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Trainingaktuell | Januar 2020 3 Wie sieht Personalentwicklung für die neue Ar- beitswelt aus? Welche Rolle spielen Trainings, welche Rolle Trainerinnen und Trainer noch? Gleich drei Beiträge dieser Ausgabe beschäftigen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit diesen Fragen. Wer hat bereits Barcamp-Erfahrung? Diese Frage stand am Anfang des TrainCamps, das am 22. No- vember 2019 in Köln stattfand. Die Antwort über- raschte: Nur etwa die Hälfte der versammelten Trainerinnen, Berater und Coachs hob die Hand. Dabei sind Barcamps ein inzwischen gängiges Veranstaltungsformat, das auf zwei Schlüssel- begriffe von New Work setzt – Austausch auf Augenhöhe und Selbstorganisation. Dem Ablauf schadete die Teilnehmerzusam- mensetzung freilich nicht: Barcamp-Novizen wie -Profis traten als Teilgeber an. Die Themen waren stark reflektorischer Art: Wie muss Führungskräf- teentwicklung in der Zukunft aussehen? Bieten wir noch die richtigen Trainings an? Welche Rolle kommt uns als Trainerinnen und Trainer über- haupt noch zu? (Vgl. auch den Beitrag ab S. 6.) Damit unterschied sich dieses dritte TrainCamp von den Vorjahren, in denen eher inhaltliche Konzepte zur Trans- formation diskutiert wurden. Damit passte es aber auch perfekt in eine Zeit, in der sich Personalentwicklung new- workig wandelt. Personalentwicklung für die New Work Die Frage, wie Personalentwicklung für die New Work ausse- hen kann, beschäftigte am 22. November allerdings nicht nur die TrainCamper. Einige Etagen weiter oben in den Design Offices tagte der Berufsverband für Training, Beratung und Coaching. Der BDVT hatte das inspirierende Ambiente des TrainCamps als Rahmen gewählt, um seine Finalisten für den Europäischen Trainingspreis pitchen zu lassen. Den Köl- ner Dom fest im Blick stellten sich zehn Konzepteinreicher den kritischen Fragen der Jury. Welche Konzepte letztlich gewonnen haben und warum überhaupt der BDVT seinen Trainingspreis neu konzipiert hat, lesen Sie ab S. 10. Gute Geschichten, schlechte Geschichten Inspiration zum Thema Personalentwicklung gibt es ferner in unserem Beitrag zur Online Educa Berlin. Jahr für Jahr kommen Lernexperten aus aller Welt in die Hauptstadt, um ihre Erkenntnisse und Ideen über Lehren und Lernen auszutauschen. Dabei zeigte sich, dass über digitale Tools und die Veränderungen, die sie mit sich bringen, sehr unter- schiedliche Geschichten erzählt werden können – und dass es wichtig ist, sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen, wenn Lernen nicht an Mythen scheitern soll. Nicole Bußmann Chefredakteurin EDITORIAL Neue Weiterbildung braucht das Land

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Trainingaktuell | Januar 2020 3

Wie sieht Personalentwicklung für die neue Ar-beitswelt aus? Welche Rolle spielen Trainings, welche Rolle Trainerinnen und Trainer noch? Gleich drei Beiträge dieser Ausgabe beschäftigen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit diesen Fragen.

Wer hat bereits Barcamp-Erfahrung? Diese Frage

stand am Anfang des TrainCamps, das am 22. No-

vember 2019 in Köln stattfand. Die Antwort über-

raschte: Nur etwa die Hälfte der versammelten

Trainerinnen, Berater und Coachs hob die Hand.

Dabei sind Barcamps ein inzwischen gängiges

Veranstaltungsformat, das auf zwei Schlüssel-

begriffe von New Work setzt – Austausch auf

Augenhöhe und Selbstorganisation.

Dem Ablauf schadete die Teilnehmerzusam-

mensetzung freilich nicht: Barcamp-Novizen wie

-Profis traten als Teilgeber an. Die Themen waren

stark reflektorischer Art: Wie muss Führungskräf-

teentwicklung in der Zukunft aussehen? Bieten

wir noch die richtigen Trainings an? Welche Rolle

kommt uns als Trainerinnen und Trainer über-

haupt noch zu? (Vgl. auch den Beitrag ab S. 6.)

Damit unterschied sich dieses dritte TrainCamp von den

Vorjahren, in denen eher inhaltliche Konzepte zur Trans-

formation diskutiert wurden. Damit passte es aber auch

perfekt in eine Zeit, in der sich Personalentwicklung new-

workig wandelt.

Personalentwicklung für die New Work

Die Frage, wie Personalentwicklung für die New Work ausse-

hen kann, beschäftigte am 22. November allerdings nicht nur

die TrainCamper. Einige Etagen weiter oben in den Design

Offices tagte der Berufsverband für Training, Beratung und

Coaching. Der BDVT hatte das inspirierende Ambiente des

TrainCamps als Rahmen gewählt, um seine Finalisten für

den Europäischen Trainingspreis pitchen zu lassen. Den Köl-

ner Dom fest im Blick stellten sich zehn Konzepteinreicher

den kritischen Fragen der Jury. Welche Konzepte letztlich

gewonnen haben und warum überhaupt der BDVT seinen

Trainingspreis neu konzipiert hat, lesen Sie ab S. 10.

Gute Geschichten, schlechte Geschichten

Inspiration zum Thema Personalentwicklung gibt es ferner

in unserem Beitrag zur Online Educa Berlin. Jahr für Jahr

kommen Lernexperten aus aller Welt in die Hauptstadt,

um ihre Erkenntnisse und Ideen über Lehren und Lernen

auszutauschen. Dabei zeigte sich, dass über digitale Tools

und die Veränderungen, die sie mit sich bringen, sehr unter-

schiedliche Geschichten erzählt werden können – und dass

es wichtig ist, sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen,

wenn Lernen nicht an Mythen scheitern soll.

Nicole BußmannChefredakteurin

EDITORIAL

Neue Weiterbildung braucht das Land

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TRAINCAMP 2019

Wie es euch gefällt

Der Auftrag: Weiterbildung reflektieren und weiterdenken. Der Ort: die coolen Design Offices in Köln. Das Format: selbst organisiert barcampig – die Teilnehmenden gestalten also selbst das Programm. Die Erkennt-nis: Training muss sich ändern, die Trainerrolle auch. Ein Rückblick auf das dritte TrainCamp, organisiert vom Verlag managerSeminare.

Information

Diesmal greift die Selbstorganisation

schon bei der Begrüßungsrunde: Als das

Moderatorinnenteam die rund 110 Anwe-

senden einladen will, sich in guter alter

Barcamp-Tradition reihum kurz vorzu-

stellen, kommt entschlossener Protest

von zwei Teilnehmenden – und direkt

auch ein konstruktiver Gegenvorschlag.

Teilgabe also wie sie besser nicht sein

könnte. Statt das Mikrofon herumzu-

geben, gibt es nun Fragen, die mit Auf-

stehen oder Sitzenbleiben beantwortet

werden: Wer ist hier Trainer? Wer ist in

Organisationsentwicklung ausgebildet?

Wer arbeitet digital? Und so weiter.

Premiere für viele

Das erstaunt insofern, als das Format

mittlerweile als anerkannte Weiterbil-

dungsmethode gelten darf: Barcamps

liefern einen einfachen und zwanglosen

Rahmen für den Austausch von Wissen

und die gemeinsame Weiterentwicklung

von Ideen. Und zwar selbstorganisiert

auf Augenhöhe. Denn hier bringen nicht

die Veranstalter das Programm mit, son-

dern die Teilnehmerinnen und Teilneh-

mer sind eingeladen, ihre eigenen The-

men vorzustellen, Ideen zu formulieren

und Fragen zur Diskussion zu stellen.

Und das tun sie auch am 22. Novem-

ber 2019 in Köln: Obwohl viele Neulinge

dabei sind, kommen 23 Sessionvorschlä-

ge zusammen. Sogar einige, die in Köln

ihre Barcamp-Premiere feiern, pitchen

direkt mit. „Auch wenn ich bis zum

Schluss nicht ganz sicher war, ob ich es

tun würde“, meint Mareike, die schließ-

lich sogar zwei Themen einbringt: ein-

mal die These, dass Trendbegriffe wie

New Work in einem Unternehmen für

Spaltung zwischen alter und neuer Welt

sorgen können, und die Frage, wie es

in Workshops gelingt, niemanden un-

bewusst auszuschließen – vor allem

wenn etwa der Trainer mit der dominie-

renden Mehrheit der Teilnehmerschaft

spontan einen hervorragenden Rapport

etabliert hat.

Wer bin ich? Und warum?

Mit ihren Fragen hat sie die Idee der

Veranstaltung beispielhaft erfasst. Ein

Fotos: Sarah Lambers, managerSeminare

Kreativ, kollegial, kon-trovers – und immer per du: Auf dem Train-Camp 2019 wurde auf Augenhöhe ge-lernt, gefragt und auch mal respektvoll gestritten.

Die „Vorstellungsrunde“ ist so tat-

sächlich bewegt und kurzweilig, die

Ergebnisse der Befragung sind den-

noch informativ: Die meisten der An-

wesenden sind Weiterbildungsprofis,

die Mehrzahl von ihnen selbstständig

unterwegs als Beraterinnen, Trainer

oder Coachs, einige fest angestellt in

der Personal abteilung von Unterneh-

men. Unter den TrainCampern sind

Berufseinsteiger wie erfahrene Hasen,

digital arbeiten längst noch nicht alle,

und für über die Hälfte der Teilneh-

menden ist es das allererste Barcamp

überhaupt.

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Die Veranstalte-rinnen – Nicole (mit Mikro) und Marie – setzen auf Selbstorganisati-on und kollegiale Selbstentwicklung beim TrainCamp. Nur die Begrüßung ist noch frontal.

Information

solches Nachdenken über die eigene Rol-

le ist in vielen der Sessions zentral. Beim

Erfahrungsaustausch in kleiner Runde

ebenso wie in der wohl bestbesuchten

Session von Barbara. Ihr Titel: „Wir brau-

chen andere Trainings!“ Schluss mit den

Präsenzseminaren nach Schema F, for-

dert die erfahrene Trainerin – und setzt

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

statt einander zugewandt im kuscheli-

gen Stuhlkreis mit dem Rücken zuein-

ander in zwei konzentrischen Zirkeln.

Um diese läuft sie dann wie ein Tiger im

Käfig immer rundherum, während sie

erklärt, wie sich das Selbstverständnis

von Weiterbildnern ändern muss.

„Wer Menschen und Köpfe bewegen

will, muss sie ab und zu erschüttern“,

so Barbara – mit neuen Settings und

Methoden, bewegenden Persönlichkei-

ten, wahren Befruchtungsmomenten

und persönlicher Transformation. Und

mit Mut – bei den Weiterbildungsver-

antwortlichen aus dem Training ebenso

wie in den Unternehmen. Denn Wei-

terbildung muss heute weit über den

Tellerrand der Personalabteilung hin-

ausreichen und deshalb auf der obersten

Führungsebene mitgedacht werden.

Endlich an Digitalisierung denken

Für die Trainingsprofis bedeutet dies

– wie nicht nur in der Session von Bar-

bara deutlich wird –, dass sie bereit sein

müssen, sich auf neue Konzepte und

Methoden einzulassen. Denn mit den

bewährten Rezepten können sie ihre

Kunden immer schwieriger begeistern.

Über das Programm wird vor Ort abgestimmt: Per Smiley bewerten die Anwesenden die Session-vorschläge der Kollegin-nen und Kollegen.

„Ich bekomme immer noch

Konzepte für normale Se-

minare – aber die kann ich

selbst machen“, erklärt etwa

Tobias, PE-Chef bei einem

großen Konzern. Er wünscht

sich durchdachte Angebote,

die zumindest Anknüpfungs-

punkte für die Integration

ins Blended Learning bieten.

Das aber bieten noch wenige,

wie ja auch die morgendliche

Abfrage zum Stand der eigenen Digitalisierung

zeigt. Auch die drei gut besuchten Sessions zum

Themenbereich machen deutlich: Viele sehen sich

noch nicht in der Lage – oder in der Pflicht –, das

eigene Angebot zu digitalisieren, sie öffnen sich

nur zögerlich für alternative Tools und Formate.

Dabei ist der Einstieg beispielsweise ins Live-On-

line-Training gar nicht so schwer, wie sich Session-

geberin Inga überzeugt zeigt. Virtual Classrooms

oder Online-Coaching über ein Videokonferenz-

Tool wie Skype oder Zoom seien nahe am Präsenz-

angebot. Einfache Lernvideos wiederum lassen

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LERNTECHNOLOGIE-KONGRESS OEB 2019

Gute Geschichten übers Lernen

Die oeb, die Ende November in Berlin stattfand, drehte sich bereits zum 25. Mal um die aktuellen Trends des technologisch unterstützten Lernens. Dabei zeigte sich, dass über digitale Tools und die Verände-rungen, die sie mit sich bringen, sehr unterschiedliche Geschichten erzählt werden können – und dass es wichtig ist, sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen.

Information

Die Warnung kommt gleich zu Beginn der #oeb19,

wie die Berliner Lernexperten-Zusammenkunft

twittertauglich abgekürzt wird. Audrey Watters

steht auf der Hauptbühne vor etwa 2.500 Bildungs-

profis und mahnt: „Passt auf, welche Geschichten

ihr übers Lernen erzählt. Und euch erzählen lasst.

Denn viele davon sind Agitprop – ideologisch mo-

tivierte Propaganda mit dem Ziel, die eigene Agen-

da voranzubringen.“ Die Aussage der Autorin des

Buches „Hack Education“ sitzt, schließlich werden

besagte Geschichten übers Lernen gerade auch auf

Konferenzen wie der Online Educa erzählt.

Zu diesen einseitigen, unhinterfragten oder

schlicht falschen Aussagen zählt Watters zum

Beispiel die oft auf Slides gezeigten Alarmmel-

dungen, warum schnelles Lernen immer wichtiger

wird und wie sehr unsere Jobs durch die Digita-

lisierung unter Druck stehen. Dazu gehört etwa

die Behauptung, dass zwei Drittel aller Schüler

in Jobs landen, die es heute noch nicht gibt. Was

als Wahrheit verkauft wird, geht Watters zufolge

auf eine Wahlkampfrede von Bill Clinton aus den

90er-Jahren zurück, die bis heute immer weiter-

gereicht wird, ohne dass die zugrundeliegende

Basis je geprüft wurde: „It s not science, it s a

slogan!“, betont Watters mit Verve.

Watters ist eine amüsante und nach-

denklich stimmende Eröffnungsredne-

rin. Ihr Credo, nicht alle Geschichten zu

glauben, die übers Lernen, über Change,

über Künstliche Intelligenz kolportiert

werden, ist ein guter Anker, um durch

die zwei Tage zu kommen, wird es doch

mehrfach wieder aufgriffen.

Angst oder Inspiration?

Etwa von ihrem Kollegen auf der Büh-

ne, Iyad Rahwan vom Max-Planck-In-

stitut für Bildungsforschung, der über

die Wahrscheinlichkeit redet, mit der

Jobs – oder besser Kompetenzen –

durch künstliche Intelligenz ersetzt

werden. Er wirft bunte Grafiken von

miteinander verbundenen Punkten an

die Wand, die für jobrelevante Fähig-

keiten stehen, die – bei einer Quer-

schnittsbetrachtung über mehrere

Berufe und Arbeitnehmer gesehen –

zwei Cluster bilden: einen von eher

psychomotorischen und einen mit

eher analytischen Fähigkeiten.

Seine Aussage: In den Clustern kor-

reliert Bildung nicht nur mit Einkom-

men (beides auf der analytischen Seite

wesentlich höher), sondern auch mit

einer höheren Resistenz gegen eine Au-

tomatisierung. Was sowieso einleuch-

tend klingt, beruht letztlich aber, wie

Rahwan zugibt, auf einer schlechten

Datenlage. Nicht zuletzt deshalb, so

betont auch er, gibt es keine absoluten

Gewissheiten. Um so mehr macht es

einen Unterschied, welche Art von Ge-

schichte man erzählt: Will man Angst

vor der Zukunft machen? Geht es ums

Verkaufen? Oder etwa um die Inspirati-

on, sich auf Neues einzulassen?

Falsche Behauptungen und ungeprüfte Thesen

Auch andere Behauptun-

gen werden nicht dadurch

wahrer, dass sie ständig wie-

derholt werden, so Watters

weiter. Die Halbwertszeit

von Wissen soll nur noch

fünf Jahre betragen? Der

Autorin zufolge eine ausge-

dachte Statistik des World

Economic Forum. Men-

schen wechseln ihre Berufe

schneller und arbeiten in

unterschiedlicheren Beru-

fen denn je? In den USA ist

das Gegenteil der Fall. Ro-

boter werden bis zu 40 Pro-

zent der Jobs vernichten?

Eine bewusste Bedienung

von Ressentiments, um von

den wahren Gründen abzu-

lenken, so Watters: „Robots

are not coming for your jobs,

management does!“

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Trainingaktuell | Januar 2020 19

Fotos: OEB Learning Technologies Europe GmbH/David und Bettina Ausserhofer

Information

Vor- und Querdenker des Lernens

Die oeb hat auf jeden Fall Letzteres im

Sinn. Dafür stellen sich Jahr für Jahr

bekannte Größen, Vor- wie Querdenker

des Lernens in Berlin auf die Bühne.

Mit dabei der Brite Donald Clark, der

dieses Jahr auf der Spotlight-Stage – ganz

im Sinne von Watters – die Aussage „47

Prozent aller Jobs werden in den nächs-

ten zwei Dekaden automatisiert werden“

auseinandernimmt. Oder Jef Staes, der

mit seinen wild abstehenden Haaren

wie ein leicht verrückter Professor aus-

sieht und für Erheiterung sorgt, als er

erklärt, warum es unsinnig ist, wie wir

lernen. Schließlich werde Langeweile

höher bewertet, als den eigenen Inte-

ressen zu folgen: „Einen Abschluss be-

kommt man dafür, dass man erfolgreich

wiedergeben konnte, was man nicht

lernen wollte“, gibt Staes einen Irrsinn

des Bildungssystems zum Besten. Eben-

falls wieder mit dabei in Berlin: der bri-

tische Lerntechnologe Steve Wheeler,

der durch das 70-20-10-Modell bekannte

Charles Jennings, die Lernerforscherin

Laura Overton, der Ex-IBMler Richard

Straub, inzwischen Präsident des Global

Peter Drucker Forum, und viele andere.

Doch die oeb lockt nicht nur mit be-

kannten Namen. Seit nunmehr 25 Jah-

ren ist sie Anlaufstelle für Lern experten

aus aller Welt, von Hochschule bis Un-

ternehmen, und verdichtet mal mehr,

mal weniger mitreißend neue Ideen, die

die Lernwelt besser machen.

Sei kein Hammer

Ein Thema, das dabei immer mehr an Be-

deutung gewinnt, ist das Thema Kultur.

Die oeb – ehemals Online Educa Berlin – fand vom 25. bis zum 27. November 2019 im Berliner Interconti statt. Die 25. Ausgabe des Bildungskon-gresses zog mehr als 2.500 Teilneh-mer aus über 70 Ländern an.

Auch inspirierende Geschichten waren zu hören, etwa von Heléna Bargiel, die berichtete, wie sie die Performance von Verkäufern steiger-te – ohne typische PE-Angebote, nur durch informellen Erfahrungsaus-tausch. In diesem Sinn ist auch der Aufruf von Joe Pokropski (links)zu verstehen: „Stop writing courses!“

Den kritischen Auftakt gestaltete Audrey Wat-ters, die die anwesenden Lernprofis davor warnte, die Geschichten übers Lernen unhinterfragt weiterzugeben. Allzu oft stecke hinter ihnen „Propaganda“ über die Entwertung von Wissen oder die Bedrohung durch künstliche Intelli-genz, deren Zweck es ist, Angst vor der Zukunft zu machen.

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22 Trainingaktuell | Januar 2020

SERIE SYSTEMISCHE INTERVENTIONEN

Die Vernetzungs-landkarte

Ziele lassen sich immer seltener alleine erreichen. Wer erfolgreich sein will, nutzt deshalb das System, dessen Teil er oder sie ist. Mit der Ver-netzungslandkarte lässt es sich sichtbar machen: Es entsteht ein klares Bild aller Personen, die für neue Ideen und Projekte angesprochen werden können.

Inspiration

es darum geht, eigene Ideen voranzutrei-

ben. Dabei hilft die Vernetzungslandkar-

te, die wir nach Ideen von Niels Pfläging

und Klaus Haasis modifiziert haben.

Ideen voranbringen

Denn insbesondere drei Dinge kann

jeder tun, um die Umsetzung eigener

Projekte zu unterstützen:

1. Dialog und Vernetzung anregen! Or-

ganisationen kann man als Systeme,

bestehend aus formalen, informel-

len und professionellen Strukturen

betrachten. Die Empfehlung von

Pfläging ist, vor allem die informel-

le Struktur, das heißt, die sozialen

Beziehungen, zu nutzen, um gezielt

Ideen zu streuen und so Mitstreiter

zu finden. John Kotter, der zu Lea-

dership forscht, bezeichnet diese

Mitstreiter-Gruppierungen als „Ko-

alitionen für den Wandel“ (siehe Li-

teraturtipp rechts).

2. Foren für Impulse nutzen! Damit

sind sowohl die digitalen Foren als

auch analoge Begegnungsforen ge-

meint wie zum Beispiel die Kommu-

nikationsräume der Organisation

oder die Weihnachtsfeier. Pflägings

Tipp ist es, hier die eigenen Ideen

und Vorhaben zu verbreiten. Wenn

man feststellt, dass viele der Kollegen

bestimmte soziale Netzwerke nut-

zen, um auf Dinge aufmerksam zu

machen, dann ist die Empfehlung,

es auch zu tun.

Natürlich wirken wir alle in die ei-

gene Organisation hinein. Allerdings

nicht immer genau so, wie wir wol-

len. Um die Wirkung zu erzielen, die

wir anstreben, ist es deshalb häufig

nützlich, über Bande zu spielen, also

mittelbar Einfluss zu nehmen: über

die Personen, die uns der gewünschten

Wirkung näher bringen.

Deshalb kann es hilfreich sein, sich

in einem ersten Schritt das eigene

Netzwerk vor Augen zu führen, wenn

Illustration: Stefanie Diers/managerseminare

Jeder Mensch ist Teil eines persönlichen Netzwerks. Sich dies bewusst zu machen, ist hilfreich, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht.

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Trainingaktuell | Januar 2020 23

Inspiration

3. Wegnehmen, was hindert! Ganz neue

Dinge auf den Weg zu bringen, ist oft

schwieriger, als bereits Bestehendes

zu modifizieren. In jedem Fall ist

es wichtig, darüber nachzudenken,

was hindert. Und, wie man diese

Hindernisse aus dem Weg räumen

kann. Auch hier kann man wieder

„über Bande spielen“: Wenn es also

Prozesse oder Strukturen gibt, die die

eigenen Ideen oder Vorhaben behin-

dern bzw. behindern könnten, kann

man entweder überlegen, wen man

im Beziehungsnetz kennt, der unter-

stützen könnte. Oder ob es ähnliche

Themen im Unternehmen zu finden

gibt, die man für einen „Relaunch“

nutzen könnte.

Die Vernetzungslandkarte

Sind diese drei Punkte präsentiert, geht

es nun darum, wie sich diese Schrit-

te konkret durchführen lassen. Dabei

stellen sich insbesondere zwei Fragen:

A Wer könnten meine nötigen Mitstrei-

ter sein?

A Und über welche Kommunikations-

kanäle kann ich sie erreichen?

„Hilfreich wäre also eine Übersicht,

die uns zeigt, welche Ressourcen wo

verfügbar sind. Das kann eine Vernet-

zungslandkarte leisten, die jeder für

sich erstellen und nutzen kann“, erklärt

die Trainerin. Auf einem Flipchart wird

nun eine leere Vernetzungslandkarte

präsentiert (siehe Handout).

Anschließend werden ko-

pierte Vorlagen davon – ent-

weder in der runden oder

der tabellarischen Form

(siehe S. 24) – verteilt und

die Teilnehmerinnen und

Teilnehmer gebeten, sich

ein Thema oder ein Ziel

auszuwählen, für das sie

Unterstützung gewinnen

wollen. Dieses Ziel oder

Thema schrei ben sie dann

über ihre eigene Landkarte.

„Solch ein Thema könnte et-

was sein, das ihr besser ver-

stehen und wohin ihr euch

entwickeln wollt, es kann

eine gewünschte Funkti-

on sein, die ihr erreichen

wollt, ein Projekt, das ihr

anstoßen wollt, oder vieles

mehr. Falls ihr noch nicht

entschieden seid, spielt ge-

danklich einfach mit meh-

reren Themen und schaut,

was dabei passiert“, erläu-

tert die Trainerin.

Selbstbefragung in Einzelarbeit

Danach erstellt jeder seine

persönliche Vernetzungs-

landkarte in Einzelarbeit.

Dazu bearbeitet jeder für

sich die folgenden Frage-

komplexe:

1. Beantworten der Wer-Fragen:

A Wer sind die wichtigen Akteure in meinem Unter-

nehmen, mit denen ich mich vernetzen sollte, be-

ziehungsweise die ich brauche, um mein Vorhaben

umzusetzen?

Auf der Landkarte gibt es hier drei Akteurtypen, die

auf unterschiedliche Weise hilfreich sind:

A diejenigen, mit relevanten Fähigkeiten,

A diejenigen mit relevantem Einfluss und

A diejenigen, die mich schätzen.

2. Beantworten der Wie-Fragen:

A Wie können mir diese Akteure konkret helfen? Und

welchen Nutzen haben die Akteure davon, wenn

sie mir helfen?

INFOS

>> Personenzahl: flexibel, optimalerweise in

gerader Anzahl

>> Zeitaufwand: 60 Minuten

>> Material: ausgedruckte Vorlagen der Ver-

netzungslandkarte in ausreichender Zahl

(siehe Handout); eventuell ein vorbereitetes

Layout

LESETIPPS

>> John Kotter, Holger Rathgeber: Das Pinguin-

Prinzip – Wie Veränderung zum Erfolg führt.

Droemer 2011, 16,99 Euro

>> Anna Dollinger, Katrin Fehse, Karl Haasis:

Komplexitätstrainings für Führende erfolg-

reich leiten. managerSeminare 2019, 49,90

Euro, mit Abo-Vorteil 39,90 Euro.

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28 Trainingaktuell | Januar 2020

SERIE METHODEN IM LIVE-ONLINE-TRAINING

Runder Tisch am Bildschirm

Das Lernen im Virtual Classroom erfreut sich wachsender Beliebtheit bei Lehrenden und Lernenden. Es lohnt sich also, den eigenen Methodenkoffer zielgerichtet etwas aufzusto-cken. Passende Interaktionen dafür soll unsere neue Serie liefern. In der ersten Folge: ein Spiel für die Kennenlern-phase.

Inspiration

Foto: sorbetto / iStock

Grundsätzlich lassen sich pro Trai-

ningseinheit folgende Phasen unter-

scheiden:

A Warm-up: Kennenlernen und Ori-

entierung

A Einstieg in das Thema: Verdeutli-

chung des Nutzens

A Vermittlung der Inhalte: im Wech-

sel mit Interaktionen, z.B. Fragen

zu Meinungen, Erfahrungen und

Wissen

A Zusammenfassung: kurze Wieder-

holung der Lerninhalte

A Feedback: Rückmeldungen zum Ab-

lauf

A Schluss: weiterführende Informa-

tionen

Aufwärmen durch Kennenlernen

In der Phase „Warm-up“ geht es darum,

dass sich die Teilnehmenden kennen-

lernen. Anders als im Präsenztraining

und -coaching, wo sie sich teilweise

schon vorher unterhalten oder in den

Pausen austauschen können, begegnen

sich die Lernenden beim Live-Online-

Training zu Beginn der Einheit zum ers-

ten Mal. Damit aus ihnen trotz unter-

schiedlicher Standorte eine Lerngruppe

wird, brauchen sie Unterstützung durch

die Trainerin.

Dabei reicht es nicht, die Teilneh-

menden nacheinander aufzufordern,

sich am Mikrofon vorzustellen. Beson-

ders bei Gruppen, die mehr als acht

Mitglieder haben, kann das sonst

Die Methode „Runder Tisch“ erleichtert in der Warm-up-Phase einer Live-Online-Training-Einheit das Kennenlernen.

Live-Online-Trainings im Virtual Classroom

vereinen die Echtzeit-Kommunikation mit der

räumlichen Verteilung der Teilnehmenden: Alle

sind woanders, das aber (immerhin) gleichzeitig.

Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für Interak-

tionen, die denen in analogen Trainingssettings

ganz ähnlich sind. Diese gilt es zu nutzen, da ge-

lungene Interaktionen den Lernprozess beleben

und so zu entscheidenden Erfolgsfaktoren wer-

den. Für jede Phase eines Live-Online-Trainings

bieten sich unterschiedliche Interaktionen an.

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Trainingaktuell | Januar 2020 29

Inspiration

schnell dazu führen, dass

Teilnehmende, die bereits

einen Beitrag geleistet ha-

ben, sich beispielsweise

durch das Bearbeiten der

eigenen E-Mails ablenken.

Für diese Gruppengröße

eignet sich deshalb eher eine

Methode, die alle involviert

und zum Mitdenken anregt.

Ein Beispiel dafür ist der

„Runde Tisch“, eine Metho-

de, die, wenn gewünscht,

über zwei Live-Online-Trai-

ningseinheiten verteilt wer-

den kann.

Zur Vorbereitung

Der Trainer lädt eine Folie

mit Bildern der Teilnehmen-

den in den Virtual Classroom

hoch und schaltet die White-

board-Funktionen frei. Die

Bilder sind im Kreis verteilt.

In der Mitte der Folie sollte

ausreichend Platz für Eintra-

gungen freigehalten werden.

Die Namen der Gruppen-

mitglieder werden vor dem

Hochladen auf der Folie plat-

ziert oder mit dem Textfeld

des Whiteboards nachgetra-

gen. Sollten keine Bilder zur

Verfügung stehen, können

auch Platzhalter genutzt wer-

den (siehe Abbildung).

Phase 1: Erzählen

Zu Beginn der Einheit stellen sich

die Teilnehmenden reihum vor und

erzählen etwas von sich – über den

Tätigkeitsschwerpunkt oder Hobbys.

Die Vorgaben dazu macht die Trai-

nerin. Während der Teilnehmende

erzählt, notiert sie in der Mitte der

Folie (nicht direkt beim Bild des Teil-

nehmenden) die Informationen. Sie

sollte darauf achten, dass Beruf und

Hobby getrennt voneinander platziert

werden. Dieser Prozess wird für je-

den Teilnehmenden wiederholt. Auch

sollte sich die Trainerin selbst in die

Runde integrieren, um Vertrauen zu

schaffen und ein Teil der Gruppe zu

werden.

Ist die Vorstellungsrunde been-

det, macht die Trainerin noch einen

Screenshot vom Whiteboard und spei-

chert ihn anschließend ab.

Phase 2: Erinnern

Zu Beginn der nächsten Live-Online-

Trainingseinheit – z. B. eine Woche

später – fügt der Trainer die Abbildung

der Interaktion wieder auf eine Folie

ein und lädt diese in den Virtual Class-

room hoch.

BEISPIELFOLIE „RUNDER TISCH“

Grafik: Sandra Bach @ graphicrecording.zone, in Training aktuell, Januar 2020

Wer sitzt mir virtuell gegenüber?

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Trainingaktuell | Januar 2020 37

MODERATIONSMETHODE

Zirkeltraining im Workshop

Manchmal braucht es die Meinungen, Antworten und Ideen aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Doch wie fragt man die am besten ab? Dirk Bathen stellt mit dem Zirkeltraining eine Methode vor, mit der sich auch in größeren Gruppen schnell viele Themen bearbeiten lassen.

Interaktion

Foto: Dirk Bathen

Beim Zirkeltrai-ning arbeitet eine Gruppe zehn Minuten an einem Poster und wechselt dann zum nächsten.

Großgruppendiskussionen vermeiden

Wenn man die Meinungen, Antworten

oder Ideen von allen Workshopteil-

nehmenden zu bestimmten Fragen

einholen möchte, dann ist die ermü-

dendste und damit schlechteste aller

Varianten, diese Themen nach und

nach in der großen Runde zu disku-

tieren. Der klassische Weg ist, sich in

Kleingruppen fokussiert mit einzelnen

Fragen auseinanderzusetzen: Klein-

gruppe A behandelt Thema A, Klein-

gruppe B widmet sich Thema B und

so weiter. Möglicherweise ist es auch

besser, wenn die Teilnehmenden sich

erst mal alleine oder im Tandem Ge-

danken machen.

Das Zirkeltraining ist hier eine

gute Alternative, um in kurzer Zeit

möglichst viele Facetten eines The-

menkomplexes herausarbeiten zu kön-

nen. Wer sich spontan an ein World

Café oder Open Space erinnert fühlt:

Stimmt, das sind enge Verwandte.

Setup und Ablauf eines Zirkel-trainings

Der Moderator bzw. die Moderatorin

bereitet den Raum vor: Überall verteilt,

in möglichst großem Abstand zueinan-

der, hängen Poster an der Wand, die

mit Überschriften und einer (selbst-

erklärenden) Arbeitsfrage versehen

sind. Vor jedem Poster liegen ein paar

Im Sportunterricht war es früher eine der

schweißtreibendsten Angelegenheiten: das Zirkel-

training. Verschiedene Stationen wurden nachei-

nander absolviert, jede Station hatte einen ande-

ren Trainingsschwerpunkt, und innerhalb von 30

Sekunden oder einer Minute musste man richtig

abrocken. Dann pfiff der Sportlehrer, und es ging

an die nächste Station. Diese Mechanik lässt sich

wunderbar auch für Workshops nutzen. Und das

sogar ohne den Muskelkater am nächsten Tag.

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38 Trainingaktuell | Januar 2020

Interaktion

Marker und Post-it-Blöcke.

Anschließend bittet man

die Teilnehmenden, sich in

gleich großen Grüppchen

vor den Postern zu versam-

meln, und erklärt die Re-

geln für diese dynamische

Art von Gruppenarbeit:

A Alle bearbeiten alle Poster,

es ist also egal, wo man

sich zu Beginn hinstellt

(zumindest im „Standard-

modus“).

A Pro Poster gibt es eine Be-

arbeitungszeit von zehn

Minuten. Nach Ablauf der

Zeit gibt es ein Signal,

und jede Gruppe wechselt

im Uhrzeigersinn zum

nächsten Poster.

A In der ersten Runde geht

es darum, die Arbeitsfra-

ge zu durchdringen, kurz

zu diskutieren und dann

erste Antworten und Er-

gebnisse schriftlich fest-

zuhalten.

A In der zweiten Runde

kommen die Teilnehmen-

den dann an ein Poster,

an dem vorher schon eine

Gruppe gearbeitet hat.

Hier geht es darum, die

Arbeitsfrage zu verstehen

und sich den jeweiligen

Arbeitsstand am Poster

zu vergegenwärtigen, so-

dass auf den schon exis-

tierenden Ergebnissen

aufgebaut werden kann. So wird

verhindert, dass Aspekte doppelt

genannt werden.

A Immer wieder wichtig zu sagen,

obwohl es selbstverständlich sein

sollte: Die Post-its sollen leserlich

und nachvollziehbar beschrieben

werden. Da reicht es nicht, wenn

jemand nur „Kommunikation“

schreibt. Es muss schon ein Halb-

satz sein, immer mit einem Verb, das

der Aussage eine Richtung gibt, zum

Beispiel: „Kommunikation verbes-

sern durch wöchentliche Updates

vom Teamleiter“. Geschieht diese

Konkretisierung nicht, bleiben die

schriftlichen Aussagen unverständ-

lich, die restlichen Teilnehmenden

spekulieren zu lange über den Sinn

eines Kärtchens oder lähmen die

Gruppe mit zeitfressenden Verständ-

nisfragen.

Abschluss: Die Ergebnisse allen zugänglich machen

Die Moderatorin oder der Moderator

kann die Arbeitsfragen, Gruppen und

Zeiten etwa so einteilen, dass am Ende

jede Gruppe vor dem Poster steht, an

dem sie auch begonnen hat. Das klappt

zwar nicht immer, ist aber auch nicht

weiter tragisch. Für den Abschluss ei-

nes Zirkeltrainings gibt es grundsätz-

lich zwei Möglichkeiten: Die Ergebnis-

se der Poster werden allen zugänglich

gemacht und präsentiert – oder auch

nicht. Welchen Weg man wählt, hängt

ganz davon ab, ob und wie mit den

Ergebnissen weitergearbeitet werden

soll und was das Ziel der gesamten

Veranstaltung ist.

Wenn es „nur“ darum geht, dass sich

die Teilnehmenden austauschen und

gegenseitig inspirieren, dann reicht

mitunter der Rahmen der reinen Ar-

beitssession völlig aus, um Menschen

ins Gespräch zu bringen und die Kom-

munikation untereinander zu fördern.

Eine detaillierte Präsentation der Er-

gebnisse ist in diesem Fall nicht not-

wendig. Soll allerdings mit den Ergeb-

nissen weitergearbeitet werden, ist

es wichtig, dass alle auf den gleichen

Wissensstand gebracht werden.

Es gibt zwei Wege, Zirkeltrainings

zu beenden und für einen Ergebnis-

transfer in die große Gruppe zu sorgen:

1. Zum einen Präsentationen: In

der letzten Zehn-Minuten-Runde geht

es nicht mehr darum, noch mehr Er-

gebnisse zu produzieren, sondern die

Kleingruppe, die gerade vor dem Poster

steht, sorgt dafür, dass die Ergebnisse

zusammengefasst werden. Sie bereitet

in ihrer Zehn-Minuten-Session also

das Poster so auf, dass eine oder einer

aus dieser Gruppe die Inhalte des Pos-

ters anschließend der Gesamtgruppe

kurz vorstellen kann.

2. Die zweite Variante ist ein stil-

ler Spaziergang, neudeutsch: Gal-

lery Walk. In festen Tandems (und

vielleicht auch mit einem Kaffee in

der Hand) schickt man die Teilneh-

merinnen und Teilnehmer auf einen

Spaziergang durch die Poster. Sie sich-

ten die Ergebnisse und notieren sich

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42 Trainingaktuell | Januar 2020

SERIE ONLINE-COACHING-FORMATE

Coachen an der Strippe

Viele Coachs nutzen Telefon-Coaching zwar schon als ergänzendes Format für das Lösen akuter Probleme oder die Transfersicherung. Doch auch ein ganzer Coaching-Prozess kann telefonisch stattfinden – sofern die Rahmenbedingen abgeklärt und ein paar Besonderheiten beachtet werden.

Interaktion

auswirkt. Spontan in ein Telefoncoa-

ching zu gehen, mag in der reinen Pro-

zessbegleitung bedingt möglich sein.

Soll hingegen der ganze Prozess tele-

fonisch stattfinden, ist von Spontane-

ität abzuraten. Dafür sollte ein Coach

sich nämlich gedanklich auf den Coa-

chee und seine Situation einstimmen,

indem er beispielsweise vor dem ers-

ten Termin erst noch einmal die Auf-

tragsklärung und bei Folgeterminen

den Verlauf der vorherigen Sitzungen

durchgeht.

Der Kunde oder die Kundin sollen

schließlich das Gefühl bekommen, dass

der Coach sich gut an seine oder ihre

Bedürfnisse, Aussagen und Erkennt-

nisse erinnert. So entstehen Vertrauen

und Nähe – und davon lebt letztendlich

der Coaching-Prozess.

Auf das richtige Setting kommt es an

Obwohl eine gute Vorbereitung schon

einen entscheidenden Faktor für ein

gelungenes Telefon-Coaching dar-

stellt, können Störungen den Prozess

behindern oder sogar unterbrechen.

Das Klingeln anderer Telefone, der

Haustüre, das Bellen eines Hundes –

Das alles wirkt störend im Verlauf des

Coachings, und kann den Coachee im

Denkprozess behindern. Deshalb ist

es hilfreich, sich das grundsätzliche

Vorgehen für ein telefonisches Setting

vorab festzulegen.

konzentrieren, ohne durch Mimik oder

Gestik abgelenkt zu sein. Das bedeutet

aber auch, dass Coaching am Telefon

mehr als nur ein netter Plausch ist.

Möchte man das eigene Angebot um

Telefon-Coaching erweitern, können

folgende Tipps helfen.

Gut vorbereitet ins Gespräch

Generell gilt: Es sollte nicht unter-

schätzt werden, wie sehr sich eine gute

Vorbereitung auf die Gesprächsqualität

Foto: LightFieldStudios / iStock

Coaching mittels Telefon ist die am häufigsten genutzte Varian-te des virtuellen Coachings.

Vergleicht man Telefon-Coaching mit

Coaching per Mail, scheint Ersteres

Präsenzsitzungen ähnlicher zu sein.

Doch auch am Hörer entfallen wich-

tige Wahrnehmungskanäle, die es

durch besondere Aufmerksamkeit zu

kompensieren gilt. Das mag für einige

Coachs einen Nachteil darstellen, kann

aber auch Vorteile haben (siehe Kas-

ten S. 43). Bei der Fokussierung auf die

verbale Kommunikation können sich

Coach und Coachee beispielsweise voll

und ganz auf Fragen und Antworten

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Trainingaktuell | Januar 2020 43

Interaktion

Erst einmal sollten also alle Störfakto-

ren beseitigt werden, damit sich beide

Gesprächspartner konzentrieren kön-

nen. Auch Nebenbeschäftigungen kön-

nen zu Störfaktoren werden. Deshalb

sollte man sich genauso bewusst Zeit

für ein Telefon-Coaching nehmen, wie

es auch bei einem Präsenz-Setting der

Fall wäre. E-Mails checken lenkt ab und

Autofahren während eines Coachings

kann durch mangelnde Konzentration

sogar dazu führen, dass man sich selbst

oder andere Verkehrsteilnehmende ge-

fährdet.

Auf Kundenseite sollten diese Rah-

menbedingen ebenfalls abgeklärt sein.

Auch hier gilt: Sowohl der störungsfreie

Platz als auch die Forderung nach voller

Aufmerksamkeit für den Prozess sind

angemessen und Nebenbeschäftigun-

gen tabu.

Eine weitere wichtige Angelegenheit,

die unbedingt vor der ersten Session ge-

klärt werden sollte, ist der Einsatz von

Tonaufnahmen. Soll das Gespräch da-

durch dokumentiert werden, muss der

Coachee nämlich seine Einwilligung

geben. Das gleiche gilt andersherum

– ein Coach muss ebenso einwilligen,

wenn der Coachee mitschneidet. Wenn

sich beide dafür entscheiden, Teile des

Prozesses aufzunehmen, sollte klar

sein, wofür diese Aufnahmen genutzt

werden sollen. Denn eine Archivierung

der Problembeschreibungen kann be-

reits erzielte Erfolge schnell zunichte

machen.

Je besser also die Erwartun-

gen beider Parteien vor dem

Termin geklärt sind, desto

höher sind die Erfolgsquote

und die Qualität des Coa-

ching-Gesprächs.

Auf die Haltung kommt es an

Ein weiterer wichtiger Fak-

tor beim Telefon-Coaching

sind die Körperhaltung und

die Stimme des Coachs. Es

ist empfehlenswert, ein

Headset zu nutzen, um die

Hände frei zu haben. Eine

bequeme und aufrechte

Haltung – im Idealfall stellt

man sich sogar hin –, bei der

der Brustkorb gut mit Luft

durchströmt wird, ist die Vo-

raussetzung für eine volle

Stimme.

Damit einher geht auch

das „Schmieren“ der Stim-

me: Man sollte sich Was-

ser ohne Kohlensäure oder

warmen Tee bereitstellen

und zwischendurch einen

Schluck nehmen, zum Bei-

spiel wenn die Klientin gera-

de spricht. Wenn die Stimme

angenehm klingt und die

Mimik, beispielsweise ein

Lächeln, zu „hören“ ist, kann

das einen positiven Einfluss

Vorteile von Telefon-

Coaching

>> Sinneskanäle trainieren: Die auditive Wahr-

nehmung wird durch jedes Telefon-Coaching

und die kritische Reflexion im Anschluss trai-

niert.

>> Fokussierung: Der Mangel an visuellen Impul-

sen bietet die Möglichkeit, sich ganz auf Fra-

gen und Antworten zu konzentrieren.

>> Anonymität: Wenn sich ein Coachee nicht be-

obachtet fühlt, fällt es ihm oder ihr oft leich-

ter, selbstkritische oder schambesetzte The-

men anzusprechen.

>> Weniger Missverständnisse: Sprechen liegt

vielen besser als Schreiben, und Unstimmig-

keiten können sofort angesprochen werden.

>> Kaum zusätzliches Equipment: Einen Tele-

fonanschluss und/oder ein Smartphone hat

heutzutage jeder, wodurch keine zusätzlichen

Anschaffungen gemacht werden müssen.

Nachteile von Telefon-

Coaching

>> Beschränkte Wahrnehmung: Da bis auf den

auditiven alle Sinneskanäle wegfallen, ist die

Wahrnehmung beider Parteien eingeschränkt.

>> Interventionsmöglichkeiten begrenzt: Inter-

ventionen, bei denen Visualisierungen not-

wendig sind, entfallen.

>> Übung und Erfahrung erforderlich: Telefoni-

sches Coaching sollte geübt werden, da ein

solcher Coaching-Prozess herausfordernd sein

kann.

>> Ablenkung: Coachees lassen sich durch Neben-

beschäftigungen wie dem Checken von E-Mails

leicht ablenken, weshalb ein Coach aufmerk-

sam sein und bei geistesabwesenden Antwor-

ten gegebenenfalls intervenieren muss.

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