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Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie kompakt VOR ORT Haustarifvertrag im Visier – Beschäftigte von Synlab profitieren vom frisch gewählten Betriebsrat TENDENZEN »Für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze«: Revierkonferenzen und Unterschriftenaktion starten TIPPS Der Großteil des Strompreises sind Steuern, Abgaben und Umlagen. Was verbirgt sich dahinter? Nr. 12 I DEZEMBER 2014 www.igbce.de Wie wir alt werden Berufliche Belastungen sind individuell. Übergänge in den Ruhestand sollten es auch sein.

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In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Übergang in die Rente. Jeder Beschäftigte hat unterschiedliche berufliche Belastungen. Deshalb sollten es die Übergänge in den Ruhestand auch sein.

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Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

kompakt

VOR ORT Haustarifvertrag im Visier – Beschäftigte von Synlab profitieren vom frisch gewählten Betriebsrat

TENDENZEN »Für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze«: Revierkonferenzen und Unterschriftenaktion starten

TIPPS Der Großteil des Strompreises sind Steuern, Abgaben und Umlagen. Was verbirgt sich dahinter?

Nr. 12 I DEZEMBER 2014 www.igbce.de

Wie wir alt werdenBerufliche Belastungen sind individuell.

Übergänge in den Ruhestand sollten es auch sein.

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Die IG BCE blickt mit Sorge auf die zunehmende Zahl von Kriegen, gewalttätigen Konflikten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Welt.

Das bringt nicht nur unendliches Leid über die betroffenen Menschen, sondern führt auch in nicht direkt betroffenen Ländern und Regionen zu erheblicher Verunsicherung und großen Belastungen.

Wir sind überzeugt, dass Veränderungen in der Einwanderungs-, Flüchtlings- und Integrationspolitik dringend erforderlich sind.

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>UNTER UNS

s ist nicht mehr lang hin bis Weihnachten, aber von Ruhe und Besinn-lichkeit sind wir gefühlt noch weit, weit weg. Für uns in den Gewerk- schaften gibt es in diesen letzten Wochen des Jahres kaum ein Ver-

schnaufen. Beispielhaft dafür steht die aktuelle Auseinandersetzung um die Energiepolitik, in der die IG BCE mit Revierkonferenzen und einer Unterschrif-tensammlung ein deutliches Signal setzt: »Für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze« (Seite 31–33). Immer wieder neu zu erleben, dass die politisch Verantwortlichen an die Bedeutung der Energiepolitik für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung erinnert werden müssen, das ist schon frustrierend. Immerhin, es scheint, als wäre in der Politik mittlerweile angekommen, dass die Beschäftigten in der Energieerzeugung und in der energieintensiven Wirtschaft langsam die Faxen dicke haben. Jetzt bekommen sie es auch schriftlich.

TEUER IST DIE ENERGIEPOLITIK SOWIESO. Das dokumentiert jede private Stromrechnung. Die enthält eine Vielzahl von Posten, die sich hinter kryptischen Begriffen verbergen, aber alle eines gemeinsam haben: Sie sind politisch gewollte und erzwungene Zuschläge auf den eigentlichen Strompreis – nachlesbar und

nachprüfbar in dieser Ausgabe von kompakt.

DIE DEBATTE UM DIE TARIFEINHEIT ist ein weiteres, gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wich-tiges Thema. Schließlich geht es um nichts weniger als um Zusammenhalt und Solidarität – das klingt viel- leicht ein bisschen altmodisch, ist aber unverändert die Voraussetzung dafür, dass alle Beschäftigten die Chance auf Teilhabe an Wachstum und Wohlstand erhalten (Seite 8–9). Dafür will die IG BCE auch in der an- laufenden Tarifrunde für die chemische Industrie sorgen und nicht nur beim Geld Fortschritte erzielen (Seite 18–19). Starke, richtige Gewerkschaften können das, weil sie eben nicht nur für einige wenige da sind. Gute Arbeit, bezahlbarer Strom, faire Bezah-lung und gesund in den Ruhestand – das sind Weihnachtswünsche, die wir gemeinsam wahr werden lassen.

Wenn Wünsche wahr werden

[email protected]

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IMMER IM HEFT

03 Unter uns06 Aktuelles08 Alle Achtung20 Leserforum/Impressum30 Eine von uns*40 Rätsel41 Glück & Glosse42 Mein Arbeitsplatz* Die Landesbezirke Baden-Württemberg, Nordrhein, und

Westfalen berichten auf dieser Seite über Jubilarehrungen.

Titelbild: Nick Dolding/Getty Images

AKTUELLES7 Interview mit Peter Bofinger

»Wir brauchen mehr Staat«: Der Ökonom und Wirt-schaftsweise zur gesamtwirtschaftlichen Verantwortung Deutschlands.

8 Koalition stärkt das MehrheitsprinzipDie Referenten haben ihre Arbeit getan, die Bundesregie-rung legt die Karten auf den Tisch. Fakten und Positionen zum »Gesetzentwurf« zur Tarifeinheit.

11 StandpunktMichael Vassiliadis über soziale Verpflichtung.

TITEL12 Wie wir gesund alt werden

Die »Rente mit 63« ist durch, reicht aber allein nicht aus. Flexible Übergänge in den Ruhestand für ALLE fordert die IG BCE. Warum das so wichtig und was dafür zu tun ist.

THEMEN18 Wir verdienen mehr!

Die ersten Weichen sind gestellt, die Chemie-Tarifrunde läuft an. Neben der prozentualen Erhöhung geht es um eine Weiterentwicklung der Demografie-Tarifabkommen.

TENDENZEN31 Mut zur Verantwortung

Für Vernunft in der Energiepolitik, für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze: Revierkonferenzen und Unter-schriftenaktion starten.

TIPPS34 Staatliches Inkasso

Mehr als 70 Prozent des Strompreises sind gesetzlich vorgegebene oder regulierte Kosten. Und erst jüngst sind zwei weitere Preistreiber hinzugekommen. Ein Überblick.

38 O du fröhliche . . . Von wegen gemütlich unterm Weihnachtsbaum sitzen. Immer mehr Beschäftigte müssen an den Weihnachts-feiertagen arbeiten. Aber das Arbeitsrecht setzt Grenzen.

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Gips und Gänsekeule

Ein Werk in zwei Bundesländern mit angeschlossenem Hotel und einem eigenen Förster: Die Knauf Deutsche Gipswerke KG in Rottleberode im Südharz ist ein kleines Universum für sich.

Den Haustarifvertrag im VisierDasselbe Lohnniveau seit Jahren, eine Personalpolitik nach Gutdünken: Davon hatten die Be-schäftigten des Labordienstleis-ters Synlab schließlich die Nase voll, wählten einen Betriebsrat und arbeiten jetzt auf ein großes Ziel hin: einen Haustarifvertrag.

Keine Party1000 Stellen weltweit will der Chemiekonzern Lanxess spa-ren, allein 500 Stellen sollen an den Standorten Leverkusen und Köln wegfallen. IG BCE und Betriebsrat konnten zu-mindest eine Zusage erreichen: dass der Verzicht auf betriebs-bedingte Kündigungen oberste Priorität hat.

Vattenfall: Abschluss erfolgreich364 neue Auszubildende sollen pro Jahr neu eingestellt und jährlich 90 Auslerner unbefristet übernommen werden: In einer zweiten Verhandlungsrunde für die Zukunftsthemen Ausbildung und Übernahme in der Tarifgemeinschaft Vattenfall haben sich IG BCE und IG Metall jetzt geeinigt.

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>INHALT DEZEMBER 2014

18 Wir verdienen mehr! Mut zur Verantwortung 31

34 Staatliches Inkasso O du fröhliche . . . 38

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Katar erhält weitere WMIM OKTOBER WIRD die Leichtathletik-WM 2019 stattfinden – und zwar in Doha. Das entschied der Weltverband IAAF. Die Hauptstadt des Emirats Katar setzte sich im Dreikampf gegen Barcelona und die US-Stadt Eugene durch. Seit der Vergabe der Fußball-WM 2022 nach Katar steht der Fußballweltverband Fifa massiv in der Kritik. Hintergrund sind vor allem Menschenrechtsverletzungen und die Ausbeutung von ausländischen Arbei-tern in dem Emirat. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, zeigte sich skeptisch: »Ich bin überrascht, dass sich Doha durch-gesetzt hat.«

BILD DES MONATS

MIT MESSER, BEIL UND REVOLVER griffen Mitte November zwei Palästinenser in einer Jerusalemer Synagoge Gläubige an. Fünf Menschen wurden getötet. Die Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen verurteilten den Anschlag in dem Gotteshaus. Das mächtigste UN-Gremium

bezeichnete das Attentat als »abscheulich«. Zugleich sorgten sich seine Mitglieder über die wachsenden Span-nungen zwischen Israelis und Palästinensern in der Stadt. Der Sicherheitsrat rief die Konfliktparteien zur gemein-samen Suche nach einem friedlichen Weg auf.

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>AKTUELLES

Preisgekröntes ProjektDAS THEMA WIRD GERN VERDRÄNGT: der private Pflegefall. Doch wenn er eintritt, türmen sich schnell die Probleme. Die Betriebsräte des Folienherstellers Renolit in Worms haben für die Beschäftigten eine Vereinbarung abgeschlossen, die finan-zielle Einbußen bei der Pflege von Angehörigen abfedert.

Dafür sind sie mit dem Sonderpreis »Innovative Betriebsratsar-beit« des »Deutschen Betriebsrätepreises« geehrt worden. »Mit un-

serem Projekt bauen wir jenen Fällen vor, bei denen Beschäftig-te in ein finanzielles Loch fallen würden, weil sie wegen der Pflege ihre Arbeits-zeit reduzieren müs-sen«, sagt Reinhard Westhäuser, Gesamt-betriebsratsvorsitzen-der bei Renolit. Das Unternehmen stellt pro Arbeitnehmer

50 Euro tarifliche Leistung zur Verfügung. Darüber hinaus zahlt Renolit freiwillig zusätzlich 50 Euro pro Beschäftigten. Mitarbeitern, die beispielsweise bei einem Pflegefall der Stufe II ihre Arbeitszeit um 50 Prozent reduzieren, wird das Entgelt zunächst zwar gekürzt wird. Doch dann springt der betrieb- liche Pflegefonds ein und stockt das gekürztes Bruttotarifentgelt nebst Zulagen wieder um 30 Prozent auf.

332EIN DURCHSCHNITTSVERDIENER wird wohl 2017 prognos-tizierte 332 Euro mehr Einkommensteuern zahlen müssen als bei konstanter Steuerquote. Steuerschätzer Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel hat ausgerechnet, wie viel »heimliche Steuererhöhung« auf die Bürger bis Ende der Legislaturperiode zukommt. Die Belastung des Einkommens durch Steuern und Abgaben werde von heute 49,3 auf 50,2 Prozent steigen. Die Grenzbelastung – der Abzug durch Steuern und Abgaben für einen zusätzlich verdienten Euro – würde für den alleinstehenden Durchschnittsverdiener von 60 auf 61,2 Prozent steigen, errechnet Boss in seiner Studie.

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Reinhard Westhäuser (rechts) und sein Münchner Kollege Hilmi Akkort.

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Warum haben Sie sich gegen das gemeinsame Gutachten der Wirtschaftsweisen für die Regierung positioniert?Meine Kollegen kommen darin zu dem Schluss, dass Deutschland mehr Vertrauen in Marktprozesse zeigen soll. Eine solche Neujustierung halte ich für völlig falsch. Die öffentliche Hand in Deutschland muss im Gegenteil ihre zentrale Rolle stärker wahrnehmen. Wir brauchen mehr Staat statt weniger. Wir brauchen staatliche Investitionen.

Staatsschulden sind derzeit wegen der niedrigen Zinsen fast zum Nulltarif möglich. Warum wird trotzdem nicht investiert, etwa in die marode Infrastruktur?Weil in der politischen Debatte jegliche ökonomische Vernunft abhandengekommen ist. Weil nur noch über die schwarze Null diskutiert wird. Aber die schwarze Null ist lediglich Ausdruck für die ökonomische Leere in den Köpfen der Akteure, für mangelnde ökonomische Kompe-tenz. Der Staat nutzt sein Potenzial für mehr Wachstum nicht, weil er in einem Symboldenken verhaftet ist. Dieses Denken hat mittlerweile die gesamte Gesellschaft erfasst. Die privaten Haushalte scheuen – trotz sehr niedriger Zinsen – aus Angst vor Verschuldung vom Immobilien-erwerb zurück. Die Unternehmen verwenden ihre Gewinne in erster Linie zum Schuldenabbau und erst dann für Investitionen.

Was macht die momentane deutsche Finanzpolitik gefährlich für die Eurozone?Länder wie Deutschland verhalten sich so, als hätten sie mit der Eurozone nichts zu tun. Es wäre aber Aufgabe und Verantwortung der deutschen Wirtschaft, aktiv zur wirtschaftlichen Anpassung in Europa beizutragen. Dazu gehört auch, sich seiner Verantwortung innerhalb Europas und der Eurozone bewusst zu werden. Dieses Bewusstsein fehlt. Deutschland muss erkennen, dass es keine Insel ist.

Fragen an Peter Bofinger3Der Ökonom und Wirtschaftsweise zur GESAMTWIRT-SCHAFTLICHEN VERANTWORTUNG Deutschlands.

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> TARIFEINHEIT

DIE REFERENTEN haben ihre Arbeit getan, die

Bundesregierung stellt die richtigen Weichen.

Fakten und Positionen

zum »Gesetzentwurf zur Tarifeinheit«.

Was bedeutet »Tarifeinheit«?Ein Betrieb – eine Gewerkschaft – ein Tarifvertrag: Dieses Prinzip galt in der Bundesrepublik über viele Jahre. Die Gewerkschaften haben so ein hohes Maß an Gestaltungs- fähigkeit gewonnen. Und genau das zum Vorteil aller Beschäftigten eingesetzt.

Konkret?Natürlich konnten nicht alle Verbesserungen auf einmal durchgesetzt werden. Aber Schritt für Schritt. Von der Aus-bildung bis zur Altersvorsorge, vom Urlaub bis zum Gesundheitsschutz. Und das Entgeltniveau ist auch nicht vom Himmel gefallen. Sicher, es gibt noch viel zu tun. Aber das Erreichte kann sich sehen lassen.

Warum ist die Tarifeinheit gefährdet?Es gibt vor allem zwei Gründe. Durch Tarifflucht und/oder die Aufspaltung der Unternehmen kommt es zu unter-schiedlichen Arbeitsbedingungen und Entgelten. Die Be-schäftigten werden gegeneinander ausgespielt. So legen manche Arbeitgeber die Axt an die Tarifeinheit.

Der zweite Grund?Die juristische Lage. Die Gesetze sind zwar gleich ge- blieben, doch die Interpretation hat sich geändert. Im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtspre-chung nach vielen Jahrzehnten fundamental geändert und den Grundsatz der Tarifeinheit aufgegeben. Damit hat das Gericht zugleich berufsständischen Organisationen – den sogenannten Spartengewerkschaften – den Rücken gestärkt.

Koalition stärkt das Mehrheitsprinzip

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Koalition stärkt das MehrheitsprinzipWas bedeutet das in der Praxis?Es kommt immer häufiger zu Tarifkollisionen. Das heißt, dass für dieselbe Beschäftigtengruppe verschiedene Tarif-verträge miteinander konkurrierender Gewerkschaften gel-ten. Der alte Grundsatz »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« wird ausgehebelt. Warum aber sollen Beschäftigte eines Unternehmens mit exakt demselben Tätigkeitsfeld unter-schiedlich bezahlt werden? Das ist irrsinnig. Zugleich ist zu beobachten, dass die Auseinandersetzungen zwischen kon-kurrierenden Gewerkschaften zunehmen.

Gibt es dafür Beispiele?Die GDL (Gewerkschaft der Lokführer, Mitglied im Deut-schen Beamtenbund) will künftig auch für ihre Mitglieder unter dem Zugbegleitpersonal einen eigenen Tarifvertrag abschließen. Dass die Mehrheit dieser Beschäftigten der EVG (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, Mitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund) angehört, kümmert die GDL bisher nicht. Die Streikaktionen in diesem Herbst richten sich in erster Linie gegen die EVG. Warum soll ein GDL-Schaffner anders bezahlt werden als ein EVG-Schaff-ner? Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar.

Was ist daran schlimm?Zersplitterung schadet am Ende den Interessen der Beschäf-tigten insgesamt. Berufsständische Organisationen haben ausschließlich die Interessen einer kleinen Gruppe im Auge – auch auf Kosten anderer. Der Kuchen muss aber gerecht verteilt werden. Es geht nicht, dass sich eine kleine Gruppe die großen Stücke grapscht und alle andern mit Krümeln abgespeist werden. Und genau hier liegt der Unterschied zwischen richtigen Gewerkschaften und Spartengewerk-schaften: Es steht Solidarität gegen Gruppenegoismus.

Muss deshalb gleich ein neues Gesetz her?Ein Gesetz zur Tarifeinheit ist erforderlich, um dem kom-pletten Tarifchaos vorzubeugen. Wildwest auf dem Arbeits-markt schadet schlussendlich allen.

Aber werden so nicht in die Rechte kleinerer Gewerkschaften beschnitten?Tarifeinheit schließt den Wettbewerb zwischen den Gewerk-schaften nicht aus, jede Organisation kann weiter völlig frei für sich werben, da gibt es keinerlei Einschränkungen. Von selbst versteht sich, dass dabei die demokratischen Grund-regeln eingehalten werden müssen. Das Mehrheitsprinzip ist unantastbar. Das heißt: Es gilt der Tarifvertrag der Gewerkschaft, die im Betrieb die meisten Mitglieder hat.

Also wird doch in das Streikrecht der berufsständischen Organisationen eingegriffen.Das ist schlicht falsch, davon steht im Gesetzentwurf kein Wort. Richtig ist vielmehr, dass im Bedarfsfall die Gerichte entscheiden. Doch ehe es überhaupt so weit kommen kann, muss eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Unter dem Strich ist sichergestellt: Das Streikrecht wird nicht angetastet.

Im DGB gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen. Wo steht die IG BCE?Drei DGB-Gewerkschaften lehnen den Gesetzentwurf ab, bei IG Metall, IG BCE, IG BAU, EVG und GdP der Mehrheit stößt die geplante Regelung grundsätzlich auf Zustimmung. In einzelnen Punkten hat allerdings auch die Mehrheit noch Nachbesserungsbedarf angemeldet. Der DGB-Vorsit-zende Reiner Hoffmann »begrüßt den Kerngedanken des Gesetzes, wonach über das Mehrheitsprinzip der Grund-satz ‚Ein Betrieb, ein Tarifvertrag‘ gestärkt wird. Die Ta-rifeinheit ist und bleibt für den DGB ein hohes Gut.«

Wie geht es weiter?Dass Gesetzgebungsverfahren wird noch einige Monate dau-ern. Einige berufsständische Organisationen haben bereits angekündigt, dass sie auf jeden Fall gegen jegliche gesetzliche Regelung in Karlsruhe klagen wollen. Michael Denecke

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> AKTUELLES>

> Weihnachtshilfe»Nein, hier ist kein Platz in der Herberge!« Jedes Kind kennt wahrscheinlich diesen Satz aus der Weihnachtsgeschichte von Maria und Josef und ihrer Suche nach einer Bleibe. In der Bibel war es der Zwang von oben, sich zählen zu lassen, der das Paar auf Wander-schaft trieb.Heute sind Millionen von Menschen in der Situation, dass sie ihre Heimat aufgrund von Kriegen oder politischer Verfolgung verlassen müssen. Sie sind auf der Suche nach einer Herberge, nach einem Dach über dem Kopf und bedürfen der Zuwendung anderer Menschen wie seinerzeit Maria und Josef.

Wie vor 61 Jahren die IG Bergbau und Energie in der »Bergbauindus-trie«, ruft die IG BCE heute zur Unterstützung auf (siehe Appell Umschlagseite 2). 1953 ermutigte die Mitgliederzeitung der Gewerk-schaft die Bergleute, Weihnachten an ihre Arbeitskameraden in den Wohnheimen der Nachkriegszeit zu denken und sie für einige Stunden zu Weihnachten in den familiären Kreis aufzunehmen:

»Und wenn unsere Gewerkschaft bestrebt ist, den einheimischen Kumpel und den Neubergmann einander näherzubringen, dann ist das Weihnachtsfest die beste Gelegenheit hierzu.«

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Nicht verhandlungsbereit

Blumen für die heilige Barbara

BEI DEN TARIFVERHANDLUNGEN für die rund 13 000 Beschäftigten in der Schuh- und Sportartikelindustrie ist Frieder Weißenborn, Verhandlungsführer der IG BCE, tra-ditionell schon einen erheblichen Missstand gewohnt: »Im Vergleich zu allen anderen unserer Branchen haben es die Unternehmensvertreter von Adidas, Puma, Lloyd & Co. offenkundig nicht nötig, sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen. Stattdessen schieben sie Repräsentanten des Arbeitgeberverbandes vor.« In diesem Jahr laufen die Verhandlungen besonders schleppend. Es geht um die Hauptforderung von sechs Pro-zent höheren Entgelten bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Mit zahlreichen Aktionen haben die Beschäftigten den Druck auf die Arbeitgeber erhöht, doch die mau-ern weiter. »Was wir in den jüngsten Jahren feststellen, ist, dass die Bereitschaft für Ver-handlungen beim Arbeitgeberverband gegen null tendiert«, bestätigt Heidi Thaler-Veh, Betriebsratsvorsitzende von Adidas am fränkischen Standort Uffenheim. Sie ist wie die anderen Tarifkommissionsmitglieder deutlich verärgert: »Welchen Sinn hat dann über-haupt noch eine Tarifauseinandersetzung?«

Mehr Informationen zum Konflikt unter: goo.gl/8sPjxO

AM 4. DEZEMBER ist der Gedenktag der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Ihr zu Ehren feiern die Beleg-schaften von Bergwerken große Feste: Vom Ruhrgebiet bis nach Sachsen werden Barbarafeiern mit bis zu 1000 Gästen ver-anstaltet, auf denen sowohl Musik wie auch geistliche und politische Reden er-klingen. Sie schaffen Zusammenhalt zwi-schen Jung und Alt, Ost und West, Tradi-tion und Moderne. Auch die Skulptur der heiligen Barbara, die an jedem Gruben-

EIN STREIK, der zur Polarisierung und Spaltung der Beschäftigten führt, ist kein guter Streik«, sagte Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und Verkehrs-gewerkschaft (EVG) am 11. November vor dem Beirat der IG BCE in Magdeburg zum Tarifkonflikt mit der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) bei der Deut-schen Bahn. Entgegen häufig verbreiteter Meinung ist nicht die GDL sondern die EVG dort stärkste Gewerkschaft. Das zei-gen auch die Ergebnisse der Betriebsratswahlen: 72 Prozent der Stimmen gingen an Kandidaten der EVG, die GDL hat lediglich 12 Prozent auf sich vereinen können. Eine Kooperation beider Gewerkschaften sei, laut Kirchner, vor allem deshalb schwierig, weil »das Geschäftsmodell der GDL ist, immer in Abgrenzung zur EVG zu handeln«.

Gegen die Spaltung

oder Stolleneingang steht und über die Bergleute unter Tage wacht, erweist sich als lebendiges Ereignis, sie ist weit mehr als eine nostalgische Dekoration. Darüber hinaus ist der Brauch weit verbreitet, am 4. Dezember »Barbarzweige« von Apfel- oder Kirschbäumen abzuschneiden und in die Vase zu stellen. Wenn sie zu Weih-nachten blühen, verheißen sie eine gute Zukunft.

Mehr zur Schutzpatronin der Bergleute unter: goo.gl/VsgQwd

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EVG-Chef Kirchner beim IG-BCE-Beirat.

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Menschen für Menschen

Gerade erst haben wir den letzten Sonntag des Kirchenjahres hinter uns ge-bracht. Beide großen christlichen Kirchen gedenken an diesem Tag der Ver-storbenen. Für viele Menschen ist dieser Sonntag die gedachte Grenze zur

Weihnachtszeit. Besinnlichkeit und Frieden verbinden wir mit dem Fest.

NICHT EINMAL GENUG BROT, geschweige denn ein festes Dach über dem Kopf haben dieser Tage weltweit Millionen Menschen. Sie stammen etwa aus Syrien, einem Land, das seit Jahren vom Krieg verzehrt wird. Und auch wenn viele Länder, vor allem die Türkei, aber auch Deutschland, sich darum bemühen, den Menschen in dieser Krise zu helfen, kommen Europa und die UNO in einer Studie von Amnesty International nicht sonderlich gut weg. Insgesamt hätten die reichen Länder in dieser Flüchtlingskatastrophe – der »schlimmsten seit Jahrzehnten«, wie der Spiegel die Studie zitiert – »kläglich versagt«. Diesem Urteil müssen wir uns stellen. Und handeln.

NÄCHSTENLIEBE UND BARMHERZIGKEIT dürfen keine Floskeln sein, die wir zu den Feiertagen entstauben. In der jüngsten Resolution des IG-BCE-Beirats heißt es: »Wir sind überzeugt, dass Veränderungen in der Einwanderungs-, Flüchtlings- und Integrationspolitik dringend erforderlich sind.« Dabei soll es nicht bleiben. Wir wollen in diesen Wochen auch konkret helfen. Uns unserer Mitmenschen anzu-nehmen und für sie einzustehen – das ist unsere Verpflichtung.

MICHAEL VASSILIADIS Vorsitzender der IG [email protected]

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> TITEL RENTE

Wie wir gesund alt werdenNOCH SIND DER ZEITPUNKT und die Bedingungen der Rente gesetzlich festgeschrieben. Daran muss rütteln, wer die Probleme des demografischen Wandels lösen will. Die IG BCE ist dazu bereit – die passenden Werkzeuge stehen parat. Es wird Zeit, sie einzusetzen.

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> TITEL RENTE

W ir wollen kein starr festgelegtes Rentenalter, stattdessen glei-tende flexible Übergänge aus

dem Berufsleben in den Ruhestand! So steht es im Grundsatzpapier der IG BCE. Eine Mehrheit der Deutschen sieht das ebenso, wie die aktuelle Studie des Ge-sellschaftsforschers Horst Opaschowski zeigt. Passend dazu glaubt laut DGB-In-dex nicht einmal die Hälfte der Beschäf-tigten daran, dass sie bis zum Renten-alter durchhält.

Kein Wunder. Schichtbetrieb und kör-perlich belastende Arbeiten hinterlassen Spuren. Die Mehrzahl der älteren Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer schei-det vor dem 65. Lebensjahr aus dem Arbeitsleben aus. Das gilt besonders für körperlich schwer belastete Berufsgrup-pen (siehe Grafik Seite 16). Die finan-ziellen Folgen sind beängstigend: Wer gesundheitlich nicht in der Lage ist, bis

67 Jahren zu arbeiten und mit 63 Jahren noch keine 45 Jahre in die Rentenkasse einbezahlt hat, dem bleibt Hartz IV – bis zur regulären Rente. »Die müssen dann das während ihres langen Lebens erspar-te Häuschen verfrühstücken, bevor sie in Altersrente gehen können«, sagt Ecke-hard Linnemann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der IG BCE. Die Folge: Altersarmut. 499 000 Rentner waren in 2013 auf Sozialhilfe angewiesen. Das Statistische Bundesamt verzeichnet ei-nen Anstieg um 7,4 Prozent gegenüber 2012. Drei Prozent aller über 65-Jäh- rigen sind auf Leistungen der Grund- sicherung angewiesen.

»Unser Ziel lautet daher: tarifliche Möglichkeiten schaffen, die eine Weiter-beschäftigung Älterer unter Entlastungs-aspekten und mit sozialverträglichen Konditionen vorsehen«, macht Edeltraud Glänzer, stellvertretende Vorsitzende der

IG BCE deutlich. Wer nämlich frühzeitig die Arbeitszeit entsprechend seiner ge-sundheitlichen (physischen wie psychi-schen) Möglichkeiten reduziert, kann die Regelaltersgrenze ohne finanzielles Loch erreichen. Das passende Werkzeug der IG BCE dafür lautet Teilrente. Und zwar ab dem 60. Lebensjahr!

WIE DAS IN DER PRAXIS funktionieren kann, zeigen die bereits seit 2008 erfolg-reich laufenden Demografie-Tarifver-träge. Für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand stellen die Verträge fünf Instrumente zur Verfügung: Langzeit-konto, Altersteilzeit, Teilrente, Berufs-unfähigkeitszusatzversicherung und die tarifliche Altersvorsorge. Das notwendige finanzielle Polster dafür liefern die Ar-beitgeber. Sie zahlen jährlich pro Mit- arbeiter 538 Euro in betriebliche Demo-grafie-Fonds ein. ContiTech in Walters-

Die beruflichen Belastungen sind höchst unterschiedlich . . .

WIR

GEHEN

FRÜHER

WERNER MEYER wird sein goldenes Firmenjubiläum nicht feiern. Er hat vor 48 Jahren Werkzeugmacher beim Bremsbelaghersteller Jurid in Glinde gelernt, das Werk wurde im letzten Sommer von Honeywell an Federal Mogul verkauft. Nächstes Jahr geht er mit 63 in Rente. Nicht wegen der körperlichen Belastungen der Arbeit: »Ich übe meinen Beruf jetzt als Programmierer für die computer-gesteuerten Werkzeugmaschinen aus und muss keine Schichtarbeit machen«, erzählt der Werkzeugmechaniker. »Das Problem ist eher das Betriebsklima. Es fehlt an Respekt. Außerdem leben wir seit Jahren in Unsicherheit über Auslagerungen und Verkäufe. Das erleichtert diesen Gang.« Die jungen Kollegen, die das weiter aushalten müssen, tun ihm leid.

Von Wiedereingliederungsgesprächen hält PAUL MARCINCZAK nichts. »Als ich nach einer Knieverletzung mit einer leichteren Arbeit wieder einsteigen wollte, machte das Sinn«, erzählt der Werkzeugmechaniker, der seit 25 Jahren bei Federal Mogul (vormals Jurid-Werke) an der Erodiermaschine steht. »Inzwischen aber wird man zu solchen Gesprä-chen gebeten, wenn man zu oft krank war. Es werden sogar Abfindungen dafür geboten, dass man geht.« Der 61-Jährige hat sich entschieden, in zwei Jahren aus freien Stücken zu gehen, nach 48 Jahren im selben Betrieb. Nicht wegen Krankheit, denn die Arbeit ist über die Zeit leichter geworden: »Früher hatten wir in der Bremsbelegeherstellung noch mit Asbest zu tun. Heute arbeiten meine Maschinen in destilliertem Wasser; das ist nicht laut und stinkt auch nicht mehr.« Was ihm »stinkt«, ist die Stimmung: »Man ist nur noch eine Nummer, niemand klopft einem mehr auf die Schulter. Mich kann keiner mehr umstimmen.«

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»MAN IST NUR NOCH EINE NUMMER« »ES FEHLT AN RESPEKT«

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hausen, ein Betrieb der Kautschukindus-trie, hat sich für die Altersteilzeit ent-schieden: »Wir haben viele ältere Be-schäftigte mit langen Dienstzeiten, die in einem Drei- beziehungsweise Vier-Schicht-System arbeiten. Über die Alters-teilzeit erhalten sie die Möglichkeit, ihren Job bis ins Rentenalter durchzuhalten«, sagt Gerhard Bachmann, Betriebsrats-vorsitzender. In der Praxis bedeutet das für die Kolleginnen und Kollegen im Schichtdienst: Wer das 60. Lebensjahr erreicht hat, kann ab Januar 2015 die wöchentliche Arbeitszeit um zwei Stun-den verkürzen. Ab Januar 2016 sind sogar vier Stunden pro Woche weniger möglich.

KRITIKER WERDEN EINWENDEN: Eine Teilrente gibt es schon. Ja, das stimmt. Das gesetzliche Modell existiert seit 1992. Wer mindestens 35 Versicherungs-jahre nachweist, kann Arbeitszeit redu-zieren und einen Teil seiner Altersrente beziehen. Das funktioniert nach einem Drei-Stufen-Modell. Man wählt entwe-der ein Drittel Rente und zwei Drittel Ge-halt und umgekehrt oder man erhält die

Die beruflichen Belastungen sind höchst unterschiedlich . . .

halbe Rente und das halbe Gehalt. Ent-sprechend bestehen bestimmte Hinzu-verdienstgrenzen, die strikt eingehalten werden müssen. Sonst droht Rentenab-zug. In ihrer jetzigen Form findet die Teilrente nur wenig Beachtung. Lediglich 3000 bis 4000 Beschäftigte nutzen das Modell.

Vor diesem Hintergrund wird deut-lich: Das im Juli beschlossene Rentenpa-ket ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Zwar können Beschäftigte mit 63 Jahren nun ohne Abzüge in den Ruhestand ge-hen – vorausgesetzt sie haben 45 Jahre in

die Rentenkasse eingezahlt. Die Rege-lung greift aber aus Sicht der IG BCE zu kurz. Nur die Jahrgänge 1952 und 1953 kommen in den Genuss der abschlags-freien Rente. Danach steigt die Alters-grenze wieder – mit jedem Jahrgang um zwei Monate. 109 000 Anträge lagen der Deutschen Rentenversicherung bis Ende August vor. »Vielen Beschäftigen bringt diese Reform die seit Langem gewünsch-ten Erleichterungen beim Rentenein-tritt«, sagt Glänzer. Sie beantworte aber nicht die Frage, wie man mit einem an-gemessenen Alterseinkommen gesund

Foto: Fotodesign Schmalow/Pressefoto BASF

MARIO ABEL, 49 JAHRE,

Vorarbeiter im Schichtbetrieb Fertigung für Klimaschläuche bei ContiTech in Waltershausen

Die Rente mit 63 wurde groß angekündigt. Aber wenn man das Paket näher betrachtet,

gilt es nur für einen kleinen Teil der älteren Kollegen. Wir Jüngeren haben davon keinen Vorteil. Außerdem sollte man nicht nur auf die Versicherungsjahre gucken, sondern auch darauf, wie schwer ein Handwerk ist. «

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> TITEL RENTE

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in Rente gehen könne. Die stellvertre-tende Vorsitzende mahnt: »Nicht alle Probleme des demografischen Wandels lassen sich mit dem Instrument des glei-tenden flexiblen Übergangs lösen.«

NEUE WEGE könnte die seit August tagende Arbeitsgruppe »Flexible Über-gänge in den Ruhestand« entwickeln. Die auf Druck von Teilen der Unions-parteien und der Wirtschaft entstande-ne Arbeitsgruppe innerhalb der Berliner Koalition soll nach Wegen suchen, den Eintritt in den Ruhestand offener zu ge-stalten. Eine Aufgabe, die das im Juli beschlossene Rentenpaket nicht leisten kann, basiert es doch weiterhin auf star-ren Altersgrenzen. Bis Dezember sollen Eckpunkte für ein Gesetzesvorhaben vorliegen.

Die Teilnehmer der Arbeitsgruppe – Fachpolitiker von Union und SPD – steckten vor Beginn der Verhandlungen ihre Positionen ab. Carsten Linnemann, CDU-Abgeordneter und Chef der Mittel-standsvereinigung CDU/CSU, sagte in ei-

nem Interview mit der Passauer Neuen Presse: »Bei der Teilrente kann es gerne Gespräche über eine Vereinfachung ge-ben, aber nicht über die Rente mit 60.« Die Union befürchtet eine Frühverren-tungswelle. Anreize für eine Weiterbe-

. . . Übergänge in den Ruhestand sollten es auch seinANDREA CONRAD, 53 JAHRE,

Anlagenfahrerin bei Solvay in Bernburg

In Schichten bis 70 arbeiten? Das möchte keiner. Mit den Jahren belastet der ständig

wechselnde Rhythmus immer mehr, die not- wendigen Erholungszeiten werden größer. Eine Teilrente ab 60 Jahren würde das Weiterarbeiten vereinfachen. Ich steige mit 55 Jahren in die Altersteilzeit ein und nehme die zwei- einhalb Stunden weniger als Freizeit.

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Ruheständler nach Berufsabschnitten 2012Gründe für das Beenden des Erwerbslebens in %

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Gesundheit

Alters-/Regelruhestand

Vorruhestand/nach Arbeitslosigkeit

© Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2014

Beschäftigte mit einer langen und harten Berufsbiografie geben ihre Erwerbstätigkeit häufig aus gesundheitlichen Gründen auf – und das deutlich vor Erreichen der Altersgrenze.

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. . . Übergänge in den Ruhestand sollten es auch sein

schäftigung über die Regelaltersgrenze von 67 hinaus sind vielmehr in ihrem Sinne. Über einen »Flexi-Bonus« sollen die Rentenbeiträge des Arbeitgebers für den Beschäftigten jenseits des regulären Rentenalters nicht in die Rentenkasse

ANIKA DWARS, 24 JAHRE,

Pharmakantin bei der Berlin Chemie AG in Berlin

Meine Arbeit ist körperlich sehr an-strengend und ich glaube nicht, dass

ich das in dieser Form bis 67 machen kann. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit ab 60 Jahren wäre gut. Allerdings müsste klar sein, was dann mit der Rente passiert. Mit Ab- strichen würden das die wenigsten machen.

Bedarfsgerechte ÜbergängeDie Rentenversicherung in einem modernen Industrieland ist so zu gestalten, dass sie unterschiedliche und individuelle Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand ermöglicht. Der Gesetzgeber hat die rechtlichen Grundlagen für flexible Übergänge, wie zum Beispiel die Teilrente mit 60 zu schaffen, damit Tarifvertragsparteien die Übergänge bedarfsgerecht gestalten können.

Die Teilrente ist für viele Menschen eine wesentliche Voraussetzung für die selbstbestimmte und eigenver-antwortliche Gestaltung des Über-gangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Sie bietet in Verbindung mit Teilzeitarbeit insbesondere für besonders belastete Beschäftigten-gruppen eine realistische Perspek-tive für einen gleitenden Ausstieg aus dem Arbeitsleben. Sie ist nicht als Instrument zur Frühverrentung zu verstehen, sondern kann – ganz im Gegenteil – einen wichtigen Beitrag leisten, damit die Menschen mit einer geringeren Arbeitsbe- lastung durch Teilzeitarbeit gesund die Regelaltersgrenze erreichen können.

Z W I S C H E N R U F

EDELTRAUD GLÄNZERStellvertretende Vorsitzendeder IG BCE

»Kein Instrument für die Frühverrentung«

fließen, sondern zum Zuschlag für die Arbeitnehmer werden. Arbeitsministerin Andrea Nahles lehnt den Flexi-Bonus unter anderem aus Kostengründen ab. Die fehlenden Einnahmen würden bei der Rentenversicherung mit 320 Millio-nen Euro pro Jahr zu Buche schlagen. Rütteln will die SPD allerdings an den starren Altersgrenzen: »Wir sollten den Eintritt in die Ruhephase flexibilisieren. Jeder muss für sich selbst entscheiden können, wie lange er sich fit fühlt, um zu arbeiten.« Dem stimmt der IG-BCE- Vorsitzende Michael Vassiliadis zu: »Die beruflichen Belastungen sind höchst unterschiedlich, dem wird eine starre Altersgrenze immer weniger gerecht.«

WAS MUSS PASSIEREN? Die Regierung sollte gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, die eine Teilrente attraktiv machen. Mögliche Schritte wären: die Teilrente ab 60 Jahren als eigenständige Rentenart anzuerkennen, die Hinzuver-dienstgrenzen an- oder ganz aufzuheben sowie Rentenabschläge aufgrund von Teilzeitarbeit auszugleichen. Für den IG-BCE-Vorsitzenden Vassiliadis wären dann »Kombinationen aus Teilrente und tariflich gestalteter Teilzeitarbeitszeit möglich, um frühzeitig Belastungen zu reduzieren und einen gleitenden Über-gang in die Rente zu ermöglichen«. In den 2015 anstehenden Chemie-Tarif-runden (Seite 18–19) wird als Nächstes über den Ausbau der bereits bestehenden Demografie-Tarifverträge verhandelt.

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> THEMA CHEMIE-TARIFRUNDE>

Wir verdienen mehr!DIE ERSTEN WEICHEN sind gestellt, die Chemie-Tarifrunde läuft an. Neben der prozentualen Erhöhung geht es um eine Weiterentwicklung der Demografie-Tarifabkommen.

Kaum hatte der IG-BCE-Hauptvor-stand die Forderungsempfehlung für die Tarifrunde 2015 auf den

Weg gebracht, da meldeten sich die im Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) zusammengeschlossenen Un-ternehmen zu Wort. Das ist nicht neu, so weit, so gut. Dieses Mal löste der Ge-werkschaftsbeschluss jedoch weit mehr als die üblichen Reflexe aus.

Die sonst so sehr auf Coolness be-dachte Arbeitgeber-Zentrale in Wiesba-den fiel zurück in längst überwunden geglaubte Rituale. Die Verbandsspitze leiert abgestandene Formeln herunter. Der Verteilungsspielraum für eine Tarif-erhöhung zwischen 4 und 5 Prozent sei nicht vorhanden, »nicht einmal ansatzweise« ließ BAVC-Verhandlungs- führer Hans-Carsten Hansen verlauten.

Mehr noch: »An einem tarifpolitischen Wunschkonzert«, wolle man nicht teil-nehmen. Überhaupt passe das alles »ein-fach nicht in die Landschaft«.

Einzelne Regionalverbände der Arbeit-geber gehen noch einen Schritt weiter. So steht nach Auffassung von Hessen-Chemie grundsätzlich in Frage, ob es überhaupt einen Verteilungsspielraum gebe.

Selten zuvor haben sich die Chemie-Arbeitgeber schon weit vor Beginn der Verhandlungen in dieser Form festgelegt. Da wird Beton angerührt. Mit der öko-nomischen Wirklichkeit haben diese Einlassungen allerdings wenig zu tun. Die Volkswirtschaft wird in diesem und im kommenden Jahr zwar weniger wachsen, als noch vor Kurzem erwartet. Aber sie wird wachsen.

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In einer ganzen Reihe von Chemie-Unternehmen wird nach wie vor gutes Geld verdient, auch renommierte DAX-Konzerne gehen wahrlich nicht auf dem Zahnfleisch.

Der IG-BCE-Tarifpolitiker Peter Haus-mann lässt sich denn auch von dem Arbeitgeber-Getöse nicht beeindrucken: »Zu Panik oder Schwarzmalerei besteht überhaupt kein Anlass. Die Wirtschaft befindet sich nach wie vor in einer guten Verfassung, der Richtungsanzei-ger steht im Plus. Unsere prozentuale Forderungsempfehlung entspricht exakt der Lage.«

Die Bevölkerungszahl sinkt, zugleich werden die Menschen älter – die demo-grafische Entwicklung bringt eine Men-ge Probleme mit sich. Die IG BCE will zu Lösungen beitragen. Kein Zufall also, dass das Thema jetzt auf die tarifpoliti-sche Tagesordnung kommt. 2008 hat die Gewerkschaft den Tarifvertrag »De-mografie und Lebensarbeitszeit« abge-schlossen, 2012 wurde das Abkommen neu justiert, nun steht abermals eine Weiterentwicklung an. Es geht darum,

»Wir haben einen langen Atem. Und wir werden nicht lockerlassen.«

Peter Hausmann, Tarifpolitiker der IG BCE

Grafik: BWH GmbH/A. Beichler

19kompakt | Dezember 2014 |

UNSERE FORDERUNGEN

4 bis 5 Prozent mehr und Entlastung für ÄltereDer Hauptvorstand der IG BCE hat Mitte November in Magdeburg die Leitplanken für die kommende Chemie-Tarifrunde gesetzt und einstimmig eine Forderungs-empfehlung verabschiedet.

Die Runde steht unter dem Motto: »Wir verdienen mehr!« Der Beschluss im Wortlaut:

» DIE ENTGELTE UND AUSBILDUNGSVERGÜTUNGEN

sollen um einen Prozentsatz erhöht werden, der eine spürbare reale Ein- kommensverbesserung sicherstellt. Den Rahmen für die Forderung sieht der Hauptvorstand zwischen 4 und 5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

» DER TARIFVERTAG »DEMOGRAFIE UND LEBENSARBEITSZEIT«

soll weiterentwickelt und der Demo- grafiefonds ausgebaut werden. Schwer-punkte sind gute und gesunde Arbeit sowie eine lebensphasenorientierte Arbeitszeit. Daneben wollen wir Modelle zum gleitenden Übergang wie zum Beispiel eine Vier- oder Drei-Tage-Woche ab dem 60. Lebensjahr weiterentwickeln.

Die Forderungsempfehlung des IG-BCE-Hauptvorstands ist Grundlage für die jetzt beginnende Diskussion in den rund 1900 Chemie-Betrieben.

Die Ergebnisse werden in den elf Tarifre-gionen zusammengeführt, am 22. Januar kommt die Bundestarifkommission zu- sammen und beschließt endgültig über die Forderung.

Die Verhandlungen werden aller Voraus-sicht nach Ende Januar auf regionaler Ebene aufgenommen.

Der Chemie-Flächentarifvertrag gilt für rund 550 000 Beschäftigte.

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attraktive Rahmenbedingungen für gute und gesunde Arbeit zu schaffen, die be-reits vorhandenen lebensphasenorien-tierten Arbeitszeitmodelle zu verbessern und für ein hohes Niveau in der Nach-wuchssicherung zu sorgen.

Außerdem will die IG BCE neue Modelle für den gleitenden Übergang in den Ruhestand auf den Weg bringen. Konkret geht es um die Vier- und Drei-Tage-Woche ab dem 60. Lebensjahr. Ältere Beschäftigte müssen entlastet werden, damit sie gesund und ohne Ein-bußen in Rente kommen können.

Doch auch hier reagieren die Chemie-Arbeitgeber wenig konstruktiv. Stattdes-sen drehen sie tibetanische Gebetsmüh-len. Geht nicht, geht nicht, geht nicht. Eigene Vorschläge? Fehlanzeige.

Unter dem Strich ist klar: ein Selbst-läufer wird die Chemie-Tarifrunde 2015 gewiss nicht. »Politik ist bekanntlich das Bohren dicker Bretter«, sagt Peter Hausmann und fügt hinzu: »Das gilt auch für die Tarifpolitik. Wir haben einen langen Atem. Und wir werden nicht lockerlassen.« Michael Denecke

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Reichweite der Auftragsbestände (Monate) Kapazitätsauslastung in %

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Die Kapazitätsaus-lastung befindet sich auf einem hohen Niveau, auch die Reichweite der Auftragsbestände ist zufriedenstellend. Insgesamt bewegt sich die chemische Industrie in einer soliden Geschäftslage.

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> LESERFORUM

> Die IG BCE begrüßt die Aussagen von Bundeswirt-schaftsminister Sigmar Gabriel zur Neuorientie-rung in der Energiepolitik

Nur mit StrommixSchlauer Junge. Kein Wind, keine Sonne:

Kein Strom. Es gibt keinen Speicher für Strom. Gabriel hat recht, wir brauchen einen Planeten, auf dem wir leben können, doch der geht noch nicht ohne Strom aus konven-tioneller Energie. Dieter Berg via Facebook

> Es gibt ein Recht auf Betriebsräte

von Sigrid Thomsen (11/2014)

Keine OpferDie Überschrift ist deutlich und im In-

halt wird aufgezeigt, dass es sich lohnt, für Arbeitnehmer-rechte zu streiten. Nun aber auch, verehrte Redaktion, mit dem Haupt- und Gesamtvor-stand mutig an die geplanten Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and In-vestment Partnership) und CETA (Comprehensive Eco-nomic and Trade Agreement) ran. Unverzügliche Aufklä-

Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

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VOR ORT Boehringer will 500 bis 600 Stellen abbauen — der Betriebsrat lässt die Pläne prüfen

TENDENZEN Sorge um Arbeitsplätze: Bei der Energiewende geht es jetzt ums Ganze

TIPPS Was tun, wenn das Unternehmen aus dem Arbeitgeberverband austritt?

Nr. 11 I NOVEMBER 2014 www.igbce.de

Als die Mauer fielVor 25 Jahren endete eine friedliche Revolution in der

Wiedervereinigung Deutschlands und der Gewerkschaften.

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Schreiben Sie uns! Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen.

Leserbriefe stellen die Meinung des Einsenders dar. Anonyme Zuschriften werden nicht berücksichtigt. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. rung der Mitglieder und mit

den politischen Entschei-dungsträgern streiten, dass Arbeitnehmerrechte nicht diesen Abkommen geopfert werden dürfen. Die Gefahr, dass das passiert, ist riesen-groß. Wolfgang Neuhaus, Gelsenkirchen

> Beirat der IG BCE in Magdeburg

Einander helfenEs muss immer der Grundsatz jeder Tarif-

auseinandersetzung sein, dass die Starken den Schwachen helfen und dass gemeinsam ein gutes Ergebnis für alle Beschäftigten dabei heraus kommt!

Harald Ließen via Facebook

Klares ZielTARIFEINHEIT!!!

Wolfgang Hieronymus-Amberger via Facebook

> Purer Egoismus und stumpfes Gegacker

von Christian Hülsmeier (11/2014)

Streikrecht regelnEs war gut, dass das Thema redaktionell

aktuell aufgearbeitet wurde. Das ist nötig, denn es be- steht Handlungsbedarf, in der

bevorstehenden gesetzlichen Regelung das Streikrecht in der Verfassung zu garantie-ren, aber auch insbesondere für die Sektoren der Daseins-vorsorge bestimmte Regeln bei Tarifkonflikten und vor Streiks festzulegen. Dabei kann es nicht um kleine oder große Gewerkschaften gehen. Auch hier ist die Koalitions-freiheit aus dem Grundgesetz zu wahren. Aber es sollte möglich sein, dass alle in einem Betrieb oder einer Branche vorhandenen Ge-werkschaften gemeinsam an einem Tarifvertrag mitwirken. Alles andere würde unserer Wirtschaft schaden und wir hätten die englischen Verhält-nisse der 1970er-Jahre auch bei uns.

Wolfgang Schultze, Pattensen

Streik respektieren

@ Die Kollegen der GDL und Cockpit kämpfen

für ihre Rechte, ob uns das passt oder nicht. Sie sind breit aufgestellt und haben in ihren Organisationen eine breite Rückendeckung durch ihre Mitglieder. Ich würde mir wünschen, dass man dieses respektiert und den Einsatz anderer Gewerk-schaften und deren Mitglie-der würdigt.

Thorsten Quandt, per E-Mail

IMPRESSUM

Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft

Bergbau, Chemie, Energie

HerausgeberMichael Vassiliadis

Chefredakteur (verantwortlich im Sinne des

Presserechts)Christian Hülsmeier

Stellvertretender ChefredakteurMichael Denecke

Chef vom DienstJörg Nierzwicki

RedaktionSarah Heidel, Dirk Kirchberg,

Désirée Binder Dr. Ulrike Börger

RedaktionsassistenzSimone Michels, Tanja Rössner

GestaltungHans Borgaes

RedaktionsanschriftKönigsworther Platz 6

30167 HannoverTelefon: 0511 7631-306/-329

Telefax: 0511 7000891E-Mail: [email protected]

Internet: www.igbce.de

Satz: BWH GmbHBeckstraße 10, 30457 Hannover

Gesamtherstellung und -vertrieb:Westend Druckereibetriebe GmbH

Westendstraße 1, 45143 Essen

AnzeigenverwaltungNetworkMedia GmbHStresemannstraße 30

10963 BerlinTelefon 030 25594-160 (Fax: -190)

E-Mail: [email protected]ültige Anzeigenliste Nr. 13 vom 01. 01. 2014

Verantwortlich für den Anzeigenteil:

Claudia Härtig

Zusendungen: Für unverlangte Einsendungen wird keine

Gewähr übernommen.

Bezugspreis0,90 €, jährlich 10,00 €.

Für Mitglieder der IG BCE ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag

enthalten.

Erscheinungsweise: kompakt erscheint monatlich mit acht Regionalausgaben für Bayern, Baden-Württemberg,

Hessen-Thüringen, Nord, Nordost, Nordrhein, Rheinland-Pfalz/Saarland,

Westfalen.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:21. 11. 2014

Druckauflage: 656 407 (I/2014)

Gedruckt auf chlorfreiem Papier

kompakt

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VOR ORT

Gips denn so was?

Knauf baut seinen Rohstoff selbst ab

Den Haustarifvertrag im VisierSynlab-Beschäftigte machen sich mit Betriebsrat stark.

Vattenfall: Abschluss erfolgreichNeuer Tarifvertrag sichert Ausbildung und Übernahme.

Keine PartyLanxess will 500 Stellen sparen, ist aber gesprächsbereit.

Foto: Michael Bader

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> VOR ORT BEI KNAUF

Der Nebel an diesem kühlen Herbsttag lich-tet sich über der Gips-

karstlandschaft im Südharz, es steht noch luftiger Dunst über dem Areal des Baustoff-produzenten Knauf in der Ferne: Das ist die warme, feuchte Luft, die dem Trock-ner für Gipsplatten ent-strömt. 18 Fußballfelder groß ist die Fläche, die man am Ende eines Arbeitstages mit den im Trockenbau überall

eingesetzten Produkten be-decken könnte.

VOR DEN AUGEN von Klaus-Dieter Jung nehmen sie ihren 180-Meter-Weg vom »Mi-scher« über den Trockner bis zur »Schere«. Er ist Aus-lauffahrer am Herzstück des Werks, überwacht den Pro-duktionsprozess vom Auftrag der Gipsmischung bis zur Übernahme der Platten durch Gabelstapler.

Der 46-Jährige ist seit 32 Jah- ren im Werk, hat die Trans-formation des Standorts vom maroden volkseigenen Be-trieb zu einem Vorzeigestand-ort der Knauf-Gruppe mitge-macht. Im Frühjahr wurde ein Logistikzentrum für den Vertrieb von Knauf-Produk-ten für ganz Norddeutsch-land eingeweiht. Im Moment kommen hinter der Werk- halle von Klaus-Dieter Jung wieder Fundamente von vor

Jahren abgerissenen Gebäuden aus DDR-Zeiten unter dem Asphalt hervor. »Wir hatten hier Lagerplätze für Paletten und Silos«, erklärt der stell-vertretende Betriebsratsvor-sitzende Roland Flügel. »Nun entsteht hier für rund 30 Mil-lionen Euro eine neue Fer- tigungslinie für Gipsfaser-platten.« 2016 soll die Pro-duktion anlaufen. Mit etwa 50 neuen Arbeitsplätzen rech-net die Werkleitung.

Gips und GänsekeuleEIN WERK IN ZWEI BUNDESLÄNDERN mit Hotel und eigenem Förster: Die Knauf Deutsche Gipswerke KG in Rottleberode im Südharz ist ein kleines Universum für sich.

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»Die Diskussionen, die wir mit der Firmenleitung führen, sind immer sachlich.«

Bernd Schußmann Betriebsratsvorsitzender

Die Infrastruktur verbes-serte sich mit der Anbindung an die A38 weiter, ein Bahn- anschluss zum Abtransport von Rohstein war schon da. Der Standort ist einer der wichtigsten in der Knauf-Gruppe.

»Schon jetzt haben wir 18 neue Beschäftigte, die zum Teil an anderen Standorten geschult werden«, berichtet Betriebsratsvorsitzender Bernd Schußmann. Er sitzt auf dem

Beifahrersitz des Gelände- wagens, während Werkleiter André Materlik über die Lan-desgrenze zwischen Sachsen-Anhalt/Thüringen fährt, ohne das 900 Hektar große Fir-mengelände zu verlassen: Sie trennt die Produktion vom

Steinbruch. Im Bruch werden die Rohstoffe Anhydrit und Gips gefördert.

Alexander Karthäuser zer-kleinert mit dem Hydraulik-hammer seines Baggers das

Haufwerk am Fuß der Bruch-wand. Der gelernte Zimmer-mann ist 2007 als Leih- arbeiter ins Unternehmen gekommen, hat jetzt eine feste Stelle und »möchte hier in Rente gehen«. Aber nicht ohne die IG BCE. Der 36-Jäh-rige ist einer auf der Liste von Roland Flügel. Der Betriebs-rat und Abteilungsleiter Ofen-werk geht »Punkte sammeln«, den Organisationsgrad von rund 90 Prozent im Betrieb weiter erhöhen. Ab 1. Dezem-ber ist Karthäuser dabei.

IN ROTTLEBERODE wird mit dem Manteltarifvertrag der Gipsindustrie Ost gearbeitet. Aber die IG BCE hat durch Be-triebsvereinbarungen einige Extras erreicht, etwa für die Nachtschicht eine höhere Zu-lage als im Tarifvertrag. Es wurde 2003 innerbetrieblich geregelt, dass Zeitarbeiter ei-nen höheren Mindestlohn er-hielten. Zu einem konstruk-tiven Verhältnis zwischen Gewerkschaft und Firma trägt bei, dass Carlo Knauf, tech-nischer Direktor des Fami- lienunternehmens, »teilweise hier gelernt hat, eine Bindung zu uns hat, auch persönlich nach dem Rechten schaut«, wie Roland Flügel berichtet. Niederschlag findet das auch in blitzsauberen, modernen Pausenräumen für die Beleg-schaft. Zu kämpfen haben Flügel und BR-Vorsitzender Schußmann eher mit den wenigen Beschäftigten, die ausgehandelte Annehmlich-keiten gerne mitnehmen, sich aber nicht in der IG BCE engagieren wollen.

Der Geländewagen rollt weiter entlang vorbildlich re-kultivierter Steinbruchflächen und durch den von einem eigenen Förster gepflegten Wald. Am Ende des Wegs tischt Sebastian Langer im

Waldhotel »Kalkhütte« auf. Zu Gast ist eine Mannschaft gehandicapter Sportler der Lebenshilfe Nordhausen. Es gibt Gänsekeule. Die Ein- ladung in das ebenfalls zum Standort gehörende Haus ist Teil des umfangreichen ge-sellschaftlichen Engagements von Knauf in der Region.

Hotel-Chef Langer hat ebenfalls Arbeitsplätze im frisch renovierten Haus anzu-bieten: Ein Koch und zwei Servicekräfte können an ei-nem prosperierenden und idyllischen Standort sofort einsteigen.

Jörg Nierzwicki

1 | HINGESCHAUTLaborant Michael Targan erläutert einem Schulprak-tikanten die Produktion.

2 | AUFGRÄUMT14,5 Millionen Quadratmeter Gipsplatten verlassen jährlich das Werk.

3 | GEPRÜFTKlaus-Dieter Jung geht den Gipskartonplatten mess-technisch auf den Grund.

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Die Knauf-Gruppe zählt zu den führenden Herstellern von Baustoffen und Bau-systemen und ist auf fünf Kontinenten an über 150 Standorten vertreten. Das Werk in Rottleberode gibt es seit 1919. Die ersten gipsgebundenen Holzwolle-platten gab’s 1937. Bis 1972 wurden der Brennbetrieb und die Gipsplattenfertigung für den VEB Harzer Gipswerke eingerichtet. Bereits im Frühjahr 1990 engagierte sich Knauf über ein Joint Venture am DDR-Standort. Unrentable Eigenbetriebe wurden eingestellt, die Belegschaft schrumpfte. Unter Mitwirkung der Belegschaft konzentrierte man sich auf Spezialprodukte, aus fünf wurden 65 Produkt-linien. Heute werden jährlich 170 000 Tonnen Putze her- gestellt, wurden 25 000 Bäu- me zur Rekultivierung ge- pflanzt und sind 157 Menschen beschäftigt. Als Energieträger wird auch Braunkohlenstaub genutzt.

www.knauf.de

DAS UNTERNEHMEN

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> VOR ORT AKTUELLES

Pro Jahr sollen künftig 365 Auszubildende neu eingestellt und 90 Aus-

lerner jährlich unbefristet übernommen werden: Dar-auf haben sich IG BCE und IG Metall jetzt in einer zwei-ten Verhandlungsrunde für die Zukunftsthemen Ausbil-dung und Übernahme in der Tarifgemeinschaft Vattenfall geeinigt.

Der Vertrag sieht zudem als erklärtes Ziel gemeinsam mit der Arbeitgeberseite vor, dass allen übrigen Auslernern ein auf zwölf Monate befriste- ter Arbeitsvertrag angeboten wird. Garantiert wird dies für mindestens 80 Prozent der

Vattenfall: Abschluss erfolgreichBERLIN | Ein neuer Tarifvertrag sichert Ausbildung und Übernahme

Auslerner. Der Tarifabschluss war am selben Tag erreicht worden, an dem Vattenfall seine Verkaufspläne für das Braunkohlengeschäft öffent-lich machte.

Holger Nieden, Verhand-lungsführer für die IG BCE: »Vor dem Hintergrund dieser Pläne beinhaltet unser Ab-schluss eine wichtige Bot-schaft für die Lausitz und für Sachsen. Wir haben klare Perspektiven für die jungen Menschen in den Vattenfall- Regionen Hamburg, Berlin und Lausitz erfolgreich fest-geschrieben.«

Für Marco Bedrich, den Vorsitzenden des Gesamt-Ju-

gend- und Auszubildenden-ausschusses von Vattenfall Generation, setzt der Tarif-abschluss ein wichtiges Zei-chen, insbesondere mit dem gemeinsam vereinbarten Ziel, sämtlichen Auslernern eine zumindest befristete Übernahme anzubieten: »Die Auslerner haben so bessere Chancen, sich in den jewei- ligen Abteilungen zu bewäh-ren und letztlich fest über-nommen zu werden.«

Der neue Tarifvertrag Aus-bildung hat eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2017.

Susanne Kettelför

S eit der Wiedervereinigung betreut die IG BCE

die Wasserwirtschaft in Ost- deutschland, die hier traditio-nell dem Bergbau angegliedert war: Mit guten Tarifverträgen im Interesse der Beschäftigten,

Überregionaler Erfahrungsaustausch BERNAU | Treffen des »Zentralen Arbeitskreises Wasserwirtschaft« geben wichtige Impulse

oft speziell auf die Unternehmen zu-geschnitten, mit jahrzehntelanger Erfahrung und ei-ner hohen Kom-petenz durch Mit-arbeiter, die direkt aus den Wasserbe-trieben kommen. Im »Zentralen Ar-beitskreis Wasser-wirtschaft« treffen sich zweimal im Jahr rund 20 Be-triebsräte der ost-deutschen Wasser-betriebe für einen überregionalen

Austausch, zusätzlich gibt es viele regionale Treffen in den Bezirken. Egbert Biermann, Mitglied des geschäftsfüh- renden Hauptvorstands der IG BCE, leitet den zentralen Arbeitskreis: »Die Treffen

sind ein wichtiges Forum für gewerkschaftliche, politische und sogar technische Fragen der Wasserwirtschaft vor Ort. Betriebsräte unterschiedlichst aufgestellter Unternehmen tauschen Probleme und Erfah-rungen aus.«

Elke Weckerle, Betriebsrats-vorsitzende der Stadtwerke Bernau mit rund 100 Beschäf-tigten, war Gastgeberin des jüngsten Treffens: »Es geht um den Blick über den Teller-rand«, sagt sie. Selbst für ein kleines Unternehmen wie ihres habe sie schon viele Anregungen aus den überre-gionalen Diskussionen mit-nehmen können und Unter- stützung erfahren. Die wiede-rum haben Auswirkungen im Betrieb. Elke Weckerle: »Die Beschäftigten stehen hinter der IG BCE. So viel steht fest!«

Susanne Kettelför

Tarifmeldungen

GIPS | Für die Beschäftigten der ostdeutschen Gipsindus-trie steigen ab 1. März 2015 die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen um 3 Prozent, ab 1. Januar 2016 um weitere 2,3 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen werden auf den nächsten vollen Euro-Betrag aufgerun-det. Die vermögenswirksamen Leistungen erhöhen sich ab dem 1. Januar 2015 um 5 Euro pro Monat und ab 1. Januar 2016 auf 40 Euro pro Monat.Altersdifferenzierungen bei den Löhnen und Gehältern entfallen. Der Vertrag läuft 24 Monate.

GROBKERAMIK I | Für die Beschäftigten der Ziegel- industrie im Tarifgebiet Nord steigen vom 1. Dezember 2014 bis 31. Oktober 2015 die Löhne und Ausbildungsver-gütungen um 2,6 Prozent, vom 1. November 2015 bis 31. Oktober 2016 um 2,1 Pro- zent. Der Vertrag läuft 24 Mo- nate. Mit dem Fachverband Ziegelindustrie-Nord wurde eine Erklärung zur Einfüh-rung des Saison-Kurzar-beitergeldes für die Ziegel-industrie verabschiedet.

GROBKERAMIK II | Mit dem 1. Oktober 2014 steigen die Löhne der Beschäftigten von Saint-Gobain Rigips und Saint-Gobain Formular um 2,9 Prozent, ab 1. Januar 2016 erhöhen sie sich noch mal um 2,6 Prozent. Die Erfolgsbeteiligung wird unverändert weitergeführt. Der Vertrag läuft bis zum 30. September 2016.

Ausführliche Informationen unter: www.igbce.de/tarife

www.igbce.de/tarife

Auf dem Gasometer der Stadtwerke Bernau.

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Wenn Betriebsrätin Ra-mona Groll darüber spricht, warum viele

der rund 200 Beschäftigten des Synlab Versorgungszent-rums (MVZ) Augsburg »un-zufrieden« sind, dann meint sie damit keine Nebensäch-lichkeiten wie etwa zu weni- ge Parkplätze. Vielmehr ging und geht es um für Arbeit-nehmer ganz entscheidende Dinge wie Arbeitszeiten, Ent-gelte, Leistungsverdichtung und Urlaubsregelungen. »Ein Großteil der Mitarbeiter ver-harrt seit vielen Jahren auf demselben Lohnniveau – obwohl das Unternehmen seine Geschäftsaktivität deut-lich ausgebaut hat. Statt- dessen gab und gibt es nur individuelle, leistungsbezo-gene Gehaltserhöhungen«, be- schreibt Maria Anna Krätzig, Betriebsratsvorsitzende bei Synlab, die Situation.

EINE PERSONALPOLITIK nach Gutdünken also, »bei der sich viele der überwie-gend weiblichen Mitarbeiter im Stich gelassen fühlen«. Schon länger dachte die ehe-

malige Teamleiterin, dass die Beschäftigten ein Sprachrohr benötigten. Ende November 2013 riss ihr dann der Ge-duldsfaden. »Zwei Tage vor der Gehaltsauszahlung erfuh-ren wir, dass das Weihnachts-geld ausfällt.« Das brachte nicht nur Krätzig in Rage. Schnell fanden sich viele Beschäftigte, die gemeinsam den Weg zur IG BCE suchten. Im Juni kam es zur Betriebs-ratswahl. Gleich 21 Beschäf-tigte kandidierten für das Neuner-Gremium, knapp 80 Prozent der Belegschaft beteiligte sich. »Für mich wa-ren diese Zahlen er-neut ein Beleg da-für, dass viele auf bessere Arbeitsbedingungen hoffen.« Und zwar nicht nur bei der Synlab MVZ. Inzwischen sind auch in den drei übrigen, am Standort Augsburg ansässi-gen Gesellschaften (Services,

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Den Haustarifvertrag im VisierAUGSBURG | Beschäftigte des Labordienstleisters Synlab profitieren vielfältig vom frisch gewählten Betriebsrat

Umweltinstitut, Logistik) Be-triebsräte gewählt. Ebenso außerhalb Bayerns.

SCHON JETZT FEIERT das Gremium im Synlab-Versor-gungszentrum erste Erfolge. Zum Beispiel in puncto Ar-beitszeiten: »Die Kolleginnen, die am Wochenende von zu Hause aus arbeiten, werden

jetzt für ihre gesamte Zeit entlohnt – und nicht mehr nur für die wenigen Minu- ten zwischen Login und Logout«, sagt Ramona Groll. Ein weiteres Erfolgsbeispiel: das Thema Urlaub. Derzeit

entwickeln die Arbeitnehmer-vertreter eine Betriebsverein-barung, die für alle Beschäf-tigten in allen Abteilungen Transparenz und Fairness gewährleisten soll. »Die Be-legschaft ist hocherfreut und motiviert über unsere Erfolge und hat jetzt gemeinsam mit uns das große Ziel Haustarif-vertrag vor Augen«, sagt Krät-zig, die mit ihrem Team nun verstärkt um Mitgliedschaf-ten in der IG BCE wirbt. »Wir brauchen endlich auch beim Thema Entgelt Gleich-behandlung und Gerechtig-keit.«

UND SOBALD ihm die Beleg-schaft das Mandat dafür er-teilt hat, will Gewerkschafts-sekretär Benjamin Freund unverzüglich Tarifverhand-lungen einfordern. »Wir ste-hen kurz davor«, sagt er. Bei Synlab in Leinfelden-Echter-dingen ist es bereits soweit: Mitte November hat sich dort die Tarifkommission konsti-tuiert – und bereitet sich opti-mistisch auf ihre erste Tarif-verhandlung vor. Axel Stefan Sonntag

Die Betriebsratsmitglieder des Synlab MVZ Augsburg und Gewerkschaftssekretär Benjamin Freund (links außen) wollen die Arbeitsbedin-gungen in ihrem Betrieb verbessern und sind dabei sehr erfolgreich.

»Viele Mit- arbeiter fühlten

sich im Stich gelassen.«

Deshalb handel- ten Maria Anna

Krätzig und ihre Betriebsrats-

kollegen.

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> VOR ORT AKTUELLES

Das Frauenforum des IG-BCE-Bezirks Stutt-gart hat mit der Ver-

leihung der »Clara«-Trophäe erstmals den Einsatz einer en-gagierten Kollegin gewürdigt. Preisträgerin und Adressatin der Auszeichnung ist Inge Allgaier. Allgaier war 24 Jahre lang Betriebsrätin der Pa- pierfabrik Scheufelen, davon zwölf Jahre als freigestellte, stellvertretende Vorsitzende. »In dieser Zeit hat sie hart-

Ehrenamtlicher Einsatz honoriertLUDWIGSBURG | Frauenforum ehrt langjährige Betriebsrätin erstmals mit der »Clara«

näckig und mit viel Mut für die Belange ihrer Kollegen gekämpft. Gegenüber Abtei-lungsleitern und wechseln-den Geschäftsführern hat sie ihre Meinung immer stand-haft vertreten«, begründet Gaby Eisinger, Vorsitzende des Frauenforums, die Wahl. In ihrer Laudatio würdigte die Forumsvorsitzende außer-dem die gewerkschaftliche und gesellschaftliche Tatkraft Allgaiers.

D ie Altersteilzeit bleibt bis 2020 erhalten und wird weiter ausgebaut,

außerdem wurde eine De-mografie-Analyse vereinbart: Das ist das Ergebnis, auf das sich die Bundestarifkomis- sion in einer erfolgreichen Tarifrunde »Altersteilzeit und Demografie« für die Papier erzeugende Industrie ein-stimmig verständigt hat.

Darüber hinaus gibt es betriebliche Gestaltungsspiel-räume zu den Punkten An-kündigungsfrist, Dauer der Altersteilzeitverhältnisse, den Vereinbarungen für beson-ders belastete Arbeitnehmer,

Altersteilzeit ist sicherFRANKFURT | Abschluss in der Papier erzeugenden Industrie

zur Lebensarbeitszeit als Neugestaltung des Tarifver-trages Zeitwertkonten ab dem 1. Januar 2016 (Einbringung von Zeitguthaben und tarif-lichen Ansprüchen) sowie zu den Themen Betriebliches Gesundheitsmanagement und Altersvorsorge. Die Ver-tragsinhalte Lebensarbeits-zeitkonto, Gesundheitsför-derung und Altersvorsorge können aus dem Finanzie-rungsvolumen der Altersteil-zeit nur über eine freiwillige Betriebsvereinbarung reali-siert werden. Kommt es zu keiner Einigung, gilt die Auf-fangregelung Altersteilzeit.

Tarifmeldungen

SANIERUNG | Die Beschäf-tigten der Wismut GmbH bekommen ab 1. Oktober 2014 2,5 Prozent, ab 1. Juli 2015 1,8 Prozent mehr Lohn, für Schichtdienstler gibt es zwei Freischichten mehr. Auch für die Beschäftigten der Vergütungsgruppe 3 gibt es neue Regelungen. Vertrag-seende: 31. September 2015.

STEINKOHLE | Die Forde-rungen für die Tarifrunde 2015: Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen sind um einen deutlchen Prozent-satz anzuheben, der einen spürbaren realen Einkom-menszuwachs sicherstellt, eine Absenkung der Jahres-vergütung soll verhindert und die Höhe dauerhaft gesichert werden. Verhandlungsauftakt ist am 10. Februar 2015.

Inge Allgaier (auf dem Foto mit der Trophäe) ist die erste Preisträgerin der neu verliehenen »Clara«. Der Preis erinnert an die Frauenrechtlerin Clara Zetkin.

Die Auszeichnung soll an die Frauenrechtlerin Clara Zetkin erinnern, die im Zuge ihres politischen Schaffens das Frauenstimmrecht in entschiedenem Maße voran-trieb. »Wir werden die Tro-phäe von nun an jährlich verleihen und sie dazu nut-zen, um auf engagierte Frau-en aufmerksam zu machen und ihnen auf diese Weise zu danken«, sagt Eisinger. Axel Stefan Sonntag

Aus für Smurfit Kappa HANNOVER | IG BCE: Beschäftigte brauchen Alternativen

Aus heiterem Himmel traf die Nachricht die rund 230 Beschäftig-

ten der Smurfit-Kappa-Werke in Osnabrück, Viersen und Hamburg: Alle drei Betriebe des Verpackungsherstellers sollen im Laufe des Jahres 2015 geschlossen werden. Dabei ist die Lage auf den Märkten der Papier erzeugen-den und verarbeitenden In-dustrie schon länger prekär. Konkurrenzunternehmen sei-en zum Teil nicht tarifgebun-den und würden in Einzelfäl-len sogar durch öffentliche Mittel gefördert, begründet die Geschäftsführung ihre

Entscheidung. »Allerdings hat die Unternehmensstrategie die Situation verschärft«, sagt Dieter Bertges, der den Kon-zern für die IG BCE betreut. Investitionen fehlten, die Pro-duktionsweisen seien teils in-effizient. Die Leidtragenden sind die Beschäftigten, denen noch jede Perspektive fehlt. »Wir werden uns in den anste-henden Verhandlungen für die Interessen unserer Mitglie-der einsetzen«, sagt Bertges. »Wir fordern die Geschäftslei-tung auf, den Betroffenen Al-ternativen im Konzern zu bie-ten und auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.«

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Keine PartyKÖLN/LEVERKUSEN | Lanxess will 500 Stellen sparen

Let’s Lanxess again« klingt nach einem Party-motto, hat aber wenig

damit zu tun. Der Slogan steht für ein Programm, mit dem der Chemiekonzern das Unternehmen umfassend umstrukturieren und fit für die Zukunft machen will. In der Regel bedeuten solche Programme für die Beschäf-tigten auch Personalabbau.

Nichts anderes plant Lan-xess, weltweit größter Produ-zent von synthetischem Kaut-schuk für die Automobil- und Reifenindustrie. Weltweit will der Konzern 1000 der insge-samt rund 17 000 Arbeitsplät-ze abbauen, 500 davon an den Standorten in Köln und Leverkusen. Die IG BCE und ihre Betriebsräte konnten aber eine Zusage durchsetzen: dass auf betriebsbedingte Kündi-gungen möglichst verzichtet wird.

»Wir haben erreicht, dass Geschäftsführung und Be-triebsräte gemeinsam Lösun-gen entwickeln, die die Zu-kunft von Lanxess und einen Großteil der Arbeitsplätze sichern«, erklärt Gesamtbe-

triebsratsvorsitzender Werner Czaplik.

Unter dem Namen Lanxess hatte die Bayer AG 2004 die Bereiche Kautschuk, Pigmen-te und Teile der Agrarchemie ausgegliedert, seit 2012 ist das Unternehmen im Dax 30 notiert. Anfangs brummte das Geschäft. Ausgelöst durch den Boom der ersten Jahre setzte man auf Wachstum, baute die Bereiche Marketing, Forschung und Entwicklung aus. Der übermäßige welt-weite Bau von Kautschuk- Maschinen führte zu einer Überkapazität am Markt und beeinflusste den Gewinn des Unternehmens negativ, Ra-ting-Agenturen stuften es ab – fatal für ein börsenorien- tiertes Unternehmen. Im Ap-ril trat der neue Konzernchef Matthias Zachert an, um das Unternehmen wieder auf die Gewinnerseite zu bringen.

Zunächst versuchte das Ma-nagement, ohne Beteiligung der Betriebsräte, Konzepte für eine Verbesserung der Wett-bewerbsfähigkeit zu entwi-ckeln, seit dem Sommer sind sie in die Gespräche einbe-zogen. Um Kündigungen zu vermeiden, setzt der Konzern darauf, dass Beschäftigte frei-willig gehen. Das wird mit Abfindungen von mindestens einem Monatsgehalt pro Be-schäftigungsjahr gefördert. Bis Mitte November haben bereits mehr als 250 Mitar-beiter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Nach der Kostenoptimie-rung im Unternehmen soll es in der nächsten Phase darum gehen, das Produkt-Portfolio kritisch zu überprüfen.

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Wie kam es zu der entsprechenden Vereinbarung?Die Entscheidung, dass mit der Abspaltung von Diabetes Care künftig fünf statt bislang zwei Gesellschaften in Mann-heim existieren, konnten wir nicht verhindern. Wir wollten aber im Sinne der rund 1500 betroffenen Menschen die Ver-änderungen aktiv mitgestalten. Das mündete in ein entspre-chendes Eckpunktepapier. Dabei haben die Aktionen der Kollegen natürlich sehr geholfen.

Was ist konkret geregelt?Beispiel Logistik: Vom 1. Juli 2015 an gehen rund 60 der 700 Arbeitsplätze auf einen externen Dienstleister über. Vereinbart ist ein einjähriger Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Diese Zeit nutzen wir als Betriebsrat, die Kol-legen auf andere Arbeitsplätze zu versetzen, sie weiterzu-qualifizieren oder nach Lösungen im Bereich Altersteilzeit, Abfindung oder Teilzeit-Abfindung zu suchen. Im Sinne der befristet Beschäftigten und Leiharbeiter haben wir darauf gepocht, dass Betriebsrat und Tarifvertrag ein Muss sind.

Was empfiehlst du anderen Betriebsratskollegen?Vereinbarungen wie diese nach einer Art »Baukasten« zu gestalten. Wir verfügen je nach betroffener Abteilung oder Sparte über viele Möglichkeiten: Versetzungen, Nachteils-ausgleich, Weiterbildung, vorzeitiger Ausstieg. Gleichzeitig haben wir den Standortbetriebsrat festgeschrieben und einen Strategiekreis etabliert, um Roche in Mannheim lang-fristig weiterzuentwickeln.

Die Gesamtbetriebsratsvor- sitzende von Roche Diagnostics verhinderte mit ihrem Team trotz Ausgliederung der Diabetes-Sparte betriebsbedingte Kündi-gungen bis längstens Ende 2017.

Fragen an Brigitte Bauhoff

Sie tritt seit Jahrzehnten für

Arbeitnehmer-rechte ein. Dafür

erhielt Brigitte Bauhoff jüngst

von Wirtschafts- minister Nils

Schmid die Wirtschafts-medaille des

Landes Baden-Württemberg.

Steuerzentrale des Unterneh-mens: der Kölner Lanxess-Tower.

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> VOR ORT BADEN-WÜRTTEMBERG

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Wissenswertes zur Rente mit 63FREIBURG | Der Be-zirk Freiburg hat in zwei Veranstaltungen über das von der Bun-desregierung beschlos-sene Rentenpaket in-formiert. Der erfahre-ne Rentenexperte Ulf Imiela stand den interessierten Be-triebsräten und Vertrauensleuten Rede und Antwort. Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Frage, was Arbeitneh-mervertreter tun können, damit die Rente mit 63 nicht mit bestehenden Regelungen zur betrieblichen Altersteilzeit kol-lidiert. Imiela nannte entsprechende Lösungsansätze, die im Rahmen der Mitbestimmung möglich sind.

Der Neue für die LandesjugendSTUTTGART | Seit Oktober arbeitet Marcel Prause als Sekretär zur Ausbildung im Landes-bezirk – schwerpunktmäßig zuständig für die Betreuung der Landesjugend. Für den gelern-ten Chemikanten, der in seinem Ausbildungs-betrieb Bayernoil zwei Amtszeiten lang Mit-glied der JAV war, ist der Landesbezirk die dritte Aus- bildungsstation. Zuvor war der 30-Jährige bereits JAV- und Jugendreferent in Mainz und Ludwigshafen.

Regionale Jubilarehrungen KORNWESTHEIM | Auf eine zweifelsohne lange und his- torisch bewegte Gewerk-schaftszugehörigkeit kann Erwin Kaiser (Foto, Sechster von links) zurückblicken: Für 80 Jahre Mitgliedschaft zeichnete ihn die Ortsgruppe Kornwestheim im Rahmen ihrer Feierlichkeiten aus. Kaiser war einst Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Leder, eine der Vorläuferorganisationen der IG BCE. In der Ortsgruppe Kornwestheim sind bis heute viele ehemalige Beschäftigte der Salamander-Werke aktiv.

NEUENBURG | Die Orts-gruppe und das Regio- nalforum Markgräflerland umrahmten ihre Jubilareh-rung mit einem zünftigen Oktoberfest. Bei typisch bayrischer Brotzeit, einem Trachtenwettbewerb sowie einer Tombola feierten die Gäste in ausgelassener Stimmung mit Familie und Freunden.

»Gib mir 5«STUTTGART | Die Bildungszeit kommt – endlich

Die zahl-reichen Ak-tionen von DGB und IG BCE zei-gen Wir-kung: Die 2011 im grün-roten Koalitions-vertrag ver-einbarte Bildungs-zeit soll nun endlich Mitte 2015 in Kraft treten. Aber noch immer wehren sich die Unterneh-men. »Obwohl die Bildungs-zeit in fast allen Bundeslän-dern schon seit vielen Jahren selbstverständlich ist, laufen die baden-württem-bergischen Arbeitge-ber und ihre Verbände Sturm dagegen. Das ist für uns nicht nachvoll-ziehbar. Denn regel-mäßig betonen die Ar-beitgeber, wie wichtig ihnen qualifizierte Mitarbeiter in Zeiten des Fachkräftemangels sind«, kontert Michael Siebler, Gewerkschaftssekretär im Lan-desbezirk.

Inzwischen liegt ein Gesetz-entwurf vor. »Aber schon jetzt zeigt sich, dass es nicht nur darum geht, ob dieses Gesetz kommt, sondern wel-che Bildungschancen es den

Beschäftigten tatsächlich er-möglicht«, betont Siebler.

Das Gesetz zur Bildungszeit soll allen Arbeitnehmern das Recht geben, sich fünf Tage pro Jahr bezahlt freistellen zu lassen, um sich weiterzu-

qualifizieren. Sei es für allgemeine, poli-tische und berufliche Bildung oder für die Übernahme eines Ehrenamtes.

DGB und IG BCE fordern alle Menschen im Land auf, sich für dieses Gesetz starkzumachen – beispielsweise mit der Teil-nahme an der Online-Kam-pagne »Gib mir 5«.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Weitere Infos im Internet: www.gibmir5.dgb.de;

zur Facebook-Seite: http://tinyurl.com/ksvohbn

Auch auf Drängen des Landesbezirksvorstands (Foto) wurde die Bildungszeit in den Koalitionsvertrag auf-genommen.

Die Nachwuchs-kräfte von Evonik Rheinfelden (hier auf dem Werkgelände) fordern ein Recht auf berufliche Weiterquali- fizierung.

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»Wir sind Vorreiter«STUTTGART | SPD-Fraktionschef im Interview

Claus Schmiedel ist baden-württembergischer Landtags-abgeordneter, Vorsitzender der SPD-Fraktion und Mitglied der IG BCE. Im Gespräch mit kompakt sagt er, wie die SPD im Land Gute Arbeit fördert – und warum die Partei den Südwesten zu einem Leit-markt für Industrie 4.0 weiter-entwickeln möchte.

Die SPD will sich auch auf Landesebene für Gute Arbeit einsetzen. Warum?Unsichere Beschäftigung passt nicht zu einem guten Land wie Baden-Württemberg. Vielmehr legt Gute Arbeit die Basis für unseren Wohlstand. Robert Bosch hat diesen Zu-sammenhang treffend formu-liert: »Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne zahle.«

Welche Maßnahmen wurden angestoßen?Ein Meilenstein für Gute Ar-beit ist der gesetzliche Min-destlohn von 8,50 Euro. Er gilt flächendeckend, in allen Bran-chen. Im Land gibt es ein Ta-riftreue- und Mindestlohnge-setz für öffentliche Vergaben. Mit dem Modellprojekt »Sozia-ler Arbeitsmarkt« helfen wir Langzeitarbeitslosen.

Wie unterstützt die SPD die Betriebsräte im Land, Gute Arbeit umzusetzen?Wir unterstützen sie vor al- lem in ihrem Kampf um stär-kere Mitbestimmungsrechte bei den Arbeitsbedingungen der Werkvertragsbeschäftig-ten. Der Gesetzgeber kann nicht zulassen, dass Firmen immer neue Billiglohnmodelle erfinden, um Beschäftigte mit

Hungerlöhnen abspeisen zu können.

Das Wirtschaftsministerium startet die Initiative »Indus-trie 4.0«. Mit welchem Ziel?Baden-Württemberg will Leit-markt für Industrie 4.0 wer-den. In den Jahren 2015/2016 fördert die Landesregierung dies mit 8,5 Millionen Euro. Mit unseren Stärken im Maschi-nen- und Anlagenbau, in der Informations- und Kommuni-kationstechnik und bei den Industrieausrüstern können wir Vorreiter bei Industrie 4.0 werden.

Eine aktuelle Studie der Universität Stuttgart fürchtet von 2018 an eine instabile Energieversorgung. Zu Recht?Das glaube ich nicht. Die Um-setzung der Energiewende be-wirkt einen Rückgang des Ver-brauchs und einen Aufwuchs der erneuerbaren Energien. Dadurch sinken unsere Roh-stoffimporte und wir werden unabhängiger von Preisan-stiegen auf dem Weltmarkt. Zugleich achten wir auf si-chere Versorgung und stabile Preise.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mein Bezirk hat mich für 25 Jahre Zugehörigkeit zur IG BCE

geehrt. Ein tolles Gefühl. Und es gibt viele Menschen, die

noch viel länger Mitglied sind, als ich auf der Welt bin. Auch

sie prägen unsere lebendige Gewerkschaft. Die Betriebs-

ratswahlen haben das bestätigt: Mit mehr als 80 Prozent

IG-BCE-Mitglieder sind wir an der Spitze im DGB.

Mit den neu gewählten Tarifkommissionsmitgliedern ge-

hen wir in die bevorstehenden Tarifrunden. Einfach werden

diese nicht. Die Arbeitgeber reden von Stagnation, obwohl

der Aufschwung nach der Krise ein hohes Niveau erreicht

hat. Das ist Klagen ohne Grund. Denn weiter werden munter

Überstunden und Sonderschichten geleistet, Leiharbeiter

eingestellt und Werkverträge geschlossen. Das zeigt: Die

Arbeit ist da und sie muss ordentlich bezahlt werden.

Demografie heißt nicht »länger arbeiten«

Die Demografie bleibt Thema. Die Arbeitgeber machen es

sich zu einfach, wenn ihnen als Antwort nur verlängerte Ar-

beitszeiten einfallen. Was wir brauchen, sind Chancen für

unseren Nachwuchs und flexible Ausstiegsmöglichkeiten

für Ältere. Nur so können diese ihre Erfahrung an die jungen

Leute weitergeben, die die Zukunft der Betriebe sind.

Die IG BCE hat das Thema immer wieder auf die Tagesord-

nung gesetzt. Die Arbeitgeber tun weiter so, als ginge sie das

nichts an – und beklagen stattdessen den Fachkräftemangel.

Wer hier den Zusammenhang nicht sieht, der sollte sich

freuen, dass die lange versprochene Bildungszeit im Land

nun endlich die Chance zur Weiterbildung bietet.

Für eine erfolgreiche Chemie-Tarifrunde werden wir alle

Kräfte mobilisieren – und wir freuen uns auf eure Unterstüt-

zung. Wir machen Gute Arbeit – und das seit fast 125 Jahren!

Ich wünsche euch ein erholsames Jahresende und ein

gesundes Jahr 2015.

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CATHARINA CLAYLandesbezirksleiterinBaden-Württemberg

»Die Menschen klotzen weiter ran«

Claus Schmiedel während einer Veranstaltung der baden-württem- bergischen IG BCE.

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> VOR ORT BAYERN

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Seltenes JubiläumNEUBURG | Bei der Jubilarehrung der IG-BCE-Ortsgruppe Neu-burg konnte ein be-sonderes Jubiläum be- gangen werden: Heinz Becker (Foto) ist seit 80 Jahren Gewerkschafts-mitglied. Als 14-Jähriger direkt nach der Schulzeit trat der frü-here Bergmann in die Gewerkschaft ein. »Ich hatte keine Ah-nung von Politik«, erzählte der mit 94 Jahren immer noch rüstige Jubilar, »aber meine Eltern sagten mir, die Gewerk-schaft ist immer für dich da.« Diese Erfahrung machte der ge-bürtige Westfale auch nach seinem Ausscheiden aus dem Er-werbsleben und Umzug in die oberbayerische Heimat seiner Frau. »Anfangs wurde ich zwar am Stammtisch im Dorf noch gefragt, was ich hier will«, erinnerte sich Becker lachend. Doch das ist längst Vergangenheit. »Unser Jubilare haben nicht zu-letzt dazu beigetragen, die Welt etwas besser zu machen«, sagte Landesbezirksleiter Seppel Kraus bei der Ehrung.

Tarifaktion bei Puma und AdidasNÜRNBERG | Eine Pre-miere erlebten Mitar-beiter bei Puma und Adidas mit den ersten Tarifaktionen bei den umsatzstarken Sport-artikelherstellern (Foto). Grund: die bis-her ergebnislosen Tarifverhandlungen für die Schuh- und Sportartikelindustrie. »Solidarität und der Einsatz für die For-derungen sind auch hier kein Fremdwort. Viele Beschäftigte sind zu den Aktionen gekommen und haben mit ihrer Unter-schrift ein besseres Angebot der Arbeitgeberseite gefordert«, freuen sich Sabrina Emrich und Roland Nosko vom Bezirk Nürnberg. »Sie haben der Tarifkommission gezeigt, dass der Weg der richtige ist.«

Werberhitparade29 Aufnahmen: Betriebsrat und JAV Industriepark Gersthofen; 10 Aufnahmen: Ludwig Bauer (SMP, Neustadt), Norbert Lechermann (SMP, Neustadt); 9 Aufnahmen: Andreas Mark-steiner (Gummiwerk Kraiburg, Waldkraiburg), Wolfgang Semler (SMP, Neustadt), Stefan Schmidt (SMP, Neustadt); 8 Aufnahmen: Angelika Neppl (SMP, Neustadt); 7 Aufnahmen: Betriebsrat und JAV Infraserv Burgkirchen; 5 Aufnahmen: Gazi Kürkcu (Basell, Münchsmünster), Monika Schumann (SGF Waldkraiburg).

Bald Vier-Tage-WocheBURGHAUSEN | Wacker-BR schafft flexiblen Renteneintritt

sonders belastenden Nacht-schichten reduzieren. Gleich-zeitig erreichen sie eine Teil-zeitarbeit bei fast annähernder Vollzeitbezahlung. Denn das Entgelt beträgt dank des tarif-lichen Demografie-Topfs und eingebrachter Altersfreizeiten 97,5 Prozent ihres bisherigen Lohns.

»Der Betriebsrat hat eine gute zukunftsfähige Lösung gefunden und eine tarifliche Vereinbarung auf betriebliche Gegebenheiten angepasst, die auch Vorbild für andere Betrie-be sein kann«, meint IG-BCE-Bezirksleiter Harald Sikorski.

»Wir gehen davon aus, dass die Mittel aus dem Tarifvertrag über das Jahr 2016 hinaus be-reitgestellt werden«, sagt Man-

fred Köppl. Damit soll das Modell RV 80 erweitert und ausgebaut werden. »Schließlich belas-tet nicht nur die Schichtarbeit unsere Kolleginnen und

Kollegen.«Die Chancen dafür stehen

nicht schlecht: Für die nächs- te Tarifrunde empfiehlt der IG-BCE-Hauptvorstand einen Schwerpunkt auf weitere de-mografische Regelungen und bessere Rahmenbedingungen für gute und gesunde Arbeit zu legen.

(Siehe auch Seite 18.)

N A M E N & N A C H R I C H T E N

»Das ist ein Schritt in die richtige Rich-tung«, freut sich Manfred Köppl, Be-triebsrat bei der Wacker Chemie AG. Der Grund: die re-duzierte Vollzeit für ältere Arbeitnehmer. Durch die Tarifver-einbarungen der IG BCE wurde der finanzielle Grundstock für Entlastungen im Arbeitsleben gelegt. Bei Wacker konnte dazu ein gan-zes Paket an Maßnahmen ver-einbart werden.

So gibt es Freistellungs- möglichkeiten bei familiären Pflegesituationen oder für Weiterbildungsmaßnahmen, die Möglichkeit für Auszeiten, einmalige Kinderbetreuungs-zuschüsse und Ähnliches mehr. Offen waren noch betrieb- liche Regelungen zur Entlas-tung älterer Arbeitnehmer. Der Einstieg ist mit der – auf das Unternehmen zugeschnit-tenen – Umsetzung des soge-nannten Modells RV 80 aus dem letzten Chemie-Tarifab-schluss nun gemacht.

Vom nächsten Jahr an wird die Vier-Tage-Woche für ältere Mitarbeiter Realität: Beschäf-tigte in vollkontinuierlichen Schichtmodellen ab 60 Jahren können damit ihre Belastun-gen mindern. Denn durch die auf 80 Prozent verringerte Ar-beitszeit entstehen zusätzliche Frei- und Erholungszeiten. Da-mit können sie auch die be-

»Die Vier-Tage-Woche ist ein weiterer wichtiger Baustein unseres Demografie-Pakets.« Manfred Köppl Betriebsrat Wacker AG

Bald gibt es flexible Übergänge in die Rente für Schichtmitarbeiter bei Wacker Chemie.

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Weitere Infos im Internet: www.bayern.igbce.de

Warum hast du kandidiert?Schon in meiner Zeit als Teamleiterin in der Mikrobiologie habe ich alles daran gesetzt, dass die Menschen gerne zur Arbeit kommen und dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Weil ich aber gemerkt habe, dass bei uns gut ausgebildete und gut eingelernte Kollegen aufgrund der herrschenden Arbeitsbedingungen (siehe Seite 25 in dieser Ausgabe, Anmerkung der Redaktion) unzufrieden waren und teilweise Synlab enttäuscht verlassen haben, wollte ich das ändern. Zudem glaube ich, dass aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen meine Stimme gegenüber der Geschäftsführung Gewicht hat.

Ist die Veränderung von der Teamleiterin zur Betriebsratsvorsitzenden ein Seitenwechsel?Nein. Ich möchte verhandeln und keine gegenseitigen Konfrontationen schüren.

Hast du Vorbilder für deine Tätigkeit?Die Seminare der IG BCE haben es mir ermöglicht, viele Kollegen kennenzulernen. Es hilft ungemein, gegenseitig Ideen auszutauschen, zu fragen, wie andere an verschiedene Situationen herangehen. Das sind zwar im klassischen Sinn keine Vorbilder, aber es hilft bei dieser neuen Aufgabe, wenn man weiß, an wen man sich alles wenden kann.

Wie habt ihr euch im Gremium organisiert?Bislang treffen wir uns einmal wöchentlich zur regelmäßigen Sitzung, die in etwa ein bis zwei Stunden andauert. Natürlich sind wir noch in der »Findungsphase«. Das nächste Ziel wird sein, dass wir im Rahmen einer Klausur genau festlegen, wer von uns neun welche Schwerpunkte übernimmt. Dann wissen auch die Mitarbeiter, wer für ihr Anliegen zuständiger Ansprechpartner im Betriebsrat ist. Weiterhin möchten wir feste Ziele definieren, was wir in den kommenden vier Jahren gemeinsam erreichen wollen. Denn daran möchten wir uns auch von der Belegschaft messen lassen.

Beim Labordienstleister Synlab Medizinisches Versorgungs-zentrum (MVZ) Augsburg haben im Juni rund 200 Beschäf-tigte erstmals einen neunköpfigen Betriebsrat gewählt. Als freigestellte Vorsitzende hat das Gremium Maria Anna Krätzig bestimmt.

Fragen an Maria Anna Krätzig4Damit Wende gelingt

MÜNCHEN | Unternehmen tragen viel bei

Viel Kritik hat sich die bayerische Staatsregie-rung für ihren Umgang mit der Energiewende eingefangen: wenig Transpa-renz, verschärfte Abstandsrege-lungen für Windräder, gegen Stromtrassen. »Wir sind von der bisherigen Umsetzung sehr enttäuscht«, kriti-siert Landesbezirksleiter Seppel Kraus. »Keine Planungssicherheit für Unternehmen und ein drohender zweigeteilter Strommarkt in Deutsch-land mit höheren Preisen im Süden. Dies gefährdet Investi-tionen und Arbeitsplätze.«

Dabei verbrauchen die ener-gieintensiven Industrien nicht nur viel Strom, sie tragen auch viel zur Energiewende bei. Sili-cone von Wacker in Burghau-sen kommen beispielsweise in Windkraftanlagen zum Ein-satz. Der Konzern ist weltweit zweitgrößter Hersteller von Si-lizium, wichtigster Rohstoff für

Solarzellen. Auch in der Bau-chemie ist man aktiv und pro-duziert Produkte für die Däm-mung und Dichtung von Ge-bäuden. Betriebsratsvorsitzen-der Anton Eisenacker: »Bei uns ist die Energiewende nicht nur aus Kostengrün-den Schwerpunktthema.«

Bei Lapp Insulators in Wunsiedel werden Isolato-ren aus Keramik und Kunst-stoff gefertigt, die für Strom-leitungen benötigt werden. Betriebsratsvorsitzender

Thomas Merkel: »Wir könnten viel zum Tras-senbau beitragen.« Pil-kington in Weiherham-

mer produziert Glas auch für die Solarthermie. Dieses wird bei Flabeg SE in Furth im Wald gebogen und verspiegelt. Die

Receiver für die Solarrinnen baut Schott.

Im November hat die Staats-regierung ihren dreimonatigen Energie-Dialog mit Vertretern von Verbänden und Organisa-tionen gestartet, am Ende soll ihr neues und lange hinausge-schobenes Konzept vorliegen. Seppel Kraus: »Es wäre schön, wenn dabei auch mit Arbeit-nehmern geredet wird, die Angst um ihre Arbeitsplätze

haben. Wir wollen alle eine erfolgreiche Energiewende, ohne dass der Standort Bayern gefährdet ist. Im Gegenteil: Das Know-how unserer Branchen soll nicht

nur in Deutschland die Ener-giewende voranbringen.«

»Wir sind von der bisherigen Umsetzung der Energie-wende sehr enttäuscht.« Seppel Kraus IG-BCE-Landesbezirksleiter

Produkte bayerischer Unternehmen – wie etwa Glas für Solarmodule – tragen zur Energiewende bei.

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»Unsere Produkte können viel zum Trassenbau beitragen.« Thomas Merkel Betriebsratsvorsitzender Lapp Insulators, Wunsiedel

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> VOR ORT HESSEN-THÜRINGEN

| kompakt | Dezember 201428

Prüfer legen BasisDARMSTADT | Mit ei-ner Infoveranstaltung hat der IG-BCE-Bezirk Darmstadt die neuen Mitglieder der Prü-fungsausschüsse auf ihr Ehrenamt vorberei-tet. Prüferinnen und Prüfer legten mit der Arbeit in den paritätisch besetzten Gremien die Basis für eine hochwertige Ausbildung, einen erfolgreichen Berufsweg und einen angemessenen Verdienst. Katrin Locker von der Hauptverwaltung in Hannover, Abtei-lung Berufliche Bildung stellte die Bildungsangebote für Prüfer vor. Sie wies darauf hin, dass die Prüfer eine Brücke zu Jugendlichen und Ausbildern bilden.

Elkamet begeht TariffluchtBIEDENKOPF | Mit ei-nem Infopavillon vor dem Werktor hat die IG-BCE-Mittelhessen auf die Tarifflucht von Elkamet hingewiesen. »Die Kolleginnen und Kollegen müssen das wissen«, erklärt Beate Rohrig, die Bezirksleiterin von Mittel-hessen, die Aktion. Mitglieder der IG BCE hatten sich an den Bezirk gewandt, weil sie neue Verträge unterschreiben sollten. Die Arbeitsverträge hätten den Elkamet-Beschäftigten die Ver-besserungen der vergangenen Tariferfolge weggenommen. Bislang war das Traditionsunternehmen ein verlässlicher Ta-rifpartner. Sein Besitzer führte lange den Arbeitgeberverband.

Musicalbesuch als DankKASSEL | Mit dem Be-such des »Phantom der Oper« hat sich der IG-BCE-Bezirk Kassel bei seinen fleißigsten Werberinnen und Wer-bern bedankt. 20 Kol-leginnen und Kollegen konnten jetzt mit ihren Partnern nach Hamburg fahren und als kleines Dankeschön der IG BCE das Musical besuchen. Sie hatten es geschafft, Kolleginnen und Kollegen von einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft zu überzeugen. Viele teilen die Werte und Anliegen der IG BCE. Oft fehlt nur der letzte Anstoß, um beizutreten.

Gemeinsam für morgenWIESBADEN | Nachhaltigkeitspreis für junge Menschen

Was heißt Chemie3? Wer sind die Partner der Allianz? Was bedeutet Nachhaltigkeit? Die-sen Fragen können hessische Jugendliche beim Wettbewerb »Wir sind Chemie – gemein-sam für morgen!« der Initiative Chemie3 nachgehen. Außer-dem wird erwartet, dass sie sich mit der Bedeutung von Ökono-mie, Öko-logie und Sozialem be-schäftigen. »Wir haben im Landes-bezirk über-legt, wie wir die Idee der Nachhaltig-keitsinitia- tive an die Auszubil-denden (Azubi) herantragen kön-nen«, begründet IG-BCE- Gewerkschaftssekretärin Anne Weinschenk den Wettbewerb. »Sie sind die Mitarbeiter von morgen und damit diejeni-gen, die Nachhaltigkeit leben müssen.«

Beim Wettbewerb sollen sich Azubis mit der Bedeutung der Nachhaltigkeit für ihre Bran-che auseinandersetzen. Sie sol-len sehen, dass Nachhaltigkeit mehr ist als der Umgang mit Ökologie und bei Weitem kein »abgegriffener« Begriff. Erst-mals lobt die Initiative in Hes-sen den Nachhaltigkeitspreis aus. Angesprochen sind Ju-gendliche, die eine duale Aus-bildung, ein duales Studium oder eine Fördermaßnahme der Sozialpartner der che-misch-pharmazeutischen In-dustrie absolvieren. Chemie3 ist eine Initiative des Verban-

des der Chemischen Industrie (VCI), der Industriegewerk-schaft Bergbau, Chemie, Ener-gie (IG BCE) und des Bundes-arbeitgeberverbandes Chemie (BAVC).

Wer nicht nachhaltig han-delt, hat langfristig keinen Er-folg – das gilt für das einzelne

Individuum wie für die Gesellschaf-ten. »Wer wäre besser geeignet, sich Gedan-ken über Nachhaltig-keit im an-gestrebten Beruf zu machen, als Jugendliche am Beginn ihres Arbeits-lebens?«, fin-

det Hessens Minister für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Tarek Al-Wazir. Er hat die Schirmherr-schaft für den Wettbewerb übernommen.

Die Initiative wünscht sich viele kurze, kreative Beiträge, etwa in Form von Postern, Vi-deos und Skulpturen. Erlaubt ist, was sich mit der Post ver-senden lässt. Und: Es können nur Teams antreten.

Den Gewinnern winken Preisgelder von 1500, 1000 und 500 Euro. Abgabeschluss ist der 19. Dezember 2014. Er-mittelt werden die Gewinner im Januar 2015. Die Preise werden bei einem Jugendfest in der Kletterhalle Wiesbade-ner Nordwand verliehen.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Die kompletten Ausschrei-bungsunterlagen im Internet:

www.chemiehoch3.de

Das Logo des Nachhaltigkeitswett-bewerbs der »Initiative Chemie3«.

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29kompakt | Dezember 2014 |

IG-BCE-Jugend sucht EuropaBRÜSSEL | »Europa –was geht mich das an?« Das fragen sich viele Jugendliche. EU und Europa sind weit weg vom eigenen Leben. Die IG-BCE-Jugend Hessen-Thü-ringen lädt deshalb regelmäßig Jugendliche zu einem Bildungsseminar nach Brüssel ein. »Sie sollen sehen, wie wichtig die dortige Arbeit für ihr Leben ist«, sagt IG-BCE-Lan-desjugendsekretärin Anne Weinschenk. Sie erleben, dass dort keine Bürokratie weltfremde Regeln festlegt, sondern wich-tige Gesetze zu Arbeitsbedingungen, Sicherheit am Arbeits-platz, Arbeitnehmerrechte und Soziales entstehen.

»Nirgends können wir besser Geld ausgeben als für solche Formen politischer Bildung«, sagt Weinschenk. »Wir bauen hier Vorurteile ab. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bringen ein anderes Bild von Brüssel und seinen Institutio-nen mit nach Hause, als sie von dort auf die Reise mitnah-men. Und dieses neue, realistischere Bild geben sie an die Daheimgebliebenen weiter.«

Das Seminar bietet einen guten Einblick in die Arbeit der Gremien, von Parlament und Kommission. So erfahren die Jugendlichen, wie Gesetze entstehen und welche Rolle dabei die einzelnen Institutionen spielen. In Begegnungen mit Ab-geordneten und den Vertretern der Gewerkschaften lernen sie, wie wichtig es ist, dass dort Lobbyarbeit für die arbei- tende Bevölkerung gemacht wird. Was viele überraschte: Vier von fünf Gesetzen entstehen inzwischen in Brüssel.

Demografie ist ThemaWETZLAR | Tarifkommissionen tagen

Das Thema Demo-grafie steht bei den Kolleginnen und Kollegen weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung. Das wurde bei den Tarifklausuren für die Papierindus-trie, die Kautschuk-industrie und die Kunststoffin-dustrie in Hessen deutlich. Die Mitglieder der IG-BCE-Tarif-kommissionen der drei Bran-chen diskutierten in getrenn-ten Klausuren, wie sich die tarifpolitischen Anträge des

vergangenen Gewerkschafts-kongresses in den anstehen-den Verhandlungsrunden 2015 umsetzen lassen. Neben De-mografie waren Ausbildung und Übernahme weitere wich-tige Themen.

Viele Mitglieder der Tarif-kommissionen möchten bei den Tarifrunden 2015 vor al-lem die Belastungen für ältere Beschäftigte spürbar verrin-gern und flexible Wege in den Ruhestand eröffnen. Sie kriti-sierten, dass gesundheitliche Aspekte in den Betrieben häu-fig noch zu wenig beachtet werden. Das müsse sich än-dern. Die Kolleginnen und Kollegen müssten die Chance haben, möglichst gesund in Rente zu gehen.

In den Verhand-lungen mit den Arbeitgebern be-findet sich die IG

BCE hier aus Sicht der Tarif-kommissionen auf dem rich-tigen Weg. Vereinbarungen wie der Tarifvertrag Demo-grafie stellten einen wichtigen Schritt dar. Doch das reiche nicht aus. Es gelte, die Lebens-

und Arbeits-bedingungen der Beschäftig-ten – von der Ausbildung bis zur Rente – aus gesundheit- licher Sicht

und im partnerschaftlichen Dialog qualifiziert weiter- zuentwickeln.

Um die Verhandlungsführer mit einem entsprechenden Mandat auszustatten, wollen die Mitglieder der Tarifkom-missionen die Kolleginnen und Kollegen bereits im Vor-feld der Tarifrunden über Themen und Forderungen in-formieren. Die Beschäftigten sollen noch stärker als bisher in die Tarifrunden einbezogen und mitgenommen werden. So müssten auch die Nichtorgani-sierten angesprochen werden. Ließen sich diese dann auch noch als Mitglieder gewinnen, umso besser.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Axel HartmannAls Axel Hartmann sich entschied, für den Landesbezirksvorstand zu kandidie-ren, reizte ihn nicht zuletzt die Möglich-keit, Informationen direkt an die gewerk-schaftliche Basis und an betriebliche Gre-mien wie Betriebsräte und Vertrauensleu-te weitergeben zu können. »Ich bin 1979 in die Gewerkschaft eingetreten, überzeugt, dass man allein seine Rechte im Betrieb nicht so einfach einfordern kann.« Dazu brauche es einen starken Partner wie die IG BCE, die die Interessen der Beschäftigten wirksam vertritt und den Be-triebsräten den Rücken stärkt. Sein Unternehmen hat gerade ein großes Einsparungsprogramm aufgelegt. Es wird darauf ankommen, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten.

A K T I V D A B E I I N D E R I G B C E

. . . die Tarifkommission Kunststoff.

Die Tarifkommission Papier, . . .

. . . die Tarifkommission Kautschuk und . . .

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> VOR ORT NORD

28 | kompakt | Dezember 2014

Mitglieder erörtern EnergiewendeGOSLAR | Über den Stand der Energiewen-de diskutierten etwa 70 Gewerkschaftsmit-glieder beim Informa-tionsabend der Orts-gruppe Goslar im Oktober. Dr. Ralf Bar-tels, Leiter der IG-BCE-Abteilung Bergbau und Energiepoli-tik, unterstrich die Notwendigkeit konventioneller Kraft-werke für den Industriestandort Deutschland. Jan Ahmels vom Energieforschungszentrum Niedersachsen berichtete von der Erforschung geeigneter Energiespeicher.

Ortsgruppen arbeiten zusammenBAD MÜNDER | Was bei der Jugend- oder der Bildungsarbeit gut ankommt und wie man die Öffentlich-keit erreichen kann, darüber haben sich 32 Vorstandsmitglieder aus den 30 Ortsgruppen im Bezirk Hannover im Oktober in Bad Münder ausgetauscht. Einige nahmen sich gemeinsame Veranstaltungen mit benachbarten Ortsgruppen vor.

Jubilare werden für Treue geehrtWILHELMSHAVEN/NEUMÜNSTER | 46 langjährige Mit- glieder aus der Region Wilhelmshaven-Friesland wurden am 4. November für ihre Gewerkschafts-treue geehrt (Foto rechts), unter ih- nen mehrere aktive Funktionäre. Fried-helm Vogt (Vierter von links), aktiv auf allen Ebenen der IG BCE, habe »Gewerk-schaftsgeschichte geschrieben«, sagte Bezirksleiterin Vera Ackermann: Er hat sich unter anderem im Betriebs- und Aufsichtsrat der RAG engagiert und den Kompromiss zum

Rückbau des Bergbaus ver-handelt. Rolf Faust, Vor- sitzender der Ortsgruppe Neumünster-Kaltenkirchen, ehrte Horst Freitag und Monika Herrendörfer am 23. Oktober für 50 Jahre Treue (Foto links).

Wem die Zeit gehörtHAMBURG | Projektgruppe berät Arbeitszeitgestaltung

Gehört die Zeit zum Waschen und Umklei-den zur Arbeitszeit? Oder die zum Schrei-ben von E-Mails nach Feierabend? Weil sie selbst bestimmen wol-len, was »flexible Ar-beitszeitgestaltung« be-deutet, statt es den Arbeitge-bern zu überlassen, haben Be-triebsräte und Vertrauensleute aus dem Bezirk Hamburg/Harburg zu diesem Thema eine Projektgruppe gebildet. Am 18. Oktober diskutierten 40 Mitglieder über betrieb- liche Lösungsmöglichkeiten (Foto). Im Februar 2015 wol-len sie Vorschläge für Betriebs-vereinbarungen, Tarifverträge und Gesetze vorlegen.

Arbeitszeitkonflikte haben wieder zugenommen, berich-tete Sören Tuleweit von der IG-BCE-Abteilung Arbeitspolitik. Die Entgrenzung der Arbeit durch mobile Telefone und Computer führe vor allem bei Angestellten dazu, dass Ar-beitszeit gar nicht mehr erfasst werde. Er riet, auch die soge-nannte »Vertrauensarbeitszeit« zu dokumentieren. Auch in der Produktion kommt es zu mehr Überstunden. Nach Rückfragen vom Hamburger

Amt für Arbeitsschutz wegen zu vieler Nachtschichten in Folge erprobt der Kunstharz-hersteller Allnex in diesem Jahr eine neue Betriebsver- einbarung. Die Nachtschicht-gruppen wurden geteilt, be-richtete IG-BCE-Vertrauens-mann Andre Bäker. Zwar fin-gen sie sonntags an, aber ein Fünftel weniger Nachtschich-ten ohne finanziellen Verlust sei »eine feine Sache«.

Beim Bremsbelegeherstel- ler Federal Mogul in Glinde funktioniert das vollkonti- nuierliche Schichtmodell mit neun Kleingruppen und kur-zen Blöcken von je zwei Tagen Früh-, Spät- und Nachtschicht. Das sei aus arbeitsmedizini-scher Sicht die beste Lösung, sagte der Betriebsratsvorsitzen-de Michael Petersen, doch 37,5 Stunden würden so nicht erreicht. Sein Fazit: »Wir brau-chen in der Chemie eine kür-zere tarifliche Arbeitszeit.«

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Frauen machen gemeinsame Sache

GRÖMITZ | Über die künftige Zusammen-arbeit haben sich 20 Frauen aus den Frau-enausschüssen des IG-BCE-Bezirks Hannover und des Landesbezirks Nord Ende September in Grömitz verständigt. Mit der stellvertretenden IG-BCE-Vor-

sitzenden Edeltraud Glänzer sprachen sie dort auch über den Bundesfrauentag 2016.

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Werbung für ChemieHANNOVER | Nicht alle Ausbildungsplätze sind besetzt

Mit 969 neuen Ausbildungsplät-zen haben Unter-nehmen aus dem Arbeitgeberver-band Chemie Nord 2014 mehr Lehrstellen ange-boten als im Vor-jahr. 87 davon blieben jedoch unbesetzt, wie die Leiterin der Rechtsabteilung von ChemieNord, Petra Lin-demann, in ihrer Auswertung beim »Runden Tisch« mit dem IG-BCE-Landesbezirk Nord Ende Oktober in Han-nover zeigte (siehe Schau-bild). Dr. Jochen Wilkens, Hauptgeschäftsführer des Ar-beitgeberverbands, hob den

Bedarf an Nachwuchskräften in der Industrie hervor, IG-BCE-Landesbezirksleiter Ralf Becker die für junge Men-schen lohnenswerten Tarif-verträge. »In der Chemiebran-che kann man alles werden«, warb Becker für die Ausbil-dung. Mehr als 50 verschiede-ne Berufe stünden zur Wahl.

Blick in die FernwärmeHANNOVER | Ortsgruppe besucht Kraftwerk Stöcken

Sprichwörtlich aufs Dach gestiegen sind ein rundes Dutzend Mitglieder der IG-BCE-Ortsgruppe Han-nover-Süd Mitte Okto-ber einem der zwei Dampfkessel des Ge-meinschaftskraftwerks Hannover-Stöcken. Der Blick in 80 Meter Höhe über die Stadt war Abschluss einer fachkundigen Führung durch das 1989 in Betrieb gegan- gene Kraftwerk. Die Gemein-schaftsinvestition der hanno-verschen Stadtwerke mit VW und Continental liefert Pro-zesswärme für deren benach-barte Produktionsbetriebe, Fernwärme für Handel, Klini-ken und Wohnanlagen in Han-

nover sowie bis zu 230 MW elektrische Energie. Lohn der ausgeklügelten Kraft-Wärme-Kopplung ist ein überdurch-schnittlicher Wirkungsgrad von bis zu 88 Prozent. Stünd-lich werden bei voller Leistung knapp 50 Tonnen Steinkohle verfeuert – zum Teil aus deutscher Förderung.

Petra Lindemann [email protected]

ChemieNord – Arbeitgeberverband für die Chemische Industrie in Norddeutschland e. V.

– 4 – © 2013 - Alle Rechte vorbehalten. www.chemienord.de

Neu angebotene und besetzte Ausbildungsplätze

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neu angebotene Ausbildungsplätzebesetzte Ausbildungsplätze

Neu angebotene und besetzte Ausbildungsplätze ChemieNord

Die zentrale Leitwarte des Kraftwerks wurde 2002 auf den neuesten Stand der Prozesssteuerung gebracht.

Was macht ihr im Arbeitskreis für Jugendbildung?Wir planen die Themen für Bildungsseminare, je nachdem was gut gelaufen ist. Viel Zulauf gab es in diesem Jahr für das Seminar »Gute Arbeit, gutes Leben«. Was man mit der Freizeit macht und wie man einen Ausgleich zur Arbeit hinkriegt, das ist für Jugendliche wichtig, denn viele haben gar nicht so viel Freizeit. In dem Seminar geht es unter anderem um Sport und gesunde Ernährung, auch ganz praktisch.

Gut angekommen ist auch die Woche in Berlin mit einem Besuch im Bundestag und viel politischer Geschichte. Wenig Interesse gab es für Wochenendseminare, egal zu welchem Thema. Das liegt vielleicht daran, dass sich die Leute am Wochenende eben erholen müssen.

Gibt es für dich selbst ein Lieblingsseminar?Ich finde die politischen Seminare spannend, die auf der Bundesebene angeboten werden. Im letzten Jahr hat mich das Demokratie-Seminar begeistert. Da geht es um die geschichtlichen Grundlagen der Demokratie bei uns und auch um andere Länder. Mir ist bei der Beschäftigung mit der Französischen Revolution klar geworden, dass auch für die Demokratie Menschen ihr Leben gelassen haben und dass sie nicht selbstverständlich ist.

Was empfiehlst du für 2015 aus dem Programm des Landesbezirks?Wir bieten besonders viele Grundlagenseminare für die jetzt neu gewählten Jugend- und Auszubildendenvertre-tungen an: dreimal »JAV 1«, dreimal »JAV 2« und zweimal »JAV 3«. Da lernt man was über das Betriebsverfassungs-gesetz, das Berufsbildungsgesetz und das Jugendarbeits-schutzgesetz, auch über Verhandlungsführung, die Vorbereitung von Versammlungen und von Kampagnen. Wer in der JAV mitarbeitet, sollte alle drei Seminare besuchen. Die sind arbeitsintensiv, machen aber durch interaktive Methoden sehr viel Spaß.

Aber auch das Thema »Gute Arbeit, gutes Leben« und ein Städteseminar stehen auf dem Programm. Dieses Mal geht es nach Hamburg!

. . . vom Jugendbildungs-Arbeitskreis im

Jugendausschuss des Landesbezirks Nord

zum Bildungsangebot für Jugendliche.

Fragen an Anika Fiedler . . .3

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Termine – kurz notiertBERLIN | 25 Jahre Mauerfall – Betriebsräte erinnern sich; Zeitzeugen-Interviews unter: www.nordost.igbce.deKAGEL-MÖLLENHORST | 11. Dezember: Treffen der Werkfeuerwehren des Landesbezirks Nordost.HALLE-MAGDEBURG | Der Bezirk zieht um und ist vom 8. Dezember an unter folgender Adresse zu erreichen: Franckestraße 15, 06110 Halle. Alle Telefonnummern bleiben wie zuvor.

Verdienstmedaille der IG BCEALT-TRÖGLITZ | Ros-witha Uhlemann, viele Jahre Betriebsratsvor-sitzende der MIBRAG und IG-BCE-Haupt-vorstandsmitglied, er-hielt die Verdienst- medaille der IG BCE. Die hohe Auszeichnung überreichte Vorstandssekretär Peter Obramski (Foto, Zweiter von rechts) während der Revierkonferenz bei der MIBRAG. Auch Be-zirksleiter Jürgen Mehnert und der jetzige Betriebsratsvorsit-zende Frank Frenzel (Foto, von links) würdigten den Einsatz von Roswitha Uhlemann unter anderem für eine erfolgreiche Mitgliederwerbung und Energiepolitik.

Parlamentarischer AbendBERLIN | Zum zweiten Mal luden IG BCE, der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller vfa und der Bundesver- band der Pharmazeutischen Industrie (BPI) zur Diskussion über die Pharmaindustrie in Berlin-Brandenburg ein. Im Mittelpunkt stand eine Gesprächsrunde mit Abgeordneten.

Trillerpfeifen raus!DRESDEN | Tarifaktion bei der Dental-Kosmetik

Mit einer Aktion unterstrichen die Beschäftig-ten des Zahn-putzmittelher-stellers Dental-Kosmetik ihre Forderung nach Tarifgesprä-chen. Aufgrund der wochenlangen Blockade-haltung der Geschäftsführung veranstalteten sie ein lautstarkes Trillerpfeifenkonzert vor dem Werktor (Foto). Gemeinsam mit der IG BCE wollen die rund

125 Kolleginnen und Kollegen nun weiter gegen ungleiche Entlohnung bei gleicher Tätig-keit, ausbleibende Lohnerhö-hungen und den Wegfall von sozialen Leistungen vorgehen.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Herausforderungen im Betriebsalltag: Konferenz für neue BetriebsräteSCHWARZE PUMPE | Mehr als 100 Betriebsrätinnen und Be-triebsräte kamen zur Betriebs-rätekonferenz des Bezirks Cottbus mit Professor Wolf-gang Däubler. Der renom-mierte Arbeitsrechtler refe-rierte in einem spannenden Vortrag über die vielen Span-nungsfelder, in denen sich die Betriebsräte bewegen. Seine Botschaft: »Betriebsräte müs-sen Probleme erkennen und

die richtigen Fragen an die richtigen Experten stellen.«

Zuvor hatte Bezirksleiterin Ute Liebsch in ihrer Begrü-ßung den Bezirk Cottbus mit seinen besonderen Frage-stellungen und das Team der IG BCE vor Ort vorgestellt.

In Arbeitsgruppen befass-ten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während der Konferenz mit aktuellen The-men ihrer Betriebsratsarbeit

Ehrung für die FlatowsBERLIN | Ortsgruppe unterstützt Platzbenennung

Er war der Verfasser des ersten Betriebsrätegesetzes: An den Arbeitsrechtler Georg Flatow und seine Frau Hedwig erin-nert ab sofort ein Platz im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlen-dorf. Die dortige IG-BCE-Orts- gruppe hatte lange für die Eh-rung gekämpft.

Georg Flatow war maßgeb-lich daran beteiligt, dass die

betriebliche Mitbestimmung 1920 erstmals gesetzlich ver-ankert wurde. Seine Frau Hed-wig Flatow setzte sich für eine weltoffene, demokratische Bil-dung ein.

Zur Einweihung des »Hed-wig-und-Georg-Flatow-Plat-zes« sprach unter anderem der Ortsgruppenvorsitzende Joa-chim Elsholz.

Der Arbeitsrecht-ler Professor Wolfgang Däubler referierte bei der Betriebsrätekonfe-renz des Bezirks Cottbus.

wie die zunehmende Arbeits-verdichtung, Bildung und

Gestaltungsmöglichkeiten bei der Schichtarbeit.

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29kompakt | Dezember 2014 |

Treffen der Vattenfall-BetriebsräteBERLIN/LÜBBENAU | Bei einer Betriebsrätevollkon-ferenz kamen Vattenfall-Betriebsräte Mitte No-vember auf hochkarätiger Ebene sowohl mit der neuen Vattenfall-Unter-nehmensleitung als auch mit Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel zusammen (Foto, links). Rüdiger Siebers, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Vattenfall Europe Mining (Foto, Mitte), forderte angesichts der Verkaufsabsichten des Unternehmens für sein Braunkohle-geschäft erneut eine Sicherungsvereinbarung auf Konzern-ebene: »Ein möglicher Käufer muss alle Tarifverträge und Be-triebsvereinbarungen einschließlich der Beschäftigungssiche-rungsvereinbarung übernehmen!« Zu einer weiteren Konfe-renz lud der IG-BCE-Landesbezirk Nordost die Vattenfall-Be-triebsräte und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat für Ge-spräche zu drängenden energiepolitischen Fragen ein.

Warnstreik bei PSEHALLE | Beschäftigte kämpfen für Tarifvertrag

Beschäftigte der Plasma Service Europe GmbH (PSE) in Halle, Magdeburg, Merseburg, Ros-tock und Nord-hausen mach-ten mit einem zentralen Warn-streik in Halle deutlich, dass sie weiter entschlossen für einen Tarifvertrag kämpfen. Noch im Sommer hatte das PSE-Mutter-unternehmen, die Biotest AG, jegliche Tarifgespräche für die

medizinischen Fachkräfte in ihren Blutplasmaspendezent-ren abgelehnt. Betriebsrätin Jana Just: »Wir wollen endlich einen Tarifvertrag, auf den wir uns berufen können.«

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Chemie-TarifrundeBERLIN | Diskussion in den Betrieben gestartet

Vier bis fünf Prozent mehr Entgelt, zwölf Monate Laufzeit und die Weiterentwicklung des Tarifvertrags »Lebensarbeits-zeit und Demografie«: Die Forderungsempfehlung des IG-BCE-Hauptvorstands für die Tarifrunde Chemie wird noch bis Mitte Januar in den Betrie-ben in Nordost diskutiert. Wie wichtig gute Tarifabschlüsse

sind, zeigt sich für die Beschäf-tigten aktuell: Als Folge des Ab-schlusses von 2011 für die che-mische Industrie Ost erhöht sich die Jahresleistung in die-sem Jahr auf 80 Prozent eines Monatslohns und steigt 2015 erneut. In der Entgeltgruppe 6 macht das zum Beispiel bis zu 528,60 Euro mehr im Porte-monnaie aus.

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Vattenfall prüft aktuell, seine Braunkohlentagebaue und -kraftwerke zu verkaufen. Ein hochprofitabler Unterneh-mensverbund, der zehn Prozent der Stromversorgung in ganz Deutschland liefert, wird damit auf dem Markt angeboten. Die IG BCE fordert: Keine Zerschlagung! Tagebaue, Kraft- werke und Pumpspeicherwerke müssen in einer Hand und damit leistungsstark und zukunftsfähig bleiben. Es geht um ein integriertes, ganzheitliches Unternehmen.

In der Lausitz und in Sachsen hat Vattenfall direkte Ver-pflichtungen für mehr als 8000 Beschäftigte. Zulieferer und Dienstleister hinzu gezählt sind es rund 22 000 Arbeitsplätze. Die Region lebt von und mit der Kohle. Ihr Strom sichert eine starke Wirtschaftskraft in ganz Deutschland. Mit aus diesem Grund hat die IG BCE eine Unterschriftenaktion »Für bezahl-baren Strom und gute Arbeitsplätze« gestartet, die über die Energieunternehmen hinausreicht. Die Basis ist eine wirt-schaftlich vernünftige, verlässliche Energieversorgung. Alle Beschäftigten sind aufgerufen, zu unterschreiben!

PETRA REINBOLD-KNAPELandesbezirksleiterin

Keine Zerschlagung!

Erinnerung an den MauerfallBERLIN | Mit einer Matinée in der Reihe »Kultur im Ge-werkschaftshaus« erinnerte die IG BCE an den Mauer-fall vor 25 Jahren. Doro Zinke, DGB-Vorsitzende von Berlin-Brandenburg, sprach von gemeinsamen als auch weiterhin unterschiedlichen Erfahrungen in Ost und West. Landesbezirksleiterin Petra Reinbold-Knape erinnerte zu-dem an die Reichskristallnacht

am 9. November vor 76 Jah-ren. Organisatorin Sonja Dif (Foto, links) holte im zweiten Teil die Kabarettistin Helene Mirscheid auf die Bühne.

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Politik anders erlebenBERLIN | Ein Vier-teljahrhundert nach dem Mauerfall zog es die IG-BCE-Ju-gend Duisburg An-fang Oktober in die Hauptstadt. 18 jun-ge Menschen nah-men am Politik- seminar für Einsteiger teil. Auf dem Programm standen Hintergrundinformationen zu den Bundesministerien, zu den Parteien und zum Politikbetrieb. Auf einer politischen Stadtführung erfuhren die Teilnehmer spannende Details aus Vergangenheit und Gegenwart der Stadt. Krönender Ab-schluss der Reise war die Besichtigung des Reichstagsgebäudes mit Blick über Berlin – bei strahlend blauem Himmel.

Jugend engagiert sichDUISBURG/MOERS | Was macht eigentlich eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)? Diese Frage stand im Mittel-punkt des JAV-Schnuppertags der IG-BCE-Bezirke Duisburg und Moers Mitte Oktober. Rund 20 Auszubildende informier-ten sich über die tägliche Arbeit der Jugend- und Auszubilden-

denvertreter. IG-BCE-Ju-gendvertrete-rinnen und -vertreter be-richteten den Interessierten

von ihren Erfahrungen. Bodo Wilms, IG-BCE-Bezirksleiter Duisburg, zeigte sich zufrieden mit dem großen Interesse des potenziellen Nachwuchses: »Es verspricht zukunftsweisenden Erfolg in den Betrieben.«

Top Ten der Werber im OktoberPlatz 1: Daniele Gioco (53 geworbene Neumitglieder, Bayer AG, Bezirk Leverkusen); Platz 2-3: Nicole Neubauer (45, Bayer AG Chemiepark Dormagen, Köln-Bonn), Jens Scheumer (45, Lanxess, Leverkusen); Platz 4: Denis von Me-ring (44, Bayer AG, Leverkusen); Platz 5: Sarah Nöthen (39, Currenta, Leverkusen); Platz 6: Joline Macek (33, Currenta Dormagen, Köln-Bonn); Platz 7: Ismail Tekin (26, RWE Power Tagebau Garzweiler POG, Alsdorf); Platz 8: Klaus Pilger (23, Huntsman Duisburg, Moers); Platz 9: André Bruckhaus (21, Bayer AG Uerdingen, Moers); Platz 10: Jens Barnhusen (16, Evonik Industries AG, Duisburg).

Erfolg für BetriebsratLEVERKUSEN | Ausgleich für Umkleide- und Wegezeiten

Dem Betriebsrat der Momen-tive Performance Materials GmbH ist es gelungen, eine Betriebsvereinbarung zu »Um- kleide- und Wegezeiten« ab-zuschließen. »Damit sind wir der erste Betrieb mit einer solchen Betriebsvereinbarung im Chempark Leverkusen«, erklärt der Betriebsratsvorsit-zende Michael Flory.

Als Ausgleich für Umkleide- und Wegezeiten erhalten die Beschäftigten künftig sowohl mehr Geld als auch mehr Frei-

zeit. Pro Arbeitstag werden 20 Minuten für Umkleide- und Wegezeiten vereinbart. Be-schäftigte in der Tagschicht be-kommen dafür rund 60 Euro mehr im Monat, außerdem re-duziert sich ihre monatliche Arbeitszeit um knapp dreiein-halb Stunden. Für Beschäftigte in Schichtsystemen gibt es jährlich rund vier Tage mehr Freizeitausgleich und etwa 54 Euro mehr monatlich. Zu-dem wurde eine Personalauf-stockung vereinbart.

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Keine Reaktion auf DemonstrationenKÖLN | Die Geschäftsfüh-rung des Blutplasmaspen-de-Dienstes Plasma Ser-vice Europe GmbH (PSE) bleibt stumm – trotz be-eindruckender Aktionen der Beschäftigten für die Aufnahme von Tarifver-handlungen. Ende Okto-ber hatten die kompletten PSE-Belegschaften der Standorte Köln, Aachen und Dortmund für Stunden die Arbeit nieder-gelegt und vor der PSE-Zentra-le in Köln demonstriert (Foto),

Anfang November folgten Ak-tionen in Halle. Bis Mitte No-vember gab es keine Reaktion von PSE. Seit Jahren fordert die IG BCE die Aufnahme von Tarifverhandlungen.

Weitere Infos im Internet: www.nordrhein.igbce.de

»Hut ab vor den Kumpels«ALSDORF | In 1030 Meter Tiefe erlebte der IG-BCE-Bezirksfrauenausschuss Alsdorf den Steinkohlen-bergbau hautnah. In Berg-mannskluft ging es für die Kolleginnen runter »in den Schacht« im Berg-werk Prosper-Haniel in Bot-trop. Dort konnten sie auf einer zweieinhalbstündigen Grubenfahrt den Kohleabbau

mit dem Hobel direkt beob-achten. Wieder über Tage wa-ren sich die Kolleginnen einig: »Hut ab vor den Kumpels.«

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Kohle muss bleibenLEVERKUSEN | 5000 nehmen an Revierkonferenz teil

»Für bezahlba-ren Strom und gute Arbeits-plätze« versam-melten sich An-fang November rund 5000 Ge-werkschafterin-nen und Ge-werkschafter aus Nordrhein-Westfalen zu ei-ner Revierkon-ferenz in Lever-kusen (Foto). Anlass: Planun-gen der Bundesregierung, zur Erreichung der Klimaschutz-ziele kurzfristig Kohlekraft-werke vom Netz zu nehmen, haben für Unruhe im rheini-schen Revier und in den Kraft-werken an Rhein und Ruhr gesorgt. Auch die Beschäftig-ten in energieintensiven Un-ternehmen, von der Alumi-niumherstellung über die Pa-pierindustrie bis zur chemi-schen Industrie, sorgen sich wegen des derzeitigen ener-giepolitischen Kurses um ihre Arbeitsplätze.

Die IG BCE fordert des- halb eine Neuorientierung der Energiepolitik – »ohne Arbeitsplatzrisiko und politi-sche Preistreiberei«, so Micha-el Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE und Hauptredner in Leverkusen. »Wir wollen eine Energiewende mit Wachstum und Innovationen«, erklärte er. Den Anteil der Braunkohle für eine sichere Stromversor-gung stellte Dieter Faust, Ge-samtbetriebsratsvorsitzender der RWE Power AG, heraus. Das dürfe die Politik nicht gefährden. Allein im rhei- nischen Revier seien über 10 000 Menschen in der Braunkohle beschäftigt, meh-rere Zehntausende Arbeits-

plätze seien in der Region direkt oder indirekt von den Aufträgen der Braunkohle ab-hängig.

Günther Appelstiel, Be-triebsratsvorsitzender von Norsk Hydro Aluminium Rheinwerk Neuss (siehe Inter-view rechts), appellierte an die Politik, nicht die ener-gieintensiven Industrien in Deutschland zu gefährden. Erst 2009 hätten seine Kolle-gen erfahren, wie existenzge-fährdend hohe Energieneben-kosten für die Aluminiumge-winnung seien. Nur durch das gemeinsame Engagement von Betriebsrat, Gewerkschaften und Politik konnten Entlas-tungen für stromintensive Un-ternehmen durchgesetzt wer-den und wurde die Schlie-ßung der Aluminiumhütte in Neuss verhindert. Jetzt stabi-lisiere das Unternehmen die Produktion am Standort. Hö-here Strompreise wären da tödlich.

Einen ersten Erfolg zeigte der bundesweite Protest der IG BCE bereits. Bundeswirt-schaftsminister Sigmar Ga-briel will keine Kohlekraft-werke zwangsweise vom Netz nehmen. Auch NRW-Wirt-schaftsminister Garrelt Duin unterstützt Gabriels Kurs.

Wie steht es um die Neusser Aluminiumhütte derzeit, nachdem sie 2009 vom Aus bedroht war?Es ist gelungen, das Unternehmen zu konsolidieren – dank der Entlastungen beim Strompreis für energieintensive Unternehmen. Doch Investitionen in die Zukunft sind schwierig. Dafür braucht das Unternehmen Planungs-sicherheit. Die gibt es derzeit nicht. Ab 2017 soll das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erneut auf den Prüfstand, die geltenden Konditionen der EU für den Handel mit CO2-Zertifikaten laufen 2020 aus. Große Investitionen in die Zukunft der Aluminiumproduktion am Standort Deutschland machen angesichts dieser ungewissen Perspektiven wenig Sinn.

Was bedeutet der Energiepreis für die Aluminiumindustrie?Er entscheidet über die Existenz des Standorts. Gäbe es die Entlastungen beim Strompreis nicht, müsste unser Werk sofort schließen. Bei den Aluminiumpreisen stehen wir im weltweiten Wettbewerb. Belastungen wie durch die EEG-Um-lage gibt es in keinem anderen Land. Der Bevölkerung wird suggeriert, man müsste nur die Rabatte für die Industrie verringern und schon würde Strom billiger. Das ist ein Trugschluss. Wenn unser Werk schließen müsste, würde der Strom für die Bevölkerung sicher nicht billiger. Wichtiger wäre, die Energiewende nicht allein über den Strompreis zu finanzieren. Geringverdienende bezahlen das Gleiche wie Spitzenverdiener. Wir brauchen eine solidarische Finan-zierung der Energiewende nach Leistungsfähigkeit.

Welche Bedeutung hat eure Branche für den Industriemix der Zukunft?Wir sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Wir tragen entscheidend zur Entlastung der Umwelt bei. Unsere höchsten Wachstumsraten haben wir derzeit als Zulieferer der Automobilindustrie. Um Sprit zu sparen, müssen Autos leichter werden. Deshalb wird Alu immer häufiger im Kraftfahrzeugbau eingesetzt. Zudem lässt sich Aluminium hervorragend recyceln. Es wird nur fünf Prozent der Energiemenge der Primärproduktion benötigt und es gibt keinen Qualitätsverlust. Nicht ohne Grund investiert Norsk Hydro gerade 40 Millionen Euro in eine neue Recyling- anlage in Neuss.

Günther Appelstiel ist Betriebsratsvorsitzender von Norsk Hydro Aluminium Rheinwerk Neuss.

Fragen an Günther Appelstiel3

Revierkonferenz in Leverkusen: Rund 5000 aus Nordrhein-Westfalen kamen zur Kundgebung.

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VOR ORT RHEINLAND-PFALZ/SAARLAND>

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Mehr Geld in kleinen BetriebenWORMS | Häufiger als früher besitzen Unternehmerfamilien verschiedene kleine, selbstständig agierende Unternehmen, die keinem Arbeitgeberverband angehören. Dort handeln die Gewerkschaftssekretäre dann gemeinsam mit den be-trieblichen Tarifkommissionen der IG BCE Haustarifverträge aus.

Bei der Perga-Plastic GmbH in Worms erstritt die IG BCE auf diese Weise eine Entgeltsteigerung von 3 Prozent. Sie wurde zum 1. Oktober wirksam und läuft 15 Monate. Perga stellt in Worms mit 57 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Folien und Kunststoffverpackungen her und gehört über eine Serafin-Unternehmensgruppe der früheren Papier- dynastie Haindl. »Dieses Tarifergebnis war nur mit der Unterstützung der IG-BCE-Mitglieder vor Ort möglich«, berichtet Ismet Levent von der Tarifkommission.

Bei der deutlich größeren Win Cosmetic im nicht weit von Worms gelegenen Flörsheim-Dalsheim handelte die IG BCE zum 1. September gestaffelte Lohnerhöhungen von 1,5 bis 2,5 Prozent mit zwölfmonatiger Laufzeit aus. Hier gab es zuvor eine schwere Krise. Viele Arbeitsplätze gingen verloren; weitere Verluste drohen. Der Sozialplan läuft noch. Beide Verhandlungsseiten hoffen auf bessere Vorzeichen im kom-menden Jahr. Win Cosmetic gehört zur familiengeführten Drogerieartikel-Gruppe Dalli, die Handelsketten wie Aldi und Lidl beliefert.

Die Gewerkschaftsbeiträge werden an die gestiegenen Ent-gelte angepasst.

Erst ZDF, dann LandtagMAINZ | Auf Einladung des Landtags-abgeordneten Fredi Winter (Foto, erste Reihe rechts) besuchte der Seniorenar-beitskreis Bad Hönningen-Linz im Oktober das ZDF und den Landtag in Mainz. Bevor sich die Besucher von dem Abgeordneten in eine intensive Diskussion ziehen ließen, verfolgten sie von der Zuschauer-tribüne aus eine spannende Parlamentsdebatte mit Minister-präsidentin Malu Dreyer.

Vormittags hatten sich die Senioren zunächst bei einem Streifzug durch die Gebäude und Studios auf dem Lerchen-berg von der Präzision beeindrucken lassen, mit der hier 3000 Mitarbeiter Tag für Tag das Zweite Deutsche Fernseh-programm fertigstellen.

Mit aller EnergieKIRKEL | Das Saarland muss zweispurig fahren

Auf Einladung der IG-BCE-Betriebsgrup-pe der RAG Saar dis-kutierte die stellver-tretende Ministerprä- sidentin, Anke Rehlin-ger (SPD), mit Wirt-schafts- und Gewerk-schaftsexperten über die Strategien des kleinen Bundeslands bei der Energiewende.

Mit ihrem Energie-konzept stieß Reh- linger, im Kabinett verantwortlich für die Schlüs-selressorts Wirtschaft, Ar- beit, Energie und Verkehr, auf breite Zustimmung. Sie will die erneuerbaren Energien aus Sonne und Windkraft zügig ausbauen und gleichzei-tig das im Land vorhandene Know-how bei konventionel-len Kraftwerken und der Kraft-Wärme-Kopplung nutzen.

Ralf Bartels, Ressortleiter Bergbau und Energiepolitik in der Hauptverwaltung der IG

BCE, warnte, »es stehen jetzt bundesweit Zehntausende Jobs in der Energiewirtschaft auf der Kippe«. Kraftwerk-chef Christian Neu (Steag Power Saar) gab den her-kömmlichen Standorten trotz des Drucks der erneuerbaren Energien weiter Chancen. RAG-Manager Rudolf Krumm schildete, wie sich der Kon-zern auch beim Ausbau von Solar- und Windkraft im Saar-land behauptet.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Gelenkte DemografieLUDWIGSHAFEN | Mit Arbeitgebern im selben Boot

Ende Oktober folgten 45 Ar-beitnehmer- und Arbeitgeber-vertreter einer Einladung des Landesbezirks zum »BR/HR-(Betriebsrats-/Human-Resour-ces)-Tag« in das Haus der Ka-tholischen Akademie in Lud-wigshafen. Der englische Be-griff »Human Resources« steht für Personal und auch für Per-sonalleitung. Tatsächlich dien-te der Tag einer gemeinsamen Problemfindung von Angehö-rigen der Personalabteilungen und der Betriebsräte, damit einzelne Vertreter beider Seiten

in enger Kooperation (als »Tandem«) die demografischen Probleme und den Handlungs-bedarf eines Betriebs ausfindig machen. Ziel ist eine gute und gesunde Arbeit. Die Tagung mit hochkarätigen Referenten leite-te Mathias Lomb, Fachsekretär für Gute Arbeit und Demogra-fie im Landesbezirk. Von ihm stammte auch das Konzept für die Tagung und für künftige Schulungsveranstaltungen un-ter dem Namen QUADEMTA – Qualifizierung zum Demo- grafie-Tandem.

Anke Rehlinger zwischen (von links) Chris-tian Neu, Ralf Bartels, Rudolf Krumm, IG-BCE-Bezirksleiter Dietmar Geuskens und dem Vorsitzenden der Betriebsgruppe RAG Saar, Martin Becker.

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Was läuft in Europa?STRASSBURG/BRÜSSEL/BONN | Zwei Wochen Bildung

Frauen aus dem Bezirk Mittelrhein und Jugendliche aus dem ganzen Landesbezirk fuh-ren im Herbst bei fünftägigen Bildungsurlauben zu den Zentren der Europäischen Union. Die Frauen steuerten das Eu-ropäische Parlament in Straß-burg an, sprachen dort mit der Europaabgeordneten Jutta Steinruck (SPD) und mit Ver-tretern der drei französischen Gewerkschaften CGT, FO und CFTD. Auf der deutschen Rheinseite besichtigten sie das Werk Kehl der Papierfabrik Köhler.

Die Bildungswoche der Ju-gendlichen – überwiegend Ju-gend- und Auszubildenden-vertreter (JAV) – hatte ihren Fixpunkt in der Bonner Ju-gendherberge. Hier bereiteten sie ihre Exkursionen vor und nach, die sie nach Brüssel und zum Europäischen Gerichts-hof nach Luxemburg führten.

Wieder ist im Herbst eine gro-ße Zahl von Jugendlichen neu zur IG BCE gestoßen – im Be-zirk Ludwigshafen bereits fast zwei Drittel aller Azubis. Hier wurden inzwischen auch die Gewinner der Sonder-Werbe-aktion während der Fußball-weltmeisterschaft ausgelost. Zwei VIP-Tickets für ein Spiel des FSV Mainz 05 gegen Wer-der Bremen gewann Sven Zim-mermann (Buchmann), ein Fan-Paket erhielt Mesut Topak

(Ardagh Glas), einen Original-Spielball erhielt Fredy Kreut-zenberger (AbbVie).

Vielleicht noch bemerkens-werter ist, wie viele ihrer Ge-werkschaft ein Leben lang treu bleiben. 1259 Mitglieder des Bezirks feierten in diesem Jahr ihr 40., 50. und 60. Ju-biläum (im Bericht in der kompakt-Novemberausgabe fehlte die »1«, und es war da-her nur von 259 Jubilaren die Rede).

Erfolgreiche WerbungLUDWIGSHAFEN | Viele Neueintritte, lange Mitgliedschaft

Warum hat Renolit einen Pflegefonds?Es kommt immer wieder vor, dass einzelne unserer 938 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Worms oder von Mitarbeitern unserer anderen Niederlassungen von schweren Schicksalsschlägen getroffen werden. Sehr oft geht es darum, dass sie plötzlich einen nahen Angehörigen pflegen müssen. Die von der Politik vor sechs Jahren eingeführte Pflegezeit von zehn Tagen beziehungsweise sechs Monaten können sie oft nicht nutzen. Die finanziellen Einbußen sind sonst zu groß. Beruf und Familie sind dann kaum noch vereinbar. Da können wir mit unserem Pflege-fonds helfen. Wer seine Arbeitszeit wegen der Pflege um 50 Prozent vermindern muss, bekommt jetzt trotzdem 80 Prozent seines Entgelts ausgezahlt.

Wie erfahrt ihr von solchen Notfällen?Unser Betriebsrat ist tief in der Belegschaft verwurzelt und steht in lebendigem Austausch mit den Beschäftigten. Das erlebt jeder, der unser Betriebsratsbüro einmal besucht. Das hat auch damit zu tun, dass inzwischen nahezu 60 Prozent der Beschäftigten der IG BCE angehören. Ich hoffe deshalb übrigens, dass es bald mehr als 60 Prozent sein werden. Wir erfahren sehr bald, wenn jemand in persönliche Not gerät, weil ein naher Angehöriger pflegebedürftig wird. Das ist auch der Grund, aus dem wir den Pflegefonds in unsere Verhand-lungen mit dem Arbeitgeber eingebracht haben.

Aus welchen Mitteln kommt das Geld? Zu dem Chemie-Tarifvertrag »Lebensarbeitszeit und Demografie« gehört für die Jahre 2013 bis 2015 der so- genannte Demografiefonds II in Höhe von 200 Euro pro Mitarbeiter und Jahr. Wir haben uns nach intensiven Bera- tungen im Betriebsrat und mit der Personalleitung vergan-genes Jahr darauf geeinigt, dass wir einen Teil dieser Mittel in den neuen Pflegefonds einbringen und dass das Unter-nehmen den Fonds mit einer weiteren Zahlung verdoppelt. Jetzt sind über eine halbe Million Euro im Topf. Ich hoffe, dass uns die Fortschreibung des Demografievertrags die Möglichkeit geben wird, nach 2015 noch besser zu helfen.

Für den Betriebsrat des Folienherstellers Renolit SE

in Worms nahm der Vorsitzende bei der Verleihung des

Deutschen Betriebsrätepreises einen Sonderpreis für ein

innovatives betriebliches Pflegekonzept entgegen.

Fragen an Reinhard Westhäuser3

Sie nahm sich Zeit: die EU-Abgeordnete Jutta Steinruck mit der IG-BCE-Frauen-delegation.

Gut drauf und gut informiert: junge IG-BCEler auf Exkursion in Brüssel.

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VOR ORT WESTFALEN>

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SeniorenpolitikDÜSSELDORF | Im Oktober fand in Düsseldorf die Jahres- tagung des Arbeitskreises Seniorenpolitk statt. Walter Hüß-hoff, Vorsitzender der Ortsgruppe Gladbeck, und Bernhard Brokamp, Bildungsobmann, nahmen bereits zum zweiten Mal an der Veranstaltung des DGB teil. Insgesamt waren rund 50 Gewerkschafter anwesend. Die beiden IG-BCE-Mitglieder stellten unter anderem ein Jugendprojekt vor, bei dem Schüler der Elsa-Brändström-Hauptschule ein Hörbuch selbst produ-ziert haben. Weitere Themen waren Gestaltungsarbeit und Wahrnehmung in der Stadtgesellschaft, Jugend und Senioren-arbeit, Kunst und Kultur sowie die Zusammenarbeit und Vernetzung von Vereinen, Organisationen und Kirchen.

Betriebsrat spendetRECKLINGHAUSEN | Der Bezirk Reckling-hausen hatte im Rah-men der Fußball- weltmeisterschaft 2014 eine Werbeaktion ver-anstaltet. Unter allen erfolgreichen Werbe-rinnen und Werbern wurden drei Preise im Gesamtwert von mehr als 1000 Euro verlost. Unter anderem ein hochwertiger Turnier-Kickertisch, den Rudi Westerkamp, Betriebsratsvorsitzender von INEOS Solvents in Herne gewann. Westerkamp spendete seinen Ge-winn dem Jugendtreff in Marl (Foto). »Wir haben uns sehr über den zweiten Platz bei der Aktion des Bezirkes Recklinghausen gefreut. Auch die Werbeaktion im Betrieb, die wir gemeinsam mit der IG BCE vor Ort durchgeführt haben, war sehr erfolg-reich«, sagte Rudi Westerkamp. »Gelohnt hat sich die Aktion allerdings nicht nur für die Jugendlichen, sondern auch für den Betriebsrat. Wir sind zu acht Neuaufnahmen gekommen und haben die Interessenvertretung wesentlich gestärkt.«

FamilienausflugARNSBERG | Im Okto-ber fand der erste Fami-lienausflug der Orts-gruppe Arnsberg statt. Insgesamt nahmen rund 40 IG-BCE-Mit-glieder an dem Ausflug zum Freizeitpark »Mo-vie Park Germany« in Bottrup teil. Nach vielen Fahrten in den turbulenten Fahr- geschäften und geballter Unterhaltung in verschiedenen Shows ging es am frühen Abend wieder zurück nach Arnsberg.

Nicht mit unserer Kohle!LEVERKUSEN | Mehr als 5000 bei IG-BCE-Revierkonferenz

Auf der Revierkon-ferenz am 3. No-vember in Lever-kusen forderte die IG BCE eine Neu-orientierung in der Energiepolitik.

Mehr als 5000 Gewerkschafter kamen aus den Landesbezirken Nordrhein und Westfalen nach Leverkusen (Foto). Zeit-gleich fanden Kundgebungen in Cottbus und Böhlen sowie Veranstaltungen in zahlrei-chen Betrieben statt. Insge-samt beteiligten sich mehr als 7000 Beschäftigte aus der Energieerzeugung und den energieintensiven Industrien.

Aus dem Landesbezirk West-falen reisten rund 1200 Teil-nehmer in 24 Bussen nach Leverkusen. Unter ihnen wa-ren hauptsächlich Beschäf-tigte aus Unternehmen der Regionen, aber auch Semi- narteilnehmer des August-Schmidt-Bildungszentrums. Aktive Unterstützung gab es auch von den Ibbenbürener Kollegen aus dem Landesbe-zirk Nord.

»In die Energiewende muss mehr Vernunft. Wir wollen eine Energiewende ohne Ar-beitsplatzrisiko und politische Preistreiberei, wir wollen eine Energiewende mit Wachstum und Innovationen. Wir stehen am Beginn einer neuen Aus-einandersetzung um die Zu-kunft unserer Branchen«, sagte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. Auch Kurt Hay, Landesbezirksleiter Westfalen, sprach in seiner Er-öffnungsrede von falschen po-litischen Entscheidungen, die wir nicht länger akzeptieren können. »Der Landesbezirk

Westfalen unterstützt die For-derungen der IG BCE. Es wird Zeit, Stärke zu demonstrieren, und wie stark wir sind, dass lässt sich heute schon erah-nen.« Die Stimmung unter den Teilnehmern war laut Kurt Hay »sehr gut«.

Die IG BCE wendet sich ge-gen alle Pläne, kurzfristig und kurzsichtig Kraftwerke vom Netz zu nehmen, die Energie für Bürger und Industrie noch teurer zu machen und wegen einer verfehlten Klimaschutz-logik Arbeitsplätze zu opfern. Der Betriebsratsvorsitzende von BP-Gelsenkirchen, Wolf-gang Petrikowski, betonte: »Die Energiepreiserhöhung muss gestoppt werden. Nur so kann die Industrie weiter wirt-schaftlich betrieben werden und es können neue Arbeits-plätze geschaffen werden, die auch unsere Existenz sichern.«

Michael Vassiliadis kündig-te den Start einer Unterschrif-tensammlung »für bezahl- baren Strom und gute Arbeits-plätze an. Die IG BCE streitet für einen wirtschaftlichen, in-novativen und sozialverträg-lichen Energiemix aus erneu-erbaren Energien, Kohle und Gas.« (Siehe auch Seite 31.)

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Weitere Infos im Internet: www.igbce.de/90170/

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BetriebsrätinnentagungHALTERN | »Wer han-deln will – handelt« war das Motto der dies-jährigen Betriebsrätin-nentagung im Okto-ber. Dort wurden die teilnehmenden Kolle-ginnen zum Thema Pflege geschult, um sie bei ihrer täglichen Arbeit vor Ort zu unterstützen. »Wenn wir über das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf spre-chen, dann meinen wir damit zunächst einmal die Kinderbe-treuung und Zeit für die Familie. Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflegetätigkeit haben viele noch nicht im Blickfeld. Die-se wird allerdings vor dem Hintergrund einer stetig ansteigen-den Zahl an pflegebedürftigen und auch demenzkranken Personen immer stärker in den Fokus geraten«, sagte Heike Arndt, stellvertretende Landesbezirksleiterin.

Die Gesundheitswissenschaftlerin Silke Niewohner infor-mierte in ihrem Vortrag, dass 70 Prozent aller Pflegebedürf-tigen zu Hause gepflegt werden und etwa zwei Drittel der Pflegenden Frauen sind. In der anschließenden Talkrunde stellte Cornelia Leunig, Leiterin der Abteilung Frauen/Gleich- stellung in der IG-BCE-Hauptverwaltung, positive Beispiele vor und informierte, wie sich Betriebsrätinnen aktiv – zum Beispiel durch den Abschluss von Betriebsvereinbarungen – einbringen können. Abgerundet wurde der Tag durch Beate Hanna vom Rechtsschutz in Westfalen. Sie informierte zu den rechtlichen Hintergründen.

Bezirksvorstand in BerlinMÜNSTER-BIELEFELD | Der Bezirksvorstand des IG-BCE-Bezirks Münster-Bielefeld folgte im Ok-tober einer Einladung des Bundestagsabgeord-neten Ulrich Hampel nach Berlin. Hampel, ehemaliger IG-BCE-Be-zirksleiter, nahm die Gruppe am Hauptbahnhof persönlich in Empfang. Auf der Sitzung konnte Bezirksleiter Frank Seeliger neben Ulrich Hampel auch die SPD-Bundestagsabgeordne-ten Bernd Westphal und Michael Gerdes begrüßen. Ulrich Hampel gab bei dem Treffen einen Einblick über seine bisherige Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter. Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten referierten zu den Themen »Herausforderungen der Energiewende« und »Ausbau der be-trieblichen Mitbestimmung«. Zum Abschluss besuchte die Gruppe eine Plenarsitzung im Reichstag.

852 neue Azubi-PlätzeBOCHUM | Runder Tisch von IG BCE und Chemiearbeitgeber

Anfang No-vember haben sich Vertreter des Arbeitge-berverbands (AGV) Chemie Westfalen und des IG-BCE-Landesbezirks Westfalen zum »Runden Tisch Chemie« ge-troffen.

Bei der Ver-anstaltung ging es unter anderem um eine Umfrage zur Evaluierung des Tarif- vertrages »Zukunft durch Ausbildung«. Das erfreuliche Ergebnis der von beiden Sozialpartnern gemeinsam durchgeführten Umfrage ist, dass in diesem Jahr 852 neue Ausbildungsplätze in West- falen geschaffen wurden.

Trotz zunehmender wirt-schaftlicher Unsicherheiten ist es das zweitbeste Ergebnis seit 2003, dem Beginn des Ta-rifvertrages. Ein kleiner Wer-mutstropfen sind die neun Prozent unbesetzte Stellen. Das ist ein negativer Höchst-stand. Aus diesem Grund wird die IG-BCE-Jugend West-falen die Ausbildungsplatz-

vermarktung in der Branche verstärkt fördern.

Kurt Hay, Landesbezirkslei-ter der IG BCE, sagte dazu: »Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem sich zuspitzenden Fach-kräftebedarf in Deutschland ist es ein wichtiges Signal der Chemieunternehmen, ausrei-chend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Zu- dem tragen wir als Tarif- vertragsparteien dazu bei, den Strukturwandel in Nord-rhein-Westfalen positiv zu ge-stalten.«

»Die Unternehmen der che-mischen Industrie müssen noch stärker auf sich auf-merksam machen und für sich werben. Die Ausbil-dungskampagne ›Elementare Vielfalt‹ der Chemiearbeit- geberverbände hilft ihnen da-bei. Man muss den Unterneh-men heute auch nicht mehr sagen, wie wichtig die eigene Ausbildung für eine demogra-fiefeste Personalpolitik ist, der einsetzende Verdrängungs-wettbewerb lässt sich aber nicht mehr leugnen«, sagte Dirk W. Erlhöfer, Hauptge-schäftsführer des AGV Che-mie Westfalen.

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Die »Chemie« in WestfalenDie Chemiearbeitgeber-verbände Westfalen, mit Sitz in Bochum, repräsen-tieren rund 190 meist mittelständische Chemie-unternehmen mit rund 40 000 Mitarbeitern und etwa 2400 Auszu-bildenden.

IG-BCE-Landesbezirksleiter Kurt Hay (Zweiter von rechts) am »Runden Tisch Chemie«: »Wir tragen als Tarifvertragsparteien dazu bei, den Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen positiv zu gestalten.«

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VOR ORT BADEN-WÜRTTEMBERG>

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Beitrag zum Aufstieg geleistetNEU-ULM | Bezirk Ulm ehrt langjährige Gewerkschafter

Es war ein bewegtes Jahr, an das Bezirksleiter Rainer Hol-land-Moritz bei der Jubilareh-rung des Bezirks Ulm erinner-te: 1954. Das Jahr, in dem die Bundesrepublik die Anerken-nung der DDR ablehnte und zugleich den Nationalfeiertag am 17. Juni einführte. Ein

Jahr, in dem 236 Menschen, die im heutigen Bezirk Ulm leben, in die Vorläuferorga-nisationen der IG BCE eintra-ten – und bis heute hier Mit-glied sind.

Doch Holland-Moritz mahn-te, dass auch in der Gegen-wart »politische Stürme« über

das Land hinwegfegten: »Sich vom eigenen Lohn ein Haus bauen zu können oder eine Familie zu gründen, ist für immer mehr Menschen trotz eines Arbeitsplatzes nicht mehr planbar«, nannte er eine der aktuellen politischen Herausforderungen.

In seiner Rede dankte Hol-land-Moritz den Gewerkschaf-tern für ihre jahrzehntelange Mitgliedschaft und dafür, dass sie damit einen »aktiven Bei-trag zum sozialen und wirt-schaftlichen Aufstieg unseres Landes« geleistet hätten.

Danach folgte der gemüt- liche Teil: Das Restaurant »Bar-füßer« ist bekannt für seine selbst gebrauten Bierspezia- litäten.

Die Arbeitswelt sozial gestaltenLUDWIGSBURG | Bezirk Stuttgart zeichnet treue Mitglieder aus

Fast 1500 Jahre Mitgliedschaft in der IG BCE brachten die Gewerkschafter, die der Be-zirk Stuttgart zu seiner zen-tralen Jubilarfeier einlud, zu-sammen. Karl-Heinz Rupp, Mitglied im Bezirksvorstand und im ehrenamtlichen Hauptvorstand der IG BCE,

hieß im Ludwigsburger Hotel Nestor 41 Jubilare in fest- lichem Ambiente willkommen.

In seiner Ansprache ging Bezirksleiter Andreas Klose der Frage nach, welche wirt-schaftliche, politische und gesellschaftliche Bedeutung Arbeitnehmerorganisationen

heute einnehmen. Ebenfalls auf das Jahr 1954 zurückbli-ckend (auch im Bezirk Stutt-gart dem Eintritt der ältesten Mitglieder), stellte er fest: »Im Grundsatz hat sich da nicht viel verändert. Denn die sozi-ale Gestaltung der Arbeitswelt bleibt weiterhin unsere zent-

rale Aufgabe.« »Und das«, so Klose, »durchaus mit Erfolg, denn wir können im vierten Jahr in Folge eine positive Mit-gliederentwicklung verzeich-nen – und zwar besonders bei den Frauen.«

Eine besondere Jubilarin der Veranstaltung war Catha-rina Clay: Die Leiterin des Landesbezirks Baden-Würt-temberg wurde für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt.

40 Mitglieder kamen zur zentralen Jubilarfeier in die »Barfüßer«- Hausbrauerei.

Bezirksleiter Rainer Holland-Mo-ritz erinnerte an die Verdienste der langjährigen Mitglieder.

Jörg Beirer, schwäbischer Kaba-rettist und Komiker, sorgte für einen kurzweiligen Abend.

Er steht stellvertretend für vier Mitglieder, die 1954 eintraten: David Öchsle (links).

Sie sind zum Teil seit vielen Jahrzehnten Mitglied in der IG BCE: 41 eingeladene Jubilare.

Ein festlicher Rahmen für rund 100 Gäste des Bezirks Stuttgart: das Hotel Nestor.

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Mit einer Schiffstour und einem Besuch im RWE-Indus-triemuseum in Heim-bach be-dankte sich die Ortsgruppe bei ihren Jubilaren. Leider konn-ten nur sechs der 15 Jubilare teilnehmen, unter ihnen Helmut Nabel, der für 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt wurde. Orts-gruppenvorsitzende Petra Ott dankte den Jubilaren für ihr langjähriges Engagement.

Ortsgrup-penvorsit-zender Jörg Henning konnte in diesem Jahr zahlreiche Jubilare in der Stadthalle Kamp-Lintfort begrüßen. Zafer Ates, Gewerk-schaftssekretär im Bezirk Moers, hielt die Festrede und nahm anschließend die Ehrung vor. Ausgezeichnet wurden die Mit-glieder für 25, 40, 50 und für 60 Jahre Gewerkschaftsmitglied-schaft.

Der Ortsgruppenvor-sitzende Heinz Ber-ning, Hans Reitzig vom IG-BCE-Bezirk Duisburg und Bezirks-bürgermeister Georg Salomon zeichneten auf der diesjährigen Jubilarehrung neun IG-BCE-Mitglieder für ihr langjähriges Engagement aus. Herbert Strzoda ist bereits seit 60 Jahren Gewerkschaftsmitglied, sieben Jubilare wurden für 40 Jahre Mitgliedschaft und einer für 25 Jahre geehrt.

Im Rahmen einer Feierstunde dankte die RWE-Power-Ange-stelltengruppe TT-HW Gref-rath ihren Jubilaren. Adolf Peters wurde für 70 Jahre Mit-gliedschaft geehrt, Klaus Leh-nen für 60 Jahre. 16 weitere Jubilare wurden für 40 und 50 Jahre Treue zur Gewerkschaft ausgezeichnet. Ortsgrup-penvorsitzender Wilhelm Reuter und Dominik Langosch vom IG-BCE-Bezirk Alsdorf überreichten den Jubilaren An-stecknadel, Ehrenurkunde und eine Jubiläumsuhr.

O r t s g r u p p e E s c h w e i l e r - M i t t e O r t s g r u p p e K a m p - L i n t f o r t

O r t s g r u p p e A l d e n r a d e - W e h o f e n A n g e s t e l l t e n g r u p p e T T- H W G r e f r a t h

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Als Festrednerin gratulierte Claudia Wilps, stellvertretende Bürgermeiste-rin von Neukirchen-Vluyn, den Ju- bilaren der Ortsgruppe. Gemeinsam mit dem Ortsgruppenvorsitzenden Manfred Derner und seinem Stell- vertreter Klaus Hinterding ehrte sie 22 Jubilare für 50, 40 und 25 Jahre Mitgliedschaft in der Gewerkschaft.

Insgesamt 51 Jubilare ehrte die Orts-gruppe Voerde bei ihrer diesjährigen Jubilarfeier. Bürgermeister Dirk Haar-mann, der Ortsgruppenvorsitzende Theo Hüßkes und Hans Reitzig vom Bezirk Duisburg sprachen den Jubila-ren Dank und Anerkennung für ihre jahrzehntelange Treue zur Gewerk-schaftsbewegung aus.

Ortsgruppe Neukirchen-Vluyn Ortsgruppe Voerde

Ein besonderes Jubiläum feierte die Angestellten-ortsgruppe Berg-werk West. Seit 75 Jahren ist der 90-jährige Herbert Battram (Bildmitte) Ge-werkschaftsmit-glied. Landesbezirksleiter Frank Löll-gen dankte ihm und den anderen Jubilaren für ihr Engagement. 49 wei-tere Jubilare wurden für 70, 60, 50, 40 und 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Auch der Moerser Bezirksleiter Mi-chael Reinhard gratulierte.

Angestelltenortsgruppe Bergwerk West

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Der Ortsgruppenvorsitzende Kai-Uwe Kersten, sein Stell-vertreter Frank Nettelmann sowie Hans-Jürgen Fröhlich, Ratsherr und Vorsitzender AfA Hamm, ehrten für 70 Jahre Heinz Olbrich, Friedhelm Schiller, Heinz Wichard, für 65 Jah-re: Günter Mittelstaedt, Ludwig Weber, für 60 Jahre Hermann Beitz, Horst Brune, Paul de Ruiter, Werner Vogel, für 50 Jahre Benno Blech, Lothar Czeszak, Hans-Günter Franke, Helmut Friede, Josef Haverkamp, Mehmet Helebi, Ernst Klowerska, Reiner Kuhn, Hans Ogorek, Karl-Heinz Pelisek, Wilhelm Ribhegge, Günter Schoebel, Horst Schwabe, Georg Sieg-mund, für 40 Jahre Ramazan Alan, Süleyman Aykoc, Horst Blümel, Ernst Bordihn, Mehmet Cora, Günter Dzierzanows-ki, Günter Erdmann, Norbert Fuchs, Emil Gildehaus, Holger Horak, Thomas Karge, Ahmet Kaya, Henry Kersten, Wolf-gang Keul, Nurettin Koese, Ali Kuzgun, Ina Mandischer-Jer-ke, Ramazan Oeztürk, Jörg Pyttlick, Hans-Jürgen Richert, Hardy Richter, Dursun Sahin, Peter Schlein, Detlef Schmidt, Heinrich Schulte, Marie-Luis Speier, Heinz Dieter Stahlberg, Karl-Heinz Tillmann, Horst Wagner, Günter Wolf, Volker Wolle, Hüsyein Yolcu und für 25 Jahre Ferit Atakli, Ramazan Bozdag, Ulrich Fricke, Christian Jung, Osman Koyun, Roland Maass, Cihan Sanal und Ertekin Sancar.

Der Ortsgruppen-vorsitzende Karl Weihrauch sowie die Vorstandsmit-glieder Karl-H. Fuhrmann, Ralf Buschkowski und Sven Schnigge ehrten für 25 Jahre Hueseyin Arslan, Birgit Bartnik, Muzaffer Subasi, Oemer Tuefek, Michael Wittig, Stefan Grochtdreis, Zekeriya Gebes, für 40 Jahre Helmut Krajewski, Frank-Udo Feuersenger, Hermann Wysk, Mehmet Aydin, Mehmet Sen, Peter Eßer, Mi-chael Fox, Wolfgang Wittig, Hasan Can, Ali Tasci, Heinz Zim-mermann, Rifat Erdem, Heinz-J. Zachert, Gerhard Skrydlo, Mehmet Carpar, Udo Seiffert, Hans-J. Lobitz, Ramazan Kara-lioglu, Yasar Sakrak, Hasan Ünlütürk, Ali Ciftci, Haydar Garip, Siegfried Woberschal, für 50 Jahre Ismail Serdar, für 60 Jahre Karl Köhl, Werner Dernovsek, Franz-J. Schmidt und für 75 Jahre Albert Foral.

Feierlich ehrte IG-BCE-Gewerk-schaftssekretär Dieter Bonne-mann, Kurt Alt-reiter für 75 Jahre IG-BCE-Mitglied-schaft. Für 60 Jah- re ehrte er Franz Goltz, Karl-Heinz Henkelüdecke, Alexander Koppauer, Ludwig Lach, Egon Sopczak und Helmut Unger, für 50 Jahre Willibald Heyden und Manfred Rausch, für 40 Jahre Andre Heyden, Peter Kuester, Halil Aydogan, Josef Grünleitner, Mustan Kacar, Pe-ter Kisker, Karl-Heinz-Dieter Komar, Alfred Sass, Lothar So-kolowski, Nuri Türkoglu und Hermann Unterberg und für 25 Jahre Thomas May, Luetfi Oezhan, Karl-Heinz Doppmeier und Rolf Noatzsch.

In einem feierlichen Rahmen ehrten die Ortsgruppenvorsit-zenden Uwe Lubinski und Oskar Kojtka 82 Kollegen für ihre langjährige Gewerkschaftsmitgliedschaft. Insgesamt kamen 3400 Jubilarjahre zusammen. Der Regio-Vorsitzende Tho-mas Prinz und der stellvertretende Bezirksleiter Klaus Brüske ehrten ganz besonders Herbert Romanowski für 70-jährige Treue zur Gewerkschaft.

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Adi Siethoff, Leiter des IG-BCE-Bezirks Dort-mund-Hagen, und Rein- hard Matheja, Ortgrup-penvorsitzender, ehr-ten Siegfrid Enzian für 70 Jahre Gewerk-schaftsmitgliedschaft, Fridhelm Hackenberg für 60 Jahre und Detlef Spurmann für 40 Jahre Mit- gliedschaft.

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> EINE VON UNS

Zu Hause im Reich der Magie

ELKE DECKERT arbeitet als Diplombiotechnologin. Ihre Freizeit verbringt sie mit Prinzen, Magiern und Drachen: Sie schreibt Fantasy-Romane.

Ob sich Prinz Malcolm und Sheila am Ende bekommen? Keine Frage. In Fantasia siegt am Ende

die Liebe. Doch zuvor müssen die Lie-benden manch Hindernis überwinden. Malcolm muss den dreiköpfigen Dra-chen besiegen. Und das Paar ringt mit dem Zauber, der Sheila in die Gestalt

eines Pferdes zwingt. Zur Frankfurter Buchmesse 2013 ist Elke Deckerts Erst-lingsroman »Malcom, Prince of Bannis-ter« auf den Markt gekommen.

Tagsüber steht die Diplombiotechno-login mit beiden Beinen im 21. Jahrhun-dert: Für Sanofi Deutschland arbeitet sie in der Diabetesforschung. Doch sobald die Tür des Versuchslabors hinter De-ckert ins Schloss fällt, öffnet sich für die 49-Jährige das Tor zu einer magischen

Welt: Oft taucht sie bereits auf dem Weg nach Hause ab in fantastische Zeiten.

»Ich kann überall arbeiten«, sagt De-ckert. »In der Kantine, beim Friseur, im Wartezimmer.« Wichtig sei es, die Ideen schnell festzuhalten. Sie fließen in die aktuellen Arbeiten ein oder werden für später abgeheftet. Besonders gut kann

sie sich in his-torische Stoffe einfühlen. »Das ist eine Zeit, in der ich gerne

gelebt hätte«, sagt sie schmunzelnd: »Schon wegen der Kleider.«

Die Hessin hat schon in der Schule der Fantasie gern freien Lauf gelassen. Nicht immer zur Freude der Lehrer. Sie muss-ten viel lesen und bewerten. Damals ent-standen erste Geschichten. Viele Texte verschwanden ungelesen in Ordnern, denn für die junge Frau war die Aus- bildung zur Biolaborantin bei den da-maligen Farbwerken Hoechst wichtiger.

Zwei Jahre hat Deckert am ersten Buch geschrieben. An eine Veröffentlichung hatte sie lange nicht geglaubt. »Im Hin-terkopf hatte ich: Es werden so viele Manuskripte abgelehnt. Das will ich mir ersparen.« Bei »Malcom, Prince of Ban-nister« sei es anders gewesen. »Da habe ich mir früh gesagt: Ich wage es.« Deckert reichte ihr Manuskript bei einem Verlag für Neuautoren ein – und wurde sofort genommen. Die Publikation des 518-Seiten-Romans eröffnete Deckert eine neue Dimension: Sie trat am Ver-lagsstand und bei Lesungen auf.

»Beim Schreiben von Fantasy-Ge-schichten kann ich abtauchen, träu-men«, sagt sie. Nach Malcolm bereitet die unter dem Pseudonym Elke Edith publizierende Deckert die zweite Veröf-fentlichung vor: »Wer glaubt denn schon an Elfen« soll rechtzeitig zu Weihnach-ten erscheinen. Der Stoff spielt in der Gegenwart. Mehr wird nicht verraten.

Norbert Glaser

»Beim Schreiben von Fantasy- Geschichten kann ich abtauchen.«

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Mut zur Verantwortung

<TENDENZEN UNTERSCHRIFTENAKTION

DIE MITGLIEDER DER IG BCE haben ein starkes Zeichen gesetzt: für sichere Arbeits- plätze in der Energieerzeugung und in der energieintensiven Industrie. Für eine Energie-wende, die die Menschen nicht vergisst. Mehrere Tausend sind zu den Revierkonferenzen in Leverkusen, in der Lausitz und im Süden von Leipzig gekommen. Einzelne Forde-rungen hat die Politik bereits aufgegriffen – doch die Auseinandersetzung geht weiter.

Foto: Helge Krückeberg

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> TENDENZEN UNTERSCHRIFTENAKTION

Jeder zählt!Z igtausende haben schon unter-

schrieben. »Sorgen Sie für eine Energiewende mit einem wirt-

schaftlichen, innovativen und sozialver-träglichen Energiemix aus erneuerbaren Energien, Kohle und Gas. Sorgen Sie für bezahlbaren Strom und gute Arbeits-plätze!«, fordert die IG BCE von der Bun-deskanzlerin, vom Wirtschaftsminister und von den Ministerpräsidenten. Das heißt: Energiewende ja – aber nicht auf Kosten von Arbeitsplätzen oder Wettbe-werbsfähigkeit.

Nun hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bekräftigt, dass er zur Kohle steht. »Ich halte überhaupt nichts davon, so zu tun, als könnte man zeit-gleich zum Atomausstieg auch einen Kohleausstiegsplan machen«, sagte Gab-riel der ARD. »Das bringt massive Prob-leme in der Versorgungssicherheit, treibt

die Stromkosten und schädigt den wirt-schaftlichen Erfolg.« Aspekte, auf die die IG BCE seit Langem hinweist. »Strom, je-derzeit verfügbar, bezahlbar und sicher. Das verbinden wir mit einer erfolgrei-chen Energiewende und einem sinnvol-len Energiemix«, sagt ihr Vorsitzender Michael Vassiliadis.

VIER DGB-GEWERKSCHAFTEN haben sich zur »Allianz für Vernunft in der Energiepolitik« zusammengetan: IG BCE, IG Metall, IG BAU und EVG. Ein Anlass: Bundesumweltministerin Barba-ra Hendricks hat einen Klimaschutzak-tionsplan vorgelegt, der zusätzlich 62 bis 100 Millionen Tonnen CO2 einsparen soll. Er sieht die Stilllegung von Kohle-kraftwerken vor – und soll am 3. Dezem-ber beschlossen werden. »Wir sind es leid, wie leichtfertig und verantwor-

tungslos gute Arbeitsplätze in unseren Industrien unnötig und aus politischer Verbohrtheit in Gefahr gebracht wer-den«, sagte Vassiliadis am 3. November in Leverkusen. Dort, in Cottbus und in Böhlen bei Leipzig, trafen sich zeitgleich mehr als 6000 Beschäftigte zu drei Re-vierkonferenzen. Einen Tag später ver-sammelten sich rund 1000 Mitarbeiter der Mibrag bei Zeitz.

Fast alle machen bei der Unterschriften-aktion mit: »Weil ich für mich und mei-ne Familie eine gesicherte Zukunft will«, sagt Babett Oehler von der Mibrag. »Da-mit auch die Generation nach mir noch Arbeitsplätze hat«, so Robert Breuer von RWE Power. »Weil ich nach der Aus- bildung übernommen werden will«, sagt Melina Willke von BP. »Weil unsere Arbeitsplätze von bezahlbarer Energie abhängen«, sagt Reinhold Gebhard von

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Trevira Bobingen. Kurzum, sie haben für eine sichere Zukunft unterschrieben. Oder, so bringt es Matej Mehkek von RBH Logistics auf den Punkt: »Ohne Kohle keine Arbeit, ohne Arbeit keine Kohle.«

Wettbewerbsfähigkeit und Klimapoli-tik gilt es, miteinander zu verbinden, statt sie gegeneinander auszuspielen. Das forderte IG-BCE-Landesbezirksleiterin Petra Reinbold-Knape in Cottbus. Dort kämpfen die Beschäftigten von Vatten-fall für ihre Arbeitsplätze. Sie wollen Klarheit, wie es mit der Braunkohlen-verstromung in der Lausitz weitergeht. Ihre Forderung: Das Unternehmen darf nicht zerschlagen werden, die Investi- tionsfähigkeit muss erhalten bleiben.

DER PROTEST hat Erfolg. Doch zum Jubeln ist es zu früh. Die IG BCE will stark und wach bleiben: Der Ausbau der Stromnetze etwa ist für die Energie-erzeugung und energieintensive Betriebe enorm wichtig. Bis Sommer 2015 will die Bundesregierung ein sogenanntes Weißbuch erarbeiten. Was darin steht, wird mittelfristig die Zukunft der Ener-giepolitik festlegen. »Das ist einerseits eine Chance auf eine echte Neuorientie-rung in der Energiepolitik«, sagt dazu Michael Vassiliadis. »Das ist andererseits ein großes Risiko, wenn es auf den bis-herigen Irrwegen weitergeht.« Kein Land hat so hohe Ansprüche den Klimaschutz wie Deutschland. Im Jahr 2020 40 Pro-zent weniger CO2-Ausstoß als 1990 – als das galt, war der Atomausstieg nicht in Sicht. »Ich glaube, dass es angemessen ist, darüber zu reden, ob ein Verfehlen von ein, zwei Prozent wirklich so tra-gisch ist«, sagte Vassiliadis der ARD. Zum Vergleich: Die USA wollen ihre Emmis-sionen bis 2025 gegenüber 2005 um 26 bis 28 Prozent reduzieren, China er-klärte nur, dass es spätestens im Jahr 2030 seinen CO2-Ausstoß zurückfahren will.

Die Richtung der deutschen Energie-politik für die kommenden Jahrzehnte.entscheidet sich jetzt. Ein Zeichen hat die IG BCE gesetzt. Nun heißt es stark bleiben: für Klimaschutz und gute Ar-beitsplätze. Wolfgang Lenders

Die Jugend zeigt Profil: auf der IG-BCE-Revierkonferenz in Leverkusen.

UNTERSCHREIBEN –SO GEHT’S:

Online unter: www.unterschreiben. igbce.de Dort gibt es den Unterschriften-bogen auch als PDF zum Ausdrucken.Ausgefüllte Bögen schicken an: IG BCE, ZSE-Veranstaltungs-service, Königs- worther Platz 6, 30167 Hannover. Unterschriftenbögen liegen auch in den IG-BCE-Bezirks- geschäftsstellen und bei zahlreichen Veranstaltungen der IG BCE aus.

Auch bei der Mibrag in Lippendorf wird unterschrieben.

Stift und Zettel: Mehr braucht es nicht, um ein Zeichen zu setzen.

Für Vernunft in der Energiepolitik: große Resonanz bei Vattenfall in Cottbus.

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> TIPPS STROMPREIS

Staatliches Inkasso

S treng genommen führt der Be-griff »Strompreis« in die Irre. Schließlich ist nur noch rund ein

Viertel des Tarifs tatsächlich Energie- erzeugung, -handel und -vertrieb zu- geordnet. Stattdessen müsste man viel eher von einer »Geldumverteilungs- maschine Strom« sprechen, die deutsche Haushalte in zunehmendem Maße be-lastet: Für das kommende Jahr prognos-tiziert der Bundesverband der Energie-

und Wasserwirtschaft (BDEW), dass alle Bundesbürger 32,4 Milliarden Euro Steuern, Abgaben und Umlagen über die Versorgerrechnung begleichen müssen.

Ganze neun staatlich verursachte be-ziehungsweise regulierte Kostenblöcke nennt die jährliche Stromrechnung. Zum größten Kostentreiber, der EEG-Umlage, sind in den vergangenen zwei Jahren schon wieder zwei neue Um- lagen hinzugekommen: 2013 die »Off-

MEHR ALS 70 PROZENT des Strompreises sind gesetzlich vorgegebene oder regulierte Kosten. Und es gibt kein Halt: Erst jüngst sind zwei weitere Preistreiber hinzugekommen. kompakt klärt auf, welche Steuern, Abgaben und Umlagen die Energieversorger inzwischen bei uns eintreiben müssen.

Steuern und Abgaben für private Haushalte*Entwicklung der Strompreise (Index 1998 = 100)

1998

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81 8494

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2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

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2008

2009

2010

2011

2012

2013

Erzeugung, Transport und Vertrieb * Durchschnittlicher 3-Personen-Haushalt mit 3500 kWh/a

Quelle: VEA, BDEW; Stand: 10/2013Steuern und Abgaben

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shore-Umlage«, 2014 die für abschalt-bare Lasten (siehe Seite 36). Überhaupt sind die staatlichen Eingriffe der wesent-liche Grund dafür, dass sich die Strom-preise für Privathaushalte von Januar 2000 bis August 2014 laut Statistischem Bundesamt nahezu verdoppelt haben (+ 92 Prozent). Der reine Versorgeranteil (die Kosten für Energieerzeugung, -han-del und -vertrieb) liegt laut BDEW dage-gen nur 12 Prozent über dem Wert von 1998.

Selbst der Bundesverband Neue Ener-giewirtschaft fordert: »Die Bundesregie-rung muss endlich handeln und den staatlich fixierten Kostenblock, der auf dem Strompreis lastet, zurückfahren«, so Geschäftsführer Roger Busch. Er stellt fest: »Der Strompreis taugt nicht mehr als Vehikel zur Finanzierung sämtlicher energiewendebedingter und sonstiger Kosten.«

Die kürzlich von Bundeswirtschafts-minister Sigmar Gabriel ins Gespräch gebrachte Senkung der energiebezogenen Steuern könne ein erster Schritt sein. Eine Maßnahme, die die IG BCE unterstützt.

Auch deshalb, weil man so eine erheb-liche und konstruktionsbedingte Ge-rechtigkeitslücke des EEG beseitigen kann. Denn derzeit werden acht Millio-nen Ökostrom-Investoren von 50 Millio-nen Haushalten finanziert. »Wenn wir den Ökostrom-Ausbau aus Steuern fi-nanzieren würden, könnten wir diese Lücke zumindest zum Teil schließen«, so der Vorsitzende Michael Vassiliadis.

Axel Stefan Sonntag

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Was wird beim Stromanbieter-wechsel gerne übersehen?

Ärger über hohe Preise im zweiten Vertragsjahr oder versprochene, aber nicht gezahlte Boni. Beides können Verbraucher sich ersparen, wenn sie darauf achten, dass sich ein Vertrag nicht automatisch um zwölf Monate verlängert und man sich nicht vom hohen Neukunden-bonus alleine blenden lässt.

Gibt es wirklich verbraucherfreundliche Tarife?

Ja. Zwei Internet-Vergleichsrechner, Check24 und Verivox, haben eine Filterfunktion eingerichtet, mit denen sich tatsächlich Tarife finden lassen, die den Kriterien der Stiftung Warentest für Verbraucherfreund-lichkeit genügen. Diese Suchmög-lichkeit ist online allerdings etwas versteckt.

Kann man auch ohne einen Anbieterwechsel Geld sparen?

Rund 40 Prozent der Haushalte sind noch immer im teuren Grundver-sorgungstarif ihres Anbieters. Hier zahlt es sich aus, gezielt nach einem Sondertarif oder einem auf die individuellen Verhältnisse zuge-schnittenen Tarif zu fragen.

Die Finanztest- Redakteurin weiß, was bei einem Wechsel des Stromanbieters zu beachten ist.

Fragen an Marion Weitemeier

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»Sparen, aber nicht um jeden Preis«

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STIMMT DIE STROMRECHNUNG?

Die häufigsten Fehler – zusammengestellt von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz:

Angabe eines falschen Zählerstandes

falsche Zählernummer, daraus resultierend: falscher Verbrauch

Fehler durch langjährige Verbrauchsschätzung (hier hilft eine regelmäßige eigene Ablesung)

Zuordnung eines falschen Arbeitspreises/Tarifes

fehlerhaft ausgewiesene Abschlagszahlungen (am besten anhand der Kontoauszüge prüfen)

Zuordnung falscher Abrechnungszeiträume (Zeitraum der Abrechnung soll zwölf Monate nicht überschreiten)

Bestehen Zweifel an der korrekten Funktion des Zählers, kann man vom Netzbetreiber eine Überprüfung verlangen. Beauftragt dieser die zuständige Eichbehörde oder ein Institut mit der Prüfung der Mess- einrichtung und bestätigt sich der Verdacht nicht, bleibt man allerdings auf den Kosten sitzen.

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| kompakt | Dezember 2014

TIPPS STROMPREIS

EEG-UMLAGE

Anlagenbetreiber erneuerbarer Energien erhalten für deren Engagement eine staatliche Förderung. Der mittlerweile größte Kostenblock aller Umlagen. Die bisherige Rekordbelastung von 6,24 Cent je Kilowattstunde (2014) sinkt im kommenden Jahr leicht auf 6,17 Cent.Anteil*: 18 %

KWK-UMLAGE

Der Aufschlag fördert die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme. Grund-lage: Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-G). Die Umlage gibt es seit Mai 2000. Sie betrug in diesem Jahr 0,178 Cent je Kilowattstunde. 2015 werden es 0,254 Cent sein.Anteil: 0,4 %

OFFSHORE-HAFTUNGSUMLAGE

Die 2013 neu eingeführte Umlage sichert Risiken der Anbindung von Meeres-Wind-parks an das (Festland-)Stromnetz ab. Laut Gesetz darf sie bei Haushaltskunden das Netzentgelt höchstens um 0,25 Cent je Kilowattstunde erhöhen. Aktuell ist diese »Kasse« so gut gefüllt, dass die Umlage 2015 negativ sein wird (–0,051 Cent), de facto also gibt es (wenig) Geld zurück.Anteil: 0,9 %

STROMNEV-UMLAGE

Sie finanziert die Entlastung strominten-siver Industriebetriebe von Netzentgelten (Paragraf 19 Stromnetzentgeltverordnung).

Die entgangenen Erlöse der Netzbetreiber tragen die Stromkunden. Bedingt durch Sondereffekte lag die Umlage 2014 bei 0,092 Cent je Kilowattstunde. 2015 werden es 0,237 Cent sein.Anteil: 1,1%

UMLAGE FÜRABSCHALTBARE LASTEN

2012 beschloss die Regierung neue Regelungen zur Versorgungssicherheit im Stromnetz. Große Stromverbraucher sollen demnach bei drohender Netzinstalibität ihren Verbrauch drosseln beziehungsweise ganz vom Netz gehen können. Dafür erhalten sie eine Entschädigung. Die Umlage sinkt 2015 von derzeit 0,009 Cent je Kilowattstunde auf 0,006 Cent.2014 neu eingeführt

KONZESSIONSABGABE

Sie ist ein der Kommune zustehendes Entgelt dafür, dass Straßen und Wege für den Betrieb von Stromleitungen benutzt werden können. Die Höhe der Abgabe variiert in Abhängigkeit von der Gemeinde-größe zwischen 1,32 (kleinen Kommunen) und 2,39 Cent (Großstädten) je Kilowatt-stunde.Anteil: 5,7 %

MEHRWERTSTEUER

19 % Aufschlag werden auf den gesamten Strompreis mit all seinen Bestandteilen (also auch allen Umlagen) fällig. Anteil: 16 %

STROMSTEUER (ÖKOSTEUER)

Die Stromsteuer ist eine durch das Stromsteuergesetz/Energiesteuergesetz geregelte Steuer auf den Energieverbrauch (2,05 Cent je Kilowattstunde). Die Steuer fällt seit April 1999 an.Anteil: 7 %

NETZNUTZUNGSENTGELT

Für die Durchleitung des Stroms berechnet der Stromnetzbetreiber beziehungsweise der Netzbesitzer Netznutzungsentgelte, welche die Bundesnetzagentur reguliert. Sie berücksichtigen insbesondere Kapital-kosten, Wartung und Instandhaltung der Leitungen. Anteil: 19,8 %

MESSSTELLENBETRIEB,MESSUNGSDIENSTLEISTUNG UNDABRECHNUNG DER NETZNUTZUNG

Entgelte für die Kosten der Abrech- nung, der technisch notwendigen Mess- und Steuereinrichtungen (Zähler) sowie das Entgelt für die Ablesung und das Inkasso.Anteil: 2,4 %

ENERGIEBESCHAFFUNG

Anteil: 21,3 %

VERTRIEB INKLUSIVE GEWINN

Anteil: 7,5 %

* Anteil am Strompreis laut Bundesnetzagentur 2013

Daraus setzt sich der Strompreis zusammen:KONZESSIONSABGABE UND KWK-UMLAGE. Was haben solche kryptischen Begriffe mit meiner Stromrechnung zu tun – und was bezahle ich eigentlich damit? kompakt schlüsselt die Preistreiber auf.

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Arbeiten an Sonn- und Feiertagen – in vielen Branchen ist das nicht nur an Weihnachten, sondern

ganzjährig ein Thema. Viele Arbeitneh-mer sind sich dabei nicht sicher, welche Rechte sie haben.

Kann der Chef jedem Sonn- und Feiertagsarbeit verordnen?

Die Rechtslage sei gar nicht so kompli-ziert, meint Ansgar Claes, Leiter der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht bei der IG BCE: »Der Gesetzgeber regelt die Arbeitszeiten an Sonn- und Feier- tagen sowie nachts im Arbeitszeitgesetz (ArbZG)«, so der Rechtsexperte. »Dabei fasst der Paragraf 10 die Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen in einem Katalog zusammen.

Denn Sonn- und Feiertagsarbeit ist nur zulässig, sofern die Arbeit nicht an Werk-tagen vorgenommen werden kann«, sagt Claes und stellt klar: »Ist allerdings die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag ausdrück-lich auf Montag bis Freitag festgelegt, ist die Arbeit an Sonntagen und gesetz- lichen Feiertagen (von 0 bis 24 Uhr) nicht erlaubt.«

Was ist mit Arbeitnehmern, die im regelmäßigen Schichtbetrieb tätig sind?

»Hier kann der Anfang oder das Ende der Sonn- und Feiertagsruhe unter den Vor-aussetzungen von Paragraf 9 Absatz 2 Arbeitszeitgesetz um bis zu sechs Stun-den vor- oder zurückverlegt werden«, sagt der Rechtsexperte.

Geregelt würden diese Vorschriften und Ausnahmen oft in Tarif- und Ar-beitsverträgen, in Betriebsvereinbarun-gen oder Genehmigungen von Aufsichts-behörden. Paragraf 12 Arbeitszeitgesetz lasse abweichende Regelungen in einem Tarifvertrag, in Betriebs- oder Dienstver-einbarungen ausdrücklich zu, so Claes. »Generell aber gilt: Schwangere und stil-lende Arbeitnehmerinnen dürfen grund-sätzlich nicht an Sonn- und Feiertagen sowie nachts arbeiten.«

Und wie steht es mit dem Ausgleich?

»Auch der ist geregelt«, weiß Claes. »Arbeitnehmer dürfen mindestens 15 Sonntage im Jahr nicht arbeiten (Paragraf 11 ArbZG).« Außerdem sei

Von wegen gemütlich unterm Weihnachtsbaum im neuen Buch blättern oder mit den Kindern den Lego- Hubschrauber zusammenbauen – immer mehr Beschäf-tigte müssen an den Weihnachtsfeiertagen arbeiten. kompakt erklärt, wo das Arbeitsrecht Grenzen setzt.

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für die geleisteten Sonn- und Feiertage ein Ersatzruhetag vorgeschrieben. »Der Ausgleich für einen Sonntagsdienst ist innerhalb der nächsten zwei Wochen an einem Werktag zu gewähren. Wird an einem Feiertag unter der Woche, also werktags gearbeitet, haben Mitarbeiter acht Wochen Zeit, den Ruhetag zu nehmen.«

Gibt es für Sonn- und Feiertagsarbeit einen Gehaltszuschlag?

»Den müssen Arbeitgeber ihren Mit- arbeitern nur zahlen, wenn ein Tarif- vertrag, eine Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag das vorsieht«, sagt Claes. »Denn ein allgemeingültiges Ge-setz gibt es dafür nicht.«

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REGELUNGEN

Es herrscht der weitverbreitete Irrtum, dass Mitarbeiter am Heiligabend und an Silvester nicht arbeiten müssen. Heiligabend und Silvester sind jedoch keine gesetzlichen Feiertage. Dement-sprechend besteht an diesen beiden Tagen auch die vertraglich vereinbarte Arbeitspflicht.

Aufgrund der eingeschränkten Arbeitspflicht, die sich aus zahlreichen Tarifverträgen ergibt, arbeiten viele Betriebe an diesen beiden Tagen häufig nur bis 12 Uhr. Diese Regelung kann sich auch aus dem Arbeitsvertrag oder der sogenannten betrieblichen Übung ergeben. In der Regel müssen dafür zwei halbe Tage Urlaub genommen werden.

Darf der Chef die Dienste im Betrieb ungleich verteilen?

Hier müsse der Arbeitgeber abwägen. Zwar gilt der Grundsatz, dass alle Mit-arbeiter gleich behandelt werden müs-sen. »Doch da gibt es auch Ausnahmen«, sagt der Fachmann von der IG BCE. »Hat jemand etwa Familie oder pflegt einen Angehörigen, darf der Chef ihn bei den Sonn- und Feiertagsdiensten entlasten. Ein Kollege muss dann unter Umstän-den mehr arbeiten.«

GUT ZU WISSEN: Arbeitet der Arbeit-nehmer an Sonn- und Feiertagen und zahlt der Arbeitgeber Zuschläge, so sind diese im Rahmen des Paragraf 3 b Ein-kommensteuergesetz steuerfrei. Katrin Schreiter

O du fröhliche . . .

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Sieben-sachen,Plunder

Fachhoch-schule(Abk.)Elbflorenz

Arbeitder Leib-eigenen

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Art vonWarnung

Einfall

Anrede fürden Mann

GattungderDelfine

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Künstler-vermittler

poet. Namedes LöwenBucht desAtlantiks

Sport-kleidung

Gewässer

Reich desTeufels

süddeutsch:Cousine

Strom inAfrika

Körper-partie desRumpfes

Stoffstückals ein-fachesPutztuch

Abk. imSupermarkt

Nadelloch

geistlichesLiedRunddorfafr. Stämme

aus-reichend,zufrieden-stellend

EuropäischeUnion (Abk.)engl. Län-genmaß

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Korallen-insel

Bürgerl.Gesetzbuch

Nachtvogel

essbarerTeil versch.Gemüse-pflanzen

Zucker-rohr-branntwein

Truthahn

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Brot-körper

Beleuch-tungs-körper

Münz-anstalt

Zeiteinheit

üppig,reichlich

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unan-tastbar

beinahe,nicht ganz

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gedickterObstsaft

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knappeNachricht(Kurzwort)

kostbar

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hohleStange

einfacheHolz-hütte

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Für den BauchWarum mit den feinen Speisen bis Weihnachten warten? Auf zehn Gewinner unseres Monats-rätsels wartet ein Cherusker-korb gefüllt mit allem, was Leib und Seele begehren können: von Champagner und Grappa über Nussschinken und Wildpastete bis zu Baiser und Macarons, und vielen Gaumenfreuden mehr. Für 40 Rätselbegeisterte, Gewinner und, hoffentlich, Kaffeeliebhaber gibt es ein Set mit zwei Kaffeegläsern, Bohnen und etwas Süßem zum

Stärken. Also auch diesen Monat wie-der: Frisch losgerätselt — viel-

leicht können wir das War-ten auf die Weihnachtsgans etwas versüßen.

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41kompakt | Dezember 2014 |

GLÜCK & GLOSSE

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Im Preisrätsel wird in diesem Monat ein Begriff gesucht, der ein lobenswertes Engagement umschreibt. Bitte die Lösung auf eine Postkarte schreiben und einsenden an: kompakt-Redaktion, Postfach 39 45, 30039 Hannover oder per Mail an: [email protected] — bitte die Adresse mit angeben. Einsendeschluss ist der 12. Dezember 2014 (Datum des Poststempels ist maßgebend). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Die Gewinner

Preisrätsel

BEI DER VERLOSUNG DER PREISE unter den Ein-sendern richtiger Lösungen fielen die zehn Haupt-gewinne – eine PlayStation 4 mit Controller – an:Gabriele Woydt, Berlin; Wolfgang Grim, Pfreimd; Bernd Cordes, Sulingen; Monika Knorr, Groitzsch; Edwin Roth, Grossschönach; Frank Schmidt, Haltern am See; Dieter Alsdorf, Erftstadt; Brigitte Rönisch, Dermbach; Andreas Schmitt, Bensheim; Else Weisen-burger, Rastatt.

JE EIN SET »KERZEN-LICHT« erhalten: Georg Floritz, Apfeldorf; Hildegard Schulteis, Eggenstein; Horst Fuchs, Frauensee; Erwin Thiele, Oberammergau; Günter Müller, Geseke; Horst Pawletta, Marl; Han-nelore Hanke, Rinteln; Elisabeth Tluczykont, Dor-magen; Hans-Otto Löffler, Wolmirstedt; Wolfgang Breuer, Emmerting; Alfred Binder, Zwenkau; Diet-mar Müller, Priestewitz; Harald Schuler, Mutter-stadt; Erika Renner, Potsdam; Kerstin Kreutzmann, Recklinghausen; Jörg Heizereder, Lutherstadt Wit-tenberg; Christel Knabe-Behne, Mendig; Hermann Scholz, Eisenberg; Erwin Nack, Erftstadt; Tamara Brandenburger, Völkersweiler; Roland Jung, Lud-wigshafen; Marlies Klug, Nordenham; Elisabeth Graf, Berlin; Sven Winter, Dessau-Rosslau; Lothar Gertler, Bamberg; Jasmin Stolle, Lünen; Werner Tippelt, Kaierde; Heike Hölscher, Ankum; Olaf Happich, Markgröningen; Evelyn Gans, Wassertrüdingen; Jutta Schedel, Hoyerswerda; Klaus Röhm, Ahlen; Werner Blüm, Bobenheim-Roxheim; Michael Förster, Berlin; Martina Bauer, Pfarrkirchen; Günter Enter-lein, Coswig; Heiko Becker, Strehla; Stefan Fleischer, Steinbach; Rita Kempe, Losheim am See; Susann Daadara, Zschorlau.

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M odernes Marketing verlangt nach Transparenz. Kein Prob-lem für attraktive Ziele wie

Brauereien und Kleintierzoos – schwie-rig für Einrichtungen von einge-schränktem Freizeitwert wie Müllver-brennungsanlagen und Finanzämter (nein, das ist nicht dasselbe). Beim »Tag der offenen Tür« einer norddeut-schen Kläranlage versprach die Ein- ladung jüngst »Vergnügliches rund um die Abwasserverwertung«, »Einblicke in den Beruf des Klärwerkstauchers« sowie einen »Besuch des Faulturmes, in dem die Gasproduktion aus Klär-schlamm stattfindet«. Zweifellos ein ehrbares Ansinnen, ich entschied mich jedoch aus Gründen dagegen. Und karrte die Familie zum »Tag der offenen Tür« der Autobahnmeisterei.

Schon die Anfahrt war verzwickt. Im Prinzip ging’s 200 Kilometer nach Norden, dann wenden, dann zwölfmal

durch diverse Autobahnkreuzflügel, dann an der Tankstelle fragen. Höhe-punkte vor Ort: die Diashow »Straßen sind Leben: 250 Jahre staatlicher Stra-ßenbau«, die »Vorführung des Winter-dienstes« und Baumscheiben sägen. Nicht präsentiert wurden: »Straßen sind Tod: 250 Jahre Dammwildentsor-gung«, »Vorführung des Winterdiens-tes bei mehr als drei Zentimetern Schnee» und »Ein Spaß für die ganze Familie: Überholen mit dem 44-Ton-ner«. Zusätzlich gab’s einen Über-schlagsimulator, der jedoch keinerlei abschreckende Wirkung zeitigte, im Gegenteil: Er nahm dem Gedanken an ein sich überschlagendes Auto den Schrecken. Ergebnis der Exkursion: Mein Sohn (3) zeigt wenig Interesse für eine spätere Tätigkeit als Klärwerks-taucher oder Dammwildentsorger. Aber auf dem Rückweg sagte er: »Papa, mach mal das mit dem Auto.« Imre Grimm

GRIMMS MÄRCHEN

B H K I E B T Y CE I N F L U S S A A L R E U S E

W A R E A N S P O R N O S M A NU N B A N D E R D I N G L I T

E N G R F A S E K A TS T I L L M O D E M T A U G E NM O L A Z U B I E N T R E E O

T E I G S E A L N O A H A TA N E L A M A

P L U S V E R SY E N S T R I E B

N O T A L LM O F A B A D O

R O E T E U N Z EJ E T D P R E I S

W I R T O E SR E G I E H K D A R A G E

G R A N N E R E K L A M EU L M E H O E R W E I T E O L M

E I L E N U B A H N A D R AF I S W E R T E N E I R E R U

S E M I N A R G E R N K L A RT R U G D A T E I K R A E H E

B E E T Z E L T S T A E N D E R

Lösung: MAUERFALL

Lösung November 2014: MAUERFALL

Alles wird gut! Gottvater sammelt die letzten Autos ein.

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> MEIN ARBEITSPLATZ

Das Essen fühlenAls Köchin arbeite ich ein biss-chen wie ein DJ am Mischpult. Ein Gericht heißt mindestens

fünf Töpfe auf dem Herd, die ich gleich-zeitig bediene: einen für Fleisch, Sauce, Gemüse und andere Beilagen. Alles muss schnell gehen, wir tragen immer mehrere Töpfe in jeder Hand zu den Tellern. Am

liebsten mache ich Beilagen, die sind das Kreativste, Fleisch ist oft gleich. Wenn wir Gerichte ausprobieren, ko-chen wir nach unseren Sinnen, bevor wir ein Rezept dazu aufschreiben. Mein Chef in der Ausbildung hat immer meine Hand geknetet und gesagt: ›Du musst das fühlen, du musst dich auf die Produkte einlassen.‹

Ich wollte eigentlich keine Köchin werden. Meine Mutter fand, dass ich die Lehre machen sollte, weil ich oft für mei-ne Schwester und mich gekocht habe. Sie meinte, dass ich das super kann. In der Klasse an der Berufsschule waren kaum Mädchen. Man braucht schon ein dickes Fell bei dem rauen Umgangston

in der Küche. Ich habe ver-sucht, das Beste aus dem Job zu machen, und

jetzt ist das für mich eine Leidenschaft. Mit meinen Kollegen plane ich auch die

Waren und entwerfe Rezepte. Ich überlege, was es früher zu der Jahreszeit gab, was heute. Manchmal denke ich in Farben und Gerüchen. Zum Beispiel versuche ich mich zu erinnern, wie es gerochen hat, wenn meine Oma Bohnen gekocht hat. Oder ich stelle Farben zusammen, die

zum Winter passen. Dann schreibe ich die Rohstoffe auf und überlege, was zusam-mengehört. Ich probiere so lange, bis es für jeden umsetzbar ist, auch für unsere Azubis.

BEIM KOCHEN für Gesellschaften fängt man mit den Sachen an, die man im Voraus zubereiten kann. Roastbeef kann zum Beispiel gut einen Tag ruhen. Eine echte Herausforderung war jüngst der Apfelschaum für 40 Gäste. Wenn man den letzten Teller anrichtet, ist der erste wieder zusammengefallen. Da tüftle ich vorher am Rezept, bis das stabil bleibt. Der Gast bucht ja ein schönes Erlebnis, nicht nur ein Essen. Wir können da nicht einen Kraterklotz von Kartoffel hinlegen, aus dem wir die Augen herausge-schnitten haben. Oder Fingerab-drücke auf dem Teller lassen.

Aufgezeichnet von Dagny Riegel

Sorgfältig angerichtet, ob für die Bewirtung von Gruppen oder für À-la-carte-Gerichte.

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»Du musst das fühlen, du musst dich auf die Produkte einlassen.«

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LINN HEMPEL (32) ist Köchin im Feierabendhaus in Marl, das zu Evonik gehört.

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Wir wünschen frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr 2015!

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