahraum, der ja Lebensraum der meisten Menschen ist und häufig in der Nähe von Schulen und Bildungs-einrichtungen liegt, bietet er Chancen der Par�zipa�on und ist in der Regel pädagogisch äußerst effek�v! Wünsche können geweckt und pädagogisch gefördert werden, auch in der eigenen urbanen Lebenswelt naturnahe Gewässer genießen zu können bzw. sie wiederzugewinnen als Gewässer, die Naturerlebnis und Erholung bieten. Hier müssen krea�ve erlebnis- und handlungsorien�erte Betä�-gungsmöglichkeiten im Sinne des Leitbildes der Nachhal�gkeit für Fließgewässer entwickelt werden. Erst müssen neue Formen urbaner Fließgewässer mit all ihren Wahrnehmungs-, Nutzungs- und Er-lebnismöglichkeiten von den Menschen wertgeschätzt werden – dann wird sich eine Revitalisierung innerstäd�scher Gewässer langfris�g realisieren lassen – zumal die Bürger letztlich die finanziellen Mi�el au�ringen müssen (s. unten: allgemeine Handlungsempfehlung 1).Eine zukun�sorien�erte Fließgewässerpädagogik geht über die herkömmliche Umweltbildung weit hinaus, weil dabei nicht nur ökologische Belange eine Rolle spielen. Es sind insgesamt sechs Dimensi-onen, die zu integrieren sind: Ökologie, Ökonomie, Soziales (Gerech�gkeit), Par�zipa�on, Kultur und Bildung (s. Becker 2001, 2006-2008). Wenn städ�sche Fließgewässer in demokra�schen Prozessen neu gestaltet werden, müssen alle Dimensionen berücksich�gt werden; sie werden der komplexen städ�schen Struktur gerecht. Dabei zeigen sich freilich häufig Widersprüche: Ökologische Anliegen lassen sich mitunter nicht mit sozialen Ansprüchen wie Raum für Freizeit und Erholung vereinbaren. Das Gleiche gilt für wirtscha�liche Interessen. Auch innerhalb der Dimensionen gibt es Nutzungs- und Interessenkonflikte, die o� schwer auflösbar sind, z.B. zwischen den ökologischen Ansprüchen an einen ‚lebendigen Fluss‘ als Naturraum und einer umweltpoli�sch sinnvollen Wasserkra�nut-zung. O� gibt es keine eindeu�g beste Lösung, sie muss durch demokra�sche Abwägungen gefun-den werden. Mit einer auf Gewässer bezogenen par�zipatorischen BNE, die solche Konflikte, Wider-sprüche oder Dilemmata adressatengemäß aufgrei�, müssen langfris�g dafür die Voraussetzungen geschaffen werden. Dadurch bietet sich erst die pädagogische Chance, ein reflek�ertes Problem-bewusstsein zu entwickeln. Gleichzei�g wird eine pädagogisch unerwünschte Instrumentalisierung von Bildungsarbeit für bes�mmte Sichtweisen und Interessen erschwert.Besonders ergiebig erweist sich die bisher wenig berücksich�gte (sozio-)kulturelle Dimension ur-baner Gewässer: Die erwähnte ‚Gewässerkultur’ gewinnt eine zunehmende Relevanz – zumindest in europäischen Städten – gegenüber bisher im Vordergrund stehenden rein stadtökologischen Sanierungsmaßnahmen. Sie hat (potenziell posi�ve) stadtbildprägende Funk�onen oder nutzt die Gewässer auch als Raum für „kulturelle Events“ und Erholung (z.B. Uferwege). Das Verhältnis der Stadtbürger zu ihren Gewässern ist immer auch soziokulturell geprägt. Deshalb ist für städ�sche Pla-nungs- und Kommunika�onsprozesse, für das öffentliche Bewusstsein sowie für die pädagogische Arbeit die Beschä�igung mit der historischen Entwicklung der lokalen Stadt-Gewässer-Beziehungen in allen Nachhal�gkeitsdimensionen unverzichtbar. Allerdings sind diese erweiterten Bedeutungen eines lebendigen Flusses im urbanen Umfeld unter Naturschützern umstri�en. Ebenso einsei�g sind ökonomische Trends, die eine Gewässerneugestaltung allein als Funk�on der Erhöhung der A�rak�-vität für den innerstäd�schen Einzelhandel, das Stadtmarke�ng und einen neuen Stad�ourismus se-

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hen. Schließlich verleihen die zunehmende Mul�kulturalität und Globalität vieler Städte dem kultu-rellen Aspekt eine verstärkte Bedeutung: Schon auf lokaler Ebene ergeben sich dadurch spannende, aber noch kaum berücksich�gte Berührungspunkte zur interkulturellen und globalen Bildung. Insge-samt bietet sich für die Bildungsarbeit ein fast unerschöpfliches Potenzial an möglichen Themen zu konkreten Gewässern und für unterschiedliche Adressatengruppen. Für die hohe Komplexität des so verstandenen Themas gilt: Auf der kogni�ven Ebene kann Ziel eines einzelnen Bildungsprojektes allerdings nur sein, einige ausgewählte Betrachtungsperspek�ven adressatengerecht zu erarbeiten und gleichzei�g das Wissen oder wenigstens die Ahnung zu vermi�eln, dass es immer auch andere Perspek�ven gibt.

2.2 Allgemeine HandlungsempfehlungenDie im Rahmen des Projektes „Kri�sche Evalua�on von urbanen Fließgewässerprojekten“ der U.A.N. von uns2 durchgeführte umfangreiche Bestandsaufnahme und Evalua�on von pädagogischen Pro-jekten in diesem Themenbereich machte die Vielfalt von konzep�onellen Ansätzen, Trägern und regionalen Situa�onen3 deutlich. Bei den Trägern, die sich mit bes�mmten Flüssen beschä�igen und pädagogische Arbeit dazu leisten, gibt es vor allem folgende Akteursgruppen:

1. Schulen2. freie Bildungseinrichtungen3. Umweltorganisa�onen4. Kommunale Behörden/Einrichtungen/Ins�tu�onen5. Regionale und überregionale Netzwerke

Bei den im Folgenden zusammengestellten Handlungsempfehlungen für bereits bestehende oder neue pädagogische Projekte sowie für kommunale Verantwortliche wurde unterschieden zwischen akteursgruppenspezifischen und allgemeinen Empfehlungen. Die akteurspezifischen Empfehlungen stützen sich sehr stark auf Aussagen der Akteure aus der Evalua�on. Wir beginnen jedoch mit vier allgemeinen Empfehlungen, die im Wesentlichen unsere Schlussfolgerungen aus der Gesamtevalu-a�on sind4. Die Evalua�on ergab zum einen, dass alle Akteure, die zu der Evalua�on bereit waren, sich in ihrer Arbeit mehr oder weniger am Leitbild einer nachhal�gen Entwicklung (s. oben) und an ‚Gestaltungs-kompetenz’ als oberstes Bildungsziel orien�eren – zumindest werden offenbar damit kompa�ble konzep�onelle Orien�erungen zugrunde gelegt. Mit Gestaltungskompetenz „wird die Fähigkeit be-zeichnet, Wissen über nachhal�ge Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhal�ger Entwick-lung erkennen zu können. Das heißt, aus Gegenwartsanalysen und Zukun�sstudien Schlussfolgerun-gen über ökologische, ökonomische und soziale [und poli�sche sowie kulturelle (Gerhard Becker)]Entwicklungen in ihrer wechselsei�gen Abhängigkeit ziehen und darauf basierende Entscheidungen

2 Verein für Ökologie und Umweltbildung Osnabrück e.V. (www.umweltbildung-os.de/verein)

3 Infos zur Evalua�on, zu den Ergebnissen der Auswertung, zu den erfassten und evaluierten Akteuren sowie weiterfüh-rende Literaturhinweise zum Themenkomplex finden sich unter h�p://www.umweltbildung-os.de/flur

4 Die im Folgenden präsen�erten Handlungsempfehlungen wurden von Gerhard Becker bereits bei seinen beiden Vor-trägen auf der 3. Netzwerktagung Ende Okt. 2009 in Osnabrück vorgetragen (s. h�p://www.netzwerk-flur.de/content,94.html). Sie stützen sich auf die Bestandsaufnahme/Evalua�on im Jahre 2009, aber auch auf eigene frühere Recherchen und Publika�onen, zusätz¬liche aktuelle Quellen (vor allem Webseiten der Befragten) und langjährige Erfahrungen als Erziehungswissenscha�ler (auch in anderen vergleichbaren pädagogischen Handlungsbereichen). Für diese kurze schri�liche Fassung wurden sie noch etwas verallgemeinert und überarbeitet.

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treffen, verstehen und umsetzen zu können, mit denen sich nachhal�ge Entwicklungsprozesse ver-wirklichen lassen5.“ An diesem Verständnis von BNE gemessen weisen die Praxisumsetzungen in der Regel freilich offen-sichtliche Lücken und Defizite auf, erst recht gilt dies für die vielen nicht erfassten und evaluierten gewässerpädagogischen Ak�vitäten. Dies stellt eine Herausforderung für die weitere Arbeit dar (s. auch unten Handlungsempfehlung 4). Mit den oben genannten Begründungen gilt deshalb für alle Akteure, insbesondere für zukün�ige neue Projekte und Ini�a�ven (in Schulen und anderen Bildungsbereichen), die mit diesen Handrei-chungen angesprochen und angeregt werden sollen, dass dieser zukun�sorien�erte Anspruch einer BNE genauso selbstverständlich ist wie eine urbane Ausrichtung:

Handlungsempfehlung 1: Gewässerpädagogische Arbeit soll sich mit den urbanen Situa�onen vor Ort beschä�igen und sich dabei inhaltlich am mehrdimensionalen Leitbild einer nachhal�gen Entwicklung orien�eren, d.h. Aspekte der Ökologie, der Ökonomie, des Sozialen (Gerech�gkeit), der Poli�k/Par�zipa�on und Kultur thema�sieren. Oberstes Bildungsziel ist „Gestaltungskompetenz“.

Dabei bieten die Vielfäl�gkeit, Komplexität und Lebensweltbezogenheit des Themas „urbane Fließ-gewässer“ für eine handlungsorien�erte BNE vor Ort a�rak�ve Chancen – in der Schule für fast alle Fächer und Altersstufen, aber auch für alle anderen Bereiche von Bildung. Die These von der zentra-len Bedeutung von Bildung für die nachhal�ge Gestaltung und Entwicklung von Fließgewässern im-pliziert auch eine sehr deutliche und notwendige Handlungsempfehlung an die nichtpädagogischen regionalen Fließgewässerakteure, pädagogische Aspekte selbst oder in Koopera�on grundsätzlich zu berücksich�gen (s. auch Handlungsempfehlung 3, kurz: HE 3). Die kri�sche Evalua�on von Fließge-wässerprojekten und die Steckbriefe (s. www.netzwerk-flur.de) zeigen deutlich, dass Bildungsarbeit leider nur selten eine wich�ge Rolle spielte – vermutlich zum Schaden einer dauerha�en Wirkung und Verankerung im Bewusstsein der Bevölkerung.Der unverzichtbare konzep�onelle Anspruch aus HE 1 ist zum einen sehr hoch, und es gibt noch Entwicklungsbedarf (s. HE 14). Zum anderen deckt jeder einzelne Akteur nur einen Teil des formel-len und informellen Bildungsbereiches ab. Von zentraler Bedeutung sind deshalb lokale/regionale Akteursnetzwerke oder Flussallianzen - dazu die HE 2-5:

Handlungsempfehlung 2: Für eine effek�ve langfris�ge Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit mit Breitenwirkung muss eine umfassende lokale/regionale Vernetzung, Koordina�on und Koopera�on aller Bildungsakteure im Bereich der Fließgewässer eingerichtet werden, die Synergieeffekte anstrebt!

Handlungsempfehlung 3: In diese Vernetzung müssen auch alle nichtpädagogischen Akteure, die mit den jeweiligen lokalen Fließgewässern beruflich zu tun haben oder sich dazu als Bürger oder Organisa�onen engagieren, einbezogen werden – ohne die Unabhängigkeit pädagogischer Arbeit zu gefährden.

5 Das Konzept der Gestaltungskompetenz wurde von de Haan/ Harenberg im Rahmen des Schulmodellprogramms der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) Bildung für nachhal�ge Entwicklung „21“ und des Nachfolgeprogramms Transfer-21 entwickelt und erprobt (1999-2008). Weitere Infos und daraus ableitbare Teilkompetenzen s. h�p://www.transfer-21.de/index.php?p=222. Inzwischen ist dieser Begriff allgemein anerkannte Grundlage von Bildung für nachhal�ge Entwicklung in allen Bildungsbereichen.

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Hinter diesen 3 HE steht auch die bereits eingangs erwähnte allgemeine Einsicht, die im weltweiten Nachhal�gkeitsdiskurs seit der Weltkonferenz von Rio den Janeiro 1992 fast immer betont und kaum bestri�en, aber selten in der Praxis berücksich�gt wird: Nur mit umfassender und kon�nuierlicher Par�zipa�on aller gesellscha�licher Gruppen und auch möglichst jedes einzelnen Bürgers wird eseine nachhal�ge Entwicklung geben können. Die notwendigen Kompetenzen für gesellscha�liche Par�zipa�on (Gestaltungskompetenz) erfordern jedoch ebenso umfassende und kon�nuierliche Prozesse in allen formellen und informellen Bildungsbereichen. Dies gilt insbesondere für eine er-folgreiche und dauerha�e Revitalisierung von urbanen Fließgewässern!Bei dem Versuch der Umsetzung der Vernetzungsempfehlung entsteht jedoch ein doppeltes Dilem-ma, das im Interesse ihres Erfolges dringend berücksich�gt werden muss: Unterschiedliche Hand-lungs- und Denklogiken, Interessen und gegensei�ge Unkenntnis (Schule, Vereine, Verwaltung, Wissenscha�en, Firmen, Bürgerini�a�ven, Medien …) erschweren die Kommunika�on und Zusam-menarbeit!

Handlungsempfehlung 4: Die an der Vernetzung und Koopera�on Beteiligten müssen eine hohe Bereitscha� und Sensibili-tät für den Dialog erlernen und die Fähigkeit, gemeinsame Lösungen zu finden.

Dies alles erfordert jedoch auch Zeit. Die einzelnen Akteure solcher Netzwerke (Gruppen) sind aus unterschiedlichen Gründen o� überfordert, insbesondere mangels ausreichender Ressourcen. Als Akteursgruppe sind sie o� und überwiegend mit sich selbst und mit der eigenen Arbeit vollstän-dig ausgelastet („keine Zeit!“). Bildung, jedoch auch die notwendige und schwierige Koopera�on/Vernetzung gibt es nicht zum ‚Nulltarif‘, sie kann nicht auf ehrenamtliches Engagement reduziert werden. Sie muss als selbstverständliche Dimension jeder Fließgewässerpoli�k berücksich�gt und gewährleistet werden! Daraus folgt6

Handlungsempfehlung 5 (für Kommunen): Eine langfris�ge Unterstützung dieser Vernetzung und Bildungsarbeit muss dazu auf kommuna-ler/regionaler Ebene gesichert werden!

Eine solche Unterstützung kann sowohl über kommunale Ressourcen und/oder regionale S��ungen erfolgen, muss jedoch kon�nuierlich geschehen. HE 5 enthält letztlich eine poli�sche Entscheidung von Kommunen/Regionen zur nachhal�gen Entwicklung als gesellscha�lichen Prozess (o� „Lokale Agenda 21“ genannt) und Bildungsoffensive – hier im Bereich urbaner Fließgewässer7. Allerdings gibt es noch einen konzep�onellen Entwicklungs- und Kommunika�onsbedarf, der besser auf über-regionaler/bundesweiter Ebene befriedigt werden sollte (s. HE 14 am Ende dieses Textes).

6 In zwei Workshops zum Thema „Akteursnetzwerke und Flussallianzen im urbanen Raum“ auf der ANU Bundestagung 2008 „Der Zukun� das Wasser reichen“ wurde dazu folgende zusammenfassende Abschlussthese verabschiedet: „Dazu braucht es: Bereitscha� zum Dialog, unterschiedliche Kompetenzen, finanzielle Mi�el und Personalres¬sourcen!“ (s. Protokoll zum Vortrag Becker h�p://www.umweltbildung-bayern.de/536.html)

7 Inzwischen gibt es etliche Kommunen, die BNE als ihr Ziel ansehen – einige davon wurden von der UN-Dekade Bildung für nachhal�ge Entwicklung dafür als „offizielle Projekte“ ausgezeichnet (s. www.bne-portal.de).

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2.3 Handlungsempfehlungen für Schulen

Fast alle Gewässer, die von den evaluierten Schulen pädagogisch genutzt werden, dienen freizeitli-chen und sportlichen Ak�vitäten, der Erholung sowie als Lernort. Häufig gibt es einen Zusa-menhang zu Revitalisierungsvorhaben, selten dient das Gewässer auch zur Energiegewinnung. Die meisten Projekte ha�en vor ca. sieben bis zehn Jahren ihren Beginn. Der Großteil der Projekte ist langfris�g bzw. zeitlich unbegrenzt angelegt8.

Handlungsempfehlungen 6: Folgende Angebote und Ak�onen werden von und für Schulen als „sehr bedeutend“/bedeutend“ angesehen („best prac�ce“):

Durchführung von Führungen und Exkursionen ·

Fließgewässeruntersuchungen nach der WRRL ·

Projek�age/-wochen ·

Schulinterne Lehrerfortbildungen ·

für bereits ak�ve Schulen

Renaturierungsak�onen, Müllsammelak�onen ·

Erstellung von Facharbeiten, Erarbeitung von Grundlagen ·

Erstellung von Ausstellungen mit Schülerarbeiten ·

ruhige/medita�ve Begegnung mit dem Fließgewässer, Kunstak�onen, ·

Materialienverleih innerhalb der Schule ·

Öffentlichkeitsarbeit:

Besondere Veranstaltungen/“ Events“ (Tag der offenen Tür, Flusstage, …) ·

Gestaltung einer Internetpräsenz ·

Entwicklung von Bausteinen für die Weitergabe von pädagogischer Praxis ·(„Schüler lehren Schüler“)

Die Beobachtung der Wasserqualität steht im Vordergrund der pädagogischen Arbeit. Als „sehr bedeutend“ oder „bedeutend“ werden folgende Themen angesehen: Pflanzen und Tiere, Fließge-wässerökologie, Hochwasserrisiko, Artenvielfalt, Renaturierung/Revitalisierung, Fluss- und Stadtge-schichte, soziale und kulturelle Aspekte, ökonomische Nutzung, Spaß und Sport, Wasserkra�, Nut-zung des Einzugsgebietes.Die Koopera�on mit anderen Partnern neben bzw. in Netzwerken ist weit verbreitet und meistens vertraglich gesichert: Ämter und Behörden, Einrichtungen/Ins�tu�onen (vornehmlich aus dem na-turkundlichen Bereich), Hochschulen, andere Schulen, Vereine. Zeitmangel im schulischen Alltag ist ein häufig genanntes, generelles Hemmnis für pädagogische Fließgewässerprojekte, besonders wenn es um die Pflege von Koopera�onen und wirksame Öffentlichkeitsarbeit geht. Der Wunsch nach Ausweitung von Koopera�onen ist (wohl deshalb) begrenzt, obwohl sie als wich�g angesehen werden (s. auch HE 7).

8 Die an der Evalua�on beteiligten Schulen sind sicherlich besonders engagierte Beispiele, nur bedingt repräsenta�v, aber vorbildha�.

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Kommentar: Dieses Hauptproblem, das z. B. durch den 45-Minuten-Rhythmus des Fachunterrichts, Verdichtung der Lehrpläne, z. T. fragwürdige Bildungsstandards verschär� wird, ist letztlich schulpo-li�scher Natur. Es kann aber z. T. durch schulorganisatorische Maßnahmen (s. HE 7) gelöst werden9, insbesondere wenn gleichzei�g regional die HE 1 und 2 realisiert werden. Dann bestehen auch für die wich�ge Pressearbeit verbesserte Chancen oder zum Beispiel für eine gezielte praxisbezogene, fächerübergreifende Lehrerfortbildung in einem regionalen Netzwerk. Die meisten LehrerInnen sind für eine solche fachlich und pädagogisch komplexe Arbeit kaum qualifiziert und deshalb auch nicht mo�viert. Sowohl in vielen Schulen als auch der Schulpoli�k wird zu wenig erkannt, dass solche Praxisprojekte riesige Bildungschancen im Bereich von interna�onal wich�gen Kompetenzen bieten, z. B. in den Bereichen Par�zipa�on/Zusammenarbeit, vernetztes Denken, Lösen von prak�schen Problemen (s. Bildungsstandards der OECD). An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Thema auch besondere Chancen für ‚leistungsschwächere’ Schüler bietet, also insbesondere für Hauptschulen/Förderschulen, wofür es auch erfolgreiche Beispiele gibt. Für Grundschulen ist das Thema ohnehin sehr beliebt, sie gehören zur größten ‚Kundengruppe’ vieler Einrichtungen.

Handlungsempfehlungen 7: Folgende grundsätzliche schulinterne Maßnahmen werden von Schulen für Schulen für erfolgrei-che Fließgewässerpädagogik empfohlen: 1. Didak�sche und curriculare Planung

Fächer- und jahrgangsübergreifende Projekte zur Einbindung möglichst vieler Lehrkrä�e und ·Kon�nuitätssicherung

Au�eilung des Projektes in kleine Teilprojekte ·

Direkte Arbeit am Gewässer ·2. Kon�nuitätssicherung

Einbindung möglichst vieler Lehrkrä�e, ·

Sicherung der Akzeptanz durch das Kollegium ·

Sicherung der Unterstützung der Schulleitungen ·

Gemeinsame Zielformulierungen, Verankerung im Schulprogramm ·

Regelmäßige Zusammenkün�e der Beteiligten, feste Teams ·3. Externe außerschulische Koopera�onspartner!

Einbindung der kommunalen Umweltverwaltung ·

Teilhabe an Revitalisierungsmaßnahmen ·

2.4 Handlungsempfehlungen für nichtschulische (Bildungs-)Einrichtungen

Gemeint ist damit ein breites Spektrum von Ins�tu�onen, zu denen freie Bildungseinrichtungen, Vereine/Umweltorganisa�onen, aber auch kommunale Einrichtungen u.ä. gehören können (s. oben Akteursgruppen 2-4). Entsprechend breit zusammengesetzt war der Kreis derjenigen, die sich eva-luieren ließen und die wir hier im Wesentlichen zusammen betrachten (s. auch HE 5). Noch mehr als bei Schulen ist die pädagogische Arbeit an Fließgewässern bei dieser Akteursgruppe langfris�g

9 Ein gutes Beispiel dafür ist das Thomas-Mann-Gymnasium München. Eine Präsenta�on, vorgestellt auf der 3. Netz-werktagung FluR findet sich auf h�p://www.netzwerk-flur.de/content,94.html

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angelegt. Sie wird von haupt- und freiberuflichen Mitarbeitern in Voll- und Teilzeit geleistet, selten ehrenamtlich, gelegentlich auch durch abgeordnete Lehrer. Entweder werden pädagogische Dienst-leistungen zu Fließgewässern kreiert (z. B. für Schulen, die meistens die Hauptadressatengruppe darstellen!) oder die angestrebte Verbesserung des ökologischen Zustandes des jeweiligen Fließ-gewässers ist Ausgangspunkt für pädagogische Ak�vitäten. Die Ak�vitäten hängen von öffentlichen Zuschüssen, Förderprojekten, Spenden und Einnahmen ab, was die Kon�nuität der Arbeit häufig erschwert. Ziel ist es in fast jedem Fall, das öffentliche Bewusstsein für das Fließgewässer „vor der eigenen Haustür zu wecken“, und zwar – in unterschiedlicher Weise – in mul�dimensionaler Hin-sicht: als Erholungs- und Erlebnisraum, als Naturraum mit bes�mmten ökologischen Qualitäten (z.B. Artenvielfalt) und als sozialer und kultureller Raum mit unterschiedlichen Nutzungsansprüchen vor einem spezifisch historischen Hintergrund. Die pädagogische Beschä�igung mit urban geprägten Fließgewässern unterstützt prak�sch durch einen erweiterten, ganzheitlichen Blickwinkel die lang-fris�ge Entwicklung der Gewässerprojekte (z.B. über Kleinprojekte oder über eine Beteiligung an Revitalisierungsprojekten), vor allem wenn sie mit Öffentlichkeitsarbeit verbunden werden kann. Das Leitbild „nachhal�ge Entwicklung“ bzw. BNE spielt als konzep�onelle Orien�erung und pädago-gische Zielsetzung eine große Rolle.

Handlungsempfehlungen 8: Von Einrichtungen für Einrichtungen werden folgende Angebote und Ak�onen als „sehr bedeu-tend“ /“bedeutend“ angesehen („best prac�ce“)

Durchführung von Führungen, Exkursionen, Fließgewässeruntersuchungen ·

Unterrichtsprojekte ·

Gewässerpatenscha�en ·

Renaturierungsak�onen, Beteiligung an Revitalisierungsvorhaben · 10

Angebote zu Freizeitspaß und Sport am Gewässer ·

Angebote zu Naturerfahrung und –erlebnis (eher außerhalb der Stadt) ·

Besondere Events (bspw. Flussfest, Ak�onstage,…) ·

Internetpla�orm zur Informa�on, Dokumenta�on und zum Austausch ·

Ausstellungen ·

Fortbildungen/Mul�plikatorenschulungen ·

Außerdem werden folgende Ak�vitäten genannt:

(Reflexions-)Workshops, Zukun�skonferenzen, Expertengespräche, ·

ak�vierende Befragungen ·

Monitoring ·

Kunstak�onen, We�bewerbe, ·

Verleih von Materialien ·

Erarbeitung von Hintergrundinforma�onen, Förderung von wissenscha�lichen Arbeiten ·

10 Auch eine schlechte Qualität und Strukturgüte kann – ohne aktuelles Revitalisierungsprojekt der Kommune - Anlass für Projekte mit par�zipatorischen Zielen sein.

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Eine große Rolle bei dieser heterogenen Akteursgruppe spielen Koopera�onen, für die es vielfäl�ge Formen und zahlreiche (mögliche) Partner gibt. Koopera�onen wird generell ein hoher Stellenwert beigemessen. Dennoch wird das Potenzial der HE 2/3 zur regionalen Vernetzung auch bei rela�v gut laufenden regionalen Situa�onen und besonders engagierten Einrichtungen, die wir evaluierten, bei Weitem noch nicht ausgeschöp�. Ein erstes besonderes Problemfeld stellt häufig das o� schwierige Verhältnis oder die Koopera�on zu den zuständigen Behörden und zur Kommunalpoli�k dar. Vereine, Umweltorganisa�onen und noch stärker freie Bildungseinrichtung fühlen sich häufig als Partner zu wenig wahrgenommen, ernst genommen oder gar unterstützt. Für kommunale Behörden wurde dies schon in HE 3-5 thema�siert. Auf beiden Seiten geht es u.a. auch um Rollenfindung für ein partnerscha�liches Miteinander.

Handlungsempfehlungen 9: Für das Binnenverhältnis der kooperierenden Bildungsakteure (Einrichtungen) ist eine sorgfäl�ge Planung und Reflexion der pädagogischen Ak�vitäten im Bereich der Fließgewässer erforderlich. Dazu gehört:

Regionale Akteurs- und pädagogische Bedarfsanalyse ·

Direkter Kontakt unter allen Beteiligten ·

Teilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten ·

Internet für effek�ven Austausch und Informa�on ·

Planung gemeinsamer öffentlichkeitswirksamer Ak�onen und Programme ·

Erschließung neuer Adressatenkreise durch die Thema�sierung potenzieller Qualitäten und viel- ·fäl�gen Nutzungsmöglichkeiten eines Fließgewässers.

Dadurch werden die Posi�on gegenüber Behörden und Medien gestärkt und die Chancen auf eine Unterstützung und Förderung erhöht.Ein zweites besonderes Problemfeld ist das Verhältnis zu den Schulen, die in der Regel ‚Kunden’ der Einrichtungen sind. Häufig wird die unzureichende Verlässlichkeit von Schulen kri�siert und eine stärke Integra�on der Fließgewässerthema�k in die schulischen Lehrpläne gewünscht (s. HE 6/7). Für die Anbieter von schulischen Dienstleistungen gilt

Handlungsempfehlungen 10: Gegenüber den Schulen gilt es ein a�rak�ves Angebot zu entwickeln: „Das anbieten und ermögli-chen, was die Schule nicht bieten kann; das anbieten, was die Schüler fasziniert; das anbieten, was die Lehrer für ihren Unterricht verwenden können11.“

2.5 Handlungsempfehlungen für pädagogische Fließgewässer-NetzwerkeDie Existenz zahlreicher Fließgewässer-Netzwerke entspricht im Prinzip der hier ausgesprochenen allgemeinen Handlungsempfehlung, allerdings sind die meisten dieser Netzwerke überregional an-gelegt. Von Umweltverbänden organisiert beziehen sie sich zum einen auf die großen Flüsse (Schu

11 Dieses Zitat stammt aus der Evalua�on des Wasser-Info-Zentrums Eifel.

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len für eine lebendige Elbe u.a.)12, die zum Teil auch durch mehrere Staaten fließen. Der urbane Raum spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle (Hamburg ist eine posi�ve Ausnahme) Bei einem anderen Teil handelt es sich um umweltpoli�sche Flussnetzwerke, bei denen die pädagogische Seite kaum eine Rolle zu spielen scheint. Hier wird ein großes pädagogisches Potenzial nicht genutzt, das langfris�g auch für eine umweltpoli�sche und nachhal�ge Gestaltung der Flüsse von unverzichtba-rer Bedeutung ist.

Handlungsempfehlung 11 (für vorhandene und neue Träger von Flussnetzwerken: Au�au und Pflege von pädagogischen Netzwerken, die systema�sch auch die urbanen Räume von Fließgewässern thema�sieren.Ein Schri� in diese Richtung wurde in Nordrhein-Wes�alen vollzogen. Dort gibt es kleinere päda-gogische Netzwerke zu den meisten mi�elgroßen Flüssen, die wiederum zu einem übergeordneten Gesamtnetzwerk NRW zusammengeschlossen sind: Flussnetzwerk NRW13 . Noch einen Schri� wei-ter geht

Handlungsempfehlung 12 für regionale Akteure/Einrichtungen: Au�au von überschaubaren lokalen pädagogischen Netzwerken – ggf. als Ergänzung überregiona-ler/interna�onaler Netzwerke.Solche Netzwerke haben viele Vorteile und lösen zusammen mit der Realisierung der anderen Hand-lungsempfehlungen viele Probleme, auch die der Zusammenarbeit mit Schulen. Ein gutes Beispiel ist das Osnabrücker Netzwerk Schulen für eine lebendige Hase, in dem zurzeit 13 Schulen und drei Ver-eine – meistens als „Bachpaten“ – mitarbeiten. Es wird mitgetragen von allen relevanten Akteuren der Osnabrücker Umweltbildung, die im AK Umweltbildung der LA 21 zusammengeschlossen sind, sowie der Stadt Osnabrück und unterstützt von Bürgers��ungen14.

Handlungsempfehlung 13: Vertragliche Vereinbarungen für solche urbanen Netzwerke.

2.6 Perspek�venUnsere Bestandsaufnahme von umweltpädagogischen Fließgewässerprojekten dür�e die meisten Ak�vitäten in diesem Bereich erfasst haben – jedenfalls auf der Ebene von Netzwerken und Einrich-tungen/Organisa�onen. Engagierte Schulen gibt es z. B. innerhalb der Netzwerke bundesweit si-cherlich viele hundert, hinsichtlich der Ausrichtungen und der Problemlagen dür�en die evaluierten durchaus repräsenta�v sein. Dies betrifft insbesondere die folgende doppelte „Defizitvermutung“, die für die überwiegende Zahl der Ak�vitäten (noch) zutreffen dür�e:

Gute · (urbane) Fließgewässerpädagogik ist in ihrer Praxis überwiegend handlungsorien�ert, par�zipatorisch oder erlebnisorien�ert. Weil ökologische Aspekte im Vordergrund stehen, han-delt es sich überwiegend Umweltbildung.

Soziale · , ökonomische und kulturelle Aspekte einer BNE (Bildung für nachhal�ge Entwicklung) zu urbanen Fließgewässern kommen in der bisherigen Praxis offenbar selten vor, bilden aber häufig theore�sche Orien�erungen der Akteure für eine zukün�ige Praxis!

12 s. h�p://www.duh.de/117.html

13 s. h�p://www.flussnetzwerke.nrw.de

14 s. www.lebendige-hase.de und www.umweltbildung-os.de/hase und Becker 1999/2006

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Ursache · des Zutreffens dieser wenig überraschenden Vermutungen ist sicherlich, dass der hohe Anspruch einer mehrdimensionalen und kompetenzorien�erten BNE noch rela�v jungen Datums ist, dass die Akteure themenbedingt primär aus dem Umweltbereich kommen dür�en und dass entsprechende Kompetenzen und Erfahrungen sich bei den meisten Akteuren erst entwickeln müssen. Die in den Handlungsempfehlungen 2-5 formulierte Forderung nach einer stabilen, vernetzten gewässerbezogenen und pädagogischen lokalen/regionalen Infrastruktur bietet hier sicherlich erhebliche Verbesserungschancen. Allerdings ist es nicht sinnvoll und effek�v die kon-zep�onelle Entwicklung und den Erfahrungstausch ausschließlich regional zu betreiben. Daraus folgt

Handlungsempfehlung 14: Zum Erfahrungsaustausch, zur konzep�onellen Weiterent-wicklung, für wirksame Öffentlichkeitsarbeit, für Impulse und Anregungen vor Ort ist neben der regionalen eine bundesweite Vernetzung der erfolgreichen Hauptakteure urbaner Projekte und Netzwerke im Bil-dungsbereich ein notweniger und wich�ger Schri�.Diese Handlungsempfehlung, die in Koopera�on mit interessierten Bildungs-Akteuren/Projekten konkre�siert werden muss, kann nur im Rahmen eines größeren Förderprojektes realisiert werden. Dabei müssen auch Fachexperten für urbane Fließgewässer sowie Erfahrungen laufender Fließge-wässerprojekte mit einbezogen und berücksich�gt werden. Das Netzwerk und der Verein FluR bietet dafür den besten derzeit zur Verfügung stehenden Rahmen. Für die weitere Arbeit wäre es nützlich, auch interna�onale Erfahrungen zu berücksich�gen. Dies gilt umso mehr, als das Thema ja ein glo-bales Problem darstellt, für das es im EU-Rahmen insbesondere die Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gibt.

Zum Nachlesen:

Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.) (2006): Stand und Entwicklung der Gewässerpädagogik. – NNA-Berichte 19. Jg., H. 2, Schneverdingen

Becker, Gerhard (1999): Hase-Bildung: Perspek�ven des pädagogischen Umgangs mit einem Stad�luss. In: Bar-telheim/ Kuczia: Die Hase neu entdecken. Osnabrück, S. 93-100

Ders. (2006): Urbane Flüsse als Thema von Bildung für eine nachhal�ge Entwicklung. Das Beispiel des Osnabrü-cker Netzwerkes „Schulen für eine lebendige Hase“. In: Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.), ebd., S. 34-43

Ders. (2008): Schulen für eine lebendige Hase: Akteursnetzwerke und Flussallianzen im urbanen Raum. (h�p://www.umweltbildung-bayern.de/536.html)

Ders. (2008): Das pädagogische Potenzial von Stadtgewässern im Kontext einer Bildung für nachhal�ge Entwick-lung, in: BNE-Journal 4 (Sept. 2008) (Onlinetext auf www.bne-portal.de )

Härtling, Joachim W./Döpke, Gisbert (2007): Die Gewässergüte von Bächen und Flüssen. In: Praxis Geographie, H. 11: Flüsse und Bäche, S. 4-9

Ipsen, Detlef; Cichorowski, Georg (Hg.) (1997): Wasserkultur. Aspekte nachhal�ger Stadtentwicklung. Berlin

Kaiser, Oliver (2005): Bewertung und Entwicklung urbaner Fließgewässer. Freiburg

Re�g, Carolin (2006): Wasser und Nachhal�gkeit weltweit – Warum Wasser eine so bedeutsame Rolle in der Umweltbildung spielt. In: Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz (Hrsg.),: Stand und Entwicklung der Gewäs-serpädagogik. – NNA-Berichte 19. Jg., H. 2, Schneverdingen, S. 9-17

Umweltamt der Stadt Frankfurt (2004): Stadtgewässer. Flüsse, Bäche, Altarme entdecken, Frankfurt

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Erfahrungen und Empfehlungen

Die themenbezogenen Erfahrungen und Empfehlungen aus erster Hand, den Bereichen Anlass und Ziel, Poli�k und Verwaltung, Finanzen, Planung und Umsetzung, Prozess sowie Bildung für nachhal-�ge Entwicklung zugeordnet, spiegeln ein breites Spektrum von Erfahrungswissen wider. Eindeu�ge Erfolgs- und Hemmnisfaktoren zweifelsfrei zu benennen, ist aber nicht möglich. Es han-delt sich vor allem um Erfahrungen, die sich individuell als Mi�el zum Erfolg bewährt haben. Eine Binsenweisheit und dennoch maßgeblich ist die Erkenntnis, dass jedes Vorhaben anders ist und ein Haupterfolg in der frühzei�gen und strategischen Anpassung der vorgestellten Empfehlungen und Hinweise auf die Verhältnisse vor Ort ist. Ein Kochrezept im Sinne einer abschließenden Zutatenliste, exakten Mengenangaben und eindeu�gen Handlungsanweisungen wird deshalb der Sache in der Regel nicht gerecht. Die vorliegende Handreichung stellt das persönliche Erfahrungswissen aus 13 intensiv untersuchten Beispielen und der Einschätzung von über als 30 Personen zur Verfügung. Trotz zum Teil sehr unterschiedlicher fachlicher Hintergründe und unterschiedlichster Rahmenbe-dingungen lässt sich aus der Menge der individuellen Erfahrungen eine gemeinsame Tendenz deut-lich ablesen. Das spiegelt sich auch in den zusammengetragenen Hinweise und Empfehlungen wider und spricht klar für ihre Anwendbarkeit auf kün�ige Planungen und Projekte zur Revitalisierung urbaner Fließgewässerabschni�e – die Anpassung an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten vor-ausgesetzt.

„Keiner weiß so viel wie wir alle zusammen.“Inschri� über einer dänischen Rathaustür

FAZIT:Erfahrungen und Empfehlungen

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Erfahrungen und Empfehlungen

Leitbild/Vision

Synergieeffekte

Finanzierungsmix

externe Dienstleister

fester Fahrplan

Rechtliche Rahmenbedingungen

Poli�k der kleinen Schri�e

Koopera�on

Beteiligungsmöglichkeiten

ak�ve Öffentlichkeitsarbeit

Engagement von Ini�a�ven

ämterübergreifende Zusammenarbeit

intensive Einbindung polit. Entscheidungsträger

Erfolg und Misserfolg - Was hat sich bewährt?Neben den oben differenziert dargelegten Tipps und Anregungen, bietet die folgende Darstellung eine rasche Übersicht und einen schnellen Eins�eg zu den wich�gen als förderlich oder hemmend eingeschätzten Gesichtspunkten. Die Länge der Balken (eher förderlich = linke Seite, eher hemmend = rechte Seite) entspricht im Ver-hältnis der Häufigkeit der Nennungen.

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Erfahrungen und Empfehlungen

Bei der Betrachtung von fördernden und hemmenden Aspekten darf allerdings nie vergessen wer-den, dass bewährte Vorgehensweisen sich zu einem Hemmnis wandeln können, wenn sie unzurei-chend vorbereitet oder schlecht angewendet sind. Die Einordnung eines Gesichtspunktes als gleich-zei�g förderlich und hemmend drückt das aus. Diese Ambivalenz verdeutlicht letztlich lediglich, dass bei der Anwendung Sorgfalt erforderlich ist, damit möglichst wenige Reibungsverluste entstehen.Dem Erfolg der meisten aufgeführten Punkte liegt Vertrauen zu Grunde. Dieses braucht manchmal Zeit und manchmal auch mehrerer Anläufe zum Wachsen. Dahinter verbirgt sich aber auch der Ap-pell, besonders an kommunale Projek�räger, die Zeit und Nerven hierfür aufzubringen. Dazu gehört es Koopera�onen aufzubauen sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit intensiv zu betreiben. Die Erfahrung zeigt, dass sich diese Mühen und ein langer Atem lohnen. In der Regel erweisen sich diese Bedingungen über das anlassgebende Vorhaben hinaus auch bei anderen Gelegenheiten und Projekten als großer Gewinn. Professionalität, Kon�nuität und lange Planungszeiträume von der Idee zur Realisierung sind unter anderem auch deshalb nicht unbedingt als Nachteil zu sehen, weil neben tragfähigen Ergebnissen auch verlässliche Partnerscha�en entstehen.Eine zentrale Erfahrung ist, dass die Überzeugungskra� der sinnlichen Wahrnehmung immensen Einfluss auf das Gelingen hat. Daraus resul�ert die Empfehlung, alles möglichst prak�sch zu zeigen. Auf diese Weise holt man die Menschen ans Wasser, kann Missverständnisse und daraus folgende Ablehnung vermeiden. Zugleich läst dich der kün�ige Nutzen veranschaulichen: Naturschutz in der Stadt muss nicht wehtun und kann ein unmi�elbarer Gewinn für die Menschen sein.Nicht zuletzt wird auf dem Weg von der Idee zur Umsetzung übereins�mmend der Blick auf anderer Bespiele als hilfreich angesehen. Die Orien�erung an anderen Beispielen und der Austausch mit den dor�gen Akteuren kann den Eins�eg erleichtern und wertvolle Argumente liefern - Dem Prophet im eigenen Land glaubt man nicht immer!Insofern dient Ihnen die vorliegende Sammlung von Erfahrungen und Empfehlungen rund um die Revitalisierung urbaner Fließgewässer als Argumenta�onshilfe und beim Zugang zu anregenden Bei-spielen. Neben den in dieser Broschüre genannten stehen Ihnen weitere Beispiele in der Sammlung des Netzwerks FluR unter www.netzwerk-flur.de zur Verfügung.

Von guten Beispielen lernen - lassen Sie sich inspirieren und zum

Handeln vor Ort anregen!

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Kommunale Umwelt-Ak�oN U.A.N. Arnswaldtstr. 28 | 30159 Hannover0511 - 302 85 60www.uan.de | [email protected] FluR

Netzwerk Fließgewässer im urbanen Raum

Netzwerk Fließgewässer im urbanen Raum – FluR e. V.www.netzwerk-flur.de | [email protected]