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Kompetenz-Portfolio
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Name der Studentin/des Studenten:
Dinah Truninger Studiengang: VZS Ort: Zürich Dokumentierter Zeitraum: Dozent / Mentor: Thomas Stöckli
Künstlerische Lehrveranstaltung
Praxisstudium
Theoretische Lehrveranstaltung / Literaturstudium x
Berufliche Praxis
Einleitung:
In dieser Theoriearbeit möchte ich mich mit dem Fremdsprachenkonzept von Rudolf
Steiner auseinandersetzen und einen Überblick schaffen. Ich möchte mich in dieser Arbeit
mit dem theoretischen Hintergrund des Fremdsprachenunterrichts in den Steinerschulen
auseinandersetzten. Es geht um die Frage, welche Philosophie hinter dem
Fremdsprachenunterricht steht, welche menschenkundlichen Hintergründe und was die
Ziele davon sind. Im Speziellen möchte ich die Grundlagen des Fremdsprachenunterrichts
in der Unterstufe betrachten.
Tätigkeitsbeschreibung:
Ich habe dazu mich in die Literatur eingelesen und aus verschiedenen Quellen die Theorie
zu dieser theoretischen Arbeit zusammengetragen.
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Arbeitsbeispiel:
1. Grundlegendes zur Bedeutung der Sprache
Wie Dahl betont ist der Fremdsprachenunterricht nicht mit anderen Unterrichtsfächern
gleichzusetzen. Denn werden im Geographie-‐, Physik-‐ oder Mathematikunterricht
Kenntnisse und Wissen über die einem umgebende Welt vermittelt, so begegnet einem im
Fremdsprachenunterricht unvermittelt etwas, das ein Volk physisch (Sprechorgane, Gestik,
Mimik), wie auch geistig (Denkhaltung, Wahrnehmung der Welt, Empfindungen) geprägt
hat und weiterhin prägt. In welcher Sprache ein Mensch aufwächst hat Einfluss auf alle
Bereiche seines Menschseins. Sie hat Einfluss auf die individuelle, intellektuelle
Entwicklung (vgl. Dahl 1999: 9). Denn Sprache ist nicht einfach die Fähigkeit in einer
gewissen Sprache zu sprechen, sondern wie Green sagte: „Eine Sprache ist nicht nur ein
Mittel, sich verständlich zu machen, sie ist auch insbesondere, eine Art und Weise des
Schauens und Fühlens. Jedes Volk baut das Universum gemäss seiner Vorstellung auf“ (In Dahl
1999: 11). Jedes Wort gibt einen Empfindungseindruck wieder. So kann man durch die
Sprache, welche ein Volk spricht, viel über die Eigenart dieses Volkes und seiner
Auseinandersetzung mit seiner Umwelt erfahren. Die Sprachentwicklung gibt in Ansätzen
auch die Bewusstseinsgeschichte eines Volkes wieder. Sprache beinhaltet also nicht nur
Vokabeln und grammatikalische Regeln, sonder viel mehr ein Ausdruck davon, wie wir die
Welt wahrnehmen, welche Werte und Bedeutungszusammenhänge uns prägen.
Entsprechend ist die Sprache auch die Grenze unserer Welt. Wir benennen nur Dinge,
welche in unserer Welt vorkommen. Sie ist ein Spiegel unserer Selbst. Sie ist ein Ergebnis
einer Auseinandersetzung einer Volksgruppe mit ihrer Umwelt (vgl. Dahl 1999: 11-‐12).
Weil Sprache ein Empfindungsausdruck ist, ist sie auch etwas, das nicht in erster Linie
bewusstseinsmässig verstanden werden muss bzw. kann. Es bedarf nicht nur des
Sprachzentrums im Kopf, sondern es bedarf der aktiven Beteiligung des gesamten
Menschen. Sprache ist auch Tätigkeit, da sie ja das Erleben, das Empfinden, das Fühlen in
Worte fasst, sich also daraus entwickelt hat und darauf bezieht. Sprache lernen ist auch ein
Einlassen und ein Eintauchen in eine andere Denkweise, eine andere Kultur. Steiner sagte,
Sprache ist immer ein Sich-‐Begegnen von Sympathie und Antipathie (vgl. Steiner 19192:
24). Denn was immer auch ein Mensch tut, ob er erzählt, schimpft, sich freut, traurig ist
usw., berichtet er von einem seelischen Erlebnis. Am Anfang stehen immer Gefühle wie
Freude, Neugierde, Traurigkeit, Wut, Schmerz etc. Die Sprache ist also zunächst verankert
im Fühlen. Daher sind auch Wörter nicht einfach nur Etiketten für Dinge sondern die
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Sprache ist schliesslich die Summe der Betroffenheiten, die ein Volk in seiner Geschichte
erfahren und verarbeitet hat (vgl. Dahl 1999: 10).
2. Leitidee und Ziele des Fremdsprachenunterrichts in der Waldorfschule
Inwiefern wirkt sich dieser Ansatz auf die Zielsetzung des Fremdsprachenunterrichts aus?
Die Walddorfschule hat nicht nur die Sprachbeherrschung zum Ziel. Vielmehr geht es um
das Erfahren einer Sprache bzw. einer Sprachwirklichkeit, welche jede Sprache mit sich
bringt. Es ist das Hineinfühlen in etwas anderes. Es geht nicht nur um die Nützlichkeit des
Gelernten, sondern um das Erleben eines bestimmten Bereiches sinnlicher Realität. Ziel ist
eine lebendige und anschauliche Sprache, also ein Erleben einer Sprachwelt (vgl. Kiersch
1992: 29). Auch Dahl führt aus, dass die Erweiterung der Erkenntnis eines der Ziele des
Fremdsprachenunterrichts sein soll. Als Kind ist man sozusagen, dem in einer Sprache
enthaltenen Denksystem, ausgeliefert. Durch das Erlernen und Hineinwachsen in eine
andere Sprache, erleben wir eine andere Welt und gewinnen einen gewissen Anteil an
Erfahrungen und Denkformen, die man in der eigenen Sprache nie hätte erleben können.
So sind Fremdsprachen eine Bereicherung, sind sie ja Zugang zu einer neuen Welt. Sie
erlauben uns, die durch die Einsprachigkeit gegebene eingeschränkte Freiheit zu
erweitern. Somit kann und soll es auch Ziel sein des Fremdsprachenunterrichts eine
Erweiterung der Welt und der Selbsterkenntnis zu verfolgen (vgl. Dahl 1999: 11-‐12). „Jede
Sprache durchdringt den Menschen anders und offenbart das Menschliche in anderer Weise.
Deshalb muss die Wirkung der Muttersprache durch andere Sprachen ergänzt werden“
(Steiner in Wiechert 2012: 5).
Daran schliesst sich an, dass durch Fremdsprachenunterricht auch Toleranz gefördert
werden kann. Das Verstehen eines fremden Zeichensystems führt zwar zu
Internationalität, macht einem aber noch nicht zu einem Weltbürger. Daher strebt der
Fremdsprachenunterricht in der Waldorfschule an, das Mitwissen, Mitfühlen und
Nachempfinden zu fördern. Man will diese andere Welt vermitteln, diese Denkstil und
Empfindungseindrücke, die sich in einer Sprache ausdrücken (Vgl. Dahl 1999: 14-‐17). Die
Kinder sollen lernen sich in die Empfindung anderer einzufühlen. Schüler sollen durch das
unbefangene „Geniessen“ und artistisches Nachgestalten einer Sprache die Fähigkeit
erhalten, auch Interessen und Gefühle anderer zu verstehen und zu verteidigen und nicht
nur die eigenen. Sprachunterricht in der Waldorfschule ist somit auch die Schulung der
Fähigkeit zu menschlicher Anteilnahme, ist soziale Pädagogik, sei sogar Friedenspädagogik,
wie Kiersch betont, dadurch, dass die Wahrnehmungsfähigkeit ausgebildet wird (vgl.
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Kiersch 1992:30-‐31). Was für die Erkenntnis gilt, gilt auch für die Wahrnehmung. Die
durch die Muttersprache erlebten Empfindungen schaffen eine bestimmte, aber auch
gewissermassen begrenzte Wahrnehmungsfähigkeit. Die Fremdsprache beinhaltet auch
andere Bedeutungen und Empfindungseindrücke. Sie ist eine andere Art des Schauens und
Fühlens, was den Schülern vermittelt werden muss. Wird dies im Unterricht erlebbar, so
erweitert, bereichert und verfeinert dies auch das Wahrnehmungsvermögen. Durch das
Kennenlernen fremder Empfindungseindrücke bildet sich eine grössere innere Regsamkeit
und Flexibilität. Je mehr bis zur Seele vordringt, desto wacher, heller und aufmerksamer
wird meine Wahrnehmung werden. Man wird den Eindrücken der Welt aktiver
entgegentreten (vgl. Dahl 1999: 15).
Als ein weiteres Ziel nennt Dahl die Pflege der Sinne. Beim Erlernen einer Sprache gehört
es auch dazu, fremde Laute und Intonationsmuster zu erfassen und zu Artikulieren. Es
müssen also feinste Lautunterschiede wahrgenommen werden können. Hier kommt dem
Hörsinn eine zentrale Bedeutung zu. Somit pflegt der Fremdsprachenunterricht intensiv
den Lautsinn und Wortsinn. Das sind jene Sinne mit denen man die Sprachmelodie, den
Klang der Vokale und Konsonanten, wahrnehmen kann. Die Bildung des Gehörs dauert bis
zum 12. Lebensjahr an und kann noch beeinflusst werden
Abschliessend ist aber natürlich auch das Ziel, dass sich die Schüler in der erlernten
Sprache verständigen können. Der Unterricht sollte sich dabei auch an gesellschaftlichen
Entwicklungen orientieren. Nämlich auch der wachsenden Bedeutung von Fremdsprachen
Rechnung tragen (vgl. Dahl 1999: 16-‐18). In Bezug auf die gesellschaftlichen
Entwicklungen betonte Steiner jedoch auch, dass es nicht darum geht zu fragen, was die
Schüler wissen und können müssen, um in der bestehenden Ordnung zurecht zu kommen
und hinein zu passen. Viel wichtiger sollte die Frage sein, so Steiner, was im Menschen
veranlagt ist und was daraus (Neues) entwickelt werden kann. Nur dann ist es möglich aus
der neuen Generation der sozialen Ordnung neue Kräfte zuzuführen. So wird es möglich
sein, dass die heranwachsende Generation die soziale Ordnung gestalten kann und nicht
die vorhergehende Generation die heranwachsende Generation bevormundet und aus ihr
macht, was die bestehende soziale Ordnung will. Eine umfassende Instrumentalisierung
aller Lernvorgänge für Zwecke aller Art lehnte Steiner immer ab (vgl. Steiner 19191: 37).
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3. Menschenkundliche Grundlagen
3.1 Nachahmung
In der Waldorfschule wird der Fremdsprachenunterricht von zwei Fremdsprachen in der 1.
Klasse begonnen. Wie Dahl betont, ist dies natürlich aus den Augen eines
Fremdsprachenlehrers, aber auch aus einer anthroposophischen Betrachtungsweise
heraus, viel zu spät. Nur noch wenig sind die Nachahmungskräfte wirken. Ein Kleinkind hat
eine immense Empfänglichkeit. Es verleibt sich eine Sprache sozusagen ein. Es findet kein
Verstehen oder Reflektieren statt. Das Kind ahmt mit Leichtigkeit feine Klangunterschiede
und subtile Intonationsmuster nach. Es hat eine Offenheit für das Mitgehen, Miterleben und
Mitfühlen, die mit dem Älterwerden schwindet (vgl. Dahl 1999: 20). Steiner hatte daher die
Vorstellung, dass Fremdsprachen früh zu erlernen seien, da man dann noch die
verebbenden Nachahmungskräfte nutzen könne. Steiner äusserte auch, dass unter
bestimmten Bedingungen eine zweite Muttersprache schon im Kindergarten angelegt
werden könnte (vgl. Wiechert 2012: 5).
Im ersten Jahrsiebt (0-‐7.Jahr) entwickelt sich die Sprache des Kindes noch ganz als
Sinneswahrnehmung und in Bewegung gebundene unreflektierte Gewohnheit. Das Kind
weiss sozusagen nichts davon, dass es spricht. Mehrsprachig aufwachsende Kinder reden
mit der einen Person in jener, mit jemand anderem in einer anderen Sprache, oft ohne zu
merken, dass sie wechseln (vgl. Kiersch 1992: 35). Ursprung dessen ist die Kraft der
Nachahmung. Steiner sagt: „In den ersten Lebensjahren bis zum Zahnwechsel hin ist alles
beherrscht von dem Nachahmungsprinzip. Der Mensch ist da ein nachahmendes Wesen“ (vgl.
Steiner 19231: 1). Nur dann, wenn wir alle Erziehung und allen Unterricht bis zum
Zahnwechsel auf reiner Nachahmung aufbauen - durch Nachahmung lernt das Kind auch
sprechen, durch Nachahmung lernt das Kind alles bis zum Zahnwechsel hin; wir brauchen
keine andere Methode, als die: ein Mensch zu sein, den man nachahmen kann (...)“ (Steiner
1924: 1). Zur Erlernung einer Fremdsprache führte er weiter aus: „It is good to begin
teaching foreign languages at this early age, because up to the point lying between the ninth
and tenth years the child still bears within him something of the quality characterstic of the
first period of life, from birth to the time of the change of theeth. During these years the child
is pre-eminently an imitative being. He learns his mother-tongue only by imitation. Without
any claim whatever being made on the intellect, the child imitates the language spoken
around him, and learns at the same time not only the outer sounds and tones of speech, but
also the inner, musical, sould element of the language“ (Steiner 19232: 1). Bis zum Alter von
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neun, sagt nun Steiner, kann man noch mit der Nachahmung arbeiten und eine Sprache so
unterrichten, dass diese von dem ganzen Wesen des Kindes absorbiert wird (vgl. Steiner
19232: 1-‐2). Der Unterricht sollte daher auch ganz und gar aus dem Zusammensprechen
zustande kommen würde, ganz aus dem Dialogischen. Wie bei der Muttersprache, aus dem
hin und her des Sprechens. So, dass es durch die Betätigung zum Verständnis kommt und
zum Sprechen selber (vgl. Wiechert 2012: 6).
3.2 Sprachgeist
Das Kind bringt bei seiner Geburt einen mit hoher Vollkommenheit ausgebildeten Kopf-‐
Organismus mit, während die Gliedmassen verhältnismässig unterentwickelt sind.
Hinsichtlich des Bewusstseingrades verhält es sich aber gerade umgekehrt. In den
Gliedmassen ist das Kind regsam und wach, während es im Kopf sozusagen schläft. Denn
das Kind ist mit seinem Geistig-‐Seelischen, also mit seinem schlafenden Geiste und seiner
träumenden Seele, in der geistigen Welt, also ausserhalb des Kopfes. Die Aufgabe des
Erziehenden besteht darin, über den Willen und das Gemüt den schlafenden Kopf-‐Geist
aufzuwecken. Dies geschieht dadurch, dass über den Gliedmassenmenschen und
Brustmenschen hin der Kopfmensche erreicht und angeregt wird. Dies geschieht im
frühesten Stadium durch die Sprache der Mutter.
Wie geht dies?
Es hat sich gezeigt, dass Sprache Bewegung auslöst. So zeigt sich, dass Zuhörer den
Atemrhythmus, die Stimmführung oder das Räuspern nachahmen. Jedes Wahrnehmen von
Sprache geht mit kaum bemerkbaren Veränderungen von Körperhaltung und Gestik
einher. Sprache hat also Einfluss auf die Bewegungen unserer Körper, hat Einfluss auf die
Bewegungen unserer Körper. Bewegung und Sprache hängen also zusammen. Steiner
schilderte in mehreren Vorträgen 1923/24 wie stark während der Kindheit das
menschliche Sprachvermögen von der Gliedmassentätigkeit abhängig ist. Eine klare
Gliederung der Sprache in Sätze, werde durch stramme, regelmässige Bewegung der Beine
veranlagt oder eine wohltuende Sprache durch harmonische Bewegungen der Arme. Es hat
sich erwiesen, dass Lautbildungen überwiegend durch die linke (dominant) Hirnhälfte zu
Bewusstsein gebracht werden und anderseits die rechte Hirnhälfte alle anderen
akustischen Eindrücke, wie Töne, Melodien und Geräusche aller Art verarbeitet. Dies deckt
sich in gewisser Weise mit der Sichtweise Steiners, dass Sprache die Struktur des Gehirns
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formt. So wird vermutet, dass die Feinmotorik kleiner Kinder, die Bewegungsfähigkeit von
Händen und Fingern mit der Sprachfähigkeit zusammenhängt.
Steiner vertritt hier die Ansicht, dass Sprache aber nicht nur auf das Gehirn wirkt, sondern
auch auf das rhythmische System und den Stoffwechselbereich. Sofern ist der
Spracherwerb nicht nur reine Informationsverarbeitung (nicht nur reine Kopfsache).
Kinder lernen eine Sprache nicht aus der Summe gehörten Wörtermaterials noch durch
eine angeborene Erwerbsstrategie. Viel mehr erfassen sie den Geist einer Sache, das
lebendige Ganze und die Sprache auch über den physischen Leib und die
Gliedmassenbewegungen wirken. Die Annahme, dass die menschliche Sprache ein rein
akustisches Phänomen ist, liess sich nicht beweisen. Es hat sich gezeigt, dass es keine
eindeutige Zuordnungen bestimmter Lautbildungen zu bestimmten akustischen
Invarianten. Sprache lässt sich also nicht in Töne oder Geräusche auflösen, sondern ist ein
Phänomen eigener Art. Weiter zeigen sich Erklärungsschwierigkeiten, wenn man davon
ausgeht, dass kleine Kinder beim Erlernen der Sprache vor dem Ende ihres zweiten
Lebensjahres kognitive Operationen bewältigen, welche in anderen Bereichen
intellektueller Entwicklungen erst mit dem 12. Lebensjahr vollbracht werden können.
Daher bietet sich die Erklärung an, dass Kinder Lautgestalten auffassen. So wie sie rot oder
süss wahrnehmen. Steiner betont, dass Lautempfinden vor dem Urteilen liegt. Inwiefern es
ein bestimmtes Organ für die Sprachwahrnehmung gibt ist indes noch unklar. Gemäss
Steiner ist das Sinnesorgan für die Worte der in sich bewegte Mensch. Der Mensch spricht
mit dem ganzen Körper (Mimik, Körperhaltung/ nonverbal). Es hat sich herausgestellt,
dass alles Sprechen, beim Sprecher wie Zuhörer von kaum bemerkbaren Veränderungen
der Körperhaltung begleitet wird. Dies geschieht unbewusst. Entsprechend ist dem
Wechselspiel von Ruhe und Bewegung im Sprachunterricht Beachtung zu schenken. Im
Übergang von entspannter Bewegung zu aktiver Gelöstheit lässt sich der fruchtbarste
Augenblick für einen Erfolgreichen Sprachunterricht greifen, so Kiersch (vgl. Kiersch 1992:
42-‐51).
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3.3 Erinnern und Vergessen
Eine der wichtigsten Bereiche für den Fremdsprachenunterricht ist die Gedächtnislehre.
Gemäss Steiner ist Erinnern nicht nur ein Hervorholen von abgelegter Erinnerung sondern
ein erneutes Wahrnehmen. Wie ist dies zu verstehen?
Alles Vorstellen ist mit einer Bewegung im Ätherleib verbunden, die in den physischen Leib
eingeprägt werden. Beim Versuch sich zu erinnern, bewegt sich der Ätherleib von neuem
und veranlasst ein entsprechendes Engramm im physischen Leib einzufügen.
Sobald dies geschieht, leuchtet aufs neue die wahrgenommene erinnerte Vorstellung in der
Seele auf. Für Steiner jedoch werden jene Wahrnehmungen, Gedanken und Vorstellungen,
die vergessen werden, im unbewussten Zustand nicht in derselben Form erhalten, wie wir
sie vorher erlebt haben. Sie sind im Ätherleib verankert und nehmen dessen übersinnliche,
lebendige und bewegliche Seinsweise an. Mithilfe der Engramme, welche sie bei ihrem
ersten Erscheinen vom Ätherleib aus im physischen Leib hinterlassen haben, treten sie von
innen als neu gebildete Wahrnehmungen ins Bewusstsein ein. Erinnern ist also ein
erneutes Wahrnehmen. Vergessen ist sozusagen das Einschlafen, das Erinnern das
Aufwachen. Vergessene Vorstellungen arbeiten am Ätherleib und führen ihm neue Kräfte
zu. Krampfhaft im Wachbewusstsein festgehaltene Vorstellungen werden dieser Tätigkeit
entzogen. Die Folge ist eine Schädigung der Lebenskräfte. Für das Lernen ist es daher für
Steiner unabdingbar, dass ein Rhythmus im Wechsel von Erinnern und Vergessen zustande
kommt. Ein Rhythmus der dem natürlichen Wechsel von Schlafen und Wachen entspricht.
Werden Kinder in diesem Rhythmus gestört, werden sie daran gehindert sich in Freiheit
mit dem aufgenommenen Lernstoff zu verbinden (vgl. Kiersch 1992: 52-‐55).
4. Konzept für den Fremdsprachenunterricht der Unterstufe
Eine gute Fremdsprachenlehrperson zeichnet sich unterem dadurch aus, dass sie in jedem
beliebigen Augenblick das richtige Unterrichtsmittel einsetzen kann. Für den
Fremdsprachenunterricht an der Waldorfschule reicht diese Aussage jedoch noch nicht
aus. Rudolf Steiner legte grossen Wert auf das künstlerische Element im Unterricht.
„Von einer ganz besonderen Wichtigkeit wird das Heranbringen des Künstlerischen an den
Menschen für die Behandlung des sprachlichen Elementes“ (Steiner in Röh 2012: 11). Dieses
findet seinen Ausdruck vor allem in der Art und Weise des methodischen Vorgehens, wie
Jaffke ausführt und beschreibt es folgendermassen: „Klatschen eines Rhythmus oder Erraten
bzw. Wiedererkennen eines Gedichtes aus einem geklopften oder geklatschten Rhythmus,
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Zuhören und Zuschauen, oder selbst Summen, Singen, Flüstern oder kraftvolles Sprechen,
Sichbewegen zu dem was andere sprechen oder singen in Reigenspielen- zwischen diese
polaren und unendlich variablen anderen Formen vollzieht sich im Idealfall ein so lebendiger
Wechsel, dass ein Spannen und Lösen, ein Prozess des Einatmens und Ausatmens stattfindet,
in dem ernstes Bemühen ebenso seinen Platz hat wie befreiendes Lachen. Gelingt eine solche
Komposition, so beteiligen sich die Kinder mit Freude und Hingabe an den verschiedenen
Tätigkeiten, und die Klasse wirkt nach der Stunde erfrischt, obwohl die Kinder engagiert
gearbeitet haben“ (Jaffke 1984: 12).
4.1 Lektionenanzahl
Steiner sah vor, dass ab der 1. Klasse sechs Stunden für zwei verschiedenen
Fremdsprachen zur Verfügung stehen sollten. Erst ab der 6. Klasse, wären es dann 4
Stunden. Sein Ziel war es, in den ersten Schuljahren das Fundament zu legen, ohne welches
man auch mit erhöhtem Lernaufwand in den späteren Jahren nicht gleich weit kommen
würde. Steiner betonte: „ (...) Wenn wir durch 6 Jahre englischen Unterricht gehabt haben,
dann möchte ich einmal den kennen, der dann behaupten wird, dass das zuwenig ist, für
dasjenige, was man im Englischen kennen soll“ (Steiner in Stöckli 1990: 1031). Oft werde
das sprachliche Aufnahmevermögen der Kinder gewaltig unterschätzt. Kleine Kinder
könnten viel einfacher noch Chinesisch oder Arabisch lernen, als beispielsweise 13-‐ jährige.
Wichtig dabei sei, dass man altersgerecht unterrichte und die Kinder nicht unterfordere. Es
reicht nicht ein paar „Verslein und Liedlein“ zu vermitteln. In dieser Zeit habe man die
einzigartige Möglichkeit die Sprache so direkt zu vermitteln, wie später nicht mehr
möglich. Es geht dabei darum, einen fremden Sprachgenius, welche die Kinder bald als
weniger fremd empfinden, als gemeinhin angenommen. Kinder wollen die Sprache wirklich
leben und tun. Je jünger Kinder sind, umso unmittelbarer nehmen sie die Kräfte bzw. den
Geist einer Sprache auf. „Der Sprachgenius dringt tief ins Unbewusste ein (ohne den
intellektuellen Filter späterer Jahre) (vgl. Stöckli 1990: 1034)
4.2 Gesamtheit der Sprache
Auf der Unterstufe orientiert sich der Sprachaufbau bis zu einem gewissen Grad an der
Analogie zwischen Mutter-‐ und Fremdsprachenerwerb. Die Fähigkeit des unreflektierten,
unmittelbaren Einverleibens von Wörtern lässt dann aber im Alter von 9 bis 10 langsam
nach (vgl. Dahl 1999: 45). Als erste Forderung stellt Dahl jene nach „dem Eintauchen in die
Gesamtheit einer fremden Sprache“ auf. Das Kind soll die neue Sprache in all seiner Fülle
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erleben. Die Fülle bezieht sich auf den Wortschatz und auch die Fülle an grammatikalischen
Strukturen, denen das Kind begegnet (vgl. Dahl 1999: 22).
Fülle meint auch eine grosse Breite bezüglich der Ausdrucksbereiche einer Sprache. Also
Umgangssprache, künstlerische Sprache, Lieder, Reime etc. Fülle bedeutet aber auch den
Kindern Ganzheiten anzubieten, nie nur Ausschnitte. Die wahrhaftige Sprache des
Erwachsenen, wie Steiner sagte, keine Kindersprache sollte auf die Sinne des Kindes
treffen. Dem Sprachlernvermögen des Kindes entspricht die totale Immersion, also das
völlige Eintauchen in die Gesamtheit einer fremden Sprache. Der didaktisch-‐methodische
Leitgedanke darf daher nicht vom Einfachen zum Schweren lauten. Keine reduzierte
fremde Sprache soll unterrichtet werden, sondern die Sprache in ihrer Gesamtheit. Dies
bedeutet nicht, dass man in Übungsphasen nicht gewisse Ausschnitte auswählt oder nicht
mit dem schwierigsten Teil des Vokabulars beginnt (vgl. Dahl 1999: 22). So wurde auch
festgestellt, dass viele Schüler beim Sprechen Gesetzmässigkeiten anwenden, die nie in
solcher Form erarbeitet wurden. Das Prinzip der Einsprachigkeit im
Fremdsprachenunterricht und das Hineinleben in die fremde Sprache durch unentwegtes
Sprechen führen zu einer ständigen aktiven und passiven Begegnung und zu Erfahrungen,
auf welche immer wieder zurückgegriffen werden kann. Es findet auch ein unbewusster
Spracherwerb statt. Es geht also um einen Spracherwerb im lebendigen Vollzug und in
Handlungssituationen (vgl. Dahl 1999: 69). Die Aktivitäten sprachlich begleiten. Steiners
Forderung möglichst viele kleine Konversationen zu haben über Dinge im Klassenzimmer,
alltägliche Erlebnisse, Familie, Haustiere, Wetter, Essen etc. also das alltägliche Leben, baut
darauf auf. Dieses sogenannte sachliche Konversieren schafft den Sinnbezug (vgl.
Templeton 2007: 167). Dabei begegnet dem Kind die Sprache immer ganzheitlich, in
Zusammenhängen. Fühlen, Handeln, Bewegung (Gestik, Mimik etc.). Das Gefühlsleben ist
jenes, was der eigentliche Träger des Bleibenden, der Vorstellung ist und jenes aus
welchem die Erinnerung hervorgeholt wird. Das Langzeitgedächtnis wird dann erreicht,
wenn Sprache vom Gefühl her und nicht intellektuell aufgegriffen. Überhaupt betont Dahl
das Tätigsein (mit dem Körper) als etwas Zentrales. Wobei das Hören sehr häufig
vorkommt und erst nach vielmaligem Hören und somit einer langen Phase des innerlichen
Verarbeitens, kommt dann die aktive Anwendung (vgl. Dahl 1999: 46-‐47).
Dafür plädiert auch Denjean. Er sagt, das Kind ist eigentlich ein Sinnesorgan. Nicht eines,
welches in bewusster Weise wirkt, aber ein Sinnesorgan, das unbewusst die Aussenwelt
nachbildet. Mit Beginn des zweiten Jahrsiebts, ziehen sich die Kräfte, welche zuvor im Kopf
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tätig waren, mehr in die untere Region des Leiblichen und die seelisch-‐geistige Tätigkeit
geht über in die Atmungs-‐ und in den Herzrhythmus. Jedoch bleibt etwas, von dem was
zuvor die Entwicklung geprägt hat, bis ins 9. Lebensjahr zurück. Jedoch nur, wenn die
Fremdsprache nicht intellektuell-‐ kognitiv, sondern mehr vom Gemüt an das Kind
herangetragen wird. Die Sprache sollte sich direkt an die Sinneserfahrung des Kindes
richten. Was bedeutet dies? Für den Fremdsprachenunterricht bedeutet es, dass man in
den ersten Jahren des zweiten Jahrsiebts noch mit der Nachahmung arbeiten kann. Es
handelt sich dabei um eine eigentlich reifere Nachbildung des Erlernens der
Muttersprache, so Denjean. Das heisst, dass wie beim Erlernen der Muttersprache noch
gearbeitet werden kann (vgl. Denjean 2000: 29-‐31; Templeton 2007: 167). Deswegen
plädierte Steiner dafür in der 1. Klasse mit dem Fremdsprachenunterricht zu beginnen.
Zentral sind dabei direkte Anbindungen eines Wortes an Gegenstände, nicht durch
Übersetzung (vgl. Denjean 2000: 29-‐31; Templeton 2007: 167).
Entsprechend betont Denjean auch die Notwendigkeit des Bildes. Das Element des Bildes
lässt in diesem Alter (1. -‐3. Klasse) die Sprache bis in die Tiefe des Organismus wirken. „Bis
zum neunten Jahre ungefähr will das Kind mittun an dem Bild“ (Denjean 2000: 31). Daher
sollte das Arbeiten und der Unterricht selber sollte schon ein Bild sein. Die Lehrperson und
das Kind machen zusammen eigentlich ein Bild. Solche Bilder lassen Kinder tief in die
Erlebniswelt eintauchen und dürfen nicht unterbrochen werden, bevor sie ausklingen.
Ansonsten wird aus dem Erlebnis nur eine Aussage. Es soll hier klar gemacht werden, dass
es sich nicht um tatsächliche Bilder handelt. Auch wenn diese natürlich als Hilfsmittel
eingesetzt werden können. Requisiten wie Puppen, Kleidungsstücke etc. sind, so Denjean,
wenn sie sparsam eingesetzt werden ein Mittel, über die Sinneserfahrung in die
Geschichten einzutauchen. Vielmehr aber spricht Denjean davon, dass das Kind selber noch
im Bilde lebt. Entsprechen, wird ein Lerninhalt nicht trocken erklärt, à la das ist jetzt das
Verb im Präsens. Sondern es wird zum Beispiel eine Geschichte erzählt, in welche das Kind
eintauchen und darin aufgehen kann (vgl. Denjean 2000: 31-‐32).
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4.3 Bewegung
Eine grosse Bedeutung kommt im Unterricht der Bewegung zu. Denn wie erwähnt sind
Sprache und Bewegung eng miteinander verknüpft. So wie das Kind beim Erlernen der
Muttersprache vom Greifen, Zeigen und Bewegen hin zum Sprechen kommt, genauso sollte
auch das Erlernen einer Fremdsprache aufgebaut sein (vgl. Templeton 2007 : 167). Es ist
nur logisch, dass dies im Fremdsprachenunterricht berücksichtigt werden muss. Je
körperbezogener Sprachakte angeboten werden, umso leichter fällt es den Kinder diese zu
reproduzieren, da sie Gedächtnisfördern wirken. Eigene, wie auch beobachtete Aktivität,
fördert das Erinnern. Denn die Bewegung sichert die Beteiligung des gesamten Körpers
und nicht nur der linken Hirnhälfte (vgl. Dahl 1999: 24-‐25).
Zwar wird das Kind sich stärker auf die Bewegung an sich, als auf die Sprache
konzentrieren. Doch genau so wird die Sprache automatisch aufgenommen. Templeton
erwähnt in diesem Zusammenhang die Natural Second Language Acquisition Theory. Eine
ihrer Annahmen besagt: „Language is best taught when it is being used to transmit messages,
not when it is explicitly taught for conscious learning“ (Templeton 2007: 167). Das heisst
während dem Tun über das, was man tut sprechen. Des weiteren, fördert Bewegung
meistens auch die Freude am Unterricht. Alles was das Kind mit Freude tut, bleibt viel eher
im Gedächtnis verankert (vgl. Dahl 1999: 24-‐25). Auch Denjean betont die Bedeutung von
Bewegung und Gesten. Er betont, dass die Lehrperson beim Bewegungen an die drei
Bühnen denken sollte. Die erste Bühne bilden die Hände der Lehrperson. Hier wird das
Sprachliche in der Artikulation speziell gepflegt. Die zweite Bühne ist die Körpergestalt. Sie
fördert die Erlebnisqualität, lässt die Schüler am meisten in ein atmendes Sprechen
hineinkommen und wirkt konzentrierend. Die dritte Bühne bildet dann der vordere
Bereich des Klassenraums. Hier wird gross gespielt, was auf den anderen Bühnen
erfolgreich erprobt wurde (vgl. Denjean 2000: 35).
4.4 Vergessen und Wiederholung
Basierend auf den Ausführungen zu Erinnern und Vergessen, fordert Steiner für den
Fremdsprachenunterricht, dass man nicht versuchen soll die ständige Präsenz aller
aufgenommenen Vorstellungsinhalte zu fordern. Also die dauernde Abrufbarkeit des
Gelernten. Es muss dafür gesorgt werden, dass ein gesunder Wechsel eintreten kann von
Erinnern und Vergessen, wie er, so Steiner, dem rhythmischen Verlauf aller
Lebensprozesse entspricht (vgl. Kiersch 1992: 55). Es bedarf Pausen und regelmässiger
Wiederholung. In diesen Pausen ruht das Erlernte aber nicht, sondern es rumort. Das
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Wissen wird im Inneren umstrukturiert und das neu Erlernte wird in dem bereits
Bekannten eingeordnet und reaktiviert dieses. Entsprechend braucht es nach intensiven
Beschäftigungsphasen eine Ruhephase. Die Kunst besteht jedoch auch darin, in der,
idealerweise über Jahre andauernden, regelmässigen Wiederholung. Rudolf Steiner nennt
diese Wiederholung „progressive Wiederholung“. Denn während der Ruhephase ist es zu
keinem Stillstand gekommen. Die Wiederholung wird auf einem höheren Niveau ansetzen
können (vgl. Dahl 1999: 68-‐69). Denn sich wiederholendes Wahrnehmen und Anwenden
fördert die Gewohnheitsbildung und dies wiederum fördert die Willens-‐ und
Erinnerungskräfte. Neben dem Weg über das Gefühlsleben ist der Weg über das
wiederholende Tun eine zweite Möglichkeit den Lebensleib zu erreichen, der das
Gedächtnis des Menschen trägt. Dabei wird die Aufnahmephase nicht durch eine
unmittelbar nachfolgende Aufforderung zur Anwendung gestört. Es braucht Zeit um neue
Inhalte innerlich zu verarbeiten. Einer Erstbegegnung folgen in den weiteren
Unterrichtseinheiten kleine Phasen, in denen die Schüler den neuen Inhalte immer wieder
in neuen Zusammenhängen und Situationen begegnen (vgl. Dahl 1999: 48-‐53).
4.5 Poetik vor Prosa
Eine zentrale Forderung Steiners war, dass die Kinder in der Unterstufe Poetisches lernen
(vgl. Templeton 2007: 167). Steiner sagte dazu: „In den ersten drei Jahren ist Poetisches
ganz entschieden dem Prosaischen vorzuziehen „ (Steiner in Denjean 2000: 37). Die
Inhaltsfrage wird so auch zur Formfrage. Das Poetische bringt es mit sich, dass man dabei
mit inneren Bildern umgeht, dass die Sprache rhythmisiert, klangvoll und meistens gereimt
ist. Das Technische nimmt eine zurückhaltende Rolle ein, das Handwerkliche bewahrt
seinen Bildcharakter und das Ländliche, Bäuerliche, Naturhafte und Tiere spielen eine
grosse Rolle. Es gibt nicht nackte Tatsachen, sondern, konkretisierte Stimmungen. Poesie,
Dichtung prägen den Unterricht und entsprechend sind Nuancen das Wesentliche, da sie es
sind, welche den Prosainhalt der Geschichten verdichten, wie Denjean sagt. Aus dieser
Praxis ergeben sich folgende Inhalte für den Unterricht. die Zeit (Uhrzeit, Tage, Wochen,
Monate, Feste, Daten...), das Wetter und Naturerscheinungen (Sturm, Regen, Sonne, Mond,
Sterne...), der Markt (Gemüse, Früchte, Einkaufen, Verkaufen, Landwirtschaft...) der
menschliche Körper, Bewegungen, Aktivitäten im Alltag, Kleidung, Berufe, Zahlen, das
Klassenzimmer (vgl. Denjean 2000: 38). Also alles naheliegende Dinge, welche möglichst
mit dem realen Alltag verknüpft werden können und zu denen die Kinder einen Bezug
haben.
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4.6 Grammatikunterricht
Steiner war aber dagegen, dass allein auf die Grammatik, Regeln und die Syntax der Fokus
im Unterricht gelegt würde. Anderseits sprach sich Steiner nicht dafür aus, Sprache
sozusagen ohne jegliche Grammatik zu unterrichten. Er verurteilte, dass man nun
sozusagen ins andere Extrem verfallen würde. Denn das würde bedeuten, dass man in
einem gewissen Wissensbereich, also in diesem Fall der Sprache, man auf der Stufe zwar
Bewusstsein erlangen würde, jedoch des sich selbst-‐ bewusstwerdens nicht. „Between the
ninth and thent years the child passes from the stage of consciousness to that of self-
consciousness. He distinguishes himself from the world. This ist the age when we can begin
gradually of course to teach the rules of grammar and syntax, fort he child is now reaching a
point wehre he thinks not only about the world, but about himself as well. To think about
oneself means, so far as speech is concerned, to be able not to merely to speak instinctively,
but to apply rational rules in speech“ (Steiner 19232: 2). Daher sagte Steiner, sei es Unsinn
Sprache ohne jegliche Grammatik zu unterrichten. Denn: „(...) if we avoid all rules, we
cannot impart to the child the requisite inner firmness for his tasks in life“ (Steiner 19232: 2).
Jedoch betonte Steiner, dass Grammatik erst ab dem Alter von neun Jahren unterrichtet
werden dürfe. Denn erst ab dann beginnt das Kind sich selbst bewusst wahrzunehmen.
Zuvor wäre es schlicht irrational Grammatik unterrichten zu wollen. Denn erst mit dem
langsamen Wechsel im 9./10. Lebensjahr, wo das Kind von einem instinktiven Lernen
langsam zu einem rationalen Lernen übergeht, macht Grammatikunterricht Sinn (Steiner
19232: 2). „Erst auf der zweiten Stufe, vom 9. bis zum 12. Jahre, beginnen wird das
Selbstbewusstsein mehr auszubilden. Und das tun wir in der Grammatik“ (Steiner in Wiechert
2012: 6).
Das Kind erlebt im 9./10. Lebensjahr die innere Umschmelzung vom Erfühlen im
mitschaffenden Willen zu einem stärkeren Ich-‐Bewusstsein. Die Empfindung wendet sich
stärker dem Denken zu. Die Aussenwelt und mit ihr die erlebte Sprache wird bewusster
wahrgenommen. Umgekehrt, so Röh, hat der Fremdsprachenunterricht nun die
Möglichkeit das Ich-‐Gefühl der Schüler zu stärken. Und zwar indem neben dem bewegten
Sprechen Schritt für Schritt das bewusstere Erfassen der Sprache tritt (vgl. Röh 2012: 14).
„It is the task of speech to inaugurate self-consciousness between the ninth and thent years
and generally speaking the principle of self-consciousness comes to light in grammar and
syntax“ (Steiner 19232: 2).
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5. Fazit Einerseits zeigt sich ein sehr umfassendes Konzept, welches vom Menschen ausgeht und
darauf die Methoden zum Fremdsprachenerwerb aufbaut. Das ganz zentrale Element der
Nachahmung und der somit frühe Fremdsprachenunterricht, was damals so sehr neu war,
erscheint heute als ganz logisch. Auch der induktive Ansatz, der die Fremdsprache über die
Nachahmung, durch ein natürliches Eintauchen in die Sprache, ein erleben und erlernen
über Schauen und Tun vermittelt, ist heute der dominierende Ansatz. Damals waren
Steiners Forderungen revolutionär.
Anderseits lässt sich feststellen, dass der Fremdsprachenunterricht an der Waldorfschule,
sich nicht alleine daran orientiert, dass die Kinder eine neue Sprache lernen. Viel mehr geht
es um ein Eintauchen in eine neue Art und Weise des Schauens und des Fühlens. Die
Fremdsprache beinhaltet andere Bedeutungen und Empfindungseindrücke. So erweitern
die Kinder auch ihre Welt. Steiner betonte ja, dass es nicht allein um die Sprachkompetenz
gehe, sondern auch die Erweiterung des Horizonts sozusagen und somit eine grössere
Verständigung zwischen den Menschen. Fremdsprachenunterricht sollte gemäss Steiner
auch das Mitfühlen und Nachempfinden fördern. Auch hier war Steiner einmal mehr seiner
Zeit voraus.
Selbstreflexion und Selbstevaluation:
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich mich das erste Mal mit der Philosophie von Steiner zum
Fremdsprachenunterricht auseinandergesetzt. Ich hatte mir zuvor nie Gedanken darüber
gemacht, wieso schon ab der 1. Klasse in den Steinerschulen zwei Fremdsprachen
unterrichtet werden, sondern dies für mich als selbstverständlich hingenommen oder auch
unter dem Aspekt des Nutzens frühen Fremdsprachenerwerbs gesehen. Durch diese Arbeit
konnte ich mich jedoch intensiv mit dem menschenkundlichen Hintergrund beschäftigen.
Fremdevaluation:
Vor-‐ und Nachname: Funktion:
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Kompetenznachweis
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Name der Studentin/des Studenten:
Studiengang: Ort: Dokumentierter Zeitraum: Dozent / Mentor: Im Kompetenznachweis sollen Fach-‐, Methoden-‐, Sozial-‐ und Selbstkompetenzen erfasst werden, die Bestandteil des im Portfolio dokumentierten Gesamtrahmens waren. Der Nachweis der Kompetenzen erfolgt nach Möglichkeit direkt anhand des Portfolios. Fachkompetenz:
Ich kenne nun die menschenkundliche Erklärung zum Fremdsprachenunterricht an
Steinerschulen, die Ziele des Unterrichts, sowie welches Grundkonzept zum
Fremdsprachenunterricht für die Unterstufe existiert.
Methodenkompetenz:
Da ich schon oft Literaturarbeiten verfasst habe, sehe ich durch diese keinen Zugewinn für
meine Methodenkompetenz.
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Sozialkompetenz:
Da es eine Arbeit war, welche ich alleine geschrieben habe, sehe ich keinen Gewinn für
meine Sozialkompetenz.
Selbstkompetenz:
Für mich persönlich habe ich erkannt, dass ich mir die Menschenkunde Stück für Stück
erarbeiten muss. Gleichzeitig ist es eine Herausforderung, diese in der Praxis sich bewusst
zu machen und umzusetzen. Viel zu oft vergisst man die Theorie in der Praxis. Für mich
konnte ich mit dieser Arbeit eine Lücke schliessen und die Hospitation nun aus einem
anderen Blickwinkel betrachten, was mir viel bewusst gemacht hat und mir geholfen hat,
bei der eigenen Unterrichtsvorbereitung die Menschenkunde bewusster einfliessen zu
lassen.
Unterschrift des Studierenden
Ort und Datum Unterschrift
Qualifikationsbestätigung
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Name der Studentin/des Studenten:
Studiengang: Ort: Dokumentierter Zeitraum: Dozent / Mentor: Bewertung des Portfolios und Kompetenznachweises:
Vor-‐ und Nachname: Funktion: Anschrift oder Email: Eine mündliche Befragung zum Portfolio hat stattgefunden:
Ja Nein
Kommentar zum Portfolio und Kompetenznachweis
Mit der Unterschrift bestätigt der Aussteller der Qualifikationsbestätigung, dass die Angaben im Kompetenznachweis mit der persönlichen Wahrnehmung übereinstimmen und dass das Portfolio alle inhaltlichen und formalen Kriterien eines Leistungsnachweises erfüllt: Unterschrift der Betreuerin/des Betreuers
Ort und Datum Unterschrift
Stand: 07. Juli 2015 20/20 © AfaP, Dornach
Bestätigung der Bewertung:
Mit der Unterschrift bestätigt die Studienleitung sowohl die Bewertung des Portfolios und Kompetenznachweises als auch die Anrechnung als Leistungsnachweis im folgenden Bereich des Studiums: Künstlerische Lehrveranstaltung
Theoretische Lehrveranstaltung
Praxisstudium
Unterschrift Studienleitung:
Ort und Datum Unterschrift Die unterschriebene Qualifikationsbestätigung ist vom Studierenden als Leistungsnachweis in Kopie beim Studienbüro einzureichen.