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Christian Harteis Kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen

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Christian Harteis

Kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen

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WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

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Christian Harteis

Kompetenzftirdernde Arbeitsbedingungen

Zur Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Helmut Heid

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

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Dissertation Philosophische Fakultat II - Psychologie und Padagogik­der Universitat Regensburg, 2002

1. Auflage August 2002

Aile Rechte vorbehalten © Springer Fachmedien Wiesbaden 2002

Ursprunglich erschienen bei Deutscher Universitats-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2002.

Lektorat: Ute Wrasmann / Britta Gohrisch-Radmacher

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ISBN 978-3-8244-0660-9 ISBN 978-3-322-90562-8 (eBook) DOl 10.1007/978-3-322-90562-8

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Geleitwort

Divergenz oder Konvergenz okonomischer und padagogischer

Handlungsmaximen?

Die Qualitat der Beitrage, die ein Mensch zur Erfiillung der gesellschaftlichen

Arbeitsaufgaben zu leisten vermag, hangt wesentlich von der Entwicklungs­

stufe seiner Kompetenz abo Menschliche Kompetenz entwickelt sich in kon­

struktiver Auseinandersetzung des Einzelnen mit seiner Umwelt. So fimda­

mental dabei die primare Sozialisation und die grundlegende Bildung auch

sein mogen, die Bedingungen, unter denen Menschen sich lange Zeit ihres Le­

bens - namlich wahrend ihrer Erwerbstatigkeit - zu behaupten und zu bewah­

ren haben, spielen dabei eine nicht weniger wichtige Rolle, und zwar auf meh­

reren Ebenen. Bereits die primare (familiale) Sozialisation wird durch die Be­

rufstatigkeit dessen beeinflusst, der den Stil der familialen Lernumgebung des

Heranwachsenden pragt. Bereits in der primaren Sozialisation hat die zumeist

implizite Bestimmung des antizipierten Wozu fiir die familiale Erziehung Be­

deutung: Worauf muss mein Kind vorbereitet sein? Was soIl aus dem Kind

"werden"? Vollends in der schulischen Bildung und in der beruflichen Quali­

fizierung spielt der Aspekt der Lebens- und Berufsruchtigkeit eine wichtige

Rolle. Die damit angedeuteten Wechselseitigkeiten haben eine Grundstruktur:

Menschen finden zunachst einmal die Bedingungen individueller Selbstbe­

hauptung und Bewahrung vor, sie sind aber nicht nur Subjekte der kritisch­

selektiven und darin zugleich lernenden Auseinandersetzung mit diesen Be­

dingungen individueller Selbstbehauptung, sondem sie sind wiederum genau

damit auch Subjekte der Aus-Gestaltung dieser Bedingungen. Auf der einen

Seite hat die ertragreiche Mitwirkung an der Erfiillung gesellschaftlicher und

im besonderen betrieblicher Arbeitsaufgaben entwickelte Kompetenzen zur

Voraussetzung. Auf der anderen Seite ist die jeweilige, in der Regel betriebli­

che Organisation gesellschaftlich notwendiger Arbeit eine wesentliche Bedin­

gung nicht nur individueller Kompetenzverwertung, sondem auch damr vor­

ausgesetzter Kompetenzentwicklung. Die Leistungen eines Betriebs konnen

nur so gut sein, wie die Kompetenz der Subjekte dieser Leistungen gut ist.

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VI Geleitwort

Und die Kompetenzentwicklung Beschaftigter ist zweifellos auch eine Funkti­

on der Qualitat betrieblicher Arbeitsorganisation und Aufgabenerfiillung. Die

skizzierte funktionale Wechselseitigkeit ist so plausibel, dass die aktuelle An­

nahme einer Konvergenz okonomischer und padagogischer Handlungsratio­

nalitat im Kontext betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung alles

andere als leichtfertig erscheint.

Urn diese Grundannahme einer empirischen Uberpriifung zu unterziehen,

geht Harteis in seiner Untersuchung zunachst von der Frage nach den Erfolgs­

bedingungen untemehmerischen Handelns angesichts aktueller okonomischer

und technischer Entwicklungen in globalisierten Markten aus. Auch er stogt

dabei auf die Bedeutung der Kompetenz Beschaftigter - insbesondere an roh­

stoffarmen 5tandorten. Der Untemehmenserfolg hangt nicht zuletzt davon ab,

wie weit es gelingt, die betriebliche Organisation der Arbeit so zu entwickeln,

dass die Kompetenz Beschaftigter optimal genutzt, aber auch permanent ent­

wickelt werden kann. Kompetenzentwicklung ist eine Voraussetzung betrieb­

licher Kompetenzverwertung, und Kompetenzverwertung eine Voraussetzung

betrieblicher Zweckerfiillung. Aber der Kreis dieses Funktionszusammen­

hangs schliegt sich erst, wenn die fiir die betriebliche Organisationsentwick­

lung Verantwortlichen einsehen und realisieren, dass die kompetenzfordemde

Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation eine wesentliche Bedingung

der Kompetenzentwicklung ist.

Wahrend in der fortbestehenden Tradition bildungstheoretischen Denkens

und Handelns Okonornie und Padagogik als unvereinbar galten und gel ten,

sehen "realistisch gewendete" Bildungsforscher, Bildungspolitiker und Bil­

dungspraktiker in zunehmendem Mag das Erfordemis, die realen - eben auch

betrieblichen - Bedingungen der Entwicklung und Verwendung des in der Bil­

dungsbiographie Gelemten ins Kalkiil zu ziehen. So hat beispielsweise die

PI5A-5tudie nicht etwa die bloge Reproduktion generierten Wissens erhoben

und zum Erfolgskriterium bestimmt, sondem statt dessen die Fahigkeit, gene­

riertes Wissen auch fiir Problemlosungen zu nutzen. Damit wird nicht auch

schon - wie in bildungstheoretischen Reaktionen voreilig und unbegriindet

beanstandet wird - die okonomische Verwertbarkeit oder Brauchbarkeit zum

(alleinigen) Qualitatskriterium fiir Bildung. Aber eine Bildung, die als gebildet

Geltende nicht befahigt, sich selbst unter den realen Bedingungen gesell­

schaftlicher Praxis zu behaupten und zu bewahren, das heilSt auch: an der ver­

antwortlichen Gestaltung gesellschaftlicher, kultureller und okonomischer

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Geleitwort VII

Praxis mitzuwirken - fur eine solche Bildung hat Theodor Litt (Berufsbildung,

Fachbildung, Menschenbildung, Bonn 1958) in gnadenloser Scharfe eine

"Bankrotterklarung" begrtindet. "Entweder wir werden 'gebildet' in der

Schule des Schicksals, das uns in seine harte Zucht genornrnen hat, oder wir

werden es uberhaupt nicht." (5. 23). "Der Mensch als Person, dieser unersetzli­

che Quellpunkt aller Aktivitat und Produktivitat, bleibt nur dann vor dem

Schicksal der Verschuttung bewahrt, wenn er ... gewissenhaft darauf bedacht

ist, der Sache, die ihm anvertraut ist, ... gerecht zu werden, wie er sich hutet,

sich durch sie aufsaugen zu lassen. Nur wenn er das eine mit dem anderen zu

verbinden weiB, wird er seinem Fache nichts schuldig bleiben und doch nicht

aufhoren, Mensch zu sein" (5. 88). Auf der anderen Seite, narnlich auf der Seite

des Beschaftigungssystems, setzt sich zumindest in prograrnrnatischen Postu­

laten betrieblicher Organisationsentwickler irnrner starker die Einsicht durch,

dass Niveau und Qualitat betrieblicher Aufgabenerfullung in zunehmendem

MaB von der Qualifikation betrieblich Beschaftigter abhangen. Darin liegt eine

Konvergenz nicht nur des Betrachteten, sondern auch verschiedener Betrach­

ter und Beurteiler.

Zum Aufbau der Arbeit

Das ubergeordnete Ziel der Stu die besteht darin, einen konzeptionellen Orien­

tierungsrahrnen zu entwerfen, urn die individuelle Kompetenzentwicklung irn

Rahmen betrieblicher Arbeit erfassen und beurteilen zu konnen. Zu diesern

Zweck werden ernpirische Daten explorativ erhoben und fur die Entwicklung

und Prazisierung untersuchungsleitender Hypothesen verwendet. Bevor

Harteis sich dieser Aufgabe widrnet, werden Gegenstand und Fragestellung

der Untersuchung prazisiert und zentrale Begriffe definiert. Harteis verwendet

den Begriff Kompetenz in expliziter Abgrenzung zurn Begriff der Performanz.

Kornpetenz wird als das fur die Erfullung von Aufgaben relevante Handlungs­

, Fahigkeits- und Wissenspotenzial verstanden. Die Anwendung dieser Kom­

petenz hat eine verantwortliche, und das heillt insbesondere: begrundete Ent­

scheidung zur Voraussetzung, zu deren Fundierung eine individuelle Kosten­

Nutzen-Kalkulation keineswegs bloB monetarer Engfuhrung wichtig ist.

SchlieBlich zeigt Harteis, wie sich seine Untersuchung in den Bezugsrahmen

intemationaler Lehr-Lem-Forschung und insbesondere beruflicher Qualifizie­rung einordnet.

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VIII Geleitwort

Urn die Bedeutung individueller Kompetenz im Rahmen der Organisation be­

triebIicher Arbeit verdeutlichen zu kiinnen, stellt Harteis die wichtigsten Kon­

zepte betriebIicher Arbeitsorganisation vor dem Hintergrund der voIkswirt­

schaftlichen EntwickIung im 20. Jahrhundert dar und einander gegenuber.

Unter den Rahmenbedingungen, unter denen Betriebe ihre Arbeitsorganisati­

on entwickeIn, gehiiren insbesondere veranderte Anforderungen gIobaIisierter

Markte, der permanente technische Fortschritt, insbesondere die standige

Leistungssteigerung der Informations- und Kommunikationstechniken sowie

nicht zuIetzt davon reIativ unabhangige Entwicklungen in der Kompetenz und

Orientierung Beschaftigter (z.B. "WertewandeI"). Imweit gespannten Rahmen

dieser EntwickIung wird sod ann gezeigt, dass und wie neuere Organisations­

konzepte die individuelle Kompetenz Beschaftigter aIs zentraIe Ressource fiir

den UnternehmenserfoIg verstehen und - zumindest auf programmatiseher

Ebene - in der betrieblichen Praxis zu beriieksichtigen versuchen. AIs Konse­

quenz ergibt sich fur die betriebliche Bildungsarbeit, dass isolierte MafSnah­

men individueller KompetenzentwickIung wenig erfoIgversprechend sind.

Statt dessen wird die Verzahnung betriebIieher BiIdungsarbeit mit MafSnah­

men der betriebliehen OrganisationsentwiekIung immer wichtiger. Denn erst

in der konkreten Arbeitssituation kiinnen die Verwendungs- und zugIeich die

Entwicklungsbedingungen individueller Kompetenz Beschaftigter erfahren,

genutzt und (weiter-)entwickeIt werden. In der erziehungswissenschaftlichen

Debattc wird dieser SachverhaIt zwar gesehen und im Konvergenzkonzept

postuIicrt. Aber die Diskussion verharrt bisher doch weitgehend auf pro­

grammatischer Ebcne. Harteis ist entschieden und konsequent an der Frage

nach der empirischen Uberpriifung interessiert. Zu diesem Zweck zieht er die

bis dahin extrem vernachIassigte individueIIe Perspektive Beschaftigter sehr

vieI starker in Betracht, aIs das in der bisherigen und immer noch herrschen­

den Diskussion der Fall ist. Er ist mafSgebIich an der EntwickIung eines Re­

gens burger Konzepts der Konvergenz iikonomischer und padagogischer Prin­

zipien betrieblicher Organisationsentwicklung beteiligt, das nicht auf der Basis

programmatischer Aussagen verharrt, sondern an die Logik betrieblicher Pra­

xis anschliefSt: Keinen iikonomischen Erfolg ohne kompetente, qualifizierte Be­

schaftigte. Keinen individuellen ErfoIg Besehaftigter ohne die GeIegenheit, die

bereits vorhandene Kompetenz zu erfahren, zu nutzen und weiterzuentwi­

ekeln. Wirtschaftliche Erfolge und KompetenzentwickIung gehiiren nicht nur

auf betrieblicher bzw. organisationaIer, sondern auch auf der individuellen

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Geleitwort IX

Ebene jedes einzelnen Beschaftigten zusammen. Die balancierte Realisierung

dieser Wechselseitigkeit ist an Voraussetzungen gekntipft, denen Harteis seine

besondere Aufmerksamkeit widmet.

Das Regensburger Konzept ist Ausgangsbasis ftir die Entwicklung der Frage­

stellung, die im Rahmen einer vierstufigen Delphi-Untersuchung gekIart wer­

den 5011. Sie lauten im einzelnen:

1. Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erftillen, damit Beschaftigte

ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfordernd erleben?

2. Welche Hindernisse nehmen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld im Hin­

blick auf die Forderung ihrer individuellen Kompetenz wahr?

3. In wie weit besteht ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen

Kompetenzanforderungen?

4. In welchem Verhaltnis spielen okonomische und padagogische Uberlegun­

gen bei der Abwagung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenz­

entwicklung eine Rolle? Dabei wird - wie bereits angedeutet - "Okonomie"

nieht undifferenziert dem Unternehmen bzw. dem Betrieb und "Padago­

gik" ebenso undifferenziert den Beschaftigten zugeordnet. Besehaftigte ha­

ben auBer dem Interesse an der Entwicklung ihrer Kompetenz aueh ein ge­

nuin okonomisehes Interesse an der ertragreiehen Verwertung ihrer Kom­

petenz.

Die Befunde zur Beantwortung der vier genannten Fragen fallen heterogen

aus. Zum Tei! konnen gtinstige Voraussetzungen ftir die Realisierung kompe­

tenzfordernder Arbeitsbedingungen im Sinne des Regensburger Konvergenz­

konzeptes gefunden werden. Dazu zahlen die Befunde, wonaeh einzelne

Komponenten der neueren Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation tat­

sachlich von Beschaftigten in ihrer konkreten Arbeit als Forderung und Forde­

rung ihrer individuellen Kompetenz erlebt werden. Zudem zeigen die Ergeb­

nisse, dass die Beschaftigten in der Entwicklung ihrer beruflichen Kompetenz

durchaus auch Vorteile fiir ihre tiber das Berufliche hinausgehende personli­

ehe Entwicklung sehen. Allerdings weisen einige Befunde auch auf ungiinstige

Voraussetzungen fiir die Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedin­

gungen hin. Dies tritt in denjenigen Teilen der Untersuchung zutage, in denen

die befragten Beschaftigten auf verkrustete Strukturen und unzureichende

Handlungsspielraume stoBen. Die Ursache fiir diese Hindemisse bei der Reali-

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x Geleitwort

sierung kompetenzfordernder Arbeitsbedingungen konnen in einer Fiih­

rungspraxis liegen, die in der untersuchten stichprobe nicht imrner den An­

forderungen neuer Organisationskonzepten entsprechen.

Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und padago­

gischer Prinzipien betrieblicher Organisationsentwicklung wird ein Ansatz

entwickelt und verwendet, der sich von den bislang diskutierten vor aHem da­

durch unterscheidet, dass er nicht auf den programrnatisch-normativen Kon­

text beschrankt bleibt und fiir die prinzipieHe Differenz deskriptiver und pra­

skriptiver satze sensibilisiert. Denn darin ist ein weiterer gravierender Mangel

der bisherigen Diskussion zu sehen, dass nicht klar zwischen Programrn und

Wirklichkeit unterschieden wird, ja dass - entweder gedankenlos oder strate­

gisch - normative und empirische satze besonders in den hier thematisierten

Erorterungen regellos konfundiert werden.

In der empirischen Untersuchung geht es urn die Realisierungsbedingungen

kompetenzfordernder Arbeitsorganisation. Es ist im Rahmen dieser Untersu­

chung noch nicht moglich, betriebliches Handeln unrnittelbar zu erfassen (et­

wa zu beobachten). Vielmehr wird die Erhebung durch eine Befragung nach

der Delphi-Technik durchgefiihrt. Die Erhebung richtete sich auf die vier be­

reits erwahnten Fragenkomplexe. Nachdem Harteis die Tauglichkeit der Del­

phi-Technik fiir die Beantwortung seiner Fragen ausfiihrIich und auch kritisch

begriindet, beschreibt er seine Stich probe (Fiihrungskrafte und Beschaftigte

aus jeweils zwei Gro1Sunternehmen der Region) sowie den Untersuchungs­

verlauf. Danach wird die Durchfiihrung der Untersuchung beschrieben. Die

akribische DarsteHung der Untersuchungsergebnisse machen etwa ein DritteI

der vorliegenden Untersuchung aus. Harteis komrnt zu dem Ergebnis, dass

auf der konzeptionellen Ebene gunstige Voraussetzungen fur die Realisierung

kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen im sinne des Regensburger Kon­

vergenz-Konzeptes herrschen. Demgegeniiber sind auf der Ebene betriebli­

chen Handelns - nach Auskunft der Akteure - haufig noch Bedingungen vor­

findbar, die einer Realisierung der Konvergenzkonzeption entgegenstehen.

Worin besteht der wissenschaftliche Ertrag der vorliegenden Arbeit?

1. Harteis begniigt sich nicht damit, die Prograrnmatik der postulierten Kon­

vergenz und deren Begriindung nachzuzeichnen. Er begniigt sich auch

nicht darnit, die befiirchteten Diskrepanzen zwischen Programrn und

Wirklichkeit zu buchstabieren. Er beabsichtigt und Ieistet vielmehr einen

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Geleitwort XI

Beitrag zur Beschreibung und ErkIarung des tatsachlichen Verhaltnisses

von Programm und Wirklichkeit in dem von ihm ausgewahlten Untersu­

chungsfeld. Das geschieht methodenkritisch und mit wunschenswerter Be­

hutsarnkeit in der Ergebnisinterpretation.

2. Harteis kann zeigen, dass padagogische Gesichtspunkte auch bei der Er­

ftillung beruflicher und gesellschaftlicher Aufgaben eine wichtige Rolle

spielen. Menschen sind an ihrer eigenen Kompetenz interessiert, und sie

sind bereit, in die Entwicklung dieser Kompetenz zu investieren.

3. Es hat sich gezeigt, dass Akteure verschiedener betrieblicher Hierarchiestu­

fen moglichst ubereinstimmend wissen mussen, was genau gemeint ist,

wenn von Konvergenz okonomischer und padagogischer Regulative die

Rede ist und worin genau dasjenige besteht, was als Kompetenzmerkmal

postuliert wird (z.B. Verantwortungsbereitschaft).

Eine inhaltlich interessante wie methodisch innovative Besonderheit be­

steht darin, dass die Probanden aufgefordert werden, die Interpretation des

beispielsweise mit "Verantwortungsbereitschaft" Gemeinten durch Nen­

nung von praktischen Beispielen zu illustrieren und in gewisser Weise auch

zu validieren. Dabei treten hochst interessante Diskrepanzen zutage, mit

denen Harteis zur Sieherung seiner Befunde ebenso behutsam wie ergiebig

umzugehen versteht. Die kritische Verstandigung unter den Akteuren ver­

schiedener betrieblicher Hierarchiestufen ist eine Bedingung der Moglich­

keit, an der Verwirklichung des Konvergenzpostulates zu arbeiten. Hinzu

kommen muss ein gemeinsamer Wille und eine entsprechende Praxis oko­

nomische und padagogische Maximen betrieblichen Handelns nicht nur in

programmatischen Deklamationen, sondern auch in der praktischen Ori­

entierung zu balancieren und zu optimieren.

4. SchliefSlich arbeitet Harteis Tatsachen, Ursachen, Relevanz und Konsequen­

zen von Diskrepanzen sowohl zwischen okonomischen und padagogischen

Handlungsmaximen als auch zwischen Fiihrungskraften und Beschaftigten

heraus. Er ist sich der Geltungsgrenzen seiner Ergebnisse bewusst, kann a­

ber gute Grunde fur seine Einschatzung gel tend machen, dass die Ergeb­

nisse nieht nur wichtige Informationen enthalten, sondern auch Ausgangs­

punkt weiterer, moglicherweise reprasentativer Untersuchungen sein kon­

nen.

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XII Geleitwort

Sowohl in methodischer, als auch in inhaltlicher Hinsicht beschreitet Harteis

zur Beantwortung seiner Forschungsfrage neue Wege. Er kommt zu neuen Er­

kenntnissen. Bereits bei der Veriiffentlichung von Teil- und Zwischenergebnis­

sen hat die Resonanz der FachiiHentlichkeit gezeigt, dass diese Untersuchun­

gen einen Fortschritt insbesondere bei der kompetenztheoretischen Bearbei­

tung des Themas darstellt. Harteis zeigt nicht nur die Anschlusse fur eine im

5inne des Konvergenzpostulats ertragreiche Praxis der Organisations- und

Kompetenzentwicklung. Er zeigt auch Anschlusse fur gezielte Vorhaben der

empirischen Qualifikations- und Bildungsforschung.

Helmut Heid

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Vorwort

In der akademischen Tradition ist es iiblich, Qualifizierungsarbeiten als Leis­

tungen von Einzelpersonen auszuweisen. Damit wird dem Missverstandnis

Vorschub geleistet, an der Entstehung einer solchen Forschungsarbeit seien

weitere Personen nicht beteiligt. Dabei weill man spatestens seit dem Erstar­

ken konstruktivistischer Ideen im erziehungswissenschaftlichen Diskurs, dass

soziale Einbindung und soziale Aushandlung von Bedeutungen entscheidende

Determinanten der Entwicklung individueller Kompetenz und der Validie­

rung individuellen Erkenntnisgewinns sind. Der personliche Dank an die

Mitwirkenden zu Beginn dieser Arbeit soll zeigen, dass ich (nicht nur) in die­

ser Hinsicht sehr gute, kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen vorfand.

Helmut Heid gilt mein Dank fiir sein Engagement bei der Implementierung

dieses Forschungsprojektes (ein GruB geht an dieser Stelle auch nach Kiel'),

seine kritische Begleitung und seine Bereitschaft, als Erstbetreuer zur Verfii­

gung zu stehen. Ich danke meinem Zweitbetreuer Hans Gruber fur die furcht­

und manchmal rlicksichtslose Kommentierung des gesamten Vorhabens und

seine Anregungen vor allem flir die empirischen Arbeiten.

Sehr herzlicher Dank gebiihrt Johannes Bauer und Dagmar Festner, die ge­

meinsam mit mir in das operative Tagesgeschaft dieses Forschungsprojekts

eingebunden waren. Ihnen wiinsche ich, dass sich der fiir dieses Projekt be­

triebene Aufwand auch in personlichem Nutzen niedergeschlagen hat.

Last not least danke ich Wolfgang Gallenberger und Bettina Meier flir ihre

kallegiale Unterstiitzung und Diskussion wahrend der gesamten Arbeit und

var aHem flir ihre Rlickmeldungen in der Endphase der Texterstellung.

AbschlieBend soll noch hervorgehoben werden, dass diese Arbeit auf Basis

einer Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erstellt wur­

de (Aktenzeichen He 1158/4-1).

Christian Harteis

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Inbaltsverzeicbnis

1. Einleitung .................................................................................................................... 1

1.1 Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns ...................................................... 1

1.2 Konvergenz 6konomischer und plidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal· und Organisationsentwicklung ............................................................ 3

1.3 Ziele der Arbeit ..................................................................................................... 5

1.4 Aufbau der Arbeit ................................................................................................. 5

2. KUirung des Untersuchongsgegenstandes ond der verwendeten Begriffe ........... 9

2.1 Kompetenz .......................................................................................................... 1 0

2.1.1 Arbeitsdefinition des Kompetenzbegriffs .................................................... 11 2.1.2 Alternative Kategorisierungs. und Analysestrategien ................................. 15 2.1.3 Restimee: Begrtindung der Arbeitsdefinition .............................................. 20

2.2 Arbeitsbedingungen ............................................................................................ 22

2.3 Individuelle Kompetenzentwicklung im Rahmen beruflicher Arbeit als Teilbereich beruflichen Lernens .................................................................... 23

2.3.1 Organisationsgrad beruflichen Lernens ....................................................... 25 2.3.2 Modi beruflichen Lernens ............................................................................ 27 2.3.3 Voraussetzungen beruflichen Lernens ......................................................... 29

2.4 Zusammenfassung .............................................................................................. 31

3. Ansiitze ond Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation ................................... 33

3.1 Die Entwicklung der Konzepte vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Entwicklung .............................................................. 34

3.2 Klassiker betrieblicher Arbeitsorganisation und VorHiufer moderner Managementkonzepte ......................................................................... 39

3.2.1 Grundslitze wissenschaftliche Betriebsfiihrung nach Taylor.. .................... .40 3.2.2 FlieBbandproduktion .................................................................................... 42 3.2.3 Der Human·Relation·Ansatz ...................................................................... .44

3.3 Die erste und zweite Rationalisierungswelle ..................................................... .46

3.4 Die jtingste Welle betrieblicher Reorganisation: Die neuen Organisationskonzepte ..................................................................... .49

3.4. I Prlizise Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation ...................................... 50 3.4.2 Vage Anslitze betrieblicher Arbeitsorganisation ......................................... 61

3.5 Zusammenfassung .............................................................................................. 64

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XVI Inhaltsverzeichnis

4. Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter ....................................... 67

4.1 Veriinderungen der Anforderungen .................................................................... 68

4.1.1 Die Rolle Beschaftigter in den Vorgangern moderner Organisationskonzepte ............................................................................... 68

4.1.2 Die Rolle Beschiiftigter in den Ansatzen der ersten beiden RationaIisierungswelien ................................................................. 69

4.1.3 Die Rolle Beschiiftigter in den neuen Organisationskonzepten ...... '" .................................................................... 71

4.1.4 Ergebnis des Abschnitts 4.1 ......................................................................... 83

4.2 Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit ............................................. 84

4.2.1 Individuelle Perspektive .............................................................................. 85 4.2.2 Organisationale Perspektive ........................................................................ 96

4.3 Erziehungswissenschaftliche Bewertung der Entwicklung betrieblicher Arbeitsorganisation ........................................................................ 99

4.3.1 Paradigma der Divergenz ........................................................................... 101 4.3.2 Paradigma der Konvergenz ........................................................................ 103

4.4 Zusammenfassung ............................................................................................ 105

5. Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts ......................................................... 107

5.1 Bestandsaufnahme: Kritische Sondierung der beschriebenen Positionen ........ 107

5.1.1 Kritikpunkt I: F ehlende empirische Evidenz .......................................... 108 5.1.2 Kritikpunkt 2: Programmatik ................................................................... 110 5.1.3 Kritikpunkt 3: Unterstellung einseitiger Zusammenhiinge ...................... 117 5.1.4 Kritikpunkt 4: Abstraktionsniveau der Anforderungen ........................... 120 5.1.5 Kritikpunkt 5: Relevanz okonomischer und

padagogischer UberJegungen ................................................................... 122

5.2 Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts ........................................... 123

5.2.1 Die okonomischer Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ................................................ 124

5.2.2 Die padagogische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ................................................ 127

5.2.3 Zur Konvergenz okonomischer und piidagogischer Prinzipien ................................................................................................. 129

5.3 Zusammenfassung ............................................................................................ 131

6. Fragestellung der Untersuchung .......................................................................... 133

6.1 Komplex I: Bedingungen der Kompetenzfcirderung ...... , ................................ 134

6.2 Komplex 2: Hindernisse der Kompetenzfcirderung ......................................... 136

6.3 Komplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis ................................................ 137

6.4 Komplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer UberJegungen ....... 138

6.5 Ubergeordnete Fragestellung ........................................................................... 139

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Inhaltsverzeichnis XVII

7. Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente ........................................ 141

7.1 Erhebungsinstrument: Die Delphi-Technik ..................................................... 141

7.1.1 Herkunft des Verfahrens .......................................................................... 141 7.l.2 Eigenschaften und Merkmale der Delphi-Technik .................................. 142 7.1.3 Prognose- und Informationsgewinnung ................................................... 144 7.1.4 Versuchspersonen .................................................................................... 145 7.1.5 Zum typischen Ablauf... ........................................................................... 146 7.l.6 Vor- und Nachteile des Verfahrens .......................................................... 146 7.l.7 Eignung des Verfahrens fur die Ziele der vorliegenden Arbeit... ............ 147

7.2 Beschreibung der Stichprobe ........................................................................... 148

7.3 Untersuchungsverlauf. ...................................................................................... 149

7.3.1 Die erste Delphi-Runde ............................................................................ 151 7.3.2 Die zweite Delphi-Runde ......................................................................... 151 7.3.3 Die dritte Delphi-Runde ........................................................................... 152 7.3.4 Die vierte Delphi-Runde .......................................................................... 153

7.4 Operationalisierung der Untersuchungsfragen und Auswertungsinstrumente ........................................................................... 154

7.4.1 Fragenkomplex I: Bedingungen der Kompetenzforderung ..................... 154 7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindemisse der Kompetenzforderung ....................... 156 7.4.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis .............................. 157 7.4.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis okonomischer und

padagogischer Uberlegungen.......... . ........................................... 158

8. Ergebnisse .. ............................................. 161

8.1 Deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe ..................................................... 161

8.2 Bedingungen der Kompetenzmrderung ......................................................... 162

8.3 Hindemisse der Kompetenzforderung ............................................................. 166

8.3.1 VerbesscrungsvorschHige ......................................................................... 166 8.3.2 Beispiele fur Schwierigkeiten .................................................................. 170

8.4 Gemeinsam geteiItes Verstandnis .................................................................... 173

8.5 Verhaltnis okonomischer und piidagogischer Uberlegungen ........................... I77

8.5.1 Deskriptive Ergebnisse der Vorteilsnennungcn ...................................... 178 8.5.2 Deskriptive Ergebnisse der Nachteilsnennungen .... ..185 8.5.3 Teilgruppenvergleiche .......................................................................... 193

Page 17: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

XVIII Inhaltsverzeichnis

9. Diskussion der Befunde ......................................................................................... 197

9.J Komplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung ....................................... 197

9.2 Komplex 2: Hindemisse der Kompetenzforderung ......................................... 201

9.2.1 Diskussion der Verbesserungsvorschliige ................................................ 202 9.2.2 Diskussion der Beispiele, in denen ein hohes MaG an

Kompetenz zu Problemen fuhrte ............................................................. 208

9.3 Komplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis ................................................ 211

9.4 Komplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer Oberlegungen ....... 217

9.5 Diskussion methodischer Gesichtspunkte ........................................................ 225

10. Schlussfolgerungen und Ausblick ...................................................................... 231

10.1 Zusammenschau der Ergebnisse .................................................................... 231

10.1.1 Giinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen ............................................................................... 231

10.1.2 Ungiinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen ............................................................................... 233

10.2 Schlussfolgerungen ........................................................................................ 235

10.2.1 Schlussfolgerungen fur die piidagogische Praxis .................................. 235 10.2.2 Schlussfolgerungen fur die erziehungswissenschaftiiche Debatte ........ 236

10.3 Ausblick: Weiterfuhrende Forschungsdesiderata ........................................... 237

10.4 Zusammenfassung der Arbeit ......................................................................... 240

Literatur ..................................................................................................................... 245

Page 18: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

1 Einleitung

Fragen der Zukunftsfahigkeit von Unternehmen befinden sich heute im Blick­

punkt offentlicher Diskussion und offentlichen Interesses. Dabei stehen die

"Mega trends" wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und technischer Entwicklung

im Mittelpunkt. Bezug nehmend auf diese Megatrends wird in der Regel auf

veranderte und sich weiter verandernde betriebliche Rahmenbedingungen

geschlossen, unter denen die individuelle Kompetenz Beschaftigter als strate­

gischer Erfolgsfaktor fur den okonomischen Fortbestand der Unternehmen

verstanden wird (vgl. z.B. ICKING 2000; SCHULZE 2000; ULICH 1995). Die hohe

Bedeutung individueller Kompetenz der Beschiiftigten fur die Unternehmen

hat sich mittlerweile im gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und wirtschaft­

lichen Diskurs fest verankert. Allerdings liegen kaum empirisch gesicherte In­

formationen vor, ob und wie weit die Voraussetzungen flir solche

Arbeitsbedingungen gegeben sind, die die individuelle Kompetenz Beschiif­

tigter fordern und fordern. Insbesondere in der erziehungswissenschaftlichen

Debatte gilt es als strittig, ob die Behauptung kompetenzfordemder Arbeits­

bedingungen zutreffend oder gar verallgemeinerbar ist (vgl. z.B. BOCrnER

1998; MARIAK & KLUGE 1998). Die vorliegende Arbeit ermittelt die Vorausset­

zungen kompetenzfordernder Arbeitsbedingungen und stellt in einer explo­

rativen Delphi-Studie Moglichkeiten der Realisierung kompetenzfiirdemder

Arbeitsbedingungen dar. Damit soli ein erster Beitrag geleistet werden, das

Defizit an empirischen Befunden in diesem Feld zu beheben.

1.1 Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns

In der Diskussion urn die veranderten Rahmenbedingungen, denen sich Un­

temehmen heute zu stellen haben, wird auf drei Megatrends verwi~sen (vgl.

z.B. ApPELBAUM, BAILEY, BERG & KALLEBERG 2000; FREI, HUGENTOBLER,

ALIOTH, DUELL & RUCH 1996; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996): (1.) Veran­

derte Anforderungen des Marktes, insbesondere der Globalisierung, (2.) tech­

nologischer Fortschritt und (3.) Veranderungen im Beschiiftigungssystem.

Page 19: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

2 Einleitung

(1.) Die Ausdehnung des Wettbewerbs auf internationale Markte ("Globalisie­

rung") bei gleichzeitig hohem Sattigungsgrad der Markte ftir Konsumarti­

kel in den entwickelten Landern beschreibt die wichtigste Detenninante

seitens der Marktbedingungen, unter denen Untemehmen ihren Fortbe­

stand dauerhaft sicherstellen wollen. Unter dieser Voraussetzung haben

sich die MarktkonsteIIationen weg von Produzentenmarkten, auf denen

Untemehmen mit Massenprodukten den Konsum (und dessen Konditio­

nen) steuerten, hin zu Konsumentenmarkten entwickelt. Hier bestimmen

kurze Produktlebenszyklen, hohe Produktionsqualitat und Orientierung

an den Bedtirfnissen der Kundenschaft das unternehmerische Agieren.

(Zumindest laut Programm, denn die Entstehung des neuen Kunstbegriffs

"Mass Customizing" als Versuch, mit Massenprodukten in vordergrtindig

variantenreicher Auspragung Markterfolge zu erzielen, deutet mogli­

cherweise auf eine Form der Massenproduktion auf neuem Niveau hin.)

Zentrale Anforderung hier ist die Notwendigkeit flexibler Anpassung an

(unsichere) au/Sere, sich verandernde Rahmenbedingungen. In Folge hier­

von avancierten Unsicherheit und Wandel zu festen Bestandteilen moder­

ner Arbeitsorganisation (vgI. KOHL 1998). Diese Integration von

Unsicherheit in die Arbeitsorganisation muss von den in den Unterneh­

men tatigen Beschaftigten bewaltigt werden, wobei angesichts flacher Or­

ganisationsstrukturen diese Aufgabe immer weitere Teile der Belegschaft

erreicht (vgL PRIDDAT 2000c).

(2.) Eine dramatische Leistungssteigerung der Informations- und Kommuni­

kationstechniken ftihrt zu immensen Anwendungspotenzialen auf allen

Ebenen betrieblicher Leistungserstellung. 1m Zusammenhang mit Ver­

kehrs-, Produktions- und Werkstofftechnik volIziehen sich tiefgreifende

Wandlungen, die sich in der Steigerung von Produktivitat, zunehmender

Mobilitat, Ermiiglichung von Verteilung und Koordination von Ablaufen

sowie in der Integration von Prozessen niederschlagen (vgI. PICOT,

REICHWALD & WIGAND 1996, 5.5). Diese ziehen wiederum eine Zunahme

der Komplexitat betrieblicher Ablaufe nach sich, auf die moderne Kon­

zepte betrieblicher Arbeitsorganisation ausgerichtet sind (vgL KOHL 2000).

(3.) Es andert sich innerhalb des Beschaftigungssysterns sowohl die Zusam­

mensetzung der Gruppe der Erwerbstatigen - zu nennen sind in erster Li­

nie ein ansteigender Anteil von Beschaftigten mit hohem Bildungsstand,

zunehrnende Erwerbstatigkeit von Frauen und anwachsende Alterung

Page 20: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Einleitung 3

(vgl. FREI U.A. 1996, S. 69 ff.) - als auch die gesellschaftlichen Werthaltun­

gen (vgl. z.B. HEPP 1994) in Richtung deutlich gestiegener Erwartungen an

die Qualitat beruflicher Tatigkeit. FREI U.A. (1996, S. 71) fordern daher "ei­

ne konsequente Ausrichtung von Betriebsftihrungs- und Organisations­

strategien auf das gegenwartige Menschenblld erwachsener, selbstandiger,

kooperationswilliger, mtindiger sowie lernfahiger Individuen".

Es ist vermutlich den in Bestsellerlisten erfolgreichen pseudo- oder popular­

wissenschaftlichen Ansatzen (z.B. BLANCHARD & BOWLES 2000; HAMEL &

PRAHALAD 1994; WATERMAN 1996) zu verdanken, dass im offentlichen Be­

wusstsein Ubereinstimmung tiber die Rolle kompetenter Beschaftigter ftir

Unternehmen herrscht: Erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich dadurch aus,

dass sie tiber kompetente Beschaftigte verftigen und in einer Art und Weise

organisiert sind, die eine Nutzung dieses Potenzials ermoglicht.

1.2 Konvergenz tlkonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Aus den referierten Grunden mtissten okonomische Zielsetzungen, unter­

nehmerischen Erfolg zu ermoglichen, mit padagogischen Zielsetzungen, indi­

viduelle Kompetenz Beschaftigter zu pflegen, zusarnrnen fallen. Vor diesem

Hintergrund wurde die These von der Konvergenz okonomischer und pada­

gogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

entfaltet, die von verschiedenen Autoren in verktirzter bis fragwtirdiger Ar­

gumentation vorgetragen wird. Well "gerade in ftihrenden Unternehmen die

Bedeutung von Lemprozessen hervorgehoben <wird>, ... konnte man von ei­

ner Koinzidenz okonornischer und padagogischer Vernunft sprechen", lautet

das Argument von ACHTENHAGEN (1990, S. VI). BRATER, BDCHELE, FUCKE &

HERZ (1988) schliegen verktirzend aus einem aus ihrer Sicht vorfindbaren ho­

hen Qualifikationsstatus Beschaftigter, dass "heute an vielen Stellen die An­

forderungen der Arbeitswelt umschlagen in Anforderungen an die freie

Entwicklung der Personlichkeit" (S. 43). ARNOLD (1998, S. 234) erklart schlieg­

lich dieser Sicht widersprechende empirische Belege schlichtweg ftir "theore­

tisch ". unergiebig". Bemerkenswert scheint, dass zu dieser Thematik bislang

fundierte empirische Befunde nicht vorliegen.

Page 21: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

4 Einieitung

Unabhiingig von der erziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Konver­

genzthese stehen Unternehmen vor der Herausforderung, betriebliche Arbeit

in einer Weise zu organisieren, die eine Bewiiltigung der "Mega trends" tiko­

nomischer Rahmenbedingungen begiinstigt. Wenn die einzig als zuverliissig

anerkannte Beschreibung zukiinftiger Entwicklungen und Herausforderung

die Unsicherheit der iikonomischen Rahmenbedingungen ist, dann erfordern

Strategien mit Weitblick, die den berechtigten Anspruch der Erhtihung der

Wahrscheinlichkeit zukiinftigen Erfolgs erheben, die Vorbereitung auf ein

mtiglichst breites Spektrum potenzieller Aufgaben und Problemstellungen.

Diese miissen innerhalb der Arbeitsorganisation von den Beschiiftigten be­

wiiltigt werden. Deshalb erfordern Strategien, die auf langfristige Sicherung

des unternehmerischen Erfolgs bedacht sind, die miiglichst weitgehende Fiir­

derung individueller Kompetenz der Beschiiftigten.

Damit riickt die Frage in den Vordergrund, was unter Kompetenz zu verste­

hen ist. Wird Kompetenz nun als ein Begriff aufgefasst, der den Aspekt der

Performanz insofern ausblendet, als dass diese von einer rationalen Kosten­

und Nutzenkalkulation durch die Kompetenztriiger (Beschiiftigte) abhiingig

ist, erscheint eine funktionale Einengung betrieblicher Qualifizierungsbemii­

hungen auf die Erfiillung ausschliel.Slich betrieblicher Zwecke nicht aufrecht

erhaltbar. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Beschiiftigte bei

der Abwiigung von Kosten- und Nutzen des Einsatzes ihrer Kompetenz die

eigenen Interessen und Bediirfnisse keineswegs ausblenden.

Das fiihrt zur Problemstellung der vorliegenden Arbeit, in der betriebliche

Personal- und Organisationsentwicklung als zweifaches Problem verstanden

wird: Erfolgreiche Entwicklungsbemiihungen zielen einerseits auf die Ermiig­

lichung individuellen Kompetenzerwerbs und andererseits auf die Optimie­

rung der Bedingungen fiir die Erschliel.Sung des Kompetenzpotenzials der

Beschiiftigten. Es miissen also zuniichst auf einer theoretischen Ebene Bedin­

gungen definiert werden, die beiden Aspekten gerecht werden. Diese Bedin­

gungen stellen dann Kriterien fiir die folgende empirische Untersuchung der

Frage nach der Konvergenz tikonomischer und piidagogischer Prinzipien be­

trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung dar. Wenn in der vorlie­

genden Arbeit von kompetenzftirdernden Arbeitsbedingungen die Rede ist,

dann ist damit die Realisierung der Konvergenz tikonomischer und piidagogi­

scher Prinzipien bei der Ausgestaltung betrieblicher Personal- und Organisa­

tionsentwicklung gemeint.

Page 22: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Einleitung 5

1.3 Ziele der Arbeit

Mit dieser Arbeit werden £tinl Ziele verfolgt. Erstens solI herausgearbeitet

werden, in welcher Weise individuelle Kompetenz Beschaftigter im Rahmen

neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation eine Rolle spielt. Zweitens

soli die erziehungswissenschaftliche Diskussion der Anlorderungen an be­

triebliche Bildungsarbeit im Rahmen dieser Ansatze betrieblicher Arbeitsor­

ganisation dargestellt werden. Es soIl drittens gezeigt werden, dass die

theoretische Diskussion der Konvergenzthese von verschiedenen Defiziten

gekennzeichnet ist und empirische Evidenz vermissen lasst.

Auf Basis einer vorlaufigen Zwischenbilanz soIl viertens ein eigenes Modell

der Konvergenz 5konomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher

Personal- und Organisationsentwicklung erarbeitet werden, das als Grundlage

fur die Gestaltung kompetenzf5rdernder Arbeitsbedingungen gesehen wer­

den kann. Damit wird einerseits ein Konzept vorgestellt, mit dem betriebliche

Personal- und Organisationsentwicklung aus einer erziehungswissenschaftli­

chen Perspektive beschrieben, analysiert und untersucht werden kann. Ande­

rerseits stellt es die theoretische Basis fur eine empirische Untersuchung der

Konvergenzthese dar.

1m Rahmen einer explorativ angelegten Delphi-Studie soli fiinftens ein empiri­

sches Fundament geschaffen werden, das weniger auf verallgemeinerbare Er­

gebnisse abzielt als vielmehr versucht, grundlegende M5glichkeiten der

Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen auszuloten und zu

hinterfragen.

Diese Arbeit kann lediglich einen ersten Schritt empirischer Aufklarung dar­

stellen, indem sie zur Schaffung eines konzeptionellen und begrifflichen Ori­

entierungsrahmens fur weitergehende Untersuchungen und in explorativer

Absicht zur Entwicklung und Prazisierung von Hypothesen beitragt. Entspre­

chend endet die Arbeit mit einem Ausblick auf Anknupfungspunkte und

weiterfuhrende Forschungsdesiderata.

1.4 Aufbau der Arbeit

Ein erster wichtiger Schritt zur Bearbeitung dieses Vorhabens ist die Kliirung

des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe. 1m Kapitel 2 wird

Page 23: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

6 Einleitung

zunachst eine eigene Interpretation des Kompetenzbegriffs vorgenommen, die

dalm der gesamten Arbeit zugrunde liegt. Da es urn die Fiirderung individu­

eller Kompetenzentwicklung geht, spielen Fragen beruflichen bzw. betriebli­

chen Lernens eine Rolle, so dass im Rahmen einer knappen Systematisierung

beruflichen Lernens aufgezeigt wird, urn welche Formen des Lernens es bei

der Oiskussion kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen gehen kann.

Einen Uberblick liber die Entwicklung der Ansatze und Kanzeple belrieblicher

Arbeitsorganisatian gibt Kapitel 3. Dabei wird auf die bekanntesten Organisati­

onskonzepte eingegangen.

Aufzuzeigen, wie nun in diesen Konzepten die Bedeutung der individuellen

Kampetenz Beschiiftigter gesehen wird, ist Gegenstand von Kapitel 4. Es wird

herausgearbeitet, dass sich die Anforderungen an Beschaftigte dahingehend

verandert haben, als sie nun Unsicherheit und Wandel zu bewaltigen haben.

Zumindest auf der unternehmensprogrammatischen Ebene rlicken Lernpro­

zesse Beschaftigter in das Zentrum betrieblichen Interesses. In dies em Zu­

sammenhang wird auf die erziehungswissenschaftliche Debatte urn die

Konvergenzthese eingegangen.

Kapitel 5 stellt die Entwicklung des Regensburger Kanvergenz-Kanzepts dar. Es

erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit verschiedenen Positionen, in

der vor allem die Schwachstellen der vorgetragenen Argumente hera us gear­

beitet werden. Als Alternative wird das Regensburger Konzept der Konver­

genz iikonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und

Organisationsentwicklung als Grundlage kompetenzfiirdernder Arbeitsbedin­

gungen vorgestellt.

In Kapitel 6 wird die Fragestellung der empirischen Studie vorgestellt, mit der

das im flinften Kapitel vorgestellte Modell liberprlift wird. Zentral sind fol­

gende Untersuchungsfragen: (1.) Welche Bedingungen muss ein Unternehmen

erflillen, damit Beschaftigte ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfiirdernd erle­

ben? (2.) Wo sehen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld die Notwendigkeit flir

Veranderungen, damit sie es als kompetenzfiirdernd erleben? (3.) In wie weit

besteht bei Beschaftigten ein gemeinsam geteiltes Verstandnis zentraler be­

trieblicher Kompetenzanforderungen? (4.) Welche Aspekte spiel en bei der

Abwagung von Vor- und Nachteilen beruflichen Kompetenzerwcrbs und be­

ruflicher Kompetenzanwendung durch Beschaftigte eine Rolle?

Page 24: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Einleitung 7

/vfetllOde !lnd empirisches Vorgehen werden im siebten Kapitel beschrieben. Es

wird die verwendete Delphi-Technik, ihre theoretischen Grundlagen, ihre for­

schungstechnische Funktion und die eigentliche Herkunft des Verfahrens dar­

gestelll. Die Zusammensetzung der Stichprobe aus Beschaftigten der BMW

AG und von Infineon Technologies sowie das genaue empirische Vorgehen

tiber die vier durchgefUhrten Delphi-Runden hinweg wird aufgezeigt.

Die Ergebnisse der Delphi-Untersuchung werden im Kapitel 8 in Form einer

deskriptiven Datenanalyse dokumentiert, eine Diskussion der Befunde erfolgt in

Kapitel 9 der Arbeit. Schlussfolgerungen and Ausblick schlieJ5en die Arbeit mit

KapitellO abo

Sprachlich wird weitestgehend eine geschlechtsneutrale Ausdrucksweise ver­

wendel. Wo dies zu umstandlichen, den Lesefluss hemmenden Formulierun­

gen flihren wtirde, findet die im Sprachgebrauch etablierte mannliche Form

Anwendung. Selbstverstandlich gelten aber aile Aussagen fUr Frauen und

Manner gleichermaJ5en.

Page 25: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

2 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Bei der Untersuchung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen kann auf

keine einheitliche Terminologie zuruckgegriffen werden (vgl. z.B. ALBRECHT

1997; BERNIEN 1997; STAUDT & KRIEGESMANN 1999), so dass zunachst eine

Festlegung auf Arbeitsdefinitionen erforderlich ist. Das Thema fokussiert im

Wesentlichen auf Voraussetzungen und Bedingungen arbeitsnahen Kompe­

tenzerwerbs, also auf Fragen der Realisierungsbedingungen beruflichen Ler­

nens. Dies erfordert zum einen eine Klarlegung, welche Formen beruflichen

Lemens hier gemeint sind. Zum anderen bedarf es einer genauen Bestimmung

des Kompetenzbegriffs. Dies ist im Kontext dieser Arbeit nicht nur deshalb

von Bedeutung, wei! damit der Aspekt beschrieben werden soli, urn dessen

Entwicklung es hier geht. Sondem diese Bestimmung ist auch deshalb wichtig,

weil als Besonderheit des fur diese Arbeit eingefiihrten Verstandnisses von

Kompetenz eine Abgrenzung von anderen, vor aHem in der padagogischen

Psychologie und der Lehr-Lem-Forschung gangigen Ansatzen erfolgt. Es

werden Grunde fur diese Abgrenzung vorgetragen, die eine notwendige Vor­

aussetzung fur die Entwicklung eines Modells der Konvergenz okonomischer

und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsent­

wicklung ist, in dem kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen den zentralen

Aspekt bilden.

Im Folgenden wird also zunachst eine Arbeitsdefinition fur den Begriff

"Kompetenz" entwickelt, urn anschlie1Send kurz darzulegen, wie der Begriff

"Arbeitsbedingungen" in dieser Arbeit aufgefasst wird. Abschlie1Send wird

aufgezeigt, urn welche Formen beruflichen Lemens es sich handeln kann,

wenn individueller Kompetenzerwerb im Rahmen beruflicher Arbeit disku­

tiert wird und wie hierzu der Stand der Lehr-Lem-Forschung beschrieben werden kann.

Page 26: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

10 KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

2.1 Kompetenz

Der Begriff Kompetenz wird sowohl im wissenschaftlichen und als auch im

alltaglichen Sprachgebrauch sehr unterschiedlich verwendet und gedeutet, so

dass sich in den verschiedenen Diskursen bislang kein gemeinsam geteiltes

VersUindnis vom Kompetenzbegriff etablieren konnte. ALBRECHT (1997, S. 99)

spricht beispielsweise von einem "arg strapazierten Begriff" und spielt damit

darauf an, dass die Unscharfen des Kompetenzbegriffs zum Teil vorsatzlich

und wissentlich in Argumentationszusammenhange eingebunden werden.

Schon auf der alltagssprachlichen Ebene ergeben sich mindestens drei vollig

unterschiedliche Bedeutungen: Kompetent wird eine Person bezeichnet,

• die tiber bestimmtes Wissen verftigt,

• die Tatigkeiten adaquat ausfiihren kann oder

• die fiir etwas zustiindig ist.

Abhangig vom Zusammenhang, in dem der Begriff Verwendung findet, wer­

den spezifische, aber in den drei Bedeutungen eben auch grundlegend ver­

schiedene Sinngehalte unterlegt, die ihrerseits wiederum vollig

unterschiedliche Voraussetzungen daftir ergeben, dass eine Person als kom­

petent bezeichnet werden kann.

Aber auch im wissenschaftlichen Bereich besteht entgegen aller wtinschens­

werten Klarheit "weniger Einigkeit dartiber, was Kompetenz eigentlich aus­

macht" (STAUDT & KRIEGESMANN 1999, S. 36). Die Unterschiede im

Verstandnis verlaufen dabei nicht allein entlang der Grenzen der verschiede­

nen Disziplinen, sondern sie ziehen sich quer durch diese hindurch. Der

Kompetenzbegriff geht auf WHITE (1959) zurtick, der eine sehr allgemeine De­

finition einftihrt: "Competence <is> an organism's capacity to interact effecti­

vely with its environment" (5. 297). Das Problem dieser Definition ist, dass sie

eine zentrale Unklarheit hinsichtlich der Kriterien ftir die Bestimmung von

Effektivitat hinterlasst. Denn somit wird nicht deutlich, wodurch genau seine

Vorstellung von Kompetenz gekennzeichnet ist. Aber die Bezugnahme auf Ef­

fektivitat zeigt, dass er Kompetenz in engen Zusammenhang zu (sogar hoher)

Performanz setzt. Effektivitat ist fur WHITE (1959) zentrales Merkmal von

Kompetenz: "Competence ... ist therefore a suitable word to describe such

things ... all of which promote an effective - a competent - interaction with the

Page 27: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

KUirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 11

environment" (5. 317f.). Die Akzentuierung von Whites Kompetenzbegriff

betont also hohe Performanz al~ Indikator von Kompetenz.

Dagegen setzt BERNIEN (1997) einen anderen Akzent, indem sie Kompetenz als

"System innerpsychischer Voraussetzungen" beschreibt und fortfahrt: "damit

ist Kompetenz eine Umschreibung dessen, was einen Menschen wirklich

handlungsfahig macht. Der Begriff beinhaltet also die Summe seiner Wissens­

bestande und auch die Handlungsfahigkeit des Wissens. Damit ist bereits

ausgedruckt, daB Kompetenz in ihrer Gesamtheit aus aktiven und ruhenden

Wissensbestanden, aus sichtbaren und verborgenen, damit aus beschreibbaren

und nicht beschreibbaren sowie fur seinen Trager sogar aus unbewuBten Fa­

higkeiten und Fertigkeiten besteht" (5. 24 f.). Diese Sichtweise zielt insbeson­

dere auf Handlungsfahigkeit, die sich aus der Moglichkeit, d.h. dem Potenzial

zu hoher Performanz ergibt.

Wie in den nachsten Abschnitten gezeigt wird, ist das Verhaltnis von Kompe­

tenz und Performanz in verschiedenen Ansatzen in unterschiedlicher Weise

verankert. 1m Folgenden wird zunachst eine Arbeitsdefinition von Kompetenz

festgelegt, die im Anschluss vor dem Hintergrund altemativer Konzepte dis­

kutiert wird.

2.1.1 Arbeitsdejinition des KompetenzbegrifJs

Fur diese Arbeit wurde der Kompetenzbegriff gewahlt, wei! er - wie in Ab­

schnitt 2.1.2 zu zeigen sein wird - fur die Zwecke der Argumentation im Ver­

gleich zu anderen Begriffen als besonders tragfahig erscheint. Eine fur die

Zwecke der Arbeit brauchbare Arbeitsdefinition lasst sich in Analogie zu

Becks "systematischen und terminologischen Prazisierung des Qualifikations­

begriffs" (BECK 1980, S. 355) beschreiben, nach der der Qualifikationsbegriff "zwei zu besetzende ,Valenzen' <aufweise>, namlich den Bezug auf ein Indi­

viduum und den Bezug auf eine Funktion .... Erst durch die Festlegung in bei­

den Bereichen ,konkretisiert' sich Qualifikation als ein MaB dafur, in welchem

Umfang die in einem Individuum vorhandenen Verhaltensmoglichkeiten den

an einer bestimmten Stelle im LeistungserstellungsprozeB zu erfullenden Funktion entsprechen" (5. 356). In leichter Modifikation dazu lasst sich das

Verstandnis eines Kompetenzbegriffs entwickeln, wobei im Kontext dieser

Arbeit die beiden von Beck genannten Valenzen mit dem Arbeitsplatz (als ein

Page 28: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

12 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Biindel verschiedener Funktionen) einerseits sowie dem Spektrum an Hihig­

keiten des Individuums andererseits besetzt werden soIIen.

Individuum ,-____ --lKompetenz

,,-_F_lih_iQ_k_e_ite_n_J-l1 MOQliches I ,_ und Wissen .., Verhalten

Jo. I I

Arbeilsplatz

Abb. 2.1: Konkretisierung des Kompetenzbegriffs in Anlehnung an BECK (1980)

Das Modell von Beck wurde urn den Bereich, der das Feld von Kompetenz

kennzeichnen soIl, erganzt. Beck versteht Qualifikation als auf Anforderungen

beruflichen Handelns bezogene Handlungsmoglichkeiten. Wie gleich zu zeigen

sein wird, steht er damit dem, was hier unter Kompetenz verstanden werden

soIl, naher als dem, was iiblicherweise mit der Verwendung des Qualifikati­

onsbegriffs impliziert wird. Denn im Kontext dieser Arbeit solI der Aspekt der

Performanz nicht in der Verwendung des Kompetenzbegriffs impliziert sein.

Zwar ist auch in diesem Konzept von Funktionen, die zu erfiiIlen sind, die

Rede. Darin driickt sich jedoch weniger ein Bezug auf den Performanzaspekt

aus aIs vielmehr die Passung auf den betrieblichen Untersuchungskontext. Betriebe konstituieren sich u.a. dadurch, dass (kompetente) Beschaftigte be­

triebliche Funktionen iibemehmen.

Wenn von Kompetenz die Rede ist, soIl also der Fokus nicht auf die Frage

nach dem ob der ErfiilIung von Aufgaben und Funktionen gerichtet werden.

Das ware in betrieblichen Kontexten ein untauglicher Ansatz, denn die Koor­

dination verschiedener betrieblicher LeistungsersteIIungsprozesse sowie Ko­

operation von Beschaftigten und Arbeitsgruppen sind auf Funktionen

angewiesen, die von den partizipierenden Parteien erfiiIIt werden mtissen.

Der Fokus der Untersuchung soIl vielmehr auf die Qualitat in dem Sinne ge­

Iegt werden, wie weit Beschaftigte aIs Subjekte beruflichen Handelns Mog-

Page 29: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 13

lichkeiten zur Mitbestimmung bei der Definition der Zwecke und der Aus­

wahl der Mittel beruflichen Handelns haben.

Becks Konzept sieht expJizit die Anpassung des ftir die Erftillung der Funktion

erforderlichen Verhaltens an die zur Verftigung stehenden Handlungsmog­

lichkeiten vor. Damit - urn es auf den leitenden Sprachgebrauch dieser Arbeit

zu tibertragen - geht Beck davon aus, dass die Arbeitsanforderungen in Kor­

respondenz und wechselseitiger Beeinflussung zur individuellen Kompetenz

der Beschaftigten zu sehen sind.

Arbeitsdefinitian

Als individuelle Kampetem Beschiiftigter soil in dieser Arbeit das in Bezug auf

bestimmte Anforderungen des Arbeitsplatzes relevante Handlungspotenzi­

al der Beschaftigten verstanden werden.

Damit wird die Frage der Performanz, also die Anwendung individueller

Kompetenz abgekoppelt. Diese Trennung weicht von dem Vorgehen in der

Expertiseforschung (zum Uberblick: GRUBER & ZIEGLER 1996; GRUBER 1999) als

flihrende Wissenschaftsdisziplin zur Untersuchung von Kompetenz von Men­

schen in komplexen, auch beruflichen Domanen (vgl. GRUBER 2000a, S. 122)

ab, in der Kompetenz stets tiber kompetentes Handeln operationalisiert wird.

Dort liegt jedoch zum einen ein anderes Erkenntnisinteresse als in dieser Ar­

beit zugrunde, zum anderen sind die Forschungsdesigns haufig in der Kon­

trastierung von Experten und Novizen aufgebaut, wobei solche Personen als

Experten bezeichnet werden, die tiber einen langeren Zeitraurn hinweg in ei­

ner Dornane herausragende Leistungen erbringen, weJche nicht mehr als zu­

fallig oder singular angesehen werden konnen (vgl. POSNER 1988). Dass aber

gerade aus padagogischer Sicht eine Trennung des Kompetenzbegriffs von

dem der Performanz unablassig ist, urn nicht die Mtindigkeit der Kornpetenz­

trager in Frage zu stellen, darauf hat HElD (1996b) hingewiesen. Der flir diese Arbeit festgelegte Kompetenzbegriff stiitzt sich auf eine erste Grundannahrne:

Grundannahme 1

Fragen der Kornpetenzentwicklung (bzw. des Besitzes von Kompetenz) und

Fragen der Anwendung von Kompetenz sind zwei analytisch zu trennende

Aspekte gerade in Bezug auf betriebliche Personal- und Organisationsent­

wicklung. Prinzipiell sind beide Aspekte zu berticksichtigen, wenn kompe­

tenzWrdernde Arbeitsbedingungen diskutiert werden.

Page 30: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

14 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Diese Trennung scheint gerade im Zusammenhang mit dem Thema betriebJi­

cher Personal- und Organisationsentwicklung bedeutsam, wei! damit eine

Verengung der Perspektive auf Transferfragen vermieden wird. Denn in der

Regel unterstellen herkommliche Argumentationszusammenhange einen di­

rekten Zusammenhang zwischen betrieblichen Bildungs- und Entwicklungs­

bemuhungen einerseits und den intendierten (Lern-)Erfolgen seitens der

Bezugsgruppe (bevorzugt Beschaftigte) andererseits. Ausbleibende Erfolge

werden allein auf Transferdefizite zuruckgefuhrt (vgl. z.B. LEMKE 1995, S.

47ft.; SIMONS in Druck). Einer so!chen Position liegt die Auffassung zugrunde,

Lernerfolge (spezieller: Kompetenzentwicklung) wurden automatisch zu einer

gewunschten Verhaltensanderung fuhren. Der Einfluss organisationaler Be­

dingungen bleibt hier aulSer Betracht.

1m Unterschied hierzu fuhrt die erste Grundannahme ein differenziertes Ver­

standnis ein, indem Transferdefizite ein Problem der Kompetenzentwicklung

darstellen und ausbleibendes Verhalten auch dem Aspekt der Kompetenzan­

wendung zugerechnet werden kann, ohne dass ein Transferdefizit vorIiegt.

Transferdefizite stellen demnach zwar eine hinreichende, aber keineswegs ei­

ne notwendige Erklarung fur eine ausbleibende Anwendung von Kompetenz

dar. Eine zweite Grundannahme beschreibt eine grundlegende Voraussetzun­

gen beruflichen Handelns:

Grundannahme 2

Der Anwendung individueller Kompetenz im betrieblichen Alltag liegt eine

individuelle Abwagung von Vor- und Nachteilen der Handlung (und seiner

Folgen) zugrunde. Beschaftigte wenden genau dann ihre individuelle Kom­

petenz an, wenn sie sich in ihrer subjektiven Einschatzung unter gegebenen

Bedingungen einen Vortei! davon versprechen.

Diese Annahme folgt dem okonomischen Ansatz zur Erklarung menschlichen

Verhaltens (BECKER 1993), dessen Ziel es ist, menschliches Verhalten in allen

Lebensbereichen (vgl. z. B. BECKER & BECKER 1998) vorhersagbar zu machen

oder es retrospektiv zu erklaren. BECKER (1993) erlautert: "Der Kern meines

Argumentes ist, daIS menschliches Verhalten nicht schizophren ist: einmal auf

Maximierung ausgerichtet, einmal nicht; manchmal durch stabile Praferenzen

motiviert, manchmal durch unbestandige; manchmal zu einer optimalen Ak­

kumulation von Information fuhrend, manchmal nicht. Alles menschliche

Verhalten kann vielmehr so betrachtet werden, als habe man es mit Akteuren

Page 31: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 15

zu tun, die ihren Nutzen, bezogen auf ein stabiles Praferenzensystem, maxi­

mieren und sich in verschiedenen Markten eine optimale Ausstattung an In­

formation und anderen Faktoren schaffen" (S. 15). Bei diesem Ansatz handelt

es sich nicht urn eine auf den "Homo Oeconomicus" reduzierte Anthropolo­

gie, sondem vielmehr urn ein Erklarungsschema ftir menschliches Verhalten,

das unter verschiedenen moralischen Grundhaltungen (z.B. Altruismus,

Egoismus) aufrecht erhalten werden kann, da diese "systematisch im Sinne

innerer Sanktionen (,Gewissen') zu einem Bestandteil des individuellen ,Hu­

mankapitals'" werden (ScHRAMM 1994, S. 240). Der Vorteil dieses Modells

liegt darin, dass es mit Hilfe weniger Variablen (lediglich Kosten- und Nut­

zengroBen) unter vielfaltigen Grundpositionen eine Prognose bzw. Erklarung

menschlichen Verhaltens liefert.

Ein ahnliches Begriffsverstandnis findet sich in anderen Arbeiten, die sich

ebenfalls mit dem Problem der Entwicklung und der Anwendung individuel­

ler Kompetenz im beruflichen Alltag auseinandersetzen: "Unter Kompetenz

verstehen wir die Moglichkeit eines Individuurns, in Abhangigkeit von seinen

Lebensbedingungen seine kognitiven, sozialen und verhaltensmaBigen Fahig­

keiten so zu organisieren und einzusetzen, daB es seine Wtinsche, Ziele und

Interessen verwirklichen kann" (FREI U.A. 1996, S. 14; ahnlich z.B. in BANDURA

1990, S. 316ff.; LEINO 1999, S. 6f.; STERNBERG 1990, S. 144).

2.1.2 Alternative Kategorisierungs- und Analysestrategien in beruJsbezogenen Kontexten

Angesichts der bereits beschriebenen Unterschiede in der Verwendung und

Interpretation des Kompetenzbegriffs kann die Vielfalt vorfindbarer Kategori­

sierungs- und Analyseansatze auf dem berufsbezogenen Feld nicht tiberra­

schen. Schon lange vor Mertens' Uberlegungen zu "Schltisselqualifikationen" (MERTENS 1974) wurden Ansatze entwickelt, das Potenzial an Fahigkeiten und

Fertigkeiten Berufstatiger in einer Form zu beschreiben, die zu einer Auflo­

sung der starken Fixierung auf eine spezifische Tatigkeit fiihrt. Ais Beispiele

hierftir konnen die Diskussionen urn "extrafunktionale" (DAHRENDORF 1956)

und "prozeBtibergreifende" (KERN & ScHUMANN 1970) Qualifikationen gese­

hen werden. Aber erst die Vorschlage von Mertens, die eigentlich einer Unsi­

cherheit tiber die weitere Entwicklung der beruflichen Tatigkeiten und daraus

resultierend tiber kommende Qualifikationsanforderungen entsprangen, fan-

Page 32: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

16 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

den breite Aufmerksamkeit. In der Folge wurden fast beliebig viele, jeweils

individuell akzentuierte Listen an Qualifikations- oder Kompetenzanforde­

rungen an Beschiiftigte entwickelt, die im Bedarfsfall nach Ermessen erweitert

werden konnten (vgl. WILSDORF 1991, S. 57 ff.). GEIBLER & ORTHEY (1993) se­

hen im Begriff "Schliisselqualifikationen" eine "begriffliche Stopfgans", dessen

Geheimnis gerade darin bestehe, "konkreten Programmfestlegungen auszu­

weichen und breite, nicht faBbare Positionen zu markieren, die unterschiedlich

reale Interessen in diese benannte Leere aufnehmen" (5. 40).

Urn die beiden wichtigsten Strange der Kategorisierung des Fahigkeitspoten­

zials Beschaftigter aufzuzeigen und die Abgrenzung der Arbeitsdefinition

vom Kompetenzbegriff noch einmal zu unterstreichen, wird im Folgenden auf

den Begriff der Kompetenz und den der Qualifikation in der erziehungswis­

senschaftlichen Debatte eingegangen.

2.1.2.1 DeT Kompetenzbegriff

Gangige Definitionsansatze des Begriffs "Kompetenz" lauten:

• Kompetenz ist die "Summe erworbener Leistungsdispositionen" eines

Menschen (ALBECHT 1997, S. 99).

• Kompetenz lasst sich "versteh\!n als das System der innerpsychischen Vor­

aussetzungen, das sich in der Qualitat sichtbarer Handlungen nieder­

schlagt" (ERPENBECK 1996, S. 6 f.).

• "Kompetenz umfaBt ... die Verfiigbarkeit moglicher Handlungen. Es geht

urn intrapsychische Potentiale als Regulationsdispositionen, die sich in Ta­

tigkeiten ,materialisieren'. Sie setzen sich urn beim Handlungsvollzug als

Performanz in der situativen Anwendung" (FAULSTICH 1998, 5.81).

Diese Definitionen sind auf einem sehr hohen Abstraktionsniveau angesiedelt.

Die Unscharfe des Kompetenzbegriffs lasst sich durch zwei Vorgehensweisen

reduzieren, indem entweder durch eine systematische oder eine inhaltliche

Kategorisierung die Komplexitat des Kompetenzbegriffs zu reduzieren ver­

sucht wird. Nachfolgend soll mit einer systematischen Analyse der Konzeptu­

alisierung des Kompetenzbegriffs ein Befund eines OECD-Gutachtens im

Vorfeld der PISA-Studie und einer inhaltlichen Systematisierung auf Basis ei­

nes Gutachtens fur die Arbeitsgemeinschaft Qualifikations-Entwicklungs-

Page 33: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 17

Management jeweils ein renomrniertes Kategorisierungsbeispiel vorgestellt

werden, das den aktuellen Stand der Diskussion reprasentiert.

In einem auf Weinert zuruckgehenden Uberblick "lassen sich <in der Sozial­

forschung> prinzipiell folgende Konzeptualisierungen des Kompetenzbegriffs

unterscheiden:

• Kompetenzen als allgemeine intellektuelle Fahigkeiten im Sinne von Dis­

positionen, die eine Person befahigen, in sehr unterschiedlichen Situationen

anspruchsvolle Aufgaben zu meistern.

• Kompetenzen als funktional bestimrnte, auf bestimmte Klassen von Situa­

tionen und Anforderungen bezogene kognitive Leistungsdispositionen, die

sich psychologisch als Kenntnisse, Fertigkeiten, Strategien, Routinen oder

auch bereichsspezifische Fahigkeiten beschreiben lassen.

• Kompetenz im Sinne motivationaler Orientierungen, die Voraussetzungen

sind fur die Bewaltigung anspruchsvoller Aufgaben.

• Handlungskompetenz als Begriff, der die ersten drei genannten Kompe­

tenzkonzepte urnschlielSt und sich jeweils auf die Anforderungen und Auf­

gaben eines bestimmten Handlungsfeldes, zum Beispiel eines Berufes,

bezieht.

• Metakompetenzen als Wissen, Strategien oder auch Motivationen, die Er­

werb und Anwendung von Kompetenzen in verschiedenen Inhaltsberei­

chen erleichtern" (KLIEME, FUNKE, LEUTNER, REIMANN & WIRTH 2001, S.

181£.).

Das in der Arbeitsdefinition gewahlte Verstandnis ist in dieser Systematik am

ehesten dem vorletzten Punkt zuzuordnen, weil darin der Bezug auf das be­

rufliche Anwendungsfeld sowie die intellektuellen, funktionalen und motiva­

tionalen Handlungsdispositionen als Voraussetzungen beruflichen Handelns enthalten sind.

BERNIEN (1997) bietet einen Ansatz zur Aufspaltung des komplexen Kornpe­

tenzbegriffes in verschiedene inhaltliche Bestandteile (vgl. S. 31 ff.), allerdings

scheint der Nutzen einer solchen Aufteilung eher darin zu bestehen, die Breite

des Spektrurns zu systematisieren (ihr geht es im Speziellen urn die Frage der

Messbarkeit beruflicher Kompetenz und hierzu ist eine derartige Systernatik

sicher hilfreich) als eine konkrete Beschreibung beruflicher Kompetenz anzu­

bieten:

Page 34: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

18 KUirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Kategorie Auspriigungen

Kompetenzinhalte · Fachkompetenz

· Methodenkompetenz

· Sozialkompetenz

· Personlichkeitskompetenz

Lemorganisationsformen · Exteme marktformig organisierte institutionelle Weiterbildung

· Betriebliche organisierte institutionelle Weiterbildung

· Lemen im Prozess der Arbeit

· Individuelles autodidaktisches selbstorganisiertes Lemen

· Lemen im sozialen Umfeld

Lemebenen · Individuelles Lemen

· Lemen in Gruppen

· Lemen in Organisationen

· Lemen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene Tab. 2.1: AufteIiung des Kompetenzbegnffs m verschledene Geslchtspunkte (vgl.

BERNIEN 1997)

Die Aufteilung beruflicher Handlungskompetenz in die vier Kompetenzberei­

che Fach-, 50zial- Methoden- und Persbnlichkeitskompetenz ist in der Litera­

tur (teilweise nur auf die drei ersten Nennungen beschrankt) weit verbreitet

und findet allgemeine Zustimmung (vgl. ERPENBECK & HEYSE 1996). Aller­

dings ist der Informationsgehalt dieser Kompetenznennungen entsprechend

gering, so dass eine weitere Aufschlusselung in Teilkompetenzen notwendig

ware. Damit ware aber ein Schritt in das bereits im Zusammenhang mit den

Schltisselqualifikationen angesprochene Problem getan, dass Konkretisie­

rungsversuche in beJiebig erweiterbare Kompetenzkataloge munden.

Der Gesichtspunkt "Lernorganisationsform" splittet das Feld in mehrere Lern­

felder, ohne eine nachvollziehbare 5ystematik aufzuweisen. 50 stellt sich bei­

spielsweise die Frage, wie weit Lemen im Arbeitsprozess vom Lemen im

sozialen Umfeld zu unterscheiden ist, insofem das Arbeitsumfeld mitsamt an­

deren Beschaftigten als soziales Umfeld anzusehen ist. Mehr 5tringenz in die­

sem Punkt findet sich beispielsweise in den Beitragen von PRENZEL, MANDL &

REINMANN-ROTHMEIER (1997) und GRUBER & HARTEIS (in Druck), in denen

systematisch nach Institutionen bzw. Organisationsgrad unterschieden wird.

Fur die vorliegende Untersuchung spielen diejenigen Felder eine Rolle, die in

den Gestaltungsbereich von Unternehmen fallen. In erster Linie 5011 jedoch die

Page 35: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Klarung des Untersuchungsge$enstan~es und deT ve_r_w_e_n_d_et_en_B_e~gr_i£_fe _______ l_9

betriebliche Arbeitspraxis im Vordergrund stehen, in der all diejenigen Kom­

petenzen zur Anwendung gelangen (sollen), die Beschaftigte im Rahmen be­

trieblicher Bildungsarbeit erwerben und entwickeln.

Von den vier von Bernien vorgestellten Lernebenen fokussiert die Arbeit im

Wesentlichen auf die ersten drei genannten (vgl. Tab. 2.1). Zwar beeinflussen

Lernprozesse auf gesamtgesellsehaftlieher Ebene - Bernien fasst darunter regi­

onale, beispielsweise dureh Infrastruktur bedingte Lernangebote zusammen -

aueh die Entwicklung individueller beruflieher Kompetenz, sie fallen aber als

Lerngelegenheiten nieht in den Wirkungsbereieh von Unternehmen. Die be­

triebliehe Arbeitsorganisation kann allenfalls als Anwendungsfeld in Erschei­

nung treten (von Spezialfallen wie beispielsweise politisehe Demonstration

abgesehen).

2.1.2.2 Oer Quahfikationsbegriff als Abgrenzung vom KompetenzbegrifJ

Der Qualifikationsbegriff lasst sieh vom Kompetenzbegriff in erster Linie da­

durch abgrenzen, dass ersterer eine klar funktionale Ausrichtung auf die Er­

fullung (zumeist person-extern) definierter Zweeke aufweist, wogegen

letzterer starker selbstbestimmte Aspekte anspricht. Fur den Begriff der "Qua­

lifikation" haben sich u.a. folgende Definitionen etabliert:

• "Qualifikationen sind die Summe aller faehliehen und tiberfaehlichen

Kenntnisse, Fertigkeiten, Fahigkeiten zur Erftillung (beruflieher) Aufga­

ben" (MEYER-Dom,11986, S. 324).

• "Qualifikationen konnen als ein Instrument angesehen werden, mit dessen

Hilfe man sieh Zugang zu einem berufliehen Tatigkeitsfeld versehaffen

kann" (BECK 1979, S. 263).

• Qualifikation ist die "Fahigkeit, bestimmten Aufgaben gerecht zu werden"

(NEUBERGER 1985, S. 114).

Schon diese kurze Liste von Definitionsbeispielen zeigt das wesentliehe

Merkmal des Qualifikationsbegriffs: Er ist stets auf eine von der Tragerperson

externale GroBe bezogen: "Das entscheidende Merkmal von Qualifikation ist

die Verwertbarkeit und Anwendbarkeit, d.h. ihr Bezug auf Handlungen ... in

konkrcten Situationen" (WILSDORF 1991, S. 45). Wenn beispielsweise HOFER

(1997) in ihrer Klassifikationssystematik u.a. von "personenbezogenen Beg­

riffsfassungen" (S. 8) spricht, dann steht dies nieht im Widersprueh zu der hier

Page 36: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

20 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

eingefiihrten Unterscheidung, sondern sie zielt damit auf eine andere Ebene

ab, denn "tatigkeitsbezogene Definitionen fokussieren die Qualifikationsbe­

standteile, die ein Unternehmensmitglied benotigt, urn bestimmte, vorher

festgelegte Tatigkeiten optimal ausfiihren zu konnen; personenbezogene Beg­

riffsfassungen beinhalten aIle Qualifikationsbestandteile, die ein Mensch in

seinem Berufsleben erwirbt" (S. 9). Auch hier ist die BezugsgroBe die Bewalti­

gung beruflicher, d.h. externaler Aufgaben, so dass folgendes Resiimee gezo­

gen werden kann: Wenn von "Qualifikation" die Rede ist, dann werden

Fahigkeitsdispositionen auf external definierte Verwendungszwecke bezogen.

Bei der Verwendung des Kompetenzbegriffs ist dies nicht notwendigerweise

der Fall.

Ein ebenfalls bedeutsamer Unterschied zwischen "Qualifikation" und "Kom­

petenz" besteht darin, dass "Qualifikation" eine GroBe darstellt, die Personen

zugeschrieben wird bzw. die Personen anderen gegeniiber unter Beweis stel­

len miissen. Eine besonders prekare Situation stellt die Verteilung innerbe­

trieblicher Zustandigkeiten oder Aufgaben (bis hin zur Rekrutierung von

Personal) dar. Qualifikationen, formale wie nicht zertifizierte, miissen erstens

von der Person, die iiber die Verteilung zu befinden hat, anerkannt werden.

Dieses Problem wird zweitens zusatzlich dadurch verkompliziert, dass die

Bewertung von Qualifikation - moglicherweise sogar vorrangig - durch die

"Marktlage" bzw. die momentane Verfiigbarkeit und die Anzahl potenzieller

Konkurrenten determiniert wird. Damit wird deutlich, dass Qualifikation ein

soIches Merkmal einer Person darstellt, auf dessen Anerkennung im Beschaf­

tigungssystem die Person selbst allenfalls mittelbaren Einfluss besitzt. Dage­

gen verweist der Begriff "Kompetenz" auf das Potenzial und das gesamte Reservoir individueller Handlungsmoglichkeiten. Eine ausbleibende Leistung

lasst daher nicht zweifelsfrei auf fehlende Kompetenz schlieBen.

2.1.3 Resiimee: Begriindung der Arbeitsdefinition

Es wurde fiir die Bearbeitung des Themas der Kompetenzbegriff ausgewahlt

und eine Arbeitsdefinition vorgestellt, die den Aspekt der Performanz aus­

blendet. Die Wahl, Verwendung und Definition eines Begriffs ist jeweils ein

Resultat von Entscheidungen vor dem Hintergrund des Sprachgebrauchs. Der

Begriff "Kompetenz" ist im Sprachlichen als eine Bezeichnung einer Dispositi-

Page 37: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 21

on geradezu als Gegensruck zur Performanz zu verstehen und ist von daher in.

Hinblick auf das Anliegen dieser Studie deutlicher und praziser als der Quali­

fikationsbegriff, der - obwohl auch als Bezeichnung ftir eine Disposition - im

Sprachgebrauch nicht so scharf von der Performanz abgegrenzt wird.

Diese Trennung von Kompetenz und Performanz ist in betrieblichen Zusam­

menhangen gerade aus padagogischer Sicht besonders relevant Erzieheri­

sches Handeln kann nur die Entwicklung einer Handlungsdisposition zum

Ziel haben, also beispielsweise Beschaftigten den Erwerb von Wissen, Fahig­

keiten und Fertigkeiten ermoglichen, die sie zur Bewaltigung betrieblicher

Aufgaben befahigen. In diesem Sinne kompetente Beschaftigte entscheiden

dann in einer konkreten Situation unter gegebenen Realisierungsbedingungen

tiber die Anwendung ihrer Kompetenz fUr die betriebliche Aufgabenbewalti­

gung. Erzieherische "MaBnahmen, die sich nicht darauf beschri:inken, Bedin­

gungen der Ermoglichung wtinschenswerten Verhaltens und der daftir

vorausgesetzten Kompetenzen zu verwirklichen, sondem darauf abzielen,

dieses Verhalten zu garantieren, erfordem letztlich Notigung" (HElD 1996b, S.

82, Herv. LO.). Abgesehen, dass dies (nicht nur) aus padagogischer Sicht nicht

erstrebenswert sein kann, darf auch daran gezweifelt werden, dass es auf Basis

von Notigung auf Dauer gelingt, Beschaftigte zu gewtinschtem Verhalten zu

bewegen.

Unter dieser Perspektive - das ist fUr diese Studie von zentraler Bedeutung -

werden kompetente Beschaftigte als Subjekte beruflichen Handelns verstan­

den. Ausbleibende Performanz ist dernnach nicht nur den kompetenten Be­

schaftigten zuzuschreiben, sondem auch den Realisierungsbedingungen, die

von Untemehmen im Rahmen der Ausgestaltung betrieblicher Rahmenbedin­

gungen gepragt werden.

Fur die Arbeitsdefinition wurde eine abstrakte Beschreibung des Kompetenz­

begriffs gewahlt und eine inhaItliche Eingrenzung vermieden. Ein solcher

Pragmatismus erscheint hier insofem zweckmaBig, als es auf einer ersten Ar­

gumentationsstufe darauf ankommt, ob unter gegebenen betrieblichen Bedin­

gungen individuelle Kompetenz in einer sehr allgemeinen Form gefordert und

gefordert wird. Dass eine inhaltliche Festlegung ab einer gewissen Argumen­

tationsstufe unverzichtbar ist, steht auBer ZweifeL Dies gilt vor aHem fUr Situ­

ationen, in denen Beschaftigte als Adressaten von Kompetenzanforderungen

angesprochen werden. Eine konkrete und prazise inhaltliche Beschreibung der

Page 38: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

22 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Kompetenzanforderung ist dann Voraussetzung dafiir, dass Beschaftigte ei­

genverantwortlich tiber ihre Anerkennung dieser Anforderung entscheiden

und als Subjekte ihrer beruflichen Kompetenzentwicklung handeln kbnnen.

1m Rahmen dieser Arbeit wird in weiten Teilen eine Auseinandersetzung mit

dem abstrakten Begriff individueller Kompetenz stattfinden, lediglich in den

Teilen der empirischen Untersuchung, bei denen die Bezugnahme auf kon­

krete Auspragungen unverzichtbar erschien, wird mit konkreten Beispielen

operiert werden.

2.2 Arbeitsbedingungen

Unter Arbeitsbedingungen kbnnen zunachst einmal generell die Vorausset­

zungen und Grundlagen beruflicher Arbeit zusamrnengefasst werden. Eine

grobe Systematik dieser Bedingungen bietet die in STRUCK (1998, S. 180) von

MCCORMICK & lLGEN (1980) aufgegriffene Obersicht von Einflussfaktoren auf

das Handeln im Kontext beruflicher Arbeit:

Situationsmerkmale Personenmerkmale 1. Materielle Arbeitsbedingungen: · Fahigkeiten

· Arbeitsmethoden · Charaktereigenschaften

· Arbeitsmittel · Korperliche Eigenschaften

· Arbeitsplatz · Interesse und Motivation

· Weitere physikalische Umwelt · Alter und Geschlecht 2. Organisation und soziale Umwelt: · Erziehung

· Organisationstyp · Erfahrung

· Ausbildung und Fiihrung · Sonstige Merkrnale der Person

· Anreizarten

· Soziale Umwelt Tab. 2.2: Emflussfaktoren auf das Handeln 1m Kontext berufhchen Handelns (vgl.

STRUCK 1998, S. 180)

Unterschieden wird hier zwischen Merkmalen der Arbeitssituation und Per­

sonenmerkmalen, wobei die Arbeitssituation in materielle und organisationale

bzw. soziale Aspekte unterteilt wird. Die Restkategorien "weitere physikali­

sche Umwelt" und "sonstige Merkmale der Person" weisen auf die Schwierig­

keiten rur die Erstellung einer umfassenden Systematik hin. Der Vorteil

solcher Obersichten besteht darin, in grober Form das Spektrum relevanter

Einflussgr5f5en aufzuzeigen, ein Nachteil ist allerdings darin zu sehen, dass

eine unkritische Rezeption einseitige Abhangigkeiten suggeriert, in deren Bild

Page 39: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 23

fest gegebene Verhaltnisse das Arbeitshandeln determinieren. Eine soIche Per­

spektive kann in weiten Teilen der Literatur beobachtet werden, in denen - je

nach Differenzierungsgrad der Diskussion - die Wirtschajt, die Organisation, der

Betrieb oder die Arbeitsbedingungen als unabhangige Variable betrachtet und

das Arbeitshandeln (sowie in Folge die Arbeitsleistung) als davon abhangige

GroBe aufgefasst wird (vgl. z.B. EVANS 1991; FESTING 1997; ScHNEIDER 1997).

In der vorliegenden Untersuchung soIl es jedoch gerade urn die wechselseitige

Abhiingigkeit gehen, indem diese Einflussfaktoren eben auch als abhangige

GroBe Yom Arbeitshandeln der Beschaftigten gesehen werden sollen.

1m Rahmen der vorliegenden Arbeit werden die auf die Organisation und so­

ziale Umwelt bezogenen Situationsmerkmale in Tab. 2.2 im Mittelpunkt ste­

hen. Ftir die Bedeutung dieser als "weiche Faktoren" bezeichneten

EinflussgroBen beanspruchen PETERS & WATERMAN (2000) die weitlaufige An­

erkennung durchgesetzt zu haben. Mit beachtlichem okonomischen Erfolg e­

tablierten sie Mitte der 80er Jahre mit Hilfe der Untemehmensberatung

McKinsey das sogenannte 7S-Modell, das die Losung von Organisationsprob­

lemen "nicht nur tiber die organisatorische Hardware -Strategie und Struktur -

... , sondern auch tiber die entsprechende Software - Stil, Systeme, Stammper­

sonal und Selbstverstandnis" (5. 33) in Aussicht stellte. Erfolgreiche Unter­

nehmen unterscheiden sich demzufolge von anderen darin, wie sie ihre

Organisationen ausgerichtet haben: ,,Sie sind darauf ausgerichtet, den Bedtirf­

nissen der bei ihnen Arbeitenden besser gerecht zu werden" (WATERMAN

1996, S. 10). Dahinter steckt der Grundgedanke, dass "die Bediirfnisse des

Unternehmens und die Bedtirfnisse der Mitarbeiter untrennbar miteinander

verbunden sind" (5.11). Die weitlaufige Anerkennung der Bedeutung dieser

"weichen Faktoren" mtindete schlieBlich in der Fokussierung zahlreicher Ma­

nagementansatze auf die Humanressourcen, wie im Verlauf des dritten Kapi­

tels genauer gezeigt werden wird.

2.3 Individuelle Kompetenzentwicklung im Rahmen beruflicher Arbeit als Teilbereich beruflichen Lernens

Sowohl die deutschsprachige Diskussion urn "berufliches Lemen" als auch

der intemationale Blick auf "Professional Learning" skizzieren ein sehr weites

Feld. Denn berufliches Lemen kann vcrstanden werden als

Page 40: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

24 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

• Lemen fiir den Beru! worunter wiederum organisierte und nicht­

organisierte Lemprozesse zu unterschiedlichen Zeitpunkten einer Berufs­

biographie zu fassen sind. Es kann sich hier urn Aus- und Weiterbildung

ebenso handeln wie urn beilaufiges Lemen.

• Lemen im Beru! worunter ebenfalls organisierte und nicht-organisiserte

Lemprozesse fallen, die jedoch im unmittelbaren Zusammenhang mit der

Ausubung beruflicher Arbeit stehen. Hier spricht man auch vom Lemen

am Arbeitsplatz.

Die weitlaufige Beanspruchung des Begriffs Beruf in Zusammenhang mit

Lemprozessen fallt in eine Zeit ausgedehnten Bedeutungsverlustes von Beru­

fen. Wahrend vor 40 Jahren der Beruf noch "eine der groBen sozialen Sicher­

heiten, die der Mensch in der modemen Gesellschaft ... noch besitzt"

(SGIELSKY 1965, S. 238) vermittelte, ist die Bedeutung des Berufs als identitats­

stiftende Instanz heute zuruckgegangen. Unter der "Substitutionsthese"

(HARNEY, WEISCHET & GESELBRACHT 1999, S. 273) wird diese Tendenz mit

Hinweis auf den gestiegenen Stellenwert individualisierter Bildungsbiogra­

phien diskutiert (vgl. z.B. BOLDER 2000; DYBOWSKI 1996). Der Substitutionsthe­

se folgend ersetzt die individuelle Weiterbildung aus zwei Grunden die

Bedeutung des tradierten Berufsbildes: Zum einen entspricht der Beruf als Re­

sultat einer mit starr festgeschriebenen Inhalten geregelten beruflichen Erst­

ausbildung nicht mehr den aktuellen Anforderungen in der Arbeitswelt (vgl.

z.B. DOSTAL 1998; PATZOLD & WAHLE 2000; RAUNER 1998; VOfl2001). Zum an­

deren fiihrt eine starke Ausdifferenzierung beruflicher Tatigkeitsfelder dazu,

dass eine ebenso variantenreiche Ausdifferenzierung beruflicher Qualifikati­

onsmuster - als Komposition einer individuellen Bildungsbiographie - auf

Seiten der Beschaftigten erfolgt, die auf diese Tatigkeitsfelder drangen (vgl.

BIENECK 2000, S. 13f.). Ein weiterer Gcsichtspunkt zielt darauf ab, dass in Zu­

kunft wahrscheinlich tradierte Beschaftigungsverhaltnisse in den Hintergrund

geraten werden und die Individuen vermehrt zu ihren eigenen Arbeitskraft­

unternehmem werden (vgl. PRIDDAT 1999, 2000a).

Jedem dieser Standpunkte liegt offenbar die Annahme zugrunde, der Berufsei

als festes - und zwar auch inhaltlich fixiertes - Qualifikationsschema zu ver­

stehen. PATZOLD & WAHLE (2000) stellen aber klar, dass "das erziehungswis­

senschaftliche Beruflichkeitskonzept ... immer inhaltsoffen konstruiert" (S.

531) war und ist. Dabei verweisen sie unter anderem auf BECK (1997), der

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Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 25

ebenfalls Zweifel an der Einschatzung aruneldet, wonach Veranderungen in

der Arbeitswelt zu einer Unterminierung beruflich organisierter Erwerbstatig­

keit fiihre. "Die beruflichkeitskonstituierende Kompetenzkognition impliziert

namlich nicht etwa eine lebenslange Inhaltskonstanz der eigenen Fahigkeiten

und Fertigkeiten" (S. 362). Insofem scheint die Beibehaltung des Berufsbegriffs

in der erziehungswissenschaftlichen Analyse von Arbeits- und Beschafti­

gungsstrukturen durchaus berechtigt.

Zunachst soli geklart werden, an welchen Orten berufliches Lemen erfolgen

kann, urn in Anschluss daran Modi beruflichen Lemens zu benennen. Auf

dieser Basis lassen sich Voraussetzunge~ individueller Kompetenz­

entwicklung - und somit Voraussetzungen kornpetenzf6rdemder Arbeitsbe­

dingungen beschreiben.

2.3.1 Organisationsgrad beruflichen Lemens

Berufliches Lemen kann bei vielen Gelegenheiten stattfinden, so dass es hier

darurn gehen 5011, strukturell unterscheidbare Merkrnale von Lemgelegen­

heiten herauszuarbeiten. Zweifellos besteht zum Beispiel sowohl beim frei­

zeitlichen Einkaufsbummel als auch beirn Besuch einer Sportveranstaltung die

prinzipielle Gelegenheit zur Erzielung von Lemerfolgen, die auch £iir die be­

rufliche Arbeit Relevanz besitzen. Ebenso unstrittig unterscheiden sich eine

Einkaufspassage und ein Sportstadion in einer groBen Anzahl von Merkma­

len. Fiir eine Analyse beruflichen Lemens (so es denn in diesen beispieihaften

Fallen stattgefunden haben sollte) ist jedoch nur der Sachverhalt von Interesse,

dass es sich in beiden Fallen urn Lemprozesse ohne jeglichen Organisations­

grad handelt. Ebenso lieBen sich reichlich Unterschiede zwischen einer inner­

betrieblichen Serninarveranstaltung und einem klassischen Sprachkurs an der

Volkshochschule kennzeichnen. Beide Beispiele weisen aber als gemeinsarnes Merkrnal einen hohen Organisations grad auf.

Halt man sich nun ein Kontinuum vor Augen, das den Organisationsgrad von

Lemgelegenheiten zwischen null und unendlich vielen Freiheitsgraden fiir die

Lemenden abbildet, so lassen sich in Bezug auf berufliches Lemen drei Kate­

gorien unterscheiden (vgL SIMONS 2000):

Page 42: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

26 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

a Freiheitsgrade

hoch Organisationsgrad niedrig

.. • Lernenim

I Lernenam I Lernen abseits von Trai-

Training / Seminar Arbeitsplatz ning und Arbeilsplatz Abb. 2.2: OrgamsatlOnsgrad berufhcher Lerngeiegenhelten

Vor aHem moderne Formen der Arbeitsorganisation lassen eine Abgrenzung

zwischen dem, was vormals als "traditioneHe" - d.h. dozentenzentrierte -

Vermittlungsform, und dem, was als "weiehe" Form von Weiterbildung be­

zeichnet wird, nieht in letzter Scharfe zu, sondern es sind durchaus flielSende

Ubergange zu verzeichnen (vgl. BAETGHE & ScHIERSMANN 1998, S. 32). Diese

idealisierte Abgrenzung erleichtert jedoch den Problemzugriff, wenn es um

eine Abgrenzung versehiedener Organisationsformen von Weiterbildung

geht.

Obwohl ein Arbeitsplatz in der Regel einen hohen Organisationsgrad auf­

weist, ist der Organisationsgrad der Lerngelegenheiten als geringer einzustu­

fen, da zwar der VoIlzug der Arbeitsaufgaben und innerbetrieblichen

Funktionen hochgradig organisiert sein dtirfte, nieht jedoch die Ermogliehung

von Lernprozessen. Zwar gibt es aueh Arbeitsplatze mit einem hohen MalS an

Lernorganisation, doch dies trifft hauptsachlich auf spezifisehe Phasen berufli­

cher Tatigkeit zu, namlich die Ausbildung - beispielsweise in Form der klassi­

sehen Beistelllehre - und die Einarbeitung. Man kann jedoch davon ausgehen,

dass tiber den Verlauf der gesamten Spanne beruflieher Erwerbstatigkeit hin­

weg so1che Situationen nur einen geringen Teil der Lernprozesse einnehmen

um:! deshalb ihrerseits ais Sonderfalle anzusehen sind.

Als so1che sind sie ftir diese Arbeit nieht interessant, da hier ja grundsatzliehe

Aspekte betrieblicher Arbeitsgestaltung untersucht werden sollen. Demzufol­

ge spielen die Randbereiche des Kontinuums (Abb. 2.2) keine entscheidende

Rolle, sondern der Fokus der Arbeit ist ganz klar auf Lernprozesseam Ar­

beitsplatz gerichtet. Zwar sind Lernprozesse abseits des Arbeitsplatzes fur die

Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter ebenfalls von Bedeutung,

allerdings entziehen sieh diese der Gestaltung und unmittelbaren Beeinflus­

sung durch die Betriebe. Sie geraten jedoeh aueh durch die vorgenommene

Fokussierung nicht vollig aus dem Bliekwinkel der Arbeit, da im Rahmen der

Untersuchung kompetenzfOrdernder Arbeitsbedingungen auch die Anwen-

Page 43: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 27

dung solcher Kompetenzen erfasst sind, die nicht direkt am Arbeitsplatz er­

worben wurden.

2.3.2 Modi berujlichen Lemens

Nachdem die Einengung auf Lemprozesse am Arbeitsplatz vorgenommen

wurde, solI nun eine deskriptive Differenzierung verschiedener Lemmodi er­

folgen, urn das 5pektrum moglicher Lemprozesse aufzuzeigen, die im Zu­

sammenhang mit der Entwicklung individueller Kompetenz von Bedeutung

sein konnen.

In seiner Analyse des Lemens am Arbeitsplatz sieht KLOAS (1992) die tradierte

Idee der Lehre aufleben, Novizen an die Seite eines Meisters zu stellen und

durch Anieitung und Unterstutzung dem Prinzip "Lemen durch Tun" zu fol­

gen (vgl. 5. 196 f.). Eine Renaissance dieser Lernform sei vor allem in den im

Rahmen von Aus- und Weiterbildung wahrend der 90er Jahre an Bedeutung

gewinnenden 5imulationen von Produktionsvorgangen zu Lernzwecken zu

sehen. Aus jener Zeit stammen auch die Ideen der "Leminseln" (vgl. z.B.

BITIMANN, ERHARD, FISCHER & NOVAK 1992; DEHNBOSTEL 1999; zum Uber­

blick: DEHNBOSTEL, HOLZ, NOVAK & SCHEMME 2001) und "Lernstatten" (vgl.

z.B. BERGMANN 1993, FRANKE 1993). Dass mittlerweile Lernprozesse jedoch

nicht mehr hauptsachlich als simulierte Arbeitsprozesse diskutiert werden,

sondem Lemen im Vollzug der Arbeitsablaufe erfolgen solI, zeigt sich bei­

spielsweise an der Thematisierung einer FehIerkultur (zum Uberblick:

ALTHOFF 1999) in Ansatzen betrieblicher Arbeitsorganisation (vgl. z.B. TEUFEL

1996). KLOAS (1992) dichotomisiert arbeitsplatzrelevante Lemmodi in "Lem­

unterstiitzung durch andere" und "eigenstandiges Lemen" (5. 203):

Lernunterstiitzung durch Andere Eigenstandiges Lemen

· Lemen durch angeforderte Unterstutiung · Lemen durch Ausprobieren und Lemen durch Fragen · Lemen durch korrektive Erfahrung

· Lemen tiber Einarbeitung, Einweisung · Lemen durch Beobachtung durch Kollegen und Vorgesetzte · Lemen durch Rtickgriff auf · Gegenseitiges Lemen durch schriftliche Inforrnationsquellen Erfahrungsaustausch

Tab. 2.3: Lernmodl nach KLOAS (1992, S. 203)

Page 44: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

28 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

In dieser Grobunterscheidung (vgl. Tab. 2.3) adaptiert er die in der Lempsy­

chologie etablierte Unterscheidung: So bezeichnen beispielsweise SCHlEFELE &

PEKRUN (1996) die Abgrenzung von selbst- und fremdgesteuerten Lemprozes­

sen als grundlegende Kategorien zur Analyse von Lemprozessen (vgl. S. 249

f.). SIMONS (2000) unterscheidet ebenfalls in selbst- und external kontrolliertes

Lemen, fiihrt dann aber noch zusiHzlich "Erfahrungslemen" als dritte Katego­

rie ein. Erfahrungslemen wird von Kloas unter beiden dichotomen Klassen

eingeordnet.

Der Blick auf diese exemplarische, aber im "Common Sense" der Lempsy­

chologie liegende Ubersicht soli den Fokus darauf richten, welche Vorausset­

zungen die Arbeitsumgebung aufweisen muss, damit sie selbst- und

fremdgesteuerte Lemprozesse ermoglicht oder sogar wahrscheinlich werden

lasst. So implizieren beispielsweise "Lemen durch angeforderte Unterstiitzung

und Lemen durch Fragen" die Verfiigbarkeit entsprechender Hilfe bzw. "ge­

genseitiges Lemen durch Erfahrungsaustausch" zum einen, dass Personen mit

einem Erfahrungsschatz vorfindbar sind und zum anderen, dass diese auch

bereit sind, ihre Erfahrung zu kommunizieren. In Bezug auf eigenstandiges

Lemen werden die Freiraume und Gelegenheiten vorausgesetzt, austesten

und beobachten zu konnen und gegebenenfalls (konstruktiv) verbessert zu

werden. Diese Voraussetzungen sind weder trivial noch selbstverstandlich.

Gemeinhin werden derlei Voraussetzungen sowohl in der padagogisch­

psychologischen als auch der Managementliteratur als programmatische An­

forderung einer gewandelten "Lernkultur" formuliert (vgl. z.B. HECKMAIR

2001, S. 59; SIMON 2000, S. 348; ZIEP 2000, S. 248 ff.): "Letztlich miissen Bemii­

hungen dieser Art auf die Schaffung einer Wissenskultur im Untemehmen

hinauslaufen" (REINMANN-RarHMEIER, MANDL & ERLACH 1999, S. 758). Somit

sind solche Konzepte insofem gegen ihre Falsifikation immunisiert, als sie mit

der Benennung einer abstrakten Zielvorgabe enden. Dieser Aspekt sei jedoch

an dieser Stelle nicht weiter verfolgt - ein differenziertes Modell beruflichen

Lernens wird im Zusammenhang mit kompetenzfordernden Arbeitsbedin­

gungen im fiinften Kapitel vorgestellt -, sondern es wird ein kurzer Blick auf

die Voraussetzungen fiir internal und external regulierte Lernprozesse im

Kontext des betrieblichen Arbeitsalltags geworfen.

Page 45: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

KJarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 29

2.3.3 Voraussetzungen beruflichen Lernens

BERGMANN (2000) weist darauf hin, "dass arbeitsimmanente Kompetenzent­

wicklung an bestimmte Tatigkeitsmerkmale gebunden ist" (S. 110). Zu nennen

seien hier an erster Stelle, einen angemessenen Tatigkeitsspielraum einge­

raumt zu bekommen, urn liberhaupt Erfahrung im Treffen von Entscheidun­

gen zu sammeln, Rlickmeldungen liber den Erfolg eigenverantworteter

Entscheidungen zu erhalten und Gelegenheit zur kooperativen Bearbeitung

von Problemen zu erhalten. Damit legt sie ihren Schwerpunkt auf organisatio­

nale Rahmenbedingungen beruflichen Handelns, namlich auf die ErOffnung

von Lerngelegenheiten. 1m Modell der "Doppelhelix der Kompetenzentwick­

lung" (FREI, DUELL & BAITSCH 1984; FREI U.A. 1996) wird dem noch ein weite­

rer Aspekt hinzugefligt, indem als die beiden wesentlich wirkenden

Mechanismen arbeitsimmanenter Kompetenzentwicklung beschrieben wer­

den:

(a) Ein motivationaler Mechanismus, wonach das Vorhandensein von Hand­

lungsspielraumen eine unabdingbare Voraussetzung flir die Ermoglichung

von Lernprozessen bei Beschaftigten darstellt. Monotone Arbeit regt man­

gels Exploration nicht zur Entwicklung von Kompetenz an.

(b) Ein kognitiver Mechanismus, wonach erst die Konfrontation mit komple­

xen Aufgabenstellungen und Handlungsspielraumen die Moglichkeiten

eroffnet, das eigene Wissen einzusetzen sowie eigene Losungen zu erpro­

ben und zu optimieren.

"Mit Hilfe des Bildes einer Doppelhelix konnen wir nun zeigen, wie sich der

Prozel.S der Kompetenzentwicklung vollzieht. Die Doppelhelix bezeichnet ein

Prozel.Smodell der Kompetenzentwicklung, das auf die zwingende Verschran­

kung individueller und systemischer Veranderungen hinweist. Flir die Ent­

wicklung von Kompetenzen genugt es namlich nicht, dal.S sich etwas "im Kopf" bewegt. Es braucht liberdies noch Veranderungen im sozialen System,

d.h. in den sozialen Beziehungen zu anderen und in den Kommunikations­

und Kooperationsmustem zwischen den Mitgliedem eines sozialen Systems.

Ohne diese Veranderungen besteht wenig Moglichkeit, einerseits neue Hand­

lungsmoglichkeiten zu erkennen und andererseits neue Handlungsmuster

und Kompetenzen in die Tat umzusetzen; neu erworbenes Wissen und Fahig­

keiten bleiben demzufolge ungenutzt" (FREI U.A. 1996, S. 21£.).

Page 46: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

30 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

Eine wesentliche Voraussetzung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen

ist also die Verzahnung personimmanenter Einflussfaktoren seitens der Be­

schiiftigten und personextemaler Einflussfaktoren, die das betriebliche Umfeld

betreffen. Eine Partikularbetrachtung einer dieser beiden Aspekte kann das

Gesamtproblem der Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen

nur unzureichend erfassen.

Obwohl dieser Zusammenhang schon in den fruhen Ansatzen organisationa­

len Lemens thematisiert und in seiner Bedeutung hervorgehoben wurde (vgl.

hierzu im Uberblick GAIRING 1996; ApPELBAUM & GALLAGHER 2000), liegen

noch keine umfassenden empirischen Untersuchungen hinsichtlich seiner

Tragweite in der Praxis betrieblicher Arbeitsgestaltung vor. Zu finden sind

allenfalls Untersuchungen, die sich jeweils auf einen der beiden Aspekte kon­

zentrieren (vgl. z.B. BUNDESMINISTER FUR BILDUNG UND WISSENSCHAFT 1990;

GRUNEWALD & MORAAL 1996; KUHLMANN 2001) oder Einzelfallanalysen dar­

stellen (vgl. z.B. TULLIUS 1999).

Zwar wurden in den USA umfangreiche Studien durchgefUhrt, die individu­

elle Kompetenzentwicklung und deren Nutzen in betrieblichen Kontexten

thematisieren (z.B. APPELBAUM, BAILEY, BERGE & KALLEBERG 2000), allerdings

liegt dort das Erkenntnisinteresse weniger auf Fragen der organisationalen

und individuellen Voraussetzungen individueller Kompetenzentwicklung,

sondem eher auf Fragen, wie berufliche Kompetenz zu mess en sei und worin

der konkrete Nutzen fur Betriebe besteht, wenn sie zur Forderung individuel­

ler Kompetenzentwicklung beitragen (vgL BAILEY 1995, S. 89ff.).

Am Research Center for Vocational Education (RCVE) der Universitat Tampe­

re wurde das Konzept des "Professional Growth" entwickelt, das den Fokus

auf selbstgesteuerte Lemprozesse im Rahmen beruflicher Arbeitstatigkeit

setzt. "Skills are critical factors for success; the evolving working life needs

people who are capable, willing and determined to learn continually"

(RUOHOTIE & HONKA 1999, S. 5). Das Konzept fugt auf einer Analyse indivi­

dueller Lemprozesse und der Wechselbeziehungen zwischen Eigenschaften

der Organisation, Personlichkeitsmerkmalen und der Ausgestaltung der Ar­

beitsrolle im Umfeld der Gruppe (vgl. RUOHOTIE 1995). 1m Rahmen dieses

Konzepts wird eine individualisierte Karriereplanung als Verkniipfung indi­

vidueller Entwicklungsbedurfnisse und betrieblicher Anforderungen vorge­

schlagen, wobei das Hauptaugenmerk auf die motivationalen Aspekte

Page 47: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

KHirung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe 31

beruflicher Entwicklung gelegt wird (vgl. KAUITO-KoIVULA 1993, S. 108f£'). In

der zentralen Bedeutung selbstgesteuerter Lern- und Entwicklungsprozesse

liegt eine wichtige Ubereinstimmung zu den Befunden der deutschsprachigen

Lehr-Lem-Forschung (vgl. z.B. DIESLER & NITIEL 2001, S. 56; NENNIGER,

STRAKA, BINDER, HAGMANN & SPEVACEK 1998, S. 118; WEINERT 2000, S. 46)

sowie zu einem altemativen Ansatz von CLAXTON (1999), der emotionalen Be­

gleitumstande erfolgreicher Lembiographien thematisiert.

In der intemationalen Forschungsliteratur besteht offenbar Einigkeit uber die

herausragende Bedeutung selbstgesteuerter Lemprozesse (vgl. DUBS 1998, S.

19; SIMONS, LINDEN & DUFFY 2000, S. 14) im Rahmen berufliehen Lemens im

Allgemeinen und betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung im

Speziellen. Dabei wird in der Regel auf geeignete Lernstrategien und lernfor­

derliche motivationale Bedingungen als die wichtigsten Voraussetzungen er­

folgversprechender selbstgesteuerter Lemprozesse verwiesen (vgl. DUBS 2000,

S. 99£.). In der durch Fragestellungen aus der Padagogischen Psychologie stark

gepragten Literatur drangen individualanalytische Forschungsarbeiten und

Befunde Gesichtspunkte organisationaler Voraussetzungen fUr eine aus Be­

triebsperspektive erfolgreiche (d.h. durch in Gang gesetzte und Lemtransfer

begiinstigende Lemprozesse gekennzeichnete) Implementierung selbstgesteu­

erten Kompetenzerwerbs in den Hintergrund. Diese stellen jedoch eine we­

sentliche Voraussetzung dar, damit Beschaftigte Anreize fiir Kompetenz­

entwicklung und Kompetenzanwendung in ihrem Beschaftigungsfeld wahr­

nehmen. Diese Zurucksetzung organisationaler Voraussetzungen im For­

schungsstand zu individueller Kompetenzentwicklung im Rahmen betriebli­

eher Arbeit stellte einen Ausloser fur die Durchfuhrung dieser Studie dar.

2.4 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurde der Untersuehungsgegenstand der vorliegenden Ar­

beit geklart. So wurde berufliche Kompetenz in Abgrenzung von Konstrukten,

wie sie etwa in der padagogischen Psychologie und in der Lehr-Lem­

Fdrschung etabliert sind, unter Ausblendung des Performanz-Aspekts als fUr

die Anforderungen des Arbeitsplatzes relevantes Handlungspotenzial defi­

niert. Es wurden zwei fiir die Arbeit zentrale Grundannahmen eingefUhrt,

wonach im Zusammenhang mit betrieblicher Personal- und Organisations-

Page 48: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

32 Klarung des Untersuchungsgegenstandes und der verwendeten Begriffe

entwicklung (a) Fragen des Kompetenzerwerbs und Fragen der Anwendung

von Kompetenz zwei analytisch zu trennende Aspekte darstellen und (b) Be­

schiiftigte ihre individuelle Kompetenz im Arbeitsalltag genau dann zur An­

wendung bringen, wenn sie sich subjektiv einen Vorteil versprechen. Ein

derartiges Verstiindnis verzichtet auf eine inhaltliche Festlegung darauf, was

Kompetenz inhaltlich kennzeichnet. Dies kann angesichts der Hille der Anfor­

derungen des Arbeitsplatzes trotz problematischer Implikationen im Rahmen

der vorliegenden Arbeit als gerechtfertigt angesehen werden, vor allem da es

auf einer ersten Argumentationsstufe urn Grundvoraussetzungen kompetenz­

fOrdernder Arbeitsbedingungen gehen solI.

Nach der Definition des Kompetenzbegri£fs wurde der Fokus der Arbeit auf

das organisationale Feld der Arbeitsbedingungen gelegt. In einem knappen

Exkurs in das Feld beruflichen Lernens erfolgte eine weitere Einengung der

Perspektive auf Lernprozesse am Arbeitsplatz, da hier Konzepte betrieblicher

Personal- und Organisationsentwicklung unrnittelbar und durch die Verant­

wortlichen gestaltbar zum Tragen kommen. Weiterhin sollte aufgezeigt wer­

den, dass kompetenzf6rdernde Arbeitsbedingungen eine Vielzahl

unterschiedlicher Lernprozesse implizieren k6nnen, die wiederum ein ganzen

Biindel organisationaler und individueller Voraussetzungen zur Grundlage

haben. Damit konnte neben der Begriffskliirung ein Ausblick auf das Spekt­

rum des theoretischen Rahmens der Arbeit gegeben werden.

Page 49: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

3 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen sind in erster Linie eine Frage der

Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation, die wiederum einen explizi­

ten oder impliziten Ansatz zur Bewaltigung wirtschaftlicher Rahmenbedin­

gungen darstellt (vgl. z.B. PICOT 1993, S. 217). 1m Laufe der wirtschaftlichen

Entwicklung im 20. Jahrhundert haben sich verschiedene Ansatze betrieblicher

Arbeitsgestaltung entwickeln und etablieren konnen, die im foIgenden in drei

Abstufungen vorgestellt und in Hinblick auf ihr impliziertes Menschenbild

untersucht werden: Zunachst sind die VorIaufer moderner Managementkon­

zepte zu nennen, die bis - grob geschiitzt - Ende der 60er Jahre dominierten,

gefoIgt von den Ansatzen der ersten und zweiten RationalisierungsweIle, die

bis in die 80er Jahre hinein aufkamen. In den 90er Jahren konnten sich schlieB­

lich Organisationskonzepte etablieren, die sich von den bis dahin gangigen

Ansatzen in wesentlichen Gesichtspunkten abhoben und die bis heute die

Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation bestimrnen (vgl. z.B. Ap­

PELBAUM & GALLAGHER 2000; KERN & SCHUMANN 1998; SCHUMANN, BAETHGE­

KINSKI, KUHLMANN, KURZ & NEUMANN 1994a). In den verschiedenen Entwur­

fen steckt jeweils ein (moglicherweise implizites) Verstandnis davon, in wel­

cher Funktion Beschaftigte im Arbeitsprozess zu sehen sind. Dieses

Verstandnis bedingt wiederum die Relevanz, die aus betrieblicher Sicht dem

individuellen Kompetenzerwerb und der Anwendung individueller Kompe­

tenz im Arbeitsprozess beizumessen ist.

In diesem Kapitel wird zunachst eine Skizze der Entwicklung der Konzepte

betrieblicher Arbeitsorganisation vor dem Hintergrund der volkswirtschaftli­chen Entwicklungen gezeichnet. 1m Anschluss daran wird ein Abriss der

wichtigsten Kennzeichen dieser Konzepte vorgestellt, wobei die Entwicklung

komprimiert auf eine dreistufige Abfolge dargestellt wird. Diese Vorgehens­

weise v~rdeutlicht zum einen den Hintergrund, vor dem die Frage kompe­

tenzfordernder Arbeitsgestaltung zu sehen ist, zum anderen erlaubt sie eine

Zuspitzung auf jene fUr diese Arbeit zentralen Gesichtspunkte. Denn bezug­

lich betrieblicher Arbeitsorganisation findet sich zwar eine Fulle an Literatur

Page 50: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

34 AnsiHze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

aus anderen Fachdisziplinen, eine spezifische Auseinandersetzung mit diesen

verschiedenen Ansatzen aus erziehungswissenschaftlicher Sicht, die sich ins­

besondere mit dem Gesichtspunkt der individuellen Kompetenzentwicklung

Beschaftigter befasst, liegt bislang jedoch nicht vor.

3.1 Die Entwicklung der Konzepte vor dem Hintergrund volkswirtschaftIicher Entwicklung

Eine der grundlegenden Aufgaben eines Betriebes besteht darin, seine Bezie­

hungen zum Markt zu regeln, urn so die Basis fiir eine langfristige Verwertung

seiner Betriebsleistungen bereitzustellen (vgL WOHE 1971, S. 273 ff.). Sie be­

griindet die prinzipielle Abhangigkeit der Ausgestaltung betrieblicher Ar­

beitsorganisation von den Marktbedingungen. Markt ist hier im weitesten

Sinne zu verstehen. Dazu gehiirt sowohl der Absatzmarkt der eigenen Leis­

tungen als auch der Beschaffungsmarkt nicht zuletzt qualifizierter Arbeits­

krafte (vgL hierzu BROCK & OrrO-BROCK 1988, S. 448). Urn die Hintergriinde

der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation aufzuzeigen, geniigt je­

doch der Blick auf die Absatzmarkte, da in diesen ja auch solche Entwicklun­

gen - gesellschaftlicher Wertewandel, technischer Fortschritt - zum Tragen

kommen, die den Beschaffungsmarkt beeinflussen. "Der ,Rut' eines Unter­

nehmens tragt seit der Friihphase der Industrialisierung zur Attraktivitat des

Betriebs fiir freie Arbeitskrafte bei" (HILDEBRANDT & PENTH 1977, S. 249). 1m

Laufe der wirtschaftlichen Veranderungen im 20. Jahrhundert (im Uberblick

und als Referenz hierzu vgL LUTZ 1989) haben sich jeweils neue Konzepte be­

trieblicher Arbeitsorganisation entwickeln und etablieren kiinnen, die auf die jeweilig gegebenen Verhaltnisse abgestirnmt waren. In Abb. 3.1 sind in einer

groben, stark verkiirzten Ubersicht die im Folgenden diskutierten Ansatze vor

dem Hintergrund der Marktbedingungen dargestellt.

Page 51: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 35

Veranderung in den Konzepten betrieblicher Arbeitsorganisation

Marktbedingungen Organisationskonzepte Merkmale Anbieterrnarkt 0 Wissenschaftliche Be- 0 Forrnalisierung und Wie-

triebsfiihrung derholung 0 FlieBbandproduktion 0 Austauschbarkeit der

Arbeitskrafte • 0 Automatisierung • 0 Gruppenarbeit

0 Lean Organization 0 Transfer von Verant-

0 Business Reengineering wortung und Abbau von Hierarchien

0 Fraktales Untemehmen 0 Wandel

0 Virtuelles Untemehmen 0 Beschaftigte ais

Kauferrnarkt 0 Lemende Organisation Individuen .. .. .. Abb. 3.1: Uberslcht uber Veranderungen m den Konzepten betriebhcher Arbeitsorganisation

"Wettbewerbsfahigkeit ist gegenwartig das herrschende Credo. Erhalt und

Verbesserung der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmen und der nationalen

Wirtschaften gilt als der beste Weg, um die effizienteste Lenkung der Welt­

wirtschaft und den hachsten Grad an sozialer Wohlfahrt zu garantieren" (DIE

GRUPPE VON LrSSABON 1997, S. 128; vgL auch BROWN & LAUDER 2001, S. 99). In

ihrer Kritik am "Wettbewerbskult" (5. 135) arbeiten die Experten dieser Grup­

pe die Begrenztheit der Wettbewerbslogik fur die Lasung globaler Probleme

heraus und skizzieren dabei Zusammenhange zwischen den Marktbedingun­

gen einerseits und betrieblichen Organisationskonzepten andererseits, nach

denen die Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation stets in Abhangigkeit

von den Marktbedingungen zu sehen sind (vgL auch ACKOFF 1999, S. 43;

HAMEL & PRAHALAD 1994, S. 30; KOHL 1998, S. 35 ff.).

Die wichtigste Veranderung stellt die Entwicklung weg von einem Anbieter­

markt, auf dem die Produzenten die Beschaffenheit der auf dem Markt aus­

getauschten Waren bestimmen, hin zu einem Kaufermarkt dar, auf dem die

Beschaffenheit der Produkte durch die Kaufer beeinflusst wird. Der Erfolg ei­

nes Unternehmens auf einem Angebotsmarkt stellt sich dann ein, wenn ein

Produkt in groBer Anzahl iiber eine lange Zeit hinweg ohne Veranderungen

im Produktionsprozess hergestellt und abgesetzt werden kann. Auf Wiinsche

der potenziellen Kaufer wird nur insoweit Riicksicht genommen, als sie bei

der Entwicklung des Produktes erkannt und akzeptiert werden. Spezifische

Page 52: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

36 AnsiHze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Anliegen finden keinen Niederschlag in der Produktbeschaffenheit. Solche

Marktbedingungen konnen sich dann etablieren, wenn ein niedriger Satti­

gungsgrad an den Produkten und eine hohe Nachfrage herrscht. Mit steigen­

dem Sattigungsgrad und steigender Anzahl an Produktalternativen gewinnen

die spezifischen Wtinsche und Bedtirfnisse der Kunden an Bedeutung. Es

herrscht dann ein Kaufermarkt, auf dem ein Unternehmenserfolg realisiert

werden kann, wenn die Produkte rasch und flexibel den Kundenwtinschen

angepasst werden und sie sich deutlich von den Konkurrenzprodukten (in

welcher Form auch immer) abgrenzen (vgl. PICOT, REICHWALD & WIGAND

1996, S. 8f£'). Konsum wird auf einem Kaufermarkt durch die individuellen

Gesichtspunkte - angefangen von Bedtirfnissen tiber Praferenzen bis hin zu

ethischen Uberlegungen - der Kaufer geleitet, die ftir Unternehmen komplexe

Herausforderungen darstellen (vgl. PRIDDAT 1996; SCHULZE 2000).

LUTZ (1989) beschreibt die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und zeigt,

wie im Zuge eines wirtschaftlichen Strukturwandels die tiberwiegend in der

Agrarwirtschaft tatige, auf Selbstversorgung ausgerichtete Landbevolkerung

zunehmend im industriellen Wirtschaftssektor Beschaftigung fand. Die politi­

sche Situation Europas in der ersten Halfte des 20. Jahrhunderts bewirkte im

Vergleich zu den USA Verzogerungen in der industriellen Entwicklung, so

dass die flielSbandgesttitzte Massenproduktion hier erst ab Mitte des 20. Jahr­

hunderts zu einer Phase lang anhaltender wirtschaftlicher Prosperitat fuhrte.

Das Realeinkommen breiter Bevolkerungsschichten vervielfachte sich, wo­

durch der Einkommensanteil der Ausgaben zur Existenzsicherung sank. Ver­

bun den mit einer Arbeitskraftewanderung yom primaren in den sekundaren

Produktionssektor - was zu einer Erhohung der industriellen Produktionska­pazitaten ftihrte - entwickelte sich ein Klima bestandigen Wirtschafts- und Ab­

satzwachstums. Das Konsumverhalten orientierte sich vorwiegend am

vorgefundenen Angebot und sorgte fUr relativ stabile wirtschaftliche Rah­

menbedingungen, die sich in langen Laufzeiten der Produkte, einer tiber­

schaubaren Anzahl von Wettbewerbern und stabilen Absatzmarkten

niederschiugen.

Mit zunehmendem Sattigungsgrad und ermoglicht durch die Internationali­

sierung der Warenmarkte sowie durch den technischen Fortschritt sind heute

in weiten Bereichen der Konsumgtiter, Waren- und Handelsmarkte Bedingun­

gen des Kaufermarktes gegeben, die nun die Ausgestaltung betrieblicher Ar­

beitsorganisation vor die Herausforderung der Bewaltigung von Unsicherheit

Page 53: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 37

und Wandel stellen (vgl. z.B. KOHLI & JAWORKSI 1999; LUTZ 1996, S. 33£.;

STICH, SIBIERA & LERCH 1997): Seit den 90er Jahren kann die generelle Markt­

situation in Deutschland durch einen relativ hohen Sattigungsgrad charakteri­

siert werden. Dies gilt insbesondere fur den Kfz-Markt sowie den Markt fur

Haushalts- und Unterhaltungselektronik, auf denen mit BMW und Infineon

Technologies diejenigen Untemehmen agieren, die spater in den Fokus der

empirischen Untersuchung genommen werden. Ein Blick in die Statistischen

Jahrbucher zeigt folgende ausgewahlte Ausstattungsquoten fur bundesdeut­

sche Haushalte (vgl. STATISfISCHES BUNDESAMT 1999, S. 564):

Gegenstand Alte Bundeslander Neue Bundeslander

Pkw 76,2/98,3 70,6/91,6

Fernsehgerat 95,4 / 139,4 97,8/143,2

Videorecorder 62,7/75,2 61,3/70,1

PC 42,8/47,6 35,6/37,9

Klihlschrank 99,0/112,2 99,3/107,8

Waschmaschine 91,2/92,4 94,3/95,4

Tab. 3.1: Ausstattungsgrad pnvater Haushalte mIt langleblgen Gebrauchsgtitem fur den Stichtag 1.1.1998 (in Prozent: ohne / mit Wertung von Mehrfachbelegungen)

Der hohe Sattigungswert korrespondiert mit einem kritischen Kundenverhal­

ten. Fur Untemehmen bedeutet dies, nicht mehr nur das Marketing, sondem

bereits die Entwicklung ihrer Produkte nach den Bedurfnissen der potenziel­

len Kauferschar ausrichten zu mussen. PRlDDAT (1996) geht sogar noch einen

Schritt weiter, wenn er von "moralischem Konsum" spricht: "Nicht allein die

Produkt-Qualitat steht zur Debatte .... Alle Handlungen des Untemehmens

werden bewertet, auch die - und gerade sie -, die nicht zum normalen Ange­

botsrepertoire zahlen" (S. 1074). Das Schlagwort lautet "Kundenorientierung"

und der Untemehmenserfolg bestimmt sich durch eine flexible und rasche Re­

aktion auf Kundenbedurfnisse und deren erfolgende Befriedigung. Die (fur

Untemehmen vorteilhaften, weil stabilen) Anbietermarkte sind Kaufermark­

ten gewichen, die sich durch instabile Nachfragebedingungen auszeichnen. Zu

diesen Veranderungen auf der Nachfrageseite kommen die Entwicklungen auf

der Angebotsseite. Die Anzahl konkurrierender Untemehmen ist gegenuber

vorangegangenen Zeitabschnitten gestiegen. Ais Beispiel sei hier auf die Au­

tomobilindustrie verwiesen, bei der seit Mitte der 90er Jahre aIle groBen Her­

steller eine Produktstrategie verfolgen, die ein moglichst breites Spektrum an

Page 54: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

38 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Marktsegmenten abdecken solI. VW produziert exklusive Sportwagen (Bugat­

ti), BMW und Mercedes-Benz produzieren Kleinwagen (Mini, ler-Reihe, A­

Klasse, Smart). Die Laufzeiten der Produkte werden kurzer und im Zuge des

durch die stete Fortentwicklung der Informations- und Kommunikationstech­

nologien, aber auch die Werkstoffentwicklung beschleunigten technologischen

Wandels erfolgt haufig eine Umgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation

und Produktionsprozesse. In den Augen von PICOT, REICHWALD & WIGAND

(1996) liisst sich die Situation wie in Abb. 3.2 dargestellt zusammenfassen:

Veranderung der Wettbewerbssituation

"Intemationalisierung der Markte

.. Innovationsdynamik bei Produkten und Prozessen

.. Kauferml:i.rkte -Globalisierung der Ressourcen­beschaffung

.. Demographische Entwicklung

.. Ressourcenverknappung

Innovationspotenziale der Informations- und

Kommunikationstechnik

.. Neue Produkte

.. Prozessinnovation

.. Neue Formen dec Arbeitsorga­nisation und Arbeitsteilung

.. Neue Untemehmensformen

Wertewandel in Arbeitswelt und

Gesellschaft

.. EinsteIlung zur Umwelt

.. AItersstruktur der Arbeitnehmer

.. Kauferverhalten "Qualitatsanspruch an den Arbeitsplatz

" -+ ,/ [ Herausforderung fUr die Unternehmen I

-+ Untemehmen und Markte

(Fonnale) Auflosung von Hierarchien Symbiosen und Kooperationen Elektronische Markte Virtuelle Unremehmen

Abb. 3.2: Die wirlschaftlichen Rahmenbedingungen der Ausgestaltung betrieblicher Ax­beitsorganisation (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 3)

Die Wettbewerbsbedingungen haben sich also in den 90er Jahren noch einmal

fundamental gewandelt. Sie sind nun durch einen sich permanent verschiir­

fenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet und die Neu- oder Umorganisation

der Arbeit stellt ein wichtiges Reaktionsfeld hierauf dar. "Vielfach ist es so,

dass ... Zeit und Flexibilitiit die entscheidenden Kriterien im Wettbewerb sind,

wenn es darum geht, rasch und kostengtinstig auf die sich iindemde Nachfra­

ge eingehen zu mussen" (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 4). Die neue­

ren Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation verfolgen das Ziel, die

Page 55: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 39

Arbeitsablaufe in einer Weise zu strukturieren, die eine Bewaltigung der an­

stehenden Probleme ermaglicht. Dieser Herausforderung wird dadurch zu

begegnen versucht, dass Verantwortung und Entscheidungsbefugnis mag­

lichst nah an die Leistungserstellung gekoppelt werden.

Aufbauphase Konsolidierungsphase Sattigungsphase Individuelle · Wiederaufbau · Wohlstand · Umweltbewusstsein Ziele der · Erfiillung von · Sicherheit · Beschaftigung Kunden Grundbediirfnis- · Prestige

sen Anbietermarkt Ubergangsform Kaufermarkt

Kennzeichen · Mangel · GroBe Nachfrage · Dberangebot

· Gutes Angebot · Verdrangungswett-

· Nationaler Wettbe- bewerb werb

Produktions- · Sruckzahl · Rationalisierung · Qualitat ziele · Sruckzahl/ Export · Innovation

· Automatisierung · Flexibilitat Primares · Verfiigbarkeit · Verfiigbarkeit · Qualitat Kaufargu- · Bedarf · Funktionalitat ment · Qualitat · Wertbestandigkeit

· IndividualiUit Tab. 3.2: Interdependenz zwIschen MarktsituatlOn und ProduktlOnsstruktur (vgl. BETZL

1996,530)

Soweit im holzschnittartigen Uberblick die Darstellung der wirtschaftlichen

Rahmenbedingungen, vor deren Hintergrund die im folgenden vorgestellten

Konzepte betriebJicher Arbeitsorganisation entwickelt wurden (vgl. Tab. 3.2).

Diese werden in drei Gruppen zusammengefasst, namlich zunachst die klassi­

schen Vorlaufer der modernen Managementkonzepte, dann die Ansatze der

ersten und der zweiten Rationalisierungswelle.

3.2 Klassiker betrieblicher Arbeitsorganisation und VorHi.ufer modemer Managementkonzepte

1m Zuge eines auch durch den ersten Weltkrieg nicht gebrernsten akonomi­

schen Aufschwungs und Wachsturnsglaubens in den USA entwickelte sich die

dortige Industrie sehr rasch und fruher als in Europa in Richtung Massenpro­

duktion (vgl. LUTZ 1989, S. 79f£'). Dies regte zunachst den mit Betriebsfuh­

rungsaufgaben betrauten Taylor zu seinem Ansatz betrieblicher

Arbeitsorganisation an, der einige Jahre spater durch Ford mit Hilfe der FlielS-

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_40~~_. __ ~~~~~~~~~A_n_s_a_tz_e_u_n_d_K_o,-n_z_e>-p_te_b_e_tr_ie_b_li_·c_h-,-er_A~rbe~it_so_r-"g,--aru~·sa_ti_·o,-n

bandtechnik weiterentwickelt wurde. Mayos eher zufallige Entdeckungen im

Rahmen der Hawthorne-Experimente ruckten schlie15lich die Bedeutung in­

nerbetrieblicher Sozialstrukturen in das Bewusstsein, woraufhin sich "Human­

Relation" -Ansatze etablieren konnten. Diese drei Ansatze stellen die klassi­

schen Vorlaufer heutiger Managementkonzepte dar und wirken auch noch

diese hinein.

3.2.1 Die Grundsiitze wissenschaftlicher Betriebsfohrung nach Taylor

Frederick W. Taylor entwickelte Ende des 19. Jahrhundert sein erst sehr viel

spater verbffentlichtes Konzept wissenschaftlicher BetriebsfUhrung, das mit

der Einfuhrung der strikten Trennung von planenden und kontrollierenden

Tatigkeitsfunktionen das Leitprinzip fur die spatere industrielle Massenpro­

duktion vorgab. Ihn veranlasste die Beobachtung bestandiger "Vergeudung

menschlicher Arbeitskraft durch ungeschickte, unangebrachte oder unwirk­

same Ma15nahmen" (TAYLOR 1995/1913, S. 2) der Organisation menschlicher

Arbeit zur Entwicklung eines neuen Ansatzes. 1m scharfen Gegensatz zur

handwerklich organisierten Produktion, in der persbnliche Erfahrung und in­

dividuelles Geschick von Bedeutung waren, setzte Taylor neue Schwerpunkte.

"Bisher stand die ,Persbnlichkeit' an erster Stelle, in Zukunft wird die Organi­

sation und das System an erste Stelle treten" (S. 4).

Geleitet von der Vorstellung, dass erstens Arbeiter nicht freiwillig ihre volle

Arbeitskraft einsetzen und zweitens ein durch Berechnungen objektiv fest­

stellbares, optimales Tatigkeitspensum fiir jeden Arbeiter auf jedem Arbeits­

platz existiert, definierte er die innerbetrieblichen Aufgaben neu, indem er vier

Pflichten der Fuhrungskrafte einforderte (vgl. S. 38 ff.):

1. Fur jedes einzelne Arbeitselement wird eine "Wissenschaft" ["science of

bricklaying" (TAYLOR 1998/1911, S. 42)] entwickelt. Gemeint war damit die

systematisch-exakte Berechnung einzelner Arbeitsschritte sowie die fiir ei­

ne dauerhafte Leistungserbringung optima Ie Verteilung von Arbeits- und

Ruhephasen fUr jeden einzelnen Arbeitsplatz, gemessen an einem (fUr diese

Position) "hervorragenden" Arbeiter. Taylor ging von einer Passung der

verfUgbaren Arbeiter und vorhandenen Arbeiten aus, d.h. fur jede Stelle

gibt es also hervorragende Arbeiter und fiir jeden Arbeiter gibt es den indi­

viduell passenden Arbeitsplatz.

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 41

2. Auf Basis der Berechnungen sollen die passendsten Leute ausgewahlt und

entsprechend eingewiesen, aus- und weitergebildet werden. Die Idee, dass

die Fuhrungskrafte ftir die Abwicklung der Arbeitsschritte und ftir die Bil­

dungsbiographie ihrer Arbeiter zustandig sein sollten, war bis dahin neu.

Die Praxis industrieller Arbeit war nach Ansicht Taylors namlich dadurch

gekennzeichnet, dass die Arbeiter bei der Ausftihrung ihrer Tatigkeiten

und der Wahl der Mittel freie Hand hatten.

3. "Sie <die Ftihrungskrafte> arbeiten in herzlichem Einvernehmen mit den

Arbeitern; so konnen sie sich sicher sein, daIS aile Arbeit nach den

Grundsatzen der Wissenschaft, die sie aufgebaut haben, gesthieht"

(TAYLOR 1995/1913, S. 39).

4. Arbeit und Verantwortung sollen sich annahernd gIeichrnalSig auf Fuh­

rungskrafte und Arbeiter verteilen. "Das vierte dieser Elemente, die anna­

hernd gleiche Verteilung der Verantwortung zwischen Leitung und

Arbeiter, verlangt eine weitere Erklarung. Die Philosophie des Initiative­

systems <so bezeichnet Taylor das von ihrn kritisierte System> tibertragt

dem Arbeiter fast die ganze Verantwortung fur die Ausfuhrung der Arbeit,

im ganzen wie im einzelnen, in vielen Fallen sogar auth fur seine Werk­

zeuge. AuBerdem mulS er tatsachlich noch die ganze physische Arbeit leis­

ten" (5.39 f., Anrn. C.H.).

Mit der Notwendigkeit der raumlichen Trennung von korperlicher Produkti­

onsarbeit und geistiger, wissenschaftlicher Denkarbeit - schlielSlich erfordert

letztere ein hohes MalS an Konzentration und daher Abschottung - begrundet

Taylor die von ihm vorgeschlagene Aufgabenteilung kurz und bundig. "Es ist

also ohne weiteres ersichtlich, daIS in den meisten Fallen ein besonderer Mann

zur Kopfarbeit und ein ganz anderer zur Handarbeit notig ist" (5. 40).

Dieser Ansatz verfolgt zwar in erster Linie das Ziel der Effektivierung der Ar­

beitsprozesse, allerdings ware der Vorwurf unzutreffend, Taylor wiirde die

Arbeiter als reine Objekte und Mittel zum Betriebszweck begreifen. Vielmehr

betont Taylor gleich zu Beginn seiner Ausfuhrungen, "das Hauptaugenmerk

einer Verwaltung sollte darauf gerichtet sein, gleichzeitig die grolSte Prosperi­

tat des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers herbeizufuhren und so beider

Interessen zu vereinen" (5. 7). Es soUte "die personliche Wertschatzung des

Arbeiters und die enge Fuhlungnahme mit ihm Hand in Hand gehen. Letzte­

res kann nur der Ausdruck einer ehrlichen und warmen Interesses an der

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42 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Wohlfahrt der Untergebenen sein" (5.36). Taylor betont ausdriicklich, dass die

Anwendung seiner Grundsatze unter Zugrundelegung einer falschen Philoso­

phie zu "verderblichsten Folgen" (5. 138) fiihren kiinnte. In seiner Verkniip­

fung mit einer entsprechenden Unternehmensphilosophie verweist Taylor also

auf Zusammenhange, die in den modernen Unternehmenskonzepten Jahr­

zehnte spater auch betont werden.

In der knappen Darstellung wird deutlich, dass unter "Taylorismus" weniger

ein konkretes Verfahren verstanden werden darf, sondern dass die von ihm

entwickelten Grundsatze als Gesamtheit gesehen werden miissen. Zu Lebzei­

ten Taylors war von der Anwendung des Taylor-Systems die Rede, worunter

"die Anwendung wissenschaftlicher Methoden zur Erzielung maximaler Effi­

zienz in der industriellen Tatigkeit" (KANIGEL 1999, 5.7) zu verstehen ist. Kor­

rekter miisste man eigentlich ,:Taylorismus' als Anwendung des Taylor­

Systems, d.h. als Anwendung der ,Wissenschaftlichen Betriebsfiihrung' nach

Taylor definieren" (HEBEISEN 1999, 5.12).

3.2.2 Flieflbandproduktion

Durch den Einsatz von Maschinen, die z.T. nur einen einzigen Arbeitsschritt

ausfiihren konnten, optimierte Henry Ford dieses Organisationsprinzip und

avancierte zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinem T-Car zum Pionier der

Automobil-Massenproduktion. "Das Hauptrnerkmal der Massenproduktion

war nicht - wie viele Leute glauben - das Flie15band. Es war vielmehr die voll­

standige und pa15genaue Austauschbarkeit der Bauteile und die Einfachheit

ihres Zusarnmenbaus" (WOMACK, JONES & Roos 1991, S. 34). Fords erste An­

satze der Automobilproduktion sahen 1903 einen einzigen Montageort fiir die

Herstellung eines Fahrzeugs durch einen einzelnen Monteur vor, der narurlich

iiber eine Ausbildung und (vorteilhafterweise) iiber Erfahrung verfiigen

musste, urn hohe Arbeitsleistung zu erzielen. Bei der Einfiihrung des T­

Modells 1908 betrug der durchschnittliche Arbeitszyklus eines Monteurs 514

Minuten, wobei schon ein hohes MaG an Arbeitsteilung, nicht jedoch die per­

fekte Austauschbarkeit der Bauteile erreicht wurde. 1m Zuge einer fortgesetz­

ten Optimierung konnte der durchschnittliche Arbeitszyklus bis 1913 schon

auf circa 2 Minuten gesenkt werden. Mit der Einfiihrung des FlieGbandes und

dem Erreichen der perfekten Austauschbarkeit der Bauteile war 1914 die

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 43

Fordsche Massenproduktion erreicht, die einem Arbeiter - Monteure waren

nun nicht mehr notig - aIle notwendigen Teile an einen festen Arbeitsplatz

transportierte und eine Verringerung der Taktzeit auf 1,19 Minuten ermog­

lichte. Bis Anfang der 20er Jahre erreichte Ford eine Produktionsleistung von 2

Millionen gleichartigen Fahrzeugen im Jahr (vgl. SCHERRER 1992, S. 69).

1m Gegensatz zum Taylorschen Ansatz, der sich die Optimierung der Ar­

beitsleistung des einzelnen Arbeiters zum Ziel gesetzt hat, erfolgt bei der

FlielSbandproduktion eine Vergesellschaftung des Produktionsprozesses da­

hingehend, dass der Produktionsprozess bis ins kleinste Detail zerstUckelt,

reglementiert und in den vielen unterschiedlichen Einzelschritten aufeinander

abgestimmt ist. Er funktioniert nur dann, wenn aIle Einzelarbeiten koordiniert

und in der geplanten Weise erfolgen. Damit konnte eine enorme Produktivi­

tatssteigerung der Arbeit erzielt werden, die zu steigenden Unternehmensge­

winnen und in Folge dessen zu hoheren Arbeitslohnen fuhrten, wei! die

Arbeiter "nicht mehr blolS als Maschinen angesehen, sondem ... daruber hin­

aus als unentbehrliche Konsumenten der eigenen Produkte" (KANG 1995, S.

151) angesehen wurden. Damit bleiben Beschaftigte jedoch prinzipiell aus­

tauschbar, ihre Arbeiten erfordern weder Anlernzeit noch Erfahrung.

Der wirtschaftliche Erfolg dieser Produktionsformen war liberzeugend, so

dass die handwerkliche Fertigung als dominierende Produktionsform abgelost

wurde - eine Form ubrigens, in der die individuelle Kompetenz des Meisters

(des Arbeiters) von herausragender Bedeutung war: Feinheiten in der Ausfiih­

rung der Arbeiten und Wissen urn Zusammenhange bei der Herstellung von

Produkten waren originaren Merkmale erfolgreicher Arbeiter in der Manu­

faktur. Das Paradigma im Taylorismus und Fordismus basierte hingegen auf

moglichst einfachen Arbeitsschritten, die sich in hoher Geschwindigkeit wie­

derholen lielSen. Damit wurden nicht nur die Bauteile austauschbar, sondem

auch die einzelnen Arbeiter in der Fabrik, sie spielten in ihrer Individualitat

keine Rolle mehr. Es "sollte durch Formalisierung aller intra- und interorgani­

sationalen Prozesse Unsicherheit gegen Null reduziert werden .... Wenn es

geHinge, das Verhalten aller Organisationsteile untereinander und gegenliber

Veranderungen auf dem Markt vollstandig festzulegen, entstlinde ein Unter­

nehmen, wie es sich der friihere Chef von ITT, Harold Geneen, wiinschte:

Selbst Mickeymouse konnte es leiten" (KOHL 1998, S. 30 f.). Deutlicher lasst

sich das Ziel der Anonymisierung des Produktionsprozesses und der gesam­

ten Arbeitsablaufe nicht ausdrucken.

Page 60: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

44 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

3.2.3 DeT Human-Relation-Ansatz

Zwischen 1927 und 1933 wurden unter FederfUhrung von Elton Mayo und

Fritz Roethlisberger in den Hawthome-Werken experimentelle Untersuchun­

gen zur Optimierung von Arbeitsprozessen durchgeftihrt, wobei es eigentlich

urn die Bestimmung der optimalen Beleuchtung von Montagearbeitsplatzen

gehen sollte (vgl. MAYO 1945, S. 109). Dabei wurden in Kontroll- und Experi­

mentalgruppen unterschiedliche Beleuchtungssituationen getestet, jedoch

Uberraschenderweise mit dem Ergebnis, dass die Arbeitsleistung in allen

Gruppen stieg (vgl. GAIRING 1996, S. 52). So entstand eigentlich zufallig "die

Entdeckung eines neuen Faktors, der psychischen und vor allem sozialen Be­

gleitphanomene der industriellen Arbeit" (BURISCH 1973, S. 46). Man hatte er­

kannt, dass alleine die den beobachteten Personen geschenkte Aufmerk­

samkeit deren Arbeitsleistung beeinflusst, ohne deren physikalische Umwelt

am Arbeitsplatz zu verandem. In der Interpretation bedeutete dies die Er­

kenntnis, dass soziale Beziehungen, in den u.a. zwischenmenschliche Wert­

schatzung zum Ausdruck kommt, neben der physikalischen Ausgestaltung

eines Arbeitsplatzes eine wichtige Determinante der Arbeitsleistung ist. Diese

Untersuchungen gelten als Auftakt zur "Human-Relation" -Bewegung (vgl.

BECKER & LANGOSCH 1995, S. 141), wobei inzwischen die Seriositat der Unter­

suchungen und vor allem ihrer Interpretationen in der Fachwelt in Zweifel

gezogen werden (vgl. RICE 1982; WALTER-BUSCH 1989, S. 30f£'). "Trotz aller

Kritik an den Human-Relation-Konzepten kann ... davon ausgegangen wer­

den, daB die von dieser Forschergruppe erarbeiteten Erkenntnisse und

Grundlagen zu sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz, fUr deren Umsetzung

sich die Vorgesetzten kUnftig verantwortlich zeichnen soli ten, bestimmend fUr

die weiteren organisationspsychologischen Arbeiten und die Entdeckung der

Wichtigkeit der Kongruenz formaler und informaler Organisationen waren"

(BETZL 1996, S. 319).

In Analogie zu diesen Arbeiten in den USA entwickelte sich am Tavistock­

Institute in England eine vergleichbare Forschungsarbeit: Aus den UrsprUn­

gen einer Rehabilitationsklinik fUr psychisch Kriegsgeschadigte hervorgehend

wurde an diesem Institut das Konzept des "sozio-technischen Systems"

(EMERY & TRIST 1960) ausgearbeitet, indem in Experimenten erstmals sozial­

psychologische Konzepte der Gruppentherapie und Gruppendynamik, wie sie

in der psychotherapeutischen Klinik entwickelt wurden, in einem industriel-

Page 61: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 45

len Kontext Anwendung fanden. Bei der Untersuchung der Veranderung der

Arbeit durch neue Technologien kamen die Porscher zu dem Ergebnis, dass

"die durch die technologischen Veranderungen verursachte veranderte Ar­

beitsorganisation zwar scheinbar fiir den Arbeitsproze15 effektiver schien, je­

doch durch den Verlust von Loyalitat und Verantwortung sowie durch die

Entwurzelung der alten ,Kumpel' -Gruppen-Kultur die mangelnde Produkti­

vitat ... verursacht hatte" (GAIRING 1996, S. 74). Nach dem soziotechnischen

Systemansatz besteht ein Betrieb aus einem technischen und einem sozialen

System, wobei diese nicht isoliert voneinander, sondern in ihren Wechselbe­

ziehungen betrachtet werden miissen. Zu beach ten ist dabei, dass beide Sys­

teme nach unterschiedlichen Regeln und Gesetzma15igkeiten funktionieren -

das technische nach den Gesetzen der Naturwissenschaften, das soziale nach

der Komplexitat menschlichen Verhaltens. Eine partielle Optirnierung nur ei­

nes der heiden Systeme macht nach diesem Ansatz keinen Sinn, zielfiihrend

sei nur eine verkniipfte Optimierung (vgl. FREI U.A. 1996, S. 149£.).

Vertretern der Human-Relation-Bewegung geht es also urn die Bedeutung

zwischenmenschlicher Beziehungen am Arheitsplatz. "Aufgabe des Manage­

ments ist es, dafiir zu sorgen, da15 durch die Pflege der menschlichen Bezie­

hungen ... der irrationale Protest der Arbeitnehmer verrnieden und ihre

Energie in produktive Bahnen gelenkt wird" (NEUBERGER 1989, S, 217). Aller­

dings liegen sie in der Tradition der Hawthorne-Untersuchungen, denn pri­

marer Zweck der Ausgestaltung zwischenrnenschlicher Beziehungen ist die

Optimierung der Arbeitsleistungen nach der Maxime "gliickliche Kiihe geben

mehr Milch" (ROSENSTIEL 1991, S. 129). Die konkreten Auspragungen solcher

Beziehungen, die in den Human-Relation-Ansatzen vorgesehen sind, werden

nicht aufgrund padagogischer, psychologischer oder sozialwissenschaftlicher

Uberlegungen und Kriterien gestaltet, sondern allein aufgrund okonomischer

Kalkiile zur Steigerung der Arbeitsleistung. Es "geht darum, Anforderungen

fUr die Gestaltung optimaler Arbeitssysteme zu definieren, die zur Realisierung

organisatorischer Effizienz beriicksichtigt werden miissen" (BETZL 1996, S. 32,

Herv. i.O.). In diesem Sinne sind Ma15nahmen, die zwar von den Beschiiftigten

als positiv oder angenehm empfunden werden, jedoch keine leistungsstei­

gernde Wirkung entfalten, als nicht sinnvoll anzusehen.

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46 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

3.3 Die erste und zweite Rationalisierungswelle

Beim Ubergang in die Konsolidierungsphase, in der eine Ubergangsform zwi­

schen Anbieter- und Kaufermarkt vorzufinden war, bekamen bis in die 70er

Jahre erste Rationalisierungs- und Effektivierungsanstrengungen Relevanz

(vgl. Tab. 3.2). Die eben besprochenen Konzepte lassen sich im Charakterisie­

rungsschema fiir den Mechanisierungsgrad von Produktionsmitteln nach

KERN & SCHUMANN (1985) der pramechanisierten Stufe zurechnen, in der die

Arbeitsleistung nach wie vor von menschlicher Arbeitskraft iibemommen

wird und die Mechanisierung sich auf die Zufiihrung und den Abtransport

der Arbeitsgegenstande sowie die von Menschen bedienten Werkzeuge be­

schrankt (vgl. S. 57 ff.). 1m Zuge der ersten Rationalisierungswelle kam es zu

einer fortschreitenden Mechanisierung und Automatisierung der Produkti­

onsprozesse. Die Entwicklung rechnergestiitzter Produktionsanlagen eriiffnete

der Vision der menschenleeren Fabrik den Raum. Jedoch stiegen mit den

Miiglichkeiten des technisch Machbaren die Erfahrungen, dass die Substituti­

on menschlicher Arbeitskraft eine Utopie ist und steigende Technisierung des

Produktionsprozesses Menschen umso unersetzlicher machte. Zwar erlaubten

Produktionsmaschinen, den Grad der Arbeitsteilung zuriickzufahren, indem

einfache, repetitive Arbeiten durch Maschinen iibemommen wurden. Doch

gleichzeitig muss ten die Arbeiter in den Fabriken nun deren reibungsloses

Funktionieren iiberwachen, Urnriist- und Wartungsarbeiten an den Maschinen

koordinieren und die Zufuhr und den Abtransport der Fertigungsware orga­

nisieren. Die Tatigkeitsbereiche wurden nun komplexer und somit wurde

auch die Organisation betrieblicher Arbeit komplexer. Der Streit urn die Pola­

risierungsthese, derzufolge der technische Fortschritt in der Produktion zwar

bei einem Teil der Beschaftigten ein Anstieg des Qualifizierungsniveaus beo­

bachtet werden kann, gleichzeitig jedoch ein (nicht unwesentlicher) Teil der

Beschaftigten ein drastisches Absinken des Qualifikationsniveaus hinnehmen

muss, soil hier ausgeblendet werden, da er erstens kontrovers und nicht end­

giiltig geklart ist (vgl. z.B. HEGELHEIMER 1986; KRAIS 1996) und zweitens fiir

die Absichten dieser Arbeit nicht von zentraler Relevanz ist.

Die Anforderungen an die spateren Produktionskonzepte aus der zweiten Ra­

tionalisierungswelle (bis Mitte der 80er Jahre), die iiber die bis in die 70er Jahre

hineinreichenden, "eher schleichenden denn raumgreifenden Rationalisie­

rungsbewegungen" (KERN & SCHUMANN 1984a, S. 41) weit hinausgingen,

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorgarusah_·o_n _____________ 4::...-7

Jauteten: Massenfertigung und IndividualiUit. Dies setzte sich von den Ratio­

nalisierungsbemtihungen bis in die 70er Jahre deshalb ab, weil jene zumeist

auf Detailanderungen im ohnehin tayloristisch-fordistisch gepragten Produk­

tionsprozess beschrankt blieben. Bis Mitte der 80er Jahre wurde dann aber

"neuartiges Handlungswissen ftir Produktionstechnik, Arbeitsorganisation

und Arbeitseinsatz verftigbar - ein Repertoire, von dem der Rationalisie­

rungsexperte vor zehn Jahren nur hatte traumen konnen" (5.41). Nun folgten

die Produktionsstrategien der gezielten Produktdiversifikation. Wahrend

Fords Bemuhungen sich darauf konzentrieren konnten, das FlieBband so zu

bestiicken, dass die Arbeitsplatze ausreichend mit Betriebsstoffen versorgt wa­

ren, musste nun ein Verfahren gefunden werden, wie die Erweiterung der in­

dividuellen Aufgaben koordiniert werden konnte.

"Das neue Rationalisierungs-Paradigma heiBt: Effizienz durch Flexibilitat. Die

neuen Maschinen mussen sich mit geringstem Aufwand fur neue ... Teile um­

rtisten lassen .... Flankierend erscheint eine Organisationsform notwendig, die

fur Kapazitats- und Programmvariationen offen ist und die Umstellungen oh­

ne Reibungen und Leerlauf bewaltigt" (KERN & SCHUMANN 1984a, S. 43f.).

Durch Gruppenarbeit wurde eine Form betrieblicher Arbeitsorganisation

etabliert, die den beiden Aspekten des neuen Paradigmas Effizienz und Flexi­

bilitat gerecht zu werden erschien. Die Flexibilihit wurde jedoch, wie

HEIDENRElCH (1994) kritisch anmerkt, weniger durch die Einftihrung der Ar­

beitsgruppen als vielmehr durch die Auslagerung von Produktionsteilen an

kleine Zulieferbetriebe erreicht (vgl. S. 68).

Eine Anzahl von Mitarbeitem arbeite! als organisatorische EinMeil

zusammen

Gemeinsame Planung und Steuerung der

Gruppe

Die Gruppe erfOl1l eine gemeinsame Aufgabe

GruppengrMe (5-15 Personen) erlaubt

direkte Abstimmung

Die Gruppe verfOgt Ober Handlungs- und

Entscheidungsspielraum

Keine formate Hierarchie innernalb der Gruppe

Abb. 3.3: Merkrnale der Gruppenarbeit (KOm & KOlLMANN 1999, S. 11)

Page 64: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

48 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Gruppenorientierte Arbeitsformen sind dadurch gekennzeichnet, dass mehre­

re Personen einen Arbeitsprozess gemeinsam bearbeiten, dabei in einem ge­

wissen (meist eng begrenzten) Rahmen Handlungs- und Entscheidungs­

spielraume der Gruppe tiberlassen bleiben, innerhalb der die Planung und

Steuerung des Arbeitsprozesses ohne formale Hierarchien abgestimmt werden

solI. Jedoch konnen sie "in alIer Regel nicht tiber die Ziele ihres Arbeitseinsat­

zes entscheiden und haben nur sehr begrenzte Einflul5moglichkeiten auf die

Form der tibergreifenden Arbeitsorganisation" (KOHL & KULLMANN 1999, S.

13).

In der Praxis dezentraler Untemehmensorganisation haben sich unterschiedli­

che Realisierungsformen von Gruppenarbeit herausgebildet, die jeweils stark

von der Untemehmensstruktur, der Marktsituation und den Produkten ab­

hangen. Vereinfacht lassen sie sich auf zwei Grundtypen reduzieren, die sich

nach dem Grad der Autonomie der Gruppe unterscheiden (vgl. S. 18f£.) und

dabei folgende Merkmale aufweisen (Tab. 3.3):

Eingeschr~nkte Teilautonome Gruppenarbeit Gruppenarbeit

Arbeitsinhalt Eher geringe Arbeitsumfange Erweiterte Arbeitsumfange Taktbindung Vorgabe kurzer Taktzeiten und Taktentkoppelung statt FliefS-

Integration in FliefSbandferti- band igung

Aufgabenintegration Begrenzte Integration, Arbeits- Hohe Funktionsintegration, teilung in Gruppen, Herausbil- Qualifizierungschancen bei In-dung von Spezialisten sowohl standhaltung, Nacharbeit, La-innerhalb als auch aufSerhalb der gistik, Qualitatssicherung Gruppe

Selbstkoordination Geringes MaB an Selbstkoordi- Hohes MaB an Selbstkoordinati-nation, weitgehende Vorgaben on, Planung und Steuerung der durch Vorgesetzte, Mitsprache- Arbeitsablaufe durch Gruppe, moglichkeiten hohe Autonomie in Bezug auf

Zeit- und Aufgabenverteilung Gruppensprecher Durch Vorgesetzte eingesetzt, Durch die Gruppe gewahit, ar-

haufig frei von operativer Arbeit, beitet mit, kein Teil der Hierar-zahlt als untere Hierarchiestufe, chie, Sprecher und Koordinator Ubernahme von Meister- und derGruppe Vorarbeiteraufgaben

Qualifikationsan- Formale Qualifikationsanforde- Hohe Qualifikationsanforderun-forderungen rungen zur Erreichung der gen durch Selbstkoordination,

Einsatzqualifikation Teamentwicklung, erweitertes Aufgabenspektrum und Quali-tatssicherung .. Tab. 3.3: Emgeschrankte und teIlautonome Gruppenarbelllm Verglelch (KOHL &

KULLMANN 1999, S. 26f.)

Page 65: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 49

1m deutschen Beschaftigungssystem ergab sich im Vergleich zu seinen inter­

nationalen Gegenstiicken mit dem Dualen System die Besonderheit, dass dort

eine enge Kooperation zwischen Lehrlingen und Experten (Meister, Fachar­

beiter) eigentlich langst die zentrale Idee der Ausbildung war. "In Deutsch­

land muBten gruppenarbeitsbasierte Organisationsformen nicht erst

,erfunden' werden; im Vordergrund stand eher die ,Verteidigung' gegenUber

anderen, tayloristischen Organisationsformen und die Ausweitung auf die

Arbeitsbereiche von An- und Ungelernten" (HEIDENREICH 1994, S. 72).

Die ausli:isenden Ursachen dafUr, dass Gruppenkonzepte ihre Bewahrungs­

chancen erhielten, sehen KERN & SCHUMANN (1984b) nicht alleinig in den oko­

nomischen Rahmenbedingungen, sondern auch in einem veranderten Bild

vom Arbeiter als nicht mehr ausschlieBlichen Querulanten, sondern rational

handelnden Interessenwahrnehmer. Die Betriebe bzw. deren Leitungsgremien

brauchten weniger explizite MalSnahmen der Herrschaftssicherung, da sie

aufgrund der allseitigen Einsicht in die wechselseitigen Abhangigkeiten als

gesichert angesehen werden konnte (vgl. S. 152).

In spateren Trendreports zum Stand betrieblicher ReorganisationsbemUhun­

gen ist davon die Rede, dass zwar bereits in den 80er Jahren die Defizite taylo­

ristischer Formen der Arbeitskraftnutzung gesehen wurden und nicht zuletzt

durch KERN & SCHUMANN (1984a) ausreichend Wissen tiber solche Formen

betrieblicher Arbeitsorganisation vorlag, die von tayloristisch-fordistischen

Prinzipien abwichen. Eine weitreichende Umsetzung solcher Konzepte schei­

terte aber an einer mangelnden Reform betrieblicher Sozialstrukturen, so dass

die Tragweite der Reorganisationskonzepte eingeschrankt blieb und erst in

den 90er Jahren im Zuge einer weiteren Reorganisationswelle Durchsetzung

fan den (vgl. KUHLMANN & KURZ 1995, S. 158).

3.4 Die jungste Welle betrieblicher Reorganisation: Die neuen Organisationskonzepte

Mit dem Erscheinen der weltweite Aufmerksarnkeit erreichenden MIT-Studie

"The Machine that Changed the World" (WOMACK, JONES & Roos 1990) bzw.

"Die zweite Revolution in der Autoindustrie" (WOMACK, JONES & Roos 1991)

kann der Wendepunkt hin zu neuen Managementkonzepten markiert werden.

In jener Studie wird aufgrund eines internationalen Vergleichs der Automo-

Page 66: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

50 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisahon

bilindustrie ein neuer "One-Best-Way" der Produktion beschrieben, der die

Herstellung hoher Sruckzahlen bei gleichzeitiger Beriicksichtigung diversifi­

zierter Kundenbediirfnisse, wie sie auf einem Kaufermarkt vorzufinden sind

(vgl. Abschnitt 3.1), erlaubte.

Seitdieser Zeit wurde eine Vielzahl an Ansatzen entwickelt, die jeweils unter­

schiedliche Uisungen fiir das Problem der Bewaltigung von Unsicherheit auf

dem Markt und im Umfeld eines Unternehmens bieten. Sie lassen sich in

struktur- und verhaltensorientierte Ansatze (vgl. BETZL 1996) unterscheiden

oder in abgegrenzte und offene (PRIDDAT 2000b). 1m Folgenden wird eine

Unterscheidung in prazise und vage Ansatze vorgeschlagen, die sich am Abs­

traktionsgrad der den Konzepten immanenten Uisungsansatze bemisst. All

diesen Ansatzen gemeinsam ist die Abkehr von starren Formen der Massen­

produktion, die noch den bislang beschriebenen Rationalisierungsbemiihun­

gen zugrunde lagen.

3.4.1 Priizise Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation

Die bekanntesten derjenigen Ansatze, die konkrete und prazise MalSnahmen

zur Bewaltigung der Marktanforderungen beschreiben, haben sich unter den

Bezeichnungen Schlanke Organisation bzw. Lean Organization (WOMACK, JONES

& Roos 1991) oder Business Process Reengineering bzw. Business Reengineering

(CHAMPY 1995; HAMMER & CHAMPY 1994) etabliert. Beide Ansatze setzen auf

Effektivierungserfolge durch eine Fokussierung auf innerbetriebliche Wert­

schdpfungsprozesse. In der Schlanken Organisation steht das Hierarchiegefiige

eines Bctricbes im Mittclpunkt, bcim Business Reengineering liegt def Fokus auf

den Funktionen und der Aufgabenverteilung. Mit dem Fraktalen Unternehmen

(WARNECKE 1993) und dem Virtuel/en (DAVIDOW & MALONE 1993) bzw. Gren­

zenlosen (PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996) Unternehmen werden weitere

Konzepte vorgestellt, die Weiterentwicklungen der erstgenannten darstellen.

"Es ist wohl nicht iiberzogen festzustellen, daIS Dezentralisierung damit im

Begriff steht, zu einem grundlegenden Leitbild organisatorischer Gestaltung

zu gerinnen. Die Entscheidungen betrieblicher Instanzen iiber die Reorganisa­

tion von Untemehmens- und Produktionsstrukturen werden seit einigen Jah­

ren davon nachhaltig gepragt. Offenbar gewinnt dieses Leitbild, ahnlich wie

friiher der Taylorismus, den Status einer ,Sachnotwendigkeit', die alternative

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 51

Losungen von vorneherein ausschlieBt oder doch zumindest unter betrachtli­

chen Legitimationsdruck stellt. Damit verbunden ist fraglos eine Entlastungs­

funktion betrieblicher Instanzen" (HIRSCH-KREINSEN 1996, S. 198). All die

genannten Konzepte setzen die Bemuhungen der ersten Rationalisierungs­

wellen urn Dezentralisierung von Zustandigkeiten fort.

3.4.1.1 Lean Organization/ Schlanke Organisation

Mit ihrem Konzept der Schlanken Organisation beschreiben WOMACK, JONES &

ROOS (1990,1991) ein prazises Konzept der Optimierung betrieblicher Organi­

sationsstrukturen. Dabei beziehen sie sich nicht nur - wie in den 70er und 80er

Jahren - auf die Optimierung der FlieBbandproduktion, sondern sie zielen auf

verschiedene Ebenen eines Industrieunternehmens (vgL auch WOMACK &

JONES 1997):

1. Schlanke Organisation auf der Fabrikebene: "Die echte schlanke Fabrik be­

sitzt zwei Hauptorganisationsmerkmale: Sie ubertragt ein Maximum an

Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf jene Arbeiter, die am Band tat­

sachliche Wertschopfung am Auto erbringen, und sie hat ein System der

Fehlerentdeckung installiert, das jedes entdeckte Problem schnell auf seine

letzte Ursache zuruckftihrt" (WOMACK, JONES & Roos 1991, S. 125). Die Ar­

beitsplatze in der Produktion sind also sowohl mit ausfuhrenden als auch

mit uberwachenden und korrigierenden Aufgaben ausgestattet. "Das ge­

samte Fertigungssystem besticht durch eine groBe Ubersichtlichkeit. Die

Mitarbeiter haben Blickkontakt zueinander. Bei UnregelmaBigkeiten kon­

nen sie schnell und flexibel reagieren" (WAGNER 1993, S. 6).

2. Schlanke Produktentwicklung: Dieses Prinzip der Konstruktion neuer Pro­

dukte unterscheidet sich in den vier Bereichen Ftihrung, Teamarbeit,

Kommunikation und simultane Entwicklung fundamental von Massen­produzenten (WOMACK, JONES & RODS 1991, S. 144 ff.). 1m Bereich Ftihrung

mahnen sie eine uneingeschrankte Ftihrungsposition fur die Projektleitung

an, die die Autoritat des Entwicklungsvorgangs darstellt und alle Entschei­

dungen in der Geschaftsleitung durchsetzen kann. Diese Position ist keine

Koordinations- oder Stabsstelle, sondern eine Aufstiegsposition. Das heillt,

sie wird mit Personen aus den wertschopfenden Bereichen besetzt und

nicht ManagementpersonaL Der Projektleiter stellt sich fur die Dauer des

Entwicklungsvorhabens ein Team aus verschiedenen Fachabteilungen zu-

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52 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

sammen, die wiihrend der Projektlaufzeit dem Team zugeordnet sind, ohne

ihren Kontakt zur Fachabteilung aufzugeben. Der berufliche Erfolg der

Teammitglieder 5011 sich jedoch nicht im Erfolg in der Fachabteilung, son­

dem iiber den Erfolg des Entwicklungsteams definieren.

3. Umfassende Kommunikation: 1m Gegensatz zu den Routinen der Massen­

produktion, in der Probleme einzelner Projekte erst zu einem relativ spiiten

Zeitpunkt der Projektlaufzeit thematisiert werden, sol1 im schlanken Un­

temehmen von Beginn an umfassende Kommunikation herrschen. Die An­

zahl der beteiligten Personen ist zu Beginn des Projekts am hochsten, da

siimtliche Interessen gleich am Startzeitpunkt abgeglichen werden (vgl. S.

148).

4. Simultane Entwicklung: Die Idee besteht darin, dass hier siimtliche, fiir die

Herstellung des zu entwickelnden Produkts notwendigen Entwicklungs­

schritte parallel, und zwar ab der Entwicklungsentscheidung erfolgen 501-

len. Das erschafft erhebliche zeitliche Vorteile gegeniiber einer

stufenweisen Entwicklung.

Der Grund fiir den Erfolg der Lean-Konzepte "kann darin gesehen werden,

dass Vorteile der Handwerksfertigung und der Massenfertigung eine Symbio­

se eingehen, wobei die Nachteile beider Fertigungsverfahren vermieden wer­

den" (ERF 1998, S. 20). Sie bieten eine regelrechte "Formel rur die ... so

dringend gesuchte ,fortschrittliche' Organisation (SCHUMANN, BAETHGE­

KINSKY, KUHLMANN, KURZ & NEUMANN 1994b, s. 29), indem sie fiir das Ge­

samtuntemehmen Dezentralisierung, Verantwortungsdelegation, Riicknahme

von Arbeitsteilung insbesondere zwischen planender und ausfiihrender Ar­beit verfugen. Die Zustandigkeit fur die Gewahrleistung eines reibungslosen

Produktionsablaufes sowie fiir eine (rasche und flexible) Reaktion auf Veriin­

derungen des Marktes soll moglichst nah am Produktionsprozess selbst lie­

gen. Dadurch kann die mittlere Hierarchieebene - ihrer Uberwachungs­

funktion entledigt - eingespart werden.

I mpliziertes Menschenbild

Mit der Aufhebung der Trennung von planenden und ausfiihrenden Tiitig­

keiten wandelt sich das Bild, wie Beschiiftigte aus der betrieblichen Perspekti­

ve gesehen werden. Sie sind nun nicht mehr Storfaktoren und Verweigerer,

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Ansiitze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 53

sondem tragende Saulen des Gesamtkonzeptes, die sich mit ihrem Untemeh­

men und dem Ziel, dessen Marktfahigkeit zu verbessem, identifizieren und

innerhalb der Organisation eine zugewiesene Funktion iibemehmen. "Diese

Identifikation mit dem Ziel und dem Wettkampf macht den Funktionsbereich

zum systemischen Glied des Gesamtuntemehmens" (BUCK 1996, S. 105, Herv.

i.O.). Die Verinnerlichung des Marktprinzips und der Wettkampfidee £tir den

beruflichen Alltag ist der wesentliche Unterschied zu den bislang beschriebe­

nen Organisationskonzepten, ohne die eine Implementierung eines standigen

Optimierungsstrebens nach dem Kaizen-Gedanken (vgl. HAHN 1996, S. 217)

keinen Sinn macht.

In dem MaBe, in dem nicht mehr prazise Arbeitsanweisungen gegeben wer­

den, sondem Funktionell zugeteilt werden, indem die Zustandigkeit fiir Ent­

scheidungen delegiert wird, in dem Mage steigt die Anforderung an das

Kompetenzprofil der Beschaftigten, die nunmehr verschiedene Handlungs­

moglichkeiten erkennen und unter Beriicksichtigung moglicher Nebeneffekte

bewerten (konnen) miissen (vgl. HURRLE 1993, S. 175). Mit der Entscheidungs­

delegation wird auch die Verantwortung fiir diese Entscheidungen delegiert,

was wiederum die Existenz realisierbar erscheinender Altemativen voraus­

setzt. D.h. die Delegation von Verantwortung muss mit steigenden Freiheits­

graden fiir die Beschaftigten in Entscheidungssituationen einhergehen, damit

iiberhaupt von Verantwortung gesprochen werden kann (vgl. hierzu HElD

1995b; 1999a).

Ziel des Konzepts der Schlanken Organisation, dessen wichtigste Merkmale in

Tab. 3.4 zusammengefasst sind, ist es, den Wechselfallen des Marktes und der

Unsicherheit in der Umgebung des Untemehmens mit einer iiberschaubaren,

aber robusten Organisation entgegenzutreten, die ihre Starke beispielsweise

durch eingespielte Gruppemoutinen gewinnt (vgL KOHL 1998, S. 47f£'). Die

Beschaftigten werden im Rahmen ihres Zustandigkeitsbereiches als Funktions­und Leistungstrager verstanden, die einen wesentlichen Teil zur Starke der Organisation nach augen hin beitragen.

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54 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Merkmale Schlanker Organisation Organisationsprinzip Dezentralisie~ung.

Leitidee Abbau von Hierarchien Arbeitsstrukturierung . Erweiterung der Aufgaben . Delegation von Entscheidungszustandigkeit und

Verantwortung an die wertschopfenden Prozesse Sicherheitsstrategie Dberschaubare und robuste Organisationsstruktur Menschenbild Beschaftigte als Funktions- und Leistungstrager ---

Tab. 3.4: Merkmale Schlanker Orgamsahon

3.4.1.2 Business Process Reengineenng

In def Naehfolge und Fortsehreibung der schlanken Ansatze betrieblieher Ar­

beitsorganisation wurde ein neues Konzept entwickelt, das den Blick nieht

rnehr nur auf Teilaspekte, sondern auf die gesarnte Organisation von Betrie­

ben riehtete. Wahrend bei der Verschlankung der Organisation die Geschafts­

prozesse selbst nicht in Frage gestellt wurden, sondern das hierarehisehe

Gefiige der Betriebe effektiviert werden sollte, stellen die Reorganisationsan­

satze des Business Reengineenngs sarntliehe Aspekte eines Betriebes, vor allern

jedoeh die Geschaftsprozesse in Frage (vgl. HAMMER & CHAMPY 1994, S. 31£.).

Die funktionale Arbeitsteilung soli iiberwunden werden und die Spezialisie­

rung auf Aufgaben und Funktionen durch Abteilungsgrenzen durch die Imp­

lernentierung iiberschreitender Geschaftsprozesse aufgehoben werden. Dabei

sollen nur solche Aktivitaten als Geschaftsprozesse realisiert werden, die fiir

Kunden werthaltig sind (vgl. GAITANIDES 1998, S. 370). CHAMPY (1997, S. 53)

fokussiert auf vier Kernfragen, die als Leitgedanken die Reorganisationsakti­

vitaten eines Unternehmens leiten sollen:

• Was ist der Sinn und Zweck unseres Unternehrnens?

• Welche Unternehmenskultur wiinschen wir uns?

• Wie erledigen wir unsere Arbeit?

• Mit welchen Menschen wollen wir zusammenarbeiten?

Die liberwiegend auf Plausibilitatsniveau anzusiedelnden Ausfiihrungen von

Hammer und Champy weisen verschiedene Schwachpunkte auf: So lassen sie

die Frage vollig offen, welcher Personengruppe innerhalb des Betriebs Ent­

scheidungsrecht bei der Festlegung der Kriterien zur Beantwortung dieser

Frage eingeraurnt wird und welcher nieht. Ungeklart bleibt zudem auch, was

genau unter Prozessen, denen die Aufmerksarnkeit zu schenken ist, zu verste-

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 55

hen ist und wie sie sich von anderen Geschehnissen abgrenzen lassen. Dar­

iiber hinaus sind die Vorschlage auch nur wenig innovativ (z.B. die Vorgabe

des Ziels, Nacharbeiten zu vermeiden). "Sie haben die Eigenschaften von (1)

Visionen fiir neue Unternehmensstrukturen und, mangels theoretischer Fun­

dierung, von (2) Kunstlehren" (DRUMM 1996, S. 8, Herv. i.O.). Der Erfolg dieses

Konzepts ist aber offensichtlich gerade seiner Plausibilitat zuzuschreiben, die

die Nachfrage nach Patentrezepten - wie auch schon die MIT-Studie zu Lean

Organization - bedient (vgL GAITANIDES 1998, S. 377).

Die zentrale Idee von Reengineering-Ansatzen besteht darin, dass Unterneh­

men auf nur wenige Geschaftsprozesse beschrankt werden konnen. Aile Pro­

zesse des Unternehmens sollen hinsichtlich ihrer Ausrichtung auf die

Kernaufgaben hin iiberpriift und gegebenenfalls ausgelagert werden. 1m Un­

ternehmen verbleiben nur noch solche Aktivitaten, die in unmittelbaren Zu­

sammenhang mit den Kernprozessen stehen. "Wesentliches strukturorien­

tiertes Gestaltungselement ist die Zusammenfassung von zusammenhangen­

den Arbeitsschritten entlang der ProzeBkette (,integrierte Prozesse')" (BETZL

1996, S. 48). Dabei werden jeweils mehrere einzelne Arbeitsschritte von Ein­

zelpersonen oder von Teams erJedigt und es werden Selbstpriifungskonzepte

eingefiihrt, die eine reibungslose Koordination aller Prozesse und somit zu

einer Verkiirzung der Durchlaufzeiten beitragen sollen. Auch hier liegt eine

Zusammenfiihrung von Arbeit und Verantwortung vor, Entscheidungs­

zustandigkeit und die Verantwortung ist an die ausfiihrenden Einheiten dele­

giert. Die entsprechende Vorbereitung Beschaftigter auf diese Anforderungen

bezeichnen Hammer und Champy als "Empowerment" im Sinne von Bevoll­

machtigung fiir weitreichende Entscheidungen und Unterstiitzung bei solchen

(vgL SIMON 2000, S. 212).

Die Ansatze des Business Reengineerings folgen also einerseits dem Prinzip der

Dezentralisierung von Verantwortung, andererseits zentralisieren sie gewis­sermaBen die betrieblichen Aufgaben und Arbeitsablaufe. So sollen auf der einen Seite die Vorziige von Dezentralisierung und Zentralisierung verkniipft

und gleichzeitig auf der anderen Seite die jeweiligen Nachteile vermieden

werden. Kern dieser Organisationskonzepte ist zum einen eine Beschrankung

der innerhalb des Betriebes zu erJedigenden Aufgaben (und im Zuge dessen

eine Auslagerung gewisser Aufgaben aus dem Zustandigkeitsbereich des Be­

triebes) sowie zum anderen eine Neu- bzw. Umverteilung der verbliebenen

Aufgaben auf die Beschaftigten. Erreicht werden soil damit eine "intensivere

Page 72: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

56 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

Markt- und Kundenorientierung, Entwicklung und Ausschopfung der Hihig­

keiten und Potentiale der Mitarbeiter, Steigerung der Innovations- und Koope­

rationsfahigkeit sowie Globalisierung der Produktion" (HIRSCH-KREINSEN

1995, S. 422).

Impliziertes Menschenbild

Der Ansatz des Business Process Reengineering bedient sich im Wesentlichen der

Prinzipien der Schlanken Organisation, wobei Iediglich der Fokus der

Verschlankung weniger auf den betrieblichen Hierarchien als vielmehr auf

den innerbetrieblichen Geschaftsprozessen Iiegt. Insofern liegt beiden Organi­

sationskonzepten das gIeiche Menschenbild zugrunde. Wie schon in der

Schlanken Organisation beschrieben werden im Konzept des Business Process

Reengineering Beschaftigte nicht aIs StOrinstanzen, sondern als die Funktions­

und Leistungstrager verstanden, denen fiir einen gewissen Aufgabenbereich

Verantwortung zugestanden werden kann und soIl, damit sie "vor Ort" Ent­

scheidungen treffen, die zentraI nicht geregelt werden konnen.

Merkmale des Business Process Reengineering Organisations!:,rinzip Reorganisation Leitidee Prozessorientierung Arbeitsstrukturierung . Dezentralisierung von Verantwortung . Zentralisierung und Auslagerung von Aufgaben Sicherheitsstrategie Dberschaubare und robuste Organisationsstruktl1~ r-:--:--- --Menschenbild Beschaftigte als Funktions- und Leistwlgstr"-&.er

Tab. 3.5: Merkmale des BuslOess Process Reengmeenng

3.4.1.3 Fraktales Unternehmen

In einer konsequenten Weiterentwicklung des Reengineering-Gedankens stellt

WARNECKE (1993) mit seinem Konzept des Fraktalen Unternehmens eine Radi­

kalisierung der Reorganisationsmodelle vor. Es sieht eine Abwendung von

Organisation nach Geschaftsbereichen hin zu einzelnen, sich aus der Ge­

schaftstatigkeit ergebenden Fraktalen vor. Beschaftigte werden nicht mehr

ausschliefSlich als Trager von Funktionen betrachtet, sondern in ihrer Indivi­

dualitat und ihrem Wissens- und Erfahrungshintergrund gesehen. "Aus­

gangspunkt aller UberJegungen sind die Mitarbeiter. Sie sind

Hoffnungstrager und Potentiale eines Unternehmens. Bedeutende Leistungs-

Page 73: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 57

faktoren sind die Qualifikation und die Motivation der Mitarbeiter. Ausge­

hend vom Menschen als Mittelpunkt des Unternehmens mussen neue Werte

und Leitbilder geschaffen werden, die diese Betrachtungsweise untersrutzen"

(BETZL 1996, 5.49). Es handelt sich urn einen Ansatz, der Technik, Organisati­

on und die Menschen als eigentliche Trager von Potenzialen integriert. Frak­

tale sind dabei Teileinheiten des Unternehmens, die sich in Struktur und

Merkmalen sowohl untereinander als auch dem Gesamtunternehmen ahneln.

"Ein Fraktal ist eine selbstandig agierende Unternehmenseinheit, deren Ziele

und Leistung eindeutig beschreibbar sind.

• Fraktale sind selbstahnlich, jedes leistet Dienste.

• Fraktale betreiben Selbstorganisation: Operativ: Die Ablaufe werden mit­

tels angepaBter Methoden optimal organisiert. Taktisch und strategisch: In

einem dynamischen ProzeB erkennen und formulieren die Fraktale ihre

Ziele sowie die internen und externen Beziehungen. Fraktale bilden sich

urn, entstehen neu und losen sich auf.

• Das Zielsystem, da sich aus den Zielen der Fraktale ergibt, ist wider­

spruchsfrei und muB der Erreichung der Unternehmensziele dienen.

• Fraktale sind uber ein leistungsfahiges Informations- und Kommunikati­

onssystem vernetzt. Sie bestimmen selbst Art und Umfang ihres Zugriffes

auf die Daten.

• Die Leistung des Fraktals wird standig gemessen und bewertet.

Das Fraktal wird somit zum zentralen Gestaltungselement im Unternehmen.

Dem unbefangenen Besucher wird sich die Fraktale Fabrik jedoch kaum zu

erkennen geben. 1hr Potentialliegt eher in inneren Werten, in der Unterneh­

menskultur" (WARNECKE 1993, S. 152 f.). Die Arbeitsablaufe sind in Teams or­

ganisiert, wobei es sich bei jedem Fraktal urn ein Unternehmen im

Untemehmen handelt. Es stellt insofern eine Weiterentwicklung der vorher

genannten Ansatze dar, als deren Prinzipien aufgegriffen werden, aber in ei­

nem entscheidenden Gesichtspunkt radikalisiert werden, namlich der ge­

schaftlichen Eigenverantwortung der Fraktale. Der Ansatz stellt also eine

Inkorporation des Untemehmergeists im Untemehmen dar. DRUMM (1996)

merkt in einem kritischen Beitrag an, dass zwar die Internalisierung der Un­

temehmensidee und des Untemehmergeists Voraussetzung fur eine erfolgrei­

che Implementierung dieses Ansatzes darstellt, es aber vollig unklar bleibt,

wie die einerseits nach wie vor gegebene Abhangigkeit von zentralen Ent-

Page 74: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

58 Ansiilze und Konzeple betrieblicher Arbeilsorgarusation

scheidungen des Unternehmens zur Grundstrategien und innerbetrieblichen

Mittelverteilung in dies em System geldst werden soli und mit welchen Mitteln

und Wegen eine gemeinsame Unternehmenskultur innerhalb der Fraktale e­

tabliert werden kann (vgl. S. 13).

[mplizierles Menschenbild

1m Sinne von PRIDDAT (2000b) besteht die Bewaltigungsstrategie fur die Unsi­

cherheit im Unternehmensumfeld bei diesem Ansatz darin, diese in die Un­

ternehmensstrukturen zu integrieren und diese Unsicherheit im Gefuge der

Fraktale abzubilden. Da diese jedoch selbstorganisiert Einheiten bilden und

auflosen, konnen Beschaftigte nicht mehr als Funktionstrager mit einem defi­

nierten Zustandigkeitsbereich beschrieben werden, sondern sie sollen sich in

diesem Ansatz als Individuen einbringen, das Problem der in die Organisation

integrierten Urnfeldunsicherheit Ids en und somit die Organisation nach aufSen

hin reprasentieren. Beschaftigte werden in Fraktalen Unternehmen als Indivi­

duen und Problemloser verstanden.

Merkmale eines Fraklalen Unternehmens Organisationsprinzip Aufsplitterung in verschiedene Unlemehmen im

Unlernehmen Leitidee Selbsliihnlichkeil im Sinne von Strukturredundanz C-c-· Ar bei Iss trukturierung . Selbslorgarusation in Teileinheiten . Identifikation rrtil Unlernehmenszielen ~heitsstrategie Abbildung der Unsicherheit im Untemehmen 'Mffis~henbild Beschiiftigte als Individuen und Problernltiser Tab. 3.6: Merkmale emes Fraktalen Unternehmens

3.4.1.4 Virluelles Unternehmen / Grenzenloses Unlernehmen

Wahrend die bislang besprochenen Konzepte stets - zumindest imp liz it - eine

strikte Trennung der Innen- und AufSenwelt eines Unternehmens vornehmen,

gehen DAVIDOW & MALONE (1993); LANGEVIN (1998); PICOT, REICHWALD &

WIGAND (1996) und PRIDDAT (2000a,b) explizit von der Auflbsung soleh tren­

nender Strukturen aus und entwerfen Konzepte von Betrieben, die sich durch

tempo rare, sich mbglicherweise sogar spontan bildender Leistungsverbunde

auszeichnen. Derartige Unternehmen bilden nicht mehr notwendigerweise

eine materielle Einheit, sondern nur mehr eine virtuelle. "Herkomrnliche Un­

ternehmensbegriffe ... erweisen sich der ErkHirung der Komplexitat eines vir-

Page 75: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation. ____________ 5_9

tuellen Unternehmens nicht mehr gewachsen. 1m Gegensatz zu diesen her­

kammIichen Unternehmen, die auch noch als Objekte existieren, ist das virtu­

elle Unternehmen zunachst ein auf Zeit angelegtes Netzwerk, um Fiihigkeiten

und Kompetenzen gemeinsam zu nutzen" (BETZL 1996, S. 54). Es ist nur

schwer maglich, im Geflecht von temporaren Netzwerkkooperationen ein klar

abgegrenztes Unternehmen zu definieren. "Von Veranderung oder Auflasung

der traditionell akonomischen Unternehmensgrenzen kann in den folgenden

Fallen gesprochen werden: Zum einen tritt sie ein, wenn die Unternehmung

im Rahmen der Leistungstiefenoptirnierung zunehmend vertikal desintegriert

und Standardleistungen kiinftig vom Markt bezieht. Zweitens kann von Auf­

lasung der Unternehmung gesprochen werden, wenn durch den Einsatz von

Informations- und Kommunikationstechnik Standortgrenzen tiberwunden

und Btiroarbeitsplatze zu den Arbeitnehmern nach Hause verlagert werden.

Drittens kann man von der Auflasung der Unternehmung sprechen, wenn

durch unternehmensinterne (z.B. fehlendes Know-how oder Kapital) oder

unternehmensexterne Faktoren ... die Einbeziehung externer Dritter in origi­

nare, d.h. spezifische und/oder unsichere Unternehmensaufgaben erzwungen

wird oder diese Einbeziehung freiwillig erfolgt" (PICOT, REICHWALD &

WIGAND 1996, S. 263 f.).

Grundlage soIcher Gebilde sind hochentwickelte Systeme des Informations­

austauschs auf der technischen Seite und der Globalisierung auf der Seite der

Beschaffung und des Absatzes. Damit sie bestehen und funktionieren kannen,

bedarf es der Umstellung auf ein Geflecht von internen und tiber die Unter­

nehmensgrenzen hinausreichenden Vertragen (PICOT, REICHWALD & WIGAND

1996, S. 275; PRIDDAT 2000a; SCHANZE 1991). Diese Konzepte rticken eine sys­

temische Perspektive in den Vordergrund: Betriebe werden als ein (innerbe­

triebliches) Netzwerk unterschiedlicher Organisationsformen im Kontext

anderer Organisationen (z.B. Zulieferbetriebe, Kunden) betrachtet. Ais wich­

tigstes Element wird dabei jeweils die Beziehung der betrieblichen Netzwerke

zu den Kunden gesehen. Der Fokus dieser Ansatze liegt also nieht auf einem

nach innen gerichteten Blickwinkel, wie dies in den oben genannten Organi­

sationskonzepten (CHAMPY 1995; HAMMER & CHAMPY 1993; WOMACK, JONES &

RoOS 1991) der Fall ist, sondern sie erweitern den originaren Zustandigkeits­

bereich von Unternehmen nach auBen hin, indem (vor allem) die Beziehungen

zu den Kunden thematisiert werden. In einer radikalen Sichtweise kannte man

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60 Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

hier von einer Schnittstellenkonzeption sprechen, die eine Optimierung der

Austauschprozesse zwischen Organisationen und externen Systemen anstrebt.

Impliziertes Menschenbild

Die Beschaftigten spielen in diesen Ansatzen deshalb die wichtigste Rolle, weil

sie eben diese Schnittstellen reprasentieren: Der Kontakt von Betrieb und Zu­

liefereinheit erfolgt in erster Linie tiber konkrete Personen, die ihren Betrieb

nach augen hin darstellen. Die Anforderungen an die Beschaftigten steigen

insofern, als sie einerseits ihr Unternehmen nach augen vorteilhaft reprasen­

tieren sollen und zugleich andererseits die Nachfragesituation seitens der

Kunden erfassen und in die Gestaltung der betrieblichen Arbeitsorganisation

einbringen sollen. Damit riickt Vertrauen der Beschaftigten untereinander so­

wie in das Unternehmen als zentrale Voraussetzung fUr eine Realisierung und

dauerhaft kundenorientierte Ausrichtung eines Virtuellen Unternehmens in das

Zentrum betrieblicher Entwicklungsbemtihungen (vgl. GARRECHT 1998, S.

119ff.). Wahrend die Veranderung der Anforderungen bei den erstgenannten

Organisationskonzepten, die eine Delegation von Entscheidungen moglichst

nahe an die Leistungserstellungsprozesse vorsehen, mit einer Erweiterung

oder Anreicherung der Arbeitsaufgaben (Job Enrichment bzw. Job Enlarge­

ment) relativ konkret beschrieben werden kann, haben kundenorientierte

Konzepte bisher erst in abstrakter Form Eingang in Konzeptionen der Organi­

sationsentwicklung gefunden (vgl. DRUMM 1996, S. 18f.; GAITANIDES 1998, S.

377ff.): Wir sind zwar Wissensriesen, aber Realisierungszwerge" (SATTEL­

BERGER 1998, S. 34). Das verdeutlicht, dass die Beschaftigten als lndividuen

und Problemlbser angesehen werden, die £iir die ,)Jbersetzung" der abstrak­

ten Anforderungen in konkretes Handeln zustandig sind.

Merkmale eines Virtuellenf Grenzenlosen Untemehmens Organisationsprinzip Temporare Kooperationen Leitidee Auflosung von Unternehmensgrenzen AIbeitsstrukturierung · Verteilte Kompetenz

· Projektarbeit

· Vertrauen Sicherheilsstrategie Temporare Auftragsabwicklung Menschenbild Bes-.0aftigte als Individuen und Problemloser Tab. 3.7: Merkmale emes Vutuellenf Grenzenlosen Unternehmens

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 61

Die in diesem Abschnitt erorterten Konzepte sind insofern prazise, als sie sich

klar auf die organisationale Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsablaufe bezie­

hen. Schrittweise werden neue Effektivierungs- bzw. Optimierungspotenziale

tiber Dezentralisierung von Verantwortlichkeiten, Btindelung von Aktivitaten,

Aufhebung hinderlicher organisationaler Restriktionen erschlossen. Deutlich

geworden ist die Wand lung der implizierten Menschenbilder: Beschaftigte

stellen nicht mehr die Storfaktoren betrieblicher Leistungserbringung, sondern

gerade die Leistungstrager dar, die nicht mehr ausschliefSIich als ausftihrende

Organe fungieren. Vielmehr tibernehmen sie weiter definierte Funktionen und

nehmen als Individuen die entscheidende Rolle bei der Bewaltigung von

Problemen ein.

1m folgenden Abschnitt stehen nun Konzepte im Mittelpunkt, die hinsichtlich

der Prazisierung der Beschreibung ihrer MafSnahmen hinter die eben behan­

del ten zurtickfallen und eine Abwendung von der Idee der perfekten Organi­

sationsgestaltung im Sinne eines "One-Best-Way" darstellen (vgl. KUHL 2000).

3.4.2 Vage Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation

Eine Ende def 90er Jahre an Popularitat stark gewinnende Strategie der Un­

ternehmensgestaltung bezog sich vor allem unter dem Schlagwort Lernende

Organisation (ARGYRIS & SCHON 1999; SATIELBERGER 1996; SENGE 1996) auf die

Konzentration der menschlichen Fahigkeiten innerhalb des Unternehmens.

"Man verspricht sich hinter diesem Emblem eine flexiblere Unternehmung in

einem zunehmend turbulenten Umfeld. Wenn der Weg, sich gegen aufSere

Veranderungen abzuschotten, keinen Erfolg verspricht, mufS die Alternative

gewahlt werden, selbst beweglicher zu sein und dem lebendigen Umfeld zu

ahneln" (GIDION 1996, S. 803). In diesen Ansatzen werden Instrumentarien

und Anforderungen jedoch nur sehr unscharf beschrieben, zumeist beschran­

ken sich die Ausftihrungen darauf, nur das Ziel - eine lernende Organisation zu

werden - zum Konzept zu erheben. ARGYRIS & SCHON (1978) vermissen schon

sehr frtih ein klares Konstrukt ftir organisationale Lernprozesse, GE1J5LER

(1994) bemangelt an den Theorien zur lernenden Organisation diffuse bis feh­

lende Vorstellungen von kollektiven Lernprozessen und be merkt, dass im

Rahmen dieser Ansatze allenfalls naive Vorstellungen eines Wissenszuwach­

ses innerhalb einer Organisation forrnuliert wtirden (vgl. auch PRANGE 1999, S.

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62 ---~~------

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

25ff.). Neben eben diffus konzipierten kollektiven Lemzuwachsen spielen in

diesen Ansatzen auch Vorstellungen von konkretistischen Lemerfahrungen

von Mitgliedem der Organisation eine Rolle, die ihre Wirkung auf das soziale

Gefiige ausiiben. Worin aber genau die Besonderheit einer lernenden Organisa­

tion liegt, bleibt unklar (vgl. DEHNBOSTEL, ERBE & NOVAK 1996, S. 7f.). GEHlLER

& ORTHEY (1997) betonen, dass die Konzepte lemender Organisationen haufig

als Prozesse der Informationsverarbeitung und Wissensansammlung angelegt

sind und mit dem aus padagogischer Perspektive bedeutsamen Prozessen der

Reflexion von Lemerfahrungen und dem kritischen Umgang mit Lerninhalten

wenig Gemeinsames aufweisen. ApPELBAUM & GALLAGHER (2000) arbeiten in

einer Literaturrecherche den Stand der Theorieentwicklung zum organisatio­

nalen Lemen auf und stellen verschiedene Ansatze einander gegeniiber (vgl.

S. 42f.)~ Bei aller Vielfalt in den Ansiitzen "zeigt sich jedoch dahingehend weit­

gehende Einigkeit dariiber, organisationales Lemen nicht mit dem summati­

yen individuellen Lemen aller Organisationsmitglieder gleichzusetzen,

gleichwohl aber zu unterstreichen, daB organisationale Lernprozesse auf indi­

viduelle Lemprozesse abgewiesen sind" (PETERSEN 1998, S. 89f.). Daraus erge­

ben sich die beiden Fragen, wie nun das Verhiiltnis organisationaler und

individueller Lemprozesse zu bestimmen ist und wie beide ermoglicht und

unterstiitzt werden konnen.

Je nach Autor werden unterschiedliche (Lern-)Schwerpunkte gesetzt, wie die

Auswahl der folgenden beiden Beispiele verdeutlicht. So entwirft SENGE

(1996) sein Konzept der fiinftcn Disziplin im Wesentlichen als Fiihrungsauf­

gabe fiir das Management (vgl. SENGE 1999) mit den flinf Teiltechnologien

Systemdenken, Selbstfiihrung, Explikation mentaler Modelle, Entwicklung

einer gemeinsamen Vision und Team-Lernen. Die Integration dieser Techno­

logien in einer Unternehmensfuhrung flihre im Resultat zu einer innovativen,

lernenden Organisation (vgl. SENGE 1996, S. 15). Als Disziplin will SENGE

(1996) "nicht eine ,erzwungene Ordnung' oder ein ,Mittel der Bestrafung',

sondern eine grundlegende Theorie und Methodik, die man lernen und be­

herrschen muB, urn sie in die Praxis umsetzen zu konnen" (S. 20) verstanden

wissen. Senge propagiert also Managerfahigkeiten, die im Untemehmen ei­

nerseits die Voraussetzungen fur organisationaies Lemen schaffen und ande­

rerseits durch entsprechende Flihrung der Beschiiftigten Lernprozesse

angeregt werden. Insofern ist dieser Ansatz als "Top-Down-Ansatz" zu schen,

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Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 63

als Konzept also, welches von der Untemehmensleitung implementiert, ge­

steuert und kontroIliert wird.

Einen anderen Ansatz stellen FEDER, BURGOYNE & BOYDELL (1994) vor, indem

sie in einer Mischung aus "eigenen spekulativen Vorstellungen" (5. 33),

Grundgedanken anderer Vordenker auf diesem Gebiet (z.B. ARGYRIS & SCHON

1978) und eigener Forschungstatigkeit einen Katalog von elf Kriterien fur ler­

nende Untemehmen vorlegen, der folgende Elemente umfasst (vgl. FEDER,

BURGOYNE & BOYDELL 1994, S. 33f£.):

• Die Bildung von Strategien sind als Lemprozesse zu organisieren, indem

lehrreiche Experimente durchgefuhrt werden.

• Einfiihrung einer partizipativen Untemehmenspolitik, die allen Beschaf­

tigten die Teilnahme an wichtigen Entscheidungen erlaubt.

• Es herrscht freier Informationsfluss.

• Es existiert ein formatives Rechnungs- und Kontrollwesen, das Lemen un­

terstiitzen 5011.

• Alle Einheiten des Untemehmens verstehen sich als interne Kunden und

Lieferanten.

• Es herrscht ein flexibles Vergiitungssystem.

• Qualifizierende Strukturen unterstiitzen die personliche Weiterentwick­

lung.

• Alle Beschaftigten haben Kontakte zum Umfeld des Untemehmens, urn

strategische Fruhaufklarung leisten zu konnen.

• Es findet ein durch Benchmarking eingeleitetes firmenubergreifendes Ler-

nen statt.

• Es existiert ein Lernklima, das Fehler erlaubt.

• Alle Beschaftigten haben Selbstentwicklungsmoglichkeiten.

Dieses Konzept ist nicht so stark als Fuhrungskonzept formuliert wie das von

Senge, sondern es stellt als "Bottom-Up-Ansatz" eine Mischung aus Organisa­

tionselementen (z.B. Informationsfluss, Benchmarking) und Aspekten des

Umgangs miteinander (Fehlerkultur, Unterstiitzung) dar. Aber auch hier blei­

ben die Anforderungen auf einer sehr abstrakten Ebene formuliert.

Eine nur wenig konkrete Ausformulierung der Ziele und Ma1Snahmen im

Rahmen soIcher Ansatze fuhrt zu Problemen, wei! dadurch eine Beliebigkeit

der konkreten Ausdeutung entsteht und somit einen Raum fur Verzerrung

aufgrund individueller Fehldeutungen eroffnet wird. Ohne eine allgemein

Page 80: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

64 Ansiitze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation

geteilte Verstiindigungsbasis tiber abstrakte Anforderungen haben soIche Per­

sonen, die tiber Entscheidungsbefugnis und innerbetriebliche Macht verftigen,

die Mbglichkeit, ihren Privatinteressen unter Bezugnahme auf nicht konkret

ausformulierte Anforderungen Geltung zu verschaffen (vgl. hierzu STRUCK

1998). Die Konkretisierungsarbeit stellt im betrieblichen Alltag offenbar noch

eine unerledigte Aufgabe dar: "Verbreitet ist die Praxis, diese Aufgabe auf

tibergeordneter Ebene in groBen Zusammenhiingen und Leitideen anzugehen.

Weniger gut entwickelt ist die Realisierung der - im Zusammenhang der ler­

nenden Organisation erhobenen - Ansprtiche aus der konkreten Arbeit her­

aus" (GIDION 1996, S. 803).

Impliziertes Menschenbild

Zentraler Kern dieser Ansiitze ist die Fokussierung darauf, dass Beschiiftigte

zum einen Wissenspotenzial einbringen und zum anderen ihr Wissen ausbau­

en, also lernen kbnnen. Beschiiftigte werden als die zentrale Ressource be­

trachtet, urn zuktinftige, nicht priizise antizipierbare Veriinderungen

bewiiltigen zu kbnnen. Indem Aufbau und Austausch von Wissensbestiinden

den Kern dieser vagen Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation darstellen,

werden Beschiiftigte als lernende und soziale Subjekte gesehen.

3.5 Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden zuniichst die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen,

wie sie sich im VerIauf des 20. Jahrhunderts entwickelt haben, beschrieben

und mit den steigenden Kundenanspruchen und stetem Wandel die Heraus­

forderungen dargestellt, denen sich Unternehmen heute am Markt zu stellen

haben. Es wurde argumentiert, dass Ansiitze betrieblicher Arbeitsorganisation

jeweils in Abstimmung auf das herrschende Markturnfeld entwickelt und

etabliert werden.

In drei groBen Abschnitten wurden die wichtigsten Epochen betrieblicher Ar­

beitsorganisation skizziert. In einem groben Raster liisst sich erkennen, dass

die Konzepte in der vorgestellten Reihenfolge aufeinander aufbauen und zum

Teil Fortentwicklungen oder Verfeinerungen der Vorgiingerrnodelle darstel­

len. Freilich sind die Konzepte Idealtypen betrieblicher Arbeitsorganisation,

Page 81: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ansatze und Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation 65

die so in Reinform kaum vorfindbar sind. Auch ist es mbglich, dass ein Unter­

nehmen in verschiedenen Teilbereichen nach unterschiedlichen Konzepten

organisiert ist.

Organisationskonzepte kbnnen u.a. als Reaktionen der Unternehmen auf An­

forderungen des Marktes aufgefasst werden. Als Folge der wirtschaftlichen

Krise in den frilhen 70er Jahren und dem Scheitern der Vorstellung vollauto­

matisierter Produktion setzten sich solche Organisationskonzepte durch, die

die Reglementierung der Arbeitstatigkeiten und die Arbeitsteilung zuruck­

nahmen. Zunachst waren diese Restrukturierungsbemuhungen auf die Opti­

mierung von Ablaufen beschrankt, wurden aber in den 90er Jahren auf die

originaren Strukturen und Prozesse der Unternehmen ausgedehnt. SchlieiSlich

wurden klare Grenzziehungen zwischen der Innen- und AuiSenseite von Un­

ternehmungen in Frage gestellt.

Es herrscht ein Konsens in der bffentlichen Diskussion tiber zukunftstaugliche

Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation. Das kann als Indiz gewertet wer­

den, dass die Praxis betrieblicher Arbeitsgestaltung zunehmend solchen An­

satzen zu folgen versucht. 1m Zuge dessen kann davon ausgegangen werden,

dass sich die Arbeitswelt der Beschaftigten verandert. Wie gezeigt wurde, set­

zen die neueren Konzepte auf die Delegation von Entscheidungsbefugnis und

Verantwortung mbglichst nah an die ausfilhrenden Tatigkeiten, so dass die

Bedeutung der individuellen Kompetenz Beschaftigter in den Vordergrund

rtickt.

Page 82: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

4 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Nachdem im dritten Kapitel die Entwicklung der Management- und Organi­

sationskonzepte anhand ihrer wichtigsten Merkmale und Ansatzpunkte dar­

gestellt wurde, 5011 in diesem Kapitel nun geklart werden, in welcher Weise

sich imZuge der Konzeptveranderungen die Anforderungen an die Beschaf­

tigten gewandelt haben. In Abschnitt 4.1 wird gezeigt, dass nach den neuen

Organisationskonzepten die individuelle Kompetenz der Beschaftigten fiir die

Bewaltigung der Anforderungen von zentraler Bedeutung ist. Vor dem Hin­

tergrund dessen, was in dieser Arbeit unter Kompetenz verstanden werden

solI (vgl. Kap. 2.1), wird deutlich, dass das betriebliche Bildungspersonal als

die £iir die Bereitstellung der entsprechenden Humanressourcen (verstanden

als die fiir die Ermoglichung individueller Kompetenzentwicklung) Verant­

wortlichen vor anspruchsvollen Aufgaben steht. Es wurde bereits auf den Zu­

sammenhang von KompetenzerschlieiSung als notwendige Voraussetzung £iir

die betriebliche Nutzung individueller Kompetenz Beschaftigter und die kon­

krete Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen verwiesen (vgl. Kap. 2.2). Dar­

aus ergibt sich eine enge Interdependenz von betrieblicher Organisations­

entwicklung und betrieblicher Bildungsarbeit. Dieser Punkt wird im Abschnitt

4.2 genauer dargelegt. 1m Abschnitt 4.3 werden zwei gegensatzliche Positio­

nen dargesteIlt, wie die Zunahme der Bedeutung individueller Kompetenz im

erziehungswissenschaftlichen Diskurs bewertet wird. 1m ersten Standpunkt

wird in der zunehmenden Ubereinstimmung von Zielen betrieblicher Ent­

wicklungsbemtihungen einerseits und Zielen individueller Kompetenzent­

wicklung Beschaftigter andererseits von der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien gesprochen. 1m Kontrast hierzu steht der zweite Standpunkt, wonach die Giiltigkeit der Konvergenzthese bestritten wird, weil

betriebliche MaiSnahmen aller Art prinzipiell als Versuche der Effektivierung

der Arbeitsprozesse und somit Unterwerfung unter das okonomische Kalkiil gedeutet werden.

Page 83: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

68 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

4.1 Veranderungen der Kompetenzanforderungen an Beschaftigte

Prograrnrnatische Kompetenzanforderungen an Beschaftigte sind vor allem

dadurch beeinflusst, nach welchen Strukturen und Konzepten Betriebe orga­

nisiert und welche Formen betrieblichen Agierens etabliert sind (vgl. WOJDA &

WALDNER 2000, S. 16). Die neueren Organisationskonzepte unterscheiden sich

von den Vorgangeransatzen vor allem im zugrunde gelegten Menschenbild

und der Betrachtung von Funktion und Motivation der Beschaftigten.

4.1.1 Die Rolle Beschdftigter in den Vorgiingern moderner Organisationskonzepte

1m Licht tayloristisch-fordistischer Arbeitsstrukturen werden Beschaftigte

prinzipiell als Unsicherheitsfaktoren gesehen, die an einer urnfassenden Er­

schlielSung ihrer Arbeitskraft kein Interesse haben. Folgerichtig setzen diese

Konzepte an der Eindammung der Unsicherheitsfaktoren an und reglementie­

ren die Arbeitsschritte bis ins kleinste Detail in einer Weise, die Effektivitat

gerade durch eine haufige Wiederholung der Arbeitsschritte erzielt. Dabei

werden die Tatigkeiten so einfach zugeschnitten, dass Erfahrung oder Kom­

petenz keine Rolle ftir die Qualitat der Leistungserbringung spielt. Taylo­

ristisch-fordistische Ansatze postulieren eine Form von Arbeit, "die infolge

extremer Teilung und standiger Wiederholung minimale Anforderungen an

den Arbeiter stellt, wodurch dessen Anlernzeit auf ein Minimum reduziert

und der Arbeiter selbst austauschbar wird" (ULICH, GROSKURTH &

BRUGGEMANN 1973, S. 8). Moglich wird diese Form der Regulierung und Ar­

beitsteilung durch die Trennung von planenden und ausftihrenden Tatigkei­ten. "Diese augert sich im Taylorsystem in der Schaffung des Planungsbtiros,

dem alle vorbereitenden Aufgaben tibertragen werden und das dem Arbeiter

mit den Instruktionskarten bis ins letzte Detail die Arbeitsmethode vor­

schreibt. Ein weiterer Aspekt der Arbeitsteilung, wie sie Taylor propagierte,

bestand darin, dass er Facharbeiter, die Maschinen zu bedienen hatten, von

Nebentatigkeiten wie Werkzeugschleifen entlastete und solche Aufgaben einer

spezialisierten Kraft z.B. im Werkstattraum tibertrug" (HEBEISEN 1999, S. 119).

Die zahlenmalSig tiberwiegende Mehrheit der Beschaftigten in solchen Struk­

turen arbeitet also unter sehr restriktiven und die individuelle Kompetenz nur

minimal beanspruchenden Bedingungen (vgl. SCHARFENBERG 1993, S. 13). Die

Funktion der Beschaftigten besteht einzig und alleine in der Verausgabung

Page 84: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschilftigter 69

ihrer Arbeitskraft in den reglementierten AbHiufen. Dieses Verstandnis liegt

auch den Vertretern der Human-Relation-Bewegung zugrunde, indem bei­

spielsweise Mayo die Beweggriinde seiner Arbeiten damit benennt, dass "die

Zusammenarbeit in einer industriellen Gesellschaft nicht dem Zufall iiberlas­

sen bleiben kann" (MAYO 1945, S. 30), wobei er darnit ausdriicklich auch die

Kooperation von Beschaftigten in einem Industriebetrieb einschlieBt. Die Hu­

man-Relation-Bewegung erweitert die tayloristisch-fordistischen Ansatze inso­

fern, als sie ihre Beschaftigten als Personen im Kontext ihrer spezifischen

Lebens- und Erfahrungswelt, mit tiber die konkreten Arbeitsaufgaben hinaus­

gehenden Bediirfnissen erfasst (vgl. GARDNER 1949, s. 168f£.), dabei aber stets

die Optimierung der Arbeitsschritte und Steigerung der Produktivitat an­

strebt. Die solI mit der Anreicherung der gegentiber den fordistischen Arbeits­

ablaufen kaum geanderten Produktionsstrukturen urn zwischenmenschliche

Belange erreicht werden, die aber keine Auswirkung auf die Funktion der Be­

schaftigten in der Produktionslinie haben. Die Arbeitsorganisation im Sinne

der Human-Relation-Konzepte ist nicht vom Stand der individuellen Kompe­

tenz der Beschaftigten abhangig und geht ebenfalls von der Vorstellung aus,

Beschaftigte k6nnten allenfalls tiber externale Anreize zur Arbeitsleistung

motiviert werden.

4.1.2 Die Rolle Beschiiftigter in den Ansiitzen der ersten beiden Rationalisierungswellen

Der ersten Rationalisierungswelle lag das Bemtihen zugrunde, monotone und

stupide Tatigkeiten auf Automaten zu iibertragen, somit menschliche Arbeits­

kraft zu ersetzen, und zwar durchaus in einem Sinne, der als Humanisierung

der Arbeitswelt durch die Eliminierung der Notwendigkeit stupider Tatig­

keitsausftihrung durch Menschen verstanden werden kann (vgl. HElD 1996a,

S. 22). Durch den Wegfall dieser Tatigkeiten sinkt - zumindest in den Augen

von Vertretern der Qualifizierungsthese (vgl. z.B. SENATSKOMMISSION FOR

BERUFSBILDUNGSFORSCHUNG 1990, S. 44ff.) - die Anzahl "primitiver" Tatigkei­

ten und steigt der Bedarf an iiberwachenden und mit Geratewartung befassten

Tatigkei~en, die technisches Know-How sowie Wissen tiber die betrieblichen

Produktions- und Prozesszusammenhange erfordern. Vertreter der Dequalifi­

zierungsthese hingegen bezweifeln gerade diesen Effekt der Automatisierung

der Produktion, indem sie darauf hinweisen, dass auch in der Oberwachung

Page 85: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

70 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

von Produktionsmaschinen restriktive und eingeschrankte Tatigkeitsbereiche

zu sehen sind (vgl. DEUTSCHMANN 1989; FRERICHS 1992). Mit dem Zugestand­

nis von uberwachenden und steuemden Tatigkeiten fur die ausfuhrenden

Produktionsbereiche wird das Paradigma der strengen Reglementierung un­

tergraben, so dass die Funktion Beschaftigter nicht mehr ausschlief5lich in der

Ausfuhrung von RegelUitigkeiten gesehen wird. Es erfolgt eine Erweiterung

des Aufgabenspektrums dahingehend, dass die Beschaftigten nicht mehr nur

fur einen Arbeitsschritt zustandig, sondem neben der Bedienung der Maschi­

nen auch noch flir die Oberwachung (und Korrektur) des Produktionsablaufs

verantwortlich sind.

Der Ausgangspunkt fiir die zweite Rationalisierungswelle ist in den Bemuh­

ungen urn Produktdiversifikation zu sehen. Die Abkehr von den auf dauerhaft

unveranderten Produktionsstrukturen angelegten Organisationskonzepten

stellt Produktionsbetriebe vor die Herausforderung, Produktionsprozesse un­

ter Aufwendung eines (aus okonomischer Sicht) vertretbar erscheinenden

Aufwands zu verandem. 1m Zuge dieser Rationalisierungswelle wird ein neu­

er Weg eingeschlagen, der in die Rucknahme des hohen Grades an Arbeits­

teilung fiihrt. Die Trennung von planenden und ausfuhrenden Aufgaben wird

insofem ein StUck weit zuriickgenommen, als die Planungsabteilungen den

Produktionsprozess nicht mehr bis in detaillierte Arbeitsschritte strukturieren,

sondem Komplettaufgaben an Arbeitsgruppen weitergeben, deren Aufgabe in

der Bearbeitung des Vorgangs unter dem Prinzip der Selbstkoordination und

Ausrichtung an den Rahmendaten (z.B. Zielvereinbarungen) besteht. Fur die

Mitglieder der Arbeitsgruppe erfolgt dadurch gegenuber den tayloristisch­

fordistischen Strukturen zum einen eine Erweiterung ihrer bisherigen Aufga­

ben (Job Enlargement) als auch eine Anreicherung ihrer Berufstatigkeit urn

soziale Aspekte, die im Rahmen der Selbstkoordination der Gruppe in den Be­

rufsalltag Einzug halten. In den vorangegangenen Organisationssystemen

wurden Beschaftigte als Einzelpersonen im Produktionsprozess verstanden,

mit der Einfuhrung von Gruppenarbeit und der Riicknahme der Arbeitstei­

lung beginnt sich ein teamorientierter Zugang durchzusetzen (vgl. KOHL &

KULLMANN 1999, S. 53f£'). Hier gewinnt die individuelle Kompetenz Beschaf­

tigter an Bedeutung, die als "Bewaltigungsinstanz" der Produktionsprobleme

(das neue Paradigma: Effizienz und Individualitat, vgl. Kap. 3.2) betrachtet

wird, jedoch ohne Klarheit dariiber, ob und wie weit die Beschaftigten auf die­

se Anforderung vorbereitet sind (kritisch hierzu z.B. FROHLICH 1992, S. 82). In

Page 86: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 71

den Ansatzen der ersten beiden Rationalisierungswellen wird bereits die

Moglichkeit mitgedacht, dass Beschaftigte auch tiber intemale Faktoren Ar­

beitsmotivation entwickeln k6nnen.

4.1.3 Die Rolle Beschiiftigter in den neuen Organisationskonzepten

In den neueren Konzepten wird die mit Einftihrung von Gruppenarbeit be­

gonnene Tendenz der Rticknahme der Arbeitsteilung und Delegation von Ent­

scheidungsbefugnis und Verantwortung weiter fortgesetzt. "Urn Prod uk­

tivitatssteigerungen zu erzielen, gleichzeitig die Qualitat der Produkte zu

verbessem, Kosten zu minimieren und immer flexibler auf Marktveranderun­

gen zu reagieren (bzw. diese zu antizipieren), erweist sich eine primar tech­

nikzentrierte Modemisierungsstrategie als zunehmend ineffektiv.

Notwendig wird eine Umkehrung der traditionellen Rationalisierungslogik:

Hierarchien mtissen abgebaut, Entscheidungsprozesse dezentralisiert und ti­

berzogene vertikale Arbeitsteilungen riickgangig gemacht werden .... Das Ma­

nagement ist auf die autonome Lernfahigkeit, Entscheidungskompetenz und

Verantwortungsbereitschaft der Beschaftigten mehr denn je angewiesen"

(FRERICHS 1992, S. 255).

Urn dies differenzierter aufzeigen zu k6nnen, werden die im dritten Kapitel

vorgestellten neueren Konzepte dahingehend untersucht, welche Anforde­

rungen sie an Beschaftigte implizieren und von welcher Bedeutung und

Tragweite die individuelle Kompetenz Beschaftigter gesehen wird.

4.1.3.1 Die Anforderungen praziser Organisationskonzepte

BETZL (1996, S. 57f£') stellt anhand der drei Dimensionen Organisation, Tech­

nologie und Personal die wichtigsten Gestaltungsparameter der prazisen Or­ganisationskonzepte einander gegeniiber, woraus sich programmatische

Anforderungen an Beschaftigte ableiten lassen. Anhand dieser Dimensionen

werden zunachst die Gemeinsamkeiten (siehe Tab. 4.1) und anschlief5end die Unterschiede (Tab. 4.2) der prazisen Organisationskonzepte diskutiert.

Page 87: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

72 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Lean Organization Fraktales

Virtuelles / und Business

Untemehmen Grenzenloses

Reengineering Unternehmen

Struktur- • Team · Team · Team orientierung • Flache Organisation · Flache Organisation · Flache Organisation

• Zielausrichtung · Zielausrichtung · Kundenorientierung

• Kundenorientierung

• Parallelisierung von AbIaufen

Technologie- • Informations- · Informations- · lnformations-orientierung technologie technologie technologie

• Transportsyst~me · Transportsysteme · Transportsysteme -·Personal- • Partizipation · Partizipation · Partizipation

orientierung • Delegation · Delegation · Delegation

• Qualifikation · Qualifikation · Qualifikation

• Betriebsklima · Betriebsklima

• Entgelt · Entgelt --1 abo 4.1: GememsamkeIlen m den Gestaltungsparametern prazlser Ansatze der

Arbeitsorganisation (vgl. BETZL 1996, S. 58)

Die wesentlichen Gemeinsamkeiten dieser Ansatze bestehen hinsichtlich ihrer

Strukturorientierung in ihrer flachen Organisationsstruktur und ihrer Aus­

richtung auf Teamarbeit. In allen Ansatzen spielen Informationstechnologie

und Transportsysteme eine wichtige Rolle, was eine der wichtigsten techni­

schen Voraussetzungen fur eine Internationalisierung und Globalisierung von

Beschaffungs- und Absatzmarkten darstellt. Sowohl hinsichtlich Struktur- als

auch Technologieorientierung ergeben sich erste Ruckschlusse auf die Be­

deutung Beschaftigter sowie deren individueller Kompetenz. Die durchweg

teamorientierte Arbeitsorganisation sowie die Delegation von Entscheidungs­

befugnis und Verantwortung als Folge flacher Hierarchien Whrt zu planenden

und ausfuhrenden Arbeitsaufgaben und je nach bestehendem Handlungs­

und Entscheidungsfreiraum gewinnt die individuelle Kompetenz Beschaftig­

ter mit steigenden Freiheitsgraden an Bedeutung - sowohl was die fachlich­

inhaltliche Kompetenz betrifft, die die Grundlage fur sachkundige Entschei­

dungen darstellt, als auch hinsichtlich sozialer Kompetenz, die fur die Regu­

He rung von Gruppenprozessen bedeutsam ist. Gerade in besonders leistungs­

fahigen Teams, die sich in ihren Kompetenzen erganzen und durch intensiven

Austausch von Information innerhalb der Gruppe und nach auEen hin ande­

ren Gruppen gegenuber auszeichnen, spielen die einzelnen Gruppenmitglie­

der als Individuen mitsamt ihrer individuellen Kompetenz eine sehr

Page 88: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompe_t_cnz_B_e_sc_h_af_tI-'·gLte_r ____________ 7_3

bedeutende Rolle (vgl. PALONEN, HAKKARAINEN, TALVITIE & LEHTINEN in

Druck). So lasst sich feststellen, dass in allen prazisen Organisationsansatzen

der individuellen Kompetenz Beschaftigter ein hoher Stellenwert eingeraumt

wird, der zusatzlich in dem MaBe steigt, in dem auch innerbetriebliche Struk­

turen nach dem Wettbewerbsprinzip aufgebaut sind und die Unsicherheiten

des Marktes abbilden.

Durch die allen genannten Ansatzen gemeinsame Ausrichtung auf die Infor­

mations- und Transporttechnologien erweitert sich das Feld des Wettbewerbs,

dem lokale Untemehmenseinheiten ausgesetzt sind, auf die gesamte Welt­

wirtschaft (vgl. DIE GRUPPE VON LISSABON 1996, S. 58f£'). Die Folge ist - neben

einer bkonomischen Verscharfung des Wettbewerbsdrucks - eine Erweiterung

des betrieblichen Handlungsrahmens auf intemationale und interkulturelle

Zusammenarbeit (vgl. THOMAS 2000, S. 52f.), deren Qualitat im Zuge anstei­

gender Quantitat steigt und Beschaftigte mit zunehmend komplexen und

schwierigen Anforderungen konfrontiert (vgl. THOMAS 1999, S. 420).

Anhand der Dimension Personalorientierung lasst sich ein wei teres Indiz da­

fUr anftihren, dass die prazisen Organisationskonzepte hbhere Anforderungen

an die Beschaftigten stellen als dies in tayloristisch-fordistischen Strukturen

der Fall war, denn zumindest in der Programmatik wird auf Partizipation,

Delegation und Qualifikation Wert gelegt. Dies ist als Begleitumstand zur

Riicknahme der Kontrolle und Regulierung innerbetrieblicher Ablaufe zu se­

hen, die Beschaftigten Entscheidungen abverlangt, flir die sie in tayloristisch­

fordistischen Strukturen nicht zustandig waren.

Trotz dieser Gemeinsamkeit unterscheiden sich hier jedoch die besprochenen

Ansatze in einem Gesichtspunkt: Wahrend bei den Ansatzen Lean Organizati­

on und Business Reengineering eine Parallelisierung von innerbetrieblichen

Ablaufen bei der Strukturbildung ideenleitend wirkt, ist dies bei Fraktalen

bzw. Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmen hinfallig, da es hier urn die Ver­

dichtung auf kleine Einheiten geht. Lean Organization und Business Reengi­

neering sind Ansatze, die jeweils in groBen Gesamteinheiten ihren

Ausgangspunkt nehmen und vor dem Problem einer e£fektiven Koordination

verschiedener Prozesse innerhalb des Betriebes stehen. Dort machen Eingriffe

in Betriebsablaufe Sinn, die durch Parallelisierung Stillstande vermeiden hel­

fen. Die Delegation von Entscheidungsbefugnissen ist in diesen Konzepten

noch nicht so weit vorangeschritten, dass Einzeleinheiten vbllige Freiheit in

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74 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter

der Disposition ihrer Ressourcen besaBen. Eine Parallelisierung setzt eine

zentrale Steuerungsinstanz voraus. Die individuelle Kompetenz Beschaftigter

spielt aber insofem eine Rolle, als sie in Hinblick auf mogliche Prozessopti­

mierungen und Fehlerbeseitigung zum Tragen kommen solI. Diese Reorgani­

sationstendenzen werden mit den Ansatzen des Fraktalen oder

Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmens radikalisiert, indem dort auch unter­

nehmerische Entscheidungen delegiert werden. Fragen der Koordination von

Arbeitsprozessen erubrigen sich ab der Stelle, an der das Uberleben am Markt

das letzte Prufkriterium fur die Bewertung von Untemehmensaktivitaten dar­

stellt und somit die Unsicherheit des Marktes im Untemehmen abgebildet

wird. KOHL (1998) liefert eine systemtheoretische Interpretation dieser Organi­

sationskonzepte, indem er auf die drei Dilemmata (a) der Untemehmens­

identitat (Abgrenzung vs. Auflosung von Grenzen), (b) der Politisierung (Ab­

bau von Hierarchien fOrdert informelle Machtstrukturen) und (c) der Komple­

xWit (Komplexitatsreduzierung erzeugt neue Komplexitat) als

Grundprobleme der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation fokus­

siert (vgl. S. 82f£'). Diese Probleme lassen sich nicht durch Regulierung von

Ablaufen losen, sondem KOHL (1998) schlagt als Losungsweg Deregulierung

vor und verweist auf das Prinzip der Selbstorganisation als Merkmal komple­

xer Systeme (vgl. S. 124f£'). Demnach stehen die Beschaftigten vor der Anfor­

derung, in ihrem betrieblichen Arbeitshandeln die in den genannten

Dilemmata abgebildete Unsicherheit fur sich selbst zu lOsen. Ein solches Or­

ganisationskonzept lasst sich nur auf Basis eines hohen Grads an individueller

Kompetenz der Beschaftigten realisieren (vgl. KOPPERS 2000, S. 103ff.).

AbschlieBend lasst sich hierzu zusammenfassen, dass in den Ansatzen Lean

Organization und Business Reengineering die Personalorientierung aus dem

Grund auf die individuelle Kompetenz der Beschaftigten ausgerichtet ist, urn

innerbetriebliche Ablaufe vor dem Hintergrund einer uberschaubaren und

robusten Organisationsstruktur zu optimieren und uberflussige Prozesse zu

vermeiden. In den Konzepten des Fraktalen bzw. Virtuellen/Grenzenlosen

Untemehmens erfullt die individuelle Kompetenz der Beschaftigten nicht nur

Optimierungsfunktionen, sondem sie stellt eine notwendige Voraussetzung

dar fur die Losung komplexer, zunachst auch noch unscharfer Probleme vor

dem Hintergrund einer fluiden, d.h. sich nur in temporar tragenden Gerugen

abbildenden Organisationsstruktur.

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Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 75

Damit wurde die Diskussion der Gemeinsamkeiten der priizisen Organisati­

onskonzepte abgeschlossen und bereits in eine Erorterung der Unterschiede

eingetreten, die in Tab. 4.2 zusammengefasst werden:

Lean Business Fraktales Organization Reengineering Unternehmen

Organisati- • Dezentralisie- · Reorganisati- • Aufsplitterung · onsprinzip rung on

Leitidee • Abbau von · Prozessorien- • Selbstahnlich- · Hierarchien tierung keit im Sinne von Struktur-redundanz

Arbeitsstruk- • Aufgabener- · Dezentralisie- • ldentifikation · turierung weiterung rung von Ver- mit Untemeh-

• Delegation antwortung rnenszielen · · ZentraJisie- · rungund Auslagerung von Aufgaben

Sicherheits- • Uberschaubare · Uberschauba- • Abbildung der · strategie undrobuste re und robuste Unsicherheit Organisations- Organisati- im Unterneh-struktur onsstruktur men ... .. Tab. 4.2: Unterschlede In den Gestaltungsparametem prazlser Ansatze der

Arbeitsorganisation (vgl. Kap. 3)

Virtuellesf Grenzenloses Unternehmen

Temporare Kooperationen

Auflosung von Untemeh-mensgrenzen

Verteilte Kompetenz Projektarbeit

Vertrauen

Temporare Auftragsab-wicklung

Die Unterschiede dieser Organisationskonzepte lassen sich anschaulicher

thematisieren, indem die Ansatze kontrastiv und gedanklich als Abfolge dar­

gestellt werden. Somit lassen sich dann Obergiinge zwischen den Ansiitzen

konstruieren, an denen deren Unterschiede deutlich werden. Eine Analyse der

programmatischen Anforderungen an Beschiiftigte soll dann im Abschnitt 4.2

eine Beschreibung der Anforderungen an die betriebliche Bildungsarbeit er­

moglichen. Die Untersuchung der betrieblichen Anforderungen soll unter ei­

ner spezifisch piidagogischen Betrachtungsweise erfolgen, wonach betriebliche Anforderungen zwar "Indikatoren, Resultate oder Mittel huma­

nitiiren, sozialen und qualifikatorischen Fortschritts ... ebenso oft und ebenso

sehr Symptom und Ergebnis defizitiirer, restriktiver oder verfehlter Gesell­

schafts-, Wirtschafts- und Bildungspolitik" sein konnen (HElD 2000, S. 290).

"Wo HumanisierungsmafSnahrnen und konkrete Menschen zum blofSen Mittel der Produktivitiitssteigerung ,werden', verlemen sie <die Beschaftigten, Anm.

C.H.>, sich als Subjekte der Definition und Erfiillung individueller und be-

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76 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

trieblicher Zwecke zu begreifen und zu betatigen" (ebd., S. 293). Es solI bei der

Bewertung der programmatischen Anforderungen darum gehen, ob sie einer

individuellen Kompetenzentwicklung Beschaftigter insofern fbrderlich sind,

als sie die Voraussetzungen und Mbglichkeiten optimieren, an der Zweckbe­

stimmung und Mittelwahl betrieblichen Handelns mitzuwirken (vgl. HElD

1999a, S. 243).

Mit dem Konzept der Lean Organization wird die detaillierte Festlegung des

hochgradig arbeitsteilig strukturierten Produktionsprozesses aufgelbst zu­

gunsten dezentraler, zumindest formal teilautonomer, Komplettaufgaben be­

arbeitender Arbeitsgruppen. Die Zustandigkeit, Entscheidungen zu treffen

und Probleme zu ibsen, werden (zumindest in Teilen) von den leitenden

Funktionen innerhalb der Organisation in die Arbeitsgruppen hinein verscho­

ben. Die Verantwortung ftir die Leistung liegt damit formal-organisatorisch

ebenfalls bei den Teilgruppen selbst. Durch diese Verschiebung werden die

mittleren Hierarchieebenen tiberfitissig, die in tayloristisch-fordistischen

Strukturen tiberwiegend Kontrollaufgaben zu tibernehmen hatten. Durch die­

ses Abfiachen des Hierarchiegeftiges sind nun auch in den ausflihrenden Ta­

tigkeiten planerische, dispositive Aufgaben zu bewaltigen. Die

Anforderungen an die individuelle Kompetenz der Beschaftigten steigt in dem

MaBe, in dem von den Beschaftigten Planungsentscheidungen cingcfordert

werden. Wie weit diese Anforderungen als kompetenzfbrdernd eingeschatzt

werden kbnnen, ist zunachst einmal davon abhangig, wie weit in den Ent­

scheidungssituationen realisierbar erscheinende Handlungsalternativen zur

Verftigung stehen. Deren Existenz ist einerseits Voraussetzung daftir, dass Be­

schaftigte ihre individuelle Kompetenz bei der Abwagung und Bewertung der

Alternativen einsetzen kbnnen, andererseits aber auch Voraussetzung daftir,

dass von Verantwortung der Beschaftigten gesprochen werden kann (vgl.

HEID 1995a). Dartiber noch hinausgehend ist die Fbrderung der individuellen

Kompetenz davon abhangig, wie weit Beschaftigte die Qualitat ihrer Ent­

scheidung - gemessen an ihrem Erfolg - bewerten und dadurch ihre Kompe­

tenz auch im Diskurs mit anderen konsolidieren kbnnen.

"Das Ziel der Komplettbearbeitung von Auftragen bringt in aller Regel eine

erhebliche Erweiterung.der fachlichen Anforderungen an die Gruppenmit­

glieder mit sich. Sie brauchen in der Planungsphase, vor Beginn der eigentli­

chen Gruppenarbeit, einen Uberblick tiber vor-, neben- und nachgelagerte

Arbeitsschritte in der ProzeBkette der Auftragsbearbeitung. Diese ist nbtig, urn

Page 92: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 77

auf die Gestaltung der Gruppenaufgabe wirksam und situationsangemessen

EinfluB nehmen zu konnen. Wichtiger Bestandteil der Gruppenarbeit ist eine

hohere Flexibllitat der Mitarbeiter innerhalb der Gruppen. Sie ergibt sich dar­

aus, daB jeder Mitarbeiter angemessen viele Arbeitsgange oder Einzelaufga­

ben innerhalb der Gruppe beherrscht. Hierfur miissen die Gruppenmitglieder

entsprechend qualifiziert werden" (KOHL & KULLMANN 1999, S. 53).

Es ist naheliegend, dass als Folge des Abbaus von Reglementierungen Frei­

heitsgrade im VolIzug der Arbeitstatigkeiten entstehen und dass die (im Sinne

des Untemehmens) sinnvolle Nutzung dieser Freiheitsgrade von den Kom­

petenzen der Beschaftigten abhangig ist, und zwar je starker ein Abbau an

Vorschriften erfolgt. Und genau darauf zielen die Autoren und Protagonisten

dieser Organisationskonzepte ab: "Die Uberlegenheit von Gruppenarbeit ge­

geniiber vorwiegend auf Einzelarbeit beruhenden Formen der Arbeitsorgani­

sation zeigt sich iiberall dort, wo das rasche, effiziente, ,eingespielte'

Zusammenwirken von unterschiedlichen Qualifikationen und personlichen

Kompetenzen unter unklaren Rahmenbedingungen erforderlich ist. Mit ande­

ren Worten: Uberall dort, wo es darum geht, unter unsicheren oder wechsel­

haften Voraussetzungen eine spezifische, komplexe, nur begrenzt

standardisierbare Leistung zu erbringen, erweist sich die Gruppenarbeit als

iiberlegen, wenn die damit verbundenen Potentiale an Effizienz und guten

Arbeitsbedingungen voll ausgeschopft werden" (KOHL & KULLMANN 1999, S.

113).

Zwar scheint diese Bewertung gegen Kritik immun zu sein, well eine Operati­

onalisierung der vollen Ausschopfung von Potenzialen kaum zu leisten ist

und sinngemaB ein Verfehlen der Uberlegenheit als ein Verfehlen der Voraus­

setzungen interpretiert werden miisste. Aber sie verweist auf personliche

Kompetenzen als Problemlose-, nicht (primar) als Erfiillungsinstanz und un­

klare Rahmenbedingungen, die sich gerade im Fehlen klarer Richtlinien und

Handlungsvorgaben niederschlagen. Insofem scheint eine Tendenz zur Forde­

rung der Selbststandigkeit und individueller Kompetenz gegeben zu sein.

Mit der grundlegenden Reorganisation betrieblicher Prozesse auf Basis einer

prinzipiellen Uberpriifung aller Aktivitaten auf Wertschopfung stellt der An­

satz des Business Reengineerings ein fiir die Arbeitsorganisation folgenreiche

Weiterentwicklung des Verschlankungsansatzes dar. Die Idee, auf solche Ge­

schiiftsaktivitaten zu fokussieren, in denen die spezifi;>chen Starken eines Un-

Page 93: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

78 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

temehmens und seiner Beschaftigten liegen, wertet diese auf und ftihrt dazu,

dass einerseits die Teamarbeit weiter verstarkt wird und die Aufgaben mehr

Generalisten als Spezialisten erfordem: "Die Stelleninhaber sind ,Generalis­

ten'; ihr Aufgabenfeld ist umfangreicher als bisher. Sie verfiigen tiber ein

breites Fachwissen, bearbeiten die Auftrage vollig autonom, entscheiden selb­

standig und wickeln jeden Auf trag selbst ab" (WEIDNER & FREITAG 1998, S.

146£.), wobei jedoch Unterstiitzung durch zentrale Expertenteams angefordert

werden kann. Da die nach einer Reorganisation im Untef!1ehmen verbleiben­

den Einheiten in der Regel als Cost- oder Profit-Center geftihrt werden, erge­

ben sich zusatzliche Anforderungen an Beschaftigte vor allem dadurch, dass

eine Disposition des Abteilungsbudgets eingeraumt wird und die Teileinhei­

ten ihre Leistungen in Konkurrenz mit anderen erbringen mtissen (vgl.

FRIEDRICH 1996, S. 988). Wenn die Annahme als realistisch geteilt wird, dass

auch Entscheidungstrager in Profit-Centem nur in begrenztem Ma15e tiber

grundsatzliche, das gesamte Untemehmen betreffende Fragen (mit) zu ent­

scheiden haben, dann erwachst die Anforderung, sich "urn die Verwirkli­

chung der intrapersonalen Voraussetzungen zur ErfiiIlung jeweils

vorgefundener, nur hochst unsicher prognostizierbarer Anforderungen ... zu

bemtihen" (HElD 1992, S. 109), d.h. die individuelle Kompetenzentwicklung

gegentiber den betrieblichen Belangen zu domestizieren. Eine soIche Diskre­

panz zwischen der proklamierten Autonomie bei der Auftragserledigung und

versteckter Domestizierungstendenz kann nicht als glinstige Voraussetzung

individueller Kompetenzentwicklung angesehen werden. Dem ist jedoch ent­

gegenzuhalten, dass Generalisten in der Regel bessere Chancen auf Partizipa­

tion an betrieblichen Entscheidungen besitzen dtirften als soIche Personen, die

auf eng begrenzten Gebieten hohe Kompetenz besitzen.

Wahrend beim Business Reengineering aIle Geschaftsaktivitaten hinsichtlich

ihrer Wertschopfungskraft ftir den Endkunden auf dem Prtifstand stehen,

wird im Ansatz des Fraktalen Untemehmens ein (ktinstlicher) Markt im Un­

temehmen geschaffen, indem die einzelnen Untemehmenseinheiten als eigen­

standige Untemehmen im Untemehmen interpretiert werden. Das stellt

gegentiber der Einftihrung von Profit-Centem keine Neuerung dar, neu ist

jedoch, dass die Fraktale zusatzlich als eigenstandige Einheiten auf dem offe­

nen Markt agieren. Au15erdem andert sich mit der Formulierung des An­

spruchs der Strukturredundanz und Selbstahnlichkeit die Qualitat der

Anforderungen an die Beschaftigten. Es gilt hier noch starker, dem Druck des

Page 94: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 79

Marktes standzuhalten, gleichzeitig wird die zentrale Steuerung durch die

Untemehmensleitung auf ein Minimum reduziert, was die Gestaltungsmbg­

lichkeiten der Beschaftigten erhbht. Voraussetzung ist jedoch, bei der Antizi­

pation von (auch intemen) Kundenbedurfnissen ausreichenden Erfolg zu

erzielen, der den bkonomischen Fortbestand der eigenen Stellung gewahrleis­

tet. Durch eine Reduzierung von innerbetrieblichen Schnittstellen erweitem

sich die Grenzen des Aufgabenbereichs eines Fraktals gegenuber fruheren An­

satzen, wodurch der Autonomiegrad und der Entscheidungsbereich steigt -

allerdings vor dem Hintergrund der Offnung des Untemehmens fur den

Wandel und die Unsicherheit des extemen Marktes. Indem die Beschaftigten

nun die Schnittstelle zwischen dem Untemehmen und dem Umfeld darstellen,

gelten sie aul5erhalb der Betriebes als dessen Reprasentanten und gewinnen

so mit als individuelle Persbnlichkeit (die es zu entwickeln und in ihrer Kom­

petenz zu fbrdem gilt) an Bedeutung (vgl. WARNECKE 1993, S. 193ff.).

Eine vollstandige Zerschlagung herkbmmlicher Organisationsstrukturen voll­

zieht sich in dem Ansatz des Virtuellen bzw. Grenzenlosen Untemehmens.

Dieses "ist nicht mehr durch klare 5trukturen und abgegrenzte Leistungen

definiert, sondem erscheint fliel5end, durchlassig und standig wechselnd in

den Grenzen, und zwar zu Lieferanten, Kunden und der eigenen, internen

Struktur" (WEIDNER & FREITAG 1998, S. 137). Die Integration bestandigen

Wandels in das Arbeitsfeld resultiert in der Fokussierung der Personalent­

wick lung und -fuhrung auf Kompetenzentwicklung und Motivation der Be­

schaftigten (vgl. BRAUN 1996, S. 138f£'). Es erfolgt eine vbllige Abwendung von

formalen Prinzipien der Arbeitsstrukturierung (wie z.B. die Definition von

Zustandigkeiten) hin zu dem informellen Prinzip Vertrauen. So gewinnen FIe­

xibilitat, 5elbststandigkeit und Verantwortungsbereitschaft der Beschaftigten

an Bedeutung. FRERICHS (1992) nennt dies eine 50zialintegration von Beschaf­

tigten in den Betrieb zum Zwecke der umfassenden Mobilisierung menschli­

cher Ressourcen (vgl. S. 255), die nicht auf physische Arbeitskraft beschrankt

ist, sondem auch geistige Arbeitskraft umfasst. Mit der Hinwendung zu Vir­

tuellen/Grenzenlosen Untemehmen wird eine weitere Neuerung eingefuhrt.

Wahrend in den ubrigen drei Ansatzen Kompetenz zu bundeln versucht wird,

setzt das Virtuelle/Grenzenlose Untemehmen gerade auf verteilte Kompeten­

zen, die sich in einer temporaren Kooperation ohne langfristige vertragliche

Verpflichtungen zusammenfinden und ein gemeinsames, aus der Marktnach­

frage hervorgehendes Projekt bearbeiten. So wird die Kompetenz einer Einheit

Page 95: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

80 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

- also auch individuelle Kompetenz der Angehorigen dieser Einheit - zum

zentralen Identifikationsmerkmal, das fur den Eintritt in Kooperationen ent­

scheidend ist. Kompetenz avanciert so zum zentralen Erfolgsmoment inner­

betrieblicher Aktivitaten. Die Bildung temporarer Projektgruppen stellt

Beschaftigte zunehmend vor Fuhrungsaufgaben, da sie nicht nach regulierten

Verfahren gebildet werden. Sie werden vielmehr auf Initiative von Einzelper­

sonen ins Leben gerufen, die dann (zumindest in der fruhen Projektphase)

auch die Leitung des Projektes llbernehmen.

Die Analyse der programmatischen Anforderungen praziser Organisations­

konzepte lasst sich wie folgt zusammenfassen: In all diesen Ansatzen betrieb­

licher Arbeitsorganisation wird der individuellen Kompetenz Bedeutung

zugemessen, wobei die Ansatze des Fraktalen und Virtuellen/Grenzenlosen

Unternehmens als Radikalisierung der Schlanken Organisation und des Busi­

ness Reengineerings angesehen werden konnen. 1m Rahmen von Lean Orga­

nization und Business Reengineering weicht die Trennung von Kopf- und

Handarbeit deren Integration, "der Hand-Werker wird zum Kopf-Werker"

(SCHELTEN 1995, S. 265). Die Beschaftigten stehen "als der Schltissel zur Pro­

duktivitat" (BOsENBERG & METZEN 1992, S. 20). Das Potenzial individueller

Kompetenz liegt in diesen Ansatzen auf der Ebene des operativen Manage­

ments (zur Dreiteilung operatives, strategisches und normatives Management

vgl. z.B. RUSCHE 1993, S. 19f£.) und zielt im Wesentlichen auf eine Optimierung

der Ablaufe in robusten Strukturen. In den beiden anderen Konzepten ruckt

die individuelle Kompetenz in die Betrachtungsperspektive des strategischen

Managements und avanciert zu einem "strategischen Erfolgsfaktor fur Unter­

nehmen" (MEYER-DOHM 1990, S. 6). Durch die Integration der Unsicherheit des Marktes in die Unternehmensstrukturen werden die Beschaftigten mit

komplexen Problemen konfrontiert. Urn hierfur eine gute Voraussetzung zu

erfullen, muss die individuelle Kompetenz der Beschaftigten - verstarkt durch

die fehlende Prognostizierbarkeit zukunftiger Problemstellungen und Anfor­

derungen - auf breiter Basis gefordert und entwickelt werden. Die Ansatze des

Fraktalen und Virtuellen/Grenzenlosen Unternehmens implizieren diese auf

langfristige Entwicklung individueller Kompetenz angelegte Perspektive.

Ausgeblendet werden jedoch prograrnmatische Richtlinien fur Problernfalle,

in denen langfristige trberlegungen individueller Kompetenzentwicklung und

kurzfristige Marktentwicklungen konfligieren.

Page 96: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 81

Die Aufwertung individueller Kompetenz im Rahmen der beschriebenen Or­

ganisationskonzepte kulminiert insbesondere in den Anforderungen an Be­

schaftigte, durch Selbststandigkeit, Flexibilitat und Verantwortungsbereit­

schaft die Voraussetzungen fUr eine Umsetzung der Organisationskonzepte

bereitzustellen. Dies gilt im Falle des Virtuellen/Grenzenlosen Untemehmens

zusatzlich fur Fuhrungskompetenz. Diese vier Anforderungen werden im

weiteren Verlauf im Rahmen der empirischen Untersuchung aufgegriffen.

Die besprochenen Modelle betrieblicher Arbeitsorganisation beschreiben Kon­

zepte, Untemehmensstrukturen unter einer organisational-strukturellen Per­

spektive an Entwicklungen im Umfeld des Untemehmens anzupassen. Einen

anderen Zugang bieten die Ansatze, die von lemenden Organisationen spre­

chen.

4.1.3.2 Die Anjorderungen vager Organisationskonzepte

Als lemende Organisation wird eine solehe bezeichnet, "die sich standig an­

dert, weil die Mitarbeiter ermuntert werden, standig Anderungen und Anpas­

sungen vorzunehmen. Eine lernende Organisation ... konzentriert sich darauf,

Wissen zu schaffen, zu erwerben und zu ubertragen sowie das Verhalten dem

Wissen entsprechend zu andern" (FRIEDMAN, HATCH & WALKER 1999, S. 168).

Die Lemen oder Wissenserwerb thematisierenden Ansatze wurden im dritten

Kapitel gerade dbhalb als vage bezeichnet, weil sie zwar ein Ziel benennen,

aber bezuglich konkreter MaBnahmen und Instrumente der Zielerreichung

abstrakt, unklar und theoretisch diffus verbleiben. Somit stehen Beschaftigte

auch hier vor dem Problem, unscharfen Anforderungen gerecht werden zu

mussen. Verscharft wird dieses Problem zusatzlich dadurch, dass Beschaftigte

als Adressaten unklarer Kompetenzanforderungen normalerweise keinerlei

Einfluss auf die Bedingungen der Kompetenzverwertung besitzen, da diese in

der Regel auBerhalb des Wirkbereiches ihres Arbeitshandelns bestirnrnt wer­

den (z.B. Kunden, Markt, Untemehmensleitung).

Andererseits sehen Praxisleitfaden fur die Umsetzung lemorientierter Organi­

sationsansatze (z.B. PROBST & B(ICHEL 1994) Verfahrensweisen und Regelun­

gen vor, die zum einen Moglichkeiten und Freiraume fUr Prozesse der

Kompetenzentwicklung eroffnen und zum anderen verschiedene Dimensio­

nen von Lemprozessen und deren Interdependenz berucksichtigen (vgl. Abb.

4.1).

Page 97: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

82 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

I Die lerndende Organisation I

Kunde~ .... Olitik

/,--------~==~--------~

Konkurrenten

Vedi.nderung des gesamten des gesamten in der Organisation verftigbaren Wissensbestandes • Offentlichkeit

Abb. 4.1: Dimensionen einer lemenden Organisation (vgl. PROBST & BOCHEL 1994, S. 63)

Das abgebildete Konzept impliziert die Veranderung des organisationalen

Wissensbestandes im Zusammenhang mit Veranderungen aus dem Unter­

nehmensumfeld. Berucksichtigt werden sowohl individuelle als auch soziale

Lernprozesse sowie Lernen von und in weiterer Folge tiber Multiplikatoren.

Zur Unterstiitzung der intendierten Lernprozesse erfolgt die Speicherung und

Dokumentation der Lernerfahrungen in verschiedenen Speichersystemen.

Damit umfasst obiges Konzept Gesichtspunkte, die gemeinhin unter "Wis­

sensmanagement" im Rahmen von Wirtschaftsunternehmen diskutiert wer­

den (z.B. FREIMUTH 1997; WILLKE 1998). In ihrer Gesamtheit ergeben diese vier

Dimensionen des Lernens ein Konzept organisationalen Lernens, das die Nut­

zung der ProblemHisekapazitaten der Beschaftigten ermoglichen sol! (vgl.

WILDEMANN 2000, S. 325ff.), worin die zentrale Herausforderung von Unter­

nehmen auf rasch sich verandernden Markten gesehen wird (vgl. z.B.

BERRYMAN & BAILEY 1992, S. 10ff.; KOHL 1998, S. 35ff.; LESGOLD 1997, S. 167). In

der fehlenden Klarheit der Vorhersage zuktinftiger Anforderungen liegt be­

grtindet, dass in Programmatiken lernender Organisationen die Forderung

eines moglichst breiten Kompetenzspektrums der Beschaftigten angestrebt

wird und dass ein umfassender Austausch von organisationalen Wissensbe­

standen ermoglicht werden sol!.

Page 98: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 83

4.1.4 Ergebnis des Abschnitts 4.1

Alle neuen Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation sind dadurch gekenn­

zeichnet, dass sie Beschaftigten in hohem MafSe Entscheidungen und Verant­

wortungsbereitschaft abfordern und sich in diesem Zusammenhang auf deren

individuelle Kompetenz stiitzen. Je starker formal die Steuerung durch Zent­

ralstellen im Unternehmen zuriickgenommen wird, desto eher erhalten Be­

schaftigte formal die Miiglichkeit, die Zwecke und Mittel ihres beruflichen

Handelns mitzubestimmen. Dass schlieglich soIche Ansatze an Attraktivitat

gewinnen, die organisationales Lernen proklamieren, kann als Indiz dafiir in­

terpretiert werden, dass in den Unternehmensleitungen diese Mitbestimmung

(aus welchen Dberlegungen heraus auch irnmer) akzeptiert und intendiert

wird und daraufhin Versuche erfolgen, die Basis fUr diese Mitbestimmung,

namlich die Entwicklung individueller Kompetenz, sicherzustellen.

Generell sind die Anforderungen "in modernen Arbeitsprozessen durch er­

hiihte kognitive und kommunikative Anspriiche, durch eine zunehmende

Entkopplung von Arbeits- und Produktionsprozeg, durch erhiihte FIexibilitat,

Mobilitat und Effizienz sowie durch hiihere Arbeitsintensitat und neue Kon­

trollformen gekennzeichnet" (DEHNBOSTEL, ERBE & NOVAK 2001, S. 11). Es

werden schlecht vorhersagbare, sich permanent wandelnde Situationen be­

schrieben, mit denen sich Beschaftigte irn Arbeitsalltag konfrontiert sehen.

Dabei wird von ihnen erwartet, die Situationen adaquat, d.h. iikonomisch­

effizient, zu bewaltigen. Die Folge ist, dass sich keine konkreten Qualifikati­

onsanforderungen an Beschaftigte formulieren lassen, wei! der permanente

Wandel solche Anforderungen schnell wieder in Frage stellt. Je enger eine

Kompetenzanforderung in Zusammenhang mit vorfindbaren Erfordernissen

am Arbeitsplatz formuliert ist, desto griiger wird die Gefahr ihrer Entwertung

durch aktuelle Entwicklungen im Beschaftigungssystem (vgl. HElD 1996, S.

20). In den 70er Jahren formulierte MERTENS (1974) sein Konzept der Schliis­

selqualifikationen unter ahnlichen Bedingungen der Unscharfe sich abzeich­

nender zuktinftiger Qualifikationsanforderungen. In jiingerer Zeit wird in

bi!dungspolitischen und berufspadagogischen Zusammenhangen dazu iiber­

gegangen, bei der Beschreibung der Anforderungen an Beschaftigte auf das

Konzept beruflicher (Handlungs-)Kompetenz zuriickzugreifen, weil damit

diese Unscharfe verschleiert und die Verantwortung fiir die Bewaltigung der

Page 99: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

84 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Anforderungen den Beschaftigten zugeschrieben werden karm (vgL DREXEL

2001).

Die in Kap. 2.1 festgelegte Arbeitsdefinition dient ebenfalls als Hilfskonstrukt

zwischen den nicht naher beschreibbaren Anforderungen einerseits und dem

flir deren Bewaltigung relevanten Blindel an Fahigkeiten und Fertigkeiten Be­

schaftigter andererseits. Drexels Unterstellung, den Beschaftigten durch Ver­

wendung des Kompetenzbegriffs die (aUeinige) Verantwortung fiir die

Bewaltigung der Anforderungen zuzuschreiben, greift flir die Arbeitsdefiniti­

on nicht. Derm es wurde ein Begriffsverstandnis eingeflihrt, das die Verant­

wortung flir erfolgreiche Kompetenzentwicklung und -anwendung explizit

den organisationalen Rahmenbedingungen sowie den Beschaftigten gleicher­

mafien zuschreibt.

Deutlich wurde in diesem Abschnitt, dass aber gerade durch die unscharfen

Anforderungen Beschaftigte mit Erwartungen hinsichtlich der Bewaltigung

von Problemen konfrontiert werden, die liberaus komplex sind. Es wurde

darauf hingewiesen, dass die Anforderungen insbesondere in Bezug auf Flexi­

bilitat, Selbststandigkeit, Verantwortungsbereitschaft und zum Teil Fiihrungs­

kompetenz kulminieren. Die entsprechende individuelle Kompetenz gilt es im

betrieblichen Kontext durch betriebliche Bildungsarbeit zu entwickeln und zu

fordern. Die im dritten Kapitel und in Abschnitt 4.1 vorgenommene Unter­

scheidung der Ansatze darf nicht darliber hinweg tauschen, dass in der Reali­

tat Mischformen dieser Ansatze vorzufinden sind, da diese Ansatze jeweils

unterschiedliche Perspektiven auf den gemeinsamen Betrachtungsgegenstand

darstellen. Eine Unterscheidung der Konzepte macht dermoch Sirm, da eine

explizite Entscheidung einer Unternehmensleitung, einen Betrieb beispiels­weise als lernende Organisation zu gestalten, einerseits Rlickschllisse auf de­

ren Wertschatzung individueller und organisationaler Lernprozesse zulasst.

Andererseits ist allerdings damit nicht ausgeschlossen, dass Teile des Betriebs

in Gruppenarbeit oder schlank organisiert sind.

4.2 Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit

Die Ermoglichung organisationalen Lernens erfordert - darin stimmen Exper­

ten im Rahmen urnfassender Untersuchungen des Bundesinstituts flir Berufs­

bildung liberein - "neue Sozialformen des Lernens, insbesondere funktions-

Page 100: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter 85

und hierarchietibergreifende Lernprozesse", die flir die betriebliche Bildungs­

arbeit Probleme sowohl auf der individuellen Ebene der Beschaftigten als auch

auf der Ebene der Organisation der Arbeit im Betrieb darstellen (NOVAK 2001,

S. 104). Wie zu zeigen sein wird, kann sich Bildungsarbeit nicht allein auf eine

der beiden Ebenen beschranken, sondern muss im Fokus sowohl auf die indi­

viduelle als auch die organisationale Ebene gerichtet sein. Deshalb werden im

Folgenden eine individuelle und eine organisationale Perspektive beschrieben.

Urn die mit betrieblicher Bildungsarbeit intendierten Ziele erreichen zu kon­

nen, mtissen auch organisationale Voraussetzungen erfullt sein, die wiederum

an konkrete Individuen gebunden sind. Demnach ist die betriebliche Bil­

dungsarbeit als eine Einheit von Personal- und Organisationsentwicklung zu

betrachten.

4.2.1 Individuelle Perspeknve

Unter der individuellen Perspektive werden diejenigen Aspekte erortert, die

mit individuellen Lernprozessen als Teilaspekt des Kompetenzerwerbs Be­

schaftigter zu tun haben. Die Ermoglichung individuellen Kompetenzerwerbs

kann in betrieblichen Kontexten entweder in zentralisierter Form - damit sind

organisierte MaiSnahmen betrieblicher Weiterbildung gemeint - oder in dezent­

ralisierter Form - also arbeitsnah - erfolgen. Aus padagogischer Sicht ist diesc

Unterscheidung deshalb von Bedeutung, weil arbeitsplatznahe Formen indi­

viduellen Kompetenzerwerbs in der Regel den Verwendungszusammenhang

der zu erwerbenden Kompetenz auf die Bedingungen des Arbeitsplatzes £0-

kussieren. Dezentralisierte Formen individuellen Kompetenzerwerbs sind

eher so angelegt, den Verwendungszusammenhang weiter als auf einen spezi­

fischen Arbeitsplatz auszurichten. Es wird gezeigt werden, dass die organisa­

tionalen Bedingungen eines Betriebes einen entscheidenden EinfIuss auf den

Erfolg der Ermoglichung individuellen Kompetenzerwerbs haben.

4.2.1.1 Zentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs: Betriebliche Weiterbildung

Befunde aus der Weiterbildungsforschung zeigen eine Tendenz zur Privatisie­

rung der Verantwortung ftir die eigene Bildungsbiographie: Betriebe ziehen

sich aus der Finanzierung von BildungsmaiSnahmen flir ihre Beschaftigten zu-

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86 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

nehmend zuriick (vgl. z.B. BUCHTER & HENDRICH 1998, S. 31; HENDRICH 2000,

S. 40) und jeder hat fiir die Entwicklung und Verwertung der eigenen Kom­

petenzen zu sorgen (vgl. die Einfiihrung des Begriffs von "Arbeiter­

/ Angestelltenuntemehmem" beispielsweise bei PRIDDAT 1999, S. 133; VOG

2001, S. 155). Trotzdem kann man nicht davon ausgehen, dass sich Betriebe

viillig von der Organisation (Planung, Durchfiihrung oder Finanzierung) von

BildungsmalSnahmen abwenden. Diese Annahme begrundet sich zum einen

daraus, dass nicht prinzipiell von einer Ubereinstimmung von betrieblichem

Kompetenzbedarf und individuell geplanten und gestalteten Bildungsbiogra­

phien ausgegangen werden kann. Deswegen besteht in der Regel ein Ergan­

zungsbedarf des innerhalb eines Betriebs vorfindbaren Kompetenzbestands,

der auf betriebliche Anforderungen zuriickzufiihren ist und nicht in Zusam­

menhang mit individuellen Zielvorstellungen steht. Zum anderen ist es un­

wahrscheinlich, dass dieser Erganzungsbedarf ausschlielSlich iiber

Rekrutierung auf dem externen Arbeitsmarkt gedeckt wird, u.a. weil die Per­

sonalauswahl Kosten verursacht und somit Aufwendungen fiir BildungsmalS­

nahmen giinstiger sein kiinnen als Rekrutierungskosten.

Wenn hier von betrieblicher Weiterbildung die Rede ist, so sind damit all die­

jenigen BildungsmalSnahmen gemeint, die Yom Betrieb finanziert, organisiert

oder durchgefiihrt werden. Damit werden also auch exteme BildungsmalS­

nahmen erfasst.

Die im dritten Kapitel beschriebenen Organisationskonzepte und die Rah­

menbedingungen betrieblicher Bildungsarbeit - technische Entwicklung,

Marktbedingungen, gesellschaftliche Wertorientierung (vgl. HARTEIS 2000a, S.

8ff.; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 3ff.) - skizzieren Bedingungen, die

der individuellen Kompetenz Beschaftigter - und sornit auch der betrieblichen

Bildungsarbeit - hohe Bedeutung beimessen. Die entscheidende Besonderheit

von betrieblicher Weiterbildung ist, dass sie eine Dienstleistung fur zwei ver­

schiedene Kunden erbringt, namlich fiir die Lemenden auf der einen Seite und

fiir die Betriebe als Finanzierungs- und Verwertungsinstanz auf der anderen

Seite. Die entscheidenden Konsequenzen fur die betriebliche Bildungsarbeit

lassen sich auf drei Aspekte fokussieren: (1.) Konsequenzen angesichts be­

trieblicher Kosten-Nutzen-Abwagungen, (2.) Konsequenzen angesichts indi­

vidueller Kosten-Nutzen-Uberlegungen sowie (3.) Konsequenzen angesichts

veranderter betrieblicher Rahmenbedingungen.

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Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 87

Zu (1.): Betriebliehe Bildungsausgaben werden gemeinhin als Investitionen in

die Humanressoureen eines Unternehmens verstanden (vgl. BARDELEBEN &

BEleHT 1996, S. 23). Diese Ansicht impliziert, dass Bildungsausgaben nur in

Erwartung von (maglichst konkreten) Nutzenmomenten (Return of Invest)

geUitigt werden. Daraus folgt, dass betriebliehe Bildungsarbeit in ihren Resul­

taten an betriebswirtsehaftliehen MaJSstaben gemessen wird. Die Entseheidung

dariiber, wann der Nutzen betrieblieher Bildungsausgaben von Bildungsver­

antwortlichen und Vorgesetzten (vor dem Hintergrund der von ihnen als

maJSgeblieh angesehenen Zweeke) als ausreiehend groB gewertet wird, hangt

neben Rahmenbedingungen, auf die Besehaftigte keinen Einfluss haben (vgl.

hierzu HElD 1996a), davon ab, wie gut die Lernenden die Lerninhalte gelernt

haben (Lemerfolg). Uberdies hangt diese Entscheidung jedoeh von den Mag­

lichkeiten der Lernenden ab, das Gelemte nutzbringend in den Betrieb einzu­

bringen. Als weiterer - nicht minder problematischer - Gesichtspunkt spielt bei

dieser Entseheidung die Messlatte bzw. das Bewertungskriterium der ent­

scheidenden Person eine Rolle, die urnso mehr Maglichkeiten hat, ihr Kriteri­

urn intransparent zu halten, je haher sie in der betrieblichen Maehthierarehie

angesiedelt ist. Dass dabei akonomisehe Kalkiile zum Tragen kommen kan­

nen, die aus padagogiseher Sieht hachst fragwiirdig sind, wurde von HARTEIS

(1998) herausgearbeitet. Das betriebliehe Bildungspersonal hat dabei nur di­

rekten Einfluss auf die Qualitat der Lehre als eine Determinante des Lerner­

folgs.

Die Aufgabe betrieblieher Bildungsarbeit besteht darin, die fiir die Bewalti­

gung der betriebliehen Aufgaben und Anforderungen notwendige Kompetenz

Beschaftigter zu gewahrleisten. GemaJS der Merkmale der neueren Organisati­

onskonzepte und der sich abzeichnenden akonomisehen und technisehen

Entwicklungen besteht die wesentliehe Herausforderung fiir Betriebe glei­

chermaJSen wie fiir Beschaftigung in der Bewaltigung sich stetig verandemder

Bedingungen. Diese sind kaum prognostizierbar, so dass eine Fokussierung

betrieblieher Bildungsarbeit auf konkrete Spezialfertigkeiten wenig aussichts­

reich erscheint, sondern vielmehr die Entwicklung und Farderung der abs­

trakten Fahigkeit Beschaftigter zur Lasung komplexer Probleme eine

giinstigere Voraussetzung zur Lasung nicht absehbarer Problernstellungen

darstellt. Insofern steigt die Nutzenerwartung 2aus Sieht des Untemehmens

dann, wenn die Lehr-Lern-Bedingungen den Beschaftigten ein ideales Umfeld

die Entwicklung komplexer Problemlasefahigkeiten bieten.

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88 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Zu (2.): Befunde der Weiterbildungsforschung haben gezeigt, dass die Teil­

nahme an BildungsmaBnahmen von (positiven) individuellen Abwagungen

des antizipierten Nutzens und des falligen Aufwands durch Beschaftigte ab­

hangt. Nicht nur die Betriebe als Entsendeinstanzen kalkulieren ihre Bil­

dungsausgaben, sondern auch die Beschaftigten sehen ihren individuellen

(materiellen und immateriellen) Aufwand ftir Bildungsarbeit als Investition

(vgl. z.B. GALLEN BERGER 2002; STENDER 1996). Es kann also davon ausgegan­

gen werden, dass Beckers allgemeine Theorie der Okonomie menschlichen

Verhaltens (BECKER 1993) auch ftir die Teilnahme an betrieblichen Bildungs­

malSnahmen gilt und daher auch Beschaftigte in der Erwartung eines konkre­

ten Nutzens an WeiterbildungsmaBnahmen teilnehmen oder nicht.

Nutzenerwartungen beziehen sich dabei auf die Erreichung beruflicher Ver­

besserungen, Vermeidung von Verschlechterungen oder auf die Anpassung

an Veranderungen (vgl. KUWAN, GNAHS, KRETSCHMER & SEIDEL 1996, S. 80).

Damit dies jedoch realisierbar erscheinen kann, muss folgende Bedingung er­

Wilt sein: Es muss ein Transfereffekt erwartet werden, und zwar mindestens

ein horizon taler oder gar ein vertikaler, d.h. die Lernenden mtissen nach Be­

endigung der BildungsmaBnahme - verglichen mit vorher - tiber erweiterte

Kompetenz verftigen, indem sie das Gelemte erfolgreich anwenden kbnnen

(horizontaler Transfer) oder durch die Anwendung des Gelernten noch eine

weitere Steigerung ihrer Kompetenz (vertikaler Transfer) erfahren (vgl.

MANDL, PRENZEL & GRAsEL 1992). Beschaftigte stellen solche Transferannah­

men in der Regel auf Basis ihrer individuellen Erfahrung mit der Teilnahme

an (vergleichbaren) WeiterbildungsmaBnahmen an.

Zu (3.): Die Realisierung einer Teilnahme an WeiterbildungsmaBnahmen

hangt aber auch von Gegebenheiten ab, die mit den BildungsmaBnahmen in

keinem direkten Zusammenhang stehen (vgl. FRIEBEL 1993). Urn berufliche

Verbesserungen zu erreichen, muss das berufliche Umield entsprechende Op­

tionen zur Verftigung stellen. Dies ist umso unabsehbarer, je langer Bildungs­

maBnahmen andauem. Denn gerade Organisationskonzepte wie das Virtuelle

oder das Fraktale Unternehmen setzen auf temporare Kooperationsstrukturen,

das Virtuelle Untemehmen gar auf eine sinkende Bedeutung langerer Kon­

trakte. Folglich sind zum Zeitpunkt des Eintritts in eine (langer andauernde)

BildungsmaBnahme die nach ihrem Abschluss vorfindbaren Gegebenheiten

nur schwer antizipierbar.

Page 104: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 89

An dieser Stelle wird die immense Bedeutung der Struktur betrieblicher Ar­

beitsorganisation offensichtlich. Akzeptiert man die Auffassung, wonach die

Teilnahme an Weiterbildung mit konkreten Nutzenerwartungen verbunden

ist, dann gentigt streng genommen noch nicht einmal die Tatsache, dass die

Realisierung der Verwertung (Melioration) des Gelernten nach Abschluss der

Bildungsmaf5nahme gegeben ist, vielmehr muss den Beschaftigten diese Mog­

lichkeit vor Beginn der Maf5nahme absehbar erscheinen (vgl. ICKING 2000).

Dies scheint nur in einer Form der Arbeitsorganisation gewahrleistet zu sein,

in der eine rigide Orientierung an kurzfristigen Verwertungsoptionen einen

nur geringen Stellenwert einnimmt und in der die individuelle Kompetenz

Beschaftigter ein Kreativitatspotenzial darstellt. Eine solche Orientierung ent­

sprieht in etwa dem, was ScHEIN (1995) Merkmale einer lernenden Kultur als

eine (von mehreren) Grundlage lernender Organisationen beschreibt, namlich

eine pragmatische Anschauung tiber Wesen der Wahrheit und Wirklichkeit

(vgl. S. 297£'), die eine Kategorisierung in richtiges vs. falsches, gutes vs.

schlechtes Wissen nicht zulasst. Aus heutiger Sieht ist namlich kein Urteil dar­

tiber abzugeben, welches Wissen und welche Kompetenzen fUr die Bewalti­

gung zuktinftiger, nieht prognostizierbarer Problemstellungen tauglich bzw.

untauglich ist. Insofern ist eine Dichotomisierung von individueller Kompe­

tenzentwicklung in brauchbar und unbrauchbar nicht zu vertreten.

4.2.1.2 Dezentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs: Lemen am Arbeitsplatz

Die dezentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs durch Lernen am

Arbeitsplatz ist eine direkt von der betrieblichen Arbeitsorganisation abhangi­

ge Komponente, denn das Angebot an Lerngelegenheiten im Arbeitsprozess

hangt von der Problernhaltigkeit der Arbeitsaufgaben abo Die lasst sich als

Kontinuum denken, dessen erstes Ende durch einfache, repetitive Arbeiten, das andere hingegen durch Aufgaben- und Problemstellungen gepragt ist, de­

ren Losung eine anspruchsvolle und komplexe Tatigkeit darstellt. "Arbeit

verliert seinen repetitiven Charakter und wird lernwirksam, wenn es gelingt,

auch strategische Momente in die Arbeit einzuftihren" (BENTELER 1995, S. 29f.,

Grammatikfehler i.O.)

"Die Besonderheit betrieblicher bzw. dezentraler Lernorte im Arbeitsprozef5

gegentiber tiblichen Arbeitsplatzen besteht darin, daB zusatzlich zur Arbeits-

Page 105: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

90 Die Be~eutung individueller Kompetenz Beschaftigter

infrastruktur eine Leminfrastruktur besteht, so in Form von Ausstattungen,

Lemmaterialien, multimedialer Lemsoftware und gezielt hergestellten koope­

rativen Arbeits-Lem-Gruppen" (DEHNBOSTEL 2001, S. 182). Es ist klar, dass es

sieh hierbei lediglieh urn eine perspektivisehe Unterseheidung handelt: Ar­

beits- und Leminfrastruktur sind nieht notwendigerweise als physikaliseh ge­

trennte Objekte gedaeht, sondem gemeint ist damit der Zugriff auf alle am

Arbeitsplatz verfiigbaren Ressoureen sowohl zu Arbeits- als aueh zu Lemzwe­

eken.

Derartige Lemgelegenheiten lassen sieh innerhalb der Arbeitsorganisation

grundsatzlieh entweder direkt im Wertsehopfungsprozess oder parallel zu

diesem eimiehten. Schon aile in diese Feststellung maeht die Bedeutung der

Arbeitsorganisation fiir die Ermogliehung von dezentralisiertem Kompetenz­

erwerb deutlieh. Es bedarf der expliziten Entseheidung der Untemehmensfiih­

rung und der Einfiihrung entsprechender MaBnahmen, urn Lemgelegenheiten

in die Organisation zu integrieren. Laut DEHNBOSTEL (2001, S. 182) erwies sich

bezogen auf untersehiedliehe Lemgelegenheiten eine Unterseheidung des

Begriffs "dezentrales Lemen" in drei versehiedene Lemformen als sinnvoll: ,---

Arbeitsgebundenes Arbeitsort und Lernort (im engeren Sinn) sind Lernen identisch

Arbeitsverbundenes Lernart und Arbeitsplatz sind zwar voneinander ge-

Lernen lrennt, aber es besteht eine arbeitsorganisatorische und direkte raumliche Verbindung

Arbeitsorientiertes Arbeits- und Lernort slehen in keiner raumlichen oder Letnen arbeitsorganisatorischen Verbindung

1 abo 4.3: Formen dezenlralen Lemens (vgl. DEHNBOSTEL 2001, S. 182)

Arbeitsorientiertes Lernen findet in Institutionen auBerhalb des Betriebs statt,

es zahlt zu den zentralisierten Formen individuellen Kompetenzerwerbs und

ist in einer Form angelegt, den Verwendungszusammenhang der zu entwi­

ekelnden Kompetenz nieht allein auf die Bedingungen am Arbeitsplatz auszu­

riehten. Arbeitsverbundenes Lemen verlauft parallel zum Wertsehiipfungs­

prozess, arbeitsgebundenes Lemen ist Bestandteil des Wertsehiipfungs­

prozesses. Ais dezentralisierte Formen individuellen Kompetenzerwerbs £0-

kussieren sie im Gegensatz zu zentralisierten Formen auf die konkret vorfind­

baren Bedingungen am Arbeitsplatz.

Lehr-Lem-Arrangements parallel zum Wertschiipfungsprozess sind Einrieh­

tungen wie Lemstatt, Leminsel, Qualitatszirkel und Projektgruppen, die ihren

Page 106: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 91

Ursprung zum Teil schon in den 70er Jahren haben (vgl. ANTONI 1996;

DEHNBOSTEL, HOLZ, NOVAK & SCHEMME 2001, S. 7). Projektgruppen und Qua­

litatszirkel verfolgen allerdings nur in zweiter Linie Lernzwecke, da es in Pro­

jektgruppen zunachst und vorrangig um die Abwicklung eines Vorhabens

geht und bei Qualitatszirkeln in der Regel um die Verbesserung von Prozessen

der Abwicklung von Arbeitsvorgangen. Lernstatt und Leminsel sind hingegen

MalSnahmen, deren vorrangiges Ziel es ist, Lemprozesse zu ermoglichen (vgl.

DEBENER & SIEHLMANN 1992, S. 279f£'). Damit hangt zusammen, dass in diesen

Kontexten a priori ein fur Lemprozesse notwendiger Freiraum vorgesehen ist,

der sich beispielsweise im Fehlen eines unmittelbaren Produktivitatsdrucks

niederschlagt. Produktionsprozesse, die aus dem herkommlichen Wertschop­

fungsprozess ausgelagert sind, unterliegen nicht der normalen Arbeitstaktfre­

quenz. AulSerdem ist kompetenter Rat fur Ruckfragen verfugbar und die

Moglichkeit, Fehler zu begehen, ist vorgesehen, damit entsprechende Konse­

quenzen fur die Lemenden anschaulich nachvollziehbar sind. Auffallig ist je­

doch, dass solche Lehr-Lem-Arrangements hauptsachlich in Zusammenhang

mit der beruflichen Erstausbildung thematisiert werden und Weiterbildung

allenfalls eine beilaufige Rolle spielt (vgl. DERRIKS 2001; DYBOWSKI U.A. 1999, S.

224f£').

In den genannten Lemeinrichtungen Lemstatt und Leminsel steht kooperati­

yes Lemen irmerhalb einer Lemgruppe im Vordergrund. Daraus ergibt sich,

dass die Lemenden sowohl auf fachlichem Gebiet als auch in uberfachlichen

Bereichen gefordert und gefordert werden. "Dabei bezieht sich das Gruppen­

lemen auf fachliche, soziale und methodische Inhalte, die in unterschiedlicher

Weise an die Situation und Prozesse der Gruppe, die jeweiligen Arbeitsaufga­

ben sowie Arbeitsumgebung gebunden sind" (DEHNBOSTEL 1995, S. 73).

Speziell eingerichtete, yom regularen Geschaftsbetrieb abgekoppelte Lehr­

Lern-Arrangements weisen den Vorteil auf, dass sie als explizite Lerngelegen­heiten ausgewiesen sind und eben - wie schon bemerkt - primar Lemzwecken

folgen. Aile Akteure irmerhalb der Lehr-Lem-Arrangements teilen - so ist an­

zunehmen - eine Lern- oder eine Lehrintention, Lemende konnen daher davon

ausgehen, dass aile (moglicherweise auch widerspruchlichen oder kontrapro­

duktiv erscheinenden) Sachverhalte und Aktivitaten ihr Lemen anregen sollen

und eventuelle Fehlhandlungen und Fehlentscheidungen keine ernsthaften

Konsequenzen nach sich ziehen wurden. Letzteres ist gerade in Zusammen­

hang mit komplexen Problemsituationen, die ja didaktischer Bestandteil von

Page 107: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

92 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Lehr-Lern-Arrangements sind, von enormer Bedeutung fiir explorative Lern­

handlungen. Denn auch Lernhandeln erfolgt unter Antizipation erwarteter

Vor- und Nachteile, so dass die Befiirchtung schwerwiegender Konsequenzen

aus Fehlhandlungen im Lemprozess zu resignativer Passivitat anstelle der ei­

gentlich intendierten aktiven Auseinandersetzung mit dem Problem fiihren

wiirde (vgl. DORNER 1998, S. 292).

1m Gegensatz hierzu erscheint arbeitsgebundenes Lemen problematischer:

Zwar steht auch dabei beziiglich individueller Kompetenzentwicklung Lemen

in der Arbeitsgruppe im Vordergrund, allerdings sollen die Lemprozesse in

die Abwicklung der normalen, effektivitatsorientierten Arbeitsablaufe einge­

bunden sein. Lernhandlungen konnen - sofem sie nicht unmittelbar produktiv

sind - in Konkurrenz zu direkt wertschopfenden Arbeitshandlungen stehen

und dann die Arbeitsleistung der Gruppe beeinflussen. Damit angesichts die­

ser Konkurrenz dem Lemen iiberhaupt Akzeptanz entgegengebracht wird,

bedarf es u.a. der Offenheit gegeniiber "Lempausen" und ihrer entsprechen­

den Anerkennung. "In diesem Sinne ist als eine gemeinsame Vision fiir eine

Lemkultur zu pladieren, in der Lemen ein iiberdauemder ProzeE ist ... und

sowohl von den Mitarbeitem als auch yom Untemehmen positiv bewertet und

entspreehend engagiert praktiziert wird" (REINMANN-RoTHMEIER & MANDL

2001, S. 197).

Soweit ist eine erste organisationale Voraussetzung fiir die Ermoglichung de­

zentralen Lemens beschricben. Eine zweite Voraussetzung besteht darin, dass

das Arbeitsfeld Lemgelegenheiten enthalten muss, d.h. es miissen Anregun­

gen vorhanden sein, welche die Beschaftigten zu intentional en oder impliziten

Lernhandlungen veranlassen. Dazu bedarf es zum einen einer Herausforde­

rung (einer Problemsituation), die von den Beschaftigten in der Gruppe (oder

alleine) bewaltigt werden soli, sowie geeigneter Hilfsmittel und ausreichend

Freiraum, die den Besehaftigten die Bewaltigung und Lemhandlungen er­

moglichen. (Die neueren Organisationskonzepte sehen ganzheitliehe Aufga­

benzusehnitte vor, so dass diese Bedingung insoweit als erfiillt angesehen

werden kann - zumindest gemaE der Programmatik.) Zwar sind modem

strukturierte Arbeitsorganisationen nieht durch rigide Arbeitsanweisungen

geregelt, allerdings konnen Lernaktivitaten aueh mittels ehrgeiziger Leis­

tungsvorgaben oder Zielvereinbarungen beeintrachtigt werden.

Page 108: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 93

Eine dritte Voraussetzung fiir die Ermoglichung dezentralen Lemens steht in

engem Zusammenhang mit der Frage, wie innerhalb der Arbeitsorganisation

mit Fehlem umgegangen wird. Komplexe Problemsituationen, wie sie in den

neueren Organisationskonzepten eigentlich als strukturbildend vorgesehen

sind, zeichnen sich zum einen dadurch aus, dass es keine alleinig richtige Lo­

sung gibt, sondem eine Vielzahl von Losungen mit unterschiedlichen Konse­

quenzen moglich ist. Zum anderen erhoht sich dadurch die

Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer gewahlten Losungsaltemative mindes­

tens eine andere gegeben hatte, die bei einem anderen jeweils wahlbaren Be­

urteilungskriterium besser gewesen ware. Es ist kaum denkbar, dass sich eine

Losung als optimal erweist; eher wahrscheinlich ist es, dass sich immer noch

bessere Altemativen nachweisen lassen. Die Frage im Zusammenhang mit der

Ermoglichung von Lemprozessen besteht nun darin, wie mit belegbar subop­

timalen Losungen in einem betrieblichen Urnfeld umgegangen wird, das in

der Tradition betriebswirtschaftlicher Modelle einer permanenten Steige­

rungslogik folgt (vgl. hierzu SEIDEL 1994, S. 151ff.).

Das wirft die Frage nach der innerbetrieblichen Kultur im Umgang mit Feh­

lem auf, zum einen in Hinblick darauf, wie im Urnfeld sich permanent wan­

delnder Verhaltnisse "Schutzwissen", d.h. Wissen dariiber, welches Handeln

vermieden werden soll, aufbauen lasst (vgl. OsER & SPYCHER 2000). Zum ande­

ren in Hinblick darauf, dass die Moglichkeit, Fehler zu begehen und als Lem­

chancen wahrzunehmen, "erlaubt" sein sollte, urn den Beschaftigten (gerade

exploratives) Lemen im Arbeitsvollzug zu gestatten.

Zu diesen organisationalen Voraussetzungen, die dezentrales, arbeitsgebun­

denes Lemen erst ermoglichen oder behindem, kommen Voraussetzungen

seitens der Beschaftigten hinzu, damit sie diese Bedingungen entsprechend

nutzen konnen. Epistemische Oberzeugungen der Beschaftigten spielen fiir

die Wahmehmung einer Situation als Lemgelegenheit eine ma15gebliche Rolle. Empirische Befunde belegen, dass sowohl das prinzipielle Erfassen einer Situ­

ation als passende Gelegenheit, Lernaktivitaten zu initiieren, als auch die

Qualitat des resultierenden LemerfoIgs yom Denken dariiber beeinflusst wird,

wie Lemen zu geschehen hat. Ebenso spielt die Oberzeugung der Beschaftig­

ten eine Rolle, zu welchen Gelegenheiten und in welchem Urnfeld gelernt

werden kann (vgl. JACOBSON & SPIRO 1994; SCHOENFELD 1988; SCHOMMER

1990; im Uberblick GRUBER 1999, S. 167 ff.). "In Abhangigkeit von der episte­

mologischen Uberzeugung, die Lemende selbst besitzen, werden diese auch

Page 109: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

94 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter

ihr eigenes Lemen konzipieren und unterschiedliche Wege zum Kompetenz­

erwerb einschlagen" (GRUBER 1999, S. 168). In der Literatur werden folgende

Dimensionen epistemischer Uberzeugungen diskutiert:

• QueUe des Wissens: Wird Wissen von Autoritaten ubermittelt oder erwirbt

man Wissen uber Argumentation und Beweisfuhrung?

• Strnktur des Wissens: Besteht Wissen aus isolierten Informationseinheiten

oder ist es in vemetzten Strukturen organisiert?

• Gewissheit von Erkenntnis: Kann Wissen den Status absoluter Gewissheit

erreichen oder entwickelt es sich standig weiter?

• Lerngeschwindigkeit: Geschieht Lemen schnell oder allmahlich?

• Lernsteuerung: 1st Lernfahigkeit eine angeborene und stabile Eigenschaft

oder kann sie sich im Lauf der Zeit entwickeln und verandem?

Vier dieser funf Dimensionen konnten faktorenanalytisch bestatigt werden,

die Dimension QueUe des Wissens wurde wieder verworfen (vgI. SCHOMMER

1998, S. 130). Die verbleibenden vier Dimensionen von Uberzeugungen beein­

fIussen Lemen und Verstandnis insofem, als beispielsweise Personen mit der

Oberzeugung, Lemen ginge schnell, eher zu Ubervereinfachungen neigen und

schlechte Transferleistungen erzielen (vgI. GRUBER 1999, S. 169). Die Oberzeu­

gung, Wissen sei in abgeschlossenen Einheiten reprasentiert, korreliert mit

Schwierigkeiten beim Verstandnis komplexer Texte (vgI. SCHOMMER 1998, S.

137). Allerdings sind bislang lediglich solche Partialzusammenhange belegt;

Schommer selbst hat erst kurzlich darauf hingewiesen, dass die Effekte kom­

binierter Uberzeugungsauspragungen ebenso ungeklart sind wie die Frage, ob

einzelne Dimensionen in Konkurrenz zueinander stehen (vgI. SCHOMMER­

AIKINS 2002, S. 116f.).

BAXTER MAGOLDA (2002) weist in einer langsschnittlich angelegten Studie bei

ihren Versuchspersonen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren eine Verande­

rung epistemischer Uberzeugungen nach, woraus geschlossen werden kann,

dass die Lembiographie ebenso wie der Arbeitskontext einen Einfluss auf die

epistemischen Uberzeugungen Beschaftigter haben. Wenn das Wissen urn die

Auswirkungen epistemischer Oberzeugungen auf Lemerfolg bislang auch auf

Einzelzusammenhange beschrankt ist, so kbnnen sie fur die betriebliche Bil­

dungsarbeit doch aufschlussreich sein: Eine padagogische Intervention zum

Zweck der Veranderung solcher Uberzeugungen (z.B. Lemen ginge schnell),

die in Korrelation zu schlechten Transferleistungen festgestellt werden kbn-

Page 110: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 95

nen, kann als Aufgabe ftir die betriebliche Bildungsarbeit angesehen werden,

wenn man die Theorie von der Wirkung epistemischer Oberzeugungen teilt.

Nach BAXTER MAGOLDA (2002), die sich auf das konstruktivistische Lehr-Lem­

Paradigrna bezieht, sind epistemische Oberzeugungen Resultat einer sozialen

Konstruktion. Die beschreibt sie als einen Prozess basierend auf anfanglichen

epistemischen Oberzeugungen, Dissonanzerfahrungen in der Begegnung mit

anderen Individuen und dem Kontext, in dem die Dissonanzen auftreten (vgl.

5.91). Folglich k6nnen Bildungsarbeit und Arbeitsorganisation, sofem sie Dis­

sonanzen zu inadaquaten Oberzeugungen erzeugen und deren Reflexion mit

anderen unterstiitzen, lem- und transferf6rdemd gestaltet sein. Unter dieser

sozial-konstruktivistischen Perspektive wird die Veranderung epistemischer

Oberzeugungen als kooperatives Lemen in der Arbeitsgruppe beschrieben,

das vermutlich nicht von allen Beschaftigten gleich gut bewaltigt wird. Koope­

ratives Lemen bereitet jedoch selbst in geschtitzten Lernraumen wie z.B. der

Hochschule bei geiibten Lemenden (Studierenden) Probleme (vgl. z.B.

GALLENBERGER, GRUBER, HARTEIS & STAMOULI 1999, S. 62f.), urnso schwieriger

diirfte das (m6gIicherweise nicht lemgewohnten) Beschaftigten im Kontext

ihrer alltaglichen Arbeit fallen. Die ausreichende Vorbereitung der Beschaf­

tigten auf kooperatives Lemen ist einerseits Aufgabe der betrieblichen Bil­

dungsarbeit und andererseits geh6rt es auch zum Auf trag betrieblicher

Organisationsentwicklung, eine Praxis gemeinsamen Umgangs zu etablieren,

die Lernschwacheren kompensatorische Unterstiitzung leistet.

4.2.1.3 Zusammenfassung der individuellen Perspektive

Bei der Diskussion der individuellen Perspektive wurde in betriebliche Wei­

terbildung als zentralisierte Form individuellen Kompetenzerwerbs und in

Lemen am Arbeitsplatz als dezentralisierte Form individuellen Kompetenz­

erwerbs unterschieden. Die padagogische Relevanz dieser Unterscheidung wurde damit begriindet, dass bei der zentralisierten Form individuellen Kom­

petenzerwerbs der Verwendungszusammenhang der zu erwerbenden Kom­

petenz tiber die konkreten Bedingungen des Arbeitsplatzes hinausgehen (und

dies wom6glich auch in einem Bildungskanon gefordert sein) kann. Die Be­

sonderheit der dezentralisierten Form individuellen Kompetenzerwerbs liegt

gerade in der Fokus,ierung des Verwendungszusammenhangs auf die kon­

kret vorfindbaren Bedingungen am Arbeitsplatz.

Page 111: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

96 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Bei der zentralisierten Form individuellen Kompetenzerwerbs wurde vor dem

Hintergrund schwer prognostizierbarer zukunftiger Problemstellungen darauf

hingewiesen, dass die Einteilung von Wissen und individueller Kompetenz in

eine Binarkategorisierung "richtig" und "falsch" nicht nachvollziehbar er­

scheint, sondem eine pragmatische Anschauung tiber das Wesen von Wahr­

heit und Wirklichkeit angemessener ist. Genau dann kann sich das Potenzial

einer nicht auf enge Verwendungszusammenhange fokussierten Bildungsar­

beit entfalten. Dies erscheint aber in einer an kurzfristigen Verwertungsinte­

ressen orientierten Arbeitsorganisation kaum denkbar. Damit sind

organisationale Bedingungen als Voraussetzungen fur die Untersrutzung in­

dividuellen Kompetenzerwerbs in zentralisierter Form betrieblicher Weiter­

bildung beschrieben worden.

Bei der dezentralisierten Form individueller Kompetenzentwicklung wurde

darauf hingewiesen, dass die organisationalen Bedingungen zum einen uber­

haupt den Spielraum fur Lernhandlungen eroffnen muss und zum anderen

ein Umgang unter den Beschaftigten etabliert sein muss, der kooperative

Lemprozesse untersrutzt.

Es wurde gezeigt, dass auf individuellen Kompetenzerwerb ausgerichtete Bil­

dungs- und Entwicklungsarbeit nicht alleine auf die individuelle Ebene der

Beschaftigten fokussiert sein kann, sondem nur in Zusammenhang mit der

Ebene der organisationalen Bedingungen betrachtet werden kann, urn Aus­

sicht auf Erfolg zu gewiihrleisten.

4.2.2 Organisationale Perspektive

Schon bei der Beschreibung der Anforderung an betriebliche Bildungsarbeit

aus der individuellen Perspektive wurden Gesichtspunkte angefuhrt, die

letztlich auf die Ausgestaltung der Arbeitsorganisation abzielen. Sie gel ten

daher auch fur diesen Abschnitt uneingeschriinkt und bedurfen hier keiner neuerlichen Ausfuhrung. Aus organisationaler Perspektive lassen sich aber

noch weitere Sachverhalte diskutieren.

Vorstellungen von Untemehmen als Organisationen lemender und problem­

b<>waltigender Arbeitsgruppen £inden ihren Niederschlag in zahlreichen neue­

ren beru£spadagogischen Veroffentlichungen, von denen hier nur ein eher

exemplarischer als umfassender Ausschnitt vorgestellt werden kann. In je-

Page 112: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschiiftigter 97

weils unterschiedlichen Facetten werden dabei die wichtigsten Tendenzen

aufgegriffen und auf Fragen des individuellen Kompetenzerwerbs im Zu­

sammenhang mit der beruflichen Arbeitstatigkeit zugespitzt.

So greift DUBS (1998) beispielsweise das in den letztenJahren in der Lehr-Lem­

Forschung zunehmend populare konstruktivistische Paradigma auf und skiz­

ziert in Abgrenzung zu einem tradierten betriebswirtschaftlichen Paradigma

der Untemehmensstrukturierung ein am Konstruktivismus orientiertes Para­

digma. Dessen zentrale Bestandteile sind Kompetenznetzwerke und ein funk­

tionierendes Wissensmanagement, in denen dezentrale Lemprozesse im

Arbeitsalltag als die wichtigste Quelle individuellen Kompetenzerwerbs fun­

gieren. Diese stellen die sicherste Form bedarfsgerechten und lebenslangen

Lemens dar, das selbstgesteuert unter Ausnutzung der Organisationsressour­

cen vollzogen wird. Dass dies jedoch eine Aufgabe der Gesamtorganisation

ist, wei! Erfolge sonst nur in Partialstrukturen des Untemehmens auftreten

kbnnen, hebt Dubs explizit hervor: "Viele Untemehmungen versuchen heute,

das organisationale Lemen einzufUhren. Seine Verwirklichung gelingt aber

meistens nicht in umfassender Weise, sondem nur in einzelnen Arbeitsgrup­

pen, in denen das Arbeitsklima gut, der Wille zur Innovation groB und die

Identifikation mit der Untemehmung hoch ist. Dort wo diese Voraussetzun­

gen nicht vorhanden sind und vor aHem dort, wo die Organisation nicht auf

Arbeitsgruppen mit groBen Kompetenzen ausgerichtet sind, scheitert das

Vorhaben des organisationalen Lemens meistens, wei! sich traditionelle Ma­

nagement- und Organisationsstrukturen und organisationales Lemen gegen­

seitig weitgehend ausschlieBen" (DUBS 2000, 5.105).

Was die organisationale Ermbglichung selbstgesteuerter Lemprozesse betrifft,

etablieren sich in Bildungsabtei!ungen gerade durch die (vermeintlichen) Po­

tenziale neuer Medien groBe Hoffnungen, die sich in Schlagworten vom

"Learning on Demand" und "Just-in-Time-Leaming" niederschlagen (PETROVIC U.A. 1998). In diesen Phrasen finden Prinzipien betrieblicher Re­

strukturierung ihren Niederschlag, die auf eine Reduktion der Geschaftspro­

zesse auf die direkt wertschbpfenden Vorgange setzen. An den prinzipiellen

Konflikt zwischen der auf Kurzfristigkeit ausgerichteten "On Demand" und

Just-in-Time" -Strategie einerseits und der auf Langfristigkeit individueller

Kompetenzentwicklung bauenden Strategie andererseits hat HARTEIS (2000b)

erinnert; ihre Attraktivitat verlieren derartige Kurzfriststrategien vor aHem

vom Standpunkt der Untemehmensleitungen aus jedoch nicht. Die Idee be-

Page 113: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

98 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

steht darin, dass Beschaftigte mit Hilfe neuer Medien im Kontext ihrer alltagli­

chen Arbeit genau (und nur) das schnell und kostengtinstig lemen, was sie im

aktuellen Arbeitsalltag beniitigen. Damit ware erstens eine auf individuelle

Qualifizierungsbedtirfnisse abgestimmte und zweitens eine primar auf den

betrieblichen Bedarf ausgerichtete Bildungsarbeit miiglich. Drittens liefSen sich

die Kosten ftir diese Bildungsbemiihungen auf ein Minimum reduzieren, da

die direkten Kosten sich auf die Infrastruktur und Software beschranken wtir­

den und die indirekten Kosten nahezu viillig eingespart werden kiinnten. Die

Einschrankung finanzieller Aufwendungen und Bildungsaktivitaten auf un­

mittelbar notwendige (oder von den Beschaftigten als notwendig wahrge­

nommene) MafSnahmen und die Dezentralisierung der Entscheidung dariiber,

wann was geIemt werden solI, foIgt exakt den Leitgedanken neuerer Organi­

sationskonzepte. 1m Lichte bildungsiikonomischer und investitionstheoreti­

scher Modelle erscheinen diese Bildungsstrategien aIs rational, denn bei der

Betrachtung von BiIdungsaufwendungen aIs Investitionen eroffnet sich ein

schwerwiegendes Dilemma. Solche Investitionen sind namIich Aufwendun­

gen, die in Erwartung auf einen zeitIich enorm (und moglicherweise Jahre um­

fassenden) verziigerten Nutzen getatigt werden. Arbeitsrechtlich hingegen

besteht keine MiigIichkeit (und aufgrund etwaiger betrieblicher Verpflichtun­

gen vermutlich auch gar nicht der Wunsch der Untemehmen), Beschaftigte

tiber einen Iangen Zeitraum hinweg zu binden. In Bezug auf BiIdungsmafS­

nahmen erscheint eine investitions- und bildungsiikonomische Betrachtungs­

weise genau die genannten "schIanken" Bildungsstrategien nahe zu legen. Da

aber erschwerend hinzu kommt, dass "ein groger Teil des zuktinftigen Ertra­

ges ... betriebswirtschaftlich nicht annahemd megbar ist, sondem Iediglich in

verhaltenswissenschaftlichen und bildungstheoretischen Kategorien beschrie­

ben werden kann" (BARDELEBEN & BEleHf 1996, S. 24), ist diese kurzfristig an­

gelegte Perspektive auf betriebliche Bildungsarbeit fragwtirdig.

Somit wird also unter einer organisationaIen Perspektive eine ahnliche Vor­

aussetzung ftir die Unterstiitzung individuellen Kompetenzerwerbs identifi­

ziert wie dies schon unter der individuellen Perspektive der Fall war: "Das

Konzept qualifizierender Arbeitsgestaltung kann nicht IosgeIost von den

Strukturen und Prozessen der Organisation oder des Untemehmens insgesamt

betrachtet werden. Eine auf Qualifizierung ausgerichtete, Iangfristig erfolgrei­

che ArbeitsneugestaItung bedingt eine grundlegende Veranderung der Orga­

nisationskuItur. Dabei geniigt es nicht, mit Schlagworten wie Kundenorientie-

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Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 99

rung, QualitatsbewulStsein, Flexibilitat, Innovationsbereitschaft usw. durch­

setzte Untemehmensleitbilder zu entwickeln, die der neuen Organisations­

kultur Ausdruck geben sollen. Vielmehr verstehen wir unter Kultur aIle

Techniken und Technologien, Organisationsformen sowie Wert- und Normen­

systeme, die uber Lemprozesse kollektiv vermittelt werden, d.h. das System,

das das erfolgreiche Uberieben der Organisation angesichts der spezifischen

Herausforderungen der naturlichen, sozialen und wirtschaftIichen Umwelt

gewahrleisten soIl" (FRE! U.A. 1993, S. 6f.). Hier wird die Organisation als die

fur die Unterstutzung individuellen Kompetenzerwerbs zentrale Instanz ex­

plizit benannt, da sie einerseits aIle Hilfsmittel fur Lemprozesse bereitstellen

muss und da sich durch sie ein lernforderliches Klima etablieren muss, das

sowohl Freiraume fur das Lemen als auch eine Kultur der Kooperation und

gegenseitigen Unterstutzung beinhalten muss, urn den Anforderungen der

Organisationsprogrammatiken gerecht zu werden.

1m Vergleich der individuellen und organisationalen Perspektive zeigt sich,

dass im Zuge der jungeren Entwicklungen mehr und mehr von einer unab­

dingbaren Verzahnung von betrieblicher Bildungsarbeit und betrieblicher Or­

ganisationsentwicklung auszugehen ist: Das eine macht ohne das andere

wenig Sinn. Darin ist impliziert, dass einerseits die individuelle Kompetenz­

entwicklung Beschaftigter mit der Entwicklung der Organisation bzw. des

Untemehmens in Zusammenhang steht und umgekehrt genauso die betriebli­

che Organisationsentwieklung Belange individueIIer Kompetenzentwicklung

Beschaftigter zu berucksichtigen hat.

4.3 Erziehungswissenschaftliche Bewertung der Entwicklung betrieblicher Arbeitsorganisation

Eine der Hauptaufgaben erziehungswissenschaftlicher Forschung besteht in der kritischen Analyse und Reflexion von Erziehungs- und Bildungsfragen

(vgl. TENORTH 1999, S. 61; ZABECK 1992, S. 20). 1m Zusammenhang mit der

Frage nach dem Stellenwert individueller Kompetenz Beschaftigter im Rah­

men betrieblicher Arbeitsorganisation werden fur erziehungswissenschaftliche

Forschungsarbeiten die Voraussetzungen und Bedingungen flir die Verwer­

tung individueIIer Kompetenz im Beschaftigungssystem relevant, urn diese als

Gegenstand der Reflexion und kritischen Analyse beruflicher Bildungspraxis

zu betrachten. Aus der Sieht von Beschaftigten (als Adressaten beruflicher

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100 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Kompetenzanforderungen) ist eine Realisierung des Nutzens ihrer individu­

ellen beruflichen Kompetenz genau dann moglich, wenn diese Kompetenz im

Kontext des betrieblichen Alltags eingebracht und verwertet werden kann.

Der betriebliche Alltag als Ort der Anforderungen der Arbeitswelt ist jedoch

keine objektiv gegebene Realitat, sondern "ein soziales Definitions-, Bewer­

tungs-, Entscheidungs-, Erwartungs- und Sanktionssystem, in dem empirisch­

explikative Einschatzungen und Bewertungen individueller, sozialer und

technisch-organisatorischer Tatbestande ... institutionalisiert sind" (HElD 1977,

S. 838, Herv. LO.). In bildungspolitischen Argumentationszusammenhangen

wird die Entscheidungsabhangigkeit vorfindbarer Arbeitsrealitaten zumeist

ignoriert und somit die Notwendigkeit ihrer Rechtfertigung ausgeblendet. Die

Analyse soIcher Wechselbeziehungen zwischen Beschaftigungs- und BiI­

dungssystem stellt eine Aufgabe erziehungswissenschaftlicher Forschung dar.

1m dritten Kapitel und im Abschnitt 4.1 wurde als gemeinsamer Kern der neu­

eren Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation die individuelle Kompetenz

der Beschaftigten als Grundlage der Bewaltigung von Unsicherheit und Wan­

del herausgearbeitet. Ais wichtigste Anforderungen wurden genannt:

(a) Ein hohes MaB an Kompetenzanforderungen, das eine Fiille an Fachwissen

ebenso beinhaltet wie fachiibergreifende Fahigkeiten (z.B. Problemlosefa­

higkeit).

(b) Den Beschaftigten wird ein hohes MaB an Selbststandigkeit und Verant­

wortungsbereitschaft abverlangt.

(c) Die sogenannten "Soft-Skills" erfahren eine deutliche Aufwertung, indem

darauf verwiesen wird, dass teamorientierte Arbeitskonzepte von der sozi­

alen Kompetenz der Gruppenmitglieder getragen wird. In diesem Zusam­menhang wird auch von "Emotionaler Intelligenz" gesprochen (GOLEMAN 1999).

(d) Nicht zuletzt wird die Bedeutung der Fahigkeit und Bereitschaft zu selbst-

standigem lebenslangen Lemen betont.

Die Erfiillung dieser Anforderungen ist voraussetzungsreich, gerade in Hin­blick darauf, dass die Entwicklung entsprechender Fahigkeiten auch im all­

taglichen Arbeitsprozess ermoglicht werden solI (vgl. Kap. 4.2). So bedarf

beispielsweise der Erwerb komplexer Fahigkeiten im Lichte des aktuellen For­

schungsstandes aus der Lehr-Lern-Forschung eines gewandelten Verstandnis­

ses von Lehr-Lern-Prozessen, in denen Lemen nicht mehr als einseitige

Page 116: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 101

Aktivitat von Lehrenden zu Lemenden gesehen wird, sondern Lehrende und

Lemende als wechselseitig agierende Mitglieder einer Lemgemeinschaft gel­

ten (vgl. GERSTENMAJER & MANDL 1999, S. 184; GRUBER 2000b, S. 38ff.). Die In­

struktion der Lehrenden wird zugunsten einer Konstruktion von Wissen der

Lemenden durch eine Auseinandersetzung mit authentischen Problemen zu­

ruckgenommen. Lemen wird demnach "nicht lediglich als reiner Wissenser­

werb begriffen, sondem als ein ProzeB der Enkulturation in eine ,community

of practice'" (SONNTAG, STEGMAIER & JUNGMANN 1998, S. 330). Die aktive Be­

teiligung der Lemenden ist nur uber ein ausreichendes MaB an Motivation zu

erreichen, die es in der konkreten Arbeitssituation zu entwickeln gilt.

Parallel zu den Entwicklungen der Strukturierung betrieblicher Arbeitsorgani­

sation hat der erziehungswissenschaftliche Diskurs um eine padagogische

Bewertung des Verhaltnisses betrieblicher Kompetenzverwertungsinteressen

einerseits und individueller Entwicklungsperspektiven andererseits die Dis­

kussion neu belebt. Sie lassen sich auf zwei gegensatzliche Positionen zuge­

spitzt kontrastieren, namlich das Paradigma der Divergenz versus das

Paradigma der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien be­

trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung. Wahrend noch bis in die

70er Jahre mehrheitlich der Standpunkt geteilt wurde, demzufolge okonomi­

sche und padagogische Prinzipien unvereinbar erschienen und von deren Di­

vergenz ausgegangen wurde, so scheint es so, als ob in der jungeren

Vergangenheit die Vertreter der Konvergenzthese die Diskussion bestimmen

wurden. Beide Standpunkte werden im Folgenden kurz dargestellt.

4.3.1 Paradigma der Divergenz

Die Divergenzbehauptung wird entweder aus einem bildungstheoretischen

oder einem prograrnrnatisch-normativen Standpunkt heraus gerechtfertigt.

Die bildungstheoretische Begrundung der Divergenzbehauptung nimmt auf

die "Reinheit" der Menschenbildung Bezug, die gerade nur in strikter Tren­

nung von jeglichen Verwertungsinteressen und darum erst recht in Distanz zu

den beruflichen Kompetenzanforderungen realisierbar erscheint (vgl. MENZE

1977, S. 80f£.). "Die Arbeit, notwendige Bedingung des Menschseins, fuhrt

selbst zu einer Beschrankung der Menschwerdung" (MENZE 1970, S. 170). In

der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts wurde diese Auffassung eines huma-

Page 117: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

102 Die Bedeutung individuelJer Kompetenz Beschiiftigter

nistischen Bildungsbegriffs weniger von Padagogen als vielmehr und vor al­

lem von Vertretem des Burgertums aufgegriffen, die durch Industrialisierung

und aufkommendes Klassenbewusstsein ihre gesellschaftliche Vormachtstel­

lung gefahrdet sahen (vgl. MENZE 1966, S. 424f.). "Je weniger die politisch­

gesellschaftlichen Verhaltnisse das Versprechen einlosten, durch die Bildung

der Einzelnen den Fortschritt der Gesellschaft als Ganzes zu befOrdem, urn so

hartnackiger wurde der Gedanke einer Zweckbindung der Bildung verpont"

(BLANKERTZ 1969, S. 51).

Die aktuellere Form der Divergenzbehauptung stellt die programmatische

Unterscheidung von "Bildung" und "Qualifikation" dar (vgl. z.B. KADE 1983;

KELL 1991, S. 162 ff.), die im Prinzip die bildungstheoretische Argumentation

in Analogie fortsetzt. Der ersten Groge werden berufliche "Mundigkeit", der

zweiten berufliche "Tuchtigkeit" zugeschrieben, worin eine implizite Wert­

hal tung zum Ausdruck kommt, die den Bildungsbegriff uber den der Qualifi­

kation erhebt. Ohne eine konkrete Darlegung dessen, was konkret-inhaltlich

soiche Wissensbestande, die als Bildung zu bezeichnen waren, von soichen

abgrenzt, die als Qualifikation anzusehen waren, fuhrt KADE (1983) aus: "Ori­

entiert man berufliches Lemen an einem ... Konzept gesellschaftlicher Arbeit

und nicht mehr allein am Beruf bzw. der Erwerbsarbeit Lohnabhangiger ... , so

lagt sich begrunden, dag die Bildungsaufgabe im Vergleich zur Qualifikati­

onsaufgabe nicht nur Vergangenheit ist, sondem dag Bildung, gerade auch

durch ihren Widerspruch zur Qualifikation, Zukunft hat .... Denn wahrend die

Qualifikationsaufgabe ihr Zentrum im Bereich marktbezogener individueller

Arbeit hat, verlangt der Bereich sozialintegrierter individueller und kollektiver

Eigenarbeit ... die Orientierung an der individuellen Entwicklung als einem

BildungsprozeB" (5. 871). Zwei Implikationen liegen dieser Argumentationen

zugrunde, die einer kritischen Prufung moglicherweise nicht standhalten: (1.)

Es scheint klar, unstrittig, vielleicht sogar "objektiv" begrundet zu sein, welche

Erkenntnisse und Wissensbestande der Qualifikation und welche der Bildung

zuzurechnen sind. (2.) Qualifikation scheint eine Kategorie zu sein, die mit

Bildung unvereinbar ist. Vollig auger acht bleibt, dass dasjenige kognitive,

emotionale und motivationale Potenzial, das eine Person in ihrer Lebenswelt

(und speziell in ihrem beruflichen Alltag) als kompetent auszeichnet, sowohl

unter der Perspektive marktbezogener individueller Arbeit (Qualifikations­

perspektive) als auch unter dem Blickwinkel sozialintegrierter Eigenarbeit

(Bildungsperspektive) betrachtet und beurteilt werden kann. Insofem ein

Page 118: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 103

Mensch im Kontext seiner sozialen Umgebung und in der Verfolgung selbst­

gesetzter Ziele und Interessen begriffen wird, hat "Bildung" als Einsatz indi­

vidueller Hihigkeit (und Kompetenz!) stets auch Anwendungs- und somit

Verwertungsbezug. Individuelle Kompetenz wird in diesem Sinne zur Verfol­

gung individueller Ziele verwertet. Qualifikation als Verwertung individueller

Kompetenz (auch) zur Verfolgung externaler Ziele (irn Betrieb) unterscheidet

sich unter dieser Perspektive nur irn Blickwinkel der Betrachtung. Mithin ist

die Unterscheidung von "Bildung" und "Qualifikation" - zumindest in Bezug

auf konkrete Personen - Resultat unterscheidbarer Zuschreibungen eines Bet­

rachters auf der Basis von dessen individuellen Oberlegungen. Ob und wie

weit die "Bildung" oder "Qualifikation" einer betrachteten Person mit unter­

schiedlichen kognitiven, emotionalen oder motivationalen Momenten dieser

Person in Zusammenhang stehen, bleibt offen. Wenn nun aber die Unter­

scheidung von "Bildung" und "Qualifikation" nur durch eine unterscheidbare

Zuschreibung zustande komrnt, kann nicht plausibel argumentiert werden,

weshalb "Bildung" nur in Distanz zu Verwertbarkeitsgesichtspunkten erlangt

werden kann. Daher ist die Divergenzbehauptung auf dieser Basis in Frage zu

stcllen.

4.3.2 Paradigma der Konvergenz

Die Begriindung der Konvergenzthese beinhaltet in der Regel einen Verweis

auf Veranderungen in der Organisation betrieblicher Arbeit (vgl. z.B. BAETHGE

& OBERBECK 1986; BEYER, FEHR & NmZINGER 1994; KERN & SCHUMANN 1984a;

PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996). Hervorgehoben werden hauptsachlich

die im dritten Kapitel beschriebenen Aspekte der Dezentralisierung der Ver­

antwortlichkeit fiir betriebliche Aufgabenerfiillung, (im Zusamrnenhang da­

mit) des Abbaus hierarchischer Strukturen, der Verlagerung der Zustandigkeit fur Planung und Kontrolle an die ausfiihrenden Arbeitspliitze und nicht zu­

letzt partizipativer Fiihrungskonzepte.

ACHTENHAGEN (1990) leitet seine Konvergenzannahme aus der Feststellung

ab, dass "gerade in fiihrenden Unternehrnen die Bedeutung von Lernprozes­

sen hervorgehoben" (S. VII) werde, weil ganzheitliche Problem- und Aufga­

benstellungen das Arbeitsleben dort bestimmen wiirden. Das zentrale

Argument von ARNOLD (1995) unterstellt eine "Erosion des Zweckhaft-

Page 119: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

104 Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter

Fachlichen" (5. 5), die auf die neuen Formen betrieblicher Arbeitsorganisation

zUriickgefuhrt werden musse, in denen Wandel und Flexibilitiit andere als

ausschlie1Slich Fachkompetenzen ma1Sgeblich erscheinen lassen (vgl. S. 12ff.).

Deshalb sehen BRATER, BOCHELE, FUCKE & HERZ (1988) "an vielen Stellen die

Anforderungen der Arbeitswelt umschlagen in Anforderungen an die freie

Entwicklung der Persiinlichkeit" (5. 44). Folgt man dieser Auffassung, so nii­

hem sich piidagogische Zielsetzungen wie die individuelle Persiinlichkeits­

entwicklung und iikonomische Zielsetzungen - z.B. die Bereitstellung geistiger

Arbeitskraft - einander an. Diese Anniiherung erscheint durchaus reizvoll und

gerade darin durfte auch der Grund zu sehen sein, weshalb die Konvergenz­

these breite Aufmerksamkeit und wei ten Zuspruch findet.

Allerdings ist diese Position aus zwei Grunden problema tisch:

(1) 5ie stiitzt sich in ihrer Argumentation auf Programmatiken betrieblicher

Arbeitsgestaltung und leitet aus deren Zielvorgaben einen Zustand der

Konvergenz iikonomischer und piidagogischer Prinzipien abo Damit wer­

den die beiden hiichst voraussetzungsreichen und keineswegs trivialen

Gegebenheiten ausgeblendet, dass einerseits diese Programme bei deren

Adressaten Zustimmung finden und in der intendierten Weise interpretiert

werden und andererseits die Adressaten die gewunschten Schlussfolge­

rungen ziehen und die Programme in ihrem Handeln umsetzen.

(2) Es existieren empirische Befunde vor aHem aus der lndustriesoziologie, die

eine weitgehende Verallgemeinerbarkeit der proklamierten Konsequenzen

infolge des Strukturwandels betrieblicher Arbeitsgestaltung in Frage stellen

(z.B. BOCHTER 1998; HARNEY 1994; KOMPACHER 1994). Damit ist der auf

diese Weise vertretenen Konvergenzbehauptung die Grundlage genom­

men.

1m Gegensatz zur Divergenzbehauptung, die aufgrund ihres fragwurdigen

Begrundungszusammenhangs in Zweifel gezogen wurde, bezieht sich die

Kritik an der Konvergenzannahme auf ihre uberwiegende Bezugnahme auf

programmatische Auss~gen. 1m funften Kapitel wird die Kritik an dieser Po­

sition ausgefuhrt und eine alternative Herleitung der Konvergenzbehauptung

vorgestellt.

Page 120: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Die Bedeutung individueller Kompetenz Beschaftigter 105

4.4 Zusammenfassung

1m Abschnitt 4.1 wurde herausgestellt, wie sich im Zuge der Entwicklungen

der Arbeitsorganisation die Funktion Beschaftigter und der Anspruch an de­

ren individuelle Kompetenz gewandelt hat. Wahrend die Vorlaufer moderner

Ansatze Beschiiftigte als Radchen in der Maschinerie des Betriebs verstanden

und deren individuelle Kompetenz weitgehend auBer Acht blieb, wurde mit

den Ansatzen der ersten beiden Rationalisierungswellen die Idee etabliert,

dass die Kompetenz Beschaftigter eine wichtige Ressource fur betriebliche Ar­

beitsablaufe darstellt. Erst jedoch in den neuen Ansatzen werden Beschaftigte

als Individuen betrachtet und deren individuelle Kompetenz wird als unver­

zichtbares Element fur eine erfolgreiche Bewaltigung der Anforderungen eines

sich stetig wandelnden Marktes und Unternehmensumfeldes gesehen. Trotz

aller Verschiedenheit der Ansatze ist die Gemeinsamkeit dahingehend fest­

stellbar, dass die individuelle Kompetenz Beschaftigter eine wichtige Ressour­

ce darstellt. Ausdruck dieses Einvernehmens ist das Aufkommen vielfaltiger

Konzeptionen lernender Organisationen.

Nachfolgend wurden die Auswirkungen fur die betriebliche Bildungsarbeit

dargelegt (Abschnitt 4.2), die sowohl unter Bezugnahme auf die Ebene indivi­

duellen Lernens als auch auf der organisationalen Ebene sehr deutlich zeigen,

dass isolierte EinzelmaBnahmen wenig zielfuhrend fur die arbeitsnahe Ent­

wicklung und F6rderung individueller Kompetenz sind. Vielmehr steht die

betriebliche Bildungsarbeit vor der Aufgabe, in wechselseitiger Verflechtung

von MaBnahmen der Personal- und der Organisationsentwicklung die Ge­

samtheit des Betriebes so zu gestalten, dass gunstige Voraussetzungen fur den

Erwerb und den Einsatz der individuellen Kompetenz der Bescha£tigten herr­

schen.

Somit kommt es zu einer Verzahnung individueller Entwicklungsbemuhun­gen und organisationaler Ansatze und es ist die Grundlage fur die erzie­

hungswissenscha£tliche Debatte urn die Konvergenz 6konomischer und

padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwick­

lung gescha££en. Sowohl die Vertreter der Divergenzannahme als auch die

Ver£echter der Konvergenzbehauptung argumentieren fragwurdig. 1m £01-

genden Kapitel werden die Probleme der Argumente naher aufgezeigt und es

wird mit dem Regensburger Konvergenz-Konzept ein eigener Ansatz vorge­

stellt.

Page 121: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

5 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

Betriebliche Personal- und Organisationsentwicklung sind - wie sich in der

bisherigen Analyse gezeigt hat - als Einheit zu betrachten, wei! Partialbemu­

hungen unter Missachtung jeweils des anderen Feldes wenig Erfolg verspre­

chen. Auf dieser Basis wurde die erziehungswissenschaftliche Debatte urn die

Konvergenz iikonomischer und piidagogischer Zielsetzungen betrieblicher

Personal- und Organisationsentwicklung beschrieben, der griiBtenteils prob­

lematische Argumente zugrunde liegen.

In diesem Kapitel erfolgt eine erste Bestandsaufnahme, indem das bislang Be­

schriebene kritisch sondiert und als Befund aus der Untersuchung der vorlie­

genden Forschungsliteratur und Untemehmensprogrammatik dargestellt

wird. Danach wird mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz iikonomi­

scher und piidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisati­

onsentwicklung ein eigener Ansatz entworfen, urn mit einer empirischen

Oberpriifung die angesprochenen Lucken im Forschungsstand aufzuftillen.

5.1 Bestandsaufnahrne: Kritische Sondierung der beschriebenen Positionen

Dieser Abschnitt dient der Eriirterung und Bewertung des Literatu'rstandes

zur Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisation, zu den Auswirkungen

auf die betriebliche Bildungsarbeit sowie der erziehungswissenschaftlichen

Bewertung im Rahmen der Debatte urn die Konvergenzthese. Die Ergebnisse

einer kritischen Analyse des Literaturstandes lassen sich in folgenden Aspek­

ten zusarnmenfassen:

1, Die Debatte urn die Konvergenz versus Divergenz iikonomischer und pii­

dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisations­

entwicklung entbehrt empirischer Evidenz,

2. Die Begrundungen der Konvergenzbehauptung sind unzureichend, weil sie

deskriptive und normative 5iitze nicht (deutlich genug) auseinander halten.

Page 122: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

108 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

3. Moderne Konzepte betrieblicher Arbeitsgestaltung unterstellen oder pos­

tulieren einseitige Zusanunenhange und vernachliissigen insbesondere die in­

dividuelle Perspektive der Beschaftigten.

4. Die Anforderungen an Beschaftigte sind auf einem hohen Abstraktionsniveau

beschrieben, wodurch ein zu weiter Interpretationsspielraum gegeben ist

und betrachtliche Probleme bei der praktischen Umsetzung zu erwarten

sind.

5. Es bleibt vollig unklar, wie weit Beschaftigte selbst im Zusanunenhang mit

beruflichen Kompetenzanforderungen 6konomische und piidagogische aberle­

gungen gleichermaBen als relevant erachten.

5.1.1 Kritikpunkt 1: Fehlende empirische Evidenz

Auffallig ist, dass zwar eine engagierte Diskussion urn die Konvergenzthese

gefuhrt wird, empirische Untersuchungen zu diesem Themenkomplex jedoch

nicht vorliegen. Eine Ausnahme stellt die Studie von ACHTENHAGEN &

OLDENBURGER (1996) dar, in der jedoch nur eine mittelbare Operationalisie­

rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien erfolgt,

indem Zielvorstellungen im Rahmen betrieblichen Trainings von Vorgesetzten

(aIs Entsendern) einerseits und deren Mitarbeitern andererseits einander ge­

genubergestellt werden. Zumindest in kundenorientierten Dienstleistungsun­

ternehmen konnte eine Ubereinstinunung von Vorgesetzten und Mitarbeitern

dahingehend gefunden werden, dass beide Seiten mit der Entsendung zu bzw.

Teilnahme an betrieblichen TrainingsmaBnahmen sowohl eine Starkung der

Funktionalitat aIs auch eine Weiterentwicklung der individuellen Personlich­keit anstreben (vgl. S. 398f£'). Dies werten die Autoren schlieBlich als Beleg fur

die Gultigkeit der Konvergenzthese. Demgegenuber lieBen sich fur produzie­rende Betriebe in der selben Studie trotz einer derart schwachen Operationali­

sierung nicht einmal Konvergenzbedingungen nachweisen.

Trotz (oder gerade wegen) dieser offenbar heiklen empirischen Befundlage hat

die empirische Forschungstatigkeit nicht mit dem Engagement in der theoreti­

schen Debatte Schritt gehalten. Dies hat zur Konsequenz, dass die Aussagen

im theoretischen Diskurs entweder den Status von Thesen bzw. Hypothesen

einnehmen oder dass empirische Sekundarquellen als Referenzen dienen.

Unter empirischen Sekundarquellen sollen solche Befunde verstanden wer-

Page 123: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 109

den, die in anderem Zusammenhang und Erkenntnisinteresse als dem inter­

pretierten erhoben wurden. Sowohl der Bezug auf Thesen bzw. Hypothesen

als auch der Ruckgriff auf empirische Sekundarquellen birgt Probleme:

Zu allererst erfordert die Feststellung, dass Aussagen im Zusammenhang mit

der Diskussion der Konvergenzthese den Status von Thesen oder Hypothesen,

also von Behauptungen und Vermutungen (vgl. EBERHARD 1999, S. 20) ein­

nehmen, eine zuruckhaltende Bewertung ihres Stellenwertes. Denn sie stellen

vorlaufige Aussagen uber Zusammenhange dar, die es logisch oder empirisch

zu uberprufen gilt (vgl. PRIM & TILMANN 1997, 5.73). Solange also die empiri­

sche Prufung aussteht, solange ist der Behauptung der Konvergenz oder Di­

vergenz nur vorlaufiger Charakter zuzusprechen. Andemfalls besteht die

Gefahr, beispielsweise Arnolds Fehler zu begehen, der als einer der populars­

ten Protagonisten der Konvergenzbehauptung eine kritische Oberprufung der

Voraussetzungen seiner Schlussfolgerungen als "theoretisch letztlich unergie­

big" (ARNOLD 1998, S. 234) bezeichnet. UHE (1996), der wirtschaftliche An­

spruche und padagogische Zielsetzungen in einem Spannungsverhaltnis

versteht und in der Begrundung auf die Kategorien Bildung und Qualifikation

zuriickgreift, indem er letzterer ausschlielSlich die Funktion der Befahigung

zur Bewaltigung von Aufgaben und ersterer die Heranbi!dung zur selbstbe­

wussten und selbstbestimmten Personlichkeit zuspricht, kann zu seiner

Schlussfolgerung eines Spannungsverhaltnisses nur deswegen kommen, wei!

er einer "Hypostasierung kategorialen Denkens" (HElD 2002, S. 639) erliegt:

Denn die wechselseitige AusschlielSlichkeit von Qualifikation und Bildung ist

schon theoretisch fragwurdig, empirisch ist sie jedoch kaum uberprufbar. Die

Problematik besteht vor aHem darin, dass im Verlauf der Debatte die Vorlau­

figkeit von empirisch bislang nicht uberpruften Aussagen aulSer Acht gelassen

wird.

Der Ruckgriff auf empirische Sekundarquellen stellt ein Problem dar, wenn darin die Daten fehlinterpretiert werden. So werden beispielsweise das allge­

mein gestiegene Qualifizierungsniveau bzw. ein als hohes Allgemeinbil­

dungsniveau interpretiertes Kompetenzspektrum Beschaftigter als

Ausgangsargument fur die Feststellung entsprechend gewandelter Arbeitsan­

forderungen genommen (vgl. z.B. DEHNBOSTEL 2000; ULRICH 2000). Die Unter­

stellung dieses Zusammenhangs blendet die vielfaltigen denkbaren und

tatsachlich wirksamen EinflussfaktorE:n auf die individuelle Kompetenzent­

wicklung voHig aus. Die Erklarung eines individuellen Kompetenzprofils mit

Page 124: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

110 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

(individuellen) Anforderungen im Beschaftigungsfeld einer Versuchsperson

ware nur unter der Grundannahme nachvollziehbar und sinnvoll, dass alle

anderen Einfliisse als nicht ausschlaggebend angenommen wiirden. Da diese

Position jedoch vollig unplausibel ist, ist sie als Fehlinterpretation der be­

trachteten Daten zu verwerfen.

Ebenso absurd ware die Annahme, die Erhebung von Daten iiber allgemeine

Kompetenzprofile von Akteuren im Beschaftigungsfeld wiirde als Vorausset­

zung dafiir geniigen, dass es sich bei den erhobenen Daten urn Anforderungen

des Beschaftigungsfeldes handelt, dass also die Befragten eine implizite Fo­

kussierung des Bezugsrahmens der Erhebung auf das berufliche Urnfeld vor­

nehmen wiirden.

Die Schwachen der ausgetauschten Positionen zur Frage der Konvergenz oko­

nomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organi­

sationsentwicklung bzw. zu kompetenzfordemden Arbeitsbedingungen

aufgrund ihrer fehlenden empirischen Evidenz belegen die Dringlichkeit em­

pirischer Grundlagenforschung. Ohne empirische Uberpriifung sind weder

die Positionen zur Divergenzbehauptung noch die zur Konvergenzthese als

wissenschaftlicher Fortschritt (vgl. hierzu POPPER 1999, S. 50ff.) anzusehen, da

sie die bereits angedeuteten Fehler der Diskussion urn die (Un-)Vereinbarkeit

von allgemeiner und beruflicher Bildung wiederholen.

5.1.2 Kritikpunkt 2: Programmatik

Nach den Ausfiihrungen zur bislang ausstehenden empirischen Uberpriifung

lassen sich die in der Diskussion verwendeten hypothetischen Aussagen auch logisch iiberpriifen (vgl. PRIM & TILMANN 1997, S. 73). Hierbei fallt auf, dass

die ausgetauschten Positionen nahezu ausschliefSlich auf programmatischen

Aussagen basieren. Das fiihrt zu folgenden Problemen:

(a) Programmatische Aussagen handeln yom Wiinschbaren, nicht yom Reali­

sierten. Sie resultieren haufig aus impliziten und deshalb unreflektierten

normativen Entscheidungen, wodurch mogliche Altemativlosungen a pri­

ori ausgeblendet werden.

(b) Normative Satze konnen nicht empirisch wahr oder falsch sein und tau­

schen universelle Geltung vor. Das gilt vor aHem dann, wenn dabei die

Page 125: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme lind Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 111

Frage nach den Realisierungsbedingungen des Wiinschenswerten viillig

aus dem Blick gerat.

(c) Prograrnrnatische Aussagen werden haufig als Tatsachenfeststellungen

formuliert. Das stellt eine unzuIassige Verwandlung normativer Aussagen

in deskriptive Aussagen dar.

Zu (a): Implizite normative Entscheidungen und Ausblendung von Alternati­

Yen

Wenn beispieIsweise die Argumentationslinie verfoIgt wird, dass sich (erste

problematische Schlussfolgerung:) aufgrund sich stetig wandelnder Umwelt­

bedingungen eine konkrete Form der Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsor­

ganisation etabliert hat, die der individuellen Kompetenz Beschaftigter eine

spezifische Bedeutung "verleiht", und davon abgeleitet (a Is zweite problema­

tische Schlussfolgerung) generelle Aussagen iiber kompetenzfiirdernde Ar­

beitsbedingungen und die Konvergenz iikonomischer und padagogischer

Prinzipien getroffen werden, dann gerat die grundsatzliche, individueIIe Ent­

scheidung auiSer Acht, die mit der Festlegung auf eben die konkrete Form der

Arbeitsgestaltung getroffen wurde und der eine spezifische Interpretation der

beobachteten Erscheinungen zugrunde liegt. Wenn - urn das an einem kon­

kreten Beispiel zu demonstrieren - PICOT, REICHWALD & WIGAND (1996) die

durch die Prinzipien Wandel und Unsicherheit charakterisierbare Situationsbe­

schreibung a[s Herausforderung interpretieren, der es mit einer bffnung des

Unternehmens nach auiSen hin und flexiblen Strukturen zu begegnen gilt,

dann stellt dies keine zwangslaufige, quasi naturgesetzlich vorgezeichnete Re­

aktion auf die wahrgenommenen Rahmenbedingungen dar, sondern sie ist

Resultat einer Interpretation der skizzierten Rahmenbedingungen und Folge

einer Entscheidung und Gewichtung von Phanomen. Hierbei spielen normati­

ve Vorstellungen dariiber eine tragende Rolle, wie eine (gewiinschte) Zielsitu­

ation nach MafSgabe von Wertungen aussehen soll. Die Integration von

Unsicherheit und Aufliisung der Unternehmensgrenzen stellt dabei nur eine

Miiglichkeit dar, der beispielsweise die genau umgekehrte Miiglichkeit der

Abschottung gegeniibersteht, nach der die "innere Sicherheit" aIs Garant fUr

die Bewaltigung der ungewissen Umfeldsituation gesehen wird (vgl. PRlDDAT

2000b). Unter diesem Paradigma wiirden dann die Bildung von Konglomera­

ten bis hin zu Fusionen und die klare Definition von Aufgaben und Verant-

Page 126: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

112 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

wortung innerhalb des Unternehmens geeignete Reaktionen auf die Heraus­

forderungen darstellen.

Die Ableitung von Aussagen aus der geschilderten Argumentenkette verdeckt

demnach, dass bei der Ausgestaltung wenig oder hochgradig kompetenzfor­

dernder Arbeitsbedingungen normative Werthaltungen eine entscheidende

Rolle einnehmen. Indem dies aus dem Blick gerat, fallen auch Alternativen

beispielsweise auf der Basis anderer Bewertungen aus dem Diskussionsrah­

men dessen, was im Zusammenhang der Beantwortung der Frage nach der

Konvergenz relevant ware.

Zu (b): Unzulassige Generalisierungen

Die Gefahr unzulassiger Generalisierungen zeigt sich, wenn Aussagen iiber

kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen aus Programmatiken abgeleitet

werden, denn dies impliziert die Geltung der Programmatik oder der Bezugs­

norm fiir die Arbeitswelt allgemein.

Wenn nun ein Unternehmen laut seines Programms die individuelle Kompe­

tenzentwicklung der Beschaftigten fOrdern und anspruchsvolle Arbeitsplatze

fur anspruchsvolle Beschaftigte bieten mochte, dann beansprucht dieses Pro­

gramm Geltung fiir den gesamten Unternehmensbereich. Die in Kap. 4.3 ange­

fiihrten Protagonisten der Konvergenzbehauptung implizieren sogar die

Geltung soIcher (und ahnlicher) Bedingungen fiir einen groBen Teil des Be­

schaftigungssystems.

Skepsis gegeniiber soIchen Generalisierungen ist angebracht, weil sie unzulas­

sig sind: Der unternehmensweite Geltungsanspruch dieser Programme bein­

haltet nicht die Gewahrleistung ihrer Realisierung, so dass Beschaftigten zwar die Moglichkeit bzw. die Chance eingeraumt wird, eine anspruchsvolle, die

individuelle Kompetenz fordernde Beschaftigung angeboten zu bekommen.

Ob, unter weIchen Bedingungen und nach weIchen Kriterien diese Beschafti­

gungen jedoch tatsachlich erreicht werden konnen, blenden die Programme

aus. Den Adressaten der Angebote - den Beschaftigten - bleiben die Bedin­

gungen der Realisierungen dieser Angebote intransparent. Ahnlich argumen­

tiert HElD (1992) iiber die Verwendung des Chancenbegriffs im

Zusammenhang mit Selektionsprozessen im Beschaftigungssystem. An­

spruchsvolle Beschaftigte zeichnen sich (zumindest unter einer padagogischen

Perspektive) dadurch aus, verantwortlich zu handeln, was die prinzipielle

Moglichkeit eines Widerspruchs zwischen der Individualperspektive, die fur

Page 127: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

das individuell verantwortete Handeln letztlich maGgeblich ist, und der Be­

triebsperspektive beinhaltet. In den Programmen werden Ideale als Zielvorga­

ben definiert und solche (prinzipiell moglichen) Zielkonflikte werden

ausgespart. Insofern ist es unzuHissig, die Programme als Ableitungsvoraus­

setzung hir Aussagen tiber die Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisati­

on heranzuziehen.

Empirische Befunde stUtzen Zweifel an einer unternehmensweiten Realisie­

rung dessen, was in Programmen unter anspruchsvollen Beschaftigungsver­

haltnissen angektindigt wird. So zeigen Untersuchungen, dass selbst innerhalb

von Arbeitsorganisationen, die in hohem MaGe auf Selbststeuerung von Ar­

beitsgruppen setzen - also ein durchaus hohes Realisierungsniveau kompe­

tenzfbrdernder Arbeitsbedingungen erreichen -, Abwechslungsreichtum,

Interessanntheit und fachlich-inhaltliche Herausforderung der Arbeitstatigkeit

von keinem geringen Teil der betroffenen Beschaftigten (in etwa 40 Prozent)

als nicht verbessert gegentiber restriktiven Arbeitsbedingungen bewertet wer­

den (vgl. KUHLMANN & SCHUMANN 2001, S. 273). In reprasentativ angelegten

Befragungen von Beschaftigten durch das BIBB und das lAB zeigte sich in den

90er Jahren mit bemerkenswerter Stabilitat, "dass die Befragten nach wie vcr

Defizite bei der Moglichkeit sehen, sich beruflich weiterzubilden bzw. hinzu­

zulernen" (PARMENTIER 2001, S. 17), was letztlich eine Generalisierung des in

Programmatiken Geforderten als unangemessen erscheinen lasst.

Generalisierungen ftir die Arbeitswelt allgemein stellen zunachst einmal eine

grobe Vereinfachung der Sachverhalte dar, da sie einheitliche Verhaltnisse

unterstellen. So wenig, wie es die Arbeitswelt schlechthin gibt, so wenig lasst

sich berechtigterweise annehmen, dass es die Programmatik fiir die Vielzahl

unterschiedlicher Unternehmen gibt. Programmatische Aussagen konnen

nicht empirisch wahr oder falsch sein, sie konnen lediglich akzeptiert oder ab­

gelehnt werden. Eine konkrete Ausgestaltung betrieblicher Arbeitsorganisati­

on ist Resultat einer Menge von individuellen Entscheidungen, Wertungen

und Auswahlprozessen, vorgenommen von den jeweiligen Entscheidungstra­

gern in konkreten und daher von anderen unterscheidbaren Unternehmen.

Schon alleine die Entscheidung dariiber, welche Ereignisse und Sachverhalte

in der komplexen Umwelt eines Unternehmens bei der Festlegung von Unter­

nehmensstrategien iiberhaupt in Betracht gezogen werden, ist ein Vorgang,

der aus eben genannten Grtinden nicht generalisiert werden darf. Umso weni­

ger ist dies flir die Schlussfolgerungen in Hinblick auf die konkrete Ausge-

Page 128: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

114 Kritische Bestandsaufnahmc und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

staltung der Arbeitsorganisation zuHissig. Ahnlich verhalt es sich mit der An­

nahme einer "Generalprogrammatik". Das, was hier als Unternehmenspro­

grammatik diskutiert wird, entspringt nach ScHEIN (1995) ,,1. den

Uberzeugungen, Werten und Pramissen der Unternehmensgrtinder; 2. den

Lernerfahrungen der Gruppenmitglieder im Verlauf der Unternehmensent­

wicklung; und 3. neuen Uberzeugungen, Werten und Pramissen, die von neu­

en Mitgliedern und Ftihrungspersonlichkeiten stammen" (S. 173). D.h.

Unternehmensprogrammatiken hangen von Bewertungen konkreter Gege­

benheiten in spezifischen Kontexten ab, von denen nicht angenommen werden

kann, dass sie ftir den Gro15teil des Beschaftigungssystems gleiche Merkmale

aufweisen.

Wie sehr empirische Befunde Anlass zu Zweifel geben, die Generalisierungs­

unterstellung fande Korrespondenz in der "Wirklichkeit" betrieblichen Ar­

beitsalltags, arbeitet beispielsweise BDCHTER (1997) am Beispiel des an

betriebliche Bildungsarbeit herangetragenen und nicht einzulosenden An­

spruchs der Subjektstarkung bei gleichzeitiger Gruppenintegration heraus. Sie

bezeichnet derartige Hoffnungen und Erwartungen als Utopie und Symbol

einer Mythenbildung (vgl. S. 230ff.). D' ALESSIO & OBERBECK (1994) zeigen am

Beispiel des deutschen Bankgewerbes, dass im Dienstleistungsbereich "Selbst­

bedienungskonzepte ... frohliche Urstande" feiern (S. 54) und ein Abbau quali­

fizierter Personalbestande zugunsten standardisierter Prozessdefinition

erfolgt, der Beschaftigte mit Expertenstatus nur noch in Spezialabteilungen

(die zentral organisiert sind) notwendig macht (vgl. S. 62ff.). DORRE (1996)

fand in einer Zusammenschau verschiedener am SOFI durchgefiihrter Unter­

suchungen, dass in der Mehrzahl der Betriebe zwar Partizipations- und indi­

viduelle Entwicklungschancen (und zwar vom Management) gewahrt werden,

ein Recht bzw. eine Garantie auf Chancemealisierung existiert jedoch nicht

und wird in der Regel nur in dem Ma15e eingeraumt, in dem Richtlinien und

Interessen des Managements nicht tangiert werden (vgl. S. 20ff.). Zu ahnlichen

Befunden hinsichtlich der Zweifelhaftigkeit der beschriebenen Generalisie­

rungsannahmen kommen u.a. auch DORRE, NEUBERT & WOLF (1993), KADTLER

(1998) und MATZKE (1996).

Zu (c): Unzulassige Verwandlung normativer in deskriptive Satze

Das schwerwiegendste Problem der in der Konvergenzdebatte ausgetauschten

Argumente besteht darin, dass Aussagen tiber den Grad, wie weit eine Ar-

Page 129: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 115

beitsorganisation die Entwicklung individueller Kompetenz unterstUtzt - d.h.

Aussagen tiber das, was man als Wirklichkeit vorzufinden glaubt oder be­

hauptet -, unter Berufung auf geltende Untemehmensprogrammatik formu­

liert werden. Dies ist aus logischen Grtinden problema tisch, weil damit

normative Aussagen unzulassigerweise in deskriptive Aussagen verwandelt

werden. Dabei gehen deskriptive Satze als Aussagen tiber die Effekte (namlich

Ausma1S der Kompetenzforderung) konkreter (well bestimmte Formen auf­

weisender) Arbeitsorganisation in ihrem Bedeutungscharakter tiber das hin­

aus, was normative Aussagen leisten konnen. Wenn praskriptive Aussagen

keine empirischen Implikationen haben, sondem eben praskriptiv-normative,

kormen aus ihnen keine empirischen Aussagen abgeleitet werden (vgl. PRIM &

TILMANN 1997, s. 113). Da es allerdings unter den Gesichtspunkten der Logik

auch moglich ware, dass Aussagen zutreffend sind, obwohl sie auf falschen

Voraussetzungen beruhen, sei auf empirische Befunde verwiesen, die eine

mangelnde Ubereinstimmung zwischen vorherrschender Untemehmenspro­

grammatik und praktiziertem Arbeitsalltag nachweisen. So konnte JANSEN

(2000,2001) in einer Reprasentativbefragung in deutschen Industrieuntemeh­

men im Rahmen einer BIBB/IAB-Studie eine bemerkenswerte Feststellung

machen: Wie diese Untersuchung zeigt, wirken sich nicht alle Veranderungen

im Betrieb auf die Beschaftigten aus. "Rund drei Viertel der Erwerbstatigen

(77%) haben die eine oder andere Anderung im Betrieb erfahren. Davon hat

sich bei der Mehrheit - das sind 41 Prozent aller Erwerbspersonen - auch eine

Auswirkung auf die personliche Arbeitssituation ergeben. Bei 36 Prozent

wurde die eine oder andere Veranderung im Betrieb zwar registriert, alIer­

dings habe das keine direkten Auswirkungen gehabt" GANSEN 2000, S. 7f.).

Selbst werm kleinere Betriebe mit weniger als 100 Beschaftigten ausgeklam­

mert werden - die Managementkonzepte sind auf gro1Sere Untemehmen hin

ausgerichtet -, so "ist gut jeder Zweite direkt bei seiner Arbeit von solchen

Veranderungsprozessen betroffen gewesen" (5. 8). Damit ist aber auch gesagt, dass fast jeder Zweite keine personiiche Betroffenheit berichten kann. Nun

kormen diese Antworten unterschiedlichsten Verzerrungen unterliegen, weil

es beispielsweise in Gro1Sbetrieben schwieriger ist, den Gesamtbetrieb zu ti­

berblicken und somit Aussagen tiber betriebliche Veranderungen zu treffen

und es insofem auch schwierig ist, personliche Betroffenheit auszudriicken.

Andererseits wiederum ware es denkbar, dass von Veranderungen berichtet

wird, ohne dass dem eine entsprechende personliche Erfahrung zugrunde

Page 130: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

116 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

liegt (zum Beispiel wenn in der Offentlichkeit der Anschein tiberwiegt, be­

triebliche Veranderungsprozesse seien an der Tagesordnung).

Derartige Einfltisse ktinnen beiseite gelassen werden, wenn lediglich der Hin­

weis belegt werden soll, dass weder die programmatische Verankerung von

Veranderungsprozessen noch tatsachlich arrangierte Wandlungen zu Auswir­

kungen auf die Beschaftigten ftihren mtissen bzw. von diesen als Auswirkun­

gen wahrgenomrnen werden mtissen. So erwarteten WOMACK, JONES & Roos

(1991), dass in Folge der Durchsetzung der Erkenntnisse aus ihrer internatio­

nalen Studie der Automobilindustrie die (durchweg schlank organisierten)

Fabrikhallen der spaten 90er Jahre ausschlie15lich mit Problemltisern geftillt

seien (5. 130). Dass diese Erwartung nicht generell erftillt wurde, liegt nach

KUHLMANN & KURZ (1995) daran, dass die arbeitsorganisatorischen Verande­

rungen nicht in allen Bereichen voll umgesetzt wurden, vor allem was die in­

formellen Strukturen betrifft. Sie stellen fest, dass "der betriebliche Wandel

trotz wichtiger arbeitsorganisatorischer Innovationen in Teilbcrcichen in vie­

lerlei Hinsicht durch ein Fortschreiben der bestehenden sozialen Strukturcn

gepragt ist. ... Umbrtiche betrieblicher Strukturen sind dabei vor allem an

notwendigen Veranderungen der sozialen Beziehungen und der Sozialorgani­

sation gescheitert" (5.34).

Deutlicher bestatigt die BIBB/IAB-Untersuchung hingegen die oben vor dem

Hintergrund der Herausforderungen fUr die Unternehmen getroffene Situati­

onsbeschreibung, der Druck auf die Betriebe und so mit auf die Beschaftigtcn

wtirde sich verscharfen. Hier berichten weitaus mehr Befragte tiber eine Zu­

nahme als von einer Abnahme an Stress, Arbeitsdruck und fachlichen Anfor­

derungen. Auch das Risiko des Arbeitsplatzverlustes nehme eher zu als ab

ebenso wie die Tendenz zu Oberstunden (vgl. JANSEN 2001, S. 52ff.).

Es zeigt sich also zusammenfassend, dass die in der Literatur vorgetragenen

Aussagen zu kompetenzftirdernden Arbeitsbedingungen und einer Realisie­

rung der Konvergenz tikonomischer und padagogischer Prinzipicn betriebli­

cher Personal- und Organisationsentwicklung ausschlieiSlich den Status von

Zielaussagen und Programmatiken besitzen, wei! sie eben aus programma­

tisch-normativen Aussagen abgeleitet werden.

Page 131: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 117

5.1.3 Kritikpunkt 3: Unterstellung einseitiger Zusammenhiinge

Managementkonzepte sind - und das ist nicht weiter verwunderlich - in der

Regel aus der Perspektive der Untemehmensleitungen formuliert. Sie konnen

als Appelle an die Gesamtheit der Beschaftigten interpretiert werden, dem Ar­

beitshandeln und der Arbeitsgestaltung bestimmte Prinzipien zugrunde zu

legen. Diese Ausrichtung der Managementkonzepte fordert jedoch eine ein­

seitige Betrachtungsweise: Partizipation, Aufbau vertrauensvoller Beziehun­

gen, Orientierung an den Bediirfnissen Beschaftigter - all diese Aspekte

werden in der Managementliteratur und in den Managementkonzepten zu­

meist funktional verwendet (vgl. DORRE 1996, S. 20). Sie dienen dem Zweck

okonomischer Optimierung der Arbeitsorganisation. Die Art und Weise, wie

in der Managementliteratur Begriffe Verwendung finden, hat durchaus sug­

gestiven Charakter und unterstUtzt die Immunisierung gegen kritische Zu­

gange. So argumentiert beispielsweise WATERMAN (1996), Grundlage

erfolgreicher Untemehmen sei die Erkenntnis, dass "die Bediirfnisse des Un­

temehmens und die Bediirfnisse der Mitarbeiter untrennbar miteinander ver­

bunden sind" (5. 11). Entscheidend ware nun aber eine konkrete Interpretation

der Bediirfnisse des (!) Untemehmens sowie die der Mitarbeiter. Hierbei zeigt

sich, dass die Argumentation zumeist an der (Fehlinterpretation der) Herz­

bergschen Motivationstheorie ansetzt (vgl. BECKER & LANGOSCH 1995, S. 254),

wonach die Hygienefaktoren der Arbeit bemuht werden, urn hohe Arbeits­

leis tung zu gewahrleisten. Dass die Erfullung der Hygienefaktoren aber allen­

falls eine Voraussetzung fur hohe Arbeitsleistung, jedoch keinesfalls Garant

dafur sein kann und im Prinzip die Beschaftigten alleine die letztentscheiden­

de Instanz fur die Entwicklung von Leistungsmotivation darstellen, bleibt un­

berucksichtigt. Insofem kann davon gesprochen werden, dass einseitige

Zusammenhange unterstellt werden.

Betrachtet man die Generalsystematik betrieblichen Personalmanagements

(HILB 1991), so wird darin eine strategische Ausrichtung auf die Untemeh­

mensziele hin eingefordert (5. 128). HILB entwickelt ein Matrixsystem, in dem

die soziale Dimension zwar gleichberechtigt neben der wirtschaftlichen und

technologischen eingefuhrt wird. Die Beurteilungskriterien fur die Qualitat

des Konzepts beziehen sich jedoch - ohne explizit darauf zu verweisen - allei­

ne auf wirtschaftliche Kennzahlen. Es steht zu lesen, dass die Zielsetzung be­

trieblicher Organisationsentwicklung auf die "optimale Ausschopfung der

Page 132: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

118 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

Begabungs- und Leistungspotentiale der Mitarbeiter im Interesse sowohl der

langfristigen Persiinlichkeits- als auch der Unternehmensentwicklung" (5. 136)

ausgerichtet sein miisse. Allerdings greifen bei der Beurteilung des Erfolgs von Ma1Snahmen, die auf die soziale Dimension betrieblichen Personalmana­

gements gerichtet sind, folgende Uberlegungen: "Auf der sozialen Dimension

wurde ein (kostenneutraler, z.T. kostensenkender) Beitrag zur Humanisierung

der Arbeitswelt geleistet" (5. 134). Der Hinweis auf Kostenneutralitat muss als

Legitimation eben jener Ma1Snahmen gewertet werden, da er andernfalls we­

nig Sinn macht. Der Kern dieses Ansatzes besteht also darin, die Humanisie­

rung der Arbeitswelt soweit voranzutreiben, wie dies aus betriebswirtschaft­

lichen bzw. kostenorientierten Uberlegungen heraus sinnvoll erscheint. Diese

einseitige Verbesserung der Arbeitswelt fiihrt dann (offenbar) automatisch zu

den erhofften iikonomischen Erfolgen. An we1che Bedingungen aus Sicht kon­

kreter Beschaftigten dieses Ergebnis au1Serdem gekniipft sein kiinnte, bleibt

unerwahnt. Es wird hier eine Kausalbeziehung zwischen begrenzter Humani­

sierung und anschlie1Sender Leistungssteigerung angenommen.

Eine derart einseitige Perspektive lasst sich auch bei der Diskussion urn Kon­

zepte lernender Organisationen aufzeigen. Die Relevanz von Konzepten ler­

nender Organisationen wird nicht zu Unrecht mit den sich wandelnden

Rahmenbedingungen (vgl. Kap. 3) begriindet. Ais kleinsten gemeinsamen

Nenner in der Vielfalt der Ansatze lasst sich finden, dass lernende Organisati­

onen sich durch die Bewaltigung des steten Wandels auszeichnen (vgL STICH,

SIEBIERA & LERCH 1997). Diese Interpretationen wirft bedeutsame Fragen auf:

1st eine Organisation, die in der Bewaltigung von Bedingungen an Grenzen

stii1St, keine lernende Organisation? Zeichnet sich eine lernende Organisation also (nur) durch okonomischen Erfolg aus? Nach welchen Kriterien wurde

dann iikonomischer Erfolg zu messen sein? Oder in Anlehnung an Watzla­

wick: Kann eine Organisation iiberhaupt "nicht lernen"?

Es scheint sich auch hier zu zeigen, dass die Konzepte funktionalen Charakter

besitzen, bei denen die okonomische Verwertung ausgewahlter Lernerfolge im

Vordergrund steht und nicht die Frage nach den Bedingungen erfolgreichen

Lernens. Vielleicht liegt ihnen sogar eine zirkulare Argumentation zugrunde,

dass als Lern-Erfolg nur das wahrgenommen wird, was sich betriebswirt­

schaftlich "rechnet". Aufwendungen fUr die Unterstiitzung von Lernprozes­

sen scheinen genau und nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Bewaltigung

der betrieblichen Probleme beitragen. Auch wenn zugestanden wird, dass die

Page 133: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und E_ntwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 119

Zurechenbarkeit einzelner Lernerfolge zu aggregierten Erfolgsgriil5en nicht

(immer) miiglich erscheint, werden die Ansatze lernender Organisation doch

tiberwiegend unter dem Gesichtspunkt erfolgreicher Bewaltigung der Anfor­

derungen eriirtert.

Die Fokussierung auf als gelungen interpretierte Lernprozesse liegt u.a. in der

Entwicklungsgeschichte dieser Ansatze begrtindet, denn schon die frtihen An­

satze stellen im Prinzip Interpretationen und Abstraktionen vergangener (und

eben als erfolgreich gedeuteter) Lernprozesse dar. Lewins hauiig aufgegriffe­

nes Drei-Stufen-Modell zur Beschreibung von organisationalen Lern- und

Veranderungsprozessen, die dart in die drei Phasen des Auftauens, der Ver­

anderung und der Zustandsstabilisierung unterteilt werden (vgl. BECKER &

LANGOSCH 1995, S. 66f.; FREI U.A. 1996, S. 132£.), ist Folge seiner in der Feldthe­

orie entwickelten Grundannahmen (LEWIN 1963), die sich schliel5lich tiber die

in der Laboratoriumsmethode gewonnenen Erkenntnisse tiber Einflussfakto­

ren erfolgreichen Lernens konsolidierten (vgl. GAIRING 1996, S. 58ff.). Die

Entwicklung solcher Modelle lasst sich ebenfalls in drei Schritten beschreiben:

zunachst wird (1.) eine Entscheidung dartiber getroffen, welche Lernprozesse

tiberhaupt betrachtet werden sollen. Dies setzt zwei Dinge voraus, dass nam­

lich welche stattgefunden haben und dass sie von den Beobachtern als rele­

vant (!) eingeschatzt werden. (2.) Anschliel5end erfolgt eine Interpretation und

Analyse der Lernprozesse auf Basis der die Beobachtung leitenden Grundan­

nahmen. (3.) Abschliel5end werden entsprechende Schltisse gezogen und Mo­

delle entwickelt. Das Problem ist nun, dass ausgehend von Erkenntnissen, die

in Beobachtung unter der Perspektive eines spezifischen Erkenntnisinteresses

gewonnen wurden, Ableitungen fiir jegliche Lernprozesse in Betrieben gezo­

gen werden. Die Schwierigkeit besteht weniger darin, dass diese Modelle nieht

auf "unerwtinschte", "wenig erfolgreiche" oder "falsche" Lemprozesse an­

wendbar seien. Vielmehr bleibt in der Diskussion dieser Konzepte der Blick

auf die individuellen Gesichtspunkte ausgeblendet, die Lernprozesse (und

Handlungen allgemein) ausliisen und in eine ganz spezifische Richtung len­

ken. Insofern ist festzuhaiten, dass die im dritten Kapitel beschriebenen An­

satze defizitaren Motivationsvorstellungen unterliegen und lediglich in der

Erfiillung der Hygienefaktoren von Herzberg den entscheidenden Ausliiser

von Leistungssteigerung sehen.

Page 134: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

120 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

5.1.4 Kritikpunkt 4: Abstraktionsniveau der Anforderungen

Neben der offensichtlichen Vemachlassigung motivationstheoretischer Ge­

sichtspunkte durch die einseitige Perspektive ist mit dem Verweis auf das ho­

he Abstraktionsniveau der Kompetenzanforderungen an Beschaftigte ein

weiterer Kritikpunkt an der Diskussion urn die Konvergenzthematik zu nen­

nen. Mit der Rilcknahme der Reglementierung von Arbeitsschritten durch die

Verlagerung von Entscheidungsbefugnis an die ausfilhrenden Bereiche, die

mit Einflihrung der Gruppenarbeit begormen hatte und in den darauf folgen­

den Konzepten immer weiter vorangetrieben wurde, veranderten sich die An­

forderungen, mit denen Beschaftigte im Arbeitsprozess konfrontiert wurden.

Je offener die Aufgaben in den Konzepten formuliert werden, desto mehr rli­

cken Meta-Kompetenzen in den Vordergrund. So werden sowohl in der

deutschsprachigen (z.B. BECKER 1999; PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996) als

auch in der englischsprachigen Literatur (z.B. EVERS, RUSH & BERDROW 1998;

HAMEL & PRAHALAD 1994) die Kompetenzanforderungen an Beschaftigte als

Herausforderung dargestellt und auf abstrakte Fahigkeiten und Kompetenzen

verwiesen. Dabei zeichnet sich folgende Schnittmenge solcher Ansatze ab, die

als glinstige Voraussetzung flir kompetenzfbrdemde Arbeitsbedingungen ge­

sehen werden (vgI. PICOT, REICHWALD & WIGAND 1996, S. 453f.):

• Lemen zu lemen: Die Beschaftigten sollen ihre Lembiographie selbst ges­

talten.

• Basiskompetenzen: Diese bestehen aus fachlichem Wissen einerseits und

der Beherrschung der neuen Techniken der Informationsverarbeitung an­

dererseits.

• Kommunikationskompetenz: Die Beschaftigten sollen die Fahigkeit besit­

zen, sich auszutauschen.

• Selbstrnanagement: Die Beschaftigten sollen in eigener Verantwortung und

aus eigenem Antrieb handeln und ihr Handeln selbst kontrollieren.

• Flexibilitat: Die Beschaftigten sollen fahig sein, kreativ zu denken und

Probleme eigenstandig zu Ibsen.

• Sozialkompetenz: Die Beschaftigten sollen Team£ahigkeit aufweisen, Kon­

flikte bewaltigen und mit Stresssituationen umgehen kbrmen.

• ProblemlOsekompetenz: Die Beschaftigten sollen in der Lage sein, Proble­

me eigenstandig zu Ibsen und die notwendigen Entscheidungen zu treffen.

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Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 121

• Selbststandigkeit: Die Beschaftigten sollen sich nicht als Befehlsempfanger,

sondem als eigenstandige Teile des Systems Untemehmen begreifen und

somit se/bst wollen und tun, was sie wollen und tun sollen.

• Innovationsfahigkeit: Die Beschaftigten sollen bereit sein, innovativ zu

handeln und Verbesserungen der Arbeitsprozesse durchzusetzen.

Diese Kompetenznennungen sind wenig eindeutig und lassen eine breite

Spanne an Deutungen zu. Indem diese Anforderungen an Beschaftigte weithin

akzeptiert werden und in Folge dessen die Forderung nach derart kompeten­

ten Beschaftigten etabliert wird, findet ein Anforderungskatalog breite Aner­

kennung, der unscharf und aus folgenden Grunden problema tisch ist:

(a) Aus Sieht eines Betriebes ist es problema tisch, wenn unprazise Anforde­

rungen gestellt sind, da sie eine abgestimmte Personalauswahl, die Identi­

fikation entsprechender Fahigkeiten oder aber die Identifikation eines

entsprechenden Bildungsbedarfs erschweren.

(b) Aus Sieht der Beschaftigten ist es problema tisch, wenn sie mit der Erwar­

tung konfrontiert werden, Anforderungen zu bewaltigen, die sie weder

kennen noch kontrollieren konnen.

(c) Die Bewahrung unpraziser Kompetenzanforderungen unterstUtzt Versu­

che, Machtverhaltnisse zu verschleiem und individuelle Entscheidungen

zu legitimieren, die nicht zum Diskurs gestellt werden konnen oder sollen.

Dies ist beispielsweise im Prozess der Personalauswahl der Fall, wenn

Kandidaten die Eignung fur eine Position unter Bezugnahme auf fehlende

(abstrakte) Kompetcnzen abgesprochen wird (vgl. hierzu z.B. STRUCK

1998).

Auch in Hinblick auf die Frage nach kompetenzfordemden Arbeitsbedingun­

gen stellt die fehlende Prazision der Anforderungen ein Problem dar. Zum

einen muss, urn eine Kompetenz zu entwickeln und in den Arbeitsvol!zug einzubringen, klar sein, was genau gelemt und welche Leistung erbracht wer­

den muss. Es ist also hierfur schon eirunal Ubereinstimrnung bezuglich der

inhaltlichen Ausdeutung dieser abstrakten Kompetenzanforderungen not­

wendig. Zum anderen kann ein Nutzen der Kompetenzanwendung (der ge­mag Grundannahme 2 aus Abschnitt 2.1.1 Voraussetzung damr ist, dass

iiberhaupt Kompetenz angewendet wird) nur dann realisiert werden, wenn

die Performanz mit der Erwartung (Anforderung) inhaltlich ubereinstimmt. In

einer Situation mit Vorgesetzten und Mitarbeiter miissten beide auf ein ge-

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122 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

meinsam geteiltes Verstandnis zuruckgreifen konnen, urn optimale Voraus­

setzungen fiir kompetenzWrdemde Arbeitsbedingungen zu erfiillen. Ange­

siehts des hohen Grades an Abstraktion bei den formulierten

Kompetenzanforderungen an Beschaftigte in modem organisierten Betrieben

scheint es - auch auf Basis empirischer Befunde (vgl. HARTEIS U.A. 2001) unsi­

cher, dass ein gemeinsam geteiltes Verstandnis vorhanden ist.

5.1.5 Kritikpunkt 5: Relevanz 6konomischer und piidagogischer Uberlegungen

1m vierten Kapitel wurde die erziehungswissenschaftIiche Debatte urn die

Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Perso­

nal- und Organisationsentwicklung als die Bewertung der Veranderungen der

Arbeitswelt aus padagogischer Perspektive dargelegt. Bei dieser Diskussion

wird unterstellt, dass Beschaftigte in Zusarnrnenhang mit der Entwicklung

und der Anwendung beruflicher Kompetenz sowohl okonomische als auch

padagogische Uberlegungen in ihr Kalkiil integrieren. Wie weit diese Annah­

me zutrifft und in welchem Verhaltnis beide Aspekte zueinander stehen, so11-

ten sie tatsachlich von Relevanz sein, ist bis dato ungeklart.

Wenn zwar darauf hingewiesen wird, dass der Stellenwert beruflicher Arbeit

in der heutigen Gesellschaft nieht mehr (iiberwiegend) als notwendige Vor­

aussetzung zur Sieherung des Lebensunterhalts gesehen wird, sondem auch

individuelle Anspruche bedienen muss (vgl. z.B. KEHL 1989; MAASE 1989, S.

366ff.; WIELAND 2000, S. 36f.), folgt daraus nicht zWingend, dass padagogische

Uberlegungen im Sinne individue11er Kompetenzentwieklung im Zusarnrnen­

hang mit beruflichen Kompetenzanforderungen eine Rolle spielen. Denn be­rufliehe Arbeit kann auch instrumentell beispielsweise als QueUe sozialer

Anerkennung betrachtet werden, die nicht notwendigerweise mit Aspekten individueller Kompetenzentwicklung einhergehen muss.

Folgt man dieser Feststellung, ist sowohl die Argumentation der Konvergenz­

behauptung als auch die Rechtfertigung der Divergenzannahme neu zu hin­

terfragen: Die Konvergenzthese wird, wie bereits gezeigt wurde, vor allem

dadurch begriindet, dass Ziele betrieblicher Veranderungsbemiihungen mit

Zielen individueller Personlichkeitsentwicklung als padagogische Bezugsgro­

Be zusammenfallen. Die Vertreter der Konvergenzthese gehen also prinzipiell

davon aus, dass Beschaftigte im Kontext ihrer beruflichen Arbeit Ziele indivi-

Page 137: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsallfnahme llnd Entwllrf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 123

dueller Personlichkeitsentwicklung verfolgen und berufliches Handeln daher

(auch) padagogischen Maximen zu folgen habe. AuEer Zweifel steht, dass Be­

schaftigte mit ihrem beruflichen Handeln okonomische OberJegungen in Ver­

bindung bringen, da Erwerbsarbeit gerade tiber die Bereitstellung der

okonomischen Lebensbasis definiert wird (vgl. HAMMER 1997, S. 57; LUTZ

1989, S. 219ff.). Erwerbsarbeit wird jedoch nicht tiber die Erftillung padagogi­

scher Zielsetzungen und Bedtirfnisse Beschaftigter definiert, unabhangig da­

von, wie weit im Rahmen von Untemehmensprogrammatik solche

Oberlegungen aufgegriffen werden. Von daher ist die Frage zu klaren, ob die

Unterstellung padagogischer Oberlegungen im Zusammenhang mit berufli­

cher Arbeit empirisch belegbar ist oder ob sie als "padagogischer Imperialis­

mus" bzw. "Padagogisierung der Arbeitswelt" anzusehen ist.

5.2 Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

Nachdem nun in einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Stand der er­

ziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Bewertung der Veranderungen in

der Arbeitswelt Probleme im aktuellen Forschungsstand benannt wurden, soil

hier mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und pa­

dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

ein Ansatz vorgestellt werden, der die benannten Schwachstellen vermeidet

und daher tiber den aktuellen Literaturstand hinausgeht. Das Konzept 5011 im

Unterschied zu anderen Ansatzen nicht aus programmatisch-normativen Aus­

sagen abgeleitet werden, sondern aus einer rationalen Beschreibung von

Problemen und Herausforderungen der Ausgestaltung betrieblicher Arbeits­

organisation hervorgehen.

1m Rahmen des DFG-Projekts "Betriebliche Personalentwicklung" (Aktenzei­

chen He1158/4-1) wurde ein Regensburger Konzept der Konvergenz okono­

mischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und

Organisationsentwicklung entworfen, das im Unterschied zu den im Kap. 4.3

beschriebenen Ansatzen einen anderen theoretischen Bezugsrahmen setzt und

auf die Berufung auf Untemehmensprogrammatik verzichtet. Die Stimmigkeit

der Konvergenzannahme kann aus okonomischen und padagogischen

Grundkonzepten heraus argumentiert werden, wobei ftir die Beschreibung

dessen, was in dies em Konzept als okonomisches und padagogisches Prinzip

Page 138: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

124 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

verstanden werden soIl, die Bezugnahme auf wesentliche, grundlegende theo­

retische Positionen geniigt.

5.2.1 Die 6konomische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Privatwirtschaftlich gefiihrte Untemehmen verfolgen in der Regel keinen

Selbstzweck, sondem unterliegen dem Primat der Wirtschaftlichkeit. Dieses

legt als ersten und grundlegenden Untemehmenszweck die Erwirtschaftung

von Ertragen fest, wobei damit nur ein sehr abstraktes und unklares Grund­

prinzip beschrieben ist, dessen Konkretisierung in eine Vielzahl unterschiedli­

cher Kriterien von Wirtschaftlichkeit miinden kann (vgL ULRICH 1996). Das

formale bkonomische Prinzip besteht darin, aus vorhandenen knappen Res­

sourcen maximalen Nutzen zu erzielen oder einen angestrebten Nutzen mit

minimalem Ressourceneinsatz zu erreichen (vgL WOHE 1971, S. 3ff.). Aus der

Knappheit der Ressourcen resultiert die Notwendigkeit des sparsamen Um­

gangs und der sparsamen Verwendung.

Betriebe, die auf Konkurrenzmarkten agieren, folgen in der Regel dem Leit­

prinzip der Nutzenmaximierung (vgL BECKER & BECKER 1998, S. 38ff.; FRANCK

1998, S. 21; kritisch dazu z.B. SCHAAFF 1999; SEIDEL 1994). Nun ist die Frage

der Nutzenmaximierung stark an jeweils festzulegende Zeitperspektiven ge­

bunden (vgL BIEVERT & HELD 1995) und von der Definition des Anfangs- und

Endzeitpunktes der Bewertungsfrist abhangig; in den Betrieben sind das iibli­

cherweise kurze Quartals- bis Jahresfristen (zu den Konsequenzen hieraus fiir

die Bildungsarbeit vgL HARTEIS 2000b). Das Prinzip der steten Nutzenmaxi­mierung ist jedoch mittlerweile selbst in den Wirtschaftswissenschaften - dort

vor aHem unter dem Gesichtspunkt nachhaltigen Wirtschaftens vor dem Hin­

tergrund der Endlichkeit narurlicher Ressourcen - umstritten (vgL hierzu

5ammelband BIEVERT & HELD 1994; HARBORTH 1999), so dass im Rahmen des

Regensburger Konvergenz-Konzepts von Nutzenoptimierung als wirtschaftli­

chern Leitprinzip gesprochen werden soIl. Damit wird eine Abwendung von

kurzfristigen Erfolgskalkiilen dokumentiert, die WIELAND (1996) folgender­

maJSen pointiert: "Man muJS <gegebenenfalls> aus bkonomischen Griinden

auf Okonomie verzichten" (5. 59).

Page 139: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 125

Es liegt auf der Hand, dass die Hohe des erzielbaren Nutzens und dessen Effi­

zienz auch davon abhangt, wie umfassend die vorhandenen Ressourcen ge­

nutzt werden konnen. 1m Kontext dieser Arbeit hangt die Hohe des

erzielbaren Nutzens und die Ressourceneffizienz davon ab, wie weit der

Zugriff, d.h. die Erschlief5ung des Kompetenzpotenzials der Beschaftigten ge­

lingt. Da Kompetenz als eine besondere Art von Ressource betrachtet wird, die

nicht wie herkornrnliche Rohstoffe verbraucht wird, ergibt sich ein weiterer

Gesichtspunkt okonomischer Vernunft: Kompetenz kann (weiter-)entwiekelt

werden, so dass bei entsprechender Pflege der verfiigbare Ressourcenstamm

wachst und (entsprechende Erschlief5ung und Verwertung vorausgesetzt) der

erzielbare Nutzen zusatzlich steigt. Sind also die Bedingungen fiir eine urnfas­

sende Erschlief5ung des Kompetenzpotenzials und fiir eine (Weiter-)

Entwicklung des Kompetenzprofils Beschaftigter nieht erfiiIlt, kann folglich

nur ein suboptimaler Nutzen erzielt werden, womit das okonomische Leit­

prinzip (5.0.) verletzt wird.

In den vorangegangenen Kapiteln wurde deutlich, dass die zentrale Heraus­

forderung fiir Unternehmen aufgrund der wirtschaftliehen, technologischen

und gesellsehaftlichen Rahmenbedingungen in der Bewaltigung schwer vor­

hersehbaren Wandels besteht und sich daher ein Paradigrna der Unsicherheit

bestehender Verhaltnisse etabliert hat (vgl. z.B. PRIDDAT 1999). Dadureh kon­

nen auch kiinftige Anforderungen an Beschaftigte kaum prognostiziert wer­

den, so das5 die einzige Moglichkeit, zukiinftige Chancen nieht schon a priori

zu verringem, darin besteht, einen moglichst breiten und weitreiehenden

Stamm an individueller Kompetenz in der Belegsehaft aufzubauen und zu

pflegen. Eine aus heutiger Sieht optirnale Ausgangsbasis fiir eine Bewaltigung

zukiinftiger Probleme besteht darin, die (Weiter-)Entwicklung der individu­

ellen Kompetenz Beschaftigter nicht zu behindem und einzuschranken, son­

dem moglichst breit zu fordern und zu unterstiitzen. Aufwendungen rur die

Entwieklung und Sicherung individueller Kompetenz der Beschaftigten sind

als Aufwendungen fiir die Sicherung zukiinftigen Unternehrnenserfolgs zu

betrachten und daher als Investitionen aufzufassen. Investitionen grenzen sich

von anderen Aufwendungen gerade dadurch ab, dass sie in einer spezifischen

Erwartung getatigt werden: Sie sollen nach einer abgrenzbaren Zeit durch ihre

Ertrage (mehr als) ausgeglichen werden. Diese Ertrage werden durch die Er­

reichung eines Zielzustandes realisiert, der im angesprochenen Fall dann ein­

tritt, wenn die individuelle Kompetenz im Arbeitsalltag bei der Bewaltigung

Page 140: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

126 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

anfallender Probleme zum Einsatz gebracht wird. Das iikonomische Prinzip

impliziert also einen entsprechenden Nutzen (KompetenzerschlieBung) eines

eben in Hinblick darauf getatigten Aufwands (Investition in Kompetenzent­

wicklung). AIs iikonomisch rational (im Sinne: diesem Prinzip folgend) sind

dann all diejenigen Aufwendungen zu bezeichnen, die zur Erreichung des

Zielzustandes beitragen bzw. deren Wahrscheinlichkeit erhiihen. Der Beitrag

zur (Steigerung der Wahrscheinlichkeit einer) Zielerreichung kann sowohl

unmittelbar als auch mittelbar erfolgen, urn in diesem Sinne als rational be­

zeichnet werden zu kiinnen.

AIs irrational in diesem Sinne waren dann diejenigen Investitionen (in Kom­

petenzentwicklung) zu bezeichnen, bei denen wissentlich oder versehentlich

die Ausschiipfung der vollen Miiglichkeiten unterbleibt, die Erreichung des

angestrebten Zielzustandes sicherzustellen. Mit anderen Worten kiinnen sol­

che Investitionen als iikonomisch irrational bezeichnet werden, deren "Quali­

tatssicherung" - im Sinne flankierender MaBnahmen zur Sicherung des

Investitionsertrags - unterbleibt.

Folgt man Beckers Theorie von der Okonomie menschlichen Verhaltens

(BECKER 1993), wonach Menschen ihr Handeln nach positiver Bewertung der

Abwagung von Kosten- und Nutzenfaktoren ausrichten, so ergibt sich daraus,

dass die Beschaftigten die maBgebliche Instanz der Entscheidung tiber den

Einsatz ihrer Kompetenz sind. Die Betriebe kiinnen ihrerseits die Arbeit nur so

organisieren, dass die Beschaftigten ausreichend Anreize (Nutzen) des Einsat­

zes ihrer Kompetenz sehen. Die am haufigsten vorzufindende Kritik an Be­

ckers Theorie, sie reduziere den .Menschen normativ und empirisch auf ein

egozentrisches Geschiipf der Nutzenmehrung, kiinnte zur Sorge Anlass geben, Betriebe bewegten sich in der kompetenzfordernden Arbeitsgestaltung auf

einem Gebiet hoher Unsicherheit, da eine egoistische Mehrung des Individu­

alnutzens der Beschaftigten erwartet werden mtisste. Allerdings unterliegt

diese Position einer Fehlinterpretation, weil Becker kein anthropologisches

Bild des Menschen zeichnet. SCHRAMM (1994) fasst hierzu zusammen, dass

"der ,homo oeconomicus' methodologisch eine reine ,Logik der Situation'

bzw. des ,als ob' abbildet, die anthropologisch (normativ oder empirisch) ori­

entierte Kritik an Beckers ,economic approach' mithin einem methodologi­

schen FehlschuB unterliegt" (S. 235). Becker geht auch von konfligierenden

ZielgroBen (Nutzen) menschlichen Handelns aus, worin erstens zum Aus­

druck kommt, dass in seinem Ansatz nicht ausschlieBlich monetare Kategorien

Page 141: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 127

angesprochen werden, und zweitens, dass individueller Einsatz zugunsten

betrieblicher Nutzenoptirnierung nicht a priori dem individuellen Nutzenstre­

ben widerspricht. Vielmehr unterstellt Becker einen Gleichgewichtszustand im

Sinne eines Pareto-Optimums, in dem sich verschiedene, teilweise zueinander

in Konflikt stehende Zielsetzungen die Waage halten und jeweils temporar

zuriickgestellt werden kiinnen (vgl. BECKER 1993, 5.9).

1m Regensburger Konvergenz-Konzept wird als iikonomisches Prinzip be­

trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung die Unterstiitzung in­

dividuellen Kompetenzerwerbs und das Streben nach umfassender

ErschlieGung des Kompetenzpotenzials Beschaftigter verstanden.

Damit sind die bestrniiglichen Voraussetzungen erflillt (a) flir eine Optirnie­

rung des Nutzens yom Aufwand fiir Kompetenzentwicklung und (b) fiir die

Bewaltigung zukiinftiger, kaum prognostizierbarer Problernstellungen. Die

Realisierung des Nutzens hangt letztlich von der ErschlieGung der Kompeten­

zen ab, die sich darauf erstreckt, dass die Beschaftigten ihre individuelle

Kompetenz bei der Bewaltigung der Arbeitsaufgaben anwenden. GemaG Be­

ckers Theorie der Okonomie menschlichen Verhaltens tun sie das genau dann,

wenn sie nach Abwagung der individuell bewerteten Kosten- und Nutzen­

faktoren einen individuellen Nutzen sehen (vgl. BECKER 1993, S. 7).

5.2.2 Die piidagogische Perspektive betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Anstrengungen betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung verfol­

gen erstens das Ziel, bei Beschaftigten eine dauerhafte Veranderung ihrer Ver­

haltensdisposition, und zwar in der von den fiir die Bildungsarbeit

Verantwortlichen (unter wahrscheinlich naiven und unkritischen Uberlegun­

gen) als richtig empfundenen Weise, zu bewirken. Zweitens liegt diesen An­

strengungen theoretisches Wissen urn die Steigerung der Wahrscheinlichkeit

zur Erzielung der intendierten Wirkung zugrunde.

Damit sind die wichtigsten Begriffsbestimmungen erfiillt, urn diese Anstren­

gungen als erzieherisches Handeln zu verstehen, weil sie einer erzieherischen

Absicht und theoretischem Wissen folgen (vgl. BREZINKA 1990, S. 79; HElD

1994, S. 57). KLAFKI (1994) benennt weitreichende - darunter auch die im drit-

Page 142: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

128 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

ten Kapitel beschriebenen Rahmenbedingungen betrieblicher Arbeitsorgani­

sation - Schliisselprobleme, die den Kern von zukiinftigen, auch betrieblichen

Erziehungsaufgaben bilden miissten (vgl. S. 136£.). Dabei weist er den Erzie­

hungsinstitutionen - in unserem Faile sind das die Betriebe - einen klaren, auf

Allgemeinbildung und vielseitige Fahigkeits- und Interessenbildung abzielen­

den Erziehungsauftrag zu (vgl. S. 156£.). Und auch Deweys etwas anders ak­

zentuiertes Erziehungsverstandnis ist auf betriebliche Personal- und

Organisationsentwicklung anwendbar: "Education signifies the sum total of

processes by means of which a community or a social group, whether small or

large, transmits its acquired power and aims with a view to securing its own

continuous existence and growth" (DEWEY 1985, S. 425).

Fasst man nun das Idealbild rationalen erzieherischen Handelns als solches,

"wenn von einem absichtsgeleiteten Handeln unter jeweils definierten Bedin­

gungen aufgrund logisch und empirisch iiberpriifter Annahmen (Theorien

oder Hypothesen) mit angebbarer Wahrscheinlichkeit eine dem Absichtsinhalt

entsprechende Wirkung erwartet werden kann" (HElD 1994, S. 57f.), dann er­

geben sich folgende Schlussfolgerungen, wann betriebliche Entwicklungsbe­

miihungen als padagogisch rational bezeichnet werden konnen:

1m Regensburger Konvergenz-Konzept sind diese Entwicklungs­

bemiihungen dann als padagogisch rational zu bezeichnen, wenn sie zu ei­

ner Erhohung der Wahrscheinlichkeit der erwarteten Wirkung fiihren.

Dabei spielen drei Komponenten eine Rolle: (a) Die Optimierung der Rah­

menbedingungen erzieherischen Handelns, (b) die Wahl geeigneter Instru­

mente und Methoden sowie (c) der Riickgriff auf wissenschaftliche Befunde.

Angewandt auf Bemiihungen betrieblicher Personal- und Organisationsent­wicklung, die als Ziel die Bereitstellung der fiir zukiinftige Problemstellungen

benotigten Kompetenz Beschaftigter verfolgt, lasst sich padagogisch rationales

Handeln einerseits in der Optimierung der Rahmenbedingungen individuel­

len Kompetenzerwerbs sowie der Anwendung individueller Kompetenz im

Arbeitsalltag erkennen, andererseits in der Wahl adaquater MafSnahmen und

zwar in Anwendung erziehungswissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Orga­

nisation der Bedingungen erfolgreicher Kompetenzentwicklung.

Als das padagogische Leitprinzip betrieblicher Personal- und Organisations­

entwicklung soli daher die Unterstiitzung und Ermoglichung individueller

Kompetenzentwicklung verstanden werden. Dabei sei noch einmal auf das in

Page 143: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 129

Kap. 2.1 entwickelte Verstandnis des Kompetenzbegriffs verwiesen, das den

Performanzaspekt nicht einschlieBt. Das hier formuJierte padagogische Leit­

prinzip beinhaltet also die Entwicklung der potenziell fur die Arbeitswelt

(spater einmal) relevanten Fahigkeiten und Kenntnisse, uber deren Einsatz im

beruflichen Arbeitsalltag die Beschaftigten individuell nach MaBgabe eigener

und gesellschaftlich getei!ter Orientierungen und WertmaBstabe (situativ) ent­

scheiden. Dies bedeutet, dass Wissen uber betriebJiche, wirtschaftliche, gesell­

schaftliche und globale Zusammenhange, Wissen urn die Folgen beruflichen

und betriebJichen Handelns angesammelt wird und dieses bei der individuel­

len Entscheidung uber die Anwendung von Kompetenz im Arbeitsalltag zum

tragen kommt. Somit bleiben auch die Voraussetzungen eigenverantwortli­

chen Handelns Beschaftigter gewahrleistet (vgl. HElD 1995b).

5.2.3 Zur Konvergenz 6konomischer und piidagogischer Prinzipien

Eben wurde beschrieben, was fur das Regensburger Konvergenz-Konzept als

okonomisch bzw. padagogisch rational bezeichnet werden solI. Die Konver­

genz okonomischer und padagogischer Prinzipien ergibt sich auf Basis dieser

Definitionen, wei! die Berucksichtigung des formulierten padagogischen Leit­

prinzips eine notwendige und hinreichende Voraussetzung des beschriebenen

okonomischen Leitprinzips darstellt:

(a) Die Ermoglichung und Untersrutzung individuellen Kompetenzenverbs der

Beschaftigten seitens des Betriebs ist die Voraussetzung dafur, dass ein

moglichst umfangreiches Kompetenzspektrum im Kreise der Belegschaft

zur Verfugung steht. Je umfangreicher das Kompetenzspektrum, desto

wahrscheinlicher lasst sich Nutzen realisieren, auch deshalb wei! die kunf­

tigen Anforderungen nur schlecht prognostizierbar sind. Insofern stellt die

Ermoglichung und Unterstiitzung individuellen Kompetenzerwerbs eine

Voraussetzung der Optimierung kunftigen betriebJichen Nutzens dar, die

mit kalkulierbarer Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.

(b) Damit Nutzen uberhaupt realisiert werden kann, mussen die Beschaftigten

ihre Kompetenzen bei der Bewaltigung ihrer Arbeitsaufgaben anwenden

(KompetenzerschlieJ3ung). Voraussetzung hierfur ist, dass sie in ihrer Ar­

beitsumgebung Bedingungen vorfinden, unter denen sie einen individuel-

Page 144: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

130 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

len Nutzen in der Anwendung ihrer individuellen Kompetenz sehen (vgl.

BECKER 1993).

(c) Die Optimierung des betrieblichen Nutzens ist Voraussetzung fUr den

Fortbestand des Betriebs und der Arbeitsplatze der Beschaftigten. Gleich­

zeitig ist die Nutzenoptimierung damit aber auch Voraussetzung fur die

Gelegenheit, dass Beschaftigte im Rahmen ihrer beruflichen Arbeitstatig­

keit individuelle Kompetenz (weiter-)entwickeln (und anwenden) kiinnen.

Diese Zusarnrnenhange lassen sich graphisch als Triade darstellen (vgl. Abb.

5.1):

KompetenzerschlieGung

cSetenzentwic~

Abb. 5.1: Die Triade des Regensburger Konzepts der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Das Regensburger Konvergenz-Konzept lasst sich auch in einer negativen

Wendung formulieren: Die Vernachlassigung iikonomischer Prinzipien ver­

hindert die Erreichung (betriebs-)padagogischer Ziele ebenso wie in der um­

gekehrten Richtung die Vernachlassigung padagogischer Prinzipien aus

okonomischer Perspektive zu suboptimalen Resultaten fuhrt. Angewandt auf

konkrete Beispiele bedeutet dies, dass beispielsweise betriebliche Bildungs­

maBnahmen und Entwicklungsbemuhungen insofern einem iikonomischen

Prinzip genugen mussen, als sich der entstehende Aufwand durch den zu er­

wartenden Nutzen rechtfertigen lassen muss. Andererseits verletzt ein Unter­

nehmen, das keine optimalen Bedingungen fur Kompetenzentwicklung und

-erschlieBung zur Verfugung stellt, das Prinzip des sparsamen Umgangs mit

knappen Ressourcen und kann daher nur suboptimale wirtschaftliche Ergeb­

nisse erzielen.

1m Unterschied zu dem im Kap. 4.3.2 beschriebenen Konvergenz-Ansatz fugt

das Regensburger Konvergenz-Konzept nicht auf programmatischen Aussa­

gen, sondern auf theoretischen Dberlegungen. AuBerdem wird keinerlei Be-

Page 145: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts 131

hauptung iiber die Realisierung von Konvergenzbedingungen in betrieblichen

Kontexten aufgestellt, so dass die im Abschnitt 5.1 ausgefiihrten Schwach­

punkte der im erziehungswissenschaftlichen Diskurs ausgetauschten Stand­

punkte umgangen werden. Der Grad der Erfiillung dieser Bedingungen hat

keinen Einfluss auf den Geltungsanspruch des Regensburger Konvergenz­

Konzepts, vielmehr kann es gerade auch bei der Verfehlung dieser Bedingun­

gen als Optimierungsmodell Geltung beanspruchen.

53 Zusammenfassung

Ausfiihrlich erfolgte eine kritische Sondierung der erziehungswissenschaftli­

chen Debatte urn die Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzi­

pien und zum Forschungsstand in Bezug auf kompetenzfordemde

Arbeitsbedingungen. Es wurden als Kritikpunkte zum einen das Fehlen empi­

rischer Evidenz zu den ausgetauschten Positionen bemangelt, dariiber hinaus

wurde auf theoretischer Ebene Kritik an unzureichenden Begriindungen und

der Einschrankung der Betrachtungsperspektive geiibt. Weiterhin wurde dar­

auf hingewiesen, dass die Anforderungen an Beschaftigte auf einem derart

hohen Abstraktionsniveau angesiedelt sind, dass ihre Adressaten vor ein

kaum zufriedenstellend losbares Realisierungsproblem gestellt werden.

SchlieBlich wurde angemerkt, dass vollig unklar bleibt, ob und wie weit Be­

schaftigte irn Rahmen beruflicher Kompetenzanforderungen okonomische

und padagogische Uberlegungen gleichermaBen als relevant erachten.

Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz okonomischer und padago­

gischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

wurde ein Ansatz vorgestellt, der den Literaturstand insofem weiterentwi­

ckelt, als er die theoretischen Schwachen der kritisierten Ansatze vermeidet.

Die individuelle Kompetenzentwicklung der Beschiiftigten ist Voraussetzung

dafiir, dass dem Betrieb ein moglichst um£angreiches Kompetenzspektrum

zur Verfiigung steht. Darnit der Betrieb dieses Kompetenzspektrum nutzen

kann, miissen Bedingungen gegeben sein, unter denen die Beschiiftigten einen

Nutzen in der Anwendung ihrer individuellen Kompetenz sehen. Sind diese

gegeben, erhoht sich die Wahrscheinlichkeit ror einen dauerhaften Fortbe­

stand des Betriebs, was wiederum Voraussetzung daror ist, dass Beschiiftigte

Page 146: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

132 Kritische Bestandsaufnahme und Entwurf des Regensburger Konvergenz-Konzepts

im Rahmen ihrer Arbeit individuelle Kompetenz entwickeln und anwenden

konnen.

In wie weit in der Realitat betrieblichen Alltags Konvergenzbedingungen er­

rullt sind, das wird in der empirischen Studie exemplarisch untersucht. Hierzu

werden im nachsten Kapitel Untersuchungsfragen entwickelt.

Page 147: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

6 Fragestellung der Untersuchung

Zentrales Anliegen gema15 des Regensburger Konvergenz-Konzepts ist einer­

seits die umfassende Fbrderung der individuellen Kompetenz der Beschaftig­

ten, andererseits aber auch die Bereitstellung eines Arbeitsumfeldes, das die

Beschaftigten dazu veranlasst, ihre Kompetenz in den Arbeitsvo[[zug einzu­

bringen. Nur die Erfiillung beider Gesichtspunkte stellt eine Realisierung der

Konvergenz bkonomischer und padagogischer Prinzipien dar, da die Ver­

nachlassigung bereits einer dieser beiden Komponenten in verschiedener Hin­

sieht eine suboptimale Lbsung darstellen wurde:

• Wiirde die Fbrderung der individuellen Kompetenz vemachlassigt, so

blieben - padagogisch betrachtet - den Beschaftigten Lem- und Entwick­

lungsgelegenheiten vorenthalten. Unter einer bkonomischen Betrachtungs­

perspektive ware in der wissentlichen oder unwissentlichen Unterlassung

der Ressourcenpflege und -entwicklung ein versehwenderischer Umgang

mit knapp en (immateriellen) Gutem zu sehen.

• Unterbliebe die Anwendung individueller Kompetenz im Arbeitsalltag, so

verpassten unter einer padagogischen Perspektive die Beschaftigten Gele­

genheiten der Uberprufung und Konsolidierung ihrer Kompetenz. Aus ei­

ner bkonomisehen Blickrichtung heraus blieben vorhandene Ressourcen

ungenutzt.

Beide Aspekte sind fur sich genommen voraussetzungsreich und die Bedin­

gungen der Erflillung dieser Voraussetzungen sind - wie im funften Kapitel

herausgearbeitet - empirisch ungeklart. Deshalb sollen im Folgenden durch

eine explorative Herangehensweise grundlegende Fragen geklart werden, die

auf verschiedenen Ebenen anzusiedeln sind. Insgesamt werden folgende Fra­

genkomplexe aufgeworfen:

(1) Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erfullen, damit die Beschaf­

tigten ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfbrdernd erleben? Mit dieser Frage

wird die programmatische Ebene angesprochen, da nach GAIRlNG (1996, S.

105££.) Bemuhungen der Organisationsentwicklung (theoretisch) einer

Page 148: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

134 FragesteJlung der Untersuchung

doppelten Zielsetzung folgen, namlich der Effektivierung und gleichzeiti­

gen Humanisierung der Arbeit. Diese Frage zielt darauf ab, wie weit reali­

sierte Momente betrieblicher Arbeitsorganisation, so wie sie modeme

Konzepte anstreben, von den befragten Beschaftigten in ihrem beruflichen

Urnfeld tatsachlich als kompetenzfiirdemd erlebt werden.

(2) Wo erleben Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld Hindernisse fiir die Fiirde­

rung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz? Diese Frage zielt

nicht mehr nur auf Prograrnrnatik, sondem setzt an der Ebene betrieblicher

Realitat an. Es soli sich zeigen, in we1chem AusmaB Beschaftigte Verande­

rungen einfordem und wie diese im Verhaltnis zu den Organisatibnskon­

zepten zu werten sind.

(3) In wie weit besteht im Kreise der Befragten ein gemeinsam geteiltes Ver­

standnis betrieblicher Kompetenzanforderungen? Diese Frage greift den im

fiinften Kapitel angefiihrten Kritikpunkt auf, wonach Anforderungen meist

auf sehr hohem Abstraktionsniveau formuliert werden, das ein breites

Deutungsspektrum eriiffnet. Hier wird auf die Ebene individueller Inter­

pretationen von Anforderungen bzw. Bewaltigungserwartungen abgezielt.

(4) We1che Aspekte spielen bei der Abwagung von Vor- und Nachteilen be­

ruflichen Kompetenzerwerbs und beruflicher Kompetenzerbringung eine

Rolle? Diese Frage folgt der Perspektive der Konvergenzthese: In we1chem

Urnfang spielen iikonomische und padagogische Kalkiile eine Rolle und in

we1chem Verhaltnis stehen sie zueinander?

Diese Fragenkomplexe werden im Folgenden ausfiihrlicher vorgestellt.

6.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung

In empirischen Studien konnte nachgewiesen werden, dass bestimmte Merk­

male beruflicher Arbeit die individuelle Kompetenzentwicklung beeinflussen

kOnnen (vgl. z.B. BERGMANN 2000; PIETRZYK 2001), so dass der prinzipielle Zu­

samrnenhang der Ausgestaltung betrieblicher Arbeit und der ind(viduellen,

arbeitsimrna.nenten Kompetenzentwicklung Beschaftigter belegt ist. Die unter­

suchten Merkmale sind dem Konzept "vollstandiger Tatigkeiten" (HACKER

1998) entnommen und zeichnen sich durch "ausreichende Tatigkeitserforder­

nisse iiberhaupt ... , mogliche Kooperationen ... ,selbstandige individuelle bzw.

Page 149: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Fragestellung der Untersuchung 135

kooperative Zielfindungs/stellungs- und Entscheidungsmiiglichkeiten auf der

Grundlage von Freiheitsgraden ... , kognitive Vorbereitungsschritte der Tatig­

keiten ... <sowie> Lem- und Ubertragungsmiiglichkeiten von Leistungsvor­

aussetzungen auf andere (Arbeits-, Freizeit-)Tatigkeiten" (5. 253) aus.

Die modemen Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation rucken die individu­

elle Kompetenz Beschaftigter in den Mittelpunkt betrieblicher Entwicklungs­

anstrengungen, ohne jedoch eine explizit padagogische Perspektive

aufzugreifen. Zwar weisen diese Ansatze programma tisch auch solche Merk­

male auf, die in den genannten empirischen Untersuchungen in Zusammen­

hang mit der Fiirderung individueller Kompetenzentwicklung gesehen

wurden, allerdings kamen diese empirischen Befunde dadurch zustande, dass

das Konstrukt vollstandiger Tatigkeiten und Selbstkonzepte beruflicher Kom­

petenz der Befragten korrelativ uberpriift wurde. Insofem kIaren sie nicht auf,

wie weit Beschaftigte Merkmale ihres konkreten Arbeitsfeldes als kompetenz­

fiirdemd erie ben.

Eine Miiglichkeit zur Klarung der Frage, welche Bedingungen eine Arbeitsor­

ganisation erfiillen muss, damit Beschiiftigte sie als kompetenzfiirdemd erle­

ben, besteht darin, von Beschiiftigten konkret erlebte Beispiele zu erheben. Da

unklar ist, wie weit Programmatiken in der Praxis betrieblicher Arbeit reali­

siert werden, und daher eine Beurteilung der geltenden Programme keine

Klarheit verschafft, erscheint eine explorative Untersuchungsstrategie ange­

messen: Die Befragung Beschaftigter hinsichtlich konkret in der Arbeitsumge­

bung erlebter Beispiele der Fiirderung individueller Kompetenz fuhrt zu

Aussagen, die als Katalog von Merkmalen angesehen werden kiinnen, die kon­

krete Beschiiftigte in konkreten Arbeitsfeldem als kompetenzfiirdemd erlebt ha­

ben. Verbunden mit einer zusatzlichen Gruppeneinschatzung aller erhobener

Antworten liisst sich eine Aussage treffen, welche Bestandteile eine Arbeitsor­

ganisation beinhalten sollte, urn die Wahrscheinlichkeit zu erhiihen, von den (befragten) Beschiiftigten als kompetenzfiirdemd wahrgenommen zu werden.

In dem MaBe, in dem dieser Katalog von Merkmalen Bestandteile modemer

Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation enthalt, kann diesen Programmen

Erfolg insofem attestiert werden, als sie eine gute Voraussetzun~ dafur dar­

stellen, eine der Bedeutung angemessene giinstige Voraussetzung fur die

Entwicklung individueller Kompetenz zu bieten.

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136 Fragestellung der Untersuchung

Befunde zu diesem Fragenkomplex vermeiden die im Kritikpunkt 3 zusam­

mengefassten Probleme (vgl. Abschnitt 5.1.3), wonach in der Diskussion urn

die Wirkung von Organisationskonzepten und Entwicklungsmagnahmen hau­

fig eine Perspektive eingenommen wird, die Instrumente betrieblicher Perso­

nal- und Organisationsentwicklung als Technologien betrachten und somit die

Perspektive der Beschaftigten ausblenden. Hier werden Aussagen und Wer­

tungen von Beschaftigten in Bezug auf ihre individuelle Kompetenzentwick­

lung erhoben und somit der haufig ausgeblendeten Perspektive Geltung

verschafft.

6.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzftirderung

In engem Zusammenhang zum ersten Fragenkomplex ist die umgekehrte He­

rangehensweise zu sehen, nach der Beschaftigte dahingehend befragt werden

sollen, welche Faktoren in ihrem Arbeitsumfeld fUr die Entwicklung ihrer in­

dividuellen Kompetenz als hinderlich anzusehen sind. Hinweise hierzu erge­

ben sich zum einen aus einer indirekten Frage danach, welche Veranderungen

im Arbeitsfeld der Befragten notwendig waren, darnit es als kompetenzftir­

demd wahrgenommen wiirde, zum anderen aber auch aus der Erhebung von

Beispielen, in der ein hohes Mag an individueller Kompetenz zu Schwierig­

keiten im Arbeitsvollzug fUhrte. 1m 5inne einer Optimierung der Vorausset­

zung individueller Kompetenzentwicklung sind beide Varianten von

Bedeutung: (a) Die Reihe der fiir eine Kompetenzftirderung als notwendig

eingeschatzten Veranderungen ist als eine Liste von Verbesserungsvorschla­

gen fiir die Ausgestaltung des betrieblichen Arbeitsalltags zu sehen. In dieser Liste werden Idealvorstellungen abgebildet, deren Realisierbarkeit jeweils

unterschiedlich eingeschatzt werden diirften. Es ist plausibel anzunehmen,

dass solche Verbesserungsvorschlage einen starkeren Einfluss auf die motiva­

tionale Grunddisposition Beschaftigter ausiiben, die als realisierbar einge­

schatzt werden, als solche, deren Realisierung als unm6glich angesehen wird. (b) Erlebnisse, in denen ein hohes Mag an individueller Kompetenz zu

Schwietigkeiten im Arbeitsprozess fiihren, stellen sowohl aus der Perspektive

der Beobachtung als auch der einer pers6nlichen Betroffenheit ungiinstige

Voraussetzungen fiir die Ftirderung und (Weiter-)Entwicklung individueller

Kompetenz dar. Denn die Erfahrung, dass eine hohe Auspragung individuel­

ler Kompetenz im Arbeitsprozess zu Problemen fiihrt, beeintrachtigt die als

Page 151: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Fragestellung der Untersuchung 137

Voraussetzung fur menschliches Handeln angenommenen Kosten-Nutzen­

Abwagungen negativ, so dass als Folge die Anreize sowohl fur Beobachter als

auch unmittelbar Betroffene sinken, ihre Kompetenz fortzuentwickeln bzw.

ihre Kompetenz in den Arbeitsprozess einzubringen.

Insofern an der Untersuchung Beschaftigte aus modern organisierten Unter­

nehmen teilnehmen, kennte sich in den Antworten die Reichweite der Umset­

zung der jeweiligen Organisationskonzepte zeigen. Je nachdem, wie die

Verbesserungsvorschlage im Verhaltnis zu dem in den Konzepten Eingefor­

derten zu bewerten sind, deuten Befunde zu diesem Fragenkomplex auf eine

unzureichende Realisierung der Organisationskonzepte oder auf Interventi­

onspunkte fur weitere Verbesserungen des Arbeitsalltags hin. Dass die An­

nahme einer nur unzureichenden Realisierung von Organisationskonzepten

berechtigt ist, zeigen beispielsweise die Untersuchungen von JANSEN (2000,

2001) oder ScHUMANN U.A. (1994b) bzw. die Studie von GERST (1999), der in

der Automobilindustrie eine schleichende Unterwanderung moderner Orga­

nisationskonzepte durch Ruckgriff auf hierarchische Differenzierung und Ver­

einfachung von Arbeitsschritten vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen

Wettbewerbsdrucks beobachtet. Hierauf wurde bereits in Kritikpunkt 2 im

Abschnitt 5.1.2 verwiesen.

6.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstandnis

Der vierte Kritikpunkt (Abschnitt 5.1.4) fasste das Problem zusammen, dass in

der Diskussion urn kompetenzferdemde Arbeitsbedingungen das Raster von

Kompetenzanforderungen an Beschiiftigte zumeist auf einem derart hohen

Abstraktionsniveau beschrieben wird, so dass dieses ein gemeinsam geteiltes

Verstandnis der Organisationsmitglieder von diesen Anforderungen als wenig

wahrscheinlich erscheinen lasst. Daher stellt sich die Frage, ob und in wel­

chern AusmaB das Verstiindnis Beschaftigter von zentralen Kompetenzanfor­

derungen Ubereinstimmungen oder Unterschiede aufweist.

Urn diese Gesichtspunkte als Teilfragestellung in diese Arbeit integrieren zu

kennen, erscheint eine Fokussierung sinnvoll, so dass eine Auswahl weniger,

jedoch wichtiger Bestandteile aus dem Anforderungsspektrum an Beschiiftigte

in modern organisierten Betrieben getroffen werden soIl. Diese Einschriinkung

erlaubt es schlieBlich, eine Interpretation auf zwei gedanklichen Ebenen vor-

Page 152: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

138 Fragestellung der Vntersuchung

zunehmen: (a) Zum einen sollen Beschaftigte abstrakt nach ihrer Definition

der ausgewahlten Kompetenzanforderungen gefragt werden. Hier - so ist an­

zunehmen - kommen Idealvorstellungen und theoretische Annahmen zum

Tragen (vgl. HARTEIS V.A. 2001). (b) Zum anderen 5011 aber auch nach einer

Reihe konkreter Beispiele gefragt werden, urn persiinliche Erfahrungen der

Befragten anzusprechen, die Abweichungen von ihren Idealvorstellungen und

theoretischen Annahmen aufweisen kiinnen.

Aus den Befunden kann geschlossen werden, ob das hohe Abstraktionsniveau

von Kompetenzanforderungen ein Hindemis fur die Entwicklung eines ge­

meinsam geteilten Verstandnisses der Beschaftigten darstellt oder ob sich in

der Praxis betrieblicher Arbeit ein solches Verstandnis einstellt.

6.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis okonomischer und padagogischer Dberlegungen

1m funften und letzten Kritikpunkt wurde in Abschnitt 5.1.5 darauf hingewie­

sen, dass allseits unterstellt wird, Beschaftigte wurden in Zusammenhang mit

beruflichen Kompetenzanforderungen und beruflicher Kompetenzentwick­

lung iikonomische und padagogische Uberlegungen gleicherma8en - womiig­

lich sogar in einem ausgeglichenen Verhaltnis zueinander - anstellen.

Okonomische Uberlegungen zur Verwertung beruflicher Kompetenz im Be­

schaftigungssystem liegen auf der Hand, padagogische Uberlegungen und ein

Ausgleichsverhaltnis beider Kalkiile hingegen nicht.

Beide Arten von Dberlegungen lassen sich iiber solche Abwagungen operatio­

nalisieren, die Erwartungen von Vorteilen oder Nachteilen des Strebens nach

oder des Einsatzes von beruflicher Kompetenz abbilden. Die jeweiligen Er­

wartungen lassen sich inhaltsanalytisch dahingehend auswerten, ob bei den

Abwagungen iikonomische oder padagogische Uberlegungen vorgetragen

werden. Zwar spielen Abwagungen von Vor- und Nachteilen, Kosten und

Nutzen unter Beriicksichtigung von Opportunitatskosten, Realisierungswahr­

scheinlichkeiten etc. in so verschiedenen theoretischen Ansatzen wie bei­

spielsweise dem "Risiko-Wahl-Modell" (ATKINSON 1957) oder der Okonomie

menschlichen Verhaltens (BECKER 1993) eine Rolle, geben aber keine inhaltli­

che Prazision der angestellten Dberlegungen. Fiir die Frage nach der Realisie­

rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien ist es

Page 153: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Fragestellung der Untersuchung 139

jedoch von Bedeutung, welche Art von Uberlegungen im Zusammenhang mit

der Entwicklung oder der Anwendung individueller Kompetenz angesteIlt

werden.

Das Regensburger Konzept der Konvergenz 6konomischer und padagogischer

Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung sieht vor,

dass von der Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter sowohl der

Betrieb bzw. der Arbeitgeber als auch die Beschaftigten selbst profitieren. Von

daher lassen sich Kosten-Nutzen-Kalktile entsprechend differenzieren, indem

jeweils die Perspektive des Arbeitgebers und der Beschaftigten verfolgt wird.

Letztere lasst sich noch einmal zusatzlich unterscheiden in den Aspekt berufli­

chen Erfolgs einerseits und individueIler Pers6nlichkeitsentwicklung anderer­

seits. Deshalb wird auf die drei Perspektiven (a) Kosten/Nutzen ftir den

Arbeitgeber, (b) Kosten/Nutzen fUr den beruflichen Erfolg Beschaftigter sowie

(c) Kosten/Nutzen ftir die individuelle, pers6nliche Entwicklung Beschaftigter

fokussiert.

Die Befunde zu dies~m Fragenkomplex sollen zeigen, ob Beschaftigte in Zu­

sammenhang mit beruflicher Kompetenzentwicklung und beruflichen Kom­

petenzanforderungen auch padagogische Uberlegungen ansteIlen. Dartiber

hinaus 5011 sich zeigen, ob sich das Verhaltnis 6konomischer und padagogi­

scher Kalktile im Vergleich der drei Perspektiven untereinander unterscheidet.

6.5 Ubergeordnete Untersuchungsperspektive

Hinsichtlich aIler vier Fragenkomplexe wird aufschlussreich sein, ob die Be­

funde hierarchiespezifische Antwortschemata aufweisen: Urteilen Beschaftigte

mit Leitungsfunktion anders als Beschaftigte ohne Leitungsfunktion? Ftih­

rungskrafte haben wahrscheinlich nicht nur mehr M6glichkeiten, ihre Interes­

sen bei der Ausgestaltung der betrieblichen Arbeitsorganisation zur Geltung

zu bringen, sie wirken durch ihr Ftihrungsverhalten direkt auf kompetenzf6r­

dernde Arbeitsbedingungen ein. Gerade dort, wo Hierarchien formal ihre Be­

deutung verlieren, besteht die Gefahr, dass informelle Machtstrukturen zu

greifen beginnen, die der Idee moderner Organisationskonzepte sowie dem

Konvergenz-Ansatz zuwiderlaufen k6nnen.

In Hinblick auf aIle vier Fragenkomplexe ist eine Unterscheidung dieser bei­

den Hierarchien mit Blick auf die skizzierten Probleme relevant:

Page 154: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

140 Fragestellung der Untersuchung

(1) Begreift man die Rolle von Fiihrungskraften u.a. in der Funktion, ein Ar­

beitsurnfeld zu organisieren, das die Entwicklung und die Anwendung

individueller Kompetenz Beschaftigter unterstiitzt, so sind hierarchische

Unterschiede in der Auffassung, was ein kompetenzforderndes Urnfeld

auszeichnet, als dysfunktional anzusehen.

(2) In ahnlicher Weise gilt dies auch fiir den zweiten Fragenkomplex, in dem

Verbesserungsvorschlage zum Zweck der Forderung individueller Kom­

petenz untersucht werden sollen.

(3) Mit dem dritten Fragenkomplex wird getestet, wie weit bei den Befragten

ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen Kompetenzanforde­

rungen festzustellen ist. Besonders problema tisch sind hierarchische Un­

terschiede in dieser Frage dann, wenn Fiihrungskrafte als diejenigen

angesehen werden, die Anforderungen an Beschaftigte herantragen und

der ErfiiIlungsgrad dieser Anforderungen als Kriterium fiir eine Leis­

tungsbewertung Beschaftigter herangezogen wird.

(4) Ein Vergleich, in welchem AusmafS beide Teilgruppen bei der Abwagung

von Kosten und Nutzen individueller Kompetenzentwicklung bkonomi­

sche oder padagogische Uberlegungen ansteIlen, lasst Riickschliisse zu,

ob die beiden Teilgruppen in ihren Abwagungen wesentlich unter­

schiedliche Akzente setzen und padagogische Nutzeniiberlegungen nur

bei einer der beiden Teilgruppen greifen. Dies kbnnte bedeuten, dass

Konvergenzbedingungen nur fiir eine hierarchische Ebene gelten.

Diese Fragestellungen werden in den nachsten Kapiteln empirisch im Rahmen

einer vierstufigen Delphi-Studie aufgearbeitet.

Page 155: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

7 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

Das Kapitel ist in vier Teile gegliedert: Zunachst wird die Wahl des Delphi­

Verfahrens begriindet, indem die wichtigsten Merkmale und die Herkunft des

Verfahrens beschrieben werden und die Eignung des Verfahrens ftir die Ziele

dieser Arbeit diskutiert wird. In einem zweiten Abschnitt wird die untersuchte

Stichprobe beschrieben, ein dritter beschreibt anschlieBend das genaue Vorge­

hen bei der Untersuchung, das leicht von dem typischen Delphi-Verfahren

abweicht. Das Kapitel wird von der Beschreibung der Auswertungsinstru­

mente abgeschlossen.

7.1 Erhebungsinstrument: Die Delphi-Technik

Die Delphi-Technik ist ein heuristisches Problemltiseverfahren, das in Form

einer strukturierten, schriftlichen Gruppenbefragung tiber mehrere Befra­

gungsrunden hinweg durchgeftihrt wird. Es eignet sich insbesondere fUr die

Bearbeitung von Themen, zu denen noch keine gesicherten empirischen Daten

vorliegen und wurde speziell als Prognoseinstrument zur Vorhersage zuktinf­

tiger Gegebenheiten entwickelt. Dieses Merkmal trug zur Namensgebung in

Anlehnung an das antike Orakel bei. Gerade ftir das in dieser Arbeit verfolgte

Vorhaben, in einem explorativen Vorgehen Daten auf einem wenig erforsch­

ten Feld zu erheben, stellt das Delphi-Verfahren ein besonders geeignetes Er­

hebungsinstrument dar, das gerade durch die Variationsmtiglichkeiten eine

weitgehende Adaption an das Erkenntnisinteresse und das Erhebungsfeld er­Iaubt.

7.1.1 Herkunft des Verfahrens

1m Streben urn die militarische Vormachtstellung beauftragte das Pentagon

Ende der 40er Jahre Mitarbeiter der in Santa Monica (USA) ansassigen RAND

Corporation, nach neuen Methoden zur Generierung zuverlassiger Zukunfts-

Page 156: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

142 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

prognosen zu suchen. Sehr bald stellte sich heraus, dass fur die Gewinnung

aussagekraftiger Zukunftsaussagen die Ausnutzung von Spezialkenntnissen

ausgewiesener Fachleute von Vorteil ist. Da jedoch die Sichtung und Analyse

schriftlicher Publikationen solcher Fachleute ein sehr zeit- und arbeitsintensi­

yes Verfahren darstelIt, wurde an einem Altemativverfahren gearbeitet, das

an die Stelle der Literaturrecherche treten sollte. Angestrebt wurde eine sys­

tematische Befragung von Fachleuten in Form einer strukturierten Kommuni­

kation, bei dem auch auf die intuitiven Urteile der Experten zugegriffen

werden sollte (HELMER 1966). Intuitive Urteile zeichnen sich dadurch aus, dass

der oder die Urteilende die Herkunft der Urteile nicht mehr im Detail nach­

vollziehen kann. Sie sind in einem komplexen und langwierigen Prozess der

Informationsverarbeitung und Meinungsbildung entstanden und werden von

einer Vielzahl an Einflussfaktoren bestimrnt. Sie konnen daher als hochreflek­

tierter Dateninput angesehen werden, an dem die Erfinder dieses Verfahrens

ein grolSes Interesse haben mussten (LAMNECK 1980/81). Die basale Grundan­

nahme des Verfahrens besteht darin, dass "auf Wissensgebieten, in denen

langfristig wirkende GesetzmalSigkeiten der Entwicklung und des Wandels

objektiv unbekannt sind, zukunftige Zustande aufgrund intuitiver Urteile

prognostiziert werden konnen" (BRONNER, MATIASKE & STEIN 1991, S. 1229 f.).

Die erste grolS angelegte Delphi-Studie wurde 1964 von der RAND Corporati­

on durchgefuhrt. Sie sollte fur einen Zeitraum von 50 Jahren Voraussagen zum

Fortschritt auf den Gebieten Technologie, Wirtschaft, Gesellschaft und Militar

treffen (HELMER 1966).

7.1.2 Eigenschaften und Merkmale der Delphi-Technik

Die Delphi-Technik ist "ein Entscheidungsverfahren zur zeitlichen und kon­ditioneIIen Prazisierung ktinftiger, ungewisser Ereignisse mittels sukzessiver

Expertenbefragungen" (SCHOLLHAMMER 1970, S. 128), das in unterschiedlichen

Abwandlungen auf verschiedene Themenbereiche angewandt werden kann

(vgl. LINSTONE & TUROFF 1975, S. 3). Relativ hohe Bekanntheit innerhalb der

Erziehungswissenschaften eriangte die curriculare Delphi-Studie zur physika­

lischen Bildung (HAUf5LER U.A. 1980), im Kontext betrieblich relevanter Frage­

stellungen arbeiteten beispielsweise BRONNER, MATIASKE & STEIN (1991) sowie

HEINZL & SRIKANTH (1995), auf dem Feld der Qualifikationen betrieblichen

Page 157: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrurnente 143

Bildungspersonals HARTEIS & PRENZEL (1998). Mittlerwei!e findet das Verfah­

ren, nicht zuletzt seit es durch das Bundesforschungsministerium auf gesamt­

gesellschaftliche Fragestellungen angewandt wurde (BMBF 1998), zunehmend

Verwendung und Akzeptanz (ZEDLER 1999).

Ausftihrliche Beschreibungen zu Merkmalen und Eigenschaften der Delphi­

Technik liegen schon seit langem vor (BECKER 1974; SACKMAN 1975; WECHSLER

1978). Ais die wesentlichen Merkmale gelten (vgl. ACHTENHAGEN & TRAMM

1983; HENTZE, BROSE & KAMMEL 1993, S. 265 f.):

• An der Untersuchung nehmen ausgewahlte Fachleute tei!, die sich mit dem

jeweiligen Problem intensiv auseinandergesetzt haben. Gerade bei Proh­

lemstellungen, tiber die wenig objektive Information verftigbar ist, ist der

Rtickgriff von Personen mit sehr hohem Fachwissen in Hinblick auf die

Qualitat des Endergebnisses von Bedeutung. Das hat vor allem damit zu

tun, dass Fachleute in ihre intuitiven Urteile ein breites Spektrum an rele­

vanter Information einfliefSen lassen und in der Lage sind, ftir das gestellte

Problem relevante von irrelevanter Information zu unterscheiden. Dies ist

die fur die Qualitat des Endergebnisses wichtigste EinflussgrofSe (vgl.

ScHGLLHAMMER 1970).

• Die Befragten unterziehen sich einer iterativen Bearbeitung des Fragekom­

plexes, wobei die gebundeJten Ergebnisse einer vorangegangenen Bear­

beitungsrunde jeweils als Ausgangspunkt der nachsten Runde dienen.

Durch die gesteuerte Ruckkopplung sollen aile Beteiligten Gelegenheit er­

halten, ihre eigene Meinung im Lichte neuer Information in Form der

Gruppenmeinung tiberdenken und modifizieren zu konnen. Solehe Ur­

teilsmodifikationen hangen im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: der

Distanz zum Gruppenurteil einerseits und der Starke der personlichen Un­

sicherheit andererseits. Je unsicherer eine Stellungnahme zu einem Punkt

ist, desto eher erfolgt eine Annaherung an das Gruppenurteil in der nachs­

ten Runde. Dadurch konnen Beurtei!ungsfehler, die in Folge irrrurnlicher

Aussagen auftreten, im Verlaufe der Untersuchung reguliert werden (vgl.

ALBACH 1970, S. 19). Insgesamt ist im Verlauf des Verfahrens eine Annahe­

rung der einzelnen Meinungen zu erwarten und auch schon experimentell

nachgewiesen (BECKER 1974).

• Die gesamte Untersuchung stellt sich als ein Prozess einer strukturierten

Kommunikation dar, der zentral von der Forschungsstelle aus geleitet wird

und sternformig tiber diese Stelle verlauft. Zur Ausfuhrung einer struktu-

Page 158: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

144 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

rierten Kommunikation bedarf es "some feedback of individual contributi­

ons of information and knowledge; some assessment of the group judg­

ment or view; some opportunity for individuals to revise views; and some

degree of anonymity for the individual responses" (LINSTONE & TUROFF, S.

3). Es bleiben also die Versuchspersonen untereinander ebenso wie ihre

Antworten anonym. Damit erhalt jeder Beitrag gleiches Gewicht und wird

nicht durch gruppendynamische Prozesse verzerrt wahrgenommen. Durch

die stufenweise Abwicklung des Verfahrens erhalt die Versuchsleitung die

Moglichkeit, im Verlauf der Kommunikation die Ausrichtung der Diskus­

sion auf das Untersuchungsziel hin sicherzustellen.

• Eine anfangs relativ offene Fragestellung wird nach und nach konkretisiert.

Damit kann gewahrleistet werden, dass das Verfahren ohne eine Voraus­

wahl an Items starten kann und aile Untersuchungsergebnisse aus der

Gruppe der Befragten heraus generiert werden. Der Sinn dieser Vorge­

hensweise besteht darin, dass bei der Entwicklung des Gruppenurteils

auch AulSenseitermeinungen erfasst werden sollen. Das Ziel ist es hierbei,

tiber mehrere Befragungsrunden hinweg einen Meinungskonsens in der

Gruppe der Fachleute herzustellen.

7.1.3 Prognose- und Informationsgewinnung

Eine Prognose fulSt auf Wahrscheinlichkeitsannahmen tiber entscheidende Ge­

sichtspunkte des Prognosegegenstandes. Es treten hierbei im Wesentlichen

zwei Probleme auf: "Erstens ist es in komplexen Prognosesituationen prak­

tisch nie moglich, aile relevanten Entscheidungsfaktoren in Betracht zu ziehen, und zweitens gibt es in der Regel keine exakte Fundierung ftir Wahrschein­

lichkeitsannahmen" (SCHOLLHAMMER 1970, S. 129). Herkommliche Verfahren

(z.B. Korrelationsanalysen) liefem haufig ungenaue und unterschiedliche Er­

gebnisse, die sich nicht malSgeblich auf unterschiedliche subjektive Einschat­

zungen der zuktinftigen Entwicklungen zuriickfiihren lassen, sondern

vielmehr deshalb zustande kommen, "wei! es dem Vorausschauenden nur

selten gelingt, eine grolSere Zahl von Variablen sowie nicht quantifizierbare

Informationen systematisch in die Prognose einzubeziehen" (ebd.).

Ein besseres Prognoseverfahren muss daher einen Prozess beinhalten, der eine

Unterscheidung in prognose-relevante und prognose-irrelevante Information

Page 159: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

ermoglieht sowie aile relevanten Informationen systematisch und umfassend

beriicksichtigt.

Die Delphi-Technik geht von folgenden Annahmen aus: "Bei Prognosen iiber

langfristige Ereignisse kann man nieht auf exaktes Wissen zuriickgreifen. Es

gibt jedoch fiir die Prognose dieser Entwicklungen gute und sehlechte Infor­

mationen. Die guten und schlechten Informationen sind gleiehmaBig und zu­

fallig in den Kopfen von mehreren Einzelpersonen verteilt. Angesichts der

Unsicherheit der Zukunft hat der Einzelne keine Kriterien, eindeutig zwischen

guten und schleehten Informationen zu unterscheiden" (ALBACH 1970, S. 17).

Da in einer Gruppe von gleich (hochgradig) kompetenten Personen im Ver­

gleich zu einer kompetenten Einzelperson folglich mindestens genauso viele,

normalerweise jedoch mehr richtige und falsche Informationen vorfindbar

sind, stellt das Gruppenurteil, das durch die Delphi-Teehnik ermittelt wird,

mit einer hOheren WahrscheinIiehkeit ein riehtiges dar als ein Einzelurteil (vgl.

S.18).

Die genannten Eigenschaften der Delphi-Teehnik gelten nieht nur fiir Progno­

sen, sondern generell fiir Prozesse der Informationsgewmnung zu ungewis­

sen, komplexen und schlecht definierten Problemstellungen.

7.1.4 Versuclzspersonen

"Die Delphi-Methode wurde zu dem Zweck entwickelt, durch Forderung der

Ubereinstimmung der informellen Basis mehrerer Gutaehter tragfahige Urteile

iiber Prozesse zu erhalten, deren GesetzmaBigkeit (noeh) nieht oder nur un­

vollstandig bekannt sind" (BECKER 1974, S. 7). Da solche Urteile ein spekulati­

yes Moment besitzen, diirfen fiir die Untersuchung lediglich Faehleute zum

Untersuchungsgegenstand herangezogen werden, urn die Verlasslichkeit des

Urteils zu gewahrleisten.

1m Gegensatz zu anderen empirischen Methoden geniigt fUr die Delphi­

Technik bereits eine relativ kleine Probandengruppe fiir die Erzielung aussa­

gekraftiger Ergebnisse, als Mindestzahl gilt eine Gruppe von sieben Personen

(BF.CKER 1974, S. 10). Eine experimentelle Uberpriifung des Zusammenhangs

von GruppengroBe und Urteilsqualitat zeigte, dass die durchsehnittliche Feh­

lerquote (im Sinne des Anteils falseher Information im GruppenurteiI) bei

steigender GruppengroBe ab einer AnzahI von sieben Personen nur noch

lvIctflode: Erheb~ngs- und Auswer~instrumente 145

ermbglicht sowie aile relevanten Informationen systematisch und umfassend

berticksichtigt.

Die Delphi-Technik geht von folgenden Annahmen aus: "Bei Prognosen tiber

langfristige Ereignisse kann man nicht auf exaktes Wissen zurtickgreifen. Es

gibt jedoch ftir die Prognose dieser Entwicklungen gute und schlechte Infor­

mationen. Die guten und schlechten Informationen sind gleichrnaBig und zu­

fallig in den Kbpfen von mehreren Einzelpersonen verteilt. Angesichts der

Unsicherheit der Zukunft hat der Einzelne keine Kriterien, eindeutig zwischen

guten und schlechten Informationen zu unterscheiden" (ALBACH 1970, S. 17).

Da in einer Gruppe von gleich (hochgradig) kompetenten Personen im Ver­

gleich zu einer kompetenten Einzelperson folglich mindestens genauso viele,

normalerweise jedoch mehr richtige und falsche Informationen vorfindbar

sind, stellt das Gruppenurteil, das durch die Delphi-Technik errnittelt wird,

mit einer hbheren Wahrscheinlichkeit ein richtiges dar als ein Einzelurteil (vgl.

S.18).

Die genannten Eigenschaften der Delphi-Technik gelten nicht nur fur Progno­

sen, sondern generell ftir Prozesse der Informationsgewinnung zu ungewis­

sen, komplexen und schlecht definierten Problemstellungen.

7.1.4 Versuclzspersonen

"Die Delphi-Methode wurde zu dem Zweck entwickelt, durch Forderung der

Ubereinstimmung der informellen Basis mehrerer Gutachter tragfahige Urteile

tiber Prozesse zu erhalten, deren GesetzmaBigkeit (noch) nicht oder nur un­

vollstandig bekannt sind" (BECKER 1974, S. 7). Da solche Urteile ein spekulati­

yes Moment besitzen, dtirfen ftir die Untersuchung lediglich Fachleute zum

Untersuchungsgegenstand herangezogen werden, urn die Verlasslichkeit des

Urteils zu gewahrleisten.

1m Gegensatz zu anderen empirischen Methoden gentigt ftir die Delphi­

Technik bereits eine relativ kleine Probandengruppe ftir die Erzielung aussa­

gekraftiger Ergebnisse, als MindestzahI gilt eine Gruppe von sieben Personen

(BF.CKER 1974, S. 10). Eine experimentelle Uberprtifung des Zusammenhangs

von GruppengroBe und Urteilsqualitat zeigte, dass die durchschnittliche Feh­

lerquote (im Sinne des Anteils falscher Information im GruppenurteiI) bei

steigender GruppengrbBe ab einer Anzahl von sieben Personen nur noch

Page 160: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

146 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

leicht zuruckgeht und ab 25 Personen kaum mehr eine Qualitatsverbesserung

des Urteils eintritt (vgl. DALKEY, BROWN & COCHRAN 1969, S. 4 ff.).

7.1.5 Zum typischen Ablauf

"Vorrangiges Ziel der Delphi-Methode ... ist es, durch wiederholtes Befragen

innerhalb einer Gruppe von Fachleuten einen Meinungskonsens ... herzustel­

len" (LAMNECK 1981, S. 22). Mit Arbeitspapieren werden die Versuchsperso­

nen gebeten, mehrmals nacheinander zu einem Untersuchungsgegenstand ihr

personliches Urteil abzugeben. Jede dieser einzelnen Befragungen bildet eine

Delphi-Runde. Die Arbeitspapiere werden von der Versuchsleitung versandt

und nach Bearbeitung wieder an diese zuruckgegeben, somit bleibt die Ano­

nymitat der Antworten in der Probandengruppe gewahrleistet. Die Versuchs­

leitung wertet die einzelnen Bearbeitungen aus und erstellt eine Ubersicht

tiber die Gruppenmeinung, die an die Versuchspersonen in der Folgerunde

zusammen mit einem neuen Arbeitsauftrag zuruckgemeldet wird.

7.1.6 Vor- und Nachteile des Verfahrens

Abgesehen von den bereits angesprochenen methodischen Vorteilen lassen

sich in Bezug auf die Durchfuhrung des Verfahrens weitere Vorteile benen­

nen. So eroffnet sich durch die Beschrankung auf ausschlieBlich schriftliche

Befragungen die Moglichkeit, die Untersuchung unabhangig von Aufenthalts­

ort und Zeitplan der Probanden durchzufuhren. Die Arbeitsunterlagen lassen

sich auf dem Postweg belie big weit streuen. Zur zeitlichen Orientierung der

Fachleute wird eine angemessene Bearbeitungsfrist gesetzt, so dass die Ter­

minplane der Versuchspersonen nicht fur gemeinsame Arbeitstermine koor­

diniert werden mussen.

Ein weiterer Pluspunkt des Verfahrens liegt in der relativ hohen Akzeptanz,

das ihm entgegengebracht wird. So bezeichnen beispielsweise 11 von 14 Ver­

suchspersonen der Prognosestudie zu den Kompetenzanforderungen betrieb­

lichen Bildungspersonals die Delphi-Technik als (sehr) effektives Verfahren,

13 von ihnen halten es auch geeignet ftir die Erkundung unbekannter Prob­

lemstellungen (HARTEIS 2000a, S. 21 f.).

Page 161: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

lvlethodc: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 147

VOGEL & VERHALLEN (1983) fiihren als Nachteil des Verfahrens den hohen

zeitlichen Aufwand an, den die Durchfiihrung beansprucht. Die Delphi­

Technik verlangt den Teilnehmern ein hohes Ma15 an Motivation ab, urn am

gesamten Verfahren bis zum Abschluss teiIzunehmen. Speziell unstrukturier­

te, offene Fragestellungen konnen als entmutigend erlebt werden, au15erdem

gibt es im Verlauf der Untersuchung keine soziale Belohnung (vgl. S. 225).

71.7 EigHll1lg des Verfahrens flir die Ziele der vorliegenden Arbeit

In der Beschreibung der Problemstellung wurde einleitend in dieser Arbeit

daraui hingewiesen, dass ein empirischer Zugang zu einem Feld eroffnet wer­

den soIl, dem es bislang an empirischer Evidenz mangelt. Zwar dreht sich die

offentliche Diskussion der Zukunftsfahigkeit (deutscher) Unternehmen so­

wohl in Wissenschaft als auch in Praxis haufig urn die Bedeutung individuel­

ler Kompetenz Beschaftigter, allerdings - das wurde im fiinften Kapitel

herausgearbeitet - beziehen sich die ausgetauschten Argumente auf Program­

matik und nicht auf empirisch gesicherte Erkenntnisse. Nun ist gerade die

Delphi-Technik ein Verfahren, als dessen wichtigstes Merkmal die Eignung

fur Fragestellungen ohne gesicherte Datengrundlage genannt wurde.

Es wurden Untersuchungsfragen hergeleitet (Kap. 6), die zum einen auf die

Wahrnehmung der Arbeitsbedingungen in Hinblick auf die Forderung und

Forderung ihrer individuellen Kompetenz abzieIen, zum anderen auf die In­

terpretation zentraler Kompetenzanforderungen gerichtet sind. Angesichts

eines soleh breiten, bislang empirisch nicht erfassten Untersuchungsgegens­

tandes sprachen mehrere Griinde fiir die Wahl des Delphi-Verfahrens:

(a) Wechselnde Fragestellungen: Die Delphi-Technik erlaubt es, zu einem The­

mengegenstand Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu stel­

len. Das erscheint in Hinblick auf die Komplexitat der aufgeworfenen

Untersuchungsgegenstande angezeigt.

(b) Konkretisierllng des Gegenstands der Fragestellung: In der Regel werden im

Rahmen von Ansatzen betrieblicher PersonaI- und Organisationsentwick­

lung abstrakte Begriffe in die Diskussion zentraler Kompetenzanforderun­

gen eingebracht. Es erscheint notwendig, im Verlauf der Untersuchung die

Abstraktionsgrade dessen, was diskutiert und untersucht werden soll,

Schritt fur Schritt abzusenken.

Page 162: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

148 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

(c) Erhebungstechnische Griinde: Zu den aufgeworfenen Fragen soli untersucht

werden, ob und wie weit Differenzen und Ubereinstirnrnungen zwischen

den Probanden bestehen. Es sollen sowohl die Extrema der Interpretatio­

nen und Meinungen erfasst als auch (teil)gruppenspezifische Referenz­

deutungen herausgearbeitet werden.

(d)Eingeschriinkte Belastbarkeit der Probanden: Die Untersuchung soli mit Be­

schaftigten durchgefuhrt werden, die in einen Arbeitsprozess modem ge­

ftihrter Untemehmen eingebunden sind. Von daher muss eine Form der

Erhebung gewahIt werden, die keine storungen des Arbeitsalltags verur­

sacht. Das ist bei schriftlichen Befragungen gewahrleistet, zumal die Fristen

fur die Bearbeitung groBzugig festgelegt werden konnen.

7.2 Beschreibung der Stichprobe

Die Stich probe setzte sich aus Beschaftigten des Werks 6 der BMW AG in Re­

gensburg und des Regensburger standorts der Infineon Technologies AG zu­

sarnrnen. Beide Betriebe steIIen insofem ein gunstiges Rekrutierungsfeld dar,

als sie einerseits den Anspruch erheben, eine mit hochqualifizierten Beschaf­

tigten ausgestattete Arbeitsorganisation darzusteIIen. Andererseits betreiben

beide Betriebe einen hohen Bildungsaufwand fur ihre Beschaftigten. somit

steIIen sie gtinstige Voraussetzungen fur die Realisierung kompetenzfordem­

der Arbeitsbedingungen. In der Untersuchung geht es vorrangig urn grundle­

gende Fragen der Moglichkeiten und Bedingungen kompetenzWrdemder

Arbeitsorganisation, so dass unter diesen Voraussetzungen verwertbare Er­gebnisse erwartet werden durfen. Dass generalisierende Aussagen in Bezug

auf andere Unternehmen nur sehr eingeschrankt getroffen werden konnen,

liegt auf der Hand. Ein solches Erkenntnisinteresse liegt der studie aber auch nicht zu Grunde.

Zentrales Anliegen bei der Rekrutierung war eine Zweiteilung der Proban­

dengruppe in Fuhrungskrafte und in Beschaftigte ohne Fuhrungsfunktion (im

Folgenden auch: Belegschaft), urn eine kontrastive Untersuchung zu ermogli­

chen. N=32 Beschaftigte nahmen an der Delphi-Untersuchung teil, die sich wie

folgt auf die Untergruppen verteilten:

Page 163: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 149

Fiihrungskrafte Beschaftigte ohne Fiihrungsfunktion

BMWAG n-9 n-9 Infineon Technologies n-7 n-7

Tab. 7.1: Vertetlung der Probanden

Die in 7.1.4 formulierten Anforderungen an die Probandengruppe sind erfullt,

wei! zum einen die GroBe der gesamten Gruppe, aber auch der Teilgruppen

ausreichend groB ist (siehe Tab. 7.1). Zum anderen konnen die Probanden als

Fachleute fur die Beurteilung der Verhaltnisse an ihrem Arbeitsplatz angese­

hen werden, so dass ihr Urteil als verlasslich gelten kann.

Die Rekrutierung der Probanden vollzog sich sowohl uber die Bildungsver­

antwortlichen vor Ort in den Werken als auch uber personlichen Aufruf zur

Teilnahme im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen. Es liegt also we­

der eine Reprasentativauswahl noch eine Zufallsziehung vor. Vielmehr ist ge­

rade aufgrund der Rekrutierung uber BildungsmaBnahmen bzw.

Bildungsverantwortliche davon auszugehen, dass in der Stichprobe einzelne,

fur die Thematik der Studie relevante Merkmale uberreprasentiert sein durf­

ten, die eine Annahme von Konvergenzbedingungen begiinstigen konnten.

Dies ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu betrachten; die getroffene

Auswahl der Probanden stellt jedoch angesichts der in Hinblick auf Generali­

sierbarkeit bescheiden formulierten Untersuchungsziele kein Problem fUr die

Untersuchung dar.

7.3 Untersuchungsverlauf

Die Untersuchung war als vierstufiger Delphi-Prozess angelegt, der sich uber

einen Zeitraum von Januar bis Oktober 2000 erstreckte. In den vier Schritten

wurden unterschiedliche Fragestellungen aufgeworfen (vgl. Abb. 7.1), die

tei!weise aufeinander aufbauten, zum Teil wurden aber auch Perspektiven­

wechsel vorgenommen.

Page 164: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

150 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

1. Runde: Interpretation von _

Kompetenz... anforderungen

Januar2DOO

Vierstufiges Delphi-Verfahren

2. Runde: 3. Runde: Vorteile beruflicher Nachteile beruflicher

Kompetenz- Kompetenz-entwicklung entwicklung

April 2000 Juli 2000

Beispiele fur kompetenzfllrdernde Arbeitsbedingungen

April 2000

Bewertung del Beispiele

Juli2DOO

Abb. 7.1: Oberblick tiber den Untersuchungsaufbau

4. Runde: Erstellung von

Dilemmata Oktober2000

Hindernisse del Kompetenz-entwicklung

Oktober 2000

1m Rahmen dieser Arbeit lasst sich das Verfahren in ftinf zusammenhangende

Teilerhebungen aufteilen, wobei eine Trennung der Versuchspersonen in zwei

hierarchische Teilgruppen vorgenommen wurde:

(a) Untersuchung der Interpretationen der Kernkompetenzen

(b) Benennung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung

(c) Benennung und Bewertung von Beispielen betrieblicher KompetenzfOrde-

rung

(d) Entwicklung von Anderungsvorschlagen und deren Bewertung

(e) Beispiele der Kompetenzunterdruckung

Die Delphi-Technik kam hier in einer Abweichung von ihrer typischen Ver­

wendung zum Einsatz, weil weder eine Prognose erstellt noch ein und die sel­

be Frage tiber mehrere Runden hinweg vertieft wurde. Statt einer Prognose

wurde eine Gruppenmeinung erhoben, die sich auf die aktuellen Gegeben­heiten im Arbeitsumfeld der Befragten bezog. Zudem wurde nur in Teilen auf

eine Verengung des Datenspektrums Wert gelegt, auch erfolgte nur an einer

Stelle eine umfassende Bewertung aller Daten aus der vorangegangenen Run­

de. Diese Abwandlungen stellen mit Hinblick auf die Untersuchungsziele kei­

nen Einschnitt in die Erhebung dar, der die Qualitat der Befunde mindern

konnte. Alleine durch diese Abwandlungen war es moglich, ein breites Frage­

spektrum, wie es im sechsten Kapitel entwickelt wurde, in einem durch die

Bedingungen im Feld gegebenen engen Rahmen zu bearbeiten.

Page 165: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 151

7.3.1 Die erste Delphi-Runde

Die Delphi-Studie wurde mit einer offenen, einleitenden Fragestellung eroff­

net, indem die Versuchspersonen Definitionen von zentralen betrieblichen

Kompetenzanforderungen anfiihren soli ten und zur Benennung von jeweils

drei Beispielen aus ihrer betrieblichen Alltagserfahrung aufgefordert waren.

Die Fragestellung wurde auf die vier Kompetenzanforderungen F/exibilitiit,

Fiihrungskompetenz, Se/bststiindigkeit und Verantwortungsbereitschaft beschrankt,

die einerseits als abstrakt genug angesehen werden konnen, urn eine breite

Streubreite an Antworten zu erhalten, andererseits jedoch weniger diffus in­

terpretiert werden diirften als die weithin postulierte Sozialkompetenz, auf die

in diesem Zusammenhang bewusst verzichtet wurde (vgl. detailliert zur ers­

ten Runde HARTEIS U.A. 2001). Dass dies zentrale Kompetenzanforderungen an

Beschaftigte in solchen Betrieben sind, die nach den neuen Konzepten betrieb­

licher Arbeitsorganisation aufgebaut sind (wie die untersuchten Betriebe),

wurde im vierten Kapitel gezeigt. Die Antworten sowohl zu den Definitionen

als auch den Beispielen wurden einer qualitativen Inhaltsanalyse unterzogen

(MAYRING 1993) und inhaltsgeleitet kategorisiert, d.h. die Antworten wurden

einander gegeniibergestellt, sinngema15e Ubereinstimmungen wurden einan­

der zugeordnet. Die Auswertungsarbeiten wurden von drei Personen getrennt

vorgenommen, bei Abweichungen in den Kategorisierungen wurde eine Kon­

senslosung erarbeitet. Das Gruppenergebnis wurde den Probanden zuriick­

gemeldet, die am haufigsten genannten Antworten wurden als gemeinsame

Interpretationsgrundlage fiir die weiteren Fragen in Bezug auf diese Kompe­

tenzanforderungen herausgesteUt.

7.3.2 Die zweite De/phi-Runde

In der zweiten Runde hatten die Probanden drei Aufgaben zu bearbeiten: (1)

Die Benennung von Vorteilen des Erwerbs bzw. des Besitzes der in der ersten

Runde definierten Kompetenzen anhand mindestens zweier Beispiele. Um ein

differenziertes Urteil anzusto15en, wurde diese Frage unter drei verschiedenen

Perspektiven zur Bearbeitung gestellt, und zwar soUten Vorteile (i) unter der

Perspektive des Arbeitgebers, (ii) der (aus Sieht der Probanden) auf den eige­

nen beruflichen Erfolg gerichteten Perspektive sowie (iii) der eigenen, auf die

individueUe Entwicklung gerichteten Perspektive genannt werden. (2) Die Be-

Page 166: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

152 Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente

nennung von Beispielen aus ihrem Arbeitskontext, in denen die Entwicklung

und der Einsatz individueller Kompetenz gefOrdert und gefordert werden. (3)

Die Benennung von Ansatzpunkten fUr eine Verbesserung ihres Arbeitsum­

feldes, damit es die Entwicklung und den Einsatz individueller Kompetenz

fordern und fordern wurde. Aile Aufgaben waren als offene Fragen formu­

liert, urn wiederum eine weite Spannbreite an Nennungen erfassen zu konnen.

Dies erh6hte die Wahrscheinlichkeit, dass relevante Gesichtspunkte angefiihrt

wurden, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht als soIche erkannt hatte.

AuiSenseitermeinungen mussten sich, da aile Daten in eine der folgenden

Runden zur weiteren Bearbeitung an die Probanden zuruckgegeben werden

soli ten, im weiteren Untersuchungsablauf dem Gruppenurteil stellen und

konnten sich dort bewahren oder wurden als irrelevant verworfen.

Die Probanden wurden in den Instruktionen darauf hingewiesen, dass mit in­

dividueller Kompetenz mehr als nur die fUr die unmittelbaren Aufgaben am

Arbeitsplatz ben6tigten Fahigkeiten und Fertigkeiten gemeint sind, sondern

auch soIche Kompetenzen, die daruber hinausgehen.

7.3.3 Die dritte De/phi-Runde

Auch die dritte Runde wies eine dreigeteilte Aufgabenstellung auf: (1) Zu­

nachst soli ten in Analogie ZUI Vorgangerrunde die Nachteile des Erwerbs bzw.

Besitzes der vier Kernkompetenzen benannt werden. Auch hier sollten anhand

jeweils zweier Beispiele Nachteile unter den Perspektiven (i) des Arbeitgebers,

(ii) des eigenen beruflichen Erfolges sowie (iii) der eigenen pers6nlichen Ent­

wicklung benannt werden. (2) Die Probanden erhielten die gesamte Menge

der in der zweiten Runde genannten Beispiele der Kompetenzforderung und

-forderung, urn sie dahingehend auf einer zehnstufigen Ratingskala zu be­

werten, wie weit sie fUr das eigene Arbeitsurnfeld als zutreffend zu bezeich­

nen sind. Zusatzlich sollten die Probanden eine Rangliste derjenigen zehn

Nennungen erstellen, die ihnen am wichtigsten erschienen. Somit wurde eine

gruppeninterne Einschatzung samtlicher Beitrage aus Runde 2 hinsichtlich

Stimmigkeit und Bedeutung erzielt. (3) Analog wurde mit den Verbesse­

rungsvorschlagen verfahren, die allesamt auf einer zehnstufigen Ratingskala

dahingehend eingeschiitzt wurden, wie realistisch sie den Probanden erschie­

nen. SchlieJ51ich sollte auch hier eine Rangreihenfolge der zehn am wichtigsten

Page 167: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 153

eingeschiHzten Vorschlage erstellt werden. So konnte auch fiir die Verbesse­

rungsvorschHige ein gruppenintemes Meinungsbild dariiber erstellt werden,

was die Probanden als wichtig und realistisch einschatzen.

7.3.4 Die vierte Delphi-Runde

Die abschlieBende vierte Delphi-Runde bestand aus zwei verschiedenen Ar­

beitsauftragen: (1) Zum einen erhielten die Probanden eine Liste alIer in der

zweiten und dritten Runde eingebrachten Nennungen zu den Vor- bzw.

Nachteilen des Erwerbs oder Besitzes der ausgewahlten Kompetenzen. Es

sollten soIche Vor- und Nachteilsnennungen verbunden werden, die zueinan­

der in Relation stehen und ein Dilemma ergeben. Hierzu wurde eine Liste

derjenigen Nennungen aus den beiden vorangegangenen'Runden erstelIt, die

jeweils von mindestens zwei Probanden eingebracht wurden. Es wurden fiir

jede der vier untersuchten Kompetenzen zwei Arbeitsblatter entworfen, wobei

das erste die Liste der Vor- und Nachteile aus Sicht des Arbeitgebers enthielt.

Das zweite Arbeitsblatt umfasste den personlichen Vorteil in Hinblick auf den

eigenen beruflichen Erfolg, die Nachteile eben desselben Gesichtspunktes so­

wie die Nachteile fiir die eigene individuelle Entwicklung (zur tabellarischen

Dbersicht vgl. Tab. 7.2). Die Aufgabe fiir die Versuchspersonen bestand darin,

(i) passende (im Sinne von fiir die Probanden als zusammengehorend einge­

stufte) Paare von Vor- und Nachteilen zu bilden, (ii) auf einer zehnstufigen

Ratingskala die Tragweite soIcher Vorteil-Nachteil-Konflikte einzuschatzen

sowie (iii) auf einer zehnstufigen Ratingskala einzuschatzen, wie haufig diese

Konflikte auftreten. (2) Der zweite Arbeitsauftrag bestand darin, Situationen

im ArbeitsalItag zu erinnem, in denen eine hohe Auspragung individueller

Kompetenz zu Problemen fiihrte, und zwar (i) Situationen im Umgang mit

Kolleginnen und Kollegen, (ii) Situationen im Umgang mit Ftihrungskraften

sowie (iii) Situationen, in denen Aspekte der Untemehmensphilosophie zum Tragen kamen.

Der Arbeitsauftrag (1) wird hier nur aus Griinden der Vollstandigkeit er­

wiihnt, denn die Daten wurden nicht in diese Studie mit einbezogen, sondem

stellen den Anschluss zu weiterfiihrenden Untersuchungen her.

Einen zusammenfassenden Dberblick iiber die Fragestellungen und Ar­

beitsauftrage fur die Probanden gibt die Tabelle 7.2:

Page 168: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

154 Methode: Erhebungs- undAuswertungsinstrumente

._-- -----Aufgabenstellung~ Arbeitsauftrag

(1) Kompetenzanforderungen: (i) + Kombination Vor- und Nachteile Arbeitgeberper-Flexibilitat, spektive Fiihrungskompetcnz, + Kombination eigener Vorteil mit eigenem Nachteil Selbststandigkeit, in Bezug auf beruflichen Erfolg V erantwortungsberei tschaft + Kombination eigener Vorteil mit eigenem Nachteil

in Bezug auf individuelle Entwicklung (ii) Einschatzung Tragweite der Kombinationen (iii) Ein~hatzung ~rJi~~keit

(2) Negative Folgen einer hohen Beantwortung offener Fragen zu: Auspragung individueller + Situationen im Umgang mit Kolleginnen und KolIe-Kompetenz gen

+ Situationen im Umgang mit Fiihrungskriiften + Situationen, in denen Aspekte der Unternehmens-

philosophic zum Tragen kamen - - .. --- ----

Tab. 7.2: Uberslcht uber d,e Arbeltsschntte der vlerten Runde

7.4 Operationalisierung der Untersuchungsfragen und Auswertungsinstrumente

In diesem Abschnitt wird die Operationalisierung der vier aufgeworfenen

Fragekomplexe und die Auswertung des vorliegenden Datemuaterials be­

schrieben.

7.4.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzjorderullg

Ziel des ersten Fragenkomplexes war die Klarung, unter welch en Bedingun­

gen Beschaftigte ihr Arbeitsurnfeld als kompetenzfordernd wahrnehmcn.

Hierzu wurde in der zweiten Runde eine offene Frage gestellt, in der dritten

Runde waren Einschatzungen mit Hilfe von Ratingskalen vorzunehmen.

7.4.1.1 Auswertung der offenen Frage

Die Antworten auf die offenen Fragen wurden im Rahmen einer qualitativen

Inhaltsanalyse ausgewertet, sinngleiche Beitrage wurden zusammengefasst.

Ziel des Verfahrens war es, aile unterschiedlichen Argumente im Datenmate­

rial zu identifizieren und in einer Liste zusammenzufassen. Fur dies en wie

auch fur aIle anderen Auswertungsschritte, in denen eine qualitative Inhalts­

analyse erfolgte, gilt, dass die Kategorisierung jeweils sehr behutsam vorge-

Page 169: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 155

nommen wurde. 1m Zweifelsfall wurden Beitrage, die nicht einander nicht

klar zuzuordnen waren, als singulare Beitrage angesehen. Urn uber den Status

von aggregierten Einzelaussagen hinaus zu gelangen und die Generalisierbar­

keit der Aussagen zu testen, wurden die Liste mit den Ergebnissen der In­

halts analyse an die Gruppe zuruckgemeldet und einer Bewertung unterzogen.

7.4.1.2 Auswertung der Ratingskalen

Es erfolgte eine deskriptive Datenauswertung, indem die Punktsummen zu

beiden Teilfragen errechnet wurden. Da fur die Einschatzung, wie zutreffend

die Beispiele fur den persanlichen Arbeitsalltag gesehen werden, eine zehnstu­

fige Ratingskala vorgegeben war, konnte die Punktsumme direkt errechnet

werden. Fur die Einschatzung der Bedeutung war zunachst eine Auswahl zu

treffen, die dann in eine Rangreihenfolge gebracht werden sollte. Deshalb

wurden Rangpunkte vergeben, und zwar fur den ersten Rang 10, fur den

zweiten 9, fur den dritten 8 usw. Zur Berechnung der Gruppenrangliste wur­

den die Rangpunkte herangezogen.

Obgleich es sich beim Erhebungsinstrument um eine Schatzskala handelt, die

im Prinzip den Anforderungen einer Intervallskalierung nicht genugt, wei! die

Zuordnung der Datenwerte zu den empirischen GraBen intersubjektiv nicht

stabil ist (vgl. NIEDEREE & MAUSFELD 1996, S. 386), hat sich hat sich in der For­

schungspraxis ein pragmatischer Umgang etabliert, der auf eine Uberprufung

der Skalenaxiomatik verzichtet: "Die meisten Messungen sind ,perfiat'­

Messungen (Messungen ,durch Vertrauen'), fur die Erhebungsinstrumente

(Fragebagen, Tests, Ratingskalen etc.) konstruiert werden, von denen man an­

nimmt, sie wurden das jeweilige Merkmal auf einer Intervallskala messen"

(BORTZ & DORING 1995, S. 69). Somit sollen auch hier die Daten als intervall­

skaliert interpretiert werden.

In Hinblick auf die Fragestellung ist die Einschatzung der Bedeutung fUr die

Farderung der Kompetenzentwicklung maBgeblich. Zur Beantwortung der

Frage musste die kritische Grenze festgelegt werden, bis zu der Items als Be­

dingungen gedeutet werden sollten, die von den Beschiiftigten als besonders

wichtig fur die Forderung ihrer Kompetenz beurteilt wurden. Ais Grenzwert

wurde die 25%-Mark(' aller erreichbaren Rangpunkte festgesetzt. Fur diese

Festlegung konnte auf keine Erfahrungswerte aus anderen Studien zuruckge­

griffen werden, so dass eigene Plausibilitatserwagungen maBgeblich waren.

Page 170: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

156

Diese Grenze erscheint ausreichend streng, da nur solche Items dies Grenze

uberschreiten konnten, die entweder von vielen Befragten ausgewahlt wurden

oder von ausreichend vie len Befragten hohe Rangwertungen erhielten.

Das Gruppenurteil, wie weit die vorgelegten Items als zutreffend eingeschatzt

werden, wird in eine z-standardisierte Verteilung transformiert, so dass die

Einschatzungen einzelner Items verglichen werden kbnnen.

Flir den Test auf Unterschiede zwischen Vorgesetzten und Belegschaft wird

der t-Test auf dem Signifikanzniveau p s .05 (zweiseitige Prufung) herangezo­

gen.

7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenz/iirderung

Der zweite Fragenkomplex zielte auf die Erfassung von Umstanden ab, die flir

die Entwicklung individueller Kompetenz als hinderlich angesehen werden

kbnnen. Zu diesem Fragenkomplex wurden in den Runden zwei bis vier Ar­

beitsauftrage erteilt.

7.4.2.1 Auswertung der offenen Fragen

Die Antworten auf die offene Frage in Runde zwei wurden in einer qualitati­

yen Inhaltsanalyse auf die eingebrachten Argumente hin untersucht, die in

einer Liste zusammengestellt und an die Befragten zur weiteren Bearbeitung

zuriickgegeben wurden.

Die Antworten auf die offene Frage in Runde vier wurden ebenfalls in einer

qualitativen Inhaltsanalyse auf ihre Argumente hin analysiert und bei ahnli­

chem Sinngehalt zusammengefasst. Es erfolgte ein Vergleich der beiden Teil­

gruppen Flihrungskrafte und Belegschaft auf der deskriptiven Datenebene

(Haufigkeiten).

7.4.2.2 Auswertung der Ratingskalen

Das Auswertungsverfahren verlief analog zum Fragenkomplex 1: Fur die Ein­

schatzung der Realisierbarkeit war eine zehnstufige Ratingskala vorgegeben,

so dass die Punktsumme direkt berechnet werden konnte. Die Einschatzung

der Bedeutsamkeit sollte wiederum zunachst in einer Auswahl und dann mit

156 Methode: Erhebungs- und Auswertu~in~trumente

Diese Grenze erscheint ausreichend streng, da nur solche Items dies Grenze

uberschreiten konnten, die entweder von vielen Befragten ausgewahlt wurden

oder von ausreichend vie len Befragten hohe Rangwertungen erhielten.

Das Gruppenurteil, wie weit die vorgelegten Items als zutreffend eingeschatzt

werden, wird in eine z-standardisierte Verteilung transformiert, so dass die

Einschatzungen einzelner Items verglichen werden kbnnen.

Fiir den Test auf Unterschiede zwischen Vorgesetzten und Belegschaft wird

der t-Test auf dem Signifikanzniveau p $ .05 (zweiseitige Prufung) herangezo­

gen.

7.4.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenz/iirderung

Der zweite Fragenkomplex zielte auf die Erfassung von Umstanden ab, die fiir

die Entwicklung individueller Kompetenz als hinderlich angesehen werden

kbnnen. Zu diesem Fragenkomplex wurden in den Runden zwei bis vier Ar­

beitsauftrage erteilt.

7.4.2.1 Auswertung der offenen Fragen

Die Antworten auf die offene Frage in Runde zwei wurden in einer qualitati­

yen Inhaltsanalyse auf die eingebrachten Argumente hin untersucht, die in

einer Liste zusammengestellt und an die Befragten zur weiteren Bearbeitung

zuriickgegeben wurden.

Die Antworten auf die offene Frage in Runde vier wurden ebenfalls in einer

qualitativen Inhaltsanalyse auf ihre Argumente hin analysiert und bei ahnli­

chem Sinngehalt zusammengefasst. Es erfolgte ein Vergleich der beiden Teil­

gruppen Fiihrungskrafte und Belegschaft auf der deskriptiven Datenebene

(Haufigkeiten).

7.4.2.2 Auswertung der Ratingska/en

Das Auswertungsverfahren verlief analog zum Fragenkomplex 1: Fur die Ein­

schatzung der Realisierbarkeit war eine zehnstufige Ratingskala vorgegeben,

so dass die Punktsumme direkt berechnet werden konnte. Die Einschatzung

der Bedeutsamkeit sollte wiederum zunachst in einer Auswahl und dann mit

Page 171: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Methode: Erhebungs- und Auswertungsinstrumente 157

der Festlegung einer Rangreihenfolge vorgenommen werden. Hier wurde das

Gruppenurteil wieder tiber die Berechnung von Rangpunkten ermittelt.

Die Daten wurden als intervallskaliert interpretiert, zum Vergleich der beiden

Teilgruppen wurde der t-Test bei einem Signifikanzniveau von p S .05 (zwei­

seitige Prtifung) herangezogen.

7.4.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstiindnis

Die Frage nach einem gemeinsam geteilten Verstandnis von zentralen betrieb­

lichen Kompetenzanforderungen wurde in der ersten Delphi-Runde behan­

delt, in der jeweils offene Fragen gestellt waren.

Ein erster Auswertungsschritt bestand in einer qualitativen Inhaltsanalyse.

Durch Zuordnung sinngleicher Beitrage und Abgrenzung unterschiedlicher

Antworten wurden aus dem vorliegenden Datenmaterial Kategorien gebildet.

Eine Objektivierung der Zuordnung sollte dadurch erreicht werden, dass die

Auswertung von drei unabhangigen Personen vorgenommen wurde. Abwei­

chungen in den Zuordnungen wurden in der Gruppe diskutiert und in einem

Konsens die endgliltige Zuordnung festgelegt.

Da auf kein allgemein anerkanntes Kriterium zur Bestimmung eines gemein­

sam geteilten Verstandnisses zurtickgegriffen werden kann (vgl. BOLES 1999),

muss ftir jedes Forschungsvorhaben eine eigene Operationalisierung festgelegt

und vertreten werden. Das "gemeinsam geteilte Verstandnis" bezog sich hier

auf die Interpretationen und Deutungen der vier vorgelegten Kompetenzan­

forderungen. Homogenitat bzw. Heterogenitat konnte also tiber die Streu­

breite der Anworten operationalisiert werden, die sich in dem Grad

niederschlagt, in dem sich die eingegangenen Beitrage gemeinsamen Sinnka­

tegorien zuordnen lieBen.

Hierftir wurde als VerdichtungsmaB der Quotient aus der Anzahl der Sinn­

kategorien geteilt durch die Anzahl der Antworten eingeftihrt (Ratio). Ais die

kritische Grenze ftir ein gemeinsam geteiltes Verstandnis wurde der Grenz­

wert von 25% (Ratio S .25) festgelegt. Das heillt, eine ausreichende Basis ftir

ein gemeinsam geteiltes Verstandnis wurde bei den Kompetenzanforderungen

angenommen, zu denen sich die Antworten der Versuchspersonen gegentiber

der ursprtinglichen Anzahl auf mindestens ein Viertel verschiedener Sinnka-

Page 172: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

158 Methode: Erhebungs- und Auswcrtungsinstrumente

tegorien verdichten liefSen. Auch diese Festlegung erfolgte nach eigenen Plau­

sibilitatserwagungen, da auf keinen etablierten Standard wert zuriickgegriffen

werden konnte.

Der Vergleich beider Teilgruppen wurde mittels eines Vergleichs der Haufig­

keitsverteilungen angestellt. Hierzu fand der x2..Test (df = 1) Anwendung, als

signifikanzniveau galt p ::; .05.

7.4.4 Fragenkomplex 4: Verhiiltnis okonomischer und piidagogischer Oberlegungen

Urn die Frage zu klaren, ob und in welchem Verhiiltnis Bescha.ftigte in Zu­

sammenhang mit beruflichen Kompetenzanforderungen okonomische und

padagogische Uberlegungen anstellen, wurden in der zweiten und dritten

Delphi-Runden in offener Fragestellung Vorteils- bzw. Nachteilskalkiile erho­

ben.

7.4.4.1 Auswertung der offenen Fragen

Das Vorgehen gleicht dem zu Fragenkomplex 3: Ein erster Auswertungsschritt

bestand in einer qualitativen Inhaltsanalyse. Durch Zuordnung sinngleicher

Beitrage und Abgrenzung unterschiedlicher Antworten wurden aus dem vor­

liegenden Datenmaterial Kategorien gebildet. Die Arbeiten wurden von drei

unabhangigen Personen vorgenommen, strittige Zuordnungen wurden im

Diskurs geklart.

Ein weiterer Auswertungsschritt bestand in der Aufteilung der Beitrage in 501-

che, die okonornische Gesichtspunkte in der Vordergrund steIlen, und solche,

die padagogische Gesichtspunkte in den Vordergrund stellen. Damit Beitrage

den padagogisch gepragten Antworten zugeordnet wurden, mussten in den

Argumenten Aspekte des Wissens- und Kompetenzerwerbs, der individuellen

Entwicklung enthalten sein oder die Bedingungen motivierten Lernens

(PRENZEL 1995) thematisiert werden. Urn diese Einteilung nicht ausschliefSlich

dem individuellen Ermessen einer Einzelperson zu iiberlassen, wurde sie von

drei Personen getrennt voneinander vorgenommen. Die letztliche Einteilung

kam durch das Mehrheitsurteil zustande.

Page 173: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

159

7.4.4.2 Deskriptive Aliswertung

Die eingegangenen Beitrage wurden in einem nachsten Schritt dahingehend

ausgewertet, wie haufig die im ersten Arbeitsschritt entwickelten Kategorien

in den beiden Teilgruppen belegt wurden und in welchern Haufigkeitsver­

haltnis okonomisch und padagogisch gepragte Antworten bei beiden Teil­

gruppen vorzufinden sind.

7.4.4.3 Tezlgruppenvergleich

Nachdem in dieser Datengruppe norninalskalierte Daten vorliegen, ware ein

X2-Test eigentlich das Standardverfahren fur den Nachweis von unabhangigen

Urteilen beider Teilgruppen. Da jedoch beim Vergleich der Haufigkeitsver­

teilungen der Vorteils- und Nachteilsnennungen die Daten aufgrund zu nied­

riger Erwartungswerte das sogenannte Cochran-Kriteriurn, wonach hdchstens

80% der Erwartungswerte < 5 und keiner < 1 sein darf, nicht erfilIIen, wurde

hier als TestgrdBe der in dieser Hinsicht stabilere Kontingenzkoeffizient C

(BORTZ & LrENERT 1998, S. 232; CLAUJl, FINZE & PARTZSCH 1995, S. 71 ff.) he­

ranEezogcn. Der Pearson-Kontingenzkoeffizient C gibt als AssoziationsmaB

flir nominalskalicrtc Variablen an, wic gut sich bei zwei Variablen jeweils eine

durch die> andere vorhersagen lasst. Der maximal erreichbare "Vert C bedeutet

die vollstandigc Vorhersagbarkeit einer Variable durch die andere.

Der Teilgruppenvcrgleich hinsichtlich der Verteilung auf okonomisch bzw.

padagogisch gcpragtc Antwortcn wurdc mit Hilfe cines Vier-Felder-x2-Tests

(di = 1) volIzogen.

~1cth()de: Erhebung_~_~d AUSWl'rtunr;sinstr.~~ente 159

7.4.4.2 Deskriptive Allswertung

Die eingegangenen Beitrage wurden in einem nachsten Schritt dahingehend

ausgewertet, wie haufig die im ersten Arbeitsschritt entwickelten Kategorien

in den beiden Teilgruppen belegt wurden und in welchern Haufigkeitsver­

haltnis okonomisch und padagogisch gepragte Antworten bei beiden Teil­

gruppen vorzufinden sind.

7.4.4.3 Tezlgruppenvergleich

Nachdem in dieser Datengruppe norninalskalierte Daten vorliegen, ware ein

X2-Test eigentlich das Standardverfahren fur den Nachweis von unabhangigen

Urteilen beider Teilgruppen. Da jedoch beim Vergleich der Haufigkeitsver­

teilungen der Vorteils- und Nachteilsnennungen die Daten aufgrund zu nied­

Tiger Erwartungswerte das sogenannte Cochran-Kriteriurn, wonach hdchstens

80% cler Erwartungswerte < 5 und keiner < 1 sein darf, nicht erfilIIen, wurde

hier als TestgrdBe der in dieser Hinsicht stabilere Kontingenzkoeffizient C

(BORTZ & LrENERT 1998, S. 232; CLAUls, FINZE & PARTZSCH 1995, S. 71 ff.) he­

rangezogcn. Der Pearson-Kontingenzkoeffizient C gibt als AssoziationsmaB

fUr nominalskaliertc Variablen an, wie gut sich bei zwei Variablen jeweils eine

durch die> andere vorhersagen Iasst. Der maximal erreichbare Wert C bedeutet

clie vollstanclige Vorhersagbarkeit einer Variable durch die andere.

Der TeilgruppenvergJeich hinsichtlich der Verteilung auf okonomisch bzw.

padagogisch gepragte Antworten wurde mit Hilfe eines Vier-Felder-x2-Tests

(di = 1) vollzogen.

Page 174: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

8 Ergebnisse

Die Darstellung der Ergebnisse ist folgendermalSen gegliedert: Zunachst wer­

den deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe beschrieben, die einen Oberblick

tiber die Beteiligung an den vier Delphi-Runden geben. Dann werden die Er­

gebnisse in der Systematik der aufgeworfenen Fragestellungen (vgl. Kap. 6)

zusammengestellt. Bei def Auswertung kamen die im Abschnitt 7.4 darge­

stell ten Instrumente zum Einsatz.

8.1 Deskriptive Ergebnisse zur Stichprobe

Es wurden keinerlei personenbezogene Daten erhoben, fur die Untersuchung

war lediglich die Zuordnung zu den Teilgruppen Fiihrungskrafte und Beleg­

schaft von Bedeutung. Ftir die Teilnahme hatten sich N=32 Personen ange­

meldet, die jeweils die Arbeitsunterlagen zu den vier Delphi-Unterlagen

zugesandt bekamen. Der Rticklauf schwankte im Verlauf der Untersuchung.

f

'j Fuhrungshifle"-.

Start 16 (100%)

[IWcklauf 1. Runde 16 (100%)

I Ruckiauf 2. Runde 13 (81 %)

..

Gesarot I Belegschait + 16 (100%) , 32 (100 %)-:

..J1.QO.:±)_ ._ 6 (81%) 13 (81 %) 2

16 (100%) . __ ~ ~2 I Ruckiauf 3. Runde 11 (69%) 8(50%) l 1 t RuckIau.f 4. ~unde 11 (69%) 9 (56%) 2

____ 9 (59%) __

o (63%) Tab. 8.1: Uberslcht uber die Rucklaufquoten dcr vlcr Delphl-Runden

Zwar lag die Rticklaufquote in den letzten beiden Runden unter der der ersten

beiden Durchgange, allerdings konnen diese Quoten als zufriedenstellend an­

gesehen werden, da keine der beiden Teilgruppen unter die fur Delphi­

Verfahren als MindestgrolSe angegebene Anzahl von sieben Personen sank.

Page 175: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

162 Ergebnisse

8.2 Ergebnisse zum Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung

Die Probanden hatten in den Runden 2 und 3 die Teilaufgabe, Beispiele aus

ihrem Arbeitsalltag zu benennen, die von den Probanden als Indiz dafur ange­

sehen werden, dass ihre individuelle Kompetenz gefordert und gefordert wird

(Runde 2). Die Antworten wurden gesarnmelt und in der dritten Runde kom­

plett zur Bewertung in der Gruppe vorgelegt, indem die Probanden (a) alle

Antworten auf einer zehnstufigen Ratingskala dahingehend einschatzen soll­

ten, fUr wie zutreffend sie die Antworten haJten und (b) eine Rangliste der

zehn ihnen am wichtigsten erscheinenden Beitrage erstellen sollten. Die 79

Beispielsnennungen aus der zweiten Runde - aus der 26 Versuchspersonen

bearbeitete Unterlagen zurucksendeten - konnten zu 19 verschiedenen Items

zusammengefasst werden.

Hier werden die Ergebnisse in Tab. 8.2 fur die gesamte Stichprobe dargestellt,

da die Fragestellung zunachst fur Beschaftigte allgemein, also Fuhrungskrafte

und Belegschaft zusarnmen, formuliert ist. Die Tabelle enthalt alle 19 sinnge­

mag zusammengefassten Beispiele, wodurch die Versuchspersonen in ihrem

Arbeitsumfeld ihre individuelle Kompetenz gefordert und gefOrdert sehen.

Die erste Zahlenspalte der Tabelle gibt die Anzahl der Nennungen an, mit de­

nen die jeweiligen Beispiele in der zweiten Runde eingebracht wurden (An­

zahl Nennungen). Die nachste Spalte (I) weist die Summe der Rangpunkte

aus, die rechte Spalte (Anzahl Wertungen) zeigt, wie viele Probanden das je­

weilige Item in ihre Rangliste der zehn wichtigsten Beispiele aufgenommen

haben.

Page 176: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 163

Anzahl E

Anzahl Nennungen Wertungen

Unterstiitzung bei der L6sung van Problemen durch Vor- 2 88 16 gesetzte und Kollegen Proiektarbeit 6 84 13 Freiraume ftir Entscheidungen 6 80 15 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fach- 10 75 13 tiberl!!eifenden Arbeitskreisen ilbertrarufllt von Personalverantwortung 11 72 12 Hohe Anforderung durch vielfaltige Arbeitsaufgaben 1 68 11 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter 1 67 10 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 1 64 10 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten 2 61 11 Vielfalt der Arbeitsaufgaben 12 53 11 RestelmiiJSig stattfindende Mitarbeitergesprache 7 52 11 Orstanisation von Wissen auf der Basis von Netzwerken 3 44 9 Abschluss von Zielvereinbarungen, deren Erreichen finan- 4 38 6 ziell honoriert wird Einftihrung von Gruppenarbeit 2 36 7 Durchftihrung von Grurrenmoderationen 1 32 4 "Je mehr Kompetenz eingebracht wird, desto mehr Gehalt 1 25 6 wird ausbezahlt" Bereitstellen vielfaltiger Informationen tiber Intranet und 2 20 4 Firnlenzeitung Angemessene Verteilung der Aulgaben mit steigenden 4 16 5 Anforderungen im Erfolgsfall Arbeitseinsatz an verschiedenen Standorten 3 15 5

.. .. .. Tab. 8.2: Relspiele fur Kompetenzforderung und .hre Bedeutung m der Emschatzung durch die l'robanden

Aus dieser Aufstellung geht hervor, dass Einzelnennungen aus der zweiten

Runde in der FoIgebewertung durchaus hohe Bedeutung beigemessen wurde.

Damit wurde die Intention des Delphi-Verfahren erreicht, zum einen ein brei­

tes Spektrum an Gedanken zu erfassen und die Gelegenheit einzuraumen,

dass Einzelaussagen durch eine Gruppenbewertung einen Bedeutungszu­

wachs erfahren.

An der dritten Runde haben 19 Versuchspersonen teiIgenommen, allerdings

reichte eine Person keine Bearbeitung der Ratingskalen ein. So lagen nur von

18 Versuchspersonen bearbeitbare Daten vor, ein Item konnte daher maximal

180 Rangpunkte erreichen. Den Grenzwert (vgl. 7.4.2.2) von 45 uberschritten

die in Tab 8.3 angegebenen Items. In dieser Tabelle sind in der rechten Spalte

zusatzlich die z-standardisierten Werte der Gruppeneinschatzung aufgefUhrt,

Page 177: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

164 Ergebnisse

wie weit diese Items von den Versuchspersonen als fur ihren Arbeitsbereich

zutreffend eingestuft wurden.

I: z Unterstiitzung bei der Liisung von Problemen durch Vorgesetzte 88 .27 undKollegen Projektarbeit 84 1.90 Freiraume fur Entscheidungen 80 1.26 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fachtibergreifen- 75 .2 den Arbeitskreisen Ubertragung von Personalverantwortung 72 .84 Hohe Anforderung durch vielfaltige ArbeitsaufKaben 68 1.6 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter 67 -.44 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 64 -.15 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten 61 -.44 Vielfalt der Arbeitsaufgahen 53 1.05 RegelmiiJ5ig stattfindende Mitarheitergesprache 52 .48 .. .. .. .. Tab. 8.3: Uberslcht uber dIe m Hmbhck auf dIe Forderung mdlvldueller Kompetenz am

wichtigsten eingeschatzten Items sowie die Einschatzung, wie zutreffend die Bei­spiele ftir die Arbeitsumgebung der Befragten gesehen werden

Von den elf als besonders wichtig fur die Ftirderung und Forderung individu­

eller Kompetenz eingestuften Items wiesen acht bei der Einschatzung, wie

weit sie als zutreffend fur den eigenen Arbeitsbereich gesehen werden, positi­

ve Werte auf, d.h. sie wurden uberwiegend als zutreffend eingeschatzt.

Da hinsichtlich der Untersuchungsfragen auch auf den Vergleich der beiden

Teilgruppen Vorgesetzte und Belegschaft Augenmerk gelegt werden soUte,

wurde ein t-Test fur unabhangige Stichproben durchgefuhrt. Es wurde zwei­

seitig getestet (df = 16). Tab. 8.4 enthalt die Ergebnisse des t-Tests sowohl flir

die Zuschreibung der Bedeutsamkeit der Items (Bedeutung) als auch fur die

Einschatzung, wie weit sie zutreffen (zutreffend).

Page 178: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 165

Bedeutung Zutreffend T Sig. T Sig.

Unterstiitzung bei der Losung von Problemen durch Vorge- -1.088 .293 -1.324 .204 setzte und Kollegen Projektarbeit 1.167 .260 .968 .347 Freiraume fUr Entscheidungen .559 .584 .101 .921 Teilnahme an Weiterbildung, Feedbackrunden und fach- -1.456 .165 -.857 .404 tibergr_eifenden Arbeitskreisen Obertragun~ von Personalverantwortun~ -.776 .449 .238 .815 Hohe AnIorderung durch vielfaltige Arbeitsaufgaben -.313 .758 .824 .423 Gezielte und systematische Einarbeitung neuer Mitarbeiter -1.278 .220 -.422 .679 Strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation 1.706 .107 1.666 .115 Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorgesetzten -.422 .679 -.691 .499 V;;-Ifalt der Arbeitsaufgaben -1.273 .238 -.126 .901 ~egelmal5Jg stattfindende Mitarbeitergesprache 1.519 .148 .957 .353 Organisation von Wissen auf der Basis von Netzwerken 1.951 .069 -1.091 .291 Abschluss von Zielvereinbarungen, deren Erreichen finan- 1.851 .090 .360 .723 zie II honoriert wird Einfuhrung von Gruppenarbeit -1.897 .092 -1.440 .169 Durchfiihrung von Gru££enmoderationen -1.356 .194 -.615 .547 "je mehr Kompetenz eingebracht wird, desto mehr Gehalt -.051 .960 -2.314 .034' wird ausbezahlt" Bereitstellen vielfal tiger Informationen tiber Intranet und 1.444 .178 -.254 .803 Firmenzeitung Angemessene Verteilung der Aufgaben mit steigenden An- .049 .962 -.734 .473 iorderungen im ErfoI9;sfail L~beitseinsatz an verschiedenen Standorten 2.366 .040' -.793 .439

.. .. Tab. 8.4: t-Test bel unabhangtgen Shchproben: Verglelch der Gruppenemschatzungen (zweiseitiger Signifikanztest)

Bis auf zwei Ausnahmen wurden die Items in den beiden Teilgruppen Fiih­

rungskrafte und Belegschaft nicht statistisch signifikant unterschiedlich be­

wertet. Signifikant unterschiedlich werteten die beiden Teilgruppen, wie weit

die AU5sage, hoheres MaB an eingebrachter Kompetenz fiihre zu mehr Gehalt,

zutrifft. Tab. 8.5 zeigt, wie sich die Ratings in beiden Teilgruppen verteilten:

Rating Fiihrungskrafte Belegschaft Gesamt 1 1 1

3 2 2

4 1 1

5 2 1 3

6 4 3 7

9 1 3 4 Gesamt 11 7 18 ..

Tab. 8.5. Haufigkeltsvertedung des Ratmgs bzgl. der Aussage "Je mehr Kompetenz ein­gebracht wird, desto mehr Gehalt wird ausbezahlt": 1 = gar nicht zutreffend; 10 = voll zutreffend

Page 179: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

166 Ergebnisse

Diese Aussage wurde also von Fiihrungskraften skeptischer beurteilt als in­

nerhalb der Gruppe der Belegschaft. Die klare Mehrheit der Belegschaft wer­

tete dies als zutreffend bis stark zutreffend, wogegen eine knappe Mehrheit

der Fiihrungskrafte in der unteren Halfte der Ratingskala wertete.

Signifikant unterschiedlich wurde auch die Bedeutung eines Arbeitseinsatzes

an verschiedenen Standorten fUr die Forderung und Forderung der individu­

ellen Kompetenz eingeschatzt. Hier zeigt die Haufigkeitsverteilung ein klares

Bild (vgl. Tab. 8.6):

Rating Fiihrungskrafte Belegschaft Gesarnt

Nicht gewahIt 6 7 13 Rangplatz9 3 4

RangplatzS 1 1 Rangplatz5 1 1

Gesamt 11 7 18 .. Tab. S.6: Hauftgkeltsvertellung des Ratmgs bzgl. der Bedeutung des Arbeitseinsatzes an

verschiedenen Standorten fiir die Forderung individueller Kompetenz

Dieses Beispiel wurde nur von Fiihrungskraften in die Auswahl der zehn

wichtigsten Items aufgenommen, allerdings nur von einer Minderheit. In der

Gruppe der Belegschaft fand dieses Item in keine der Ranglisten Eingang.

8.3 Ergebnisse zum Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzforderung

Dieser Fragenkomplex umfasste zwei unterschiedliche Aspekte: Zum einen

sollten die Versuchspersonen Aspekte benennen, die in ihrem Arbeitsumfeld verandert werden miissten, damit die Entwicklung individueller Kompetenz

besser gefOrdert wiirde. Zum anderen sollten die Probanden Beispiele aus ih­

rem Arbeitsalltag anfiihren, in denen eine hohe Auspragung individueller

Kompetenz zu Schwierigkeiten fiihrte.

8.3.1 Verbesserungsvorschliige

Die Entwicklung von Verbesserungsvorschlagen verlief analog zur Datener­

hebung zum ersten Fragenkomplex. In der zweiten Runde sollten die Ver­

suchspersonen Beispiele nennen, die in der dritten Runde komplett zur

Page 180: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 167

Rewertung zuriickgemeldet wurden. Die Bewertung sollte hinsichtlich der Re­

alisierbarkeit der Vorschlage sowie dahingehend vorgenommen werden, wel­

che Bedeutung den Vorschlagen fiir die eigene Kompetenzentwicklung

beigemessen wurde. Auch hier war zunachst eine Auswahl von zehn Items zu

treffen, die dann in eine Rangreihenfolge zu bringen waren.

Anzahl L

Anzahl Nennungen Wertungen

Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten 7 103 14 Routinen Ftihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken 2 83 14-

und Schwachen Beschaftigter ernzugehen Job Rotation und Aufgabenerweiterung 4 78 13 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackge- 5 69 11 sprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und 6 59 9 Handlungsspielraum: GroBere Entscheidungsspielraume Orientierung an gemeinsamen Werten 1 55 r---1?-Mehr Mitsprache bei der Gestaltung tibergeordneter Ziele 2 49 8 Forderung und Anerkennung von Kreativitat 1 49 ~--Langfristige Planung mtisste genauer bekannt sein; klarere, 4 48 9 strukturiertere Ziele ~kung der sozialen Komponente im Ftihrungsprozess 3 44 9 Anspruchsvolle Weiterbildung fur aIle Beschliftigten 3 43 TI Groilziigigere Anerkennung der Mitarbeiter 1 39 "Me;n Arbeitsalltag unterstiitzt in vollem Umfang die Mog- 1 39 6 ~len meiner Kom£etenzentwicklung" Mehr Zeit fur Tiitigkeiten abseits des Tag~schafts 5 38 8 Mehr Riickhalt durch die Vorgesetzten; Abfedem des Kun- 2 33 8 dendrucks durch die Ftihrungskrafte Noch gezieltere Schulungs-Bedarfsermittlung 2 33 8 Profilneurosen entgegenwirken 1 26 6 Bessere Koordination von Terminen; RegelmiiBige Anpas- 3 25 6 sung der Arbeitsplane Oberschaubare GruppengroBe einhalten 1 18 4 Inhomogenere Zusammensetzung der Arbeitsgruppen 1 16 3 Einftihrung zusatzlicher Forderanreize 2 5 1 Griindung eines eigenen Untemehmens 1 2 1

.. .. Tab. S.7. Verbesserungsvorschlage zur Kompetenzforderung und .hre Bedeutung In der Einschatzung durch die Probanden

In Tab. 8.7 sind die 22 zusammengefassten Beispiele aus Runde zwei (ur­

spriinglich 58 Nennungen) sowie die Bedeutung aufgefiihrt, die den Aussagen

von den Versuchspersonen beigemessen wurden. Die erste Zahlenspalte der

Tabelle weist die Anzahl der Nennungen aus, mit denen dieser Vorschlag von

den Versuchspersonen eingebracht wurde (Anzahl Nennungen). Dann sind

Page 181: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

168 Ergebnisse

die Rangpunkte (L) und die Anzahl der Versuchspersonen aufgefiihrt, die das

Item in ihre Auswahl der zehn wichtigsten VorschHige aufgenommen haben.

Es zeigt sich auch hier, dass Einzelnennungen aus der zweiten Runde hohe

Wertungen bzgL ihrer Bedeutsarnkeit erzielen konnten.

Diejenigen Items, die mehr als ein Viertel aller moglichen Rangpunkte (Gren­

ze: 45 Punkte) erreichten, werden als diejenigen ausgelegt, die von den Be­

fragten als besonders wichtig eingestuft wurden. Sie sind in Tab 8.8 nochmals

aufgezahlt, zusatzlich werden die z-standardisierten Werte der Gruppenein­

schatzung hinsichtlich Realisierbarkeit genannt.

I: z Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten Routinen 103 2.124 Fuhrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken und Schwachen 83 -.01 Beschaftigter einzugehen Job Rotation und Aufgabenerweiterung 78 1.743 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackgesprache mit Vorge- 69 1.353 setzten und Personalabteilung Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspiel- 59 .277 raum: GroBere Entscheidungsspielraume Orientierung an gemeinsamen Werten 55 .914 Mehr Mitsprache bei der Gestaltung ubergeordneter Ziele 49 -.35 Forderung und Anerkennung von Kreativitat 49 .329 Langfristige Planung musste genauer bekannt sein; klarere, strukturiertere 48 -.06 Ziele .. .. .. Tab. 8.8: Uberslcht uber dIe m Hmbhck auf die Forderung mdlvldueller Kompetenz am

wichtigsten eingeschatzten Items sowie die Einschatzung ihrer Realisierbarkeit

Von diesen neun Items erzielten sechs positive z-Werte bei der Einschatzung

ihrer Realisierbarkeit. Drei Nennungen lagen mit mehr als einer Standardab­

weichung deutlich tiber dem Mittelwert.

Ein t-Test fiir unabhangige Stichproben (df = 16; zweiseitige Testung) sollte

zeigen, ob die beiden Teilgruppen der Fiihrungskrafte und der Belegschaft in

ihren Urteilen signifikante Unterschiede aufweisen (vgl. Tab. 8.9).

Page 182: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 169

Bedeutung Realisierbar-

keit T Sign. T Sign.

Beseitigung der Diskrepanz zwischen Verantwortung und .536 .599 .868 .398 Handlungsspielraum: GroBere Entscheidungsspielraume Mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten 1.216 .255 .636 .542 Routinen Job Rotation und Aufgabenerweiterung -.262 .797 -.274 .789 Organisierte Kommunikation unter Kollegen; Feedbackge- .362 .722 -.080 .937 sprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung Mehr Zeit flir Tatigkeiten abseits des Tagesgeschafts 2.023 .061 .663 .711 GroBzligigere Anerkennung der Mitarbeiter -1.922 .073 0 1 Inhomogenere Zusammensetzung der Arbeitsgruppen -.972 .346 -.936 .363 Mehr Rlickhalt durch die Vorgesetzten; Abfedern des Kun- .691 .499 .112 .912 dendrucks durch die Flihrungskrafte Bessere Koordination von Terminen; RegelmaBige Anpas- -.655 .522 .497 .626 sung der Arbeitsplane Anspruchsvolle Weiterbildung rur alle Beschaftigten .738 .471 1.859 .082 "Mein Arbeitsalltag untersti.itzt in vollem Umfang die Mog- -.488 .632 .986 .339 lichkeiten meiner Kompetenzentwicklung" Langfristige Planung mlisste genauer bekannt sein; klarere, -.484 .635 -.780 .447 strukturiertere Ziele Mehr Mitsprache bei der Gestaltung libergeordneter Ziele .008 .994 -.177 .862 Grundung eines eigenen Unternehrnens .789 .442 .377 .711 Einflihrung zusatzlicher Forderanreize .789 .442 .067 .948 Uberschaubare GruppengroBe einhalten -.844 .423 -l.301 .212 Fiihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken -.358 .725 1.330 .202 und Schwachen Beschaftigter einzugehen Profilneurosen entg~enwirken .801 .435 .994 .336 Orientierung an gemeinsamen Werten 2.712 .016' 2.038 .058 Starkung der sozialen Komponente im Flihrungsprozess .145 .886 -.346 .734 Ftirderung und Anerkennung von Kreativitat -.818 .425 1.021 .334 Noch gezieltere Schulungs-Bedarfsermittlung -.685 .503 -1.002 .331

.. .. Tab. 8.9: t-Test be. unabhang.gen Shchproben: Vergle.ch der Gruppenemschatzungen (zweiseitiger Signifikanztest)

Bis auf die Bedeutung, die der Orientierung an gemeinsamen Werten fUr die

Forderung individueller Kompetenz beigemessen wurde, ergab sich bei keiner Einschatzung ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Teilgruppen.

Die Tab. 8.10 zeigt die Haufigkeitsverteilung zu der signifikant unterschiedli­chen Einschatzung:

Page 183: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

170 Ergebnisse

Rating Ftihrungskrafte Belegschaft Gesamt Nicht gewahlt 1 4 5

Rangplatz 10 3 1 4

Rangplatz 9 1 1

Rangplatz 8 1 1

Rangplatz7 1 1 2

Rangplatz 6 2 2

Rangplatz3 1 1

Rangplatz 1 2 2

Gesamt 11 7 18 .. Tab. 8.10: Hauflgkeltsvertellung des Rahngs bzgl. der Bedeutung emer Orientierung an

gemeinsamen Werten ftir die Forderung individueller Kompetenz

Wahrend nur eine Minderheit der Belegschaft der Orientierung an gemeinsa­

men Werten ausreichende Bedeutung beimaB, um sie in die Rangliste aufzu­

nehmen, wurde dieses Item von fast allen Fiihrungskraften ausgewahlt, zum

Teil sogar auf einen sehr hohen Rangplatz gesetzt.

8.3.2 Beispiele for Schwierigkeiten

UnteT diesem Aspekt sollten in der vierten Runde Gesichtspunkte aufgegriffen

werden, die von Prograrnmaussagen wegfiihren und direkt an die personliche

Erfahrungswelt der VeTsuchspersonen heranfiihren. Sie sollten Situationen

beschreiben, in denen eine hohe Auspragung individueller Kompetenz zu

Problemen fiihrte.

Es wurde auf drei verschiedene Perspektiven Bezug genornmen, die auf je­

weils eigene Hintergriinde verweisen konnen. Es sind dies (a) Situationen im

Umgang mit Kollegen, (b) Situationen im Umgang mit Fiihrungskraften bzw.

eigenen Vorgesetzten sowie (c) Situationen, die die Unternehmensphilosophie

beriihren.

8.3.2.1 Situationen im Umgang mit Ko/legen

Von den 20 Versuchspersonen, die sich an der vierten Runde beteiligten, ga­

ben acht zu dieser Perspektive keine Stellungnahme ab, so dass Antworten

von 12 Befragten vorliegen. Die Frage war offen gestellt und es war moglich,

mehrere Situationen zu schildern. Diese Moglichkeit wurde allerdings nur von

Page 184: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 171

vier Befragten genutzt. Die offenen Antworten wurden inhaltsanalytisch in

Hinblick auf das ursachliche Moment ausgewertet. Insgesamt wurden 16 Situ­

ationen geschildert, die sich laut den Beschreibungen der Versuchspersonen

auf folgende Ursachen zuriickfiihren liel5en:

Ursache Fiihrungskrafte Belegschaft Gesamt Gefiihl der Zuriicksetzung 4 3 7 Unterschiede in den Personen und lnteressen 5 0 5 Mangelnde Wertschalzung eingebrachter Kompetenz 1 1 2 Mangel an gegenseitiger Akzeptanz 0 2 2

.. .. Tah. 8.11: Hauflgkelt der Ursachen fur die geschiiderten SlIuallonen

8.3.2.2 Situationen im llmgang mit Fuhrungskriiften bzw. eigenen Vorgesetzten

Zu dieser Perspektive gingen mehr Antworten ein als zur eben beschriebenen.

Sechs Versuchspersonen gaben keine Antwort, drei Befragte nannten jeweils

zwei Problemsituationen, so dass von 14 Probanden insgesamt 18 Antworten

vorliegen. Die Analyse bzgl. auslosender Ursachen fiir die genannten Prob­

lernsituationen stellt sich wie folgt dar:

Ursache Fiih!"lln~krafte Belegschaft Gesamt Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede 1 5 6 Tht~rschiedliche Einschatzungen der Situation 4 0 4 T ransferproblern: Probleme hei der Anwendung von 1 0 1 Wissen Komrnunikationsprobleme und in Foige fehlendes 1 0 1 Vertrauen ~iche Abneigunl( , 1 0 1 Pauschalismus und Opportunismus 1 0 1 Unklare Zustandil(keiten 1 0 1 "Bei strategischen Entscheidungen, die das eigene 1 0 1 Wissensgebiet hetreffen" "Bei Entscheidungsfindung und -umsetzunl(" 0 1 1 "Ubereilte Entscheidungen, teilweise Uberschat- 1 0 1 zung"

.. .. Tab. 8.12: Hauflgkell der Ursachen fur dIe geschiiderten Sltuahonen

Die letzten drei Antworten (siehe Tab. 8.12) sind im originalen Wortlaut aus

den Antwortbogen iibernommen, da sie keine eindeutige Ursachenanalyse

zulieBen und Verzerrungen vermieden werden sollten. Bemerkenswert ist

hier, dass (abgesehen von einer nicht eindeutigen Antwort) aIle Antworten der

Teilgruppe Belegschaft die Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede als die

Ursache von Problemen ansehen, wenn ein hohes Mal5 an individueller Kom-

Page 185: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

172 Ergebnisse

petenz zu Problemen ftihrt. Ais Beispiele nannten die Befragten u.a. "Ftih­

rungskraft WhIt sich in seiner Rolle ,gefahrdet'" (Vp 12) oder "Wissen von

neuen Techniken (Jung-Ing.) ,tibertrumpft' alten Chef" (Vp 29). Die Nennung

aus der Gruppe der Ftihrungskrafte greift das gleiche Phanomen auf: "Kann

bei Vorgesetzten zu Angst fiihren, von guten Mitarbeitern iiberholt zu wer­

den" (Vp 7).

In Korrespondenz dazu ktinnen die vier Antworten aus der Gruppe der Fiih­

rungskrafte angesehen werden, die eine unterschiedliche Einschatzung einer

Situation als die Ursache ansehen, wenn hohe Kompetenz zu Problemen ftihrt.

In einem Hierarchiegefalle scheint namlich eine statusbezogene Entscheidung

eine nicht unwahrscheinliche Uisung einer Situation zu sein, wenn sie kom­

petente Personen eine Situation unterschiedlich einschatzen. Die Probanden

ftihrten zu diesem Punkt beispielsweise aus: "Konflikte entstanden auch hier

aufgrund unterschiedlicher Einschatzung bei fachlichen Angelegenheiten"

(Vp 19), "Konflikt mit Vorgesetzten, wenn er nicht von innovativen Ideen

iiberzeugt werden konnte" (Vp 21).

8.3.2.3 Situationen, die die Unternehmensphilosophie beriihren

Dieser Aspekt der Fragestellung erschien den Probanden offenbar wenig rele­

vant, wenn die Antwortfrequenz als Indikator einer Relevanzzuschreibung

interpretiert werden kann. 12 Versuchspersonen gaben keine Antwort zu die­

ser Fragenperspektive, von den iibrigen 8 Probanden gaben drei Probanden

explizit an, sich an "keine" Situation zu erinnern, in der individuelle Kompe­

tenz zu Problemen fiihrte, weil sie Aspekte der Unternehmensphilosophie be­

riihrte. Eine Versuchsperson schrankte jedoch ein "wenn man von ein paar

,Ewig Gestrigen' absieht, die aber im Unternehmen keinen Riickhalt mehr ha­

ben" (Vp 5).

Zwei Versuchspersonen aus der Teilgruppe der Fiihrungskrafte gaben die

Antworten "unterschiedliche Interpretationen" (ungekiirzte Antwort Vp 1) -

womit wohl Probleme angesprochen werden, wenn Personen Aussagen und

Leitlinien der Unternehmensphilosophie unterschiedlich interpretieren - sowie

"bei Veranderung von Rollen, die aus der Vergangenheit abgeleitet werden"

(Vp 2). Die zweite Antwort deutet auf Widerstande gegen Veranderungspro­

zesse hin.

Page 186: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 173

Drei vollig untersehiedliehe Aspekte finden sieh in den Antworten der Teil­

gruppe Belegsehaft: Der erste bezieht sich auf die Politik der Rekrutierung

aussehlieBlieh hoehqualifizierten Faehpersonals, bei der das Qualifikationsni­

veau der Besehaftigten das Anforderungsniveau des Arbeitsalltags tibersteigt:

"Das Untemehrnen kann nieht Anforderungen/ Aufgaben gema/5 den Qualifi­

kationen bereitstellen" (Vp 12). Das wird von der Versuchsperson als hinder­

lieh in Hinblick auf die individuellen Entwicklungsmoglichkeiten gesehen.

Die anderen beiden Antworten lauten jeweils ungektirzt: "Eine Ftihrungskraft

verhalt sich kontrar zu unseren Werten" (Vp 26) und "Sinn vs. Untemeh­

mensphilosophie" (Vp 29). Wahrend in der zweiten Antwort Skepsis am Sinn

einer Untemehmensphilosophie angedeutet werden (die Versuehsperson setzt

sie zumindest kontrar zum Begriff Sinn), ist in der ersten Antwort ein Enga­

gement zur Verteidigung der Untemehrnensphilosophie zu sehen (die Ver­

suehsperson scheint in der Verletzung der Untemehmenswerte ein Problem

zu erkennen).

8.4 Ergebnisse zum Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstandnis

Die detaillierte Dokumentation der Ergebnisse findet sich bei HARTEIS U.A.

(2001). So kann im folgenden Abschnitt der Fokus auf diejenigen Ergebnisse

gerichtet werden, die in unmittelbarem Zusammenhang zu den aufgeworfe­

nen Untersuehungsfragen liegen.

Sie stammen aussehlieBlich aus der ersten Delphi-Runde, in der die Versuehs­

personen in offener Fragestellung urn eine Definition der vier Kernkompeten­

zen gebeten wurden und zu denen sie jeweils Beispiele entwiekeln sollten, wie

sich diese Kernkompetenzen im beruflichen Urnfeld der Befragten realisieren

wtirden. lnsgesamt gingen 714 Aussagen ein, wovon 298 zu Definitionen und

416 zu Beispielen gegeben wurden. Wie im vorangestellten Kapitel ausgeftihrt,

wurden die Aussagen sinngemaB zusammengefasst und kategorisiert. Tab.

8.13 gibt Auskunft dartiber, wie weit sich die Daten auf diese Weise verdich­

ten lieBen:

Page 187: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

174 Ergebnisse

Anzahl der Anzahl der Aufgabe Nennungen Kategorien

Definitionsmerkmale Flexibilitiit 83 17

Beispiele fur Flexibilitat 92 23

Definitionsmerkmale Fiihrungskompetenz 70 26

Beispiele fiir Fiihrungskompetenz 123 50

Definitionsmerkmale Se/bststiindigkeit 70 18

Beispiele fur Selbststiindigkeit 100 41

Definitionsmerkmale Verantwortungsbereitschaft 75 18

Beispiele fur Verantwortungsbereitschaft 101 37 .. Tab. 8.13: Nennungshauflgkelten und Anzahl der Kategonen

Die Zielrichtung der Fragestellung in der Eroffnungsrunde zielte zum einen

auf den Nachweis eines gemeinsam geteilten Verstandnisses, zum anderen

soUte eine fiir aIle Versuchspersonen gemeinsam giiltige Arbeitsdefinition der

Kernkompetenzen festgelegt werden, die als Basis fiir die folgenden Untersu­

chungsschritte herangezogen werden sollte. Das gemeinsam geteilte Ver­

standnis wurde iiber die in Tab. 8.14 aufgefiihrten Kennzahlen identifiziert,

fiir die Festlegung der Arbeitsdefinitionen wurden die am haufigsten ge­

nannten Nennungen (vgL Tab. 8.15) herangezogen.

Die Tabelle der Kennzahlen weist sowohl die Daten der gesamten Probanden­

gruppe als auch die nach hierarchischer Abstufung aus:

Page 188: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebn~i~ss~e ____________ _ 175

# Kategorien / Anteil Ratio # Nennungen # Einzel- Einzelnen-

nermungen nungen Gesamtauswertung Def Bsp Def Bsp Def Bsp Def Bsp Flexibililiit .205 .25 83 92 17/5 23/10 .29 043 Fiihrungskompetenz .371 0407 70 123 26/14 50/27 .54 .54 Selbststiindigkeit .257 .41 70 100 18/11 41/22 .61 .54 Verantwortungsbereitschaft .24 .366 75 101 18/5 37/17 .28 .46 Teilgruppen Ftihrungskrafte Fleribilitiit .333 .4 36 45 12/4 18/10 .33 .56 Belegschaft Fleribilitiit .298 ,319 47 47 14/4 15/7 .29 047 Ftihrungskrafte .405 .557 37 70 15/8 39/24 .53 .62 Fiihrungskompetenz Belegschaft .606 0472 33 53 20/14 25/13 .7 .52 Fiihrun[l.skompetenz Ftihrungskrafte .278 .471 36 51 10/5 24/12 .5 .5 Selbststiindigkeit Belegschaft .382 .510 34 49 13/6 25/17 .46 .68 Selbststiindi!(keit Ftihrungskrafte .3 .542 40 48 12/3 26/16 .25 .62 Verantwortungsbereitscllilft Belegschaft .457 0491 35 53 16/8 26/15 .5 .58 Verantwortun!(sbereitschaft

1 abo 8.14: Kennzahlen zur ersten Runde: Rabo (Anzahl Kategonen/ Nennungen); Anzahl Nennungen (#); Anzahl Kategoricn/ Anzahl Einzelnennungen; Anteil an Einzel­nennungen; jeweils fiir die Abfrage der Definitionen (Def) und Beispiele (Bsp)

Die Tabelle 8.14 zeigt die Kennzahlen jeweils in Doppelspalten sowohl fiir die

eingegangenen Definitionen (De£) als auch die Beispielsnennungen (Bsp), wo­

bei sich die Gesamtauswertung auf die gesamte Probandengruppe bezieht.

Zudem ist die hierarchisch getrennte Auswertung fiir Fiihrungskrafte und

Belegschaft angegeben. Mit Ratio ist der Quotient bezeichnet, bis zu weIchen

Grad sich das Datenmaterial zusammenfassen lieK Er errcchnet sich, indem

die Anzahl der Kategorien durch die Anzahl der Nennungen geteilt wird. In

der zweiten Doppelspalte sind die Anzahl der Antworten angefiihrt, die dritte

Doppelspalte weist die Anzahl der Kategorien nach der Verdichtung des Da­

tenmaterials sowie der Anteil davon aus, der durch Einzelnennungen - das

sind Antworten, die jeweils nur ein einziges Mal im gesamten Probandenfeld

eingebracht wurden - eingenommen wird. Die vierte Doppelspalte gibt den

Anteil der Einzelnennungen an den Kategoriensystemen an.

Mittels eines x2-Tests wurden die Ergebnisse beider hierarchischen Teilgrup­

pen auf Unabhangigkeit getestet. Dabei wurden die Haufigkeitsverteilungen

in der Belegung von Definitions- bzw. Beispielskategorien beider Teilgruppen

Page 189: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

176 Ergebnisse

verglichen. Es lieBen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede nach­

weisen:

Test auf Unterschiede zwischen den Hierarchien x'-Wert p

Definitionsmerkmale Flexibilitiit .557 n.s. Beispiele rur Flexibilitiit .779 n.s. Definitionsmerkmale Fiihrun!tskompetenz .266 n.s. Beispiele fiir Fiihrun!tskompetenz .208 n.s. Definitionsmerkmale Selbststiindi!tkeit .349 n.S. Beispiele fiir SelbststiindiKkeit .008 n.S.

Definitionsmerkmale VeTantwortunKsbereitschalL .402 n.s.

Beispiele rur VerantwortunKsbereitschaft .455 n.S. .. Tab. 8.15: Testwerte der Unabhang.gkeltspriifung (x'-Test, df=l)

Fur die Festlegung auf eine fur aile Proband en geltende Arbeitsdefinition von

den vier ausgewahlten Kompetenzanforderungen wurde auf die auf die am

haufigsten genannten Definitionsmerkmale zuruckgegriffen:

Oefinitionsmerkmale Anzahl Nennungen

Flexibilitat

Anpassung an Anforderungen 24

Bereitschaft zur Mobilitat 12

Schnelligkeit 9

FiihTUngskompetenz

Soziale Kompetenz 13

Fachliche Kompetenz 10

Strategische Kompetenz 6

Selbststandigkeit

Aufgaben erfiillen 21

Planung der eigenen Tatigkeit 13

Verantwortung iibemehmen 7

Verantwortungsbereitschaft

Handlungskonsequenzen tragen 13

Entscheidungen treffen 13

Erfolg herbeifiihren 7 .. .. Tab. 8.16: O,e hauflgsten Beltrage zur OefUlltlOn der vIer Kompetenzanforderungen

Page 190: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergeb_rn_·s_sc _______________________________________________________ l_77_

Mit den Kennzahlen zu dieser Runde und der Benennung der am haufigsten

eingebrachten Beitrage sind die wichtigsten Ergebnisse aus der ersten Runde

und zu dem den Interpretationen der Kernkompetenzen gewidmeten Teil der

Studie dargelegt. Flir den weiteren Untersuchungsverlauf wurden die Kom­

petenzanforderungen auf Basis dieser Ergebnisse wie folgt definiert:

(a) Flexibilitiit: Fahigkeit und Bereitschaft, sich rasch der betrieblichen Situation

anzupassen, verschiedene Aufgaben zu erledigen und dabei auch an ver­

schiedenen Orten einsetzbar zu sein.

(b) Fiihrungskompetenz: Fahigkeit, mit Menschen umgehen und fachliche Un­

terstlitzung leisten zu konnen.

(c) Selbststiindigkeit: Fahigkeit, Aufgaben eigeninitiativ zu erfiillen und dabei

die notigen Schritte selbst zu planen.

(d) Veranhvortungsbereitschaft: Fahigkeit und Bereitschaft, Entscheidungen zu

treffen und die Konsequenzen daraus zu tragen.

Diese Definitionen wurden den Probanden bei jedem folgenden Arbeitsauf­

trag vorgelegt, bei dem es urn Einschatzungen im Zusammenhang mit diesen

Kompetenzanforderungen ging.

8.S Ergebnisse zum Fragenkomplex 4: Vcrhaltnis okonomischer und padagogischer Uberlegungen

Am Beispiel dieser vier Kompetenzanforderungen wurden in den nachsten

Delphi-Runden Vorteile (2. Runde) und Nachteile (3. Runde) abgefragt, die

mit dem Erwerb bzw. dem Besitz dieser Kompetenzen verbunden sind, und

zwar aus der Perspektive des Arbeitgebers und aus der Perspektive der Ver­

suchspersonen selbst, wobei hier zwischen beruflichem Erfolg und individu­

eUer Entwicklung unterschieden werden sollte (vgl. Kap. 7.3). Die

nachfolgenden Tabellen enthalten die Auswertungsergebnisse der qualitativen

Inhaltsanalyse sowie der Zuordnung zu okonomischen bzw. padagogischen

UberJegungen (ok/pad). Zunachst werden die Ergebnisse der deskriptiven

Auswertungen zu den Vorteils- und Nachteilsnennungen dokumentiert, beY~r

im Anschluss daran die Ergebnisse der Teilgruppenvergleiche dargestellt

werden.

Page 191: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

178 Ergebnisse

8.5.1 Deskriptive Ergebnisse der Vorteilsnennungen

In der zweiten Runde gingen - verteilt auf das gesamte Fragenspektrum - 672

Antworten ein, die nach Kategorisierung wie folgt streuen:

8.5.1.1 Flexibilitiit

Nennung Nutzen Arbeitgeber (16 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Bessere Ressourcenverteilung ok 8 9 17 Einsparung fiir Personal (bzw. Weiterbildung) ok 3 5 8 Effektivitat, Effizienz, Leistungssteigerung ok 6 2 8 Reaktionsfahigkeit auf Marktveranderungen ok 4 2 6 Flache Hierarchien ok 1 2 3 Innovation pad 1 1 2 Universelle Einsatzmoglichkeit ~d 1 1 2 Kompetenz- und Wissenserweiterung des Perso- pad 1 1 2 nals Fachiibergreifend denkende Mitarbeiter pad 2 0 2 Know-How-Transfer ~ad 1 0 1 Mobilitat ok 1 0 1 Netzwerkarbeit pad 1 0 1 Gestaltungsalternativen pad 1 0 1 Fahigkeiten zum Global Player entwickeln ok 1 0 1 Mehr Handlungsalternativen fiir die Beschaftig- pad 1 0 1 ten Besserer Bekanntheitsgrad untereinander pad 0 1 1

Gesamt 33 24 57 .... Tab. 8.17: VorteIie von FlexlbIiItat aus der Perspekilve des Arbeltgebers

Nennung beruflicher Eigennutzen Kalkiil

Fiihrungs- Beleg- Gesamt 1119 Kategorien) krafte schaft Karriereperspektiven ok 7 5 12 Interessante und abwechslungsreiche Aufgaben pad 4 5 9 Chance zur Profilierung ok 3 5 8 Steigerung des eigenen Marktwerts ok 6 1 7 Entwicklunzsperspektiven ~ad 1 4 5 Zuwachs an Erfahrung pad 2 1 3 Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 1 1 2

Erfolg ok 1 1 2 Einkommen ok 1 1 2 Sicherung des Arbeitsplatzes ok 1 1 2

Erleichterung bei Arbeitsplatzwechsel ok 1 0 1 Weitblick pad 1 0 1 Mitsprache pad 1 0 1 Anerkennung pad 1 0 1 Zufriedenheit pad 1 0 1 Weitergabe von Fachkenntnis pad 0 1 1

Page 192: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 179

Belastbarkeit I ok 1 0 1 Anpassungsfahigkeit I ok 0 1 1 Selbstkompetenz I pad 0 1 1

Gesamt 33 28 61 .... Tab. 8.18: Vortelle von Flexlbllltat m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg

Nennung privater Eigennutzen (26 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 4 6 10 Erweiterung des Horizonts pad 6 3 9 A ufgeschlossenheit pad 3 3 6 Obernahme ansprechender Aufo-aben pad 3 1 4 Steigerung des Selbstwertgefiihls pad 3 0 3 Anreicherung der Personlichkeit pad 2 0 2 Steigerung des Selbstbewusstseins pad 1 1 2 Karrierechancen ok 1 1 2 Bewaltigung neuer Situationen _pad 1 1 2 Selbstsicherheit pad 0 2 2 Abwechslung im Berufsleben pad 1 1 2 Z ufriedenheit pad 1 1, 2 Teamfiihigkeit pad 1 1 2 Erweiterung des Handlungsrepertoires pad 1 0 1 Erhohung des eigenen Marktwerts ok 1 0 1 Bereicherung des Alltags pad 0 1 1 F reude an der Arbeit pad 0 1 1 Selbstaktualisierung pad 0 1 1 KreativitiH pad 0 1 1 p'ufgabenerweiterung pad 1 0 1 Entscheidungsfiihigkeit _pad 1 0 1 -. Private und berufliche Mobilitat ok 1 0 1 MehrGehalt ok 1 0 1 Konfliktvermeidung pad 0 1 1 Steigende Lebensgualitat pad 0 1 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1

Gesamt 33 28 61 ....

Tab. 8.19: Vortelle von Flexlblhtat In Hmbhck auf die elgene Entwlcklung

8.5.1.2 Fiihrungskompetenz

Nennung Nutzen Arbeitgeber (19 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Motivation der Beschliftigten pad 8 8 16 Sicherung von Leistungsbereitschaft und Enga- ok 4 4 8 Igement Leistungssteigerung, Effektivierung der Ablaufe ok 6 1 7 Gutes Arbeits- und Betriebsklima pad 1 6 7 Zufriedenheit der Beschaftigten pad 6 1 7

Page 193: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

180 Ergebnisse

Ausrichtung der Beschaftigten auf das Unter- ok 2 2 4 nehrnensziel Abbau von Spannungen, Konfliktbewaltigung pad 1 2 3 Berechenbarkeit und Zuverlassigkeit der Organi- ok 2 1 3 sation Sicherung der Leistungsfahigkeit ok 1 2 3 Verbesserung der Arbeits- und Produktionsqua- ok 2 0 2 IWit Erzeugung von Vertrauen zwischen Fiihrungs- pad 2 0 2 kraften und Belegschaft Inhouse-Rekrutierung von Fiihrungskriiften pad 1 1 2 Flexibilitat Beschiiftigter pad 0 2 2 Geringere Fluktuation und Fehltage ok 1 1 2 Anerkennung pad 0 1 1 Flexible, auf Belegschaft angepasste Ftihrungsstile pad 1 0 1 Entlastung fur die Fiihrungskriifte ok 1 0 1 Sicherung von Sach-, Sozial- und Methodenkom- pad 0 1 1 ;petenz "Es werden Fachkenntnisse eingesetzt" pad 0 1 1

Gesamt 39 34 73 .. Tab. 8.20: Vortelle von Fuhrungskompetenz aus Arbedgeberperspekttve

Nennung beruflicher Eigennutzen Kalktil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt

24 Kategorien) krafte schaft Anerkennung erfahren pad 7 4 11 Erhohung des eigenen Marktwerts ok 2 5 7 Karrierechancen ok 3 2 5 Erreichung der eigenen Ziele bzw. der Arbeits- ok 3 1 4 ziele ErOffnung von Entwicklungsperspektiven pad 2 0 2 Verbesserung des Betriebs- und Arbeitsklimas pad 1 1 2 Team- und Gruppenarbeit pad 1 1 2 Steigendes Einkommen ok 1 1 2 Erfolg ok 1 1 2 "Werde mit Ftihrungsaufgaben betraut" ok 1 0 1 Nutzung von Synergieeffekten ok 1 0 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1 Erftillung der Erwartungen der Mitarbeiter ok 0 1 1 Weitergabe meiner Fachkenntnisse pad 0 1 1 Flexible Einsetzbarkeit ok 0 1 1 Profilierung ok 0 1 1 Einblick in die Untemehrnensstrategie ok 0 1 1 Zeitersparnis ok 1 0 1 Steigerung der Arbeitsleistung ok 1 0 1 Obemahme von Verantwortung ok 1 0 1 Zufriedenheit pad 1 0 1 Einfluss ok 0 1 1 Projektarbeit pad 0 1 1 Verbesserte Kommunikation pad 0 1 1 Gesamt 27 25 52

" Tab. 8.21: Vortelle von Fuhrungskompetenz In Bezug auf elgenen berufhchen Erfolg

Page 194: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 181

Nennung privater Eigennutzen (28 Kategorien) Kalkiil FUhrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Soziale Kompetenz pad 5 4 9 Anerkennung pad 2 3 5 Padagogische Kompetenz ("wirkt auf Erziehung pad 1 2 3 der Kinder") Selbstbewusstsein pad 3 0 3 Zufriedenheit pad 2 1 3 Personliche Weiterentwicklung pad 1 2 3 Gestaltungsfreiraum .pad 2 1 3 Zuwachs an Kom~etenz und Wissen pad 1 1 2 "freundliche Umgebung", angenehmes Umfeld pad 1 1 2 Selbstkornpetenz pad 1 0 1 Selbstaktualisierung pad 1 0 1 Berufliche Erfiillung pad 0 1 1 ~·ves Auftreten pad 0 1 1 Erweiterung des Horizontes pad 0 1 1 Ausgeglichenheit pad 0 1 1 Belastbarkeit o~_ 0 1 1 l5t'':igendes Einkornrnen ok 0 1 1 "Urnsetzung eigener Eitelkeit in Hinblick auf ok 0 1 1 Macht"

~tersein pad 1 0 1 Untersrutzer sein pad 1 0 1 Durchsetzungsverrnogen ok 1 0 1 Aufgabenerweiterung yad 1 0 1

~~ent pad 1 0 1 Selbstwertgefiihl paJ 1 0 1 Familiarer Zusarnrnenhalt pad 0 1 1 ~~lbstsicherheit pad 0 .1 1 Motivation pad 0 1 1 Vertrauen pad 0 1 1

Gesamt 26 26 52 ,. Tab. 8.22: Vortede von Fuhrungskompetenz In Hmbhck auf dIe .,gene EntwlckIung

8.5.1.3 Selbststandigkeit

Nennung Nutzen Arbeitgeber (19 Kategorien) KalkUI FUhrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Entlastung der FUhrungsebene ok 5 5 10 Flache Hierarchien ok 3 5 8 Zeitersparnis ok 3 5 8 Effektivierung und Effizienz der AbHiufe ok 2 4 6 Verbesserung der Arbeits- und Produktionsqua- ok 1 2 3 litat Errnoglichung von Zielvereinbarungen ok 1 2 3 Personal- bzw. Kosteneinsparung ok 2 1 3

Page 195: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

182 Ergebnisse

Kreativitat pad 1 1 2 Vertrauen pad 1 1 2 Uisung auftretender Probleme pad 0 2 2 Team- bzw. Projektarbeit pad 2 0 2 Ubertragung von Gesamtaufgaben 6k 1 1 2 Synergieeffekte, Verbesserung der Zusammenar- 6k 2 0 2 beit Motivation pad 1 0 1 Engagement pad 1 0 1 Unternehmerisches Denken 6k 1 0 1 Beherrschung von Komplexitat pad 1 0 1 Innovation pad 1 0 1 Zuverlassigkeit 6k 0 1 1

Gesamt 29 30 59 .. Tab. 8.23: Vortetle von Selbststandlgketl aus Arbeltgeberperspekhve

Nennung beruflicher Eigennutzen Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt

25 Kategorien) krafte schaft Erh6hung des eigenen Marktwerls 6k 4 3 7 Profilierung 6k 3 3 6 Aufgabenerweiterung pad 1 4 5 Karrierechancen ok 3 1 4 Anerkennung pad 1 2 3 Eroffnung von Freiriiumen und Gestaltungsspiel- pad 1 2 3 raum Vertrauen der Vorgesetzten pad 1 1 2 Motivation pad 2 0 2 Steigerung der Effektivitat und Effizienz ok 2 0 2 Einfluss ok 0 2 2 Ubemehmen von Fiihrungsaufgaben ok 1 1 2 Teamarbeit pad 2 0 2 "Erkennen von Schwachstellen im Umfeld" ok 1 1 2 Selbstbewusstsein pad 1 1 2 Entwicklungsperspektiven pad 1 1 2 Erfolg ok 1 0 1 SpafS an der Arbeit pad 1 0 1 Leichtere Abstimmungsprozesse ok 1 0 1 Weniger Kontrolle ok 0 1 1 Soziale Kompetenz pad 0 1 1 Sicherung des Arbeitsplatzes ok 0 1 1 Bessere Arbeitsorganisation ok 0 1 1 Selbstvertrauen pad 0 1 1 MehrGehalt ok 0 1 1 Zeiterspamis ok 0 1 1

Gesamt 27 29 56 .. Tab. 8.24: Vortetle von SelbststandigkeJt m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg

Page 196: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebru~ _________________________________________________________ 1_8~3

.------N- - F' (23 K .) I K~lktil --Fuhrungs--- Beleg- GDsamt ennung pTIVater.lgennutzen ategoTIen krafte schaft '

~angigkc~ ______ pad 3 9 12i Gestaltungsfrelrdume J'.~ 2 2 41 ~~enheO:it-=.:.==-------------------+ pad --=~-.-.---1f-~--------±J

Motivation pad 3 1 4

~~etenz- und Wi"enszu,,:=:ac::ch:::..s ____ --+_LP'a=d=----cI----__ -=-I----_---"3+---_~4 Selbstbestinunung pad 2 3 ~ertrauen ----------------+-= pi ad 2

Selbstwertgefuhl pad 1 1 ___ ~ I Auff~at b 't ~a""d 2 0 2 ~,ener~~~n~--------------------~~~~<~+------~3_----~+-----~ Karrierechancen ok 2 'Se!bstb~wusstsein pad 0 1 ~.;;zh~ilicit----------------------+--'p-,,,-:--d-;-t------_------::--c1:-tr___----"-"----::ot-_-_-_-_-------c-::-i1 r;~_"r:=e.c.ah'-'--v-___ i",t";--" t-;--:----:---:--_____________________ -+_-'----p,ac;d-+ 1 0 1

~~it:!~ie0!i-~!~I2g. pad 1 0 1 ~~heErfu~~-------------- £a~ ______ ~O+----~t_----~ ~~.schelci.~n trefEen pad -- 0 1 ~~keit zu Agleren un I Reagieren l"id_t-----___ O ___ 1"

~i;f~~:_0n ~- :a~ 1_ -~ _-_=-=--=--::6+1,_---_-_------c-"1~ ~'!tJar:~e~---------------------- ---""t ---' , , ~nliche _"Y::-i.t.erentWjCkl'!~R..___ _ __ __ _ p-"_" d_ _ ~ 00:! 1

rr~~i:~:;~d~~~~~----------- ------__ - ~~ ___ ~ 1 -~ [~. __________________________ " _____ ~esamt 27 25~ ~ Tab. 8.25: Vorlcllc von Selb,tstandigkeit in Hinblick auf die eigene Entwlcklung

8.5. J.4 Verantwortungsbereitschajt

Nenn ---

~~rFtih;';;;gS-1 B~leg--:- -Z---ung N utzen Arbeitgeber (18 Kategorien) aUt krafte schaft esamt

orteil (Entscheidungen werden getroffen, ok 31 5 --------s ,er ~~k~'ersicherungen werden eingeholt) rung der Effizienz, Effektivitat und ok

I 4 3 7

~ stung der Fiihrungsebene

Zeitv weill Steige Leistu Entia Perso Flach Zuve Ein~a

Vertra

nifizier-""K koml'le;"er Proble.;;e-------ok

r-------& 3 2 5 1 3 4

e Hierarchien rHissigkeit tz im Sil:'r:e der) Zieler-.reichung uen zum Fuhrungspersonal und Beschaf·

~n Unter nehmerisches Dcnken

"fikation 13eschaftigter mit der Arbeit Idenh Cewi Trans

s~e_n_h~.ftigkcit arenz ""---._--

--ok 1 3 4 ok 2 2 4 ok "t--.~

2 3 pad 0

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ok 2 0 2 ok 1 1 2 ok--f----~ - 0 2

pad ----1

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Page 197: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

184 Ergebnisse

Steuerbarkeit ilk 1 0 1 Tearn- und Projektarbeit pad 1 0 1 Kundenzufriedenheit ilk 1 0 1 Ubertragung anspruchsvoller Aufgaben ilk 1 0 1 Motivierte Mitarbeiter pad 1 0 1 "Anderen den Weg freirnachen" ilk 0 1 1

Gesamt 26 25 51 Tab. 8.26: VorteIle von Verantwortungsbereltschaft aus Arbeltgeberperspekhve

N ennung beruflicher Eigennutzen KalkUl

Fiihrungs- Beleg-Gesamt

12 KategorienJ krafte schaft Karrierechancen ilk 6 5 11 Erhilhung des eigenen Marktwerts ilk 6 3 9 Aufgabenerweiterung pad 4 4 8 Anerkennung pad 4 3 7 Steigenden Einfluss irn Betrieb ilk 3 2 5 Profilierung ilk 1 2 3 Erfolgsbeteiligung ilk 1 0 1 Hohe Qualitat der Arbeitserllebnisse ilk 1 0 1 Schnelle Zielerreichung ilk 0 1 1 Obemahrne von Fiihrungsaufgaben ilk 0 1 1 Glaubwiirdigkeit ilk 0 1 1 Aufopferung ilk 0 1 1

Gesamt 26 23 49 Tab. 8.27: Vortede von Verantwortungsbereltschaft m Hmbhck auf elgenen berufhchen

Erfolg

Nennung privater Eigennutzen (26 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesarnt krafte schaft

Ubernahme privater Verantwortung pad 2 4 6 Zufriedenheit pad 3 2 5 Selbstbewusstsein pad 1 3 4 Selbstkornpetenz pad 2 1 3 Persilnliche Weiterentwicklung pad 1 2 3 Selbstwertgefiihl pad 1 1 2 Selbstsicherheit pad 1 1 2 Bewusster) Umgang mit Verantwortung pad 1 1 2

Wirkung der eigenen Personlichkeit ilk 2 0 2 Erlemen von Menschenfiihrung pad 1 1 2 Gestaltungsspielraurn pad 1 1 2 Mehr Einfluss auf Andere ilk 2 0 2 Weitsicht pad 1 0 1 Fehlerkultur pad 1 0 1 Soziale Kornpetenz pad 1 0 1 Akzeptanz pad 1 0 1 Berufliche Erfiillung pad 0 1 1 Identifikation mit Arbeit ilk 0 1 1 Belastbarkeit ilk 0 1 1

Page 198: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse

Unternehmerisches Denken ok 1 ProblemlOsendes Denken pad 1 Karrierechancen ok 1 Wissens- und Kompetenzzuwachs pad 1 Pragung des Charakters pad 1 Erfolgserlebnisse ok 0 Erhiihung des eigenen Marktwerts ok 0

Gesamt 27 Tab. 8.28: Vortetle von VerantwortungsbereItschaft m Hmbhck auf die elgene

Entwicklung

8.5.2 Oeskriptive Ergebnisse der Nachteilsnennungen

185

0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 1 1 1

22 49

In Analogie zur Fragestellung aus der zweiten Runde soIl ten die Probanden in

der dritten Runde Nachteile aufzahlen, die mit dem Besitz bzw. dem Erwerb

dieser Kompetenzen unter den mittlerweile bekannten drei Perspektiven ver­

bunden sein kennen. Mit 372 Nennungen gingen wesentlich weniger Ant­

worten ein als zur Frage nach den Vorteilen.

8.5.2.1 Flexibilitiit

Nennung Nachteil Arbeitgeber (11 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Gefahr der Abwanderung von Personal ok 4 3 7

Verlust von Kontinuitat, Konzentration auf kurz- ok 3 3 6 fristige Aktionen Fehlendes Fachwissen in Detailfragen £lad 1 4 5 Negativer Einfluss auf Tagesgeschaft, mangelnde ok 3 2 5 Verfiigbarkeit am Stammarbeitsplatz Steigendes Risiko durch unreflektierte Aktionen ok 2 2 4 SteigendesAnspruchsdenken ok 3 0 3 Steigender Einarbeitungsaufwand ok 3 0 3 Aufwand fiir Nachfolgeplanung ok 1 0 1 Konzentration auf attraktive Arbeitsorte ok 0 1 1 Ungerechtigkeit bei Leistungsmessung pad 1 0 1 Hohere Personalkosten ok 1 0 1

Gesamt 22 15 37 ....

Tab. 8.29: Nachtelle von F1exlblhtat aus der Arbeltgeberperspekttve

Page 199: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

186 Ergebnisse

Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalktil

Fiihrungs- Beleg-Gosamt

14 Kategorienl krafte schaft Arbeitsverdichtung, Mehrfachbelastung, steigen- ok 6 2 8 de Anforderungen Mangelndes Fachwissen in Detailfragen pad 4 2 6 Erschwerte Fortentwicklung pad 3 2 5 Verlust eines klaren Aufgabenbereiches pad 1 1 2 Fehlende Identifizierung, Verlust beruflicher ok 1 1 2 Identitat Verpflichtung zu fachfremden bzw. unangeneh- pad 1 1 2 men Aufgaben Konkurrenz zu SpeziaIisten ok 2 0 2 Steigendes Fehlerrisiko, evtl. LeistungseinbufSen ok 2 0 2 Steigender Anspruch an Verrugbarkeit ok 1 0 1 Geringere Anerkennung durch weniger abge- pad 1 0 1 schIossene Projekte "Erschwert Einbringen individueller Kompetenz" pad 0 1 1 Keine Orientierung an Iangfristigen Strategien ok 1 0 1 "Keine Weiterbildung moglich" pad 0 1 1 MangeInde Einbindung ins Team pad 0 1 1

Gesamt 23 12 35 .... Tab. 8.30: NachteIie von FleXlblhtat In HInbhck auf elgenen berufhchen Erfolg

Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil

Ftihrungs- Beleg-Gesamt

12 Kategorien) krafte schaft Familiare Belastung und Probleme pad 6 3 9 Mehr Stress, grogere Belastung, Ausbeutung der ok 5 2 7 Gesundheit Belastung, Erschwernis bzw. Verlust sozialer pad 4 2 6 Kontakte Erschwerte Integration in Arbeitstearns pad 1 2 3 "Kann mich leichter verzetteln", zu wenig Kon- ok 0 3 3 zentration auf eine Aufgabe, Oberflachlichkeit Beeintrachtigung eines zielgerichteten Aufstiegs ok 1 1 2 U nzufriedenheit pad 2 0 2 Wenig Feedback tiber Qualitat der eigenen Arbeit pad 1 0 1 Sinkendes Selbstbewusstsein pad 0 1 1 Zwang zu Flexibilitat durch Gruppendruck pad 1 0 1 Hemmung politischen Engagements pad 1 0 1 Verpflichtung zu unangenehmen Aufgaben pad 0 1 1

Gesamt 22 15 37 .... Tab. 8.31: Nachtelle von FleXlblhtat In HInbhck auf die elgene Entwlcklung

Page 200: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 187

8.5.2.2 Fllhrungskompetenz

Nennung Nachtoil Arbeitgeber (14 Katogorion) I Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gosamt krafto schaft

Fixierung der Mitarbeiter auf Fiihrungskraft (z.B. tlk 3 2 5 negative Auswirkung auf Flexibilitat)-Erhtlhtes Konfliktpotenzial ok 4 1 5 Unzufriedenheit falls nicht genugend Fuhrungs- pad 3 2 5 ipositionen vorhanden Steigende Abhangigkeit, Verlust an Kontrolle ok 2 0 2 Gefahr der Vernachlassigung der eigentlichen ok 1 1 2 Aufgabe Erhohtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok 1 1 2 Mangelnde Selbs13.ndigkeit, da Unterstiitzung pad 1 1 2 durch Fuhrungskraft gewiss, weniger Eigenan-trieb "Gefahr kompetenter Kritik am FUhrungsverhal- pad 1 01 1 ten des Arbeitgebers" Abwerbung durch andere Firmen ok 1 0 1 "Menschen ungerecht zu behandeln" pad 0 1 1 "FuhrunJ(skompetenz falsch auszufUhren" pad 0 1 1 Konkurrenz zu anderen Kollegen ok 0 1 1 Erhohter Aufwand ok 0 1 1 Gefahr von Missbrauch ok 0 1 1

~-

Gesamt 17 13 =::Jill -.. Tab. 8.32: : Nachtelle von Fuhrungskompetenz aus der Perspekttve des Arbeltgobers

Nennung beruflicher Nachteil Mit'Tbeiter Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt

9 Kategorien) krafte schaft Vernachlassigung der Fachthemen, Fachaufgabe pad 5 2 7 bzw. Fachkenntnis Konflikte (z.B. aufgrund unangemessener Fuh- ok 4 2 6 rungsanspruche oder undiplomatischen Auftre-tens) ErhOhter Aufwand und steiJ(ende Belastung ok 4 0 4 Notwendigkeit, unangenehme Entscheidungen ok 0 1 1 treffen oder durchsetzen zu mussen Beeintrachtigung der eigenen Entwicklung (durch pad 1 0 1 Fokus auf Mitarbeiterftlrderung) Zu wenig ehrliches Feedback aufgrund Abhan- pad 1 0 1 gigkeit Keine Anerkennung von Mitarbeitem pad 0 1 1 Verlust sozialer Kontakte zu den Kollegen pad 0 1 1 "Verlassen auf Unterstiitzung" pad 0 1 1

Gosamt 15 8 23 Tab. 8.33: Nachtetle von Fuhrungskompetenz m Bezug auf elgenen berufhchen Erfolg

Page 201: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

188 Ergebnisse_

Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt ~gorien) krafte schaft

Dominanz, Gefahr der Einschrankung Anderer pad 0 3 3 Gefahr der Vberlastung, starkere Belastung, we- ak 3 0 3 niger Freizeit Unzufriedenheit und Frust, falls keine adaquate pad 0 2 2 Stelle vorhanden

~1~!, Bess~_wisser" rad 2 0 2 Mangdnde Trennung Privat- und Berufsleben r ad 1 1 2 Geringere Weiterentwicklung der fachlichen pad 1 0 1 Kompetenz Verunsicherung durch neue Anforderungen pad 1 0 1 Abgehobenheit ok 1 0 1 Elitedenken ok 1 0 1 Erhohtes Anspruchsdenken ok 1 0 -~

Familiare Belastung pad 0 1 1 Verlust sozialer Kontakte pad 0 1 1 ~-

Gesamt 11 8 19 --Tab. 8.34: Nachtelle von Fuhrungskompetenz tn Hmbhck auf dIe e'gene Entwlcklung

8.5.2.3 Selbststdndigkeit

Nennung Nachteil Arbeitgebcr (18 Kategorien) Kalkiil Fuhrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

'Ihlilihte~-Risiko von Fehlentscheidungen ok 2 3 .--:;-

5 1v!;;~gelnde Absprachen, InformationsfIuss bzw. ok 3 1 -4 Kooperatio,:! Verlust an Kontrollmoglichkeiten ok 2 2 4 Aufwand fUr die Einfuhrung einer neuen ok 2 2 4

%o'ihrungskultur Konflikte und Probleme mit Vorgesetzten ok 1 2 '3' Stures Abteilungsdenken ok 2 0 -~ Einzelkampfertum ok 1 1 2 Unabgestirnrnte strategische Ausrichtung ok 0 2 __ ~ "Sich in andere Bereiche einrnischen" ok 1 o 1 Mangelnde Einhaltung von Zielvorgaben ok 1 0 1 Abwanderung der Arbeitskrafte ok 0 1 1 Prozesse werden nicht dokumentiert, sind nUI im ok 1 0 1 Gedachtnis der Leute vorhanden "NUT Vorteile, wenn Fiihrungsqualitat und Frei- ok 1 0 ')

raurne vorhanden" Mitarbeiter handeln nicht irnrner systernkonform ok 1 0 1 Erhohtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok 0 1 1 Eventuelle Unzufriedenheit des Kunden ok 0 1 1 Schlechter Ruf fiir die Firma ok 0 1 1 Erhohter Aufwand (finanziell bzw. personeIll ok 0 1 1

Gesarnt 18 18 36 Tab. 8.35: Nachtelle von Selbststandlgkett aus der Perspekhve des Arbeltgebers

Page 202: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 189

Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt

13 Kategorien} krafte schaft Steigendes Konfliktpotenzial mit Vorgesetzten pad 6 2 8 undKollegen Einzelkampfertum, mangelnde Kooperation ok 2 6 8 Mangelndes Feedback zur eigenen Leistun!,; pad 2 1 3 [mageverlust ok 2 1 3 Unnoti!,;er Stress ok 1 a 1 Mangelnde Forderung Untergebener wegen feh- ok 1 a 1 lender Delegation Hoherer Aufwand fur Informationsbeschaffun!,; ok a 1 1 Konkurrenz urn Ressourcen mit anderen lnitiati- ok a 1 1 ven Vorgesetzte verlieren den Uberblick ok a 1 1 Stei!,;ende Erwartungshaltun!,; der Vorgesetzten ok a 1 1 iiberlastung durch iiberflutung ok 1 a 1 ErhOhtes Anspruchsdenken der Mitarbeiter ok a 1 1 Unsicherheit und An!,;st bei Entscheidungen pad a 1 1

Gesamt 15 16 31 Tab. 8.36: Nachtetle von Selbststandlgkelt m Hmbhck auf elgenen berufhchen Erfolg

Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-Gesamt 16 Kategorien} krafte schafl

Eigenbrodelei, Verlusl an Koopcration ok 2 6 8 Hohere (psychische) Belastung, hOherer ok 5 a 5 Arbeitsaufwand Gefahr der Bevormundung anderer, Dominanz pad 2. 1 3 Selbst)iiberlastung bzw. Sclbstiiberschiitzung pad 3 0 3

Kompromisslosigkeit (auch im privaten, familia- pad a 2 2 ren Bereich) Demotivation pad 1 1 2 "Setze mich Gefahren aus" ok 1 a 1 Aus der Rolle fallen pad 1 a 1 Einschrankung der Freizeit ok 1 0 1 Familiare Belastung pad 1 0 1 Hemrnung der personlichen Entwicklung pad 1 0 1 "Blick nach vome verlieren" pad 1 0 1 ImageverIust ok 0 1 1 Fehlende Forderung bei Konflikt mit pad 1 0 1 Vorgesetzten Unsicherheit pad 0 1 1 Kein Selbstbewusstsein pad 0 1 1

Gesaml 20 13 33 .. Tab. 8.37. Nachletle von Selbstslandigkell m Hmbhck auf dIe elgene Entwicklung

Page 203: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

190 Ergebnisse

8.5.2.4 Verantwortungsbereitschaft

Nennung Nachteil Arbeitgeber (15 Kategorien) Kalkiil Fiihrungs- Beleg-

Gesamt krafte schaft

Verlust an Kontrollmoglichkeiten ok 5 1 6 Unabgestimmte strategische Ausrichtung ok 2 2 4 Erhohtes Risiko von Fehlentscheidungen ok 2 1 3 Dominanz von einzelnen Personen ok 0 2 2 Kompetenziiberschreitungen ok 2 0 2 Probleme mit hoheren Hierarchien ok 1 1 2 Erhohtes Anspruchsdenken der Belegschaft ok 1 1 2 EvtI. Notwendigkeit von Entiassungen ok 1 0 1 Aufwand fur Etablierung einer neuen ok 1 0 1 Unternehmenskultur Informa tionsdefizit pad 0 1 1 Mangelnde Abgrenzung von Aufgabenbereichen pad 0 1 1 Schlechtes Auftreten beim Kunden (Unglaub- ok 0 1 1 wurdigkeit) Personifizierung individueller Verantwortung ok 1 0 1 "Kein Nachteil, da ideale Eigenschaft" ~ad 1 0 1 Kostenaufwand aufgrund Fehlentscheidungen ok 0 1 1

Gesamt 17 12 29 Tab. 8.38: Nachtede von Verantwortungsbere.tschaft aus der Perspektive des Arbe.tgebers

Nennung beruflicher Nachteil Mitarbeiter Kalkiil Fiihrungs- Beleg- Gesamt 17 Kategorien) krafte schaft Fehler haben Foigen: Sie werden vermerkt und ok 2 3 5 Foigen mussen getragen werden Karriereknick bei Fehlern ok 3 1 4 Erhiihter Arbeitsaufwand ok 3 1 4 Imageverlust ok 2 1 3 Reduzierte Wiirdigung positiver Ergebnisse, ne- pad 3 0 3 gative Honorierung von Verantwortungsbereit-schaft Konflikte und Probleme mit hoheren Hierarchien ok 0 3 3 Selbstiiberscbatzung und Kompetenziiberschrei- ok 2 0 2 tung Vernachlassigung anderer Aufgaben ok 1 0 1 Mangelndes Fachwissen im Detail pad 1 0 1 Konflikte, wenn andere Bereiche tangiert werden pad 0 1 1 Fehlender Schutz in der Gruppe pad 0 1 1 Geringere Arbeitsqualitiit ok 0 1 1 "Kopf fiir Kollektiv hinhalten" ok 1 0 1 Scheuklappendenken ("Arbeit wird Lebensmit- pad 1 0 1 telpunkt';) -"Bei richtigem Fiihrungsstil hat der Mitarbeiter pad 1 0 1 nur Vorteile" "Zu unangenehmen Entscheidungen stehen" ok 0 1 1

Page 204: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 191

t:rderung I G;:!'tl 2~1 1!1 ~I Tab. 8.39: Nachteile von Verantwortungsbereitschaft in Hinblick auf eigenen beruflichen

Erfolg

Nennung privater Nachteil Mitarbeiter Kalkiil

Fiihrungs- Beleg-IllS Kategorien) kriifte schaft Weniger Erholung und geistige Frische pad 4 3 ErhOhter Stress und htlhere Belastung tlk 3 1 Risiko, bestraft zu werden bzw. Konsequenzen ok 2 1 tragen zu miissen; fehlende Glaubwiirdigkeit bei falschen Entscheidungen Unsicherheit bzw. Verlust an Selbstsicherheit pad 1 1 Einsamkeit und Ausgrenzung pad 1 1 Selbstiiberschatzung pad 1 0 Konflikte mit dem Arbeitgeber haufen sich ok 1 0 Karriereknick ok 0 I Siindenbock sein ok 0 1 Unzufriedenheit pad 1 0 Einseitigkeit von Interessen pad 1 0 Keine --.E.ad 1 0 Neid und Missgunst pad 1 0 Dominanz in der Familie pad 0 1 V:oreiligkeit bei Entscheidungen ok 0 1

Gesamt 17 11 Tab. 8.40: Nachtelle von Verantwortungsberettschaft m Hmbhck auf die elgene

Entwicklung

Gesamt

7 4 3

2 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

28

Der vierte Fragenkomplex fokussiert darauf, wie weit die Abwagung von Vor­

und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung am Beispiel der vier aus­

gewahlten Kompetenzanforderungen von iikonomischen bzw. padagogischen

UberJegungen getragen ist. Daher ist in folgenden Tabellen jeweils die Anzahl

iikonomischer bzw. padagogischer Kalkiile bei der Nutzen- (Tab. 8.41) bzw.

NachteiIseinschatzung (Tab. 8.42) beruflicher Kompetenzentwicklung angege­

ben.

Page 205: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

192 Ergebnisse

v orteilseinschatzungen

Perspektive Eigene berufliche Perspektive

Flexibilitat Arbeitgeber Perspektive personliche Entwicklung

Okonomische Aspekte 44 (24/20) 36 (21/15) 5 (4/1)

Padagogische Aspekte 13 (9/4) 25 (12/13) 56 (29/27)

Perspektive Eigene berufliche Perspektive Fiihrungskompetenz Arbeitgeber Perspektive

personliche Entwicklung

OkonOlnische Aspekte 30 (19/1l) 30 (15/15) 4 (1/3) Padagogische Aspekte 43 (20/23) 22 (12/10) 48 (25/23)

Perspektive Eigene berufliche Perspektive

Selbststandigkeit personliche Arbeitgeber Perspektive

Entwicklung Okonomische Aspekte 47 (21/26) 32 (16/16) 5 (4/1)

Padagogische Aspekte 12 (8/4) 24 (11/13) 47 (23/24)

Verantwortungs- Perspektive Eigene berufliche Perspektive

bereitschaft Arbeitgeber Perspektive personliche Entwicklung

Okonomische Aspekte 45 (23/22) 34 (18/16) 10 (6/4)

Padagogische Aspekte 6 (3/3) 15 (8/7) 39 (21/18) .. Tab. 8.41: Ole Anzahl okonomlscher bzw. padagogIscher Oberlegongen bel der

Vorteilseinschatzung beruflicher Kompetenzentwicklung

N achteilseinschatzung

Perspektive Eigene berufliche Perspektive

Flexibilitat Arbeitgeber Perspektive

personliche Entwicklung

Okonomische Aspekte 31 (20/1l) 16 (13/3) 12 (6/6)

Padagogische Aspekte 6 (2/4) 19 (10/9) 25 (16/9)

Perspektive Eigene berufliche Perspektive

Fiihrungskompetenz Arbeitgeber Perspektive personliche

Entwicklung Okonomische Aspekte 20 (12/8) 11 (8/3) 6 (6/0)

Padagogische Aspekte 10 (5/5) 12 (7/5) 13 (5/8)

Perspektive Eigene berufliche Perspektive Selbststandigkeit personliche

Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Okonomische Aspekte 36 (18/18) 19 (7/12) 16 (9/7)

Padagogische Aspekte 0 12 (8/4) 17 (1l/6)

V erantwortungs be- Perspektive Eigene berufliche Perspektive persllnliche

reitschaft Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Okonomische Aspekte 26 (16/10) 25 (14/9) 7(3/4)

Padagogische Aspekte 3 (1/2) 9 (6/3) 21 (14/7) .. .. Tab. 8.42: Ole Anzahl okonOlllischer bzw. padagogIscher Oberlegongen bel der

Nachteilseinschatzung beruflicher Kompetenzentwicklung

Page 206: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 193

Die Tabellen weisen die Anzahl der Probandenantworten aus, die im Zuge der

Auswertung der okonomischen bzw. der padagogischen Perspektive zuge­

ordnet wurden. In Klammem sind die Zahlen ftir die Teilgruppen angegeben,

und zwar zunachst ftir die Ftihrungskrafte und dann ftir die Belegschaft.

8.5.3 Teilgruppenvergleiche

Der erste Vergleich beider Teilgruppen zielte auf die Haufigkeiten, mit denen

die kategorisierten Antworten innerhalb der Tab. 8.17 bis 8.28 (Vorteilsnen­

nungen) bzw. Tab. 8.29 bis 8.40 (Nachteilsnennungen) bei beiden Teilgruppen

belegt wurden. Es zeigte sich, dass zwischen beiden Teilgruppen grofStenteils

sehr signifikante Kontingenzen bestehen:

Test auf Kontingenzen zwischen den Hierarchien: Vorleilsnennungen C-Wert p

Vorteile Arbeitgeber Flexibilitiil .860 .005**

~ne berufliche Vorteile Flexibilitiil .758 n.s. Eigene private Vortei!e Flexibilitiit .817 .000**

Vorteile Arbcilgeber Fiihrunliskompetenz .842 .006**

Eigene berufliche Vorteile Fiihrunlislwmpetenz .839 .000*' Eigene private Vorleile Fiihrunlislwmpetenz .820 .000**

Vorteile Arbeitgeber Selbstsliindilikeil .761 .050* Eigene berufliche Vorteile Selbststiindigkeit r_:!55 .007*' Eigene private Vorteile SelbststiindiKkeil .755 .002**

Vorteile Arbeitgeber Veranttoortungsbereilscha{t .739 n.s. Eigene berufliche Vorleile VeranltoortunKsbereitscha{t .860 .026' Eigene private Vorteile Veranttvartungsbereitschaft .710 .010"

.. .. Tab. 8.43: 1 estwerle der Kontingenzpriifung (Pearsons Kontmgenzkoefftzlent C),

n.s. = nicht signifikant

Bei den Vorteilsnennungen liegen einzig in Hinblick auf die Einschatzungen

der eigenen beruflichen Vorteile von FIexibililal und der Vorteile von Verant­

worhmgsbereilsdUlft aus der Sicht des Arbeitgebers keine signifikanten Kontin­

genzen vor. Hier unterscheiden sich die beiden Teilgruppen.

Page 207: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

194 Ergebnisse

Test auf Kontingenzen zwischen den Hierarchien: Nachteilsnennungen C-Wert p

Nachteile Arbeitgeber Flexibilitiit .826 n.s. Eigene berufliche Nachteile F/exibilitiit .769 .027* Eigene private Nachteile Flexibilitiit .786 n.s. Nachteile Arbeitgeber Fiihrunl{skompetenz .771 .008** Eigene berufliche Nachteile Fiihrunl{skompetenz .783 .027* Eigene private Nachteile Fiihrunl{skompetenz .660 n.S. Nachteile Arbeitgeber Selbststiindil{keit .702 .041* Eigene berufliche Nachteile Selbststiindil{keit .832 .001** Eigene private Nachteile Selbststiindil{keit .742 n.s. Nachteile Arbeitgeber Verantwortun;?sbereitschaft .584 n.s. Eigene berufliche Nachteile Verantwortun;?sbereitschaft .664 .037* Eigene private Nachteile Verantwortun;?sbereitschaft .781 .003** .. .. Tab. 8.44: Testwerte der Kontingenzpriifung (Pearsons Kontmgenzkoefflzlent C),

n.s. = nieht signifikant

Bei den Nachteilsnennungen finden sich in ftim Hillen keine signifikanten

Kontingenzen, d.h. beide Teilgruppen unterscheiden bei der Nachteilsein­

schatzung zu Flexibilitiit in der Arbeitgeber- und der eigenen privaten Per­

spektive. In der Arbeitgeberperspektive liegen Unterschiede bei der Nennung

der Nachteile zu Verantwortungsbereitschaft vor, hinsichtlich der eigenen pri­

vaten Perspektive in Bezug auf Fiihrungskompetenz und Selbststiindigkeit.

Flexibilitat Perspektive Eigene beruflkhe Perspektive personliche Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil

x' .8878 I 2.0278 .6344 I 3.1574 .5678 I .6593

P n.5. I n.s. n.s. I n.s. n.s. I n.s.

Fiihrungs- Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche kompetenz Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Vortell I Nachteil Vortell I Nachteil Vorteil I Nachteil

x' 2.0096 I .2715 .1051 I .5242 1.0833 I 6.3776

P n.s. I n.S. n.S. I n.s. n.s. I 5.S.

Selbststan- Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche digkeit Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil

x' 1.8488 I 0 .0954 I 2.6196 1.7469 I .2468

P n.s. I n.S. n.s. I n.s. n.s. I n.s.

Verantwor-Perspektive Eigene berufliche Perspektive personliche

tungsbereit-schaft

Arbeitgeber Perspektive Entwicklung

Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil Vorteil I Nachteil

fl' .0026 I .8821 .0006 I .0928 .1218 I 1.2478

P n.s. I n.S. n.s. I n.s. n.s. I n.s. ..

Tab. 8.45: ErgebnIsse emes Vler-Felder-II'-Tests, df = 1 (n.s. = nIcht S.gn.flkant; s.s. = sehr signifikant)

Page 208: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Ergebnisse 195

Der zweite Teilgruppenvergleich (siehe Tab. 8.45) bezog sich auf das Verhalt­

nis von iikonomisch und padagogisch gepragten Antworten. Hierbei kam der

Vier-Felder-x2-Test (df = 1) zum Einsatz.

Eine statistisch bedeutsame Abweichung ist lediglich bei der Abwagung der

Nachteile in Hinblick auf die persiinliche Entwicklung zur Kompetenzvorgabe

Fuhrungskompetenz zu finden. Dort ftihrten ausschlieBlich Befragte aus der

Gruppe der Ftihrungskrafte iikonomische Aspekte an (z.B. "Gefahr der Uber­

las tung", "starkere Belastung") an, wogegen bei den Beschaftigten padago­

gisch gepragte Nachteilstiberlegungen dominierten (z.B. "Dominanz",

"Gefahr der Einschrankung anderer").

Die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse ist damit abgeschlossen. Es

wurden die Daten zu allen vier Fragenkomplexen beschrieben, so dass die Ba­

sis £tir die Diskussion der Befunde geschaffen ist.

Page 209: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

9 Diskussion

Nach der ausftihrlichen Darstellung der Untersuchungsergebnisse sollen die

Befunde in diesem Kapitel vor dem in den Kapiteln vier und ftinf erarbeiteten

theoretischen Hintergrund diskutiert werden. In den Abschnitten 9.1 bis 9.4

werden die Ergebnisse zu den vier Fragenkomplexen zusammengefasst und

erortert, in Abschnitt 9.5 werden die verwendeten Methoden reflektiert, um

die Tragweite der Ergebnisse einschatzen zu konnen.

9.1 Fragenkomplex 1: Bedingungen der Kompetenzforderung

Der erste Fragenkomplex verfolgte das Ziel, Bedingungen zu erheben, unter

clenen Beschaftigte in ihrem Arbeitsumfeld ihre individuelle Kompetenz ge­

Wrdert und gdordert sehen. Die Versuchspersonen soUten zunachst konkrete

Beispiele aus ihrer Arbeitsumgebung benennen, die ihrer Ansicht nach ihre

individuelle Kompetenz fordern und fordern wurden. 1m Folgeschritt erfolgte

schlicmich cine Gruppenbewertung samtlicher genannter Beispiele, und zwar

in Hinblick daraui, wclche Bedeutung den Beispielen beigemessen wird und

wie weit sie als zutreffend ftir den cigencn Arbeitsplatz angesehen werden.

Vor dem Hintergrund der programmatischen Anforderungen neuerer Ansatze

betrieblicher Arbeitsorganisation (vg1. Kap. 3), nach denen die individuelle

Kompetenz Beschaftigter als wichtige Ressource ftir zuktinftigen Unterneh­

menserfolg interpretiert wird, die es auszubauen und zu pflegen gilt (vg1. Kap.

4), steUt sich ein spezieller Blickwinkel fur die Betrachtung der Ergebnisse: Sie

belegen, wie weit Beschaftigte das, was in modernen Konzepten betrieblicher

Arbeitsorganisation proklamiert wird, als kompetenzWrdernd erleben. Eine

gtinstige Bedingung fUr die Realisierung der Konvergenz iikonomischer und

padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisations­

entwicklung besteht darin, dass die Befragten solehe Beispiele der Fiirderung

und Forderung ihrer individuellen Kompetenz nennen, die den neuen Organi­

sationskonzepten zu Grunde liegen. Daher werden die Befunde unter diesem

Gesichtspunkt diskutiert.

Page 210: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

-"1.:...98'-____________________________ D_iskussion

Die von den Befragten genannten und als besonders wichtig eingestuften Bei­

spiele lauteten: Untersttitzung bei der Liisung von Problemen durch Vorge­

setzte und Kollegen; Projektarbeit; Freiraume ftir Entscheidungen; Teilnahme

an Weiterbildung und Feedbackrunden sowie fachtibergreifenden Arbeits­

kreisen; Ubertragung von Personalverantwortung; hohe Arbeitsanforderun­

gen; gezielte und systematische Einarbeitung bei Neueinstellungen;

strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation; Erfahrungsaustausch mit

Kollegen und Vorgesetzten; Vielfalt der Arbeitsaufgaben; regelmaBig stattfin­

dende Mitarbeitergesprache (vgl. Tab. 8.3).

In den Beispielen zeigt sich eine sehr hohe Ubereinstimmung mit Organisati­

onsmerkmalen, wie sie in den neuen Ansatzen betrieblicher Arbeitsorganisati­

on angedacht sind: Bereits mit Einftihrung einer Schlanken Organisation

wurde Entscheidungsbefugnis delegiert, Projektarbeit und Qualitatszirkel ein­

geftihrt, die als fachtibergreifende Arbeitskreise organisiert sind. Mit der De­

regulierung der Arbeitsprozesse ging eine Steigerung der

Arbeitsanforderungen und eine Anreicherung der Arbeitsaufgaben einher.

Kooperative Problemlosung sowie eine strategische Ausrichtung der Arbeits­

organisation ist ein Merkmal eines Fraktalen oder eines Virtuellen Unterneh­

mens, in denen dauerhafte innere Strukturen zugunsten temporarer

Kooperationsformen aufgegeben werden. Erfahrungsaustausch und explizite

Erwahnung von Weiterbildungsteilnahme findet sich in Ansatzen der lernen­

den Organisation.

Nicht in die Zielsetzung neuerer Organisationskonzepte passt das Beispiel der

Ubertragung von Personalverantwortung, scheint sich hierin doch ein hierar­

chisches Gefalle zu manifestieren, das seit der Einftihrung der Schlanken Or­

ganisation zu tiberwinden versucht wird. Denn zunachst ist davon

auszugehen, dass tiber die Zuteilung von Personalverantwortung zugleich ein

hierarchisches Gefalle definiert wird.

Trotzdem kann aber konstatiert werden, dass in einem GroBteil der ftir die

Forderung und Forderung individueller Kompetenz als besonders bedeutsam

eingeschatzten Beispiele Merkmale neuerer Organisationskonzepte aufgegrif­

fen werden. Insofern konnen die Befunde als eine Bestatigung eben jener Or­

ganisationskonzepte gedeutet werden, wei! die genannten Merkmale von den

Beschaftigten genau so wahrgenommen werden, wie es intendiert ist: Ais For­

derung und Forderung individueller Kompetenz.

Page 211: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 199

Die Einschatzung der Bedeutsamkeit bewegt sich jedoch noch auf der pro­

grammatischen Ebene dessen, was moglicherweise von den Versuchspersonen

gewtinscht wird. Informationen dartiber, wie weit diese Beispiele in der Praxis

des betrieblichen Alltags realisiert werden, gibt die zweite vorgenornrnene

Einschatzung. Dort sollten die Versuchspersonen angeben, wie weit die Bei­

spiele ftir deren Arbeitsbereich als zutreffend angesehen werden. Besonders

hoch wurden hier die Beispiele Projektarbeit, hohe Arbeitsanforderungen,

Freiraume ftir Entscheidungen und vielfaltige Arbeitsaufgaben bewertet, die

jeweils mehr als eine Standardabweichung tiber dem Mittelwert der Gruppe

liegen (vgl. Tab. 8.3).

Die Realisierung wird lediglich bei den Beispielen Einarbeitung neuer Be­

schaftigter, wechselseitiger Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorge­

setzten sowie strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation

zurtickhaltender bewertet. Diese drei Nennungen erhielten negative z-Werte,

d.h. sie wurden unterdurchschnittlich zutreffend bewertet, allerdings nahe am

Mittelwert (z = [-.44;-.15], vgl. Tab. 8.3).

Alle anderen der elf besonders wichtig eingestuften Beispiele erhielten positi­

ve z-Werte zwischen z = .2 bis z = .84 und scheinen daher eine weitgehend

zutreffende Beschreibung der Bedingungen zu sein, die die Befragten in ihrer

Arbeitsumgebung vorfinden.

Insgesamt liegen also giinstige Realisierungsbedingungen ftir die Konvergenz

okonomischer und padagogischer Prinzipien vor:

1. In einer Bewertung der Bedeutung von Beispielen der Forderung und For­

derung individueller Kompetenz im Rahmen des betrieblichen Alltags

wurden tiberwiegend solche Beispiele hoch eingeschatzt, die Merkmal

neuerer Organisationskonzepte sind. Diese Konzepte folgen dem okonomi­

schen Prinzip, wei! sie die Grundlage ftir den wirtschaftlichen Erfolg der

Unternehmen bereitstellen sollen. Da ihre Merkmale aber auch (intendier­

ter Weise) als Forderung und Forderung der individuellen Kompetenz Be­

schaftigter wahrgenommen werden, erftillen sie auch ein padagogisches

Prinzip.

2. Die empirische Bestatigung, dass die beschriebenen Beispiele grofSenteils

zutreffend den Arbeitsbereich der Versuchspersonen beschreiben, weist

tiber die Ebene der Programmatik hinaus auf die Ebene betrieblicher Wirk­

lichkeit. Damit bescheinigten die Befragten, dass sie in ihrem Arbeitsum-

Page 212: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

200 Diskussion

feld konkrete Situationen wahrnehmen, in denen sie ihre individuelle

Kompetenz gefordert und gefordert sehen. Sie bekundeten damit (in aus­

gewahlten Beispielen) kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen.

Bezogen auf die elf als besonders wichtig eingeschatzten Beispiele konnten

keine signifikanten Unterschiede zwischen den Fuhrungskriiften und der Be­

legschaft festgestellt werden. Auch dies kann als gtinstige Voraussetzung fur

die Realisierung der Konvergenz gesehen werden. Da in beiden hierarchi­

schen Ebenen ahnliche Wertungen vorgenommen wurden, ergab sich ein Be­

leg dafur, dass die genannten Beispiele nicht nur im Arbeitsbereich von

Fiihrungskriiften vorzufinden sind, sondern dass auch die Gruppe der Beleg­

schaft einen anspruchsvollen Arbeitsalltag vorfindet.

Nun konnte aus dem ahnlichen Bewertungsverhalten beider Teilgruppen die

Vermutung abgeleitet werden, dass beide Teilgruppen - aus welchen Grunden

auch immer - grundsatzlich ahnlich urteilen, was Zweifeln an der Aussage­

kraft dieses Befundes gleich kame. Urn diesen moglichen Einwand zu wider­

legen, sei auf die beiden signifikant unterschiedlichen Einschatzungen beider

Teilgruppen verwiesen. Sie betreffen aber lediglich solche Beispiele, die in der

Bedeutungszuschreibung die hinteren Rangplatze belegten.

Dies betrifft zunachst einmal die von einer Versuchsperson eingebrachte Aus­

sage: "Je mehr Kompetenz <in den Arbeitsalltag> eingebracht wird, desto

mehr Gehalt wird ausbezahlt" (Zitat aus einem Antwortbogen, Erganzung

c.H.). Das Urteil, wie sehr diese Aussage fur den Arbeitsbereich der Proban­

den zutrifft, fiel bei den Fuhrungskriiften wesentlich skeptischer aus als bei

der Belegschaft (vgI. Tab. 8.5). Wahrend die iiberwiegende Mehrheit der Be­

fragten aus der Teilgruppe Belegschaft diese Aussage auf der oberen Halfte

der Ratingskala wertete (sechs von sieben), wahlte die Mehrheit (sechs von elf)

der Fiihrungskriifte einen Wert auf der unteren Halfte der Skala. Eine Erkla­

rung fiir diese unterschiedliche Einschatzung konnte darin bestehen, dass

Fiihrungskrafte prinzipiell bessere Gehalter beziehen und in ihren Arbeits­

vertragen weniger Spielraum fiir leistungsbezogene Vergtitung vorgesehen ist

als dies bei Beschaftigten ohne Fuhrungsfunktion der Fall ist.

Die zweite signifikant unterschiedliche Bewertung betrifft die Bedeutung, die

einem Arbeitseinsatz an verschiedenen Standorten fUr die Forderung und

Forderung individueller Kompetenz beigemessen wurde (vgI. Tab. 8.6). Dieses

Beispiel wurde von keiner einzigen Versuchsperson aus der Teilgruppe der

Page 213: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 201

Belegschaft in die Auswahl der am wichtigsten eingeschiHzten Aussagen

tibemommen, sondem ausschlielSlieh von Ftihrungskraften. Ob darin zum

Ausdruck kommt, dass ein Einsatz an verschiedenen Standorten ftir Beschaf­

tigte ohne Ftihrungsfunktion nieht relevant oder nicht attraktiv erscheint,

kann auf Basis der Daten nieht eingeschatzt werden.

Diese beiden Beispiele signifikant unterschiedlicher Einschatzungen zwischen

beiden Teilgruppen dienen lediglich dem Beleg, dass die Teilgruppen in die­

sen Fallen auch zu spezifischen Wertungen gelangten. Dies ist ein Indiz ftir die

Qualitat des Datenmaterials, aber ftir die Diskussion urn die Realisierungsbe­

dingungen der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien be­

trieblicher Personal- und Organisationsentwicklung nicht malSgeblich, da

ihnen im Gesamtbild von den Versuchspersonen nur wenig Bedeutung in ge­

nau dieser Frage beigemessen wird.

Resiimee

Die Befunde konnen als gtinstige Realisierungsbedingung fur die Konvergenz

okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Or­

ganisationsentwicklung angesehen werden, weil sie zum einen eine Bestati­

gung der padagogischen Dimension neuerer Ansatze betrieblicher

Arbeitsorganisation darstellen, die zum anderen aber eine Basis ftir den wirt­

schaftlichen Erfolg von Unternehmen bereitstellen sollen.

Bei den als am wichtigsten eingestuften Beispielen wurden von den Befragten

Aspekte der Kooperation und des Erfahrungsaustauschs, einer strategischen

Ausrichtung verbunden mit Entscheidungsfreiraumen bei der Umsetzung,

Weiterbildungsmoglichkeiten etc. vorgebracht. All dies sind Aspekte, die in

den Programmatiken moderner Untemehmensorganisation bereits einen fes­

ten Bestandteil darstelJen.

9.2 Fragenkomplex 2: Hindernisse der Kompetenzforderung

Neben der Frage, wie weit Beschaftigte ihr Arbeitsumfeld als kompetenzfor­

demd erleben, spielt bei der Untersuchung kompetenzfordemder Arbeitsbe­

dingungen auch der Aspekt eine Rolle, welche Hindemisse ftir die Forderung

und Forderung individueller Kompetenz im ArbeitsalJtag auftreten. Diese

wurden zum einen indirekt tiber die Anregung von Verbesserungsvorschla-

Page 214: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

202 Diskussion

gen und zum anderen direkt erhoben, indem die Versuchspersonen Beispiele

erinnern solI ten, bei denen eine hohe Auspragung individueller Kompetenz

zu Problemen fiihrte. Bei der Diskussion der Ergebnisse wird auf das unter

Abschnitt 8.3 dokumentierte Datenmaterial Bezug genommen.

Betrachtet man einstweilen die Befunde der Erhebung und Bewertung von

VerbesserungsvorschIagen, so lassen sich auch diese vor dem Hintergrund der

im Theorieteil ausgearbeiteten Charakteristika neuer Organisationskonzepte

analysieren. Werden solche Verbesserungsvorschlage eingebracht, die eigent­

lich laut dieser Organisationskonzepte bereits realisiert sein miissten, so kann

dies als Indiz fur eine unzureichende Umsetzung der Programmatik angese­

hen werden. Das wiirde dann auch auf eine Beeintrachtigung der Realisierung

von Konvergenzbedingungen hinweisen.

9.2.1 Diskussion der Verbesserungsvorschlage

Von den Verbesserungsvorschlagen wurden von der gesamten Probanden­

gruppe folgende neun Nennungen als besonders wichtig in Hinblick auf eine

bessere Fiirderung individueller Kompetenz eingeschatzt:

• Es solle mehr Mut zur Anderung von Strukturen und bekannten Routinen

aufgebracht werden.

• Fiihrungskrafte sollen sich mehr Zeit nehmen, auf Starken und Schwachen

Beschaftigter einzugehen.

• Es solle Job Rotation und Aufgabenerweiterung vorangetrieben werden.

• Organisierte Kommunikation unter Kollegen sowie Feedbackgesprache mit Vorgesetzten und Personalabteilung solIe impiementiert werden.

• Die Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspielraum solie

beseitigt werden, indem griiBere Entscheidungsspielraume eingeraumt

werden.

• Es solle eine Orientierung an gemeinsamen Werten erfolgen.

• Es sollen fiir die Beschaftigten erweiterte Mitsprachemiiglichkeiten bei der

Gestaltung iibergeordneter Ziele eingeraumt werden.

• Kreativitat solIe gefiirdert und anerkannt werden.

• Die langfristige Planung miisste genauer bekannt sein und eine klarere,

strukturiertere Zielsetzung erfolgen.

Page 215: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskuss:::io:::n'--____________________________ '-20'-'--3

Diese Beispielsnennungen spielen auf drei verschiedene Aspekte des betriebli­

chen Alltags ab: (a) Formale Ablaufe, (b) Verhalten und zwischenmenschlicher

Umgang, (c) grundlegende Verbesserungsvorschlage.

Zu (a): Auf formale Ablaufe bezogen sich die auf Beteiligung und Strukturie­

rung der Zielsetzungen bezogenen Verbesserungsvorschlage, die Forderung

nach Job Rotation sowie der Ruf nach organisierter Kommunikation. Interes­

sant ist hier, dass diese Vorschlage jeweils komplementare Beitrage zum ers­

ten Fragenkomplex aufweisen. Das heiBt, unter den Verbesserungsvor­

schlagen wurden Aspekte angesprochen, die zugleich als Beispiele der Kom­

petenzforderung aus dem Betriebsalltag genannt wurden. Dort wurde nam­

lich - ebenfalls als besonders wichtig eingestuft - "hohe Anforderungen durch

vielfaltige Arbeitsaufgaben", "Erfahrungsaustausch mit Kollegen und Vorge­

setzten" sowie die strategische Ausrichtung der Arbeitsorganisation genannt.

Was auf den ersten Blick als ein Widerspruch erscheinen mag, lasst sich plau­

sibel mit dem Erhebungsverfahren erklaren. Die Versuchspersonen waren

allfgefordert, in der zweiten Delphi-Runde sowohl Beispiele der Kompetenz­

forderung aIs auch Verbesserungsvorschlage einzubringen. Die Aufgaben­

stellung in der dritten Delphi-Runde bestand dann darin, zu allen

eingegangenen Vorschlagen Wertungen vorzunehmen. Es war somit moglich,

dass in der zweiten Runde ein Aspekt von einer Versuchsperson als Beispiel

aus der eigenen Alltagserfahrung genannt wurde, gleichzeitig aber von einer

anderen Versuchsperson als Verbesserungsvorschlag vorgetragen wurde. In

der dritten Runde mussten dann aile Probanden diesen Aspekt sowohl als Bei­

spiel aus dem Arbeitsalltag als auch als Verbesserungsvorschlag bewerten. In

beiden Fallen war zunachst eine Einschatzung vorzunehmen, wie wichtig die­

ser Aspekt filr die Forderung und Forderung der individuellen Kompetenz

eingestuft wird. Eine ahnIich hohe bzw. niedrige Wertung in beiden Fallen ist

naheliegend und folgerichtig. Unterschiede sind eher beziiglich der zweiten Wertung zu erwarten, namlich wie weit die Beispiele als zutreffend fiir den

eigenen Arbeitsbereich eingeschatzt wurden bzw. fiir wie realisierbar die Ver­

besserungsvorschlage gehalten wurden. Anhand dieser zweiten Wertung sol­

len diese scheinbar widersprilchlichen Befunde gedeutet werden.

Das Komplementar zum Verbesserungsvorschlag Job Rotation wurde bei den

Beispielen der Kompetenzforderung im Gruppenurteil als sehr zutreffend ein­

geschatzt. Es kann also davon ausgegangen werden, dass fiir die meisten Ver­

sllchspersonen hohe Anforderungen durch vielfaltige Arbeitsaufgaben zum

Page 216: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

204 Diskussion

betrieblichen Alltag gehoren. Angesichts dessen ist auch die hohe Einschat­

zung der Realisierbarkeit dieses Aspekts verstiindlich. Dass er in die Reihe der

Verbesserungsvorschlage Eingang fand, soll daher nicht als Indiz fur eine un­

zureichende Urnsetzung gewertet werden.

Bei den beiden anderen Scheinparadoxien in den Befunden fiel die Gruppen­

bewertung in anderer Form aus. Das Komplementar zur Forderung nach Be­

teiligung bei der Gestaltung, der Struktur und dem Bekanntheitsgrad von

Zielsetzungen kann in der Liste der Beispiele im Beitrag "strategische Aus­

richtung der Arbeitsorganisation" gesehen werden. Dieses Beispiel erhielt je­

doch bei der Einschatzung, wie weit es die Versuchspersonen als flir den

eigenen Bereich zutreffend sehen, keine hohen Werte (z = -.15). Es scheint sich

also vielmehr urn ein aulSergew6hnliches Beispiel zu handeln. Dies spiegelt

sich auch in der Einschatzung der Realisierbarkeit der Verbesserungsvor­

schlage wider, die eher mittelma15ig (z = [-.35;-.06]) ausfiel. Somit scheint die

Interpretation angebracht, dass die Beteiligung der Beschaftigten an der Ges­

taltung ubergeordneter Ziele und der Bekanntheitsgrad langfristiger Planun­

gen von den Versuchspersonen zwar gewunscht und fur die

Kompetenzf6rderung als wichtig angesehen werden, in der Realitat des be­

trieblichen Alltags jedoch unterentwickelt sind. Ein solcher Befund steht je­

doch im Gegensatz zu den Teilen der Konzepte des Fraktalen und Virtuellen

Unternehmens, die auf eine Selbstorganisation von Unternehmensteilen in

temporaren Kooperationen abzielen. Strukturen dieser Art setzen die Gestalt­

barkeit der Zielsetzungen durch die Beschaftigten voraus. Ein nur einge­

schrankter Bekanntheitsgrad langfristiger Planungen und Zielsetzungen

deutet auf eine unzureichende Urnsetzung eines allen neueren Ansatzen ge­meinsamen Merkmals hin. Denn mit zunehmender Delegation von Entschei­

dungsbefugnis mussen die Zielsetzungen des Unternehmens expliziert sein,

urn die Voraussetzung einer auch irn Sinne des Unternehmens kompetenten

und vernunftigen Entscheidung zu schaffen.

Ahnlich wurde das letzte "Gegensatzpaar" in den unterschiedlichen Listen

eingeschatzt: In der Reihe der besonders wichtig bewerteten Verbesserungs­

vorschlage fand sich die Forderung nach einer organisierten Kommunikation

unter Kollegen sowie nach Feedbackgesprachen. Die Realisierbarkeit dieses

Vorschlags wurde besonders hoch eingeschatzt (z = 1.353). Demgegenuber

wurde Erfahrungsaustausch mit Kollegcn und Vorgesetzten als ein besonders

wichtiges Beispiel fur die F6rderung individueller Kompetenz eingebracht.

Page 217: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 205

Allerdings fanden dieses Beispiel nicht viele Versuchspersonen als besonders

zutreffend, was in dem negativen z-Wert Niederschlag fand. Hierin konnte ein

besonders gravierender Mangel bei der Umsetzung neuerer Organisations­

konzepte Ausdruck finden. Zwar zielen beide Aussagen im Detail auf unter­

schiedliche Gesichtspunkte innerbetrieblicher Kommunikation. Aber da in den

VerbesserungsvorschHigen die 1mplementierung einer brganisierten, das heillt

auch formalisierten Form gefordert wurde, liegt der Schluss nahe, in der Pra­

xis wiirden Defizite vorliegen, die sich iiber den Organisationsgrad von

Kommunikationsprozessen verringern liegen. Problema tisch hinsichtlich der

Umsetzung neuerer Organisationskonzepte ware dies in zweifacher Hinsicht:

Erstens wlirde dies darauf hindeuten, dass die Bedingungen der betrieblichen

Arbeitsorganisation die Kommunikation zwischen den Beschaftigten nicht

fordem; zweitens wiirde die Regulierung solcher Kommunikationsprozesse

der den neueren Organisationskonzepten zugrunde liegende Tendenz zur De­

regulierung zuwiderlaufen.

Zu (b): 1m zweiten Biindel konnen verhaltensorientierte Nennungen zusam­

mengefasst werden, namlich der Appell, Flihrungskriifte soli ten mehr Zeit flir

die Beriicksichtigung individueller Starken und Schwachen Beschaftigter auf­

bringen, und die Forderung nach einer Orientierung an gemeinsamen Werten.

Flir die erstere der beiden Nennungen konnten keine statistisch signifikanten

Unterschiede zwischen beiden Hierarchien festgestellt werden (vgl. Tab. 8.9),

so dass dieses Defizit nicht nur von der Teilgruppe Belegschaft angemahnt,

sondem dies auch in der Gruppe der Flihrungskriifte anerkannt wurde. Die

Realisierbarkeit dieses Vorschlags wurde mittelmagig eingeschatzt. Dieser Be­

fund lasst eine ambivalente Bewertung zu. Auf der einen Seite ist dieser Vor­

schlag als Ausdruck eines diesbezliglichen Mangels zu sehen, der damit auf

ein eklatantes Hindemis fiir die Forderung und Forderung individueller

Kompetenz hinweist. Auf der anderen Seite ist die iiber beide Teilgruppen

hinweg geteilte hohe Bedeutungszuschreibung zugleich Ausdruck eines ent­

sprechenden Problemverstandnisses.

Anders verhalt sich die Einschatzung zwischen beiden Teilgruppen in Bezug

auf den Vorschlag einer Orientierung an gemeinsamen Werten. Wie Tab. 8.9

zeigt, unterscheiden sich Fiihrungskrafte und Belegschaft in der Bedeutungs­

zuschreibung fiir diesen Vorschlag in Hinblick auf die KompetenzWrderung

sehr signifikant. Nur eine Minderheit der Versuchspersonen aus der Beleg­

schaftsgruppe mag diesem Verbesserungsvorschlag ausreichend Bedeutung

Page 218: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

206 Diskussion

bei, urn ihn in die Rangliste der zehn am wichtigsten eingeschatzten Vorschla­

ge aufzunehmen; er wurde aber allenfalls auf hintere Rangplatze gesetzt. In­

nerhalb der Gruppe der Fiihrungskrafte wurde er mit einer Ausnahme von

allen Versuchspersonen ausgewahlt und zum Teil auch auf hohe Rangplatze

gesetzt (vgl. Tab. 8.10). Es scheint also, dass die befragten Fiihrungskrafte ei­

ner Orientierung an gemeinsamen Werten hohe Bedeutung beimessen, woge­

gen dem die befragten Personen aus der Gruppe der Belegschaft keine

iibergeordnete Relevanz zusprechen. Dem Datenmaterial lasst sich nicht ent­

nehmen, worin die Ursache fiir eine offenbar unzureichende Orientierung an

gemeinsamen Werten zu suchen ist. Denkbar ware beispielsweise eine Gleich­

giiltigkeit in der Belegschaft gegeniiber gemeinsamen Werten oder aber auch,

dass die Gruppe der Belegschaft die Werte der Fiihrungskrafte nicht teilt.

Zwar ging aus den Arbeitsunterlagen, die die Versuchspersonen zu bearbeiten

hatten, nicht hervor, aus welcher Teilgruppe weIche Vorschlage eingebracht

wurden. Aber da die Fiihrungskrafte diesem Vorschlag hohe Bedeutung bei­

maBen, liegt die Vermutung nahe, dass sie dem in der taglichen Fiihrungspra­

xis entsprechend Ausdruck verleihen. Wenn nun die Probanden aus der

Belegschaft die Werte der Fiihrungskrafte ablehnen, dann diirften sie bei der

niedrigen Bewertung auf jene nicht geteilten Werte Bezug genommen haben.

Beide Erwagungen, Gleichgiiltigkeit wie auch Ablehnung, wiirden im Faile

ihres Zutreffens Ansatzpunkte neuerer Organisationskonzepte unterlaufen.

Gerade bei den im dritten Kapitel als neuer bezeichneten Ansatzen betriebli­

cher Arbeitsorganisation spielen gemeinsame Wertorientierungen eine nicht

unerhebliche Rolle. Dies beginnt im Grunde genommen schon bei einer ernst

genommenen und serios umgesetzten Delegation von Verantwortung und

Entscheidungsbefugnis, die den Beschaftigten Freiheitsgrade und realisierbare

Handlungs- und Entscheidungsalternativen eroffnet: Damit eine dauerhafte

Existenz und fortgesetzte Handlungsfahigkeit eines Betriebes auf dem Markt

wahrscheinlich erscheint, ist die Grundlage gemeinsam geteilter Werte unver­

zichtbar, die fiir die Organisationsmitglieder verbindlich handlungsleitend

wirken. Selbstredend konnen mit Werten hier nur soIche normative Orientie­

rungsgroBen gemeint sein, die im Zusammenhang mit beruflichem Handeln

von Relevanz sind. Auf Privatsphare bezogene oder religiose Werthaltungen

diirften hier keine Rolle spielen. Es kann auch davon ausgegangen werden,

dass die Versuchspersonen bei der Bewertung dieses Vorschlags eine soIche

Eingrenzung vorgenommen haben. Die Frage der Moglichkeiten und Konse-

Page 219: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 207

quenzen auftretender Diskrepanzen und Wertekollisionen zwischen Berufs­

und alltaglicher Lebenswelt bleibt hier bewusst ausgeklammert.

Zu klaren ware auf Basis des vorliegenden Datenmaterials in einer weiterfiih­

renden Untersuchung, ob und wie weit beide Teilgruppen sich ihrer unter­

schiedlichen Einschatzungen bewusst sind, um weitere Riickschliisse auf

Auswirkungen hinsichtlich der Fiihrungs- und somit allgemeinen Praxis des

Arbeitsalltags zuzulassen.

Zu (c): Das dritte Bundel bilden grundlegende Verbesserungsvorschlage, zum

einen die Diskrepanz zwischen Verantwortung und Handlungsspielraum

durch groBere Entscheidungsfreiraume zu beseitigen, zum anderen mehr Mut

zur Anderung von Strukturen und bewahrten Routinen aufzubringen sowie

Kreativitat zu fordern. Diese Gesichtspunkte stellen die Umsetzung zentraler

Aspekte moderner Organisationskonzepte in Frage, in denen eben von der

Delegation von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen, dem AufbTe­

chen verkrusteter Strukturen sowie von Innovationen die Rede ist.

Nun kann abeT nur dann von der Delegation von Verantwortung gesprochen

werden, wenn darnit die Ermogliehung von Freiheitsgraden fiir die Adressa­

ten der Delegation einher geht (vgl. HElD 1999a). Die Tatsache, dass dies em

Verbesserungsvorschlag ausgesprochen hohe Bedeutung beigemessen wurde,

deutet darauf hin, dass ein solcher Zusammenhang nieht gegeben scheint und

im betrieblichen Kontext im Zusammenhang mit Verantwortung zumeist von

der erfolgreichen Bewaltigung external definierter Aufgaben die Rede ist. Die­

se Vermutung wird dutch einen Detailbefund aus der ersten Untersuchungs­

runde bestatigt, wonach die Befragten im Kontext betrieblichen Arbeitsalltags

Verantwortung nicht im (erziehungswissenschaftliehen) Verstandnis als mo­

ralischen Anspruch interpretieren, sondern - um einer Unterscheidung von

TENORTH (1990) zu folgen - eher als Aufgabe sehen, worin deren nach welchen

Kriterien auch immer erfolgreiche Bewaltigung impliziert ist (vgl. HARTEIS

u.A.2001).

Nicht allein die FIut an popularer Literatur zum Veranderungs- bzw. Change

Management (z.B. BERNDT 1998; DOPPLER & LAUTERBURG 2000; GATIERMEYER

2000) ist als Indiz dafiir zu werten, dass Veranderungen eine zentrale Bedeu­

tung in der Organisation betrieblicher Arbeit beigemessen wird. Auch und

gerade die neueren Managementkonzepte sehen in der raschen Anpassung an

die Bedurfnisse des Marktes und der Kunden das zentrale Rezept unterneh-

Page 220: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

208 Diskussion

merischen Erfolgs. Diese Anpassung vertragt sich nicht mit dem unhinter­

fragten Festhalten an eingespielten Verfahrensweisen. Ein sich rasch bis tur­

bulent veranderndes Unternehmensurnfeld konfrontiert Betriebe mit

Unsicherheit, die Anderungen in den Strukturen - sei es an den Schnittstellen

zur Unternehrnensumwelt oder im Inneren von Unternehmen selbst - zur Fol­

ge haben (vgl. PRIDDAT 2000b). Die hohe Bedeutung, die dieser Nennung 50-

wie der Forderung nach hoherer Anerkennung von Kreativitat als

Verbesserungsvorschlage von beiden Teilgruppen gleichermaLlen zugerechnet

wurde, ist als Indiz fur Defizite sowohl der Umsetzung neuerer Konzepte be­

trieblicher Arbeitsorganisation als auch der Realisierung der Konvergenz oko­

nomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und

Organisationsentwicklung zu sehen.

9.2.2 Oiskussion der Beispie/e, in denen ein hohes Mafl individueller Kompetenz zu Problemen fiihrte

Bewertet man die Anzahl der Beitrage als Indikator dafur, auf welchen Ebenen

innerhalb der untersuchten Unternehrnen wie haufig Probleme aufgrund ho­

her Auspragung individueller Kompetenz auftreten, dann spielen dabei Ge­

sichtspunkte der Unternehmensphilosophie kaum eine Rolle. Denn kaum eine

der Versuchspersonen konnte sich an eine Situation erinnem, in denen Prob­

Ierne aufgrund hoher individueller Kompetenz auf die Unternehmensphiloso­

phie zuruckfuhrbar waren. Das ist insofern plausibel, als die beiden

untersuchten Unternehrnen - wie schon in Kap. 7.2 ausgefuhrt - in ihrer Ar­

beitsstrukturierung neueren Organisationskonzepten folgen und auf die Ent­

wicklung und Forderung individueller Kompetenz ihrer Beschaftigten

expliziten Wert legen. Entsprechend sind in ihren Unternehrnensleitsatzen

programmatische Aussagen zur Wertschatzung individueller Kompetenz der

Beschaftigten zu finden. Probleme lassen sich daher nur sehr schwer auf die

Unternehmensphilosophie zuruckfiihren. Wie die Ergebnisse zeigen (vgl. Kap.

8.3.2.3), werden Probleme in der Auslegung und Akzeptanz der Unterneh­

mensphilosophie angesprochen, wenn etwa von "ewig Gestrigen" die Rede ist

oder der Hinweis erfolgt, dass manche Personen ihre Rolle aus der Vergan­

genheit ableiten. Diese Probleme lassen sich jedoch auf Einzelpersonen zu­

ruckfuhren und hangen von der Unternehmensphilosophie allenfalls mittelbar

abo

Page 221: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 209

Ein genanntes Beispiel weist dann aber doch auf einen aus padagogischer

Sicht problematischen Gesichtspunkt hin: Eine Versuchsperson aulSert sich

unter Bezugnahme auf die Untemehmenspolitik, ausschlieBlich hochqualifi­

ziertes Fachpersonal zu rekrutieren, dahingehend, dass im Betrieb keineswegs

ein dem hohen Qualifizierungsstand angemessenes Aufgabenspektrum bereit­

steht. Foiglich scheint diese Versuchsperson den Eindruck zu haben, als sei sie

selbst oder die Person, auf die sich dieses Beispiel bezieht, unterfordert. Sollte

dies ein weit verbreitetes Phanomen darstellen, dann ware eine paradoxe Situ­

ation gegeben: Die Wertschatzung individueller Kompetenz bei der Rekrutie­

rung von Beschaftigten wiirde dazu fiihren, dass individuelle Kompetenz

nicht nutzbringend eingesetzt und aus Sieht der Beschaftigten verwertet wer­

den kann. Damit wiirden dann aber ungiinstige Bedingungen fiir die Forde­

rung und Forderung individueller Kompetenz gegeben sein. Wie weit dieses

Beispiel generalisierbar ist und Konsequenzen fiir die Realisierung von Kon­

vergenzbedingungen hatte, kann auf Basis des Datenmaterials nicht abge­

schatzt werden. Dies miisste in weitergehenden Untersuchungen geklart

werden.

Aber die weiteren Befunde deuten darauf hin, dass zumeist personliche und

zwischenmenschliche Belange die Ursache sind, wenn ein hohes MalS indivi­

dueller Kompetenz zu Problemen fiihrt. Dies gilt sowohl fiir den Umgang

zwischen Kollegen (vgl. Kap. 8.3.2.1) als auch fiir den Urngang mit Fiihrungs­

kraften (vgl. Kap. 8.3.2.2).

Von den 16 genannten Beispielen im Umgang mit Kollegen, in denen indivi­

duelle Kompetenz zu Problemen fiihrte, wurden 14 mit unterschiedlichen Per­

sonlichkeiten und Interessen, mit einem Mangel an gegenseitiger Akzeptanz

oder einem Gefiihl der Zuriicksetzung begriindet. Daraus kann geschlossen

werden, dass Hindemisse fiir die Forderung individueller Kompetenz durch

personliche, zwischenmenschliche Unstimmigkeiten gebildet werden. Dieses Problem scheint jedoch nichl auf der organisatorischen Ebene kompetenzfOr­

demder Arbeitsbedingungen zu liegen. Hier waren eventuell die beiden ver­

bliebenen Nennungen anzusiedeln, die eine mangelnde Wertschatzung

eingebrachter Kompetenz anfiihren. Doch auch hier gilt, dass erst weiterge­

hende Untersuchungen Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Realisierung

von Konvergenzbedingungen erlauben wiirden.

Page 222: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

210 Diskussion

Zu Beispielen im Umgang mit Fiihrungskraften gingen 18 Nennungen ein,

wobei zehn davon fiir eine weitere Betrachtung interessant sind, und zwar,

weil sie jeweils haufiger geau15erte Positionen innerhalb der beiden Teilgrup­

pen darsteIIen: Aus der Teilgruppe Belegschaft wurde von fiinf Versuchsper­

sonen die Bezugnahme auf hierarchische Unterschiede als Ursache dafiir

angefiihrt, wenn individuelle Kompetenz zu Problemen fiihrte. Sie scheinen

damit auf Situationen anzuspielen, in denen individuelle Kompetenz in der

Bedeutung hinter den hierarchischen Status zuriickgesetzt wurde. 1m Gegen­

satz hierzu wurde von vier Fiihrungskraften Problernsituationen damit be­

griindet, dass eine Situation unterschiedlich eingeschatzt wurde. Es ware

durchaus denkbar, dass beide Beispiele die selbe Situation aus jeweils ihrer

Teilgruppenperspektive beschreiben. So ist es jedenfalls nicht unwahrschein­

lich, dass eine Entscheidung dann auf Basis der hierarchischen Stellung legi­

timiert und dies dann von der untergeordneten Person als Problem erst

wahrgenommen wird, wenn eine Situation jeweils auf Basis hoher individu­

eller Kompetenz unterschiedlich bewertet wird. In Hinblick auf die Realisie­

rung der Konvergenzbedingungen ware dies dann problema tisch, wenn die

Uisung im AIIgemeinen nicht diskursiv herbeigefiihrt wiirde und dabei ein

serioser Austausch iiber die Qualitat der Argumente ausgespart bliebe. Hierzu

lassen die Daten aber keine Aussagen zu.

Angesichts der Problembeispiele lasst sich in Hinblick auf Hindernisse der

Forderung und Forderung individueller Kompetenz zusammenfassen, dass

die Unternehmensphilosophien wohl keine groBeren Hindernisse aufbauen.

Probleme werden zumeist auf zwischenmenschliche Schwierigkeiten zuriick­

gefiihrt. AuffaIlig ist aIIenfaIIs, dass sich in Hinblick auf Differenzen zwischen

Fiihrungskraften und der Belegschaft teilgruppenspezifische Positionen an­

deuten.

Resiimee

Dieser Fragenkomplex war der Erhebung von Hindernissen fiir die Forderung

und Forderung individueIIer Kompetenz im Arbeitsalltag gewidmet. Zum ei­

nen fiihrten die Befragten unterschiedliche Gesichtspunkte an, die in ihrem

Arbeitsumfeld geandert werden miissten, damit sie es als kompetenzfordernd

erieben wiirden.

Hier spricht die Befundlage dafiir, dass es offenbar an einer gemeinsamen

Wertorientierung mangelt. Fiihrungskrafte sehen in diesem Mangel im Gegen-

Page 223: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 211

satz zu den Befragten aus der Belegschaft ein sehr wichtiges Hindernis fiir die

Forderung und Forderung individueller Kompetenz. Sie stimmen damit mit

den bei FREI U.A. (1996) angefiihrten Fallstudien bei Alcatel STR (vgl. S. 196)

und Swissair (vgl. S. 219) iiberein, in denen die Bedeutung einer gemeinsamen

Wertorientierung fUr eine Umsetzung neuerer Organisationskonzepte heraus­

gesteUt wird. Die Versuchspersonen aus der Teilgruppe Belegschaft messen

dem hingegen keine groBere Bedeutung bei.

Es offenbaren sich auch Mangel im Fiihrungsverhalten, nachdem beide Teil­

gruppen die Forderung nach gezielterer Beriicksichtigung individueller Star­

ken und Schwachen durch die Fiihrungskrafte aufstellen und hoch gewichten.

Hier scheint aber auch bei beiden Teilgruppen ausreichendes Problembe­

wusstsein vorzuliegen.

Das schwerwiegendste Hindernis fiir die Forderung und Forderung individu­

eUer Kompetenz kommt jedoch in den Verbesserungsvorschlagen zum Aus­

druck, die auf das Verharren in verkrusteten Strukturen verweisen und dies

aufzubrechen fordern, die auf die Kluft zwischen Verantwortung und Ent­

scheidungsspielraum verweisen und die eine nicht ausreichende Anerken­

nung von KreativiUit thematisieren.

Daher ist wohl davon auszugehen, dass in der betrieblichen Alltagspraxis so­

wahl die Umsetzung der neuen Organisationskonzepte als auch die Realisie­

rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien nicht

immer gelingt.

In der Diskussion der Beispiele, in denen hohe individueUe Kompetenz zu

Schwierigkeiten fiihrte, wurde herausgestellt, dass sich offenbar ein GroBteil

der auftretenden Probleme auf zwischenmenschliche Differenzen zuriickfiih­

ren lasst und weniger Widerspriiche zu den Unternehmensphilosophien ur­

sachlich sind.

9.3 Fragenkomplex 3: Gemeinsam geteiltes Verstlindnis

Die Bedeutung gemeinsam geteilter Interpretationen beruflicher Kompetenz­

anforderungen als Resultat gemeinsamer Verstandigungsprozesse wurde von

HARTEIS U.A. (2001) hervorgehoben. Die Adressierung von Kompetenzanfor­

derungen (wie auch anderer Anforderungen) wurde dabei als Schnittstellen-

Page 224: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

212 Diskussion

problem skizziert. Voraussetzung ftir eine gelungene Kommunikation dieser

Anforderungen ist, dass die Adressaten mit der Forderung genau den gleichen

Sinngehalt verbinden wie die Autoren der Forderung.

MaBgeblich der in Kap. 7.4.3 festgelegten Vorgaben war bei den Kompetenz­

anforderungen Fiihrungskompetenz und Selbststiindigkeit keine Basis ftir ein ge­

meinsam geteiltes Verstandnis gegeben. Betrachtet man beispielsweise die

eingebrachten Definitionsmerkmale zu Fiihrungskompetenz (vgL Tab. 8.16),

dann wurden zwar mit den Nennungen "soziale Kompetenz" und "fachliche

Kompetenz" zwei Aspekte besonders haufig genannt (13 bzw. 10 mal), daftir

verteilten sich die restlichen 47 Nennungen ziemlich breit (vgL HARTEIS V.A.

2001, S. 238). Bemerkenswert erscheint die wiederholt in den Antwortbogen

auftretende Definition von Fiihrungskompetenz als Zusammensetzung von

Fach-, Sozial- und (teilweise) Methodenkompetenz. Das weist darauf hin, dass

hier Inhalte aus gangiger Ftihrungs- und Managementliteratur (vgL z.B.

KOGLER 1991; VETTER & WIESENBAUER 1993) und entsprechenden Trainings

wiedergegeben wurde. Wahrend also die (schwache) Gemeinsarnkeit in den

Definitionen von Fiihrungskompetenz in der (offensichtlichen) Darstellung von

Inhalten aus Managementliteratur und -seminaren besteht, lag der Schwer­

punkt der eingebrachten Beispiele ftir Fiihrungskompetenz auf dem Gesichts­

punkt, Fiihrungskompetenz beweise sich in erster Linie in der Forderung der

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - also in der Rolle eines Personalentwicklers

oder Coach (15 Nennungen). Diesem Schwerpunkt der Antworten steht mit 35

Beitragen fast ein Drittel des insgesamt zu den Beispielen ftir Fiihrungskompe­

tenz eingegangenen Datenmaterials gegentiber, das nur vereinzelt - d.h. von

einer oder zwei Versuchspersonen - als Beispiel kompetenten Fiihrungsver­

haltens genannt wurde. Darin kommt die Vielfalt moglicher Fiihrungsprozes­

se in der betrieblichen Praxis zum Ausdruck, die auch in der Literatur -

beispielsweise bei WEINERT (1991) - genannt wird, der neben ftinf Fiihrungs­

kategorien zusatzlich sogenannte "Fiihrungsdispositionen" einfiihrt, unter

denen eine Reihe der von den Befragten eingebrachten Einzelnennungen zu

finden sind (z.B. Ftirsorge, Gerechtigkeit, Vertrauen).

Die Antworten zu den Definitionsmerkmalen von Selbststiindigkeit streuten in

einem ahnlichen AusmaB (vgL Tab. 8.14), indem eine besonders haufig ange­

ftihrte Nennung (21 von insgesamt 70 Beitragen) vorliegt, die auf die Erfiil­

lung vorgefundener Aufgaben bezogen ist. Es folgt mit 13 Nennungen der

Gedanke, die Planung ftir die eigene Tatigkeit zu iibemehmen, die restlichen

Page 225: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 213

36 Antworten verteilten sich breit gestreut auf 16 weitere Kategorien. In den

Antworten lasst sich deutlich ein funktionales Verstandnis von Selbststiindig­

keit ablesen, denn Gesichtspunkte der Realisierungsbedingungen fur die Aus­

ubung von Selbststiindigkeit wurden allenfalls randlaufig in Erwagung gezogen

(insgesamt beziehen sich drei Beitrage auf Freiraum und Entscheidungsspiel­

raum). Dieses Phanomen lielS sich auch bei den Beispielsnennungen fur Selbst­

stiindigkeit erkennen, bei denen zwar "Eigeninitiative" die haufigste Anwort

darstellte (12 Nennungen), die Daten jedoch keine Ruckschlusse dahingehend

zulassen, wie weit die Versuchspersonen in ihren Antworten hierbei auch

Voraussetzungen fur die Ermoglichung selbststandigen beruflichen Handelns

bedachten. ExpJizite Bezugnahmen auf derlei Voraussetzungen fanden sich in

drei Beitragen, die einmal in der Beanspruchung von Freiraumen ein Beispiel

fur Se/bststiindigkeit sahen bzw. in zwei Nennungen die generelle, kritische

Uberprufung von Aufgaben und Strukturen sowie die Befugnis, (Arbeits-)

Probleme selbst zu definieren, herausstrichen. Aus einer unter padagogischen

Gesichtspunkten getragenen Perspektive blieben wesentliche Gesichtspunkte

vemachlassigt, wie etwa die Frage nach der Qualitat der Zwecke selbstsUindig

zu erledigender Aufgaben (vgl. z.B. FURSTENBERG 1984) oder der Gesichts­

punkt der Selbstevaluation als Kontrolle des eigenen Handlungserfolgs mit­

samt zugehoriger Schlussfolgerungen (vgl. FELFE 1993).

Die Beitrage zu den Kompetenzanforderungen Flexibilitiit und Verantwortungs­

bereitschaft lagen im Gegensatz zu den eben besprochenen innerhalb der fur

die Annahme eines gemeinsam geteilten Verstandnisses festgelegten Grenzen.

Bei Verantwortungsbereitschaft trifft dies jedoch nur fur die Aufzahlung der De­

finitionsmerkmale zu. Dass sich die eingebrachten Definitionsmerkmale aus­

reichend stark bundeln und komprimieren lielSen (auf 24% gegenuber der

ursprunglich eingegangenen Anzahl an Antworten), liegt zum einen daran,

dass einerseits lediglich funf Einzelnennungen vorlagen (vgl. Tab. 8.2) und

andererseits jeweils 13 Nennungen auf die Haftung fur Handlungskonsequen­

zen bzw. den Mut, Entscheidungen zu treffen, entfielen. Aber in diesem Punkt

kann nach den festgelegten Kriterien ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von

"Verantwortungsbereitschaft" unterstellt werden. Die Beitrage zu den Bei­

spielsnennungen streuten erheblich starker, wobei hierfur unterschiedliche

Antwortmuster bei den beiden hierarchischen Teilgruppen malSgeblich sind,

wie im Anschluss gleich gezeigt wird. Einzig in Hinblick auf "Qualitatsbe­

wusstsein" (11 Nennungen) als Beispiel fur Verantwortungsbereitschajt fand

Page 226: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

214 Diskussion

sich ein relativ haufig erwahnter Aspekt. Gemag KAUFMANN (1989) umfasst

Verantwortung kognitive, kommunikative und moralische Aspekte, die aile in

den Beitragen der Befragten Beriicksichtigung fanden, wobei die moralischen

Gesichtspunkte mit lediglich zwei Nennungen eher am Rande erwahnt wur­

den.

Obwohl sich statistisch beide Gruppen nicht signifikant unterscheiden (vgL

Tab. 8.15), lassen sich auf der deskriptiven Datenebene bemerkenswerte Un­

terschiede bei den Beispielsnennungen beobachten, indem einerseits sechs

Fiihrungskrafte einen Erfolgsaspekt in dem Sinne anftihrten, dass Verantwor­

tungsbereitschaft mit erfolgreichen Entscheidungen zusammenhangt. Dieser

Gesichtspunkt wurde nur von einer Versuchsperson ohne ftihrende Funktion

berticksichtigt. Hier scheinen also Ftihrungskrafte in starkerem Mage diese

Verbindung zu sehen als dies bei Beschaftigten ohne Ftihrungsfunktion der

Fall ist. Solche teilgruppenspezifische Schwerpunkte der Interpretation liegen

sich auch bei den Definitionsmerkmalen zu Verantwortungsbereitschaft finden,

bei denen Ftihrungskrafte in besonderem Mage auf "aktives Handeln" (dies

wurde von drei Ftihrungskraften und keiner Versuchsperson aus der anderen

Teilgruppe) und Mut "sich einzumischen" (5 vs. 1 Nennung) fokussierten.

Verantwortung schien demnach tiber die gesamte Probandengruppe hinweg

weniger im Sinne eines moralischen Anspruchs (vgl. TENORTH 1990) als viel­

mehr als eine (zu erledigende) Aufgabe gedacht zu werden. In Folge dessen

wird Verantwortung dann als Zuschreibung an Personen formuliert, die aber

nicht auf deren Kompetenz beruhen muss (vgL HEIO 1995). AIs Indiz fUr diese

Interpretation der Daten kann das Ergebnis gewertet werden, dass zehn Be­

fragte ohne Ftihrungsfunktion industrielle Tugenden (z.B. Piinktlichkeit, Aus­

dauer, Zuverlassigkeit, Ehrlichkeit, Sorgfalt) als Beispiele fUr Verantwortungs­

bereitschaft nannten.

Eine gemeinsame Verstandigungsbasis ist nach den festgelegten Grenzen ftir

die Kompetenzanforderung Flexibilitiit sowohl hinsichtlich der Definitions­

merkmale als auch beztiglich der Beispielsnennungen zu unterstellen (vgL

Tab. 8.14), die sich auf 20,5% bzw. 25% gegentiber der ursprtinglichen Zahl

eingegangener Beitrage verdichten liegen. Von den 83 eingegangenen Nen­

nungen bezogen sich insgesamt 53 daraui, dass es um die (Bereitschaft) zur

Anpassung (auch der persiinlichen Arbeitszeit) an vorgefundene Verhaltnisse,

um eine Bereitschaft zur Mobilitat und um die Verktirzung von Reaktionszei­

ten geht. Bei den BeispieIsnennungen bezogen sich 58 von 92 eingegangenen

Page 227: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 215

Antworten auf diese Gesichtspunkte. Die Bedeutung des in dieser Form ge­

meinsam geteilten Verstandnisses liegt nun darin, dass Beschaftigte aus bei­

den Teilgruppen sich den funktionalen Charakter von Flexibilitiit ins

Bewusstsein rufen, wenn sie in beruflichen Kontexten betrachtet wird. Flexibi­

Iitiit ginge durchaus tiber diesen Gesichtspunkt hinaus, indem sie beispiels­

weise in emanzipativer Funktion als Unabhangigkeit von bestimmten

Situationen verstanden werden konnte. Jedoch bestatigt die auf Funktionalitat

eingeschrankte Perspektive die Auffassung von EDWARDS (1998), der FlexibiIi­

tiit als berufliche Anforderung auf Anpassung der Arbeitsleistung (numeri­

sche Flexibilitat) und Aufgabenbereiche (funktionale Flexibilitat) reduziert

sieht, worunter die Reflexion von Rahmenbedingungen beruflicher Aufgaben­

stellungen zu leiden hatte.

Resiimee

Aus dem vorliegenden Datenmaterial zu den vier Kompetenzanforderungen

lasst sich nur in Teilbereichen eine gemeinsame Verstandigungsbasis entneh­

men. Wenn offensichtlich groBe Differenzen in Hinblick auf die Interpretation

von Selbststiindigkeit und Fiihrungskompetenz bestehen, stellt sich die Frage, ob

diese Unterschiede in der betrieblichen Alltagspraxis in Kauf genommen wer­

den, nicht erkannt werden oder keine Rolle spielen:

(a) Eine Inkaufnahme wtirde partizipative Zielsetzungen unterlaufen, bote sie

Entscheidungsbefugten doch die Moglichkeit, jene Kompetenzen nach ei­

genen, womoglich intransparenten Kriterien zuzuschreiben.

(b) Werden solche Differenzen nicht erkannt, wird eine Ursachenforschung

schwierig, die sich dem Problem einer vermeintlich unzureichenden Kom­

petenz Beschaftigter widmen solI. Wenn diejenigen, die in diesem Fall Fiih­

rungskompetenz oder Selbststiindigkeit unter Beweis stellen sollen, eine

(vollig) andere Auffassung von diesen Kompetenzen zugrunde legen als

diejenigen, die deren Entwicklung fordem, fiihrt das genau dann zu Frust­

rationen, wenn Beschaftigte den Anforderungen gerecht zu werden versu­chen.

(c) Spielen solche Unterschiede im betrieblichen Arbeitsalltag keine Rolle, so

kann das darin begrtindet sein, dass Beschaftigte im beruflichen Kontext

ihr Handeln allein an die in der Arbeitsorganisation interpretierten Anfor­

derungen und Erwartungen ausrichten. Fiihrungskompetenz und Selbststiin­

digkeit konnen durchaus individuell interpretiert werden, innerhalb der

Page 228: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

216 Diskussion

betrieblichen Arbeitsorganisation verlangt erfolgreiches Agieren jedoch ei­

ne Unterordnung unter die dort jeweils geltenden Anspruche. Sofem diese

Ursachenvermutung zutrifft, besteht ein Zusammenhang zu dem in Punkt

(a) Genannten.

In allen drei Hillen waren ungiinstige Voraussetzungen fur kompetenzfOr­

demde Arbeitsbedingungen gegeben, auBerdem bildeten sie schlechte Vor­

aussetzungen fur Untemehmenskulturen, wie sie in den modernen Konzepten

betrieblicher Arbeitsorganisation gefordert werden (vgL Kap. 3). Es wurde

namlich das Potenzial Beschaftigter a priori auf jeweils Erwunschtes be­

schranken, wodurch ein erhebliches AusmaB an Kreativitatspotenzial keine

Geltung erlangen konnte.

Dass die Kompetenzanforderung Verantwortungsbereitschaft von den Beschaf­

tigten einerseits in einer Form definiert wird, die den festgelegten Kriterien fur

ein gemeinsam geteiltes Verstandnis genugt, andererseits die Beispielsnen­

nungen sehr hoch streuen, deutet moglicherweise auf Diskrepanzen hin, die

weiterer Aufklarung bedurfen. In Betracht kommen U.a. die Theorie-Praxis­

Diskrepanz, die Kompetenz-Performanz-Diskrepanz oder auch die Diskre­

panz zwischen Ideal (Programm) und Wirklichkeit. Denn auf der einen Seite

zeigt sich Ubereinstimmung auf einer abstrakten theoretischen Ebene, die

Nennung der Beispiele ist auf der anderen Seite stark auf die individuelle Er­

fahrungswelt der Versuchspersonen bezogen, bei der das theoretisch oder

programmatisch GeauBerte nicht unbedingt zum Tragen kommen muss. Hier

ware ein Anknupfungspunkt fur die Untersuchung der in diesem Zusammen­

hang bedeutenden Frage, wie weit Befunde, die auf der Beantwortung abs­

trakter Fragen basieren, die Realitat nicht oder verzerrt wiedergeben.

Die weitgehende Ubereinstimmung in den Definitionsmerkmalen und den

Beispielsnennungen zu Flexibilitiit ist zunachst einrnal zur Kenntnis zu neh­men und als Hinweis zu sehen, dass hier Voraussetzungen fUr die Realisie­

rung der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien gegeben

sein konnten. Allerdings ist aus den Daten nicht ersichtlich, ob diese Einrnu­

tigkeit nicht auch auf eine Art "heimlichen Lehrplan des Betriebs" (HElD &

LEMPERT 1982) zuruckgefuhrt werden muss.

Page 229: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion

9.4 Fragenkomplex 4: Verhaltnis tikonomischer und padagogischer Uberiegungen

217

Der vierte Fragenkomplex soHte klaren, ob und in welchem Verhaltnis tiko­

nomische und padagogische Uberlegungen eine Rolle spielen, wenn Beschaf­

tigte Vor- und Nachteile beruflicher Kompetenzentwicklung abschatzen.

Zunachst soH ein Blick auf die Vor- und Nachteilseinschatzung der gesamten

Stichprobe geworfen werden, urn das Verhaltnis von okonomischen und pa­

dagogischen Uberlegungen in der gesamten Menge der Antworten zu eror­

tern. AnschlieBend soli auf Unterschiede zwischen beiden Teilgruppen

eingegangen werden.

Die Abwagung der Vorteile (vgl. Tab. 8.41) war in den auf die Arbeitgeberper­

spektive bezogenen Teilen in drei der vier Faile von okonomischen Uberle­

gungen dominiert. Ais Nutzen fur den Arbeitgeber von flexiblen,

selbststandigen und verantwortungsbereiten Beschaftigten sehen die Befrag­

ten also iiberwiegend okonomische Gesichtspunkte. Das schlagt sich auch in

den jeweils am haufigsten genannten Argumenten nieder: Am haufigsten ge­

nannt wurden im Faile flexibler Beschaftigter, dass eine bessere Verteilung

betrieblicher Ressourcen erfolgen konne (vgl. Tab. 8.17). Selbststandige Be­

schaftigte wiirden zu einer Entlastung der Ftihrungsebene ftihren (vgl. Tab.

8.23) und verantwortungsbereite Beschaftigte wlirden fiir den Arbeitgeber den

Nutzen bringen, dass sich ein zeitlicher Vorteil dergestalt einstellen wiirde,

dass Entscheidungen ohne Rlickkopplungen und Riickversicherungen getrof­

fen wlirden (vgl. Tab. 8.26). Wahrend im FaIle dieser drei Kompetenzanforde­

rungen okonomische Vorteilstiberlegungen die Arbeitgeberperspektive

dominierten, iiberwogen bei Fiihrungskompetenz padagogische Uberlegungen.

Das am oftesten vorgetragene Argument lautete hier, Fiihrungskompetenz wlir­

de die Motivation der Beschaftigten fordern und unterstUtzen. Freilich konnte

dahinter wiederum eine okonomische Uberlegung stehen, dass motivierte Be­

schaftigte hohere Arbeitsleistungen erbringen. Doch gerade Ansatze wie bei­

spielsweise die Selbstbestimmungstheorie der Motivation (DEC! & RYAN 1993)

oder die darauf aufbauende padagogische Interessentheorie (z.B. PRENZEL

1995) machen deutlich, dass Motivation ein Zustand ist, der nicht unter Ver­

nachlassigung gerade auch padagogischer Grundbediirfnisse der zu Motivie­

renden herbeigeflihrt werden kann.

Page 230: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

218 Diskussion

Was die Vorteilsuberlegungen bezogen auf die eigene berufliche Perspektive

betrifft, waren die Beitrage zu allen vier Kompetenzanforderungen von oko­

nomischen UberJegungen dominiert. Von FlexibiIitiit versprachen sich die Ver­

suchspersonen am haufigsten Karriereperspektiven (vgl. Tab. 8.18). In Bezug

auf Fiihrungskompetenz wurde zwar eine als padagogisches Kalkul eingestufte

Uberlegung (Anerkennung erfahren) am haufigsten genannt, es folgten aIler­

dings die Hoffnung auf die Erhohung der eigenen Marktwerts und Karriere­

perspektiven (vgl. Tab. 8.21). Mit Selbststiindigkeit wurde am haufigsten die

Hoffnung auf die Erhohung der eigenen Marktwerts und der Profilierung

verbunden (vgl. Tab. 8.24), mit Verantwortungsbereitschaft Karrierechancen und

erneut die Erhohung des eigenen Marktwerts (vgl. Tab. 8.27). Fur die eigene

berufliche Entwicklung verbinden also die meisten Versuchspersonen die

Hoffnung, dass sich die Entwicklung und die Anwendung der vier Kompe­

tenzbeispiele in einer Verbesserung der Chancen auf beruflichem Aufstieg

niederschlagt.

1m Unterschied hierzu standen bei den Vorteilserwartungen fur die personli­

che Entwicklung padagogische Uberlegungen klar im Vordergrund. Von Fle­

xibilitiit erwarteten sich die Versuchspersonen am haufigsten einen Wissens­

und Kompetenzzuwachs (vgl. Tab. 8.19), von Fiihrungskompetenz soziale Kom­

petenz (vgl. Tab. 8.22), von Selbststiindigkeit Unabhangigkeit (vgl. Tab. 8.25)

sowie von Verantwortungsbereitschaft den Effekt, auch im privaten Bereich zu­

nehmend Verantwortung zu ubernehmen (vgl. Tab. 8.28). AIle Versuchsper­

sonen verbanden mit der beruflichen Kompetenzentwicklung auch Nutzen fur

ihre personliche Entwicklung.

Dass aile Versuchspersonen in der beruflichen Kompetenzentwicklung einen Nutzen auch fur ihre personliche Entwicklung sahen, der uber okonomische

Uberlegungen (z.B. steigendes Einkommen) hinausging und zum groBten Teil auf padagogische Kalkule Bezug beinhaitete, stellt einen Befund dar, der als

giinstige Voraussetzung fUr eine Reaiisierung der Konvergenz okonomischer

und padagogischer Prinzipien gewertet werden kann.

Die Angabe eines Nutzens fur die personliche Entwicklung kann nicht allein

auf die Tatsache zuruckgefuhrt werden, dass diese Frage uberhaupt aufge­

worfen wurde: Denn die Anzahl der Beitrage zur Perspektive der personlichen

Entwicklung weist nahezu den gleichen Umfang auf wie die der Beitrage zur

naheliegenden Perspektive der eigenen beruflichen Entwicklung. Waren

Page 231: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 219

Oberlegungen zum Nutzen ftir die personliche Entwicklung den Versuchsper­

sonen in diesem Zusammenhang vollig fremd gewesen, so ware der Umfang

der Beitrage geringer ausgefallen.

Der Befund, dass die Arbeitgeberperspektive und die der eigenen beruflichen

Entwicklung von okonomischen Kalktilen dominiert ist und die Perspektive

der personlichen Entwicklung hauptsachlich von padagogischen Ubedegun­

gen getragen ist, erscheint hochgradig plausibel und kann deshalb auch als

Beleg fUr die Qualitat des Datenmaterials gewertet werden.

Die Nennung moglicher Nachteile bezogen auf die Entwicklung und Anwen­

dung der vier Kompetenzbeispiele zeigt ein ahnliches Bild wie die eben dis­

kutierten Vorteilsnennungen (vgl. Tab. 9.4). Die unter der Beurteilungs­

perspektive Arbeitgeber abgegebenen Antworten waren sehr deutlich von

okonomischen UberJegungen getragen, zur Vorgabe Selbststiindigkeit wurde

nicht ein padagogisch gepragter Beitrag abgegeben. Dies ist tiberaus koharent

mit einem bildungstheoretischen Verstandnis von Selbststiindigkeit, das durch

Distanzierung und kritische Reflexion von sowie Emanzipation aus Abhan­

gigkeitsstrukturen gekennzeichnet ist (vgl. z.B. APEL 1994). Ein Nachteil von

selbstandigen Beschaftigten entsteht einem Arbeitgeber erst dann, wenn die

Beschaftigten (a) tatsachlich selbststandig handeln und (b) ihr Tun von dem

abweicht, was sie nach MalSgabe des Arbeitgebers tun sollen (vgl. HElD 1991,

S. 267f.). Insofern ist es durchaus nachvollziehbar, dass die eingegangenen

Nachteilsnennungen ausschlielSIich okonomischen Oberlegungen foigen. Die

am haufigsten genannten Argumente ftihrten ein erhohtes Risiko von Fehlent­

scheidungen an (vgl. Tab. 8.35), mangelnde Absprachen sowie ein Rtickgang

an Kontrolimoglichkeiten. In diesen Antworten kommt eine Grundauffassung

zum Tragen, die selbststandigen Handlungen und Entscheidungen ein Ab­

weichen von nicht naher explizierten, aber betrieblicherseits malSgeblichen

Soll-Vorgaben unterstellen. Die gleichen Argumente werden in Bezug auf ver­antwortungsbereite Beschaftigte eingebracht (vgl. Tab. 8.38). Auch hier ist eine

vergleichbare Situation gegeben. Aus Sicht des Arbeitgebers kann sich aus

verantwortungsbereitem Handein der Beschaftigten erst dann ein Nachteil

ergeben, wenn ihr Handein nicht den Vorgaben des Arbeitgebers entspricht.

Nun Iasst sich auf Basis des DatenmateriaIs nicht entscheiden, ob die Ver­

suchspersonen die eben ausgeftihrten OberJegungen anstellten und somit die

folgerichtigen Antworten gegeben haben, oder ob in diesen Antworten der

Page 232: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

220 Diskussion

von HEID (1991, 1995a,b) kritisierte Zweek der Forderung von Selbststandigkeit

und Verantwortungsbereitschaft zum Ausdruek kam, dass die Besehaftigten aus

freien Sttieken tun, was sie naeh Ma15gabe des Arbeitgebers tun sollen. Die

Nachteilseinschatzung zu Flexibilitiit (vgl. Tab. 8.29) zielte zumeist auf die Ge­

fahr ab, dass die Beschaftigten abwandem konnten und dass die Kontinuitat

in der Bearbeitung betrieblieher Vorgange verloren ginge, weil sieh die Be­

sehaftigten zumeist auf kurzfristige Aktionen konzentrieren wtirden. In Hin­

bliek auf Fiihrungskompetenz (vgl. Tab. 8.32) beftirchteten die

Versuchspersonen am haufigsten eine Fixierung der Besehaftigten auf eine

Fiihrungskraft und ein erhbhtes Konfliktpotenzial. Diese beiden als okonomi­

sehe Aspekte eingestuften Nennungen lassen nur schwer Rtickschltisse auf

kompetenzfordernde Arbeitsbedingungen zu, da im ersten Fall die weiteren

Konsequenzen nieht angesprochen wurden und im zweiten Fall die Ausftih­

rungen der Versuchspersonen zu wenig konkret waren, um die Antworten

weiter differenzieren zu konnen. Ebenso haufig wie die beiden genannten

okonomischen Argumente wurde noch ein padagogisehes vorgetragen, dass

namlieh die nur begrenzte Verfligbarkeit aus motivationaler Sieht ein Problem

flir zu viele ftihrungskompetente Besehaftigte seien, die dann nicht ihrer

Kompetenz entsprechend eingesetzt werden konnten.

Bei der Fokussierung auf die eigene berufliche Perspektive fiel die Dominanz

okonomischer Argumente weniger deutlich aus als dies bei den Vorteilsnen­

nungen der Fall war. Okonomiseh dominiert waren hier die Nachteilsein­

schatzungen zu Selbststiindigkeit und Veranhuortungsbereitschaft, die beim

Beispiel Selbststiindigkeit zu einem Einzelkampfertum mit fehlender Koopera­

tion sowie steigendem Konfliktpotenzial mit Vorgesetzten und Kollegen ftih­

ren konnte (vgl. Tab. 8.36) bzw. beim Beispiel Verantwortungsbereitschaft am

haufigsten mit dem Nachteil in Verbindung gebraeht wurde, dass begangene

Fehler zu personlichen Folgen ftihren wtirden (vgl. Tab. 8.39). In den beztig­

lieh Selbstsliindigkeit vorgenommenen EinsehiHzungen kommen Argumente

zum Vorsehein, in denen Selbststiindigkeit als Eigenstandigkeit interpretiert

wird, d.h. in der Abwieklung betrieblicher Aufgaben nieht explizit auf Koope­

ration ausgerichtet ist. Diese Sichtweise wurde als okonomische Perspektive

eingestuft, weil die Perspektive auf Prozesse des betrieblichen Arbeitsvollzugs

gerichtet ist: Selbststandiges Handeln Besehaftigter ftihrt in dieser Sichtweise

zu einer fehlenden Kooperation. Hingegen wurde das ebenso haufig vorgetra­

gene Argument, Selbststiindigkeit ftihre zu einem steigenden Konfliktpotenzial

Page 233: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 221

als padagogisches Argument eingestuft, weil es auf ungtinstige motivationale

Grundvoraussetzungen der Entwicklung bzw. des Einsatzes von Selbststdndig­

keit abzielt. Die in Bezug auf Verantwortungsbereitschaft am haufigsten ge­

nannten Nachteile, dass Fehler persanliche Foigen nach sich ziehen wurden,

kannen als Spiegelbild des schon in Abschnitt 9.3 diskutierten Verstandnisses

von Verantwortungsbereitschaft als Anforderung gesehen werden, external de­

finierte Aufgaben zu erfiillen. Ein solches Verstandnis wurde als unglinstige

Realisierungsbedingung fiir die Konvergenz akonomischer und padagogi­

scher Prinzipien beschrieben, weil es auf die Bereitschaft der Beschaftigten ab­

zielt, Anforderungen unter gegebenen Bedingungen unreflektiert zu

akzeptieren und zu erfUllen.

Bezogen auf die Kompetenzbeispiele Flexibilitdt und Flihrungskompetenz fiel die

Verteilung der Argumente annahernd ausgewogen aus. So lautete die am hau­

figs ten vorgetragene Nachteilsiiberlegung zu Fiihrungskompetenz, dass sie zu

einer Vernachlassigung der Fachaufgaben und in Foige dessen zu einer Be­

eintrachtigung der Fachkompetenz kommen kanne (vgl. Tab. 8.33). In Bezug

auf Fiexibilitdt wurde am haufigsten eine Mehrfachbelastung und steigende

Arbeitsanforderungen beflirchtet (vgl. Tab. 8.30). Diese Oberlegungen geben

keinen Aufschluss in Hinblick auf die Realisierung kompetenzfOrdernder Ar­

beitsbedingungen, da sie jeweils plausible Folgen der Slarkung der jeweilig

vorgegebenen Kompetenz darstellen, aber nicht auf <.'in problematisches Ver­

standnis hinweisen.

In den Nachteilseinschatzungen bezogen auf die eigene berufliche Entwick­

lung der Versuchspersonen kamen also bezliglich Selbststandigkeit und Ver­

antwortungsbereitschaft Uberlegungen zum hagen, die auf eine Beeintrach­

tigung der Konvergenzbedingungen hindeuten kannten.

Zumeist eine deutliche Dominanz padagogischer Oberlegungen zeigte sich in

den Nachteilsiiberlegungen, die auf die persanliche Entwicklung der Ver­

suchspersonen bezogen war. Lediglich bei der Einschatzung der Selbststiindig­

keil waren akonomisch und padagogisch gepragte Antworten nahezu

gleichverteilt. Am haufigsten befiirchteten die Versuchspersonen im privaten

Bereich Eigenbradelei und einen Verlust an Kooperation sowie eine hahere

psychische Belastung aufgrund eines haheren Arbeitsaufwands (vgl. Tab.

8.37). Als Folge von Flexibilitdt bezogen sich die haufigsten Nachteilsbeflirch­

tungen auf familiare Belastungen sowie zunehmenden Stress (vgl. Tab. 8.31).

Page 234: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

222 Diskussion

Die starkere Belastung bzw. die Gefahr der Uberlastung wurde neben der

Vermutung, andere im privaten Umfeld einzuschranken, auch als der am hau­

figsten vermutete Nachteil von Fiihrungskompetenz gesehen. Erhohter Stress

wurde haufig auch als Nachteil von Verantwortungsbereitschaft gesehen, noch

haufiger erwarteten die Versuchspersonen jedoch weniger Erholung und we­

niger geistige Frische. Diesen Antworten ist Plausibilitat zuzuschreiben, sie

lassen jedoch keine Riickschliisse auf die Realisierung der Konvergenzbedin­

gungen zu, auch kommen keine bemerkenswerten Deutungsmuster zum Vor­

schein.

1m Abschnitt 8.5.3 wurden Teilgruppenvergleiche zwischen den Fiihrungs­

kraften und der Gruppe der Belegschaft angestellt. 1m Folgenden sollen nun

diejenigen FaIle erortert werden, in denen sich signifikante Unterschiede erga­

ben. Dabei wird zunachst der in Tab. 8.43 bzw. Tab. 8.44 aufgezeigte Vergleich

der Vor- bzw. Nachteilsnennungen betrachtet.

In Hinblick auf die Nennung von Vorteilen ergab die Berechnung des Kontin­

genzkoeffizienten in zwei Fallen keine signifikante Abhangigkeit zwischen

beiden Teilgruppen, namlich bei der Einschatzung des eigenen beruflichen

Vorteils von Flexibilitat sowie den Arbeitgeber-Nutzen von Verantwortungs­

bereitschaft.

1m ersten Fall traten die deutlichsten Unterschiede in den Beitragen bei fol­

genden Nennungen auf: Die Hoffnung auf eine Steigerung des eigenen

Marktwerts als Folge von Flexibilitiit wurde von sechs Fiihrungskraften vorge­

tragen, wogegen sie nur von einer einzigen Versuchsperson aus der Beleg­

schaft geaulSert wurde. Anders verteilten sich die Beitrage, die auf berufliche

Entwicklungsperspektiven abzielten. Hierauf wies nur eine einzige Fiihrungs­kraft hin, aber dafiir vier Befragte aus der Belegschaft. Unter dem Gesichts­

pUnkt der Realisierung von Konvergenzbedingungen lassen sich diese

Unterschiede in den Antwortrnustem nur schwerlich diskutieren, da sich in

ihnen keine problema tisch erscheinende Trennlinie zwischen beiden Hierar­

chieebenen niederschlagt.

Ebenso unergiebig erscheint die Diskussion des zweiten Falls der Einschat­

zung des Arbeitsgebemutzens von Verantwortungsbereitschaft. Die von Einzel­

nennungen abgesehen augenfalligsten Unterschiede in den Antwortrnustem

bestanden darin, dass der Vertrauensaspekt lediglich von Befragten aus der

Gruppe der Belegschaft eingebracht wurde und ausschlielSlich Fiihrungskrafte

Page 235: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 223

in diesem Kontext von untemehmerischen Denken sprechen. Letzteres steht

mit dem bereits diskutierten Verstandnis von Verantwortungsbereitschaft als

Willen und Bereitschaft zur Erfiillung extemaler (untemehmerischer) Aufga­

ben und Kriterien in Zusammenhang. Untemehmerisches Denken kann nam­

lich nicht a priori als Resultat von Verantwortungsbereitschaft seitens der

Beschaftigten betrachtet werden.

Abgesehen von diesen auf statistischen Kennwerten beruhenden Unterschie­

den zwischen beiden (in diesem Fall der zweiten Runde gleichstarken, vgl.

Tab. 8.1) Teilgruppen kann auf der Basis deskriptiver Zahlen festgestellt wer­

den, dass die befragten Filhrungskrafte in den meisten Fallen mehr Vorteils­

nennungen abgaben als die Befragten aus der Gruppe der Belegschaft. Das

kann als Indiz dafilr gedeutet werden, dass die Filhrungskrafte den Nutzen

beruflichen Kompetenzerwerbs optimistischer einschatzen als dies Befragte

aus der Gruppe der Belegschaft tun. Allerdings trifft dies auch auf die Ant­

worten zu den moglichen Nachteilen zu, auch dort lieferten die Filhrungs­

kriifte in den meisten Fallen mehr Antworten als die Belegschaft. Allerdings

nahmen an der dritten Befragungsrunde, als die Nachteile erhoben wurden,

mehr Filhrungskrafte als Versuchspersonen aus der Belegschaftsgruppe teil.

Bei der Analyse der Nachteilsnennungen erwiesen sich die Antwortrnuster in

film Fallen so weit unterschiedlich, dass kein signifikanter Zusammenhang

zwischen den Teilgruppen mehr feststellbar war.

Die Nachteilseinschatzung von Flexibilitiit aus der Perspektive des Arbeitge­

bers zeigten sich die auffalligsten Unterschiede darin, dass die Haifte der Ver­

suchspersonen aus der Belegschaft fehlendes Fachwissen in Detailfragen

befilrchtete. Dieser Aspekt wurde nur noch von einer Filhrungskraft erwahnt.

Dafilr wiesen ausschlieiSlich Filhrungskrafte darauf hin, dass Arbeitgeber als

Folge von Flexibilitiit ihrer Beschaftigten ein steigendes Anspruchsdenken so­

wie einen erhohten Einarbeitungsaufwand hinzunehmen hatten. In Bezug auf

die personiiche Entwicklung betonten die Filhrungskrafte familiare Belastung

und Stress wesentlich starker als die Gruppe der Belegschaft. Die einzige

Nennung, die ausschlieiSlich aus der Belegschaftsgruppe vorgebracht wurde,

bezog sich auf die Gefahr, dass Flexibilitiit im privaten Bereich zu Oberflach­

lichkeit und zu wenig Konzentration auf eine Aufgabe filhren konnte. Paral­

lelen hierzu zeigten sich auch in der Einschatzung der Nachteile filr die

personliche Entwicklung aufgrund Selbststiindigkeit und Fuhrungskompetellz:

Page 236: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

224 Diskussion

Auch hier betonten die Ftihrungskrafte den Aspekt gestiegener Belastung und

zunehmendem Stress sehr stark, in den Antworten der Belegschaft fand dieser

Gesichtspunkt hingegen gar keinen Niederschlag. In dieser Gruppe fanden

dagegen Beftirchtungen von Komprornissbereitschaft und Eigenbrodelei als

Foige von Selbststiindigkeit Beachtung, als Foige von Ftihrungskompetenz

dachte die Gruppe der Belegschaft en die Gefahr der Dorninanz und der Ein­

schrankung anderer im privaten Bereich. Wahrend also Ftihrungskrafte offen­

bar in wesentlich starkerem MaBe Stress und Belastung in ihrem privaten

Bereich als Foige der ausgewahlten beruflichen Kompetenz versptiren, be­

ftirchten die Versuchspersonen aus der Belegschaft eine Ubertragung offenbar

als unangenehm empfundener Eigenschaften von Ftihrungskraften auf ihr

privates Urnfeld.

In der Einschatzung der Nachteile von Verantwortungsbereitschaft unter der

Perspektive des Arbeitgebers zeigte sich als die am meisten offensichtliche

Differenz in den Antwortrnustern das mittlerweile wiederholt diskutierte, aus

padagogischer Sicht zu kritisierende Verstandnis von Verantwortungsbereit­schaft in den Antworten der Ftihrungskrafte. Denn sie beftirchten einen Ver­

lust an Kontrollmoglichkeiten, der ja - wie erortert - erst dann ein Problem

darstellt, wenn die Beschaftigten in ihrer Verantwortung anders handeln als

dies von ilmen erwartet wird. Dieses problematische Verstandnis scheint da­

her eine spezifische Haltung von Ftihrungskraften abzubilden.

Wie in Tab. 8.45 dargestellt, ergab ein Vergleich beider Teilgruppen dahinge­

hend, ob sie sich in dem Anteil okonomisch und padagogisch gepragter Ant­

worten unterscheiden, nur in einem Fall ein signifikantes Ergebnis. Die

Nachteile von Fiihrungskompetenz in Hinblick auf die personliche Entwicklung schiitzten die Teilgruppen insofern unterschiedlich ein, als okonornische Ar­

gumente ausschlieBlich von den Ftihrungskraften eingebracht wurden. Bei den Versuchspersonen aus der Gruppe der Belegschaft dominierten padago­

gisch orientierte Argumente. Wie oben bereits angesprochen, deuteten ihre

Antworten auf eine Tendenz hin, andere zu dorninieren und einzuschranken.

Sofern man davon ausgeht, dass die Antworten vor dem Hintergrund kon­

kreter Erfahrung gegeben wurden, konnte dies den Hinweis darauf geben,

dass die Versuchspersonen aus der Belegschaft die Ftihrungskrafte in ihrem

Urnfeld entsprechend erleben und wahrnehmen.

Page 237: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 225

In Hinblick auf die Realisierung der Konvergenzbedingungen weisen einige

Aspekte der Nachteilsnennungen auf Schwierigkeiten hin. Das trifft insbeson­

dere auf die Befunde zu, die auf das Verstiilldnis von Verantwortungsbereit­

schaft hindeuten. Hier zeigten die Teilgruppenvergleiche, dass das

problematische Verstandnis ein spezifisches Merkmal innerhalb der Gruppe

der Ftihrungskrafte zu sein scheint.

Resumee

Die Befunde zeigen, dass Beschaftigte im Zusammenhang mit beruflicher

Kompetenzentwicklung und dem Einsatz individueller Kompetenz am Ar­

beitsplatz sowohl okonomische als auch padagogische Uberlegungen anstel­

len, wenn sie eine Abwagung von Vor- und Nachteilen vornehmen. Auf

gtinstige Realisierungsbedingungen der Konvergenzthese weist hin, dass aIle

Versuchspersonen auch einen Nutzen fUr ihren privaten Bereich sehen, der

nicht nur auf okonomische Uberlegungen beschrankt ist, sondern auch pada­

gogische Gedanken beinhaltet. Einschrankende Befunde in Hinblick auf die

Realisierung von Konvergenzbedingungen liefern die Nachteilstiberlegungen.

Dort zeigt sich insbesondere, dass die Ftihrungskrafte in Bezug auf Verantwor­

tungsbereitschaft ein Verstandnis an den Tag legen, das aus padagogischer

Sieht als problema tisch zu bezeichnen ist.

Beztiglieh des Verhaltnisses der okonomischen und padagogischen Kalktile

zueinander lassen sich plausible Tendenzen feststeIlen, indem die Arbeitge­

berperspektive von okonomisehen Kalktilen dominiert ist und die Peripektive

der personlichen Entwicklung von padagogischen Uberlegungen. Dies kann

als lndiz ftir die Qualitat des erhobenen Datenmaterials angesehen werden.

9.5 Diskussion methodischer Gesichtspunkte

Nach der Diskussion der Befunde sollen nun Oberlegungen zu methodischen

Gesichtspunkte dieser Arbeit angestellt werden, urn die Aussagekraft der Be­

funde einschatzen zu konnen.

Zur Beantwortung der Untersuchungsfragen wurde eine auf die spezifischen

Ziele der Arbeit abgestimmte Variante der Delphi-Technik gewahlt. Sie stellt

ein sehr effektives und okonomisches Verfahren dar, Meinungsbilder inner­

halb einer Gruppe in Bereichen zu erheben, zu denen bislang wenig Informa-

Page 238: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

226 Diskussion

tionen vorliegen (vgl. DALKEY 1969). Zu vier verschiedenen Erhebungs­

zeitpunkten wurden qualitative und quantitative Daten erhoben. Die Studie

liegt somit im aktuellen Trend empirischer Sozialforschung, diese beiden Ar­

ten der Datenerhebung zu verkniipfen (vgl. KELLE & ERZBERGER 2000).

Die Erhebung qualitativer Daten ohne die Vorgabe eines Antwortformats hat

den Vorteil, dass die Versuchspersonen ihre Gedanken weitgehend unbeein­

flusst von vorgegebenen kategorialen Einschrankungen formulieren kiinnen.

Dadurch wird in den erhobenen Daten ein miiglichst breites Gedankenspekt­

rum erfasst, das noch frei von Einflussen vorgefertigter Antwortstrukturen ist.

Da die Befragung ausschliefSlich in schriftlicher Form durchgefuhrt wurde,

weist es trotzdem gegenuber beispielsweise Interviewstudien Restriktionen

auf: Die schriftlichen Aussagen sind weniger umfangreich und armer an Aus­

sagedetails als mundliche Aussagen ausfallen wurden, denn die Versuchsper­

sonen waren angehalten, ihre Statements miiglichst knapp und pragnant zu

verfassen. Das wiederum erforderte von den Probanden entsprechende Fahig­

keiten, ihre Gedanken auf die zentralen Gesichtspunkte verkurzt zu

verschriftlichen. Fur einen Teil der Fragestellungen hatten auch Beobach­

tungsstudien im Feld hilfreiche Erganzungen zu den Befunden erbringen und

reichhaltige Zusatzinformationen liefern kiinnen.

An den Stellen der Untersuchung, an denen ein Gruppenurteil erhoben wer­

den sollte, wurde auf einen standardisierten Fragebogen mit vorgegebenem

Antwortformat zuruckgegriffen, der zu einem quantitativen Datensatz flihrte.

Zwar reduziert dieses Verfahren die Aussagekraft der erhobenen Einschat­

zung erheblich, da sich die Versuchsperson gezwungenermafSen dem von der

Untersuchungsleitung definierten Antwortschema unterordnen mussen. Da­flir ermiiglicht es statistisch-mathematische Auswertungsroutinen, die von subjektiven MafSgaben der Auswerter unabhangig sind.

Abgefragt wurden subjektive Interpretationen und Selbstaussagen der Ver­

suchspersonen uber den Themenbereich Entwicklung und Anwendung indi­

vidueller Kompetenz. Die Aussagen wurden retrospektiv bzw. sehr allgemein gehalten erfragt. Das kann in Hinblick auf die Qualitat und Interpretierbarkeit

des Datenmaterials zu folgenden Problemen flihren: (1.) Die Versuchsperso­

nen treffen Aussagen uber individuelle Kompetenzen als einen Gegenstands­

bereich, in dem sie (wahrscheinlich) keine Experten sind. (2.) Die Aussagen

kiinnen verfalscht sein.

Page 239: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 227

Ad (1.): Es ist nicht anzunehmen, dass die Versuchspersonen auf dem Gebiet

individuellen Kompetenzentwicklung in hohem MaJ3e tiber erziehungswis­

senschaftliches Fachwissen verftigen. Das hat zur Folge, dass die Versuchsper­

sonen bei der Bearbeitung der Unterlagen vermutlich Geweils individuelle)

naive Theorien zugrunde legen. Von daher bleibt unklar, welches Kompe­

tenzkonzept jeweils als Grundlage der Aussagen und Einschatzungen der

Versuchspersonen zu kompetenzfordemden Arbeitsbedingungen herangezo­

gen wird. Allerdings stellt das Verhaltnis von Fragestellung durch Forscher

und deren Beantwortung durch Versuchspersonen ein prinzipielles Problem

wechselseitiger Konstruktions- und Dekonstruktionsprozesse dar. In keiner

Phase einer Untersuchung kann die Objektivitat dieser (De-)Konstruktionen

angenommen oder gar gewahrleistet werden (vgl. STEINKE 1999, S. 81f£.), so

dass die Vorstellung einer verzerrungsfreien schriftlichen Datenerhebung und

-auswertung auch beim Einsatz anderer Erhebungsmethoden als unrealistisch

betrachtet werden muss (vgl. DRECHSEL 2001, S. 198).

Ungewiss ist aufgrund des fehlenden Fachwissens der Versuchspersonen

auch, ob sie ein kompetentes (im Sinne von fachkundiges) Urteil tiber Ent­

wicklung und Anwendung ihrer individuellen Kompetenz abgeben konnen.

Wtirde dies in Zweifel gezogen, wtirde die Tauglichkeit der Versuchsperso­

nenauswahl dieser Stu die in Frage gestellt. Hierzu sind drei Bemerkungen an­

zubringen: Erstens wurde in der Studie auf einen theoretischen Rahmen Bezug

genommen, der seitens der Beschaftigten keinen erziehungswissenschaftlichen

Expertenstatus voraussetzt. Es ware absurd anzunehmen, die subjektive Ab­

wagung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenzentwicklung und

vom Einsatz individueller Kompetenz sei nur vor dem Hintergrund erzie­

hungswissenschaftlichen Expertenwissens ein taugliches Modell zur Erkla­

rung beruflichen Handelns Beschaftigter. Zweitens wurde ein GroJ3teil der

Erhebungen darauf konzentriert, Rahmenbedingungen beruflicher Kompe­tenzentwicklung zu untersuchen, und zwar genau in der von den Versuchs­

personen subjektiv wahrgenommenen und bewerteten Form. Hierfiir ist den

Beschaftigten vor Ort in den Betrieben ein hoher Expertenstatus zuzuschrei­

ben. Drittens erfasst ein erziehungswissenschaftlicher Zugang zur Frage kom­

petenzfordemder Arbeitsbedingungen nur einen Ausschnitt betrieblicher

Wirklichkeit. Wtirde Forschung auf diesem Gebiet bei der Datenerhebung

ausschliefSlich auf Versuchspersonen mit erziehungswissenschaftlichen Ex-

Page 240: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

228 Diskussion

pertenstatus zurtickgreifen, kame dies einer Hypostasierung dieses Aus­

schnitts betrieblicher Wirklichkeit gleich.

Ad (2.): Es wurden retrospektive Daten und subjektive Einschatzungen erho­

ben. Die Aussagen und Wertungen der Versuchspersonen konnen daher vor­

satzlich oder unbewusst verfalscht sein. Diese Moglichkeit lielSe sich nur tiber

ein Erhebungsverfahren vermeiden, das nicht an der subjektiven Sichtweise

der Versuchspersonen, sondern an der Situation ansetzen wtirde, in der indi­

vidueUe Kompetenz Relevanz gewinnt. Dies ware durch Interaktionsstudien

unter Einsatz von Beobachtungsverfahren zu erreichen. Abgesehen davon,

dass Beobachtungsstudien im Untersuchungsfeld dieser studie aus organisa­

torischen GrUnden nicht realisierbar gewesen waren, waren derart gewonnene

Daten wiederum anfallig gegentiber Verzerrungen durch die Beobachter. Inso­

fern greift auch hier das bereits oben angeftihrte Argument, dass eine Objekti­

vitat der erhobenen Befunde nicht erreichbar ist.

Nach der inhaltsanalytischen Auswertung der offenen Antworten wurden

HaufigkeitstabeUen ersteUt, anhand derer aggregierte Informationen beztiglich

der gesamten stichprobe oder der beiden Teilgruppen erstellt wurden. Auch

mit den quantitativen Daten wurden statistische Verfahren gerechnet, die den

Mittelwert der gesamten Gruppe bzw. der Teilgruppen als BezugsgrolSe ver­

wenden. Die Verwendung aggregierter Daten wie Haufigkeitstabellen und

Mittelwertvergleiche verdecken Informationen auf der individueUen Ebene

einzelner Versuchspersonen. Das Ziel dieser Stu die bestand allerdings auch

nicht in der Generierung individueller Datensatze, sondern das Delphi­

Verfahren ist gerade auf Gruppendaten ausgerichtet. Zudem wurden in den

quantitativen Datensatz auch Beitrage einzelner Versuchspersonen aufge­nommen, die dann allerdings einem Gruppenurteil zugeftihrt wurden.

1m Laufe der inhaltsanalytischen Auswertungen wurden auf Basis des vorlie­

genden Datenmaterials Kategorien gebildet, sinngleiche Aussagen verschie­

dener Versuchspersonen wurden zueinander in Beziehung gesetzt. Dabei

kommen individuelle Interpretationen und Wertungen derjenigen Personen

zum Tragen, die zu einer subjektiven Bewertung und Kategorisierung des

Datenmaterials ftihren k5nnen, auch wenn die Verfahrensweisen im Ablauf­

modell der qualitativen und hier speziell zusammenfassenden Inhaltsanalyse

(MAY RING 1993) eingehalten wurden. Urn den Einfluss subjektiver Einzelur­

teile zurtickzudrangen und dem Kriterium intersubjektiver Nachvollziehbar-

Page 241: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Diskussion 229

keit gerecht zu werden, wurden die Inhaltsanalysen in einer Gruppe dreier

unabhangiger Personen durchgefiihrt. "Interpretationen in Gruppen sind eine

diskursive Form der Herstellung von Intersubjektivitat und Nachvollziehbar­

keit durch expliziten Umgang mit Daten und deren Interpretationen" (STEINKE

1999, S. 214). Bei Meinungsunterschieden wurde diskursiv ein Konsens erar­

beitet, so dass sich die Kategorienbildung letztlich auf Argumenten beruht, die

von den drei beteiligten Personen getragen wurden.

Die zentrale Frage ist nun, wie we it die Befunde als generalisierbar angesehen

werden konnen bzw. welche Tragweite ihnen eingeraumt werden kann. Zu­

nachst einmal handelt es sich urn eine sehr kleine Stichprobe, so dass der Ge­

neralisierbarkeitsanspruch sehr zuriickhaltend gesehen werden muss: Zum

einen handelt es sich bei den beiden ausgewahIten Betrieben urn ausgespro­

chen modern strukturierte und hochtechnisierte Betriebe, in denen dem unter­

suchten Merkmal individueller Kompetenz hohe Bedeutung zugeschrieben

wird. Von daher ist die Annahme naheliegend, dass die beteiligten Versuchs­

personen iiber eine besonders hohe Auspragung des untersuchten Merkmals

aufweisen, zumal die Teilnahme an der Stu die freiwilIig erfolgte und entspre­

chendes Interesse voraussetzte. Zum anderen bestand das ZieI der Untersu­

chung aber auch nicht in erster Linie darin, verallgemeinerbare Ergebnisse zu

erzielen, sondern in einem Feld, das fiir die Erfiillung der Konvergenzbedin­

gungen besonders gtinstige Voraussetzungen bereitstellt, grundlegende empi­

rische Daten zu erheben. Das Vorgehen war also exemplarisch angelegt.

Allerdings ist auch nicht davon auszugehen, dass die beteiligten Versuchsper­

sonen in beiden Betrieben unter exotischen Bedingungen arbeiten. Deshalb

konnen die Befunde durchaus dariiber Aufschluss geben, wie weit unter

gtinstigen betrieblichen Voraussetzungen eine Realisierung kompetenzfOr­

dernder Arbeitsbedingungen gelingen kann. Dies gilt umso mehr, als die Del­

phi-Technik gerade ein Instrument zur Eruierung einer aussagekraftigen Gruppenmeinung auf Basis eines kleinen Stichprobenumfangs ist.

Die Befunde weisen also aus mehreren Griinden eine begrenzte Aussagekraft

auf, trotzdem lassen sich aus ihnen weiterfiihrende Schlussfolgerungen zie­

hen, weJche im nachsten Kapitel dargelegt werden.

Page 242: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

10 Schlussfolgerungen und Ausblick

1m Verlauf der vorliegenden Arbeit wurde die Bedeutung individueller Kom­

petenz Beschaftigter auf Basis neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisa­

tion herausgearbeitet, der Stand der erziehungswissenschaftlichen Debatte zu

diesem Thema aufgezeigt und als neuer Ansatz das Regensburger Konver­

genz-Konzept vorgestellt. Es wurden Untersuchungsfragen aufgeworfen, die

mit Hilfe eines Delphi-Verfahrens empirisch bearbeitet wurden. Nach einer

ausftihrlichen Diskussion der Befunde sollen nun zum Abschluss der Arbeit

zunachst noch einmal eine Zusammenschau der wichtigsten Ergebnisse gege­

ben, daraus Schlussfolgerungen gezogen und als Ausblick weiterftihrende

Forschungsfragen aufgeworfen werden, die sich aus der vorliegenden Studie

ergeben. Eine Zusammenfassung und eine SchIussbemerkung bilden das Ende

dieser Arbeit.

10.1 Zusammenschau der Ergebnisse

Die Ergebnisse der Delphi-Studie fallen heterogen aus: In einigen Teilen spie­

geln die Befunde gtinstige Voraussetzungen fur die Realisierung der Konver­

genz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und

Organisationsentwicklung, in manchen Teilen zeigen sich eher Einschrankun­

gen.

10.1.1 Giinstige Voraussetzungen fUr kompetenzJ6rdernde Arbeitsbedingungen

Folgende Ergebnisse deuten auf gtinstige Voraussetzungen ftir kompetenzfOr­

demde Arbeitsbedingungen als Resultat einer Realisierung der Konvergenz

okonomischer und padagogischer Prinzipien hin:

1. Die Versuchspersonen erleben zahlreiche Merkmale neuerer Konzepte be­

trieblicher Arbeitsorganisation als kompetenzfordernd und in ihrem Ar-

Page 243: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

232 Schlussfolgerungen und Ausblick

beitsumfeld realisiert. Dazu gehiiren insbesondere die Delegation von Ent­

scheidungsbefugnis, Projektarbeit und vielfiiltige Arbeitsaufgaben.

2. Aile Versuchspersonen sehen in der Entwicklung individueller Kompeten­

zen im Kontext ihrer Arbeit auch Nutzen ftir ihre persiinliche Entwicklung.

Dieser Nutzen ist nicht nur auf iikonomische Gesichtspunkte (wie bei­

spielsweise ein hiiheres Einkommen) beschriinkt, sondem umfasst auch

piidagogische Uberlegungen (wie z.B. Erweiterung des HOrizonts).

3. In Bezug auf die Definitionsansiitze der Kompetenzanforderung Flexibilitiit

konnte eine ausreichende Ubereinstimmung ftir ein gemeinsam geteiltes

Verstiindnis festgestellt werden. Das ermiiglicht Adressaten dieser Kom­

petenzanforderung erst, ihr selbst verantwortet gerecht zu werden (oder sie

zu missachten).

Diese drei Ergebnisse kiinnen deshalb als eine gtinstige Voraussetzung ftir die

Realisierung kompetenzfiirdemder Arbeitsbedingungen angesehen werden,

weil sie den im vorderen Teil der Arbeit ausgeftihrten theoretischen Annah­

men entsprechen. 1m vierten Kapitel wurde darauf hingewiesen, dass in den

neueren Ansiitzen betrieblicher Arbeitsorganisation der individuellen Kom­

petenz der Beschiiftigten hohe Bedeutung zugeschrieben wird. Wenn die be­

fragten Beschiiftigten angeben, eben genau Merkmale dieser Ansiitze in ihrem

betrieblichen Umfeld als realisiert und kompetenzfiirdemd zu erleben, dann

ist dies als eine empirische Bestiitigung dieser Ansiitze zu werten.

Die Integration piidagogischer Erwiigungen in die Gegentiberstellung von

Vor- und Nachteilen individueller Kompetenzentwicklung im betrieblichen

Kontext zeigt die Relevanz der Frage nach der Konvergenz iikonomischer und

piidagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwick­lung fUr die Beschiiftigten. Sie ist nicht nUT ein erziehungswissenschaftlicher

Diskurs abseits der Lebenswelt Beschiiftigter.

Ein von allen Beschiiftigten einschlieBlich der Ftihrungskriifte gemeinsam ge­

teiltes Verstiindnis von beruflichen Kompetenzanforderungen ist zuniichst einmal die zentrale Voraussetzung dafur, dass Beschiiftigte als die Adressaten

diese Anforderungen richtig interpretieren und auf Basis dieser Interpretation

tiber Akzeptanz oder Ablehnung entscheiden kiinnen. Es ist aber auch Vor­

aussetzung daftir, dass Adressaten zielgerichtete Bemtihungen erbringen kiin­

nen, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Letztlich ist ein gemeinsam

geteiltes Verstiindnis von Anforderungen eine Voraussetzung fUr wirksame

Page 244: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Schlussfolgerungen und Ausblick 233

Fiihrungsprozesse, da diese Anforderungen auch als Operationalisierung des

Fiihrungsziels verstanden werden konnen.

10.1.2 Ungiinstige Voraussetzungen for kompetenzJordernde Arbeitsbedingungen

Kontrar zu den eben angesprochenen Ergebnissen gibt es aber auch Befunde,

die auf ungiinstige Voraussetzungen kompetenzfordemder Arbeitsbedingun­

gen hinweisen:

1. Die Versuchspersonen fordern eine Beseitigung der Diskrepanz zwischen

Verantwortung und Handlungsspielraum sowie mehr Mut zur Anderung

von Strukturen und bewahrten Routinen.

2. Manche Befunde weisen darauf hin, dass das Verhalten der Fiihrungskrafte

nicht immer den Anspriichen neuerer Organisationskonzepte entspricht.

Das zeigt sich daran, dass in Situationen, in denen ein hohes MalS an indi­

vidueller Kompetenz zu Problemen fUhrte, haufig mangelhaftes Fiihrungs­

verhalten als Ursache angegeben wurde. AulSerdem sind sich beide

Teilgruppen offenbar einig, dass es in der Fiihrungspraxis an Moglichkei­

ten mangelt, auf individuelle Starken und Schwachen der Mitarbeiterinnen

und Mitarbeiter einzugehen. Uberdies scheinen die Befragten aus der Teil­

gruppe der Belegschaft einer Orientierung an gemeinsamen Werten keine

groge Bedeutung beizumessen, wahrend die befragten Fiihrungskrafte dies

als sehr bedeutsam ansehen. Nicht zuletzt wird mehr Mitsprache bei dpr

Gestaltung iibergeordneter Ziele eingefordert.

3. Zu drei der vier untersuchten Kompetenzanforderungen (Fiihrungskompe­

tenz, Se/bststiindigkeit, Verantwortungsbereitschaft) ist keine ausreichende Ba­

sis fiir ein gemeinsam geteiltes Verstandnis gegeben.

4. Probleme mit der Kultur des taglichen Umgangs deuten sich dadurch an,

dass erstens eine Organisation (und somit Regulierung) von Kommunika­

tionsprozessen im Kollegenkreis gefordert wird. Zweitens deuten darauf

auch Befunde hin, die einen Mangel an gegenseitiger Akzeptanz bescheini­

gen. Dies war der Fall, als Beispiele fiir Hindernisse individueller Kompe­tenzentwicklung untersucht wurden.

Die vier genannten Punkte deuten auf eine unzureichende Realisierung kom­

petenzfordernder Arbeitsbedingungen hin. Das Festhalten an Bewahrtem

Page 245: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

234 Schlussfolgerungen und Ausblick

stellt die Umsetzung der neueren Organisationskonzepte grundlegend in Fra­

ge, in denen als zentrales Anliegen von flexiblen Anpassungen der Organisa­

tion an Bedingungen des Marktes die Rede ist. Dariiber hinaus stellt das

Verharren auf bewahrten Gepflogenheiten auch die Notwendigkeit von Ler­

nen und Kompetenzentwicklung in Frage. Wenn die Versuchspersonen eine

Diskrepanz zwischen dem AusmalS, in dem sie zur Verantwortung gezogen

werden, und ihren Handlungsfreiraumen beklagen, dann deutet dies zum ei­

nen auf das Problem hin, dass es eben nicht urn Verantwortung im 5inne von

HElD (1995a/b) geht, sondern urn die freiwillige Erfiillung vorgegebener An­

forderungen. Zum anderen untergrabt ein als eingeschrankt wahrgenomme­

ner Handlungsspielraum das nach DEC! & RYAN (1993) angeborene Bediirfnis

nach Autonomieerleben, was zu einer ungiinstigen motivationalen Vorausset­

zung fiir die Entwicklung individueller Kompetenz fiihrt.

Das Verstandnis einer Fiihrungskraft ist nach den neueren Ansatzen betriebli­

cher Arbeitsorganisation von einem gewandelten Bild gepragt, das Analogien

zur Lehrperson nach einer konstruktivistischen Auffassung von Lehr-Lern­

Prozessen (vgL hierzu z.B. GERSTENMAIER & MANDL 1995; REINMANN­

ROTHMEIER & MANDL 1998) zeigt: FiihrungskrMte sollen nicht in erster Linie

Anweisungen und Vorgaben geben, sondern als Coach und Begleitperson a­

gieren, urn so Abwehrverhalten und defensive Routinen (ARGYRIS 1999) ande­

rer Organisationsmitglieder zu vermeiden und zu einer kooperativen

Bearbeitung betrieblicher Herausforderungen beizutragen. Damit waren die

Voraussetzungen erfiillt, dass BeschMtigte ihre individuelle Kompetenz im

Zuge einer Enkulturation in eine "Community of Practice" (LAVE & WENGER

1991) entwickeln. Dies scheint angesichts der Befunde allerdings kaum reali­

siert zu sein, was negative Folgen in Hinblick auf die Unterstiitzung individu­

ellen Kompetenzerwerbs im betrieblichen Alltag zeitigen diirfte.

50 wie das Vorhandensein eines gemeinsamen Verstandnisses von Kompe­

tenzanforderungen Voraussetzung fiir eine eigenverantwortete Erfiillung die­

ser Anforderungen sowie fiir wirksame Fiihrungsprozesse ist, so stellt ihr

Fehlen ein Problem dar. Denn es wirft die Frage auf, wie BeschMtigte den un­

tersuchten, offenbar diffus interpretierten Anforderungen geniigen kiinnen

und wie es vor diesem Hintergrund miiglich erscheint, dass die Autoren die

Anforderungen von den Adressaten als erfiillt ansehen.

Page 246: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Schlussfolgerungen und Ausblick 235

Nach dem Ansatz von DEC! & RYAN (1993) stellt das Streben nach sozialer

Einbindung ein angeborenes menschliches Grundbedurfnis dar. Die Befunde

uber mangelnde gegenseitige Akzeptanz und Defizite in der Kommunikation

weisen auf eine VernachHissigung dieses Grundbedurfnisses hin. Somit ist auf

einen weiteren Aspekt betrieblicher Praxis verwiesen, der eine schlechte Vor­

aussetzung fiir motiviertes Handeln allgemein und individuellen Kompetenz­

erwerb im Speziellen darstellt.

10.2 Schlussfolgerungen

Diese Arbeit befasst sich mit kompetenzfordernden Arbeitsbedingungen und

setzt sich mit betrieblicher Bildungsarbeit und Organisationsentwicklung als

einem spezifischen Bereich padagogischer Praxis auseinander. Ihren Ausgang

nahrn sie aber in der fehlenden ernpirischen Fundierung des erziehungswis­

senschaftlichen Diskurses urn die Konvergenz okonomischer und padagogi­

scher Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung.

Schlussfolgerungen sollen daher zunachst fiir die padagogische Praxis und

anschliefSend fiir die erziehungswissenschaftliche Df'batte gezogen werden.

10.2.1 Schlussfolgcrungen fiir die piidagogische Praxis

Die Versuchspersonen wurden aus Untemehrnen rekrutiert, die nach den

MafSgaben neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation strukturiert sind.

Diese Unternehmen folgen einer Programrnatik, die der individuellen Korn­

petenz Beschaftigter hohe Bedeutung beirnisst. Aus den Befunden, die auf

giinstige Voraussetzungen fur eine Realisierung kompetenz£ordernder Ar­

beitsbedingungen hir Neisen, kann geschlossen werden, dass die betriebliche

Bildungsarbeit und Organisationsentwicklung geeigneten programmatischen

Konzepten folgt. Die befragten Beschaftigten nehmen Teilaspekte neuerer

Konzepte betrieblicher Arbeitsorganisation tatsachlich als Forderung und

Forderung ihrer individuellen Kompetenz wahr. Das ist zwar einerseits wenig

uberraschend, da diese Konzepte implizite Anleihen in psychologischen Moti­

vationstheorien (und hier zurneist bei Herzbergs Theorie der Hygienefaktoren

von Arbeit) nehrnen, andererseits bestatigen die Befunde aber, dass Beschaf­

tigte die Delegation von Entscheidungsbefugnis, Projektarbeit etc. nicht nur

Page 247: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

236 Schlussfolgerungen und Ausblick

als leistungsmotivierend, sondem eben explizit auch als Forderung ihrer indi­

viduellen Kompetenzentwicklung erleben.

Eine weitere Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ist in Analogie zu der

im funften Kapitel vorgetragenen Kritik zu ziehen, wonach mit der bloJ5en

Implementierung einer Untemehmensprogrammatik keineswegs deren Um­

setzung in der betrieblichen Praxis einher geht. Parallel dazu kann hier nicht

aus der kompetenzfordemden Wahmehmung einzelner Komponenten auf

eine Realisierung kompetenzfordemder Arbeitsbedingungen geschlossen

werden. Die Befunde ungiinstiger Voraussetzungen kompetenzfordemder

Arbeitsbedingungen deuten vielmehr darauf hin, dass es an der (umfassen­

den) Realisierung neuerer Ansatze betrieblicher Arbeitsorganisation mangelt.

Offenbar treten im betrieblichen Arbeitsalltag Beharrungstendenzen und Wi­

derstande gegen Veranderungen auf, die den auf Flexibilitat, Wandel und In­

novation ausgerichteten Organisationskonzepten widersprechen. Hier besteht

Handlungsbedarf fUr die betriebliche Organisationsentwicklung, urn entspre­

chende individuelle und strukturelle Voraussetzungen fur die Kompetenz und

Bereitschaft der Beschaftigten zu schaffen, aktiv Veranderungsprozesse zu

gestalten und somit kompetenzfordemde Arbeitsbedingungen im Sinne des

Regensburger Konvergenz-Konzepts zu realisieren.

Als ein geeigneter Ansatzpunkt fur Interventionen bietet sich die Fiihrungs­

praxis an. Denn aus den Befunden zu unzureichendem Fuhrungsverhalten

liisst sich auf einen Handlungsbedarf fur die Bildungsarbeit mit Fuhrungs­

kraften schlieJ5en.

10.2.2 Schlussfolgerungen fUr die erziehungswissenschaJtliche Debatte

Vor uber einem Jahrzehnt hat die DEUTSCHE FORSCHUNGSGEMElNSCHAFI

(1990) das Thema Lemen in Arbeitsprozessen in Verbindung mit padagogisch

organisiertem Lemen zu einer vordringlichen Forschungsaufgabe erklart (vgl.

S. 79f.). Dieser Forderung wurde in der vorliegenden Arbeit und dem DFG­

Projekt "Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betriebli­

cher Personalentwicklung" (Aktenzeichen He 1158/4-1) als unmittelbarer

Kontext dieser Arbeit Rechnung getragen.

Auf der theoretischen Ebene wurden im funften Kapitel maJ5gebliche Defizite

des Standes der erziehungswissenschaftlichen Debatte urn die Konvergenz

Page 248: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Schlussfolgerungen und Ausblick 237

oder Divergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien betrieblicher

Personal- und Organisationsentwicklung herausgearbeitet. Es wurde das Re­

gens burger Konvergenz-Konzept als ein alternativer Ansatz vorgestellt, mit

dem die kritisierten theoretischen Schwachpunkte der Diskussion umgangen

werden. Es konnte insofern ein konzeptioneller Orientierungsrahmen fUr

weitergehende Untersuchungen entwickelt werden, als das Regensburger

Konvergenz-Konzept tragfahiger als bislang diskutierte Standpunkte er­

scheint.

Die empirische Studie sollte zur empirischen Evidenz der Konvergenzbe­

hauptung beitragen, da bislang - abgesehen von der Untersuchung von

AOITENHAGEN & OLDENBORGER (1996) - keine empirische Studien vorlagen. In

explorativer Absicht sollte sie zur Entwicklung und Prazisierung von weiter­

fUhrenden Hypothesen beitragen.

So ist nach Abschluss der Studie zu konstatieren, dass berufliche Kompetenz­

entwicklung auch der individuellen Entwicklung im privaten Bereich zugute

kommt und dass - bereits wiederholt aufgegriffen - Merkmale neuerer Ansatze

betrieblicher Arbeitsorganisation von Beschaftigten im betrieblichen Kontext

tatsachlich als Forderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz

wahrgenommen werden. Auf einer interpretativen Ebene - so lautet eine

Schlussfolgerung - scheint sich die Realisierung der Konvergenzthese zu bes­

tatigen. Nach den Befunden ist aber - so eine zweite Schlussfolgerung - ein

Verfehlen der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien auf

der Ebene betrieblicher Arbeitspraxis zu vermuten.

Auf Basis dieser Schlussfolgerungen sind weiterfiihrende Hypothesen zu ent­

wickeln. Erste Schritte auf diesem Weg sollen im folgenden Abschnitt aufge­

zeigt werden.

10.3 Ausblick: Weiterfiihrende Forschungsdesiderata

Weite Teile der im Rahmen dieser Studie erhobenen Daten sind auf der Ebene

gedanklicher Konstrukte angesiedelt. Das betrifft die Interpretationen der

Kompetenzanforderungen, die Benennung von Vor- und Nachteilen der Ent­

wicklung und Anwendung dieser Kompetenzen sowie die Aufzahlung von

Verbesserungsvorschlagen fUr den betrieblichen Alltag zur besseren Forde­

rung individueller Kompetenzentwicklung. Wenn nun die Befunde darauf

Page 249: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

238 Schlussfolgerungen und Ausblick

hindeuten, dass auf der Ebene betrieblicher Arbeitspraxis die Bedingungen

kompetenzfordernder Arbeitsgestaltung verfehlt werden, dann drangt sich die

Untersuchung des Themenbereiches auf der Ebene betrieblicher Handlungs­

praxis auf. Dabei waren verschiedene Vorgehensweisen denkbar:

Zunachst einmal haben die Versuchspersonen in dem Teil der vierten Delphi­

Runde, der nicht in dieser Arbeit berucksichtigt wurde (vgl. Abschnitt 7.3.4),

anhand der hier bearbeiteten Vor- und Nachteilseinschatzungen Dilemmata

entwickelt und hinsichtlich ihrer Tragweite eingeschatzt. Dabei stellte sich

heraus, dass die besonders schwerwiegenden Konfiiktsituationen hauptsach­

lich in Vorteilen fur die eigene berufliche Entwicklung bei gleichzeitigen

Nachteilen fur individuelle Personlichkeitsentwicklung bestehen (vgl. HElD,

HARTEIS, BAUER & FESTNER 2001, S.12). Interessant ware eine weitere Untersu­

chung dieser Dilemmata vor aHem in Hinblick darauf, welche Losungsstrate­

gien Beschaftigte in der Vergangenheit in solchen Konfiiktsituationen

angestrebt haben und in welchem Verhaltnis dabei okonomische und padago­

gische Uberlegungen zum Tragen kamen. Wichtig erscheint hier eine retro­

spektive Bearbeitung der Dilemmata, urn starker auf die Ebene betrieblichen

Handelns abzielen zu konnen.

In den Interpretationen der Kompetenzanforderung Verantwortungsbereitschaft wurden an verschiedenen SteHen Uberlegungen angestellt, dass damit die

Konsequenz verbunden sei, fur die Folgen eigenen Handelns haftbar gemacht

zu werden. Hier eroffnet sich mit dem Thema Fehlerkultur bzw. Umgang mit

Fehlem ein weites Anschlussfeld fur interessante Forschungsarbeiten. Denn

Haftung fur Folgen wird in der Regel dann gel tend gemacht, wenn das Re­

sultat einer Handlung nicht den Zielerwartungen entspricht. Auf Basis des vorliegenden Datenmaterials bleibt ungewiss, wie weit in der betrieblichen

Praxis Fehler aIs Lerngelegenheiten anerkannt und auch genutzt werden. Die Haftung fur Handlungskonsequenzen kann nun einerseits in einer weniger

lernforderlichen Verfahrensweise bedeuten, dass die handelnde Person zur

Rechenschaft im Sinne einer Schuldzuschreibung gezogen wird, oder anderer­

seits in einer eher Iernforderlichen Verfahrensweise bedeuten, dass aufgetre­

tene Fehler hinterfragt, analysiert und Ursachen beseitigt werden (vgl.

ALTHOFF 1999, S. 7f.). Die Frage, wie weit Abweichungen von geplanten Zielen

oder Verfahren, die im komplexen betrieblichen Alltag aIs unvermeidbar an­

zusehen sind (vgl. hierzu KOHL 1998), als Lerngelegenheit und Ausgangs­

punkt individueller Kompetenzentwicklung genutzt werden, ist in

Page 250: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Schlussfolgerungen und Ausblick 239

betrieblichen Kontexten kaum untersucht worden. Dringlicher waren empiri­

sche Untersuchungen nicht zuletzt deshalb, wei! der Umgang mit Fehlem ei­

nen wichtigen Aspekt einer fiir lemende Organisationen proklamierten

Lemkultur darsteIIt (vgl. FREI V.A. 1993, S. 330f.).

Da die Befunde der vorliegenden Stu die einerseits die Hypothese nahelegen,

in der betrieblichen Praxis wiirden die Voraussetzungen kompetenzfOrdem­

der Arbeitsbedingungen verfehlt und andererseits die Fiihrungspraxis in Teil­

befunden aIs problema tisch ausweisen, sollte bei weiteren Forschungsarbeiten

der Fokus auf die Fiihrungspraxis gelegt werden. 1m vierten KapiteI wurde

gezeigt, dass die Ermtiglichung individueller Kompetenzentwicklung im

Kontext betrieblicher Arbeit vor allem mit einer Abkehr von strikten Regle­

mentierungen und auf kurzfristige Perspektiven angelegten Effektivierungs­

bemiihungen verbunden sein muss. Dabei miissen den Beschaftigten in erster

Unie Freiraume zur Verfiigung stehen, Lemaktivitaten aufzunehmen und den

Erfolg (bzw. Misserfolg) eigener Handlungen bewerten und analysieren zu

ktinnen. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Rolle der Fiihrungs­

kraft im Rahmen kompetenzfOrdemder Arbeitsbedingungen Parallelen zur

Rolle einer Lehrkraft im konstruktivistischen Verstandnis aufweist. Von daher

waren Forschungsvorhaben zum praktizierten Fiihrungsverhalten oder Ein­

stellungen zur Rolle von Fiihrungskraften angezeigt.

Die in dieser Arbeit behandelte Frage nach der Konvergenz tikonomischer und

padagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwick­

lung zielt auf die Entwicklung individueller Kompetenz einerseits und die

Anwendung dieser Kompetenz andererseits abo Diese Fragen lassen sich auf

der Ebene betrieblichen Handelns auch unter motivationstheoretischen Ge­

sichtspunkten analysieren.

Bei Kompetenzentwicklung geht es urn Lernprozesse im weitesten Sinne, so

dass sich fUr die Untersuchung der Voraussetzungen individueller Kompe­

tenzentwicklung eine Betrachtung unter lemtheoretischen Aspekten anbietet.

Wenn im betrieblichen Kontext von der Entwicklung von Kompetenzen die

Rede ist, wird haufig das Schlagwort yom Lebenslangen Lemen aufgeworfen

und damit die Anforderung an Beschaftigte gemeint, sich mit den Inhalten

ihres Berufslebens aus eigenem Antrieb hera us auseinanderzusetzen und

Lemgelegenheiten aufzusuchen. Gute lemtheoretische Voraussetzungen fiir

diese Form des Lemens beschreibt Prenzels Modell der Bedingungen selbstbe-

Page 251: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

240 Schlussfolgerungen und Ausblick

stimmten, motivierten Lemens (vgl. PRENZEL 1995), fur das auch Erhebungs­

instrumente vorliegen (vgl. PRENZEL, KRISTEN, DENGLER, ETTLE & BEER 1996).

Der Anwendungsaspekt individueIler Kompetenz lasst sich ebenfaIls unter

motivationstheoretischen Gesichtspunkten analysieren, wobei ein Riickgriff

auf die von DEC! & RYAN (1993) als grundlegend und angeboren proklamier­

ten menschlichen Bediirfnisse des Autonomieerlebens, der sozialen Einbin­

dung und des Kompetenzerlebens nahe liegen wiirden. Eine Gestaltung

betrieblicher Arbeitsorganisation, die diesen Bediirfnissen gerecht wird, steIlt

demnach eine giinstige Voraussetzung fiir· die Anwendung individueller

Kompetenz dar.

AIle in diesem Abschnitt skizzierten Forschungsansatze waren geeignet, die

im Rahmen dieser Studie erarbeiteten Ergebnisse und Schlussfolgerungen urn

Befunde auf der Ebene betrieblichen Handelns zu erganzen. Erst wenn derar­

tige Untersuchungen - vor allem mit einem breiteren Feldzugang - vorliegen,

ist die Frage zu beantworten, wie weit betriebliche Arbeit (in der Regel) so

gestaltet ist, dass von kompetenzfiirdemden Arbeitsbedingungen im Sinne des

Regensburger Konzepts der Konvergenz iikonomischer und padagogischer

Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung gesprochen

werden kann.

10.4 Zusammenfassung der Arbeit

Fragen der Zukunftsfahigkeit von Untemehmen nehmen einen breiten Raum

iiffentlicher Diskussion ein und erfahren weitgehende Aufmerksamkeit. Zu­

meist wird auf die "Megatrends" iikonomischer, gesellschaftlicher und tech­

nologischer Entwicklung hingewiesen und im Zuge der Globalisierung der

wirtschaftlichen Beziehungen auf wachsenden Konkurrenzdruck und sich

standig wandelnde Marktbedingungen verwiesen. Vor diesem Hintergrund

erfahrt die individuelle Kompetenz Beschaftigter einen Zuwachs an Bedeu­

tung und gewinnt die Frage nach der kompetenzfiirdemden Ausgestaltung

betrieblicher Arbeitsorganisation an Relevanz.

Das iibergeordnete Ziel dieser Arbeit bestand zum einen im Entwurf eines

konzeptionellen Orientierungsrahmen fiir die Diskussion und Untersuchung

individueIler Kompetenzentwicklung im Rahmen betrieblicher Arbeit und

zum anderen darin, in explorativer Absicht empirische Daten als Grundlage

Page 252: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

Schlussfolgerungen und Ausblick 241

fiir die Entwicklung und Prazisierung von weiterflihrenden Hypothesen zu

erheben.

Dazu wurden zunachst der Gegenstand der Arbeit und die wichtigsten Begrif­

fe geklart. Es wurde ein Kompetenzbegriff eingeflihrt, der in Anlehnung an

den Sprachgebrauch und in Abgrenzung zur Expertiseforschung den Aspekt

der Performanz ausblendet. Kompetenz wurde in dieser Arbeit als das flir Er­

flillung von Aufgaben relevante Handlungs-, Fahigkeits- und Wissenspoten­

zial verstanden, wobei die Entscheidung iiber die Anwendung dieser

Kompetenz als Resultat einer subjektiven Abwagung von (antizipierten) Vor­

und Nachteilen der Anwendung zu sehen ist. AufSerdem wurde dargelegt,

wie sich das Thema der vorliegenden Arbeit im grofSeren Bezugsrahmen be­

ruflichen Lernens und der internationalen Lehr-Lern-Forschung einzuordnen

ist.

1m Anschluss daran wurden die wichtigsten Konzepte betrieblicher Arbeits­

organisation vor dem Hintergrund der volkswirtschaftlichen Entwicklung im

20. Jahrhundert vor- und die wesentlichen Merkmale der Ansatze einander

gegeniibergestellt. Dies war notwendig, urn eine Systematik zur Verfiigung zu

haben, an der sich die gewandelte Bedeutung individueller Kompetenz im

Rahmen der Organisation und Strukturierung betrieblicher Arbeit verdeutli­

chen lieJS.

Es wurde herausgearbeitet, dass die neueren Organisationskonzepte die indi­

viduelle Kompetenz der Beschaftigten als zentrale Ressource fiir den Erfolg

von Unternehmen verstehen. Als Konsequenz ergibt sich fiir die betriebliche

Bildungsarbeit, dass isolierte BildungsmafSnahmen wenig erfolgversprechend

sind und vielmehr eine Verzahnung betrieblicher Bildungsarbeit mit MafS­

nahmen der betrieblichen Organisationsentwicklung notwendig erscheint.

Denn erst in der konkreten Arbeitssituation entscheidet sich der Einsatz und

auch die Entwicklung individueller Kompetenz Beschaftigter. In der erzie­

hungswissenschaftlichen Debatte fand diese Entwicklung in einer engagierten

Diskussion urn die Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien

im Rahmen betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung ihren Nie­

derschlag, deren Argumente kurz skizziert wurden.

In einer kritischen Sondierung wurde an dem Stand der erziehungswissen­

schaftlichen Debatte dieses Themas folgende Defizite festgestellt: Sie entbehrt

empirischer Evidenz, die Argumente sind unzureichend begrtindet und ver-

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242 SchlussfoIgerungen und Ausblick

nachlassigen die individuelle Perspektive der Beschaftigten. AuEerdem ist die

Relevanz iikonomischer und padagogischer Uberlegungen im Zusammenhang

mit beruflichen Kompetenzanforderungen viillig unklar. Es wurde das Re­

gensburger Konzept der Konvergenz iikonomischer und padagogischer Prin­

zipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung eingefiihrt, das

nicht auf Basis von programmatisch-normativen Aussagen, sondern auf einer

Beschreibung der Herausforderungen fiir Unternehmen aufgebaut ist.

Dieses Konzept war ebenso wie die skizzierten Defizite der erziehungswissen­

schaftlichen Debatte Ausgangsbasis fiir die Entwicklung der Fragestellungen,

die im Rahmen der vierstufigen Delphi-Untersuchung geklart werden sollten.

Sie lauteten im Einzelnen:

1. Welche Bedingungen muss ein Unternehmen erfiillen, damit Beschaftigte

ihr Arbeitsurnfeld als kompetenzfiirdernd erleben?

2. Welche Hindernisse nehmen Beschiiftigte in ihrem Arbeitsumfeld in Hin­

blick auf die Fiirderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz

wahr?

3. In wie weit besteht ein gemeinsam geteiltes Verstandnis von zentralen

Kompetenzanforderungen?

4. In welchem Verhiiltnis spielen iikonomische und piidagogische Uberlegun­

gen bei der Abwiigung von Vor- und Nachteilen beruflicher Kompetenz­

entwicklung eine Rolle?

Die Befunde fielen heterogen aus. In Teilen konnten giinstige Voraussetzun­

gen fiir die Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen im Sinne

des Regensburger Konvergenz-Konzepts gefunden werden. Dazu ziihlen die

Befunde, wonach einzelne Komponenten der neueren Konzepte betrieblicher

Arbeitsorganisation tatsiichlich von Beschiiftigten im Kontext ihrer Arbeit als

Fiirderung und Forderung ihrer individuellen Kompetenz erlebt werden. Zu­

dem zeigen die Ergebnisse, dass die Beschaftigten in beruflicher Kompetenz­

entwicklung auch Vorteile fiir ihre persiinliche Entwicklung sehen, die zudem

nicht nur iikonomischen, sondern auch padagogischen Kalkiilen folgen.

Allerdings weisen die Befunde auch auf ungiinstige Voraussetzungen fiir die

Realisierung kompetenzfiirdernder Arbeitsbedingungen hin. Dies tritt in den

Teilen der Untersuchung zu Tage, in denen die befragten Beschaftigten auf

verkrustete Strukturen und unzureichende Handlungsspielraume verwiesen

haben. Die Ursache fiir diese Hindernisse bei der Realisierung kompetenzfiir-

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Schlussfolgerungen und Ausblic_kc..· __________________ --=2"'4:.:.3

dernder Arbeitsbedingungen kiinnte in einer Ftihrungspraxis liegen, die in der

untersuchten Stichprobe nicht immer den Anforderungen neuerer Organisati­

onskonzepten entsprechen.

Mit dem Regensburger Konzept der Konvergenz iikonomischer und padago­

gischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

wurde ein Ansatz vorgesteHt, der sich durch die bislang diskutierten Konzepte

vor aHem dadurch absetzt, dass er nicht auf programmatisch-normativen Aus­

sagen basiert und somit auch nicht beschreibende mit normativen Aussagen

vermischt

In der empirischen Studie wurden Grundlagen ftir die Realisierung kompe­

tenzfiirdernder Arbeitsbedingungen untersucht, wobei weniger auf die be­

triebliche Handlungsebene als vielmehr auf die Ebene gedanklicher

Konstrukte fokussiert wurde. Aus den Befunden wurde der Schluss gezogen,

dass auf einer konzeptioneHen Ebene durchaus gtinstige Voraussetzungen fiir

die Realisierung kompetenzWrdernder Arbeitsbedingungen im Sinne des Re­

gens burger Konvergenz-Konzepts herrschen wiirden, auf der Ebene betriebli­

chen Handelns jedoch Bedingungen vorfindbar seien, die eine Realisierung

der Konvergenz okonomischer und padagogischer Prinzipien beeintrachtigen.

Zur endgtiltigen Klarung dieser Hypothesen wurde zum Abschluss der Arbeit

auf weiterfiihrende Forschungsdesiderata verwiesen.

Page 255: Kompetenzf¶rdernde Arbeitsbedingungen: Zur Konvergenz ¶konomischer und p¤dagogischer Prinzipien betrieblicher Personal- und Organisationsentwicklung

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