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WS 2014/15 – 23.10.2014 DIE KONTRASTIVE LINGUISTIK UND IHRE URSPRÜNGE IN DER SPRACHWISSENSCHAFT Kontrastive Linguistik und Übersetzung

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WS 2014/15 – 23.10.2014 DIE KONTRASTIVE LINGUISTIK UND

I H R E U R S P R Ü N G E I N D E R SPRACHWISSENSCHAFT

Kontrastive Linguistik und Übersetzung

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Behaviorismus

- ab dem 20. Jhd. im Bereich der Psychologie

- wichtigste Vertreter: John B. Watson (1913, 1924) & Burrhus F. Skinner (1953, 1957)

-  Erklärung des menschlichen Verhaltens ausschließlich anhand naturwissenschaftlicher Methoden > beobachtbare und empirisch messbare Faktoren

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stimulus-response-Modell

-  menschliches Verhalten = Funktionaler Zusammenhang zwischen einem Reiz (stimulus) und einer darauffolgenden spezifischen Reaktion (response)

black box = kognitive Verarbeitung der Reize durch den Menschen/das Gehirn

- Erklärung des menschlichen Lernverhaltens anhand dieses Modells

- Skinner: operantes/instrumentelles Lernen

Aus: Tekin 2012, 15.

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Amerikanischer Strukturalismus

- Leonard Bloomfield: Begründer des amerikanischen Strukturalismus (Language 1933):

Die Sprachwissenschaft darf nur objektiv erfassbare Daten berücksichtigen: konkrete sprachliche Äußerungen eines Sprechers (stimulus) und die hierauf folgenden konkreten sprachlichen Äußerungen eines Hörers (response)

Ø  Gegenstand der linguistischen Untersuchung: parole (systematische Beschreibung der formalen Regelmäßigkeiten)

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stimulus-response-Modell als Modell für den Erstspracherwerb (Bloomfield)

stimulus: sprachlicher Input seines Umfeldes response: Imitation

habit formation: Herausbildung von Gewohnheiten anhand von Konditionierung: Ø  das Kind erlernt den Wortschatz und später Wortgruppen der Muttersprache

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Übertragung der bloomfieldschen Theorie auf den (gesteuerten) Zweitspracherwerb

Charles Fries: Teaching and Learning English as a Foreign Language (1945)

A person has „learned“ a foreign language when he has [...] first, within a limited vocabulary mastered the sound system (that is, when he can understand the stream of speech and achieve an understandable production of it) and has, second, made the structural devices (that is, the basic arrangements of utterances) matters of automatic habit. (Fries: 1945,3)

Ø  Herausbildung „automatischer Gewohnheiten“ durch die Wiederholung fremdsprachlicher Mustersätze (patterns) und die Korrektur der fehlerhaften Lerneräußerungen seitens des Lehrers (d.h. durch Konditionierung und Verstärkung)

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Exempel für den theoretischen Sprachvergleich (Fries)

Auswahl und Progression dieser patterns anhand eines systematischen Vergleichs der jeweiligen Mutter- und Fremdsprache:

The most effective materials [for language teaching and learning] are those that are based upon a scientific description of the language to be learned, carefully compared with a parallel description of the native language of the learner. It is not enough simply to have the results of such a through-going analysis; these results must be organized into a satisfactory system für teaching and implemented with adequate specific practice materials through which the learner may master the Sound system, the structure, and the […] lexical materials of the foreign language. (Fries 1945, 9).

Ø  Beschreibung der Phonetik, Lexik und Syntax des Englischen (als Zielsprache) nach den Prinzipien des amerikanischen Strukturalismus und Gegenüberstellung der formalen Gegebenheiten des Spanischen (als Ausgangssprache)

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Durchbruch der kontrastiven Linguistik (Lado)

Robert Lado Schüler von Fries Linguistics across Cultures (1957)

The plan of this books rests on the assumption that we can predict and describe the patterns that will cause difficulty in learning, And those that will not cause difficulty, by comparing systematically the language and culture of the student. In our view, the Preparation of up-to-date pedagogical and experimental materials must be based on this kind of comparison.

Ø  Weiterentwicklung der Thesen von Fries: durch den systematischen Vergleich können diejenigen fremdsprachlichen Bereiche erfasst werden, die einem Lerner aufgrund seiner Muttersprache leichter oder schwerer fallen

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Ø  Thesen:

Individuals tend to transfer the forms and meanings, and the distribution of forms and meanings of their native language and culture to the foreign language and culture (Lado 1957, 2).

The student who comes in contact with a foreign language will find some features of it quite easy and others extremely difficult. Those elements that are similar to his native language will be simple for him, and those Elements that are different will be difficult (lado 1957, 2).

Ø  Forderung eines systematischen Vergleichs, der Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Sprachen offenlegt und in Anhängigkeit der jeweiligen Muttersprache leichtere und schwierigere Bereiche in der jeweils zu erlernenden Fremdsprache aufzeigt

Ø  Konzipierung von Lehr- und Lernmaterialien für den Fremdsprachenunterricht

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Kontrastivhypothese (Kontrastivitätshypothese/kontrastive Hypothese)

- 1950/60er Jahre: Weiterentwicklung der Annahmen von Fries und Lado

- These:

Beeinflussung der Zielsprache durch die Ausgangssprache (Strukturen der Muttersprache) Lerner greifen beim Erwerb einer Zweitsprache permanent auf die Erstsprache zurück

die Gewohnheiten (habits) der Muttersprache werden permanent und systematisch auf die zu erlernende Fremdsprache übertragen (transfer)

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positiver und negativer Transfer

ausgangssprachliche Beeinflussung der Zielsprache in diametraler Weise:

positiver Transfer:

bedingt durch strukturelle Übereinstimmungen zwischen verglichenen Sprachen Folge: Lernerleichterungen und ‚richtige‘ fremdsprachliche Äußerungen

negativer Transfer/Interferenz:

bedingt durch Strukturunterschiede Folge: Lernschwierigkeiten und ‚falsche‘ fremdsprachliche Äußerungen

Gleichungen von Bausch/Kasper (1979): Strukturidentität Grundsprache – Zweitsprache = Lernerleichterung = korrekte zweitsprachliche Äußerung Strukturdivergenz Grundsprache – Zweitsprache = Interferenz (negativer Transfer) = Lernschwierigkeit = fehlerhafte zweitsprachliche Äußerung

dt. er wollte lesen fr. il voulait lire

dt. ich habe mich geirrt Ø  fr. je m‘ai trompé statt: je me suis trompé fr. une chambre nette Ø  dt. ein nettes Zimmer statt: ein sauberes Zimmer

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zentrale These

-  Voraussage von Lernschwierigkeiten und Fehlern -  Sprachvergleiche dienen dazu, Fremdsprachenfehler zu beseitigen/vermeiden -  Strukturunterschiede sind „ausschließliche Ursache für Schwierigkeiten und Fehler

in der Fremdsprache

difference = difficulty (Stockwell) durch kontrastive Untersuchungen und den sich hierbei ergebenden Strukturdivergenzen können Lernschwierigkeiten und Fehler von Fremdsprachenlernen zuverlässig und in ihrer Gesamtheit vorausgesagt werden

-  Ergebnisse der kontrastiven Untersuchungen sollen zu Konzipierung von Lernmaterialien im Fremdsprachenunterricht dienen > Fremdsprachenfehler vermeiden > „pädagogische Grammatik“

Ø  kontrastive Linguistik als rein anwendungsorientierte Disziplin

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Aus: Zemb 1978, 130f.)

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2. These: durch Sprachvergleiche können Schwierigkeitshierarchien für das Erlernen einer Fremdsprache aufgestellt werden

< Fremdsprachenfehler sind umso größer, je größer die Unterschiede zwischen

den Strukturen der Ausgangs- und Zielsprache sind

3. These: Lernschwierigkeiten verhalten sich proportional zum Grad des typologischen Unterschieds

Ø  Je mehr einer Fremdsprache von der Muttersprache abweicht, umso schwieriger ist es,

sie zu erlernen, da nur geringer bis gar kein Transfer stattfinden kann

Ø  große Unterschiede zu den Begründern der kontrastiven Linguistik

Kontrastivthoerie ≠ kontrastive Linguistik

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weltweite Verbreitung der kontrastiven Linguistik

Rezeption der Kontrastivthorie > weltweite Verbreitung der kontrastiven Linguistik ab den 1960ern

-  Charles A. Ferguson: Schriftenreihe Contrastive Structure Series (CSS) Center for Applied Linguistics of the Modern Language Association of America in Washington D.C.

Vorwort des 1. Bandes: The Center for Applied Lingusitics, in undertakings this series of studies, has acted on the conviction held by many linguistics and specialistes of language teaching that one of the major problems in the learning of the second language is the interference caused by the structural differences between the nativa language of the learner and the second language. A natural consequence of this conviction is the belief that a careful contrastive analysis of the two languages offers an excellent basis for the preparation of instructional materials, the planning of courses, and the development of actual classroom techniques.

Ziel: to describe the similarities and differences between English and each of the five foreign languages most commonly taught in the United States: French, German, Italian, Russian and Spanish

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kontrastive Linguistik in Europa

- die CSS weckte Interesse in Europa: Forschungsprojekte zur kontrastiven Linguistik:

Unterschied zur KL im amerikanischen Raum: Reflexion über die theoretischen Grundlagen für das Vergleichsverfahren

Aus: Tekin 2012, 24.

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konfrontative Linguistik

Gegenbewegung (1970er) basierend auf der kritischen Auseinandersetzung mit den theoretischen und anwendungsorientierten Leistungen und Grenzen der KL

Ludwik Zabrocki: Grundfragen der konfrontativen Grammatik (1970)

Forderung nach einem Sprachvergleich, der sowohl die Unterschiede als auch die Übereinstimmungen zwischen den entsprechenden Sprachen betrachtet

primär theoretische Disziplin

interferenzbedingte Fremdsprachenfehler stellen lediglich eine Variante zweitsprachlicher Fehler dar

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Kontrastive Linguistik - Definition

unterschiedliche Definitionen/Terminologien im Laufe ihrer historischen Entwicklung:

- kontrastive Linguistik: ursprünglich: Ermittlung und Beschreibung von interlingualen Unterschieden

- konfrontative Linguistik: Unterschiede und Gemeinsamkeiten

-  interkulturelle Linguistik: Gegenstandserweiterung berücksichtigt werden nicht mehr nur sprachsystematische Aspekte, sondern auch sprachverwendungsbezogenen bzw. kulturelle Faktoren

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Kurt Rein - Definition

Kontrastive Linguistik/ Kontrastive Grammatik… … eine vergleichende sprachwissenschaftliche Beschreibungs- und Analysemethode, bei deren möglichst detaillierten ‚Vergleichen‘ das Hauptinteresse nicht auf den Gemeinsamkeiten, sondern auf den Abweichungen oder ‚Kontrasten‘ zwischen den beiden – oder mehreren verglichenen Sprachsystemen bzw. Subsystemen liegt. (Rein 1983, 1) kontrastiv < lat. contra ‚gegen, wider‘ & stare ‚stehen‘

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kontrastiv vs. konfrontativ

kontrastiv: Derivation aus dem engl. to contrast ‚to compare two things, ideas, people etc. to show how

different they are from each other‘ (Longman Dictionary)

konfrontativ: to confront ‚ confront objects to show to what extent they are similar or not‘ (Longman Dictionary)

Nickel (1972, 10): In keinem Fall war an ein Ausschließen der Gemeinsamkeiten gedacht. Man könnte höchstens so weit gehen zu behaupten, dass die Differenzen im Vordergrund des Interesses standen. Diese Akzentuierung scheint uns aber nicht den Terminus „konfrontativ“ zu rechtfertigen.

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interkulturelle Linguistik

- Herrmanns (1996)/Raster (2002)/Földens (2003)

Herrmanns (2003, 363f): [Linguistik ist interkulturelle Linguistik], wenn sie bei Bestimmung und Beschreibung ihres Gegenstandes Sprache a)  auf die Kulturgebundenheit von Sprachen, b) auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Sprachkulturen achtet.

wichtigste Bereiche: „linguistische kulturvergleichende Pragmatik, Semantik und Semiotik“

Földes (2003, 44): Interkulturelle Linguistik ist eine von Linguisten verschiedener Disziplinen gegenüber dem Phänomen des Sprach- und Kulturkontrastes sowie den Phänomenen des sozialen Kontaktes und der kulturbedingten Interaktion zweier oder mehrerer natürlicher Einzelsprachen praktizierte Forschungsorientierung […]. Dabei handelt es sich einerseits um eine Kombination der systemlinguistischen, andererseits der der primär psycho-, sozio-, pragma- und kontaktlinguistischen sowie sprachenpolitischen Untersuchungen von Sprach. Und Kulturkontrast bzw. –kontakt, der kulturübergreifenden Kommunikation im weitesten Sinne und des sprachkommunikativen Umgangs mit Fremdheit/Alterität.

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Definition nach Tekin (2012, 68)

Kontrastive Linguistik… … Unterdisziplin der Sprachwissenschaft […], die anhand unterschiedlicher vergleichender Methoden interlinguale Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede aufzudecken versucht. Der Gegenstand dieser Untersuchungen umfasst dabei sowohl Sprachmittel als auch Sprachzwecke und bezieht dabei auch kulturelle Aspekte der Sprache mit ein. Die Ziele der KL können inner- und außerlinguistischer Natur sein, wobei Letzteres eine interdisziplinäre Zusammenarbeit voraussetzt.

Rein (1983, 2): … eine synchrone, eher die typologischen Unterschiede herausstellende, deskriptive und vergleichende Sprachwissenschaftliche Methode.

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kontrastive Linguistik als Zweig der vergleichenden Sprachwissenschaft

vergleichende Sprachwissenschaft: sprachwissenschaftliche Disziplinen, die durch das methodologische Prinzip des Vergleichs gekennzeichnet sind

-  historisch vergleichende Sprachwissenschaft -  Sprachtypologie -  Areallinguistik

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historisch-vergleichende Sprachwissenschaft

-  auch: Komparative Linguistik/Komparatistik -  Ursprung in den Anfängen des 19. Jh. in Deutschland

Bopp (1816), Rask (1818), Grimm (1819-1837), Schleicher (1861/62)

Ziele: - die genetische Verwandtschaft von Sprachen aufdecken und eine entsprechende Klassifikation erstellen - die historische Entwicklung von Sprachen nachziehen und erklären (Sprachwandel) - einen gemeinsamen Ursprung von Sprachen rekonstruieren (Grund- oder Ursprache)

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-  Zusammenfassung von Sprachen mit genetische verwandten Erscheinungen zu Sprachgruppen romanische Sprachgruppe: Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch etc.

-  Bündelung der Sprachgruppen zu Sprachfamilien:

indoeuropäische/indogermanische Sprachfamilie: romanische, germanische, keltische, baltische, slawische, indoiranische und altanatolische Sprachgruppe sowie die Einzelsprachen Armenisch, Tocharisch, Altgriechisch und Albanisch

-  daraus ergeben sich Rückschlüssen auf eine gemeinsame Ursprache

-  ein genetischer Stammbaum zeigt die genetischen Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Sprachgruppen auf

-  diachroner Sprachvergleich (heutige und frühere Sprachstufen)

-  regelmäßig auftretende Entsprechungen und Veränderungen

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http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/index.html?http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/hist_vgl_sw.php

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Sprachtypologie

-  Beginn des 19. Jh. (etwa zeitgleich zur hist.-vergl. Sprachw.) -  Friedrich von Schlegel (1808), August Wilhelm von Schlegel (1818), Wilhelm von Humboldt (1836):

Begründer der klassischen Sprachtypologie

Ziele: - typologische Verwandtschaften von Sprachen aufdecken - Sprachen nach ihren Merkmalen charakterisieren und systematisieren - Klassifikation von Sprachtypen aufstellen - Übereinstimmungen hinsichtlich morphologischer Merkmale aufdecken

-  synchrone Methode: betrachtet Sprachen nicht in ihrer geschichtlichen Entwicklung, sondern in ihrer gegenwärtigen Form

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Sprachtypen: -  isolierender (amorpher) Typ -  agglutinierender Typ -  flektierender Typ -  inkorporierender (polysynthetischer) Typ

analytische Sprachen

synthetische Sprachen

syntaktische Verhältnisse werden durch ungebundene Partikel oder Wortstellungsregularitäten gekennzeichnet

syntaktische Beziehungen werden durch Affigierung zum Ausdruck gebracht

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indoeuropäische Sprachen: flektierender Typ gekennzeichnet durch eine Morphologie, d.h. durch Wordbildungs- und Wortabwandlungsaffigierung, wobei die Affixe, als Infixe, Präfixe und Suffixe auftreten können. Zudem sind die Wurzeln morphologisch veränderbar (innere Flexion). Im Unterschied zu den agglutinierenden Sprachen sind die Affixe jedoch polysem, d.h., sie tragen in der Regel zugleich mehrere Bedeutungen.

Vaters Hut: das Morphem /-s/ bezeichnet den Singular, den Genitiv und das maskuline Genus

Bally: Linguistique Générale et Linguistique Française (1932) Ansätze eines Vergleichs zwischen dem Französischen und dem Deutschen theoretisch: typische Züge einer Sprache

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Areallinguistik/Sprachgeographie

- 20. Jh.

Ziele: - Gemeinsamkeiten und Veränderungen, die Einzelsprachen in einem bestimmten geographischen Raum aufgrund länger andauerndem Sprachkontakt aufweisen, ermitteln - diese Sprachen zu Sprachbünden zusammenfassen - den Ursprung sowie die historische Entwicklung dieser Sprachbünde untersuchen

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-  Untersuchungsgegenstand: hauptsächlich Lexik: z.B. Wortentlehnungen -  synchron-vergleichend: gegenwärtige Form der Sprache, aber auch diachron,

um historische Entwicklungen aufzuzeigen - Bilinguismus

Lexikalische Entlehnung in verschiedenen Sprachen

L1 L2 Beispiele

frz. engl. pigeon, machine, madam

engl. dt. club, computer, stewardess

dt. russ. galstuk, krab, masštab

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die kontrastive Linguistik innerhalb der vergleichenden Sprachwissenschaft

Aus: Tekin 2012, 82.

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theoretische oder angewandte Linguistik?

- anwendungsorientiert: praktisch-didaktische Zielsetzung

- theoretisch: zugrunde liegende sprachliche Universalien herausfinden (konfrontativ)

theoretische Linguistik: synchron/diachron Untersuchung des Systems und der Funktion der Sprache

angewandte Linguistik: praktische Anwendung dieser Erkenntnisse (Problemlösung) Übersetzung/Lexikographie/ Fremdsprachenunterricht

- Verbindungsglied

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Literatur

Tekin, Özlem. 2012. Grundlagen der Kontrastiven Linguistik in Theorie und Praxis. Tübingen: Stauffenburg.

Rein, Kurt.1983. Einführung in die kontrastive Linguistik. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft.

http://www.christianlehmann.eu/ling/elements/index.html

Campo, José Luíz de Azevedo do. 1998. Kontrastive Linguistik und Übersetzungswissenschaft. Theorie und Praxis. Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Englisch, Deutsch. Institut für Romanistik.

Nickel, Gerhard (Hg.). 1972. Reader zur kontrastiven Linguistik. Frankfurt am Main: Athenäum.