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Einführung in die Betriebswirtschaftslehre Konzeptionen, Institutionen und Unternehmensführung Skript zur Vorlesung von Prof. Dr. E. Gerum Von Michael Ewers (Herausgegeben von der Fachschaft Wirtschaftswissenschaften)

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Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

Konzeptionen, Institutionen und Unternehmensführung

Skript zur Vorlesung von Prof. Dr. E. Gerum

Von

Michael Ewers

(Herausgegeben von der Fachschaft Wirtschaftswissenschaften)

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Vorwort Dieses Skript entspricht in seiner Gliederung derjenigen der Vorlesung von Prof. Dr. E. Gerum im Wintersemester 2005/2006. Der dem Skript angefügte Teil mit Diskussionsfragen und Antworten versteht sich als Hilfe, die gelernten Inhalte auf Verständnis hin zu prüfen; die Antworten der Diskussionsfragen sind dabei als Lösungsvorschläge zu sehen. Des Weiteren kann keinerlei Gewähr für Vollständigkeit und Korrektheit der Angaben auf den folgenden über 100 Seiten gegeben werden. Das für eine erfolgreiche Klausurteilnahme erforderliche Wissen wird in der von Prof. Dr. E. Gerum gehaltenen Vorlesung sowie in der dazugehörigen Fallstudienübung vermittelt; der Besuch dieser Veranstaltungen kann durch dieses Skript nicht ersetzt werden! Neben der aktiven Teilnahme an den vom Lehrstuhl angebotenen Veranstaltungen sind auch eine sorgfältige Vor- und Nachbereitung des Stoffes mittels der empfohlenen Literatur sinnvoll und hilfreich. Dieses Skript kann daher allenfalls als eine Lern-Unterstützung fungieren. Dennoch hoffe ich, Euch mit diesem Skript eine Hilfe beim Erarbeiten des Prüfungsstoffes geben zu können. Die direkt zurechenbare Arbeitszeit zu seiner Erstellung betrug etwa 80 Stunden in zahlreichen Nachtschichten; darüber hinaus entstanden Verbräuche in Höhe von ebenso vielen Bechern Tee sowie unzähligen Kerzen. Dank gebührt allen, die mich bisher im Studium menschlich wie auch fachlich unterstützt und begleitet haben! Es bleibt mir noch zu sagen: „Beschäftige dich mit dem Erreichen deiner Ziele, dann hast du keine Zeit mehr aufzugeben!“ Ich wünsche Euch viel Motivation und frohes Schaffen!

Marburg, im März 2006 Michael Ewers

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Einführung in die Betriebswirtschaftslehre Konzeptionen - Institutionen - Unternehmensführung

Gliederung der Vorlesung von Prof. Dr. E. Gerum im Wintersemester 2005/2006 und Inhaltsverzeichnis des Skriptes: 1. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft..........................................................................5

1.1 Die Entstehung der Betriebswirtschaftslehre als selbständige Wissenschaft 1.2 Betriebswirtschaftslehre als Kulturwissenschaft 1.3 Einzelwirtschaften als Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

2. Ökonomische Grundbegriffe...............................................................................................7 3. Wissenschaftsprogramme in der Betriebswirtschaftslehre...............................................8

3.1 Ältere Leitideen 3.2 Betriebswirtschaftslehre als angewandte Mikroökonomie 3.3 Organisationstheoretisch-sozialwissenschaftliche Ansätze 3.4 Betriebswirtschaftslehre als Theorie der Unternehmerfunktionen 3.5 Betriebswirtschaftslehre als Beratungs- und Managementlehre 3.6 Offene Fragen

4. Unternehmensordnung.......................................................................................................12

4.1 Wirtschaftsordnung, Unternehmensordnung und einzelwirtschaftliches Handeln 4.2 Grundfragen der Unternehmensordnung 4.3 Die ordnungsrelevanten Interessen 4.4 Die Kapitalistische Unternehmensordnung 4.5 Entwicklung in Wirtschaft und Recht als Kritik der Kapitalistischen Unternehmensordnung 4.6 Das Mitbestimmte Unternehmen 4.7 Entwicklungsperspektiven

5. Konstitutive Entscheidungen.............................................................................................23

5.1 Standortentscheidung 5.2 Rechtsformenentscheidung 5.3 Entscheidung über Unternehmenszusammenschlüsse

6. Die betriebswirtschaftlichen Funktionsbereiche im Überblick......................................35 7. Grundlagen der Unternehmensführung...........................................................................37

7.1 Alternative Konzeptionen 7.2 Der plandeterminierte Managementprozess 7.3 Managerrollen

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8. Planung und Kontrolle.......................................................................................................41

8.1 Grundlagen strategischer Unternehmensführung 8.2 Operative Planung 8.3 Operative Kontrolle

9. Organisation........................................................................................................................46

9.1 Aufgaben organisatorischer Strukturgestaltung 9.2 Organisatorische Differenzierung 9.3 Organisatorische Integration 9.4 Einflussgrößen der Organisationsgestaltung

10. Führung..............................................................................................................................53

10.1 Führung als Einflussprozess 10.2 Vorgesetztenverhalten 10.3 Individualverhalten 10.4 Gruppenverhalten

11. Personal..............................................................................................................................62

11.1 Personalfunktionen im Unternehmen 11.2 Personalauswahl 11.3 Leistungsbeurteilung 11.4 Entlohnung

Anhang 1: Diskussionsfragen und Antworten......................................................................67 Anhang 2: Literaturverzeichnis..........................................................................................105

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1. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft 1.1 Die Entstehung der BWL als selbständige Wissenschaft Als Vorläuferwissenschaften kennt man die folgenden: å die antike Ökonomik als die Wissenschaft vom ethisch-verantwortlichen Management eines OIKOS (OIKOS = Betrieb, Haushalt); diese Angabe ist der Landwirtschaft entnommen. å die Ökonomik für Kaufleute als „Handlungswissenschaft“: zeitlich einzuordnen ist sie vom ausgehenden Mittelalter bis zum 18./19. Jahrhundert; sie umfasst Warenkunde, Wirtschaftsrechnen, doppelte Buchführung, Rechtskunde etc. å die Kameralwissenschaft, welche sich als Folge der Aufklärung bis Mitte des 19. Jahr-hunderts entwickelte; sie ist von der Ethik getrennt und praktisch-gestaltend; die Kameralwissenschaft umfasst Steuerlehre, merkantilistische Wirtschaftspolitik, Verwaltungs-lehre, technische Gewerbelehre etc.; der Kameralismus, eine staatliche Verwaltungslehre, ist die deutsche Form des Merkantilismus. å die Staatsrechnungswissenschaft des 18. Jahrhunderts; sie ist ein Rechnungswesen der Staatsbetriebe. å die Wirtschaftszweiglehren, welche sich im 19. Jahrhundert entwickelten; hier unterscheidet man z.B. die landwirtschaftliche Betriebslehre (nach Thünen, Cournot), die Gewerkelehre (nach Emminghaus) und die Verkehrsbetriebslehre (Eisenbahnen). å die historisch-ethische Nationalökonomie, welche ebenfalls dem 19. Jahrhundert zuzuordnen ist; hier wird die Unternehmung als Sozialverband betrachtet (nach Schmoller). Die Verselbständigung der akademischen BWL: Ab 1898 kam es zur Gründung von Handelshochschulen in Abgrenzung zur historisch-ethischen Volkswirtschaftslehre wegen „Unternehmerfeindlichkeit“ dieser. Das gelehrte Fach nannte sich nun Handelswissenschaft oder Privatwirtschaftslehre. In der Folge entstanden Diskussionen um Grundlagenfragen („Profitlehre“) und erste wissenschaftliche Systementwürfe (von Schär, Niklisch, Rieger, Schmalenbach). 1.2 BWL als Kulturwissenschaft Die Wissenschaften lassen sich unterteilen in Naturwissenschaften und Kulturwissenschaften; zu den Kulturwissenschaften zählt man auch die Wirtschaftswissenschaften. Diese beiden Wissenschaftszweige unterscheiden sich folgendermaßen:

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Naturwissenschaften versus Kulturwissenschaften - dem Menschen vorgegeben - von Menschen geschaffen - die „Natur“ ist immer nur Objekt - Menschen und von ihnen herge-

der Forschung stellte Institutionen sind immer auch Subjekte im Forschungs- prozess

- betrachtet Naturgesetze; dies sind - betrachtet Tendenzgesetze im exakte Gesetze, welche Raum-Zeit- Sinne von Regelmäßigkeiten; unabhängig sind, also immer gelten diese sind Raum-Zeit-gebunden, d.h. sie unterliegen Änderungen 1.3 Einzelwirtschaften als Gegenstand der BWL Betriebe sind technische, wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Gebilde, d.h. sie interagieren mit ihrer Umwelt (= den sie umgebenden Systemen); Betriebe dienen der Bedarfsdeckung (mittels Produktion von Gütern und Dienstleistungen), treffen selbständig Entscheidungen und tragen eigene Risiken. Für die unten folgende Klassifikation von Betriebsarten gelten drei Unterscheidungsebenen: 1. Ebene: Für wen wird produziert? (Fremdbedarfsdeckung versus Eigenbedarfsdeckung) 2. Ebene: Wer ist Eigentümer? (private versus öffentliche Eigentümer; diese Frage ist unabhängig von der Rechtsform des Betriebes!) 3. Ebene: Was wird produziert? (Sach- versus Dienstleistungen) Klassifikation der Betriebsarten nach Kosiol: 1. Unternehmen (Fremdbedarfsdeckung) 1.1 private Unternehmen (private Eigentümer) 1.1.1 private Sachleistungsunternehmen (z.B. Industrieunternehmen) 1.1.2 private Dienstleistungsunternehmen (z.B. Handel, Transport, Gastronomie, finanzielle Dienstleistungen) 1.2 öffentliche Unternehmen (öffentliche Eigentümer) 1.2.1 öffentliche Sachleistungsunternehmen (z.B. Versorgungs- und Entsorgungs- unternehmen) 1.2.2 öffentliche Dienstleistungsunternehmen (z.B. Sparkassen, Theater, Nahverkehr) 2. Haushalte (Eigenbedarfsdeckung) 2.1 private Haushalte (individuell) 2.1.1 ursprüngliche Haushalte 2.1.2 abgeleitete Haushalte ( z.B. private Schulen, Verbraucherverbände) 2.2 öffentliche Haushalte (kollektiv) (z.B. Körperschaften, Anstalten und öffentlich- rechtliche Stiftungen)

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2. Ökonomische Grundbegriffe å Wirtschaften = das Entscheiden über knappe Güter in Betrieben; dabei sind knappe Güter = wirtschaftliche Güter ≠ nicht-wirtschaftliche Güter = freie Güter. Wirtschaftliche Güter sind relativ knapp gemessen an den existierenden Bedürfnissen. Güter unterscheidet man dabei in reproduktionsfähige (wie z.B. den Produktionsfaktor Arbeit) und nicht-reproduktionsfähige, endliche Güter (wie z.B. natürliche Ressourcen). å das Wirtschaftlichkeitsprinzip (ökonomisches Prinzip): „Handle so, dass Du mit Deinen knappen Mitteln optimal Deine Ziele erreichst!“ Dieses Handlungsprinzip ist systemindifferent (d.h. es gilt unabhängig von der herrschenden Wirtschaftsordnung). Interpretationen des ökonomischen Prinzips:

a) Maximierungsprinzip: mit gegebenen Mittel ein maximales Ergebnis erreichen b) Minimierungsprinzip: ein bestimmtes Ergebnis mit minimalem Mittelverbrauch

erzielen c) Generelles Extremumprinzip: Mitteleinsatz und Ergebnis sind so aufeinander abzu-

stimmen, dass der durch sie definierte Prozess, gemessen an problemindividuellen Kriterien, optimal wird.

å Wirtschaftlichkeit bezogen auf konkrete Ziele und Rationalitäten:

a) Wirtschaftliche Ziele: sie lassen sich wie folgt ausdrücken: a. wert- und mengenmäßig b. in relativer Wirtschaftlichkeit c. Kosten-/Leistungswirtschaftlichkeit

Aus diesen Zielen resultiert das erwerbswirtschaftliche Prinzip: „Handle so, dass Dein Gewinn maximal wird!“ Dieses Handlungsprinzip ist systembezogen (auf eine (kapitalistische) Marktwirt-schaft), also systemdifferent.

b) Soziale Ziele: z.B. Zufriedenheit der Betriebsmitglieder, Arbeitsplatzsicherheit- und qualität

c) Technische Ziele: z.B. quantitative/qualitative Anforderungen an das Produktions-potential oder den Output

d) Ökologische Ziele: z.B. Schutz der betrieblichen Umwelt å Wirtschaften bei Sicherheit und Ungewissheit (bezogen auf die Entscheidungssituation):

a) Entscheidungen bei Sicherheit: hier hat der Entscheidungsträger vollständige Information über alle gegenwärtigen und zukünftigen Entscheidungsvariablen (Güterinput- und output sowie Beziehungen zwischen diesen beiden Größen); diese idealtypische Situation entspricht dem Modell der vollkommenen Konkurrenz.

b) Entscheidungen bei Ungewissheit: - unter Risiko: (subjektive) Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Folgen der Handlungsalternativen sind bekannt - unter Unsicherheit: die Eintrittswahrscheinlichkeiten sind unbekannt

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3. Wissenschaftsprogramme in der BWL 3.1 Ältere Leitideen 1) Schmalenbach (1912)

- Schmalenbach begreift die BWL als eine „Kunstlehre“; er hat eine technologische Orientierung. Mittels der „Kunstlehre“ entwickelt Schmalenbach Verfahrensregeln für die Praxis, d.h. die BWL soll Programme für die Praxis bereitstellen; seine Lehre ist damit praktisch-normativ.

- Weiterer Gedanke Schmalenbachs ist die Idee der Wirtschaftlichkeit. Er unterscheidet die Begriffe Betrieb und Unternehmen, denn nicht nur Unternehmen sondern auch Haushalte seien Betriebe. Schmalenbach ist der Begründer des Namens „Betriebswirtschaftslehre“.

- Inhaltliche Schwerpunkte setzte Schmalenbach bei Bilanzierung, Finanzierung und Kostenrechnung.

- Schmalenbach ist ein Vertreter des Wirtschaftlichkeitsprinzips. 2) Rieger (1928)

- Rieger bezieht eine Antiposition zu Schmalenbach; mittels der Privatwirt-schaftslehre will er wirtschaftliches Handeln (durch „Wenn-Dann-Beziehungen“) erklären, nicht aber durch die BWL Handlungsempfehlungen geben. Implizit vertritt Rieger damit das Postulat der Wertfreiheit.

- Riegers Idee der Rentabilität drückt sich dadurch aus, dass er die Unternehmung als „Geldfabrik“ versteht, deren alleiniges einziges Merkmal für Handeln das Gewinnstreben sei. Damit vertritt er das erwerbs-wirtschaftliche Prinzip.

3) Niklisch (1920)

- Niklisch sah die BWL als eine ethisch-normative Wissenschaft, d.h. sie soll optimale Ziele und Mittel für wirtschaftliches Handeln empfehlen.

- Die ethische Orientierung findet Ausdruck in der Notwendigkeit einer zu entwickelnden Sozialphilosophie sowie Niklischs humanistischem Menschenbild; nach diesem sei der Mensch ein geistiges Wesen mit Bedürfnissen nach Erhaltung, Gestaltung und Freiheit.

- Das Fach BWL habe nun die Aufgabe, aus allgemeingültigen ethischen Grundwerten Normen für wirtschaftliches Handeln abzuleiten und Betriebe dann an diesem Soll-Zustand auszurichten bzw. sie in diesen überzuleiten.

- Niklisch sah Betriebe als Sozialgebilde, woraus seine Idee der Betriebs-gemeinschaft resultierte.

3.2 BWL als angewandte Mikroökonomie Der Faktortheoretische Ansatz von Gutenberg (1951):

- Gutenberg entwickelte seine Grundgedanken in der Denktradition Riegers; seine Leitidee war dabei der produktionstheoretische Standpunkt, wonach die

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BWL die Wissenschaft von den Produktivitätsbeziehungen (also den Input-Output-Relationen) sei.

- Gutenberg untersuchte vor allem die Unternehmung als Produktionsfunktion; er unterschied dabei in substitutionale und limitationale Produktions-funktionen, wobei er letztere als im Betrieb realistischer einschätzte.

- Gutenbergs System der produktiven Faktoren: a) Elementarfaktoren: - Werkstoffe

- Betriebsmittel (z.B. technische Apparatur) - Objektbezogene Arbeitsleistung (also ausführende Tätigkeiten)

b) Dispositiver Faktor: meint das Management i. originär: die Geschäftsleitung; ihre Aufgabe ist die Kombination der

Elementarfaktoren (Entscheidungsfindung/Beantwortung der Frage: Wie soll was wann wo produziert werden?). Dabei ist sie Ort der Intuition und Irrationalität.

ii. derivativ: Planung (= der Entwurf der Ordnung/des Betriebs und des betrieblichen Handelns; inklusive Kontrolle) und Organisation (= Realisation/Vollzug des Geplanten).

- Methodisch ist der faktortheoretische Ansatz von Gutenberg eine reine und wertfreie Theorie der Unternehmung. Sie besteht in einer Analyse der Möglichkeiten bzw. der Optimierung bei Datenänderungen. Dieser Ansatz findet sich damit in der Entscheidungslogik wieder (Operations Research).

- Fachliche Schwerpunkte Gutenbergs waren Produktion, Absatz und Finanzierung.

- Jedoch werden nur mathematisch festlegbare (quantitative) Beziehungen analysiert; dies zeigt sich dadurch, dass der faktortheoretische Ansatz eine quantitative Modellanalyse der Produktions-, Kosten-, Finanzierungs- und Investitionstheorie sowie der Absatztheorie und der Lagerhaltungs- und Beschaffungstheorie ist.

- Die Konsequenz daraus ist, dass nicht-quantitative Input-Output-Beziehungen unanalysiert bleiben, d.h. nicht systematisch analysierbar, erfassbar und integrierbar sind; dies trifft z.B. für nicht-monetäre Unternehmensziele, Unternehmensstrategien, menschliches Verhalten und gesellschaftspolitische Fragen zu; diese Defizite sollen mittels neuerer Mikroökonomie bzw. neoinstitutionalistischen Ansätzen (Property-Rights-Theorie, Transaktions-kostentheorie, Principal-Agent-Ansatz) behoben werden.

3.3 Organisationstheoretisch-sozialwissenschaftliche Ansätze 1) Heinen: Entscheidungsorientierte BWL (1962)

- Heinens Leitidee war, Wirtschaften sei gleich Wählen und damit das optimale Entscheiden über Ziele und Mittel im Unternehmen.

- Nach Heinen deckt die BWL nicht nur ein Ziel ab, sondern eine ganze Zielfunktion/ein Zielbündel; nach empirischer Zielforschung zählen hierzu u.a.: Streben nach Gewinn, Umsatz, Wirtschaftlichkeit; Streben nach Sicherheit zur Erhaltung des Unternehmenspotentials und der Liquidität; sonstige weitere Ziele wie z.B. Prestige und Macht.

- Der Zielbildungsprozess kann mit Hilfe der Organisationstheorie/ Koalitionstheorie (nach Cyert/March) nachvollzogen werden.

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- Heinen wollte die BWL als praktisch-normativ aber auch zugleich wertfreie (weil empirische) Wissenschaft sehen.

- Heinens entscheidungsorientierter Ansatz der BWL stellt eine Öffnung zu den Sozialwissenschaften dar (Erklärungs- und Entscheidungsmodelle).

2) Ulrich: Systemtheoretisch-kybernetische BWL (1968)

- Ulrichs Leitidee war es, die Unternehmung als produktives, soziales und offenes (Regel-)System zu sehen, welches in Beziehungen zur Umwelt stehe.

- Die Sozialkybernetik definiert Wirtschaftsorganisationen als Gebilde, welche der Lenkung und der Steuerung bedürfen.

- Dieser Ansatz ist technokratisch orientiert in Bezug auf die Gestaltung und Praxisverbesserung.

- Inhaltlicher Schwerpunkt der systemtheoretisch-kybernetischen BWL Ulrichs ist die Führungslehre bzw. die allgemeine Managementlehre; dies bedeutet eine weitere Öffnung gegenüber den Sozialwissenschaften.

3.4 BWL als Theorie der Unternehmerfunktionen Der Unsicherheitstheoretische Ansatz von Dieter Schneider (1983):

- Nach Schneider ist die BWL eine ökonomische Theorie, welche dem Postulat der Wertfreiheit verpflichtet ist.

- Seine Leitidee war, die BWL als Lehre von den Institutionen zur Verringerung von Einkommensunsicherheiten zu sehen; derartige Unsicherheiten würden für die Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag genommen, blieben aber für die Unternehmer bestehen.

- Im Mittelpunkt des Unsicherheitstheoretischen Ansatzes stehen die Unternehmerfunktionen: „Jedermann ist im Hinblick auf die Unsicherheit im Einkommenserwerb Unternehmer seines Wissens, seiner Arbeitskraft und seines sonstigen Vermögens.“ „Manager sind Personen, auf die Unternehmerfunktionen übertragen werden.“

- D. Schneider unterscheidet drei Unternehmerfunktionen:

i. Institutionen-begründende Unternehmerfunktion: Zur Verringerung von Einkommensunsicherheiten dritter Personen.

ii. Institutionen-erhaltende Unternehmerfunktion nach außen, also gegenüber anderen Organisationen und Einzelpersonen, durch Erzielung von Arbitrage- bzw. von Spekulationsgewinnen. Dies bedeutet eine Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage auf unsicherheitsbeladenen Absatz- und Beschaffungsmärkten; die entscheidende Dynamik hierbei resultiert aus den kurzfristigen Preisunterschieden auf den Märkten sowie der möglichst schnellen Reaktion der Unternehmer auf diese Differenzen; in der Folge kommt es zu einer Vermittlung zwischen dem günstigsten Angebot und dem höchsten Gebot.

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(Die mikroökonomische Idealvorstellung der vollständigen Konkurrenz wird hierbei (zumindest kurzzeitig) aufgegeben.)

iii. Institutionen-erhaltende Unternehmerfunktionen nach innen (also u.a. gegenüber Mitarbeitern): Besteht im Durchsetzen von Änderungen als wirtschaftliche Führerschaft in Organisationen.

3.5 BWL als Beratungs- und Managementlehre

- Beruht auf der Entwicklung großer Consulting-Firmen seit etwa 1950; Leitidee: „Gelobt sei, was klappt!“

- BWL wird hier nun als praktisch-normative, angewandte Managementlehre gesehen.

- Betrachtungsobjekt ist der pathologische Fall, d.h. Bereiche, Funktionen, Konstellationen und Entwicklungen in einer „kranken“ (zu sanierenden) Unternehmung.

- Im Rahmen der BWL als Beratungs- und Managementlehre wurden drei aufeinanderfolgende Beratungsinstrumente („tools“) entwickelt: i. Diagnose: frühzeitige Identifikation von Schwach- und Problemstellen ii. Therapie: Entwicklung von generellen Mustern zur Problemlösung iii. Umsetzung: Transformations-Know-How

- die Entwicklung von Beratungsinstrumenten erfolgt anhand folgender Methodik: zunächst erfolgen Quervergleiche mit anderen Produkten, Organisationen, Prozessen und Branchen („benchmarking“); darauffolgend die Formulierung eines „plausiblen Gesetzes“ (etwas, was bereits irgendwo erfolgreich funktioniert) zur Prognose einer Entwicklung sowie die Präsentation mittels adäquater Sprache und Form an die Zielgruppe des höheren Managements.

3.6 Offene Fragen

- Das Programm einer „arbeitsorientierten Einzelwirtschaftslehre“ (1974): hierbei steht die „arbeitsorientierte Rationalität“ (Qualität des Lebens) im Kontrast zur BWL als „kapitalorientierte Rationalität“.

- Die Frage nach einer ökologisch verpflichteten BWL (inhaltlich z.B. die Frage nach der Verbindung von Ökologie und Unternehmensordnung).

- Die Frage nach einer ethisch verpflichteten BWL (resultierend aus der Idee der gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmensführung bzw. der Unternehmensethik) in Bezug auf z.B. multinationale Unternehmen, Globalisierung und externe Effekte.

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4. Unternehmensordnung 4.1 Wirtschaftsordnung, Unternehmensordnung und einzelwirtschaftliches Handeln a) Grundmodelle von Wirtschaftsordnungen: Unter Wirtschaftsordnungen versteht man die „Gesamtheit aller realisierten Formen, in denen der Wirtschaftsprozess abläuft“ (Eucken). Wirtschaftsordnungen werden dabei anhand folgender Kriterien klassifiziert: 1) die Eigentumsordnung - marxistische Theorie: Eigentumsformen zur Erklärung und Prognose von Wirtschafts- und Gesellschaftsformen. - Property-Rights-Theorie: property-rights sind die Verfügungsrechte; man unterscheidet

bei der Analyse eines Bündels von Verfügungsrechten in Planungs- und Koordinationsrechte („usus“), Aneignungs-rechte (bezüglich Gewinn und Verlust) („usus fructus“), Veräußerungs- und Vererbungsrechte (sowie dem Recht, das Gut zu verändern („abusus“)).

2) die Planungsordnung (Eucken, Hensel, von Hayek) - zentrale Planung mit plansaldengesteuertem Handlungszusammenhang; Koordination erfolgt hier durch Hierarchie. - dezentrale Planung mit preisgesteuertem (= knappheitsgelenktem) Handlungszusammen- hang; Koordination erfolgt hier durch den Markt (Mechanismus der unsichtbaren Hand) bzw. spontane Ordnung = Kosmos (von Hayek). Grundtypen von Wirtschaftsordnungen sind: 1) privatwirtschaftliche/kapitalistische Marktwirtschaft mit dezentraler Planung und Privateigentum (aber: „öffentliche Hand“) 2) sozialistische Marktwirtschaft mit dezentraler Planung und Kollektiveigentum 3) sozialistische Planwirtschaft mit zentraler Planung und Staatseigentum (= Zentralverwal- tungswirtschaft) 4) zentral gelenkte Privatwirtschaft mit zentraler Planung und Privateigentum ( z.B. Kriegs- wirtschaften in marktwirtschaftlichen Systemen)

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b) Typen von Unternehmensordnungen: Die folgende Einteilung orientiert sich an der Verteilung der Property-Rights. Unternehmens-ordnungstypen

Planungs- und Koordinationsrechte

Aneignungsrechte von Gewinn und Verlust

Veräußerungs- und Vererbungsrechte

Kapitalistische Kapitaleigner Kapitaleigner Kapitaleigner Managerunternehmung/ Publikumsgesellschaft

Kapitaleigner Manager

Kapitaleigner Kapitaleigner

Stiftung Stifter Manager

Destinatäre Destinatäre

Mitbestimmte Kapitaleigner Manager Arbeitnehmer

Kapitaleigner Kapitaleigner

Genossenschaften Mitglieder (Manager)

Mitglieder Mitglieder

Öffentliche Öffentliche Hand Manager Arbeitnehmer

Öffentliche Hand Öffentliche Hand

Selbstverwaltete Arbeitnehmer Manager

Arbeitnehmer Entfällt (wegen Kol-lektiveigentum)*

Zentralverwaltete Staatliche Organe Manager

Staat Entfällt (wegen Kol-lektiveigentum)*

* die Anteile verbleiben jeweils immer im Kollektiv. c) das Verhältnis von Wirtschaftsordnung, Unternehmensordnung und einzelwirtschaftlichem Handeln:

↓ ↓

Unternehmensverfassung Verfassungskonstituierende Interessen

↓ ↓

Strategische und operative Unternehmensaktivitäten

Unternehmensethik

↓ bedeutet systemprägend Die strategischen und operativen Unternehmensaktivitäten wirken sich ebenso systemmodifizierend auf die Unternehmensverfassung und diese wiederum auf die Wirtschaftsordnung aus, wie dies die Unternehmensethik auf die verfassungskonstituierenden Interessen bzw. diese auf die Wirtschaftsethik tun.

Wirtschaftsordnung Wirtschaftsethik

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4.2 Grundfragen der Unternehmensordnung 1. Grundfrage: das Legitimationsproblem Welche Interessen (also wer?) bestimmen bzw. sollen die Zielsetzung und die Politik des Unternehmens bestimmen? 2. Grundfrage: das Organisationsproblem Wie ist die formale Entscheidungsstruktur des Unternehmens (rechtlich) interessenkonform gestaltet bzw. zu gestalten? Diese Frage bezieht sich auf: i. Entscheidungsgremien: Art, Zusammensetzung, Zusammenhang, Wahl, Kompetenzen ii. Entscheidungsprozess: Vorsitzende, Ausschüsse, Teilnahme- und Beschluss- modalitäten (z.B. Vetorechte) iii. Informationssystem: Planungs- und Kontrollinformationen für Entscheidungsträger und Interessengruppen 4.3 Die ordnungsrelevanten Interessen Bei entwicklungsgeschichtlicher, genetischer Betrachtung lassen sich vier verschiedene ordnungsrelevante Interessen unterscheiden und begründen. i. das Interesse der Konsumenten (Endverbraucher): es ist systemindifferent und

originär. ii. das Interesse der Arbeitnehmer (Produzenten): es ist systemindifferent und originär. iii. das Interesse der Kapitaleigner: es ist systembezogen (auf privatwirtschaftliche Marktwirtschaften) und derivativ. iv. das öffentliche Interesse: es ist systemindifferent und originär; ein öffentliches

Interesse besteht an institutionellen Vorkehrungen zur Interessenabstimmung (z.B. dem Wettbewerbsrecht (GWB, UWG) und dem Tarifvertragssystem) sowie materiellen Voraussetzungen des gemeinsamen Lebens und Wirtschaftens (d.h. insbesondere an einem funktionsfähigen Ökosystem).

Systemindifferent bedeutet, dass etwas an keine bestimmte Wirtschaftsordnung gebunden ist. 4.4 Die Kapitalistische Unternehmensordnung Die Verfassungsregeln des Gesellschaftsrechtes unterteilen Unternehmen in Personen-gesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits. Zu den Personengesellschaften zählen u.a. oHG und KG, maßgeblich ist hier das Handels-gesetzbuch (HGB); bei einer solchen Personengesellschaft haften die Kapitaleigner/ Gesellschafter voll (also auch mit privatem Vermögen) für etwaige Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Kapitalgesellschaften wie AG und GmbH sind mittels Aktiengesetz (AktG) kodifiziert; sie gelten als juristische Personen, Anteilseigner haften hier nur mit ihrer Einlage für etwaige Unternehmensschulden.

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å Wie werden nun die beiden Grundfragen der Unternehmensordnung hier gelöst? Die Legitimationsfrage wird durch die Kapitaleigner gelöst. Bei Personengesellschaften sind dies die oHG-Gesellschafter bzw. Komplementäre und Kommanditisten einer KG; in Kapitalgesellschaften sind es die Aktionäre der AG bzw. die GmbH-Gesellschafter. Die Gesellschaft wird damit als Eigentümerverband der Kapitaleigner/Anteilseigner interpretiert. Die Organisationsfrage wird durch den Aufbau der Führungsorganisation beantwortet. Bei Personengesellschaften geschieht dies mittels der Selbstorganschaft, also der Einheit von Interessenvertretung und Interessendurchsetzung; d.h. der Eigentümer übernimmt hier auch die Geschäftsführung. An sich gibt es damit in diesem Falle gar kein Koordinationsproblem und damit auch kein Organisationsproblem, da eine Identität von Vertretung und Geschäftsführung besteht. Idealtypisch ist dies für den Fall des oHG-Gesellschafters gelöst. Bei Kapitalgesellschaften liegt Fremdorganschaft vor, also eine arbeitsteilige Organisation von Interessenvertretung und Interessendurchsetzung; d.h. die Eigentümer sind nicht gleich die Geschäftsführung. Im Falle einer GmbH ist dies durch mindestens zwei Organe realisiert, der Gesellschafterversammlung und der Geschäftsführung; erstere ist hier omnipotent, d.h. sie kann Weisungen an die Geschäftsführung erteilen; ein Aufsichtsrat als drittes Organ ist in einer GmbH nur unter Umständen (bei Mitbestimmung) einzurichten. In einer AG teilen sich Interessenvertretung, -kontrolle und -durchsetzung auf die drei Organe Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand auf. Während die angestellten Manager im Vorstand die Geschäftspolitik machen, soll der Aufsichtsrat die Interessen der Kapitaleigner/Aktionäre gegenüber dem Vorstand vertreten. å Die Führungsorganisation der Aktiengesellschaft (nach deutschem Recht): Der nachfolgend dargestellte Aufbau einer AG entspricht durch die Aufgliederung in drei getrennte Organe dem Trennungsmodell mit organisationsinternem Widerspruch = Kontrolle durch „voice“ (≠ angelsächsisches Vereinigungsmodell; dieses kennt keinen gesonderten Aufsichtsrat, Kontrolle findet hier mittels „exit“ kapitalmarktbasiert statt). Die Darstellung orientiert sich an den drei Kriterien des Organisationsproblems Entscheidungsgremien (1), Entscheidungsprozess (2) und Informationssystem (3). die Hauptversammlung (HV):

(1) Sie ist das Legitimationsorgan (§§118, 119 AktG) und wählt den Aufsichtsrat; damit ist sie das wichtigste Organ der AG.

(2) Mehrheit der Stimmen å 1Aktie = 1 Stimme; es gibt aber auch das Depotstimmrecht, wahrgenommen zumeist mittels der Banken, da bei Publikumsaktiengesellschaften ja nicht alle Aktionäre zu einer Hauptversammlung kommen.

(3) Jahresabschluss der AG, Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversammlung, Publizitätsvorschriften.

der Aufsichtsrat (AR): (1) Er ist das Kontrollorgan (§§ 84, 111, 171, 172 AktG); der AR wählt

den Vorstand, hat ihm gegenüber Personalhoheit, kontrolliert ihn. Mittels der in §111 AktG kodifizierten zustimmungspflichtigen Geschäfte hat der AR eine negative Entscheidungskompetenz (d.h. er kann Geschäften die Zustimmung verweigern, nicht aber selber Geschäfte initiieren).

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(2) Der AR besteht aus gleichberechtigten Mitgliedern und kann Ausschüsse bilden.

(3) Um seine Prüfungs- und Kontrollfunktion wahrnehmen zu können erhält der AR vom Vorstand ex-ante-Informationen über die beab- sichtigte Geschäftspolitik (§90 AktG) und ex-post-Informationen durch den Jahresabschluß (§170 AktG).

der Vorstand: (1) Er ist das Geschäftsführungsorgan (§76 AktG), ihm obliegen Planung und Realisation der Geschäftspolitik. (2) Gesamtgeschäftsführung (§77 I AktG) mittels Mehrheitsbe-

schlüssen (es gilt das Kollegialitätsprinzip, d.h. die Gleichberech-tigung der Mitglieder).

(3) Ordnungsgemäße Geschäftsführung (§93 I AktG). å Der Entscheidungsprozess im Vertragskonzern: Die Formulierung der Konzernpolitik erfolgt in Vorstand und AR der Muttergesellschaft (beachte §111 AktG, negative Entscheidungskompetenz des AR bei zustimmungspflichtigen Geschäften!). Diese Entscheidungen gehen dann per Weisung an den Vorstand der Tochtergesellschaft (§308 Abs.1 AktG); ist die angewiesene Geschäftspolitik hier ein an die Zustimmung des AR gebundenes Geschäft, so muss dieser gefragt werden (handelt es sich nicht um ein zustimmungspflichtiges Geschäft oder gibt es in der Tochtergesellschaft keinen AR, so muss die Weisung direkt vom Vorstand ausgeführt werden). Hat der AR der Tochter nun keinen Zustimmungsvorbehalt, so ist die Weisung der Muttergesellschaft auszuführen; stimmt der Tochter-AR jedoch nicht zu, so kommt es über den Tochter-Vorstand zu einem Rückverweis der Weisung (§308 Abs.3 Satz 1 AktG) an den Vorstand der Muttergesellschaft. Stimmt nun auch der AR der Muttergesellschaft der ursprünglich angewiesenen Konzernpolitik nicht mehr zu, so ist diese neu zu formulieren und der Prozess beginnt von vorne. Stimmt der Mutter-AR aber erneut zu, so kommt es durch den Vorstand der Muttergesellschaft zu einer Wiederholung der Weisung (§308 Abs.3 Satz 2 AktG); der Vorstand der Tochtergesellschaft muss nun diese wiederholte Weisung umgehend ausführen. Somit haben Vorbehalte der Tochtergesellschaft also letztendlich lediglich aufschiebende Wirkung für Weisungen der Muttergesellschaft. å Das Vertragsmodell der Unternehmung: Das Vertragsmodell der Unternehmung stellt den Bezug der ordnungsrelevanten Interessen untereinander her; die Interessen der Konsumenten, Arbeitnehmer sowie das öffentliche Interesse werden dabei mittels Verträgen an den Kapitaleignerverband (welcher ja auch mittels eines (Gesellschafts-)Vertrages zustande kommt) angebunden. So werden also alle Interessen über Verträge zum Ausdruck gebracht bzw. durchgesetzt. Die Beziehung der Produzenten/Arbeitnehmer zur mittels Gesellschaftsvertrag der Kapitaleigner konstituierten Unternehmung kommt mittels Arbeitsverträgen zustande, diejenige der Konsumenten durch Kaufverträge. Zugleich unterliegt die Unternehmung wegen ökonomischer Drittwirkungen ihres Handelns der Handelsregisterpublizität zur Befriedigung des öffentlichen Interesses. Wettbewerbsrecht (zur Regelung der Beziehungen zwischen Konsumenten und öffentlichem Interesse) und Tarifvertragssystem (zur Regelung der Beziehungen zwischen Produzenten und öffentlichem Interesse) komplettieren dann das Vertragsmodell der Unternehmung.

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å Begründung der kapitalistischen Unternehmensordnung: Das Gesellschaftsmodell des Liberalismus, auf welchem das Modell der kapitalistischen Unternehmensordnung basiert, geht von freien und gleichen Wirtschaftsbürgern aus, welche durch Machtlosigkeit gegenüber den Marktgesetzen gekennzeichnet sind. Das Eigentum der Bürger an den Produktionsmitteln löst nun deren erwerbswirtschaftliche Motivation, also ein Gewinnstreben, aus (resultierend aus dem Menschenbild des homo oeconomicus). Um diese Motivation wirksam werden zu lassen braucht es die aus dem Eigentum resultierende Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn (vgl. auch: property-rights/Verfügungsrechte). Diese Einheit wird dadurch begründet, dass Eigentum unter Risiko privat in den Wirtschaftsprozess eingebracht wird und daher dem Eigentümer/Unternehmer ein Recht auf Kontrolle und Gewinn (und auch Verlust) zustehe. Seine Interessen kann der Wirtschaftsbürger/ Unternehmer nun mittels Vertragsfreiheit durch Verträge durchsetzen, so dass es zu einem Interessenausgleich der ordnungsrelevanten Interessen am Markt kommt. Fazit: Die Herrschaft der Kapitaleigner im Unternehmen ist nicht willkürlich, sondern funktional für die Wohlfahrt aller am Wirtschaftsprozess Beteiligten; aus diesem Grund ist ihre Herrschaft in der kapitalistischen Unternehmensordnung legitimiert sowie damit auch die 1. Grundfrage, das Legitimationsproblem, beantwortet. 4.5 Entwicklung in Wirtschaft und Recht als Kritik der Kapitalistischen Unternehmensordnung Die kapitalistische Unternehmensordnung entspricht in der ökonomischen Realität der Gegenwart nicht mehr dem klassischen idealtypischen Entwurf. Vielfältige Entwicklungen versuchen nun, das Ungleichgewicht zwischen den einzelnen Interessen am Markt zu verringern oder zu beseitigen; dies soll geschehen durch externe Regelungen zur Einschränkung des unternehmerischen Handlungsspielraumes, z.B. mittels Verbraucher-schutzpolitik, Arbeitsrecht und Mitbestimmung, Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt, Publizitätsvorschriften und Umweltschutzpolitik. 1) Verbraucherschutzpolitik: Aufgrund verschiedener Tatbestände, welche im klassischen Entwurf der Unternehmensordnung nicht berücksichtigt werden, kommt es zu einer Ungleichheit der Vertragsparteien Konsumenten und Anbieter; als Gründe für diese Ungleichheit zu Ungunsten der Verbraucherseite lassen sich nennen: Unternehmenskonzentration (Marktmacht auf Anbieterseite), Vielfalt und Komplexität der Güter, intensive Werbung, asymmetrische Verträge („Kleingedrucktes“), mangelnde Organisierbarkeit der Verbraucher etc. Gegenmaßnahmen können hier an vier Punkten des Marktzusammenhanges ansetzen: - Anbieterseite: mittels des GWB (Verhinderung von Marktmacht und deren Ausnutzung) - Nachfrageseite: Verbrauchervereine - Produkt: Produzentenhaftung und verschuldensunabhängige Produkthaftung - Austauschprozess: AGB (= Allgemeine Geschäftsbedingungen) und UWG (= Gesetz gegen

unlauteren Wettbewerb); während erstere den Konsumenten bei der Vertragsgestaltung schützen, greift letzteres bereits vor Vertrags-abschluß im Prozess der Willensbildung

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2) Entwicklung des Arbeitsrechts: Das Arbeitsrecht entwickelte sich aus der Überzeugung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer materiell ungleich starke Vertragspartner seien. Die schwächere Vertragsseite, die Arbeitnehmerseite, müsse geschützt werden, da durch den Arbeitsvertrag ein „Dauerschuld-verhältnis“ begründet werde. Im Arbeitsrecht unterscheidet man das kollektive und das individuelle Arbeitsrecht. Zum kollektiven Arbeitsrecht zählen Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht sowie die Mitbestimmung im Unternehmen und Betrieb; das individuelle Arbeitsrecht umfasst z.B. Kündigungsschutz-, Bundesurlaubs-, Mutterschutz-, Jugendarbeitsschutz-, Berufsbildungs- und Schwerbeschädigtengesetz. 3) Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt In heutigen Großunternehmen sind die Kapitaleigner häufig nicht mehr auch gleichzeitig die Entscheidungsträger; damit stimmt eine wichtige Modellannahme der kapitalistischen Unternehmensordnung nicht mehr mit der Realität überein. In der Gegenwart üben angestellte Manager, welche keine Eigentümer sind, die Entscheidungs- und Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel, deren Einsatz und Verwendung, aus. Damit entfällt die funktionale Begründung für die kapitalistische Unternehmensordnung, nach welcher es eine Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn geben müsse. Die angestellten Manager treffen relativ autonom die Entscheidungen der Geschäftspolitik der Unternehmung, deren Konsequenzen/Risiken sie aber nicht tragen müssen. Man spricht hier auch von der Managerherrschaft (Fremdherrschaft). Als Gründe für die Managerherrschaft lassen sich nennen: die Professionalisierung des Managements sowie die Inkompetenz und die Inaktivität der vielen (Klein-)Aktionäre bei großen Publikumsgesellschaften; durch die Manager wird somit dann die Steuerbarkeit der Unternehmung erhalten. 4) Öffentliches Interesse: Die Publizität von Handlungen insbesondere großer Unternehmen hat daher Bedeutung erlangt, da sie ökonomische Drittwirkungen durch wirtschaftliche Verflechtungen und Komplexität von Zusammenhängen entfalten und damit andere Marktakteure von Unternehmensentwicklungen betroffen sind. Im Wirtschaftsliberalismus stand dem noch die „Privatheit“ der Informationen entgegen. Das Publizitätsgesetz von 1969 schreibt für Unternehmen ab einer bestimmten Größe die Pflicht zu Rechnungslegung und Bekanntmachung des Jahresabschlusses vor; hierfür müssen mindestens zwei der folgenden drei Größenkriterien, welche in §1 PublG genannt sind, erfüllt sein:

- Bilanzsumme: > 65 Millionen Euro - Umsatz: > 130 Millionen Euro - Beschäftigtenzahl: > 5000 Arbeitnehmer

Das Bilanzrichtliniengesetz von 1986 schreibt für alle Rechtsformen die Pflicht zur Erstellung von Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung (GuV), Anhang) und Lagebericht vor.

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Über gesetzliche Verpflichtungen hinausgehend veröffentlichen manche Unternehmen Informationen, welche im Interesse von Arbeitnehmern, Konsumenten, Lieferanten und Öffentlichkeit liegen können. Beispielhaft hierfür genannt seien Einkommensquoten, Angaben zu Ausgaben für Fort- und Weiterbildung, Einstellungen und Pensionierungen. Ebenfalls im öffentlichen Interesse liegt die Umweltschutzpolitik; sie dient der Internalisierung negativer externer Effekte von Produktion und Konsumtion, welche durch Markt- und Staatsversagen entstehen. Instrumente der Umweltpolitik sind ordnungsrechtliche Ge- und Verbote (z.B. Immissionsschutzgesetz, Abfallbeseitigungsgesetz, Pflanzenschutz-gesetz), Umweltplanung, freiwillige Absprachen zwischen Staat und Unternehmen (Selbstverpflichtungserklärungen) sowie wirtschaftliche Anreize in Form von Steuern und Abgaben, Zertifikaten, Emissionsgutschriften. 4.6 Das Mitbestimmte Unternehmen Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer stellt nun im Unterschied zu den im vorangegangenen Abschnitt behandelten externen Regelungen eine Internalisierung eines ordnungsrelevanten Interesses in die kapitalistische Unternehmensordnung dar. Die Arbeitnehmer werden nun institutionell im Unternehmen durch eine unmittelbare Reform der Unternehmensordnung beteiligt. Als Begründungsansätze der Mitbestimmung werden nach der Mitbestimmungs-/ „Biedenkopf“-Kommission folgende klassische Punkte angeführt:

- die Würde des Menschen und das Recht auf Entfaltungsfreiheit (Selbstbestimmung); die Stellung des Menschen ändert sich von fremdbestimmter Objektstellung zu einer Subjektsstellung.

- die Gleichberechtigung von Kapital und Arbeit; beide Produktionsfaktoren sind erfolgsnotwendig und tragen gleichwertige Risiken; dies gilt hier als einziges rein ökonomisches Argument.

- das Demokratieprinzip: das oberste Entscheidungsgremium einer Institution soll durch gleiche Wahlen ihrer Mitglieder legitimiert sein.

- die Kontrolle wirtschaftlicher Macht: denn wirtschaftliche Macht bedeutet immer auch politische Macht und bedarf somit einer Kontrolle.

Die Mitbestimmungsgesetzgebung setzt auf verschiedenen Ebenen der Unternehmens-hierarchie an; dabei unterscheidet man zunächst einmal das operative und administrative sowie politische System einer Unternehmung. Während im politischen System (bei einer AG bestehend aus Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand) Entscheidungen über Unternehmensziele und strategische Geschäftsplanung erfolgen, umfasst das administrative System (also die einzelnen Betriebe) die mittel- und kurzfristige Planung und das operative System den Handlungsvollzug. Auf der Ebene des politischen Systems hat der Gesetzgeber nun für die Arbeitnehmer Mitbestimmung institutionalisiert mittels Mitbestimmungsgesetz (1976), Montan-Mitbestimmungsgesetz (1951) und Drittelbeteiligungsgesetz (2004) (= Betriebsverfassungs-gesetz 1952). Auf den Ebenen des administrativen und operativen Systems der Unternehmung, also in den Betrieben, greifen das Betriebsverfassungsgesetz (1972/2001) (= Betriebsratsmitbestimmung) und das Sprecherausschussgesetz (1988).

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Mittels der Unternehmensmitbestimmung auf politischer Ebene haben die Mitarbeiter über den Aufsichtsrat weiterreichende Einflussmöglichkeiten als mit der betrieblichen Mitbestim-mung. Entscheidungen im politischen System führen u.U. zu einer Einschränkung des Entscheidungsspielraumes im administrativen und operativen System und damit der betrieblichen Mitbestimmung. å Organisationsformen der Mitbestimmung: a) das Mitbestimmungsgesetz (1976) Das Mitbestimmungsgesetz gilt für Unternehmen der Rechtsformen AG, KGaA, GmbH, GmbH&Co KG, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften; es gilt zudem größenabhängig nur für Betriebe > 2000 Arbeitnehmer (2004: 785 Unternehmen). Durch das Mitbestimmungsgesetz wird das Entscheidungsgremium Aufsichtsrat berührt. Er hat mindestens 12 Mitglieder, davon jeweils sechs von Kapitaleignerseite und der Arbeitnehmerseite gestellt; damit ist der AR paritätisch besetzt. Während die Kapitaleignervertreter von der HV gewählt werden, sind die Arbeitnehmervertreter durch Wahl durch die Mitarbeiter legitimiert (bei Unternehmen bis 8000 Arbeitnehmer durch Urwahl, bei Unternehmen > 8000 Arbeitnehmer mittels Wahlmännern). Die sechs Arbeitnehmervertreter im AR sind dabei i.d.R. drei Arbeiter/Angestellte, ein leitender Angestellter (wegen Minderheitenschutz) und zwei Gewerkschaftsvertreter. Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern, davon ist einer der Arbeitsdirektor/Personalvorstand. Der Entscheidungsprozess im AR sieht für den Fall einer Pattsituation bei Abstimmungen ein Zweitstimmrecht des AR-Vorsitzenden vor; da dieser Vorsitzende i.d.R. ein Kapitaleig- nervertreter ist, können die Kapitaleigner bei den meisten Entscheidungen ihre Interessen im AR durchsetzen. b) das Montan-Mitbestimmungsgesetz (1951) Das Montan-Mitbestimmungsgesetz gilt für Unternehmen der Rechtsformen AG und GmbH mit > 1000 Arbeitnehmern in Bergbau und Stahl- und Eisenerzeugender Industrie (1999: ca. 50 Unternehmen). Erzielte ein Unternehmen in den letzten fünf Jahren nicht mehr als 50% des Umsatzes in den oben genannten Branchen, so fällt es nicht unter das Montan-Mitbestimmungsgesetz. Durch das Montan-Mitbestimmungsgesetz wird das Entscheidungsgremium Aufsichtsrat berührt. Er hat mindestens 11 Mitglieder, davon jeweils fünf von Kapitaleignerseite und der Arbeitnehmerseite gestellt. Auf der Kapitaleignerseite werden die Vertreter durch die Hauptversammlung gewählt, ebenso auch die Vertreter der Arbeitnehmerseite; jedoch gibt es für sie einen bindenden Wahlvorschlag durch die Betriebsräte des Unternehmens. Die Arbeitnehmervertreter sind hier zwei Arbeitnehmer, zwei Gewerkschaftsvertreter sowie ein „Weiterer“ (Unternehmensexterner). Zu den Kapitaleigner- und Arbeitnehmervertretern kommt ein Neutraler (ebenfalls durch die HV gewählt); er wird auf gemeinsamen Vorschlag der gewählten AR-Mitglieder berufen; kommt es zu keiner Einigung über die Person des Neutralen, so entscheidet letztendlich die HV, also doch die Kapitaleignerseite. Der Entscheidungsprozess im AR sieht für den Fall einer Pattsituation bei Abstimmungen deren Auflösung durch den Neutralen vor. Der Vorstand besteht aus mindestens zwei Mitgliedern, davon ist einer der Arbeitsdirektor, welcher nicht gegen die Mehrheit der Stimmen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gewählt werden kann.

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c) das Drittelbeteiligungsgesetz (2004) Das Drittelbeteiligungsgesetz gilt für Unternehmen der Rechtsformen AG, KGaA, GmbH, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft oder Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit mit > 500 Arbeitnehmern (Schätzung: ca. 2500 Unternehmen). Das Entscheidungsgremium Aufsichtsrat besteht hier aus mindestens drei und höchstens 21 Mitgliedern; dabei ist die Anzahl immer durch drei teilbar, da ein Drittel der AR-Sitze von Arbeitnehmervertretern eingenommen wird (Drittelparität); die anderen beiden Drittel werden von der Kapitaleignerseite besetzt. Die Wahl der Kapitaleignervertreter erfolgt durch die Hauptversammlung, die der Arbeitnehmervertreter durch Urwahl. Der Vorstand besteht aus mindestens einer Person, ein Arbeitsdirektor muss nicht vorhanden sein. d) das Betriebsverfassungsgesetz (1972/2001) Das Betriebsverfassungsgesetz ist rechtsformunabhängig; es findet Anwendung in Betrieben mit mindestens fünf ständig beschäftigten Arbeitnehmern. Der Betriebsrat ist hier jedoch fakultativ, d.h. er wird erst auf Verlangen der Arbeitnehmer eingerichtet. Ein Betrieb im Sinne des Arbeitsrechtes ist hierbei eine „organisatorische Zusammenfassung von persönlichen, sachlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes, der über die Eigenbedarfsdeckung hinausgeht.“ Keine Arbeitnehmer im Sinne des §5 Betriebsverfassungsgesetzes sind Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer sowie leitende Angestellte (wegen ihrer Arbeitgeberrolle!). Entscheidungsgremium ist hier der Betriebsrat, welcher alle vier Jahre durch die Gesamtbelegschaft gewählt wird; seine Größe ist beschäftigtenzahlabhängig. Der Betriebsrat hat folgende Kompetenzen (Mitwirkung/Mitbestimmung): å in sachlichen Bereichen: - soziale Angelegenheiten (§§ 87-89, 90, 91 BetrVG)

- personelle Angelegenheiten (§§ 92-105 BetrVG) - wirtschaftliche Angelegenheiten (§§ 106-113 BetrVG)

å die Intensität der Einflussmöglichkeiten: - Mitwirkung: Information, Anhörung, Beratung, Verhandlung, Widerspruch - Mitbestimmung: Aufhebungsanspruch, Zustimmung/Veto-Recht, Initiativrecht

Zur Koordination im Unternehmen bzw. Konzern sind ein obligatorischer Gesamtbetriebsrat bzw. ein fakultativer Konzernbetriebsrat vorgesehen; der Konzernbetriebsrat ist dabei das schwächste Betriebsratsorgan. Damit auch in Unternehmen, deren Betriebe je weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte gebildet werden können, wird die starre Bindung 1 Betrieb → 1 Betriebsrat aufgelöst; dadurch wird eine flexible Anpassung der Betriebsratsorganisation an Entscheidungsstrukturen in Unternehmen, Konzern und Netzwerken möglich (vgl. §3 BetrVG: Betriebsratsorganisation durch Tarifvertrag). Gestaltungsoptionen sind hier nun die Bildung von z.B. Spartenbetriebsräten und Regionalbetriebsräten. Weiteres Entscheidungsgremium ist der Wirtschaftsausschuss (bei > 100 Arbeitnehmern); seine Mitglieder werden durch den Betriebsrat bestellt; seine Aufgabe ist es, den Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu unterrichten und sich mit dem Unternehmer zu beraten. Hierzu muss der Unternehmer dem Wirtschaftsausschuss Informationen geben über die finanzielle Situation des Betriebes, geplante Rationalisierungs- und Umstrukturierungs-maßnahmen etc. Die Betriebsversammlung (Abteilungsversammlung) hat Anspruch auf Information und Beratung mit dem Betriebsrat, jedoch keine Entscheidungsfindung.

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Die Einigungsstelle (§76 BetrVG) ist paritätisch besetzt mit Vertretern von Betriebsrat und Betriebsleitung sowie einem neutralen Vorsitzenden. Sie greift ein bei Konflikten zwischen Unternehmensführung und Betriebsrat und soll einen Interessenausgleich bewirken; die von ihr erstellten Betriebsvereinbarungen (z.B. zu speziellen Vergütungen oder Fortbildungs-maßnahmen) sind bindend. Der Entscheidungsprozess zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung erfolgt dabei nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs (§2 BetrVG), der sogenannten „Konflikt-partnerschaft“. e) das Sprecherausschussgesetz (1988) Ein Sprecherausschuss kann in Betrieben oder Unternehmen mit mehr als 10 leitenden Angestellten gebildet werden (§ 5 III, IV BetrVG). Er besteht in Abhängigkeit von der Anzahl der leitenden Angestellten aus 1-7 Mitgliedern, welche auf vier Jahre gewählt werden. Der Sprecherausschuss hat jedoch lediglich Informations-, Anhörungs- und Beratungsrechte zu Arbeitsbedingungen, Gehalt, Beurteilungsgrundsätzen sowie personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten; er hat keinerlei Mitbestimmungsrechte. Zwischen Sprecherausschuss und Betriebs-/Unternehmensleitung ausgehandelte „Richtlinien“ sind – im Gegensatz zu Betriebsvereinbarungen der Einigungsstelle – auf freiwilliger Basis vereinbart und müssen nicht zwingend eingehalten werden. 4.7 Entwicklungsperspektiven 1) Reform der Unternehmensordnung: a) Harmonisierung der Unternehmensordnung in der Europäischen Gemeinschaft: Optionen: Boardsystem versus Aufsichtsratssystem - Vereinigungsmodell; - Trennungsmodell; ein Gremium mehrere Gremien - Kontrolle der Unternehmensleitung - Kontrolle des Vorstands extern („exit“) intern durch den AR („voice“) Bargainingsystem versus Mitbestimmung - externe Regelungen - interne Regelungen Das Modell der Europäischen Aktiengesellschaft (EAG) bietet Unternehmen zur Gestaltung ihrer Führungsorganisation sowohl das Vereinigungs- als auch das Trennungsmodell an, also die Optionen des angelsächsischen Boardsystems sowie des deutschen Aufsichtsratssystems. b) Eine Flexibilisierung der Unternehmensordnung: dies meint ein Abwägen zwischen den Möglichkeiten Gesetzesstrategie versus Verhandlungslösung/verhandelte Unternehmens-ordnung (hier steht nur das „Ob“ gesetzlich fest, das „Wie“ wird dann noch flexibel aus-gehandelt). c) Ökologisierung der Unternehmensordnung: Dies würde bedeuten, die Unternehmens-ordnung als umweltpolitisches Instrument zu gebrauchen; Gestaltungsoptionen wären z.B. die Besetzung von Posten im Aufsichtsrat oder auf Geschäftsführungsebene durch Umweltvertreter.

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2) Ergänzung der Unternehmensordnung: a) Die „Idee der Gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmensführung“ („social corporate responsibility“) als Moralkodex für Manager; dies beinhaltet die Frage, ob die Vermittlung eines fairen Interessenausgleichs zwischen Umwelt und Unternehmen durch die Manager zustande kommen kann, oder ob nicht eigentlich doch ein solcher Interessenausgleich durch den Markt geschaffen werden müsse. b) Die Frage nach einer Unternehmensethik: Die Unternehmensordnung deckt die strukturellen Dauerkonflikte ab; für ad-hoc-Konflikte (bei Rechtslücken oder unethischen Rechtssatzungen) gilt dann die Unternehmensethik. Dies bedeutet, dass nicht durch die Unternehmensordnung rechtlich bindend geregelte Sachverhalte durch das Unternehmen freiwillig vollzogen werden sollen (Selbstverpflichtungen). Grundsätzlich kann man in die Unternehmensordnung im engeren Sinn (= Regelungen zur internen und formalen Machtverteilung zwischen den verfassungskonstituierenden Interessen) und die Unternehmensordnung im weiteren Sinn (= Regelungen zur internen und formalen Machtverteilung zwischen den verfassungskonstituierenden Interessen und externe Regelungen zum Schutz dieser verfassungsrelevanten Interessen) unterscheiden. 5. Konstitutive Entscheidungen Entscheidungen differiert man grundsätzlich in laufende und konstitutive Entscheidungen; erstere beziehen sich auf Alltagssachverhalte wie zum Beispiel Lohnverhandlungen und Preisentscheidungen. Konstitutive Entscheidungen hingegen gehören zu den Rahmen-bedingungen der Unternehmensführung; man versteht darunter Entscheidungen zu Aufbauproblemen von Unternehmen und grundlegende Entscheidungen im Leben einer Unternehmung, wie die Situationen Gründung, Sanierung, Liquidation, Standortentscheidung, Rechtsformentscheidung und Unternehmenszusammenschlüsse. Letztere drei werden im Folgenden näher betrachtet. 5.1 Standortentscheidung a) der Standort als Entscheidungsproblem: Unter dem Begriff Standort versteht man einen geographischen Ort, an dem die Produktionsfaktoren zur Leistungserstellung eingesetzt werden. Die Notwendigkeit zur Wahl zwischen Standorten ist dadurch bedingt, dass diese heterogen sind; Grund des Standortproblems ist also die mangelnde natürliche und ökonomische Homogenität der Fläche. Aufgabe der Standortentscheidung ist es, die Anforderungen an einen Standort mit den gebotenen Standortbedingungen abzustimmen, da letztere langfristige Wirkungen entfalten (innerbetrieblich; lokal, interlokal, international).

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b) die Standortwahl in den Wirtschaftswissenschaften: VWL: hier wird eine optimale Verteilung der Unternehmen in bzw. zwischen Volkswirtschaften untersucht. So werden zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland Strukturunterschiede zwischen Ost und West betrachtet, da die Zahl der hier jeweils ange- siedelten Unternehmen differiert. Zur Anwendung kommen die deskriptive (beschreibende/ erklärende) Regionaltheorie sowie die präskriptive (vorschreibende/empfehlende) Strukturpolitik; letztere äußert sich in Politikberatung sowie Beratung zur Maßnahmen-gestaltung. BWL: hier wird die Standortwahl aus der Unternehmensperspektive betrachtet. Deskriptiv behandelt werden die Entscheidungsprozesse über die Standortwahl, präskriptiv die optimale Standortwahl selber; dies geschieht mittels der Standortfaktorenlehre (Weber, Behrens) und Modellen optimaler Standortwahl (mathematische Kalküle). c) Anlässe und Typen von Standortentscheidungen: Neugründung: Bei einer Unternehmensneugründung liegen lediglich (sehr) unvollkommene Informationen vor, da niemals alle relevanten Informationen (bezüglich Absatzvolumen, Kosten, Kundenverhalten etc.) beschafft und verarbeitet werden können. Die Informationsbeschaffungskosten (zum Beispiel für Beratung) und die beschränkte Informationsverarbeitungskapazität führen zum sogenannten „Gründungsrisiko“. Verlagerung: Eine solche kann notwendig werden, wenn die Kapazitätsgrenze eines Standortes erreicht ist. Änderungen der Absatz- und Beschaffungsbedingungen rund um einen Standort führen zum sogenannten „Standortrisiko“; ist also ein Standort erst einmal aufgebaut und in folgender Zeit ändern sich die ökonomischen oder natürlichen Gegebenheiten der Umgebung, dann kann dies zu enormen Problemen für das am betreffenden Standort ansässige Unternehmen führen. Zweigstelle: Der Aufbau von Zweigstellen (Filialen) einer Unternehmung kann durch Unternehmenswachstum erforderlich werden. Gründe für eine solche Entscheidung liegen oftmals in einer Änderung der Kostenstruktur am bisherigen Standort oder einem dortigen Mangel an (qualifizierten) Arbeitskräften. Da aus der bisherigen Unternehmenstätigkeit bereits Informationen über Güter- und Beschaffungsmärkte bekannt sind, liegt bei einer solchen Standortentscheidung ein vergleichsweise geringes Risiko vor; bestimmt werden muss aber noch das Volumen der Investitionsentscheidung. d) Das Entscheidungsfeld der Standortentscheidung: Das Entscheidungsfeld der Standortentscheidung wird aufgespannt von den Standort-alternativen und den Determinanten der Standortentscheidung. Die alternativen Standorte unterscheiden sich in Bezug auf Ort und Zahl sowie in ihrer jeweils realisierbaren Gestaltungsform nach Kauf, Miete, Leasing; hierbei sind die unterschiedliche Bindungskraft der Gestaltungsformen (wie lange und wie teuer ist die jeweilige Bindung?!) und der Faktor Flexibilität entscheidend. Zu den Determinanten der Standortentscheidung zählen sowohl unternehmensinterne als auch -externe Faktoren: zu ersteren zählen unter anderem finanzielle Restriktionen und persönliche Präferenzen (zum Beispiel eine Ausrichtung nach dem Wohnsitz des Unternehmens-eigentümers). Unternehmensexterne Determinanten, also Daten auf welche der Einzelne keinen direkten individuellen Einfluss ausüben kann, sind Rechtsordnung, politische Restriktionen, natürliche Merkmale des Standortes (wie Klima, Bodenbeschaffenheit) etc.

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e) Standortfaktoren und Entscheidungskriterien: Die Standortlehre nach Alfred Weber (1909): Die Betrachtungsweise des Volkswirts Weber ist eher makroökonomischer Ausrichtung, also an ganzen Industrien bzw. Branchen orientiert. Weber klassifizierte Standortfaktoren nach: å Geltungsbereich: - generelle, für jeden Industriezweig geltende Standortfaktoren: z.B. Transportkosten, Arbeitskosten

- spezielle, nach Branche differierende Standortfaktoren: z.B. Verfügbarkeit bestimmter Ressourcen

å räumlicher Wirkung: - Regionalfaktoren: z.B. Energievorräte - Agglomerativfaktoren: z.B. Absatzmärkte - Deglomerativfaktoren: z.B. niedrige Löhne å Art ihrer Beschaffenheit: - natürlich-technische Faktoren: z.B. Bodenbeschaffenheit - gesellschaftlich-strukturelle Faktoren: z.B. Freizeitwert, kultu- relles Angebot, Bildungseinrichtungen (diese Faktoren sind auch daher von Bedeutung, da sie ja in die persönlichen Interessen der Entscheidungsträger passen müssen!) Kritik: Webers Standortlehre ist problematisch, da die Klassifikation der Standortkriterien nicht überschneidungsfrei ist. Des Weiteren sieht Weber Standortvorteile nur in Kostenersparnissen; dabei betrachtet er nur die Beschaffungs- und die Produktionsseite, also die Bereiche der Leistungsentstehung. Die Absatzseite vernachlässigt Weber dagegen völlig (das heißt eine Standortanalyse in Bezug auf die Kunden und Absatzpotentiale findet keine Berücksichtigung). Die Standortlehre nach Behrens (1971): Die Betrachtungsweise von Behrens ist eher mikroökonomisch (an Unternehmen/Betrieben) orientiert. Als Vorteilskriterium bei der Analyse von Standorten verwendet er die Rentabilität, als Systematisierungskriterium der Standortfaktoren den Realgüterprozess, also den Prozess der Leistungserstellung (Beschaffung, Fertigung/Produktion, Absatz). Auf der Seite der Beschaffung differiert Behrens in Beschaffungskontakte (z.B. zu Wirtschaftsbehörden, Arbeitsvermittlung, Börsen, Messen, Ausstellungen, Handelskammern) und Beschaffungspotential (z.B. in Bezug auf Anlagegüter, Arbeitskräfte, Fremddienste, Material, Energie, Kredite, staatliche Leistungen). Bei der Fertigung kennt er natürliche Faktoren (z.B. Klima, Bodenbeschaffenheit) und technische Faktoren (z.B. Koopera-tionsmöglichkeiten). Auf der Absatzseite schließlich unterscheidet Behrens wieder in Absatzkontakte (z.B. zu Banken, Maklern, Messen, Ausstellungen, Werbeagenturen) und Absatzpotential (z.B. in Bezug auf Bedarf, Kaufkraft, Konkurrenz, Goodwill, staatliche Absatzhilfen, Preisniveau, Infrastruktur). f) Standortentscheidungsmodelle: Standortentscheidungsmodelle sind mathematische Modelle; die Standortwahl wird hierbei beispielsweise mittels Transportkostenmodellen oder Checklisten vorgenommen; in der Praxis verbreitet ist vor allem das Verfahren der Nutzwertanalyse. Im Folgenden findet sich ein Beispiel einer solchen; zu beachten ist, dass die Einstufung des Zielerfüllungsgrades jedoch eher auf Schätzungen bzw. Prognosen beruht; wie auch die Gewichtung der Standortfaktoren (die angewandte Auflistung von Transportkosten, Absatzpotential und Löhnen ist nur beispielhaft und nicht abschließend) haben sie einen subjektiven Charakter.

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Beispiel einer Nutzwertanalyse:

Transportkosten G = 0,5

Absatzpotential G = 0,3

Löhne G = 0,2

Summe G = 1,0

Standort 1 5* (5 x 0,5 = 2,5) 6* (1,8) 1* (0,2) (2,5 + 1,8 + 0,2 =) 4,5

Standort 2 8* (4,0) 2* (0,6) 10* (2,0) 6,6 * Zielerfüllungsgrad (Erträge) auf einer Skala von 1-10 G = Gewichtung Hier würde die Entscheidung zugunsten von Standortalternative 2 fallen, da sie einen höheren Nutzwert hat (6,6 > 4,5). 5.2 Rechtsformentscheidung a) Rechtsform als Entscheidungsproblem: Die Rechtsform einer Unternehmung ist der Rahmen, welcher die Binnenbeziehungen und (zum Teil) die Beziehungen zwischen Unternehmen und Umwelt regelt. Zur Rechts-formentscheidung kommt es, da es (weitgehende) Wahlfreiheit zwischen den Rechtsformen für Unternehmen gibt. Die Abstimmung zwischen Zielen und Merkmalsausprägungen der jeweiligen Rechtsform ist die Aufgabe der Rechtsformentscheidung. b) Anlässe und Typen von Rechtsformentscheidungen: å Gründung: dies ist die klassische Rechtsformentscheidung å Umwandlung: die sekundäre Rechtsformentscheidung; sie kann notwendig werden bei Unternehmensnachfolge bzw. Erbfolge und bei Rechtsände- rungen aus Gründen wie bzw. in zum Beispiel Publizitätsvor- schriften, Steuerrecht oder Rechtsprechung. å Zusammenschluss: in Fällen von Fusion oder Konzernierung c) Entscheidungsfeld der Rechtsformentscheidung: Das Entscheidungsfeld der Rechtsformentscheidung wird aufgespannt von den Determinanten der Rechtsformentscheidung und den Handlungsalternativen. Zu den Determinanten zählen Gesellschaftsrecht und Steuerrecht sowie unternehmensinterne Faktoren (wie Zahl der Eigentümer, Kapital, Haftung etc.). Die Handlungsalternativen differieren zunächst nach Rechtsformen des privaten und des öffentlichen Rechts: Bei den Rechtsformen des privaten Rechts unterscheidet man Einzelunternehmungen, Stiftungen und Gesellschaften; letztere gliedern sich weiter in

- Personengesellschaften (BGB-Gesellschaft, oHG, KG, Stille Gesellschaft); diese sind keine eigenen juristischen Personen

- Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH) - Mischformen (GmbH&Co. KG, Betriebsaufspaltung (Doppelgesellschaft)) - Eingetragene Genossenschaften (eG) (ohne, mit beschränkter oder mit

unbeschränkter Nachschusspflicht)

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Exkurs: Rechtsformen des privaten Rechts Rechtsform (gesetzliche Grundlagen)

Eigentümer Mindest-zahl der Gründer

Mindestkapital und -anteil

Organe Erfolgsbetei-ligung

Haftung Eigenkapitalbeschaffung

Einzelkaufmann (HGB, bes. §§1-104, 238 ff.)

Kaufmann (Inhaber)

1 kein festes Kapital, keine Mindesteinlage

Inhaber Inhaber unbeschränkte persönliche Haftung des Inhabers mit Geschäfts- und Privat-vermögen

Privatvermögen des Inhabers; Aufnahme eines Stillen Gesellschafters

BGB-Gesell-schaft bzw. Ge-sellschaft bürger-lichen Rechts (GbR) (BGB §§ 705-740)

Gesell-schafter

2 nicht festgelegt Gesell-schafter bzw. Ge-sellschaf-terversam-mlung

Gewinn und Ver-lust nach Köpfen

gesamtschuldnerisch ein-schließlich Privatvermögen; durch Vereinbarungen mit Gläubigern aber Haftungs-beschränkung auf Gesell-schaftsvermögen möglich

Beiträge der Gesellschafter

Offene Handels-gesellschaft (oHG) (HGB, bes. §§ 105-160, 238 ff.; BGB §§ 705-740)

Gesell-schafter

2 kein festes Kapital, keine Mindesteinlage vorgeschrieben

Gesell-schafter

4% auf Kapital-anteile, Rest-gewinn/Verlust nach Köpfen

gesamtschuldnerische Haftung; jeder Gesell-schafter haftet unmittelbar, unbeschränkt und soli-darisch für die Schulden der Gesellschaft

neues Kapital von den Gesellschaftern, Aufnahme neuer Gesellschafter

Kommanditge-sellschaft (KG) (HGB, bes. §§ 105-177, 238 ff.; BGB §§ 705-740)

a) Komple-mentäre b) Komman-ditisten

a) 1 b) 1

a) wie oHG b) feste Einla-gen, Höhe be-liebig

Komple-mentäre

4% auf Kapital-anteil (dies kann aber im Gesell-schaftsvertrag anders festgelegt werden), Rest-gewinn/Verlust angemessen

a) unbeschränkt b) mit Einlage

neues Kapital von Komplementären und/oder Kommanditisten, Aufnahme neuer Kommanditisten

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Rechtsform (gesetzliche Grundlagen)

Eigentümer Mindest-zahl der Gründer

Mindestkapital und -anteil

Organe Erfolgsbetei-ligung

Haftung Eigenkapitalbeschaffung

Stille Gesell-schaft (HGB §§ 230-237)

Geschäfts-inhaber

2 kein festes Kapital, Ein-lage des Stillen Gesellschafters ist nominell festgelegt

(keine) angemessener Anteil für den Stillen Gesell-schafter, sonst je nach Rechtsform der Gesellschaft

Stiller Gesellschafter mit seiner Einlage, Geschäfts-inhaber bzw. Gesellschafter je nach Rechtsform der Gesellschaft

Aufnahme weiterer Stiller Gesellschafter, sonst je nach Rechtsform der Gesellschaft

Aktiengesell-schaft (AG) (AktG, HGB §§ 238-335)

Aktionäre 1 festes Grund-kapital von mindestens 50.000 Euro, Mindestbetrag je Aktie 1 Euro

Hauptver-sammlung, Vorstand, Aufsichts-rat

gemäß Anteil am Grundkapital

die AG haftet mit ihrem Gesellschaftsvermögen, die Aktionäre mit ihrer Einlage

Emission junger Aktien

Kommandit-gesellschaft auf Aktien (KGaA) (AktG §§ 278-290)

a) Komple-mentäre b) Komman-ditisten (bzw. Kom-manditaktio-näre)

5 festes Grund-kapital von mindestens 50.000 Euro, Mindestbetrag je Aktie 1 Euro

Hauptver-sammlung der Kom-manditak-tionäre, Komple-mentäre, Aufsichts-rat

richtet sich ent-sprechend der un-terschiedlichen Stellung der Ge-sellschafter nach handels- und aktienrechtlichen Bestimmungen, 4% auf Kapital-anteil, Rest ange-messen

a) unbeschränkt b) mit ihrer Einlage

neues Kapital von Komplementären, Ausgabe neuer Aktien an Kommanditaktionäre

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Rechtsform (gesetzliche Grundlagen)

Eigentümer Mindest-zahl der Gründer

Mindestkapital und -anteil

Organe Erfolgsbetei-ligung

Haftung Eigenkapitalbeschaffung

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) (GmbH-Gesetz, HGB §§ 238-335)

Gesell-schafter

1 festes Stamm-kapital von mindestens 25.000 Euro, Mindestge-schäftsanteil 100 Euro

Geschäfts-führer, Gesell-schafter-versamm-lung, evtl. Aufsichts-rat

nach der Höhe der Geschäftsanteile

das Gesellschaftsvermögen haftet unbeschränkt in voller Höhe, Gesellschafter also nur mit ihrer Einlage; unter Umständen Nach-schusspflicht

weitere Einlagen der bisherigen Gesellschafter, Aufnahme neuer Gesell-schafter

GmbH&Co. KG (gesetzlich nicht gesondert defi-niert, Regelungen wie GmbH und KG)

a) Komple-mentär (hier die GmbH) b) Komman-ditisten

a) 1 b) 1

a) wie oHG b) feste Ein-lagen, Höhe beliebig

GmbH = Komple-mentär

4% auf Kapital-anteil (kann im Gesellschaftsver-trag anders fest-gelegt werden), Restgewinn/Ver-lust angemessen, GmbH-Anteil wie GmbH

a) wie GmbH (das Ver-mögen der GmbH haftet also voll, die Gesellschafter entsprechend nur mit ihrer Einlage) b) mit Einlage

neues Kapital von Komple-mentären (wie GmbH, also Aufnahme neuer Gesell-schafter oder weitere Ein-lagen der bisherigen Gesell-schafter) und/oder Komman-ditisten, Aufnahme neuer Kommanditisten

Eingetragene Ge-nossenschaft (eG) (Genossen-schaftsgesetz, HGB §§ 336-339)

Genossen 7 kein festes Grundkapital, Mindesteinlage statutarisch festgelegt

General-versamm-lung, Vor-stand, Auf-sichtsrat

gemäß Geschäfts-guthaben

den Gläubigern haftet nur das Vermögen der Genos-senschaft; die Satzung (Statut) kann eine Nach-schusspflicht festlegen

bisherige Genossen zahlen auf ihr Geschäftsguthaben ein, erwerben neue Geschäfts-anteile oder die Genossen-schaft nimmt neue Mitglieder auf

Exkurs Ende

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Bei den Rechtsformen des öffentlichen Rechts unterscheidet man in Unternehmen ohne und mit eigener Rechtspersönlichkeit: Ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind

- reine Regiebetriebe (z.B. Müllabfuhr) (Teile der öffentlichen Verwaltung) - verselbständigte Regiebetriebe (z.B. ÖPNV) (Eigenbetriebe; Sondervermögen)

Mit eigener Rechtspersönlichkeit sind - Körperschaften (z.B. Universitäten) (mitgliedschaftlich organisiert, hoheitlich

errichtet) - Anstalten (z.B. Krankenhäuser, Rundfunkanstalten ARD und ZDF) - Stiftungen (= Vermögenstatbestand)

Neben den Determinanten und den zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen der Rechtsformen hängt die Rechtsformentscheidung auch von den Zielen der Verantwortlichen und der Gewichtung der Ziele durch die Entscheidungsträger ab. d) Rechtsformwahlkriterien: å Haftung: Natürliche Personen und Personengesellschaften haften für Verbindlichkeiten des Unternehmens unbeschränkt; Ausnahme ist hier der Kommanditist der KG, er haftet lediglich mit seiner Einlage. Juristische Personen (Kapitalgesellschaften) haften beschränkt, also nur mit dem Vermögen des Unternehmens. å Finanzierungsmöglichkeiten: Zu beachten sind bei diesem Kriterium die erforderliche Eigenkapitalausstattung (bei Gründung) sowie die Beschaffungsmöglichkeiten für (weiteres) Eigen- und Fremdkapital. å Leitungsbefugnis: Hier gilt die Unterscheidung zwischen Selbstorganschaft (bei Personengesellschaften) und Fremdorganschaft (bei Kapitalgesellschaften). Des Weiteren ist die Mitbestimmung auf Unternehmensebene zu beachten, welche rechtsformabhängig greift. å Gewinn-/Verlustbeteiligung: Hier gelten unterschiedliche Bestimmungen für Personen- und Kapitalgesellschaften; bei Personengesellschaften wird die Gewinn- bzw. Verlust-beteiligung im Gesellschaftsvertrag festgelegt, es besteht hier also ein dispositives, verhandelbares Recht. Orientierung bieten hier der jeweilige Eigenkapitalanteil und Haftungsverpflichtungen. Bei Kapitalgesellschaften ist der Dispositionsspielraum dies-bezüglich geringer, da es zwei Begrenzungen der Gewinn- und Verlustbeteiligung gibt. Dies sind zum einen eine Ausschüttungsbeschränkung mit der Pflicht zur Rücklagenbildung (durch Einbehaltung von bis zu 5% des Jahresüberschusses bis die Rücklagen in ihrer Höhe 10% des Grundkapitals des Unternehmens erreicht haben) im Sinne des Gläubigerschutzes, und zum anderen eine Mindestausschüttung zum Aktionärsschutz. å Rechnungslegung/Publizität/Prüfung: Für Personengesellschaften ist die Rechnungs-legung nach §§ 238 ff. HGB gesetzlich vorgeschrieben, Prüfung und Publizität sind größenabhängig. Bei Kapitalgesellschaften ist die gesetzliche Pflicht zur Rechnungslegung in §§ 264 ff. HGB gesetzlich verankert; prüfungspflichtig sind mittlere und große Kapital-gesellschaften, die Publizität ist hier ebenfalls größenabhängig. Nähere Angaben hierzu finden sich in §267 HGB (Abgrenzungskriterien kleiner, mittlerer und großer Kapitalgesellschaften) und in §1 des Publizitätsgesetzes mit den entsprechenden Größenkriterien, sowie auch in der zur Vorlesung empfohlenen Literatur.

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å Steuerbelastung: Hierunter fallen unter anderem Ertrags- und Gewerbesteuer; des Weiteren gibt es auch noch rechtsformabhängige Besteuerung. Bei Personengesellschaften gilt daneben noch die Einkommenssteuer (0 – 42% (seit 2004), abhängig vom jeweiligen Grenzsteuersatz des einzelnen Gesellschafters); der Steuersatz ist einheitlich bei Einbehaltung und Aus-schüttung des Gewinns. Bei Kapitalgesellschaften wird die Körperschaftssteuer erhoben; sie beträgt 25%, sowohl bei Einbehaltung der Gewinne als auch bei Ausschüttung (hierbei stellen die 25% einen Vorwegabzug dar, welcher bei der individuellen Einkommensteuererklärung des einzelnen Gesellschafters geltend gemacht werden kann). å Rechtsformabhängige Aufwendungen: Solcherlei Aufwendungen sind unter anderem Gründungskosten (z.B. Notarkosten), Prüfungskosten, Organisationskosten (also Kosten für Organe der Gesellschaft, wie zum Beispiel Vorstand und Aufsichtsrat) und Publizitätskosten. å Unternehmenskontinuität: Für die Unternehmenskontinuität von Bedeutung sind Regelungen, welche bei Gesellschafterwechsel und Erbfolge greifen; so wird zum Beispiel eine oHG bei Tod eines der Gesellschafter aufgelöst. e) Rechtsformwahlkriterien und Arbeitnehmerinteressen: Die verschiedenen Rechtsformwahlkriterien wirken sich unterschiedlich auf die Interessen der Arbeitnehmer eines Unternehmens aus; typische Arbeitnehmerinteressen sind Arbeits-platzsicherheit (APS), Einkommen (E) und Arbeitsplatzgestaltung (APG). Folgende Auflistung soll einen Überblick über die Zusammenhänge geben: Haftung: APS, E Leitungsbefugnis: APS, APG, (E) Gewinn-/Verlustbeteiligung: E Anforderung an das externe ReWe: (APS, APG, E) Finanzierung: APS Steuerbelastung: (APS, E) Rechtsformabhängige Aufwendungen: - - - Unternehmenskontinuität: APS 5.3 Entscheidung über Unternehmenszusammenschlüsse Unter dem Begriff Unternehmenszusammenschluss versteht man die Vereinigung bestehender Unternehmen mit dem Zweck gemeinschaftlicher Aufgabenerfüllung. a) Unternehmensziele und Unternehmenszusammenschlüsse: Ziel eines Unternehmens ist in der Regel eine langfristige Bestandssicherung durch Wachstum; in der Folge soll eine hohe Marktmacht durch einen hohen Marktanteil erreicht werden. Grundsätzlich unterschieden wird internes (bzw. organisches) und externes Wachstum. Internes Wachstum kann kurzfristig durch Marketingmaßnahmen erzielt werden, langfristig jedoch nur über Innovationen bzw. Forschung & Entwicklung (F&E; englisch: research & development, R&E). Externes Wachstum ist realisierbar durch Unternehmenszusam-menschlüsse.

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Laut unternehmensstrategischen Untersuchungen ist internes Wachstum dem externen in seinen positiven Wirkungen überlegen; kurzfristig lässt sich ein hoher Marktanteil aber oftmals leichter über externes Wachstum erreichen. Zu beachten gilt es dabei immer, dass absolute Größe zwar Volumen schafft, nicht aber zwingend auch Effizienz. Ziele von Unternehmenszusammenschlüssen:

- Unternehmenswachstum durch Akquisition - Macht und Prestigebedürfnisse von Managern - Nachfragemacht auf den Faktormärkten - Angebotsmacht auf den Gütermärkten - Fixkostendegression (durch Massenfertigung und Spezialisierungseffekte);

„economies of scale“ - Aufbau von Potentialen (Patente, Lizenzen, Humanressourcen) - Schaffung von Finanzierungsmöglichkeiten durch eine breitere Eigen-

kapitalbasis - Erlangung steuerlicher Vorteile (bei AfA (Absetzung für Abnutzung),

Pensionsrückstellungen, Organschaft, Schachtelprivileg) - Politische Macht/Lobbyismus - Erzielung von „economies of scope“ (Verbundeffekte) (z.B. durch Möglichkeit

des Angebots von integrierten Lösungen aus einer Hand/Komplementär-produkte)

b) Daten (Restriktionen): Restriktionen der Umsetzung dieser Unternehmensziele durch Unternehmenszusammen-schlüsse sind jedoch durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gegeben. Dieses beinhaltet ein grundsätzliches Verbot von Kartellverträgen, welche wettbewerbs-beschränkende Wirkungen entfalten können (Preis-, Mengen- und Gebietskartelle). Solche Effekte könnten durch Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung und Außerkraftsetzung der Marktmechanismen entstehen. Ausnahmen vom Kartellverbot stellen Anmelde-, Widerspruchs- und Erlaubniskartelle dar. Durchgeführt wird die Zusammen-schlusskontrolle durch das Bundeskartellamt; dieses prüft Unternehmenszusammenschlüsse mittels ökonomischer Kriterien auf eine „marktbeherrschende Stellung“ (§24 I GWB); politischer Spielraum besteht in Deutschland jedoch noch durch die Möglichkeit der Ausnahmegenehmigung durch eine Ministererlaubnis (§24 III GWB). c) Handlungsalternativen: Eine Klassifikation der Arten von Unternehmenszusammenschlüssen kann nach der Richtung in den Märkten erfolgen; man unterscheidet:

- Horizontal: Integration auf gleicher Wertschöpfungsstufe - Vertikal: Vorwärts- oder Rückwärtsintegration (also Integration von in der

Wertschöpfungskette nach- oder vorgelagerten Unternehmen) - Diagonal: Konglomerat

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Als Formen unterscheidet man (nach Ausmaß der Gemeinsamkeit bzw. der Intensität der Zusammenarbeit) Kooperation und Vollintegration. I. Kooperation: Bei einer Kooperation von Unternehmen kommt es zu einer Integration von Teilaufgaben; zu den Formen von Kooperationen zählen: å Arbeitsgemeinschaft/Konsortium: sie haben eine zeitlich befristete, sachlich begrenzte

Aufgabe; oft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft organisiert. å Kartell: die beteiligten Unternehmen möchten eine Marktbeeinflussung durch Wettbe- werbsbeschränkungen erreichen; durch abgestimmtes Verhalten beispielsweise bezüglich der Angebotsbedingungen entstehen so Marktzutrittsschranken; es gibt Preis-, Konditionen-, Normen- & Typen-, Quotenkartelle etc. å Gemeinschaftsunternehmen (Joint Venture): zumeist gegründet als GmbH oder AG ist ein Joint Venture eine gemeinsame Unternehmung zweier oder mehrerer Unternehmen, u.a. mit dem Ziel der Kosten- und damit Risikoteilung für die Beteiligten, beispielsweise bei gemeinschaftlicher F&E. Das Beteiligungsverhältnis kann symmetrisch (z.B. 50% zu 50%) sein, aber auch asymmetrisch (z.B. 40% zu 40% zu 20%); dabei kann mittels Vertragsausgestaltung aber verhindert werden, dass ein Unter- nehmen die alleinige Entscheidungsmehrheit bekommt. å Unternehmensverband: dient der Wahrung gemeinsamer Interessen (mittels Lobbyismus) und der Erfüllung gemeinsamer Aufgaben; es gibt Arbeitgeberver- bände, Wirtschaftsverbände, Kammern. II. Vollintegration: Bei einer Vollintegration kommt es zu einem Zusammenschluss unter einheitlicher Leitung; zu den hier unterschiedenen Formen zählen: å Konzern: Konzerne werden behandelt in §§ 15 ff. AktG; unter dem Begriff Konzern versteht man mehrere rechtlich selbständige Unternehmen unter einheitlicher Leitung. Dabei sind Konzerne nicht auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft beschränkt.

- Unterordnungskonzern: hier gilt die Vermutung eines Abhängigkeitsverhältnisses bei einer Kapitalbeteiligung > 50%; Vermutung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es widerlegbar ist. So kann z.B. zwar eine Kapitalbeteiligung > 50%, aber dennoch kein Beherrschungsverhältnis vorliegen; dies resultiert aus der jeweiligen spezifischen Vertragsausgestaltung.

1) faktischer Konzern: §§ 331 ff. AktG; es gibt keine vertraglichen Beziehungen, lediglich tatsächliche Beherrschung durch personelle Verflechtungen (Mitglieder des Vorstandes der Muttergesellschaft sitzen im Aufsichtsrat des Tochter-Unternehmens; Beeinflussung der Geschäfts- politik der Tochter-Unternehmung hier durch zustim- mungspflichtige Geschäfte (§111 AktG)). 2) Vertragskonzern: §291 I AktG; es existiert ein Beherrschungs- vertrag und damit ein Weisungsrecht der Mutter- Gesellschaft gegenüber der Tochter-Gesellschaft; dem Beherrschungsvertrag müssen jeweils 75% der abgegebenen Stimmen der Hauptversammlungen von Mutter- und Tochter-Gesellschaft zustimmen.

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3) Eingliederungskonzern: §§ 319 ff. AktG; es kommt zur wirtschaftlichen Vollintegration von herrschendem und abhängigem Unternehmen; dies entspricht einer Kapital- beteiligung von 100%.

- Gleichordnungskonzern: in diesem Fall besteht eine einheitliche Leitung ohne Abhängigkeit eines Unternehmens; es liegt also eine wechselseitige gleich- wertige Beteiligung vor. å Fusion/Verschmelzung: es kommt zum Verlust der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbständigkeit durch Aufnahme mittels Vermögensübertragung oder durch Neugründung. Übersicht: Unternehmenszusammenschlüsse

Unternehmenszusammenschluss: Ist die Vereinigung bestehender Unternehmen mit

dem Zweck der gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung.

Art/Richtung des Zusammenschlusses:

horizontal vertikal diagonal

Formen des Zusammenschlusses/ Grad der Bindungsintensität

Kooperation/Teilintegration Kartell Unternehmens- verband Arbeitsgemein- Gemeinschafts- schaft/Konsortium unternehmen/ Joint Venture

Vollintegration/einheitliche Leitung Konzern Fusion durch Gleich- Unter- Auf- Neu- ordnungs- ordnungs- nahme gründungkonzern konzern faktischer Vertrags- Eingliederungs- Konzern konzern konzern

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6. Die betriebswirtschaftlichen Funktionsbereiche im Überblick Die betrieblichen Führungs- und Sachfunktionen im idealtypischen Zusammenhang:

Managementprozess

Realisation/Umsetzung Organisa- Personal- Leitung tion einsatz

Planung

Controlling*

Kontrolle

Realgüterprozess

Beschaffung Produktion Absatz

Logistik*

Finanzierung & Investition

Wertumlaufprozess

i n t e r n e s

Rechnungswesen

e x t e r n e s

* derivative Führungs- bzw. Sachfunktion Die Widerspiegelung des Realgüterprozesses auf monetärer Ebene (Geldebene) findet sich im Wertumlaufprozess; dies dokumentiert das als Entscheidungshilfe dienende Rechnungswesen. Der gesamte Prozess wird durch den Managementprozess gesteuert.

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å Controlling als derivative Managementfunktion:

Zahl und Verschiedenartigkeit der Umweltfaktoren

einfach

komplex

statisch

Planung,

Organisation, Personal, Leitung,

operative Kontrolle

elaborierte (ausgearbeitete) Planung,

Organisation, Personal, Leitung,

elaborierte operative Kontrolle

Varianz/Verände-rungsrate der Um-

weltfaktoren

dynamisch

operativer

Managementprozess +

operatives Controlling

strategische Planung und Kontrolle,

Organisation, Personalführung

+ strategisches Controlling

(Im Fall von „statisch“ und „einfach“ hat man vollkommene Information vorliegen.) å Logistik als derivative Sachfunktion: hier analoge Begründung durch die Dynamik der Umwelt.

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7. Grundlagen der Unternehmensführung 7.1 Alternative Konzeptionen In der Managementlehre werden im Wesentlichen zwei alternative Konzeptionen bzw. Ansätze der Unternehmensführung unterschieden: dies sind den institutionelle Ansatz (nach Gutenberg) und der Prozessansatz nach (Koontz/O`Donnell). a) der institutionelle Ansatz: Hier wird Unternehmensführung als Institution verstanden; dies bedeutet, dass in einer Unter-nehmung eine Gruppe von Personen mit Vorgesetztenfunktionen und Anweisungsbefugnissen betraut ist. Im Wesentlichen sind diese Positionen in der oberen Führungsebene der Unternehmenshierarchie verankert. Problemfelder bei diesem Ansatz bezeichnen die Frage nach der zweckmäßigsten Organisation der obersten Führungsgruppe: es bestehen die Möglichkeiten des Vorstand – Aufsichtsrat – Systems (Trennung von Interessensvertretung (Aufsichtsrat) und Interessens-durchsetzung (Vorstand)) einerseits und des Board-Systems andererseits sowie des angelsächsischen Direktorialsystems oder des deutschen Kollegialsystems. Im Zusammenhang mit dem institutionellen Ansatz als „echte“ Führungsentscheidungen genannt werden die Unternehmenspolitik „auf weite Sicht“, die Reorganisation der Gesamt- unternehmung und wichtige Personalentscheidungen. b) der Prozessansatz: Hier wird Unternehmensführung als Abfolge von Führungsaufgaben bzw. Führungs-handlungen zum Zwecke der Steuerung des Realgüterprozesses gesehen. Die Funktionen der Unternehmensführung sind damit unabhängig von einer Fixierung auf bestimmte Führungsebenen oder (hierarchische) Positionen; dies bedeutet, dass auch untere Ebenen der Hierarchie Führungsaufgaben übernehmen. Auf allen Ebenen auf denen es noch unter-geordnete Personen gibt wird also geplant und geführt; dabei nimmt jedoch die Reichweite der Führung nach unten ab. Fazit: Dem Prozessansatz nach Koontz/O`Donnell kommt die größere theoretische und praktische Fassungskraft zu, da er weitreichender als der institutionelle Ansatz ist und diesen umfasst. 7.2 Der plandeterminierte Managementprozess Der plandeterminierte Managementansatz ist eine idealtypische, präskriptive Abfolge der Führungsfunktionen Planung, Organisation, Personaleinsatz, Leitung und Kontrolle. Dabei kommt der Planung eine herausgehobene Stellung zu, da der Plan alle folgenden Schritte determiniert. Zu beachten gilt es, dass der plandeterminierte Managementprozess ein Entscheidungsmodell unter Sicherheit darstellt, da die Prämisse der vollständigen Information gilt.

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a) Planung: Der erste Schritt der Planung ist die Entscheidung zwischen Improvisation und Planung. Bei Improvisation kommt es permanent zu Entscheidungen „von Fall zu Fall“, wobei aufgrund der Kurzfristigkeit der Handlungsspielraum eingeengt ist, da wegen gegebener Daten nicht mehr umfassend aktiv gestaltet werden kann; es kommt zur passiven Anpassung an Gegebenheiten. In der Folge kann aufgrund eines Mangels an verfügbaren Alternativen nun auch nicht mehr improvisiert, sondern lediglich noch optimiert werden. Die Entscheidung für Planung bedeutet den Versuch, die Zukunft geistig vorwegzunehmen, also zu antizipieren. Dadurch soll die Zukunft des Unternehmens mittels Alternativen/ Optionen aktiv gestaltet werden können. Der Planungszeitraum lässt sich aufgliedern in ein aktiv-gestaltendes und ein passiv-anpassendes Element. Jedoch verbleibt in jedem der beiden Fälle noch ein Restgröße des jeweils anderen Parts. Zudem lassen sich diese beiden Phasen nicht konkret auf Kurz-, Mittel- und Langfristigkeit zuordnen. Des Weiteren ist auch strategische Planung bzw. Entscheidung nicht zwingend bloß langfristig; eine solche Abgrenzung muss vielmehr situations- und branchenabhängig erfolgen. (So kann beispielsweise ein Planungszeitraum von einem Jahr in der Automobilwirtschaft ein kurzer Zeitraum sein, in der Textilwirtschaft aufgrund saisonaler Moden hingegen ein langer Zeitraum.) Das Dilemma der Planung besteht nun in der zur Planrealisation nötigen Mittelbindung einerseits und dem durch die Unsicherheit der Zukunftserwartungen entstehenden Risiko andererseits. b) Organisation: Die Organisation einer Unternehmung setzt das strukturelle Handlungsgefüge inklusive Kommunikationssystem und Stellengefüge fest. Zur Erreichung des Unternehmenszieles bzw. seiner Gesamtaufgabe kommt es zu Arbeitsteilung, also einer Aufteilung der Gesamtaufgabe der Unternehmung. Solche organisatorische Differenzierung in Arbeitsgruppen und Abtei-lungen bedarf dann jedoch auch der Integration und Koordination der Teilaufgaben im Hin-blick auf die Gesamtaufgabe. c) Personaleinsatz: Diese Führungsfunktion bedeutet die Füllung des strukturellen Handlungsgefüges der Organisation mit Leben; aus der Annahme, die Aufgabenrealisierung sei abhängig von den Qualifikationen der Mitarbeiter, resultieren folgende relevante Teilaufgaben, um diese Qualifikation zu gewährleisten: - Personalauswahl (Mechanismen der Personalauswahl sind die verschiedenen Verfahren wie z.B. Assessment Center und Interviews, wobei diese differieren, je nachdem für welche Position das Personal gesucht wird), - Leistungsbeurteilung (dient u.a. als Informationsrückkopplung über die Qualität der getrof-fenen Auswahlentscheidungen und zur Mitarbeitermotivation) und Weiterbildung, - Entlohnung.

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d) Leitung: Da der Zielerreichungsgrad abhängig vom Verhalten der Organisationsmitglieder (Individuen und Gruppen) ist, stellt sich hier die Frage: „Wie bringe ich meine Mitarbeiter dazu, das gewünschte bzw. angestrebte Leistungsausmaß zu erreichen?!“ Führung wird nun verstanden als der Versuch der Beeinflussung des Individual- und Gruppenverhaltens durch Vorgesetzte im Sinne der Erfüllung und der Koordination auf die Gesamtaufgabe. Derartige Beeinflussung kann geschehen durch organisatorische Vorregelung (sinnvoll, wenn die Situation bzw. das Problem oft auftritt) oder mittels Koordination im ungeregelten Einzelfall (hier ist das Konfliktpotential größer, da die Situation neu, unbekannt und unerwartet ist). e) Kontrolle: Die Kontrolle ist die Zwillingsfunktion der Planung; es gilt der Leitsatz: „Kontrolle ohne Planung ist unmöglich, Planung ohne Kontrolle sinnlos!“ Aufgaben der Kontrolle sind der Vergleich von Soll und Ist (also von Plangrößen mit erreichten Werten) sowie in jedem Fall eine Abweichungsanalyse (auch wenn Ist-Wert > Soll-Wert, denn eine solche Situation kann unter Umständen auch zu Problemen führen; dies kann der Fall sein, wenn z.B. die geplante Produktionsmenge überschritten wird, die Mengen am Markt nicht abgesetzt werden können und in der Folge die Lagerkapazitäten nicht ausreichen). Fazit zum plandeterminierten Managementprozess:

Die Planung übernimmt hier also eine wichtige Steuerungsfunktion, welche die Ziele und Maßnahmen bestimmt, die Art der Organisation, welches Personal wann gebraucht wird, wie die Führung des Personals zu gestalten ist und welche Standards für die Kontrolle gelten sollen. Prämisse des plandeterminierten Managementprozesses ist die Entscheidung unter Sicherheit; dies ist aber auch der wesentliche Kritikpunkt an ihm: die Annahme der vollständigen Information über die gegenwärtige und die geplante Situation des Unternehmens ist unrealistisch. Daher ist auch die plandeterminierte Abfolge des Managementprozesses problematisch. In der Realität liegt ein interdependentes Verhältnis der Bestandteile des plandeterminierten Managementprozesses vor; das heißt z.B. die Planung bestimmt die Organisation und andersherum.

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7.3 Managerrollen Im Folgenden soll das Modell von Mintzberg vorgestellt werden; es ist ein deskriptives Konzept. Die Managerrollen sollen hier als generalisierte Verhaltenserwartungen der Umwelt an den Manager verstanden werden. Das Konzept Mintzbergs gibt eine Beschreibung der Tätigkeitsfelder und Aufgaben der Geschäftsführung bzw. des Managements im Alltag. Dabei werden zehn Rollen unterschieden und drei Rollenbereichen zugeordnet: Bereich: Interpersonelle Beziehungen å Galionsfigur: Darstellung und Vertretung der Abteilung/Unternehmung nach innen

und außen (gegenüber Presse, Politik etc.); Symbolfigur å Vorgesetzter: Anleitung und Motivierung der Mitarbeiter; Personalauswahl und Beurteilung å Vernetzer: Aufbau und Aufrechterhaltung interner und externer „Netzwerke“ von Kontakten und Informationen Bereich: Informationen å Radarschirm: kontinuierliche Sammlung und Aufnahme von Informationen über

interne und externe Entwicklungen, insbesondere über „Netzwerke“, und Bewertung der Informationen hinsichtlich Bedeutung und Relevanz

å Sender: Übermittlung relevanter Informationen und handlungsleitender Werte an die Mitarbeiter å Sprecher: Vertretung der Organisation in der Öffentlichkeit und Information exter- ner Gruppen Bereich: Entscheidungen å Innovator: Initiierung und Realisierung geplanten organisatorischen Wandels,

Durchbrechung von Routinen; beständige Problemsuche und Chancenanalyse erforderlich

å Problemlöser: Beseitigung unerwarteter Störungen, Konfliktschlichter (neutraler Schiedsrichter) åRessourcenzuteiler: Verteilung der eigenen Zeit; Verteilung von Aufgaben und Kompeten- zen; Zuteilung finanzieller (und personeller) Ressourcen/Budgets an Abteilungen/Funktionsträger åVerhandlungsführer: Vertretung der Organisation in wichtigen Verhandlungen (nach außen)

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8. Planung und Kontrolle 8.1 Grundlagen strategischer Unternehmensführung a) Grundbegriffe å Grundfragen der strategischen Planung bzw. marktorientierten Strategielehre: 1. Frage: „In welchem Geschäftsfeld wollen wir tätig sein?“ Die Definition des Geschäftsfeldes kann aus folgenden Perspektiven erfolgen:

- Wahl des Produkt-Marktes - Wahl der Kundengruppe - Wahl der Anwenderprobleme

2. Frage: „Wie wollen wir den Wettbewerb in dem (den) Geschäftsfeld(ern) bestreiten?“ (Wie also wollen wir in den gewählten Geschäftsfeldern konkurrieren? Wie wollen wir uns gegenüber der Konkurrenz dort behaupten? Wo setzen wir den Schwerpunkt des Wettbewerbes?) Die Beantwortung dieser Frage kann erfolgen durch:

- durch Kostenführerschaft zum Marktführer - Differenzierungsstrategie - Nischenpolitik

Ziel ist es, eine möglichst günstige Wettbewerbsposition (im Vergleich zu meinen Konkurrenten) zur Sicherung von Bestand und Rentabilität meines Unternehmens zu erlangen. å strategische Ebenen: im Unternehmen unterscheidet man folgende strategische Ebenen:

- Unternehmensgesamtstrategie („corporate strategy“) - Geschäftsfeldstrategie („business strategy“) - Betriebliche Funktionen („functional area strategy“)

Die Ebene der Unternehmensgesamtstrategie wird als die übergeordnete Strategieebene betrachtet; hier getroffene strategische Entscheidungen gelten und betreffen alle unteren Ebenen mit, sie prägen das Gesamtunternehmen. Die Geschäftsfeldstrategie oder Wettbewerbsstrategie betrifft die nachgelagerte Strategie- bzw. Entscheidungsebene der einzelnen Geschäftsbereiche. Auf der Ebene der betrieblichen Funktionen (Marketing, Beschaffung, Personal, Produktion, Finanzierung) geht es dann um die Umsetzung von Strategien; es werden nur noch Handlungsentscheidungen und -maßnahmen getroffen. Daher spricht man hier maximal nur noch von „strategischen Maßnahmen“. Beachte also: Strategie ≠ Maßnahmen !

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b) Der strategische Managementprozess Der strategische Managementprozess besteht aus mehreren aufeinanderfolgenden bzw. begleitenden Stufen.

1. strategische Analyse: sie umfasst eine Umweltanalyse und eine Unternehmensanalyse. Im Rahmen der Umweltanalyse werden unternehmensexterne Chancen (z.B. neue Technologien) und Risiken (z.B. Gesetzesänderungen) im Umfeld des Unternehmens betrachtet; die Unternehmensanalyse hingegen fokussiert auf interne Stärken und Schwächen des Unternehmens (im Vergleich zu Konkurrenten).

2. strategische Optionen: im Anschluss an die strategische Analyse werden sinnvolle Strategiealternativen im Rahmen des Möglichen (also umwelt- und ressourcen-kompatibel), aufgespannt durch die strategische Analyse, generiert.

3. strategische Wahl: es erfolgen Bewertungsprozesse der Strategien/strategischen Optionen im Lichte der Erfolgsdimensionen (= Ziele des Unternehmens (Umsatz, Rentabilität etc.)) und Wertvorstellungen (Ethik, Moral); anschließend kommt es zur Auswahl der besten Strategie.

4. Strategieimplementation: konkrete Maßnahmen werden zur Umsetzung der Strategie ergriffen, es folgen organisatorische und personelle Absicherung (Realisation).

5. begleitende strategische Kontrolle: im Unterschied zum plandeterminierten Managementprozess, bei welchem die Kontrolle erst am Ende (ex-post) erfolgt, kommt es im strategischen Managementprozess zu einer den gesamten Prozess begleitenden, permanenten Kontrolle; daher kann bei Störungen des Ablaufes bzw. Veränderung der Bedingungen während des Prozesses frühzeitig eingegriffen und gegengesteuert werden.

c) Ausgewählte Elemente (des strategischen Managementprozesses) å die Branchenstrukturanalyse (Porter): Die Portersche Branchenstrukturanalyse ist ein Instrument zur Umweltanalyse; betrachtet werden die fünf Triebkräfte des Wettbewerbs im näheren Unternehmensumfeld, dem Branchenumfeld des Unternehmens. Die Triebkräfte des Wettbewerbs und ihre Wirkungen:

- Wettbewerber in der Branche/Rivalität unter den bestehenden Unternehmen („Habe ich schon Konkurrenz in meinem Markt? Wie hoch ist die Wettbewerbsintensität?“)

- Potentielle neue Konkurrenten/Bedrohung durch neue Konkurrenten („Inwiefern ist es wahrscheinlich, dass neue Konkurrenten in den Markt eintreten? Wie wären die Auswirkungen auf mein Unternehmen?“)

- Lieferanten/Verhandlungsmacht der Lieferanten („Wie stark sind die Lieferanten? Wie viele gibt es? Wie ist das Machtgefüge zwischen mir und den Lieferanten?“)

- Abnehmer/Verhandlungsmacht der Abnehmer („Können die Abnehmer mir Preise diktieren? Wie viele gibt es? Wie ist das Machtgefüge zwischen mir und den Abnehmern?“)

- Substitution/Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste („Kommen neue Technologien oder Produkte auf, welche mein Angebot substituieren/ersetzen können? Entsteht ein neuer Markt mit gleicher Funktion?“)

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å Strategische Optionen auf Gesamtunternehmensebene: Eine strategische Option auf Gesamtunternehmensebene ist die Diversifikation, also der Eintritt in ein neues, bisher unbearbeitetes Geschäftsfeld. Welche Arten von Diversifikationen gibt es nun? Man unterscheidet Diversifikationen zum einen nach dem Verwandtschaftsgrad des neuen mit dem alten Geschäft und zum anderen nach der Stellung im Wert-schöpfungsprozess. Bei der Betrachtung einer Diversifikation sind beide Arten zu analysieren. Zur Unterscheidung nach dem Verwandtschaftsgrad: hier betrachtet man die eingesetzte Produktionstechnologie sowie die bearbeiteten Märkte (jeweils unterschieden in bestehend, verwandt, unverbunden). Im laufenden Geschäft ist man mit bestehender Produktions-technologie in einem bestehenden Markt tätig; bei Diversifikation mit verwandter Produk-tionstechnologie in einen verwandten Markt nennt man den Fall verwandte bzw. „related“ Diversifikation; diversifiziert ein Unternehmen mit einer unverbundenen Produktions-technologie in einen unverbunden Markt, so nennt man dies laterale bzw. „unrelated“ Diversifikation. Zur Unterscheidung nach der Stellung im Wertschöpfungsprozess: es gibt die vertikale Diversifikation (entspricht einer vertikalen Integration und neuer selbständiger Markttätigkeit) und die horizontale Diversifikation. Während bei vertikaler Diversifikation innerhalb einer Wertschöpfungskette vor- oder nachgelagerte Geschäftsfelder bearbeitet werden, bleibt man bei einer horizontalen Diversifikation auf gleicher Wertschöpfungsstufe. Wege zur Diversifikation sind

- Eigenaufbau (z.B. start-up; in der Regel teuer und langwierig, jedoch empirisch nachgewiesen erfolgreicher als Akquisition)

- Kooperation (z.B. Joint Venture, Gemeinschaftsunternehmen; Probleme hier-bei sind die Partnerwahl sowie die schwierige Gestaltung einer vertrauens-vollen Zusammenarbeit)

- Akquisition (Übernahme/Kauf eines bereits bestehenden Unternehmens; geht vergleichsweise schnell, ist aber auch risikoreich wegen eventuellen Integra-tionsproblemen (z.B. Unternehmenskultur- und Schnittstellenprobleme))

å Strategische Optionen auf der Geschäftsfeldebene: Betrachtet werden hier Optionen der „business strategy“, also Entscheidungen, welche nur noch die einzelnen Geschäftsfelder betreffen. Bei systematischem Vorgehen zu beantworten sind die drei folgenden Grundfragen der Wettbewerbsstrategie: 1) In welche Richtung soll konkurriert werden? (die Frage nach dem Schwerpunkt des Wettbewerbs)

Optionen hier sind Differenzierungsstrategie versus Kostenführerschaft. Eine Differenzierungsstrategie zielt auf die Verringerung der Preiselastizität der Nachfrage (Preiselastizität bedeutet: inwiefern verändert sich die Nachfrage, wenn der Preis sich verändert?), sodass eine Preiserhöhung um beispielsweise 10% lediglich zu einem Absatz-rückgang von 2% führt. Zu diesem Zweck soll ein Zusatznutzen der Leistung (aus Kunden-perspektive) generiert werden (durch Senkung der Nutzungskosten und/oder Steigerung des Nutzungswertes); der daraus resultierende Besonderheitscharakter senkt die Preisempfind-lichkeit der Verbraucher, sie sind bereit mehr für die Leistung zu zahlen.

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Eine Kostenführerschaft hingegen hat das Ziel, ein Standardgut zu möglichst günstigem Preis anzubieten. Ein solcher Preisvorteil kann durch Erfahrungskurveneffekt (Größenvorteile, Rationalisierungsmaßnahmen etc.) erreicht werden. 2) Wo soll konkurriert werden? (die Frage nach dem Ort des Wettbewerbs)

Optionen sind hier Kernmarkt versus Nische. Bei Bearbeitung des Kernmarktes wird das Produkt/die Leistung des Unternehmens branchenweit angeboten, so dass der gesamte Markt abgedeckt wird. Die Beschränkung der Marktbearbeitung auf eine Nische bzw. einen Teilmarkt impliziert die Fokussierung auf eine bestimmte Kundengruppe (z.B. Windsurfer als Abnehmer von speziellem Sportzubehör), Produktlinie (z.B. nur Currywurst statt eines ganzen Fast-Food-Sortiments) oder ein geographisch begrenztes Vertriebsgebiet (z.B. Teeangebot nur im Städtedreieck Wuppertal – Remscheid – Solingen im Bergischen Land). Eine solche Fokussierung bedeutet aber auch immer den Verzicht auf potentiell mögliche Umätze (so zum Beispiel der Verzicht auf Umsätze durch Teeangebot im Ruhrgebiet bei Fokussierung auf Wuppertal, Remscheid und Solingen im Bergischen Land). 3) Wie soll konkurriert werden? (die Frage nach den Wettbewerbsregeln)

Optionen sind hier Anpassung versus Veränderung der Geschäftsfeldstruktur. Bei Anpassung wird der Markt in der Weise bearbeitet, wie es bisher auch andere Anbieter getan haben, die Geschäftsfeldstruktur wird als gegeben angesehen; eine Veränderung der Geschäftsfeldstruktur kommt z.B. durch Kooperationen, neue Ressourcenkombinationen oder neue Vertriebswege zustande. Durch die drei Grundfragen werden 2³ = 8 Basisoptionen der Geschäftsfeldstrategie ermöglicht. Eine schematische Darstellung dieser Optionen kann mittels eines strategischen Würfels mit entsprechenden acht Oktanten erfolgen. Jeder der Oktanten stellt dabei eine der Strategieoptionen dar, die sich aus der Beantwortung der drei oben erläuterten Grundfragen ergeben. Zu beachten ist jedoch, dass die hier bisher dargestellten Basisoptionen situationsunabhängige Handlungsorientierungen sind; aufgrund situationsabhängiger Handlungsmuster sind in der Realität ja nach Geschäft Modifikationen der strategischen Optionen nötig. 8.2 Operative Planung å Der Zusammenhang von strategischer und operativer Planung: Um die Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens auf dem Markt zu sichern sind sowohl operative als auch strategische Planung nötig und erfolgsrelevant. Die mittel- bis langfristig ausgerichtete strategische Planung fragt: „Are we doing the right

things?“

Die eher kurzfristig orientierte operative Planung fragt: „Are we doing the things right?“ Sie hat eine Vollzugsfunktion gegenüber bzw. im Rahmen der strategischen Planung. Ziele und Aufgaben der operativen Planung sind die Sicherung der Liquidität des Unternehmens bzw. des kurzfristigen Überlebens sowie ein eigenständiges Ausschöpfen des Erfolgspotentials (mit dem Ziel der Rentabilität, also Gewinn auf das eingesetzte Kapital zu erwirtschaften). Weitere Aufgabe der operativen Planung ist es, gegebenenfalls Anstoß zur Strategierevision zu geben.

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å Das System der operativen Teilpläne: Die strategische Gesamtplanung besteht aus vielen einzelnen operativen Teilplänen der einzelnen Unternehmensbereiche, welche einer (Total-)Interdependenz unterliegen; das heißt sie sind zusammenhängend und haben Wechselwirkungen. Folglich müssen die betroffenen Stellen bzw. Unternehmensteile Informationen, Güter und Leistungen austauschen. Dadurch wiederum bedingt ist eine Koordination der Teilpläne erforderlich (Beispiel: Abstimmung der Pläne der Bereiche Produktion und Absatz; läuft der Absatz aufgrund erfolgreichen Marketings gut und kommt die Produktion mit den zu liefernden Mengen nicht nach, so offenbart dies Abstimmungsprobleme zwischen diesen Bereichen). Entscheidungen bei Erstellung der Teilpläne können auf verschiedene Weise erfolgen; ideal-typisch ist das simultane Entscheiden (uno actu), wobei alle Teilpläne in einem Planungsent-wurf sofort enthalten sind und mitgeplant werden. Da dies jedoch für die Praxis zu komplex ist erfolgt hier eine sukzessive Erstellung der operativen Teilpläne durch Hierarchisierung selbiger nach dem Ziel - Mittel - Zusammenhang und immer ausgehend von den Engpässen. 8.3 Operative Kontrolle Die operative Kontrolle dient der Überprüfung der Strategieumsetzung in Bezug auf die Planung. å Grundbegriffe: Die operative Kontrolle findet im Sinne einer Durchführungskontrolle statt; als solche werden die Ergebnis- und die Planfortschrittskontrolle unterschieden. Sie greift auf den vier Ebenen Unternehmen, Geschäftsbereiche, Funktionsbereiche und Projekte. Operative Kontrolle gibt es in den Formen Feedbackkontrolle (ex post) und Begleitkontrolle (feed forward; parallel zum Umsetzungsprozess laufend). å Das Modell des Kontrollprozesses: Zunächst liegen hier die Sollwerte aus der Planung zugrunde; ohne diese ist eine Kontrolle nicht möglich. Im Vollzug bzw. bei der Realisierung der Sollwerte wirken Störgrößen auf den Leistungserstellungsprozess ein; durch die Umweltanalyse sollen diese Störgrößen möglichst frühzeitig erkannt und in ihrer Wirkung weitestgehend vorweggenommen werden. Nach dem Vollzug folgt die Kontrolle mittels Soll/Ist-Vergleich und eine Abweichungsanalyse; sind Soll- und Ist-Größen identisch, so ist der Plan erfüllt. Bei Abweichungen müssen die Ursachen ermittelt werden; diese können in Planungsfehlern liegen, aber auch in den Einflüssen der Störgrößen (z.B. Naturgewalten, Terror). Ausgehend von der erfolgten Kontrolle kommt es dann zu einer Rückkopplung auf den Vollzug (Planfortschrittskontrolle) sowie zu einer Rückkopplung auf die Sollwerte (Ergebniskontrolle). Die Phasen des Kontrollprozesses gliedern sich in ihrer Abfolge in dieser Weise:

- Bestimmung des Soll (möglichst quantitativ, also in Kennzahlen; dies erleichtert den späteren Abgleich mit den Ist-Werten und die Abweichungs-analyse)

- Ermittlung des Ist (ebenfalls mittels Kennzahlen) - Soll/Ist-Vergleich und Abweichungsermittlung

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- Anweichungsanalyse (hier werden die Gründe für die Abweichungen ermittelt; Suche nach Planungsfehlern, Analyse von Fehlentscheidungen und Störgrößen)

- Berichterstattung, sowohl horizontal als auch vertikal in der Unternehmens-hierarchie

9. Organisation 9.1 Aufgaben organisatorischer Strukturgestaltung Die Aufgabe der organisatorischen Strukturgestaltung ist die Lösung des Basisproblems der organisatorischen Gestaltung; dieses ergibt sich durch die Differenzierung/Arbeitsteilung und die dadurch nötige Integration. Ein höherer Grad an Differenzierung erfordert immer auch mehr Integration. Während die organisatorische Differenzierung bzw. Arbeitsteilung und Bildung leistungs-fähiger Einheiten zur Erzielung und Nutzung von Wissens- und Spezialisierungsvorteilen führt, dient die organisatorische Integration der gezielten Zusammenführung der einzelnen Arbeitselemente. Das Problem dabei ist, dass Differenzierung und Integration latent widersprüchlich sind, denn die durch Spezialisierung nötige Koordination verursacht auch Kosten; damit eine Arbeitsteilung Sinn macht muss gelten: Spezialisierungsvorteile > Koordinationskosten. å Organisieren als Managementfunktion: Organisieren ist eine ständige Daueraufgabe des Managements. Diagnose, Alternativen-generierung, Entscheidungsfindung und Umsetzung führen zu (Teil-)Reorganisations-maßnahmen (z.B. Neugliederung eines Unternehmens). å Was heißt „Organisieren“? Organisieren ist das Ersetzen fallweiser durch generelle Regelungen (bei Abnahme der Variabilität betrieblicher Tatbestände); man nennt dies auch das „Substitutionsprinzip der

Organisation“ nach Gutenberg.

Ändern sich die Aufgaben oft, so kann man keine generellen Regelungen finden; dies geht nur bei einigermaßen konstanten, wiederkehrenden Aufgaben. Dennoch sollten möglichst viele generelle Regelungen gefunden werden, da fallweise Regelungen mehr Kosten verursachen. å Die Organisationsstruktur als System genereller Regelungen: Generelle Regelungen sind hier Geschäftsverteilungspläne, Stellenbeschreibungen, Dienstan-weisungen, Betriebsordnungen (z.B. Disziplinarmaßnahmen bei nicht regelkonformem Verhalten) u.ä. Solche Organisationsstrukturen lassen sich graphisch durch Organigramme veranschaulichen.

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9.2 Organisatorische Differenzierung Die organisatorische Differenzierung dient also der Aufteilung der Gesamtaufgabe der Unternehmung, um Spezialisierungsvorteile zu erzielen. Nach Kosiol unterscheidet man Aufgabenanalyse im ersten Schritt und in einem zweiten Schritt die Aufgabensynthese. Bei der Analyse wird die Gesamtaufgabe zunächst in einzelne Teilaufgaben gegliedert; diese werden bei der Synthese bestimmten Stellen zugeordnet („Wer nimmt welche Aufgabe wahr?“), die Stellen wiederum zu (hierarchischen) Abteilungen zusammengefasst. Die Aufgabenanalyse bzw. Differenzierung kann dabei nach folgenden Kriterien geschehen:

- nach Verrichtungen, z.B. Handlungen - nach Objekten, z.B. Produkten, Regionen, Kunden - nach Rang, z.B. Entscheidungs- und Ausführungsaufgaben - nach Phase, z.B. Planung, Realisation, Kontrolle - nach Zweckbeziehung, mittel- oder unmittelbar zur Hauptaufgabe.

Im Folgenden werden Formen organisatorischer Arbeitsteilung dargestellt, und zwar die Organisation nach Verrichtungen und die Organisation nach Objekten. å Organisation nach Verrichtungen: In diesem Fall entsteht die „funktionale Organisation“ (Untergliederung auf der 2. Ebene); unterhalb der weisungsbefugten 1. Ebene der Geschäftsleitung werden dabei auf der 2. Ebene gleichartige Vorgänge zu den Funktionsbereichen Finanzierung, Einkauf, Produktion, Absatz etc. zusammengefasst. Die funktionale Organisation ist typisch für 1-Produkt-Unternehmen bzw. Unternehmen mit homogenem Produktprogramm, sie ist jedoch nicht größenabhängig. Vorteile dieser Organisation nach Verrichtungen/Funktionen sind die homogenen Handlungs-einheiten, die Kompetenzdichte (Spezialisierungsvorteile in den Funktionsbereichen) und die effektive Nutzung der Ressourcen. Nachteilig hingegen sind auftretende Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Funktionsbereichen, mangelnde Flexibilität und geringe Zurechenbarkeit von Ergebnissen; dadurch fallen Fehleranalyse bzw. Erfolgsfaktorenanalyse schwerer. å Organisation nach Objekten: Hier wird die Organisation nach Produkten, Märkten oder Kunden gegliedert, wobei erstere Form die wohl häufigste in der Praxis ist. Diesen Organisationstyp nennt man auch Spartenorganisation (bei Mehr-Produkt-Unternehmen), divisionale Organisation oder Geschäftsbereichsorganisation. Häufig wird die Spartenorganisation in Form von „profit centern“ organisiert, wobei diese aufgrund ihrer Entscheidungsautonomie in relativer Eigenständigkeit und Eigenverantwortung agieren. In der Praxis treten oft Mischformen von Sparten- und funktionalen Organisationen auf. Die rechtliche Gestaltung der Spartenorganisation kann als Einheitsunternehmen oder als Konzern erfolgen. Bei einem Einheitsunternehmen gelten die Sparten als Abteilungen, bei einem Konzern werden sie rechtlich verselbständigt. Dies kann auch als Holding geschehen, wobei die Muttergesellschaft dann nicht mehr selber produziert, sondern lediglich noch die Untergesellschaften (z.B. mittels Budgetzuteilungen) steuert.

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Bei der Spartenorganisation werden Entscheidungen dezentralisiert, sie werden also marktnäher in den Sparten/Untergesellschaften getroffen. Die Steuerungs- bzw. Kontrollsysteme verbleiben aber in der Unternehmensspitze; eine zentrale Rolle spielen hier die Finanzierungsfunktion (Budgetzuteilung) und das Kenzahlensystem ROI („Return on Investment“ = Gewinn / eingesetztes (investiertes) Kapital), welches der Rentabilitäts- bzw. Erfolgskontrolle der einzelnen Sparten dient. Folgende Darstellung enthält eine Übersicht über die Vor- und Nachteile von divisionalen Organisationen:

Vorteile Nachteile - jeweils spezifische Ausrichtung auf die Divisionsstrategien - mehr Flexibilität, weil kleinere Einheiten - Zukäufe und Desinvestitionen sind leichter zu bewerkstelligen - Entlastung der Gesamtführung - höhere Transparenz der verschiedenen Geschäftsaktivitäten - mehr Motivation durch größere Autonomie - exaktere Leistungsbeurteilung - struktureller Anstoß für strategisches Denken

- Synergieverluste durch mangelnde Teilbar- keit von Ressourcen oder durch suboptimale Betriebsgrößen - Vervielfachung hoher Führungspositionen - hoher administrativer Aufwand (Spartener- folgsrechnung, Transferpreis-Rechnung etc.) - potentielle Divergenz von Divisions- und Unternehmenszielen - Kannibalismus: Substitutionskonkurrenz zwischen den Divisionen

Vorzüge und Probleme der Spartenorganisation sind zugleich die Nachteile und Vorteile der Funktionalorganisation und umgekehrt. Die Stab-Linien-Organisation: Die Stab-Linien-Organisation orientiert sich am Entscheidungsprozess. Entscheidungen werden innerhalb der Linie oder von der Instanz getroffen; Stäbe (Spezialisten), die der Instanz oder den Abteilungen zugeordnet sind, bereiten diese Entscheidungen vor und entlasten damit die Linie. Jedoch kann es auch zu Konflikten zwischen Linie und Stab kommen. Gründe dafür liegen in personellen Faktoren (z.B. Erfahrungshorizont, Ausbildung, Fachsprache und Sozialverhalten der Spezialisten bzw. Linienmanager; Experten können als Bedrohung des Linienmanagers empfunden werden) und in der Struktur der Beratungstätigkeit (da die Stäbe eine informationelle Macht gegenüber der Linie haben). Solche Konflikte können durch die Bildung von und Arbeit in Teams behoben werden; es kommt dann zu einer kooperativen Entscheidungsfindung von Linie und Stab.

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9.3 Organisatorische Integration Die organisatorische Integration wird durch die vorangegangene organisatorische Differenzierung erforderlich. Bei Arbeitsteilung gibt es also arbeitsbezogene Interdependenzen zwischen den spezialisierten Organisationsmitgliedern, welche zu Koordinationsbedarf führen. 1) Koordinationsbedarf und Koordinationsmechanismen Eine Reduzierung des Koordinationsbedarfs kann bewirkt werden durch:

- Abteilungsbildung (Stellenhierarchie) - Puffer und Zwischenlager - flexible Ressourcen (Universalmaschinen, breite Mitarbeiterqualifikation) - Bereitstellung von Überschussreserven (Kapazitätsauslastung von in der Regel

80%) - Standards und Bandbreiten (Management by exception) - Toleranzen bezüglich des Gesamtergebnisses

Koordinationsmechanismen unterscheidet man in strukturbezogene und nicht-strukturelle; zu den ersteren zählen Weisung, Selbstabstimmung, Programme und Pläne; zu letzteren Markt, Clan und Ausbildung. Diese sieben Mechanismen werden im Folgenden dargestellt: 2) Strukturbezogene Koordinationsmechanismen a) Abstimmung durch Weisung (Hierarchie) Den Rahmen für die Koordinationsmechanismen bildet die Organisationsstruktur. Es gilt die (theoretische) Prämisse, dass die Stellenhierarchie der Personenhierarchie entspricht. Abstimmung durch Weisung kann auf Autoritätsbeziehungen und Informationswegen beruhen. å das Ein-Linien-Prinzip: Die Instanz ist hier die zugleich entscheidungs- und weisungsbefugte Stelle; nach Fayol gilt das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung („one man, one boss“), welches zu klaren (Hierarchie- und Weisungs-)Verhältnissen führt, da es immer nur einen leitungsbefugten Vorgesetzten gibt. Befehlsweg ist der Instanzenzug oder der Dienstweg. Vorteile des Ein-Linien-Prinzips sind die einheitliche Willensbildung und -durchsetzung sowie die klaren Unterstellungsverhältnisse. Als Nachteile zu sehen sind aber die Schwerfälligkeit des Systems (Einhaltung des Dienstweges) und die geringen Entfaltungs-möglichkeiten für die Mitarbeiter; darüber hinaus kann das Ein-Linien-Prinzip zu einer Überlastung der obersten Instanzen führen. Um diese Nachteile zu vermeiden wird das Einliniensystem in der Praxis nur in Varianten eingesetzt. å das Mehrliniensystem bzw. Funktionsmeistersystem (nach Taylor): Hier wird berücksichtigt, dass der Nutzung von Spezialisierungsvorteilen die Gefahr widersprüchlicher Weisungen gegenübersteht. Der positive Kern des Mehrliniensystems liegt in der Institution der „funktionalen Autorität“ von Vorgesetzten und dem Stab-Linien- System.

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Eine Variante des Mehrliniensystems ist die Matrixorganisation. Bei dieser Organisations-struktur werden Konflikte als produktives Element gesehen, folglich kommt es in diesen Fällen nicht zu einer Dominanzlösung, sondern zu einer argumentativen Lösung. Dies stellt jedoch auch hohe Anforderungen an die Mitarbeiter (personelle Voraussetzungen, „soft skills“). Unter dem Begriff der Leitungsspanne versteht man die Anzahl der einer Instanz direkt unterstellen Mitarbeiter, betrachtet von Ebene zu Ebene. Kriterium zur Bildung der Leitungsspanne ist der angestrebte Zielerreichungsgrad; der optimale Umfang der Leitungsspanne ist abhängig von Situation, Schwierigkeit der Aufgabe, Gleichartigkeit, Qualifikationen der Mitarbeiter, Führungsstil und eingesetzter Produktionstechnologie. Durch Delegation von Entscheidungen werden die Handlungsmöglichkeiten von Vorgesetzten eingeengt. Dies kann von einem Ausübungsverbot bis zur ausdrücklichen Zurücknahme der Delegation reichen. Der Vorgesetzte trägt jedoch weiter die Verantwortung für die delegierten Entscheidungen; so hat er die Verantwortung für Auswahl, Überwachung und Information des Unterstellten sowie für Korrekturmaßnahmen bei Fehlverhalten. Eine Ausnahme von dieser Verantwortung gilt nur, wenn die Gründe für die Fehlentscheidung ausschließlich in der Person des Unterstellten liegen. b) Selbstabstimmung Dieser strukturbezogene Koordinationsmechanismus kann sowohl in horizontaler als auch in lateraler Richtung wirken. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Selbstab-stimmung: zum einen die spontane (horizontale) Kooperation (beispielsweise von Mitarbeitern in Abteilungen auf gleicher hierarchischer Stufe) und zum anderen die institutionalisierte Selbstabstimmung. Zu dieser zählen problemorientierte Ausschüsse, permanent eingerichtete Abteilungsleiterkonferenzen, Koordinatoren/Kontaktleute, Integrations- bzw. Produktmanager, die Matrixorganisation und „Dynamische Netzwerke“ (nach Likert sind dies Überlappungsstrukturen = informelle Strukturen, die entstehen, wenn ein Mitarbeiter in z.B. zwei Abteilungen „unterwegs“ ist und so Kontakte knüpft bzw. Informationsaustausch betreibt; es ergibt sich eine „Adhocratie“ (≠ Bürokratie) durch informelle Kommunikation und Spontankoordination bei gemeinsamen Werten und Zielen). c) Abstimmung durch Programme Unter Programmen versteht man generelle, auf Dauer angelegte Handlungsvorschriften (als Ergebnis von Lernprozessen); man spricht auch von Routineprogrammen. Beispiele hierfür sind Lagerhaltungsprogramme (für Bestellmengen), Formblätter (für Preiskalkulationen) und Investitionsverfahren. Voraussetzungen für den Einsatz von Programmen sind:

- eine Klassifikation der Probleme bei der Aufgabenerfüllung (Standardisierung) - die Existenz problemspezifischer Lösungsverfahren - eine statische Umwelt (bei dynamischer Umwelt verlieren Programme wegen

steigendem Änderungsbedarf schnell ihre Funktionsfähigkeit) Als Problem bei der Abstimmung durch Programme gilt der Gegensatz von Standardisierung und innovativem Verhalten.

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d) Abstimmung durch Pläne Merkmale von Plänen sind:

- sie enthalten Ziele (Zweckprogramme), - sie haben eine Zukunftsorientierung (und einen Zeitindex), - sie beinhalten periodische Vorgaben (erarbeitet in einem institutionalisierten

Planungsprozess), - sie werden auf der Basis von Programmen entwickelt; dabei findet eine

Koordination des Koordinationsinstrumentes Plan statt und eine Delegation von Planungsaufgaben an Spezialisten.

3) Nicht-strukturelle Koordinationsmechanismen a) Markt Durch innerorganisatorische Konkurrenz um Ressourcen entstehen marktähnliche Koordina-tionsstrukturen; dies ist z.B. der Fall bei „profit centern“ in Spartenorganisationen, welche in relativer Eigenständigkeit (miteinander) agieren. b) Clan Durch ein hinter der Unternehmenskultur („corporate identity“) stehendes gemeinsames Wertesystem und Vertrauen innerhalb der Gruppe entsteht eine Art Binnensteuerung. c) Ausbildung Die Ausbildung der Mitarbeiter führt zur Einübung von Rollen (Verhaltensmuster); diese entsprechen generalisierten Verhaltenserwartungen der Umwelt. Folge ist eine Professiona-lisierung. 9.4 Einflussgrößen der Organisationsstruktur Die Einflussgrößen Menschen, Umwelt, Lebenszyklus und Technologie sind nicht als Determinanten der Organisationsstruktur zu verstehen. Als externe Restriktionen stellen sie aber eine Begrenzung des Handlungsspielraumes für die Organisationsgestaltung dar. „Strategie ist als übergreifendes Konzept zu sehen, das insbesondere über die Definition der Aufgabe das Verhältnis der Organisation zu Umwelt, Technologie und zum Lebenszyklus prägt.“

Lebenszyklus

Umwelt Organisations- Menschen struktur

Technologie

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1) Umwelt als Einflussgröße Umweltfaktoren, welche die Organisationsgestaltung beeinflussen, sind die Wettbewerbs-intensität, das Erziehungssystem, kulturelle Traditionen, das politische Werte-Klima (Staats-verfassung), Gesetze (MitbestG, BetrVG u.a.), Tarifverträge etc.; dies sind Faktoren der marktlichen, gesellschaftlichen, staatlichen und rechtlichen Umwelt. Großunternehmen jedoch nehmen bei der Verfolgung ihrer Ziele auch ihrerseits Einfluss auf ihre Umwelt (Märkte, Mitarbeiter, Wettbewerber etc.). Je nach Dynamik der Umwelt werden verschiedene Organisationsformen modelliert; dies sind in ihren Extremausprägungen bei stabiler Umwelt die mechanistische Organisationsform (siehe auch: Bürokratiemodell nach Max Weber) und bei dynamischer/turbulenter Umwelt die organische Organisationsform. stabile Umwelt turbulente Umwelt Organische Organisationsform:

1) funktionale Autorität 2) laterale Interaktion 3) netzartige Kommunikations-

struktur 4) viele Entscheidungszentren 5) fortgesetzte Neudefinition

der Aufgaben 6) Hingabe an die Aufgabe

Mechanistische Organisationsform: 1) strenge Hierarchie 2) vertikale Interaktion 3) abwärts gerichtete Kom- munikation 4) zentralisierte Entschei- dungskompetenz 5) starke Formalisierung 6) Loyalität und Gehorsam

2) Technologie als Einflussgröße Zwischen der eingesetzten Technologie und der Organisationsstruktur besteht ein enger Zusammenhang. So zieht die Fließbandfertigung als „Routine“-Struktur meist eine zentralistisch geprägte Organisationsstruktur nach sich. Flexible, dezentrale Strukturen hingegen gehen oftmals einher mit dem Einsatz von Universalmaschinen. Insofern widerstreben sich z.B. Flexibilität/Dezentralität und die Technologie der Fließbandfertigung.

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3) Lebenszyklus als Einflussgröße Organisieren bzw. die Organisation wird als ein historischer Prozess (aus Erfahrungen und Zeitgeist) verstanden. Eine Unternehmung durchläuft also abfolgende Lebenszyklus-Phasen. Diese sind:

- Gründungsphase (Phase der Pioniere; wenig generelle Regelungen) - Wachstumsphase (es kommt zu einer stärkeren Differenzierung und Formali-

sierung; die steigende Komplexität führt zu einem „Kontrollverlust“; durch Dezentralisierung mittels teilautonomer Subsysteme und horizontaler Koopera-tionsformen wird versucht, den Kontrollverlust zu kompensieren)

- Reife-/Niedergangsphase (das Überleben der Unternehmung soll mittels Reorganisationsversuchen gesichert werden)

4) Menschen als Einflussgröße Die in einer Organisation arbeitenden Menschen haben eigene Bedürfnisse, Erwartungen und Verhaltensweisen, welche der Organisationsstruktur entgegenstehen. Daher ist die Organisa-tionsgestaltung als ein politischer Prozess aufzufassen; es kommt zur Bildung von Koalitionen und (in-)formellen Einfluss- bzw. Machtpotentialen. 10. Führung 10.1 Führung als Einflussprozess Da beim plandeterminierten Managementprozess Entscheidungen unter Sicherheit unterstellt werden ist in der Folge theoretisch eine perfekte Organisation gestaltbar, alles funktioniert wie im Plan vorausgenommen (= „Maschinenmodell der Unternehmung“). Warum ist dann überhaupt noch Führung notwendig? Deswegen, weil die arbeitenden Menschen eben nicht so exakt funktionieren bzw. arbeiten, wie geplant, da sie auch Eigeninteressen haben und verfolgen; des Weiteren sind auch nicht alle Sachverhalte standardisierbar. Wie sieht nun der Einflussprozess aus? Auf Seiten des Beeinflussers (Vorgesetzter, Prinzipal), der ein bestimmtes Ziel anstrebt, liegen verschiedene Einflusspotentiale vor (vgl. die unten dargestellten Machtgrundlagen nach French und Raven). Mittels dieser nimmt er den Einflussversuch auf eine andere Person (Untergebener, Agent) vor. Der Erfolg des Versuchs ist nun davon abhängig, ob aus Sicht des Einflussadressaten der Nutzen der Einflussunterwer- fung größer ist als seine Kosten; dies ist auch abhängig von den persönlichen Bedürfnissen, Zielen und Wertvorstellungen des Adressaten. Je nach Kosten-Nutzenkalkül widersetzt sich der Adressat dem Einflussversuch oder er zeigt das vom Beeinflusser gewünschte Verhalten. „Macht ist die Chance, in einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Wider-streben durchzusetzen“ (Definition nach Max Weber). Machtausübung bedeutet aus Sicht der Betroffenen dann eine Einschränkung ihres Handlungsspielraumes.

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Die fünf Machtgrundlagen nach French und Raven:

1) Macht durch Belohnung: sie ist abhängig von der Perzeption (Wahrnehmung) und positiven Bewertung durch den Einflussadressaten sowie der tatsächlichen Gewährung der Belohnung durch den Beeinflusser.

2) Macht durch Zwang: Abhängigkeit ist analog zu Macht durch Belohnung; als Opportunitätskostenkalkül fallen Macht durch Zwang und Macht durch Belohnung zusammen, da eine entgangene Belohnung auch als Bestrafung und eine vermiedene Bestrafung auch als Belohnung empfunden werden kann.

3) Macht durch Persönlichkeitswirkung (Charisma): sie resultiert aus der Identifikation des Untergebenen mit dem Vorgesetzten oder dem Wunsch, dem Vorgesetzten zu gefallen.

4) Macht durch Wissen und Fähigkeiten: sie basiert auf der Perzeption des Untergebenen, dass der Vorgesetzte Wissensvorteile auf einem speziellen Gebiet hat (Expertenwissen).

5) Macht durch Legitimation: sie gründet auf der Akzeptanz spezieller Normen und Werte, die den Positionsinhabern die Macht zusprechen.

Macht durch Belohnung, Zwang und Legitimation sind formale Machtressourcen. Die tatsächliche Nutzung der Machtgrundlagen ist eine Funktion von Personen und Situation, das heißt sie ist abhängig von den Einstellungen und Überzeugungen etc. der Person sowie den Kontextfaktoren der Situation (Werteklima in der Organisation, kulturelle Gegebenheiten, Art der Aufgabe etc.). Woher kommt die Macht? Organisationen „versorgen“ Vorgesetzte mit formalen Macht-ressourcen (Belohnung, Zwang, Legitimation); in Zukunft werden Experten- und Referentenmacht weiter an Bedeutung zunehmen. 10.2 Vorgesetztenverhalten 1) Führungsstil und Leistungsverhalten Als Prämisse wird angenommen, dass der Führungsstil die entscheidende Determinante für die Einstellung der Untergebenen zur Organisation, ihren Zielen und Aufgaben etc. ist. Input in den Prozess ist der Führungsstil, Prozessoutput ist dann das Führungsergebnis im Sinne von Fluktuation, Arbeitszufriedenheit etc. 2) Autoritärer versus demokratischer Führungsstil Differenzierungskriterium ist hier die Partizipation der Untergebenen am Entscheidungs-prozess. Zu beachten gilt es, dass selbst bei Wahl eines der Extrema „autoritärer Führungsstil“ oder „demokratischer Führungsstil“ immer eine Restgröße des jeweils anderen Stils vorhanden ist; bei autoritärem Stil ist dies die Eigenverantwortung der Arbeitnehmer, bei demokratischem Stil die systembedingten Grenzen/Hierarchie.

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autoritärer demokratischer Führungsstil FührungsstilVorgesetzter zeigt autoritäres Verhalten Vorgesetzter lässt Unter- gebenen Freiheit

1) Vorge-setzter trifft Ent-scheidun-gen und kündigt sie an

2) Vorge-setzter ver-kauft Ent-scheidungen

3) Vorge-setzter schlägt Ideen vor und er-wartet Fragen

4) Vorge-setzter schlägt Versuchs-entschei-dung vor, die geän-dert wer-den kann

5) Vorge-setzter zeigt das Pro-blem, erhält Lösungsvor-schläge und entscheidet

6) Vorge-setzter gibt Grenzen an und fordert die Gruppe auf, die Ent-scheidung zu fällen

7) Vorge- setzter ge-stattet den Untergebenen, in den system- bedingten Grenzen frei zu handeln

autoritäres Verhalten versus demokratisches Verhalten - Vorgesetzter weist Aufgabe zu - Verteilung der Aufgaben über- nimmt die Gruppe - Vorgesetzter schreibt die Art der - Zielvermittlung durch Dis- Aufgabenerfüllung vor kussion - soziale Distanz - Vorgesetzte versuchen die soziale Distanz zu verringern - keine persönliche Wertschätzung - Vorgesetzte versuchen den der Untergebenen Untergebenen eine hohe Wertschätzung zu vermitteln - Vorgesetzter meidet Gruppen- - Vorgesetzte nehmen am aktivitäten Gruppenleben aktiv teil å Wirkungen autoritärer und demokratischer Führungsstile auf die Arbeitsproduktivität: Im Jahr 1948 führten Coch und French zu dieser Frage ein Feldexperiment durch; sie untersuchten die Auswirkungen der Änderung der Arbeitsorganisation in einer Textilfirma. Nach Änderung der Arbeitsbedingungen wurden die Arbeiter in drei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1: ohne Partizipation Gruppe 2: Partizipation durch Repräsentation/teilweise Partizipation Gruppe 3: totale Partizipation Es wurden folgende Beobachten zur Arbeitsproduktivität der Gruppen gemacht: Gruppe 1: Die Arbeitsproduktivität sank unter das Niveau, welches vor der Änderung der Arbeitsbedingungen herrschte. Gruppe 2: Anfänglich unproduktiver, jedoch nach und nach steigende Arbeitsproduktivität. Gruppe 3: Im Schnitt erreichte diese Gruppe ein höheres Niveau an Arbeitsproduktivität als vor der Änderung der Arbeitsbedingungen.

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Bei einer Wiederholung des Experimentes in Norwegen wurden diese Ergebnisse grund-sätzlich bestätigt, jedoch dahingehend revidiert, dass positive Effekte nur eintreten, wenn:

- die Entscheidung für die Arbeit für wichtig gehalten wird, - ein elementarer Zusammenhang zwischen Entscheidung und Arbeitsleistung

besteht, - die Partizipation der Gruppenmitglieder auch für legitim gehalten wird, - keine Manipulationsängste bei einer Partizipation bestehen.

3) Aufgaben- versus personenorientierter Führungsstil Der aufgabenorientierte Vorgesetzte konzentriert sich auf den technischen Ablauf und die zu erzielende Leistungsmenge; er betrachtet Untergebene als „Werkzeuge“, die unter Druck gesetzt werden müssen. (Druck wirkt jedoch nur kurzfristig und nicht systematisch!). Durch diesen Führungsstil wird eine Kontrolle zwangsläufig notwendig. Der personenorientierte Vorgesetzte hat ein Interesse am arbeitenden Menschen und seinen Problemen; er unterstützt die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter, nimmt diese ernst und kümmert sich um sie; darüber hinaus versucht er eine freundliche Atmosphäre/ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Es stellt sich wieder die Frage, wie sich diese beiden Führungsstile auf die Arbeitsproduk-tivität auswirken; dazu stellte Likert Studien an: Im Ergebnis waren Abteilungen mit hoher Arbeitsproduktivität eher personenorientiert geführt, Abteilungen mit niedriger Arbeitsproduktivität eher aufgabenorientiert. Des Weiteren zeigte sich, dass bei geringem Druck die Produktivität überdurchschnittlich, bei starkem Druck jedoch nur unterdurchschnittlich war. 4) Führungsstil und Führungssituation (Situationstheorie) Die unter 2) und 3) dargestellten Führungsstile sind eindimensionale Konzepte, da sie nur das Verhalten betrachten; in der Situationstheorie wird nun auch die Situation der Führung (also situative Faktoren und Umstände des Führungsverhaltens) berücksichtigt. Führungsstil Führungserfolg Führungssituation Die Situationstheorie geht davon aus, dass der Führungserfolg nicht (wie in den eindimen-sionalen Konzepten betrachtet) allein vom Führungsstil abhängt, sondern auch von der spezifischen Führungssituation beeinflusst wird.

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Die Führungssituation als intervenierende Variable ergibt sich aus: - Art der Aufgabe (ist diese wohlstrukturiert oder schwach strukturiert?), - Zeitdruck, - Erwartungen und Fähigkeiten der Geführten (Sind die Arbeitnehmer angelernt

oder hochqualifiziert? Arbeiten sie auch selbständig oder brauchen sie permanente Anleitung?) sowie von Vorgesetzten, Kunden etc.,

- Hierarchieebene (je höher, desto mehr Beachtung; je niedriger, desto „unwichtiger“),

- Positionsmacht (welche bzw. wie viel Macht/formale Machtressourcen hat die Führung).

10.3 Individualverhalten 1) Motivation und Motivationstheorien Gegenstand der Motivationstheorien ist die Erklärung der Entstehung, Ausrichtung, Stärke und Dauer eines bestimmten Verhaltens in Verknüpfung mit verhaltensrelevanten Motiven. Motive sind dabei die unabhängigen Variablen, welche das Verhalten als abhängige Variable beeinflussen. Es gibt formale und inhaltliche Motivationstheorien. 2) Homo oeconomicus Der Begriff homo oeconomicus ist eine typologische Bezeichnung für einen methodischen Idealtyp, der als Grundlage vieler Modelle gilt. Ursprung des Modells des homo oeconomicus ist es, das menschliche Verhalten auf anonymen Märkten zu erklären; es hat den Anspruch allgemeiner Gültigkeit. Dabei ist das betrachtete Individuum die Handlungseinheit, nicht etwa Gruppen oder Kollektive; alles wirtschaftliche Handeln geht also von Individuen aus (methodologischer Individualismus). Das menschliche Verhalten wird dabei von (monetären) Anreizen bestimmt, welche wiederum von Präferenzen des Individuums und Restriktionen abhängig sind. Motivierende Wirkung haben für die eigennützigen Individuen vor allem monetäre Anreize. Kritik: Das Menschenbild des homo oeconomicus gilt nur bei Anonymität, da es für anonyme Märkte konstruiert ist; persönliche Beziehungen zwischen Akteuren sind also von vornherein ausgeschlossen. Organisationen und Vereine sind aber eben nicht anonym; es gibt hier vielfältige soziale Beziehungen und Vertrauen zwischen den Akteuren. 3) Bedürfnishierarchie (Maslow) Maslow definiert fünf Klassen von menschlichen Bedürfnissen, die in der Bedürfnispyramide nach ihrer Bedeutung aufeinanderfolgenden, hierarchischen Ebenen zugeordnet werden. Die hierarchisch unteren vier Klassen zählen dabei zu den Defizitbedürfnissen (diese haben einen Sättigungspunkt), das oberste Bedürfnis ist ein Wachstumsbedürfnis (ohne Sättigungsgrenze).

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Wachstums- bedürfnisse Selbst- verwirk- lichung Wertschätzungsbedürfnisse Defizit- bedürfnisse Soziale Bedürfnisse Sicherheitsbedürfnisse Physiologische Bedürfnisse å Physiologische Bedürfnisse: diese umfassen die Grundbedürfnisse des Menschen; z.B. Essen, Trinken, Schlafen. å Sicherheitsbedürfnisse: diese drücken sich im Verlangen nach Schutz vor unvorherseh-baren Ereignissen des Lebens aus (Schutz vor Unfällen, Krankheit, Verbrechen etc.). å Soziale Bedürfnisse: sie umfassen das Streben nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit zu Gruppen, nach befriedigenden sozialen Beziehungen und Zusammengehörigkeit. å Wertschätzungsbedürfnisse: sie dienen der Entwicklung von Selbstachtung und Selbstver-trauen in einer Innen- und Außenwelt. å Selbstverwirklichungsbedürfnisse: sie repräsentieren die letzte und höchste Klasse von Bedürfnissen; sie umfassen die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und die Suche nach einem tieferen Lebenssinn; daher ist diese Klasse individuell unterschiedlich und nicht operationalisier- und verallgemeinerbar. Dazu entwickelte Maslow zwei Thesen: das Defizit- und das Progressionsprinzip. Das Defizitprinzip besteht in dem Bestreben, unbefriedigte Bedürfnisse zu befriedigen. Bei Sättigung des Bedürfnisses hat dieses keine Motivationskraft mehr. (Da das Selbstver-wirklichungsbedürfnis keine Sättigungsgrenze hat, sondern ein nie abschließend befriedigbares Wachstumsbedürfnis ist, hat es weitergehend Motivationskraft.) Das Progressionsprinzip besagt, dass das Verhalten im Grundsatz immer durch das hierarchisch niedrigste, unbefriedigte Bedürfnis geprägt wird. Bei der Interpretation der Motivationstheorie von Maslow gilt es zu beachten, dass:

- keine 100%ige Sättigung/Befriedigung einer Bedürfnisklasse gefordert ist, bevor ein nächstes Bedürfnis verhaltensmotivierend wird;

- das Modell nicht statisch, sondern im Lichte der Gesamtpersönlichkeit zu sehen ist; mit zunehmender Reife/Alter des einzelnen Menschen verschiebt sich die relative Bedeutung der Bedürfnisse;

- es sich hier um ein anthropologisch-wertendes Modell handelt; - keine direkten Aussagen zur Arbeitszufriedenheit getroffen werden können;

daher bedarf es noch einer Verknüpfungsthese: „Ist der Mensch zufrieden bzw. sind seine Bedürfnisse befriedigt, so ist seine Arbeitsproduktivität hoch.“

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4) Zwei-Faktoren-Theorie (Herzberg) Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg ist das Ergebnis von Interviews in der amerikanischen Arbeitswelt. Es wurde die Frage untersucht, welche (kritischen) Ereignisse im Arbeitsleben als besonders befriedigend oder unbefriedigend empfunden werden. Herzberg entwickelte eine zweidimensionale Theorie, in der Unzufriedenheit und Zufrieden-heit keine Extrempunkte darstellen, sondern unabhängig voneinander auf den Arbeitsprozess einwirken. Unzufriedenheit kann dabei durch den Einsatz sogenannter Hygienefaktoren („dissatisfiers“) reduziert/beseitigt werden. Dies bedeutet nach Herzberg aber nicht gleich eine Zunahme von Zufriedenheit; diese entsteht erst durch den Einsatz von Motivatoren („satisfiers“). Zu den in der Arbeitsumwelt anzusiedelnden Hygienefaktoren zählen Unternehmenspolitik/ Verwaltung, fachliche Führung, Beziehung zu Vorgesetzten, Arbeitsbedingungen, Status etc. Die Motivatoren hingegen sind dem Arbeitsinhalt zuzuordnen; dies sind Leistungserlebnis, Anerkennung, die Arbeit selbst, Ganzheitscharakter der Aufgabe, Verantwortung und Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung etc. Zu beachten ist in dieser Betrachtung die Sonderstellung der Entlohnung; sie wirkt kurzfristig zwar zufriedenheitssteigernd, kann jedoch dauerhaft allein keine Motivationswirkung entfalten. Herzberg schloss daraus, dass die Motivatoren, also das ursprüngliche Interesse an der Arbeit, dem Arbeitnehmer wichtiger ist als externe Anreize. Fazit: Wirkung der intrinsischen Motivation > Wirkung externer Anreize. Als Gemeinsamkeit der Theorien von Maslow und Herzberg lässt sich festhalten, dass die Befriedigung der Defizitbedürfnisse bzw. der Einsatz von Hygienefaktoren gewährleistet sein muss, bevor das Selbstverwirklichungsmotiv wirksam und verhaltensbestimmend werden kann. Unterschiedlich aber bewerten die beiden Modelle die motivierende Wirkung der Bedürfnisse; so kann bei Maslow jedes Bedürfnis als Motivator zufriedenheitsstiftend wirken; bei Herzberg jedoch können generell nur höchstrangige Bedürfnisse als Motivatoren fungieren, wenn gleichzeitig die Unzufriedenheit schon wegfällt. 5) Psychologische Ökonomik Hier geht es um die Wirkungen extrinsischer und intrinsischer Motivation, sowohl bei isolierter als auch gemeinsamer Betrachtung. Die extrinsische Motivation entspricht (im Gegensatz zur intrinsischen Motivation) der klassischen homo oeconomicus-Denkweise. Die Aktivität dient hier nur mittelbar der Bedürfnisbefriedigung, und zwar über Sanktionen, monetäre Anreize etc. Motivationswirkung kommt durch das „Gesetz der Verstärkung“ zustande. Des Weiteren gibt es bei extrinsischen Motivatoren einen Disziplinierungseffekt, da die Opportunitätskosten bei nicht-belohntem Verhalten steigen. Bei intrinsischer Motivation stellt die Aktivität oder deren Ziel unmittelbar und direkt eine Bedürfnisbefriedigung dar. Formen dieser Motivation sind Freude an der Arbeit, Erreichen selbstgesetzter Ziele, Einhaltung von Normen um ihrer selbst willen etc. Empirisch ist die

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Wirkung intrinsischer Motivation oft schwer von extrinsischer Motivation zu trennen, weil ein Mensch ja arbeiten und Geld verdienen muss, um zu leben und seine Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Bei gemeinsamer Betrachtung von extrinsischer und intrinsischer Motivation gilt es zu beachten, dass sie zwar nicht unabhängig voneinander sind, jedoch auch nicht additiv verknüpft sind. Statt dessen kommt es vielmehr zu einem Verdrängungseffekt, das heißt extrinsische Motivation kann intrinsische Motivation verdrängen; unter bestimmten Bedingungen kommt es dann zu einer Unterhöhlung der intrinsischen Motivation durch Belohnungen/monetäre Anreize. Man bezeichnet dies auch als Korrumpierungseffekt. Erklärend hierfür ist die verminderte Selbstbestimmung des Individuums, also der Verlust der Kontrolle sozusagen. 6) Motivierende Arbeitsgestaltung Die oben behandelten Motivationstheorien, insbesondere die Theorie Herzbergs, verweisen auf die Bedeutung der Dimensionen des Arbeitsinhalts. Dabei sind jedoch nicht nur der Entscheidungs-/Kontrollspielraum und der Tätigkeitsspielraum als getrennte Dimensionen zu betrachten, sondern auch der Ganzheitscharakter der Aufgabe. Dieser wird durch die Erweiterung des Handlungsspielraumes gefördert, was wiederum durch folgende vier arbeitsorganisatorische Maßnahmen/Alternativen ermöglicht werden kann: I. Job Rotation: systematischer Arbeitsplatzwechsel; Mitarbeiter wechseln zwischen

strukturell gleichartigen Arbeitsplätzen nach einem vorgeschriebenen oder selbst gewählten Rhythmus.

II. Job Enlargement: Arbeitsvergrößerung; quantitative/zahlenmäßige Vergrößerung

qualitativ gleichartiger Operationen; führt zu einer Erhöhung der Aufgabenquantität. III. Job Enrichment: Arbeitsanreicherung auf Individualebene; Aufgabenvielfalt und

Ganzheitlichkeit der Aufgabe werden gefördert, es kommt zu einer Ausweitung des Entscheidungs- und Kontrollspielraums.

IV. Selbststeuernde Arbeitsgruppen: Arbeitsanreicherung auf Gruppenebene; es kommt

zur eigenverantwortlichen Erfüllung zusammenhängender Arbeitsvollzüge einschließ-lich Planung, Organisation und Kontrolle durch Kleingruppen.

Während es bei I. und II. lediglich zu einer Ausweitung des Tätigkeitsspielraumes kommt, führen III. und IV. auch zu einer Erweiterung des Entscheidungs- und Kontrollspielraums. 10.4 Gruppenverhalten In Organisationen agieren jedoch nicht immer nur Individuen, sondern oft werden Aufgaben auch von Gruppen ausgeführt; daher ist eine Analyse des Verhaltens von Gruppen bzw. von Menschen in Gruppen nötig.

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å Merkmale von „Klein-Gruppen“: - eine solche „Klein-Gruppe“ besteht aus zwei oder mehr Personen, jedoch

immer so wenigen, dass ein direkter Kontakt bzw. direkte Kommunikation („face-to-face“) zwischen allen möglich ist;

- es muss ein Mindestmaß an tatsächlicher Interaktion stattfinden; - der Gruppen-Kontakt muss über eine längere Zeitspanne bestehen; - es muss ein gemeinsames Wollen und Tun herrschen; - ein Bewusstsein der Gruppenmitgliedschaft muss bei den Mitgliedern

vorliegen. å Typen von Gruppen:

- Bei zur Erfüllung einer Aufgabe bewusst geplanten Gruppen spricht man von formellen Gruppen.

- Informelle Gruppen hingegen sind solche, welche nach persönlichen Wünschen und Sympathien entstehen.

å die Gruppe als soziales System: In einer Gruppe gibt es vielerlei Interaktions- und Entscheidungsprozesse. Man kann dabei in Inputvariablen, Prozessvariablen und Outputvariablen des Systems unterscheiden; sie sollen im Folgenden kurz dargestellt werden: Inputvariablen des Systems:

- Gruppenmitglieder: entscheidend ist hier die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe hinsichtlich der Bedürfnisse, Werte, Ziele und Fähigkeiten der Mitglieder.

- Organisationsumwelt: sie ist gekennzeichnet durch Aufgabe, Technologie, Ablauforganisation, Strukturvorgaben (Entlohnungssystem, Kommunikations-form bzw. -kanäle, Statussymbole etc.), Belohnungs- und Bestrafungssystem.

Prozessvariablen:

- Kohäsion der Gruppe: sie ist eine Funktion der Attraktivität der Gruppe für ihre einzelnen Mitglieder;

- Normen und Standards, Gruppenziele; - Interne Sozialstruktur der Gruppe: von Bedeutung sind hier die Statusstruktur

(Rangordnung), Rollenstruktur (Bündel von Verhaltenserwartungen) und die Führungsstruktur (formelle und informelle Führungspersonen);

- Kollektive Handlungsmuster: dies sind konzertierte Gruppenaktionen, z.B. Outputrestriktionen, Streiks, Widerstand gegen Änderungen.

Outputvariablen:

- Stabilität: sie ist Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der Gruppe - Produktivität: hierfür gibt es verschiedene Messgrößen wie Fluktuation,

Abwesenheit, Menge etc. - Durch Stabilität und Produktivität der Gruppe wird die Effektivität der Gruppe

bewirkt.

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11. Personal 11.1 Personalfunktionen im Unternehmen Die Personalfunktionen im Unternehmen lassen sich in drei Bereiche gliedern, welche quasi in einem Kreislauf aufeinander folgen:

- Personalgewinnung (Bedarfsplanung, Anforderungsanalyse, Rekrutierung, Auswahl)

- Personalentwicklung (Aus- und Weiterbildung, Personalbeurteilung, Vor-schlagswesen, Karriereplanung)

- Personalerhaltung (Entlohnung, Sozialleistungen, Fortbildung, Informations-wesen, Verwaltung)

Die Funktion Personal ist eine Doppelfunktion; sie lässt sich unterteilen in die Sachfunktion der Personalabteilung und in die Managementfunktion der Vorgesetzten. Die Personal-abteilung klärt Grundsatzfragen, setzt die Personalpolitik des Unternehmens um und stellt ihr Expertenwissen den Managern und anderen Instanzen zur Verfügung; sie hat eine funktionale Autorität. Die Managementfunktion Personal, wahrgenommen von jedem Vorgesetzten, dient der Sicherung eines attraktiven Personalbestandes. Die Personalarbeit unterliegt aber auch dem Einfluss externer Restriktionen:

- Rechtliche Rahmenbedingungen: hier zu nennen sind die entsprechenden geltenden gesetzlichen Vorgaben des Arbeitsrechts.

- Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen: Restriktion der Personalarbeit ist der Arbeitsmarkt, da u.U. lediglich eine beschränkte Auswahl an Arbeits-kräften mit den entsprechenden benötigten Qualifikationen verfügbar ist; weiterer Faktor hier ist die Umverteilung der Arbeit z.B. durch Teilzeitarbeit und „Job-sharing“.

- Gesellschaftliche Rahmenbedingungen: zu berücksichtigen ist ein Werte-wandel; dieser zeigt sich beispielsweise in der Einstellung der Menschen zur Arbeit, der Mitbestimmung und Frauen in der Arbeitswelt.

- Technologische Rahmenbedingungen: der technische Fortschritt (Mikro-elektronik, Roboter, Computer, Informations- und Kommunikationssysteme etc.) stellt neue Herausforderungen an das Personal.

11.2 Personalauswahl Die Kriterien für den Personalauswahlprozess werden in der Regel anhand der Stellen-beschreibung ermittelt; diese enthält eine Aufgabenbeschreibung, Angaben zur organisa-torischen Eingliederung der zu besetzenden Position und ein Anforderungsprofil (Welche physischen, intellektuellen und charakterlichen Fähigkeiten muss das Personal haben?). Aus dem Vergleich des Anforderungsprofils des Arbeitsplatzes mit dem Fähigkeitssprofil des Bewerbers ergibt sich das „Eignungsprofil“; an diesem kann dann abgelesen werden, welche Fähigkeiten beim Bewerber vorhanden aber nicht erforderlich sind und welche Fähigkeiten erforderlich aber nicht vorhanden sind.

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Die Ermittlung des Fähigkeitsprofils (entspricht einer Prognose!) wird vorgenommen durch: - Analyse der Bewerbungsunterlagen (Personalfragebogen) - Auswahlgespräche - Psychologische Tests - Assessment Center (hier werden mehrere Bewerber von in der Regel mehreren

Beurteilern anhand von Einzel- und Gruppenübungen eingeschätzt) Die Personalauswahl zwischen Vollzug und Öffnung: a) Vollzugsorientierung (Routine) durch:

- Ermittlung des Eignungsprofils als zentrale Aufgabe - statisch gedachtes Anforderungsprofil; dies impliziert die Idee des

plandeterminierten Managementprozesses mit stabiler Umwelt b) Systemöffnung (Innovation) durch:

- komplexe und dynamische Umwelt; diese bedingt eine Neudefinition der Systemgrenzen und damit u.a. Flexibilität des Personals

- Formulierung des Anforderungsprofils als Problem 11.3 Leistungsbeurteilung Die Frage, ob in einer Unternehmung eine Leistungsbeurteilung stattfinden soll, beruht auf einer falschen Fragestellung, da in jeder Organisation zwischen Individuen Einschätzungen und Bewertungen erfolgen; in jedem Fall nämlich zumindest auf informelle Weise. Ein formales Leistungsbeurteilungssystem beruht auf einer gezielten Sammlung von relevanten Informationen in geregelter, kontrollierter bzw. kontrollierbarer und korrigierbarer Form. Zwecke der Leistungsbeurteilung sind:

- Lohn- und Gehaltsdifferenzierung, um eine „bessere“ Äquivalenz zwischen Lohn und Leistung zu gewährleisten

- Evaluation der Effizienz personalpolitischer Entscheidungen wie z.B. Aus-wahlverfahren, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen

- Fundierung personeller Auswahlentscheidungen wie z.B. potentielle Leistungsfähigkeit, Personaleinsatzplanung

- Ermittlung des Fort- und Weiterbildungsbedarfs sowie Festlegung von Zielen dieser Maßnahmen

- Steigerung der Motivation und Förderung der individuellen Entwicklung; das Wissen um die Leistungsbeurteilung soll leistungsstimulierend wirken bzw. eine Änderung des Leistungsverhaltens herbeiführen; eine Leistungs-beurteilung ist auch Ausgangspunkt für individuelle Entwicklungsprozesse

- Information der Mitarbeiter (§82 II BetrVG) Nicht alle Ziele der Leistungsbeurteilung lassen sich gleichzeitig und eindeutig erfüllen; sie konfligieren. Solche Konflikte zwischen Zwecken der Leistungsbeurteilung bzw. in der Leistungsbeurteilungssituation entstehen durch sich entgegenstehende Ziele. So kommt es auf der einen Seite zu einer Selektion und Diskriminierung des Leistungsverhaltens durch die Beurteilung, auf der anderen Seite soll diese aber auch die Funktionen Förderung und Motivation erfüllen. Dem Beurteiler wird im Rahmen der Leistungsbeurteilung eine „Richter“-Rolle zugewiesen, wodurch eine Distanz zwischen dem Beurteiler und dem zu Beurteilenden aufgebaut wird. Diese Distanz muss der Beurteiler überwinden, um ermutigen und fördern zu können und emotional an der Entwicklung der Mitarbeiter teilzunehmen (Empathie).

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Weiterer Konflikt sind die sich oftmals widersprechenden Ziele von Organisation und Mitarbeitern (z.B. der Lohnkonflikt). Um diese Konflikte möglichst weitgehend zurückzudrängen werden Leistungs-beurteilungssysteme nach Zwecken geteilt (Leistungsbeurteilungen zu Förderzwecken und Leistungsbeurteilungen zu Selektionszwecken), Vorgesetztenbeurteilungen eingesetzt und spezifisch geeignete Leistungsbeurteilungsmethoden verwendet. Man unterscheidet drei verschiedene Ansätze zur Leistungsbeurteilung: diese differieren je nach Gegenstand der Beurteilung:

Arbeitsprozess Input Transformation Output

Gegenstand der Beurteilung

Fähigkeiten der Arbeitsverhalten Arbeits- Mitarbeiter ergebnis

Ansatz

Eigenschafts- Tätigkeits- ergebnis- orientierter orientierter orientierter Ansatz Ansatz Ansatz

Der eigenschaftsorientierte Ansatz der Leistungsbeurteilung lässt nur wenige bzw. keine verlässlichen fundierten Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung und Leistung des Mitarbeiters zu (vgl. Führungsforschung). Die mangelhafte theoretische Fundierung dieses Ansatzes verweist in Theorie und Praxis auf die Anwendung tätigkeitsorientierter und ergeb-nisorientierter Ansätze. 11.4 Entlohnung Ein weiterer Konflikt im Unternehmen ist die Entlohnung; hier treten gegenläufige Interessen von Mitarbeitern und Unternehmen auf. Der Lohnkonflikt besteht darin, dass die Arbeitgeber die Lohnkosten minimieren wollen, die Arbeitnehmer aber ihr Einkommen maximieren möchten. Dieser Antagonismus ist im Kern ein normatives Problem: es geht um die Vertei- lungsgerechtigkeit. In der Praxis wird versucht, über interne und externe Verhandlungen zwischen Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite eine Schnittmenge der Minimierungs-/Maximierungs-Interessen der Parteien zu erreichen und damit den Konflikt (temporär) zu lösen. Lohnforderungen und Beschwerden der Arbeitnehmer über das Entlohnungssystem haben oft neben ökonomischen Gründen auch einen symbolischen Charakter. So können Unzufriedenheit mit dem Betrieb, Vorgesetztenverhalten, Arbeitsinhalten- und formen aber auch Auseinandersetzungen um Machtbefugnisse (Recht auf Mitbestimmung, Ressourcen-zuteilung) Auslöser sein. Die betriebliche Entgeltdifferenzierung beantwortet die Frage: Wie setzt sich der individuelle Lohn zusammen? Der individuelle Lohn ist das Ergebnis des Zusammenwirkens mehrerer Einfluss-komponenten: der Arbeitsaufgabe (aufgabenspezifische Arbeitsanforderungen), der individuellen Leistung (personalspezifische Leistungen) und Korrekturfaktoren (Bedingungen des Arbeitsmarktes (Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften), Konjunktur, soziale Faktoren (z.B. Senioritätsentlohnung)).

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Zur Arbeitsbewertung wird z.B. das Genfer Schema herangezogen; es kennt vier Grund-kategorien/Hauptmerkmale an Anforderungen, welchen jeweils verschiedene Anfor-derungsarten zugeordnet werden:

Hauptmerkmale Anforderungsarten 1. geistige Anforderungen 2. körperliche Anforderungen 3. Verantwortung für 4. Arbeitsbedingungen (Belastung durch)

a) Fachkenntnisse b) Nachdenken a) Geschicklichkeit b) Muskelbelastung c) Belastung der Sinne und Nerven a) Betriebsmittel und Produkte b) Sicherheit und Gesundheit anderer c) Arbeitsablauf a) Temperatur b) Nässe c) Schmutz d) Gase, Dämpfe e) Lärm, Erschütterung f) Blendung, Lichtmangel g) Erkältungsgefahr, Arbeit im Freien h) Unfallgefährdung

Entlohnung unterliegt aber auch einem permanenten Wandel, da sich auch die Einfluss-faktoren ständig ändern. Ursachen sind:

- technologischer Wandel (dieser kann Löhne ruinieren, da ihre Arbeits-grundlage entfällt)

- Arbeitsorganisation (beispielsweise bei Umstellung von Qualitäts- auf Massenproduktion)

- Tarifpolitik (Ergänzung um qualitative Elemente, „Incentives“) - Wertewandel (Relativierung der Bedeutung der Erwerbstätigkeit oder des

Ansehens von Berufen/Positionen) - strategische Ausrichtung der Unternehmensführung (Entlohnung als strate-

gisches Anreizsystem (vgl. Vollzug versus Öffnung)) Entlohnung und Motivation: In der Regel besteht beim Individuum kein direktes „Bedürfnis“ nach Geld; jedoch hat dieses eine Instrumentalfunktion, da es der Erfüllung anderer Bedürfnisse dient (Mittel zum Zweck). Ausgerichtet an der Bedürfnispyramide nach Maslow ergibt sich für die Valenz des Verdienstes folgende Formel: Instrumentalität des Verdienstes für: Bedeutung der: physiologischen Bedürfnisse x physiologischen Bedürfnisse Valenz Sicherheitsbedürfnisse x Sicherheitsbedürfnisse des soziale Bedürfnisse x sozialen Bedürfnisse Verdienstes Wertschätzungsbedürfnisse x Wertschätzungsbedürfnisse Selbstverwirklichungsbedürfnisse x Sebstverwirklichungsbedürfnisse

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Ein entsprechendes Modell gibt es für die Ermittlung der Motivation: M = f ( E x ( I x B )) = f ( E x V ) M = Motivation E = subjektive Erwartungswahrscheinlichkeit, dass Leistung tatsächlich zu mehr Geld führt I = Instrumentalität des Geldes B = Bedeutung der Bedürfnisse V = (I x B) = Valenz des Geldes/Lohnes/Verdienstes Motivation ist also eine Funktion der subjektiven Erwartungswahrscheinlichkeit (,dass Leistung tatsächlich zu mehr Geld führt) multipliziert mit dem Produkt aus Instrumentalität des Geldes und Bedeutung der Bedürfnisse; bzw. anders ausgedrückt ist Motivation die Funktion der subjektiven Erwartungswahrscheinlichkeit (,dass Leistung tatsächlich zu mehr Geld führt) multipliziert mit der Valenz des Geldes. Empirische Befunde hierzu zeigen eine hohe Instrumentalität des Geldes für die Befriedigung von physiologischen Bedürfnissen, Sicherheitsbedürfnissen und Wertschätzungsbedürfnissen. Eine niedrige Instrumentalität des Geldes hingegen zeigt sich für die Befriedigung von sozialen Bedürfnissen und Selbstverwirklichungsbedürfnissen. Des Weiteren gilt es, auch Lohnsubstitute (z.B. Sicherheit vor Kündigung (Beamte)) und ihre Wirkungen zu beachten.

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Anhang 1: Diskussionsfragen und Antworten Kapitel 1:

1. Definieren Sie den Begriff „Betrieb“! Ist diese Definition systemindifferent? Begründen

Sie Ihre Auffassung!

2. Warum ist es zweckmäßig, die BWL als Kulturwissenschaft und angewandte Disziplin zu

begreifen?

3. Wie unterscheiden sich die Begriffe Unternehmen und Haushalt?

4. Ist ein Betrieb immer auch ein Unternehmen?

Kapitel 2:

5. Was versteht man unter dem Begriff „Wirtschaften“?

6. Diskutieren Sie die verschiedenen Ausprägungen des ökonomischen Prinzips!

7. Wodurch unterscheiden sich das „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ (ökonomische Prinzip) und

das „erwerbswirtschaftliche Prinzip“?

8. Warum ist es möglich, unter dem ökonomischen Prinzip auch soziale oder ökologische

Ziele zu verfolgen?

9. Nennen und erläutern Sie die verschiedenen Entscheidungssituationen, die beim

Wirtschaften auftreten können!

Kapitel 3:

10. Wodurch unterscheiden sich Schmalenbach, Rieger und Niklisch in ihren program-

matischen Vorstellungen zur BWL?

11. Erläutern Sie Gutenbergs System der produktiven Faktoren!

12. Nehmen Sie Stellung zu folgender Aussage: „In Gutenbergs betriebswirtschaftlichem

Wissenschaftsprogramm lassen sich qualitative Fragestellungen nicht integrieren.“

13. Welche Rolle weist Dieter Schneider dem „Unternehmer“ in seiner Konzeption der BWL

zu?

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14. Warum stellt laut Schneiders Ansatz die Verpflichtung von Arbeitskräften durch Vertrag

eine Verringerung von Einkommensunsicherheiten dar?

15. Diskutieren Sie das Verhältnis des Schneider`schen „Unternehmers“ zur traditionellen

neoklassischen Theorie!

16. Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen den Konzeptionen der BWL von Gutenberg und

Dieter Schneider?

Kapitel 4:

17. Nennen und erläutern Sie die Klassifikationskriterien für Wirtschaftsordnungen!

18. Unterscheiden Sie die vier Grundtypen von Wirtschaftsordnungen!

19. Nach welchen Kriterien kann man Unternehmensordnungen klassifizieren?

20. Wodurch unterscheiden sich die kapitalistische Unternehmensordnung, Publikums-

gesellschaften und mitbestimmte Unternehmen im Hinblick auf die Verteilung der

Verfügungsrechte?

21. Erläutern Sie kurz die Begründung der kapitalistischen Unternehmensordnung!

22. Nennen Sie zwei Grundfragen der Unternehmensordnung und erläutern Sie diese!

23. Welche Interessen sind für die Ausgestaltung von Unternehmensordnungen relevant?

24. Wodurch unterscheidet sich das Interesse der Kapitaleigner von den anderen unter-

nehmensverfassungsrelevanten Interessen?

25. Was versteht man unter den Begriffen Selbst- und Fremdorganschaft?

26. Erläutern Sie kurz die Aufgaben von Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand in

der AG!

27. Wie werden in den drei Organen einer AG jeweils die Entscheidungen gefällt?

28. Erläutern Sie das Vertragsmodell der kapitalistischen Unternehmung!

29. Wo setzen Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers an? Welche Instrumente stehen zur

Verfügung?

30. Nennen Sie zentrale rechtliche Arbeitsregelungen des Individualarbeitsrechts und des

kollektiven Arbeitsrechts!

31. Welche Gründe sind für die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt

verantwortlich? Inwieweit ist dies für die Begründung der kapitalistischen Unternehmens-

ordnung problematisch?

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32. Nennen Sie die Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Unternehmung unter das

Publizitätsgesetz fällt! Welche anderen Vorschriften dienen einer größeren Publizität?

33. Nennen Sie die Argumente für die Entwicklung zur mitbestimmten Unternehmung!

34. Zeigen Sie die organisatorischen Ansatzpunkte der Mitbestimmung im

Entscheidungssystem der Unternehmung auf!

35. Wovon hängt es ab, ob bestimmte Unternehmen bzw. Betriebe von der

Mitbestimmungsgesetzgebung erfasst werden?

36. Welche Funktion hat der Neutrale im Aufsichtsrat nach dem Montan-MitbestG `51?

37. In welchen Unternehmen welcher Rechtsformen gilt welche Unternehmensmitbe-

stimmungsgesetzgebung?

38. Wie schätzen Sie die Regelungen des MitbestG 1976 im Hinblick auf die Verwirklichung

der interessendualistischen Unternehmensordnung ein?

39. Definieren Sie den Begriff „Betrieb“ im arbeitsrechtlichen Sinne!

40. Nennen Sie die wesentlichen Organe nach dem Betriebsverfassungsgesetz (1972/2001)

und erläutern Sie deren Funktionen!

41. Nennen Sie die sachlichen Bereiche, in denen dem Betriebsrat vom Gesetzgeber

Kompetenzen eingeräumt werden! Systematisieren Sie außerdem die Rechte des Betriebsrats

nach ihrer Intensität!

42. Wie ist die Abstufung des Einflusses der Betriebsräte im Unternehmen/Konzern?

43. Skizzieren Sie die Voraussetzungen, Organisation und Bedeutung der Sprecherausschüsse

der leitenden Angestellten!

44. Unterscheiden Sie zwischen Betriebsvereinbarungen nach dem BetrVG (1972/2001) und

den Richtlinien nach dem Sprecherausschussgesetz (1988)!

45. Warum wird die Zweckmäßigkeit von Sprecherausschüssen kritisch beurteilt?

46. Wodurch unterscheiden sich das angelsächsische Board-System und das deutsche

Aufsichtsratssystem? Wie sieht die Beurteilung aus Sicht der Europäischen Aktiengesellschaft

aus?

Kapitel 5:

47. Was versteht man unter konstitutiven Entscheidungen?

48. Warum stellt die Standortwahl ein Entscheidungsproblem dar? Erläutern Sie die Aufgabe

von Standortentscheidungen!

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49. Wovon wird das Entscheidungsfeld der Standortwahl bestimmt?

50. Nennen Sie die Standortfaktoren nach Weber und nennen Sie jeweils Beispiele!

51. Welche Faktoren sind nach Behrens für die Standortentscheidung einer Unternehmung

relevant?

52. Stellen Sie die unterschiedlichen Auffassungen von Weber und Behrens bezüglich der

Vorziehenswürdigkeit von Standorten dar!

53. Warum lässt sich die Wahl einer Rechtsform als konstitutive Entscheidung bezeichnen?

54. Nennen und erläutern Sie kurz die relevanten Rechtsformwahlkriterien!

55. Welche der wesentlichen Rechtsformwahlkriterien halten Sie aus Arbeitnehmersicht für

bedeutsam? Begründen Sie Ihre Ausführungen!

56. Nennen Sie die zur Wahl stehenden Rechtsformen des Privatrechts!

57. Analysieren Sie die Rechtsform der GmbH anhand der Rechtsformwahlkriterien!

58. Was versteht man unter Unternehmenszusammenschlüssen? Zu welchem Zweck erfolgen

sie?

59. Wodurch unterscheiden sich Kooperationen und Konzerne?

60. Worin liegt der Unterschied, wenn zwei Unternehmen fusionieren oder sich konzernmäßig

verflechten?

61. Erläutern Sie die Varianten der Konzernierung!

Kapitel 7:

62. Unterscheiden Sie den institutionellen und den funktionalen Ansatz in der

Managementlehre!

63. Erläutern Sie die fünf Managementfunktionen nach Koontz/O`Donnell!

64. Stellen Sie die Rolle der Planung im plandeterminierten Managementprozess dar!

65. Grenzen sie die Begriffe „langfristige“ und „kurzfristige“ Planung voneinander ab!

66. Erläutern Sie das Konzept der Managerrollen nach Mintzberg und nennen Sie die Rollen!

Kapitel 8:

67. Erläutern Sie kurz die Grundfragen der strategischen Planung!

68. Unterscheiden Sie die Begriffe Strategie und Maßnahme!

69. Erläutern Sie kurz die Elemente des strategischen Managementprozess!

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70. Wo liegt bei der Kontrolle der Unterschied zwischen plandeterminiertem

Managementprozess und strategischem Managementprozess?

71. Nennen Sie die Triebkräfte des Wettbewerbs nach Porter!

72. Welche strategischen Optionen auf Gesamtunternehmensebene kennen Sie? Erläutern Sie

diese kurz!

73. Erläutern Sie kurz die Grundfragen der Wettbewerbsstrategie! Ordnen Sie diese in den

Kontext der strategischen Ebenen im Unternehmen ein!

74. Unterscheiden Sie Differenzierungsstrategie und Kostenführerschaft!

75. Unterscheiden Sie strategische und operative Planung!

76. Was verstehen Sie unter der Interdependenz der Teilpläne?

77. Erläutern Sie kurz den Kontrollprozess in seinen Phasen!

Kapitel 9:

78. Was versteht man unter dem Basisproblem der Organisation?

79. Erläutern Sie kurz das Substitutionsprinzip der Organisation nach Gutenberg!

80. Erklären Sie, anhand welcher Dimensionen/Kriterien die Gesamtaufgabe einer

Unternehmung gedanklich in Elementarteile zerlegt werden kann!

81. Vergleichen Sie die Vor- und Nachteile der funktionalen und der divisionalen

Organisation!

82. Analysieren Sie die Spartenorganisation im Hinblick auf die Entscheidungsautonomie und

die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Sparten!

83. Erläutern Sie kurz die Koordinationsmechanismen der organisatorischen Integration!

84. Diskutieren Sie die wesentlichen Merkmale der Matrixorganisation!

85. Erläutern Sie den Begriff „Leitungsspanne“!

86. Welche Voraussetzungen müssen vor dem Einsatz von „Programmen“ bei der

organisatorischen Differenzierung erfüllt werden?

87. Erläutern Sie kurz die Einflussgrößen der Organisationsstruktur!

88. Was versteht man unter „organischen“ und „mechanistischen“ Organisationsformen?

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Kapitel 10:

89. Ordnen Sie die Managementfunktion „Führung“ in das Konzept des plandeterminierten

Managementprozesses ein!

90. Nennen und erläutern Sie kurz die von French und Raven festgestellten Macht-

grundlagen!

91. Vergleichen Sie autoritäres und demokratisches (Vorgesetzten-)Verhalten!

92. Was bedeutet die Führungssituation für den Erfolg von Führung?

93. Warum ist das Menschenbild des homo oeconomicus nur bedingt für die Erklärung von

Motivation in Organisationen heranzuziehen?

94. Erläutern Sie kurz die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow!

95. Wodurch unterscheiden sich Motivatoren und Hygienefaktoren nach Herzberg?

96. Welche Aussagen zur Arbeitszufriedenheit lassen sich in den Theorien von Maslow und

Herzberg finden? Vergleichen Sie!

97. Wie verhalten sich extrinsische und intrinsische Motivation zueinander?

98. Nennen und erläutern sie kurz Maßnahmen der motivierenden Arbeitsgestaltung!

99. Beschreiben Sie die Gruppe als soziales System!

Kapitel 11:

100. Inwiefern ist „Personal“ Sach- und Führungsfunktion?

101. Systematisieren Sie die Aufgaben des Personalwesens!

102. Nennen Sie Gründe für die Einführung eines formalen Leistungsbeurteilungssystems

sowie Zwecke der Leistungsbeurteilung im Allgemeinen!

103. Welche Konflikte zwischen den Zwecken der Leistungsbeurteilung gibt es?

104. Welche drei Ansätze der Leistungsbeurteilung kennen Sie?

105. Wie setzt sich der individuelle Lohn eines Arbeitnehmers zusammen?

106. Für welche Bedürfnisse (nach Maslow) hat Geld was für eine Instrumentalfunktion?

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Antworten zu den Diskussionsfragen: 1. Definieren Sie den Begriff „Betrieb“! Ist diese Definition systemindifferent? Begründen Sie Ihre Auffassung! Betriebe/Einzelwirtschaften sind technische, wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene Gebilde, die der Bedarfsdeckung dienen; sie treffen selbständig Entscheidungen und handeln auf eigenes Risiko. Selbständiges Entscheiden bedeutet hierbei, dass die Unternehmung im Rahmen der geltenden Gesetze die Verfolgung der angestrebten Ziele weitgehend ohne Weisung anderer angeht. Eigenes Risiko bedeutet, dass die Gefahr besteht, durch eine selbständige Entscheidung negative Konsequenzen für das Unternehmen herbeizuführen, die dann auch selber getragen werden müssen (Marktrisiko, z.B. das Ausbleiben von Aufträgen, Fehlinvestitionen). Diese Definition ist nicht systemindifferent, da die selbständige Entscheidung und das eigene Risiko nur in privatwirtschaftlichen Marktwirtschaften relevant sind. In Zentralverwaltungs-wirtschaften trägt der Staat das Risiko, die Entscheidungen trifft die zentrale Planungs-behörde. 2. Warum ist es zweckmäßig, die BWL als Kulturwissenschaft und angewandte Disziplin zu begreifen? Definition „Kultur“: Die Schöpfungen menschlichen Geistes und die Ergebnisse mensch-lichen Handelns. Menschliches Denken und Handeln vollziehen sich in bestimmtem kulturellem Kontext, welcher selber auch Ergebnis menschlichen Denkens und Handelns ist. Die BWL wird als Kulturwissenschaft bezeichnet, da sie vom Menschen geschaffen ist und vom Menschen geschaffene Institutionen zum Untersuchungsobjekt hat. Im Gegensatz dazu stehen die Naturwissenschaften. Die BWL kann als angewandte Disziplin begriffen werden, da sie Fragestellungen und Probleme (aus der Praxis) aufgreift und für diese Lösungsansätze zu bieten versucht. Jede Wissenschaft, die Empfehlungen für die Praxis abgibt und ihre Umsetzung erwartet ist eine angewandte Wissenschaft. 3. Wie unterscheiden sich die Begriffe Unternehmen und Haushalt? Unternehmen dienen überwiegend der Fremdbedarfsdeckung, Haushalte hingegen der Eigenbedarfsdeckung. Diese Begriffe können auch in Bezug gestellt werden zur Definition eines Betriebes (vgl. Frage 1.). 4. Ist ein Betrieb immer auch ein Unternehmen? Ein Unternehmen ist immer ein Betrieb. Andersherum jedoch gilt dies jedoch nicht, ein Betrieb ist nicht immer ein Unternehmen, da auch Haushalte Betriebe laut Definition sind (siehe auch die Klassifikation von Kosiol). Deswegen existieren von dieser Vorlesung abweichend noch weitere diverse Begriffsdefinitionen.

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5. Was versteht man unter dem Begriff „Wirtschaften“? Wirtschaften ist ein zielbezogener Prozess; er beinhaltet das Wählen zieloptimaler Alternativen, orientiert sich am ökonomischen Prozess und wird als geistiger Prozess verstanden (Entscheiden). Wirtschaften wird notwendig, weil Güter relativ knapp zu den Bedürfnissen sind; aus diesem Grund muss über ihren Einsatz in Betrieben unter dem Gesichtspunkt der optimalen Allokation entschieden werden. 6. Diskutieren Sie die verschiedenen Ausprägungen des ökonomischen Prinzips! Das ökonomische Prinzip wird auch das „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ genannt. Man unterscheidet:

- Maximumprinzip: mit einem gegebenen Mittelbestand soll ein maximales Ergebnis erzielt werden.

- Minimumprinzip: ein bestimmtes Ergebnis soll mit einem minimalen Mittelaufwand erzielt werden.

Eine verallgemeinerte Interpretation des Wirtschaftlichkeitsprinzips ist das generelle Extremumprinzip: „Handle so, dass Du mit Deinen knappen Mitteln optimal Deine Ziele erreichst!“ Dabei ist das Optimalitätskriterium problemindividuell zu definieren. 7. Wodurch unterscheiden sich das „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ (ökonomische Prinzip) und das „erwerbswirtschaftliche Prinzip“? Das ökonomische Prinzip ist systemindifferent (keine vorgegebenen Zielkriterien, sondern individuell festgelegte Entscheidungsprinzipien; Unterstellung von rationalem Verhalten), es gilt sowohl in Marktwirtschaften als auch in Zentralverwaltungswirtschaften. Das erwerbswirtschaftliche Prinzip ist eine spezielle Ausprägung des ökonomischen Prinzips, es ist systemdifferent (Beziehung auf marktwirtschaftliche Systeme). Unterstellt wird hier das wirtschaftliche Ziel der Gewinnmaximierung. 8. Warum ist es möglich, unter dem ökonomischen Prinzip auch soziale oder ökologische Ziele zu verfolgen? Wirtschaftliche Ziele = Gewinn-/Umsatzmaximierung Soziale Ziele = Arbeitsqualität, Zufriedenheit der Arbeitnehmer Technische Ziele = geringe Ausschussrate, geringe Maschinenabnutzung Ökologische Ziele = Lärmbeseitigung, Reduzierung der Luftverschmutzung Wirtschaftlichkeit ist ein allgemeiner Begriff; er ist immer relativ zu bestimmten Zielen bzw. Rationalitäten zu sehen. Bei diesem Zielbezug kommen als Bezugsgrößen nicht nur wirtschaftliche Ziele in Frage. Das ökonomische Prinzip ist abhängig von den Zielsetzungen, Präferenzen und Restriktionen unter denen entschieden wird; dadurch können Zielen verschiedene Rationalitäten zugeordnet werden.

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9. Nennen und erläutern Sie die verschiedenen Entscheidungssituationen, die beim Wirtschaften auftreten können! Entscheidung ist ein Wahlakt zwischen wenigstens zwei Handlungsmöglichkeiten; diese müssen die zukünftige Situation des Entscheidungsträgers in unterschiedlicher Weise beeinflussen. Eine Entscheidung ist in ihren Konsequenzen also stets zukunftsbezogen, da die Auswirkungen erst zu einem späteren Zeitpunkt deutlich werden bzw. eintreten. Je weiter eine Entscheidung in die Zukunft greift, desto unvollkommener ist im Zeitpunkt der Entscheidung das Wissen um die Wirkungen. In der Praxis sind daher auch Entscheidungen unter unvollkommener Information der Regelfall. Man unterscheidet folgende Situationen: a) Sicherheit: es liegt vollkommene Sicherheit/Information bezüglich aller Entscheidungs-variablen vor; dies entspricht dem Modell der vollkommenen Konkurrenz. b) Ungewissheit: - Risiko: die Eintrittswahrscheinlichkeiten sind dem Entscheidungsträger bekannt.

- Unsicherheit: die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Ergebnisse der realisierbaren Alternativen sind unbekannt.

10. Wodurch unterscheiden sich Schmalenbach, Rieger und Niklisch in ihren program-matischen Vorstellungen zur BWL? Schmalenbach versteht die BWL als eine (technologisch orientierte) Kunstlehre, die praktisch-normativ ausgerichtet ist. Somit ist die BWL hier eine angewandte Disziplin, welche Verfahrensregeln für die von der Praxis vorgegebenen Problemstellungen bereitstellt. Leitidee ist die Idee der Wirtschaftlichkeit. Als Gegenthese zu Schmalenbach ist Riegers Privatwirtschaftslehre zu verstehen. Rieger verfolgt eine strikt theoretische Orientierung und fühlt sich dem Postulat der Wertfreiheit verpflichtet. Die Aufgabe der BWL ist es hier, Erklärungen wirtschaftlichen Handelns zu geben und nicht die Bereitstellung von Handlungsempfehlungen für die Praxis. Leitgedanke der Privatwirtschaftslehre ist die Idee der Rentabilität (Betrieb als Geldfabrik). Niklisch ist ein Vertreter des ethisch-normativen Standpunktes. Für ihn besteht die Aufgabe des Faches darin, Normen für wirtschaftliches Handeln aus allgemeingültigen ethischen Grundsätzen abzuleiten. Die Wirtschaft soll dann in den sich auf diese Weise ergebenden Sollzustand überführt werden. Auf Niklisch geht daher auch die Idee der Betriebs-gemeinschaft zurück. 11. Erläutern Sie Gutenbergs System der produktiven Faktoren! Gutenbergs System des produktiven Faktoren wird auch als faktortheoretischer Ansatz bezeichnet. Er kommt aus der Neoklassik abgeleitet: Mikroökonomik und ihre Produktions-funktionen; der Betrieb wird als Produktionsfunktion gesehen.

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Gutenberg unterscheidet Elementarfaktoren und den dispositiven Faktor. Zu den Elementarfaktoren zählen

– Werkstoffe (Roh-/Hilfsstoffe, (un-)fertige Erzeugnisse, Handelsware) – Betriebsmittel (Maschinen, Bauten, Grundstücke, Betriebsstoffe) – ausführende/objektbezogene Arbeit

Unter dem dispositiven Faktor versteht man die Tatsache, dass die Geschäftsleitung die Elementar-/Produktionsfaktoren optimal kombinieren soll. Hilfsmittel für die optimale Kombination sind die derivativen dispositiven Faktoren Planung, Organisation, Kontrolle. Gutenberg verbindet mit dem dispositiven Faktor Irrationalität und Intuition. 12. Nehmen Sie Stellung zu folgender Aussage: „In Gutenbergs betriebswirtschaftlichem Wissenschaftsprogramm lassen sich qualitative Fragestellungen nicht integrieren.“ Im Mittelpunkt von Gutenbergs Wissenschaftsprogramm steht die betriebliche Leistungs-erstellung als Prozess von Produktionsfaktoren, sowie die Analyse der verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten. Dies ist eine quantitative Modellanalyse mit dem Ziel der Optimierung. Der produktionstheoretische Standpunkt führt dazu, dass qualitative Aspekte der betrieblichen Leistungserstellung vernachlässigt werden. Mit Input-Output-Beziehungen lassen sich quali-tative Aspekte nur schwer beschreiben. 13. Welche Rolle weist Dieter Schneider dem „Unternehmer“ in seiner Konzeption der BWL zu? Die BWL nach Dieter Schneider untersucht lediglich einen Aspekt: den Einkommensaspekt. a) Danach streben Handelnde nach Einkommen und Einkommensverwendung. Es treten aber Unsicherheiten in Form von Einkommensunsicherheiten auf. Das Individuum strebt nun nach einer Verringerung dieser Unsicherheiten. Eine Trennung von wirtschaftlichem und nicht-wirtschaftlichem Handeln ist hier nicht möglich. Wirtschaften ist bei Schneider ja auch nicht das Erkenntnisobjekt der BWL. b) Institutionen (Betriebe, Unternehmen) dienen der Verringerung von Einkommens-unsicherheiten; daher treten Individuen auch in sie ein. c) Wer handelt im Unternehmen? Unternehmer Definition des Unternehmers: Jedermann ist im Hinblick auf die Unsicherheit im Einkom-menserwerb Unternehmer seines Wissens, seiner Arbeitskraft und seines sonstigen Vermögens; in diesem Sinne sind auch Arbeitnehmer Unternehmer. Die Rolle des Unternehmers ist nun das Ausüben von Unternehmerfunktionen: I. Unternehmungs-/Institutionen-begründende Funktion: zeitweise Übernahme von Einkom-mensunsicherheiten anderer Menschen. II. Institutionen-erhaltende Funktionen nach außen: Suche nach Arbitrage/Spekulations-gewinnen gegenüber anderen Organisationen und Einzelpersonen auf Märkten. III. Institutionen-erhaltende Funktionen nach innen: Durchsetzung von Änderungen, also wirtschaftliche Führerschaft. Manager sind nach Schneider Personen, auf die Unternehmerfunktionen übertragen werden.

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14. Warum stellt laut Schneiders Ansatz die Verpflichtung von Arbeitskräften durch Vertrag eine Verringerung von Einkommensunsicherheiten dar? Durch einen (Arbeits-)Vertrag wird die Einkommensunsicherheit der Arbeitnehmer zeitweise gemindert, da eine bestimmte Laufzeit und Einkommenszahlungen für geleistete Arbeits-zeiten vereinbart werden. Dabei gelten Verpflichtungen sowohl für die Arbeitgeber- als auch für die Arbeitnehmerseite. Für den Unternehmer selber verringert sich das Risiko nicht. 15. Diskutieren Sie das Verhältnis des Schneiderschen „Unternehmers“ zur traditionellen neoklassischen Theorie! In der Neoklassik (Produktionstheorie, Mikroökonomie) herrscht das Gleichgewichtsdenken; in der Folge führt dies zu der Annahme, der Preis sei ein Datum und sei für alle Akteure gleich. Bei Schneider hingegen existieren kurzfristig auf den Märkten Preisunterschiede, die die Suche nach Arbitragegewinnen ermöglichen. Der Unternehmer ist hier ja in seiner Funktion als Mittler zwischen unsicherheitsbeladenen Angebots- und Nachfragemärkten tätig; in diesem Sinne ist er eine dynamische Figur, die den Markt in Schwung hält. So kommt es also auch auf Konkurrenzmärkten zu Preisunterschieden. 16. Sehen Sie Gemeinsamkeiten zwischen den Konzeptionen der BWL von Gutenberg und Dieter Schneider? Den Konzeptionen Gutenbergs und Schneiders ist gemeinsam, dass sie eine strikte theoretische Orientierung aufweisen und sich auf Grundlagen der Mikroökonomie beziehen. Des Weiteren haben beide Konzeptionen nur je einen Aspekt der BWL im Auge: Bei Gutenberg ist dies die Produktionstechnik, bei Schneider das Einkommen. Beide ordnen dem „Unternehmer“ einen besonderen Stellenwert zu; Gutenberg sieht ihn als dispositiven Faktor (irrationale Wurzel), Schneider als Bezugspunkt der Lehre von den Unternehmerfunktionen. 17. Nennen und erläutern Sie die Klassifikationskriterien für Wirtschaftsordnungen! Unternehmerisches Handeln wird durch Rahmenbedingungen/Restriktionen begrenzt; die wichtigsten solchen sind das Steuersystem, die Unternehmensordnung (= Unternehmens-verfassung) und eben die Wirtschaftsordnung. Unter einer Wirtschaftsordnung versteht man die Gesamtheit aller realisierten Formen, in denen der Wirtschaftsprozess abläuft (Eucken). Eine Wirtschaftsordnung wird geprägt von 1) Eigentumsordnung: Regeln der Zuordnung von Handlungsrechten an knappen Gütern

- marxistische Theorie å Kollektiveigentum - „property-rights“-Theorie/Theorie der Verfügungsrechte å Privateigentum; es

besteht bei jedem Gut ein Bündel an Verfügungsrechten: Planungs- und Koordinationsrechte, Nutzungs- und Veränderungsrechte, Aneignungsrechte von Gewinn/Verlust, Veräußerungs- und Vererbungsrechte.

2) Planungsordnung: Wem obliegt die Planung wirtschaftlicher Aktivitäten, wie werden Einzelpläne koordiniert?

- zentrale Planung (Plansaldensteuerung, Hierarchie) - dezentrale Planung (Preissteuerung, Märkte)

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18. Unterscheiden Sie die vier Grundtypen von Wirtschaftsordnungen! Die Unterscheidung erfolgt im Hinblick auf die Kriterien Eigentums- und Planungsordnung: a) privatwirtschaftliche/kapitalistische Wirtschaftsordnung mit Privateigentum und dezen-traler Planung (Ausnahme: öffentliche Hand) b) sozialistische Marktwirtschaft mit Kollektiveigentum und dezentraler Planuung c) sozialistische Planwirtschaft mit Staatseigentum und zentraler Planung (Zentralverwal-tungswirtschaft) d) zentral gelenkte Privatwirtschaft mit Privateigentum und zentraler Planung (Kriegswirt-schaften) 19. Nach welchen Kriterien kann man Unternehmensordnungen klassifizieren? Nach dem Bündel der Verfügungsrechte der „property-rights“:

- Planungs- und Koordinationsrechte - Aneignungsrechte von Gewinn/Verlust - Veräußerungs- und Vererbungsrechte

20. Wodurch unterscheiden sich die kapitalistische Unternehmensordnung, Publikums-gesellschaften und mitbestimmte Unternehmen im Hinblick auf die Verteilung der Verfügungsrechte? Alle drei Typen von Unternehmensordnungen sind der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsord- nung zuzuordnen. Dabei ist die kapitalistische Unternehmung der Idealtyp, die Publikums-gesellschaft sowie die mitbestimmte Unternehmung sind Modifikationen dieses Idealtyps. Die Unterscheidung erfolgt im Hinblick auf die Planungs- und Koordinationsrechte, da diese verschiedenen Gruppen zustehen:

- kapitalistische Unternehmung: nur Anteilseigner - Publikumsgesellschaften: Anteilseigner und Manager - Mitbestimmte Unternehmung: Anteilseigner, Manager und Arbeitnehmer

21. Erläutern Sie kurz die Begründung der kapitalistischen Unternehmensordnung! Die Grundentscheidung, dass nur die Kapitaleigner die Ziele und die Politik der Unter-nehmung festlegen, wurzelt in einem liberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell. Nach diesem handelt es sich hier um eine Vereinigung gleicher und freier Bürger, welche ihre Interessen autonom vertreten können und ihre Interessen am Markt abgleichen. Des Weiteren gilt das unbeschränkte Eigentum an Produktionsmitteln, begründet durch die sich ergebende Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn (erwerbswirtschaftliche Motivation). Das Funktionieren des freien Marktes erfordert also eine erwerbswirtschaftliche Motivation des Unternehmers; diese wird durch das Eigentum an den Produktionsmitteln geweckt und durch die Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn gesichert. Ein Unternehmer der sein Eigentum im Wirtschaftsprozess riskiert, soll auch alle Entscheidungen im Betrieb kontrollieren und die Konsequenzen aus diesen Entscheidungen in Form von Gewinnen oder Verlusten tragen. Der Unternehmer verfolgt sein Eigeninteresse, indem er versucht seine

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Gewinne zu maximieren. Dabei entstehen zwangsläufig Ergebnisse, die der Wohlfahrt aller dienen (Güterproduktion, Einstellung von Arbeitskräften, Einkauf von Vorprodukten, Einkommen etc.). Die Herrschaft der Kapitaleigner im Unternehmen ist somit also nicht willkürlich, sondern funktional für die Wohlfahrt aller am Wirtschaftsprozess Beteiligten. Damit ist sie auch legitimiert (Beantwortung des Legitimationsproblems). 22. Nennen Sie zwei Grundfragen der Unternehmensordnung und erläutern Sie diese! Ziel der beiden Grundfragen der Unternehmensordnung ist die Aufstellung von Mindestregeln zur Steuerung des Managementprozesses. 1. Legitimationsproblem: Welche Interessen sollen die Unternehmenspolitik bzw. die Zielsetzung der Unternehmung bestimmen? å zielt auf die verfassungsmäßige Verankerung von Interessen ab. 2. Organisationsproblem: Wie ist die formale Entscheidungsstruktur der Unternehmung interessenkonform zu gestalten? å zielt auf die Bildung und Gestaltung von Entscheidungsgremien, Entscheidungsprozessen und Informationssystemen ab. Mit diesen beiden Grundfragen können alle Unternehmensordnungen analysiert werden! 23. Welche Interessen sind für die Ausgestaltung von Unternehmensordnungen relevant? Dies sind die Interessengruppen, welche am Wirtschaftsprozess teilnehmen: Konsumenten, Arbeitnehmer, Kapitaleigner, öffentliches Interesse. 24. Wodurch unterscheidet sich das Interesse der Kapitaleigner von den anderen unter-nehmensverfassungsrelevanten Interessen? Die Interessen der Konsumenten, Arbeitnehmer und der Öffentlichkeit sind systemindifferent und originär; sie existieren also in jeder Wirtschaftsordnung. Produktion und Konsumtion stehen sich grundsätzlich gegenüber (Angebot und Nachfrage). Die Interessen der Kapitaleigner hingegen sind systembezogen und derivativ (abgeleitet); sie leiten sich von der kapitalistischen Wirtschaftsordnung her ab (historisch-derivativ). 25. Was versteht man unter den Begriffen Selbst- und Fremdorganschaft? Selbstorganschaft: hier gibt es eine Identität von Interessensvertretung und -durchsetzung mittels personaler Einheit; Idealtyp ist die oHG (hier sind die Gesellschafter gleichzeitig auch Geschäftsführer). Fremdorganschaft: hier sind Interessensvertretung und -durchsetzung arbeitsteilig organisiert, es gibt also mehrere Gremien mit verschiedener Personalbesetzung; Idealbeispiel ist die AG, welche als juristische Person durch Organe handeln muss (Hauptversammlung, Aufsichtsrat, Vorstand).

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26. Erläutern Sie kurz die Aufgaben von Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand in der AG! Die Hauptversammlung ist als Versammlung der Eigentümer der Unternehmung das Legitimationsorgan; sie hat folgende Rechte: Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats, Bestimmung über die Ergebnisverwendung, Entlastung von Aufsichtsrat und Vorstand, Beschluss von Satzungsänderungen, Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft. Der Aufsichtsrat ist das Kontrollorgan; er hat folgende Rechte: Bestellung und Überwachung des Vorstandes, Prüfung von Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang) und Lagebericht, zustimmungspflichtige Geschäfte. Der Vorstand ist das Geschäftsführungsorgan; er vertritt die Gesellschaft nach außen. 27. Wie werden in den drei Organen einer AG jeweils die Entscheidungen gefällt? Hauptversammlung: Hier gilt die Stimmenmehrheit, wobei gilt: 1 Aktie = 1 Stimme; Satzungsänderungen bedürfen einer Mehrheit von mindestens 75% des Stimmen des anwesenden Kapitals (qualifizierte Mehrheit); Banken können Depotstimmrechte ausüben. Aufsichtsrat: Dies ist ein Kollegium gleichberechtigter Mitglieder; Abstimmungen folgen nach der Mehrheit der Köpfe; beachte aber Regelungen von MitbestG und MontanmitbestG. Vorstand: Hier gilt das Prinzip der Gesamtgeschäftsführung und das Einstimmigkeitsprinzip, das heißt jedem Vorstandsmitglied kommt ein Vetorecht zu; Änderungen sind jedoch durch Satzungsbeschluss möglich; verboten ist das Generaldirektorenprinzip. 28. Erläutern Sie das Vertragsmodell der kapitalistischen Unternehmung! Das Vertragsmodell der kapitalistischen Unternehmung hat einen streng privatrechtlichen Charakter; es ist ein Recht gleichgeordneter Bürger, die ihre individuellen Rechtsbeziehungen untereinander regeln. Somit ist auch die kapitalistische Unternehmensverfassung als System von Verträgen zu sehen (Netzwerk von Vertragsverflechtungen). Allein das Interesse der Kapitaleigner soll die Unternehmenspolitik bestimmen; damit sind die erwerbswirtschaftliche Motivation und die Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn gewährleistet. Das Vertragsmodell geht nun davon aus, dass die Interessen von Arbeit-nehmern, Konsumenten und Öffentlichkeit im Markt über den Wettbewerb berücksichtigt werden. Durch den Abschluss von Verträgen kommt der Interessenausgleich zustande. Kapitaleigner gründen ihre Gesellschaft durch einen Gesellschaftsvertrag (GmbH), Satzung (AG) oder ein Statut (Genossenschaft). Durch weitere Verträge und Gesetze gestaltet sich das Verhältnis der Unternehmung nach innen und außen: Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern, Kaufverträge mit Konsumenten, Tarifvertragssystem, Wettbewerbsrecht, Publizität etc.

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29. Wo setzen Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers an? Welche Instrumente stehen zur Verfügung? Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers können an folgenden verschiedenen Stellen (mit z.B. folgenden Instrumenten) ansetzen:

- Anbieterseite (GWB) - Nachfragerseite (Verbrauchervereine, Mietvereine, Clubs) - Produkt (Produkthaftungsgesetz, Produzentenhaftung) - Austauschprozess (AGB, UWG)

30. Nennen Sie zentrale rechtliche Arbeitsregelungen des Individualarbeitsrechts und des kollektiven Arbeitsrechts! Individuelles Arbeitsrecht: Kündigungsschutzgesetz, Arbeitszeitordnung, Bundesurlaubs-gesetz, Mutterschutzgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz, Behindertengesetzgebung für den Arbeitsbereich. Kollektives Arbeitsrecht: Tarifvertragsrecht, Arbeitskampfrecht, Mitbestimmung in Unternehmen und Betrieb. 31. Welche Gründe sind für die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt verantwortlich? Inwieweit ist dies für die Begründung der kapitalistischen Unternehmensordnung problematisch? Gründe für die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt liegen in der Mitbestimmung (der Arbeitnehmer) und der Professionalisierung des Managements (bei Publikumsaktien-gesellschaften wegen Inaktivität und Inkompetenz der zahlreichen Kleinaktionäre). Daraus resultiert die Managerherrschaft; hier ist nun die Einheit von Risiko, Kontrolle und Gewinn nicht mehr gewährleistet. Das Eigentum verliert seine Kraft als Legitimations-grundlage, da das Management nicht bzw. nur selten und eingeschränkt für die Konsequenzen seiner Handlungen haftet. Den angestellten Managern mangelt es an der erwerbswirtschaftlichen Motivation, da sie eigene, andere Ziele verfolgen (Prestige, Macht etc.). Folglich ist hier nun die ursprüngliche Begründung für die kapitalistische Unternehmens-ordnung nicht mehr gegeben. 32. Nennen Sie die Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit eine Unternehmung unter das Publizitätsgesetz fällt! Welche anderen Vorschriften dienen einer größeren Publizität? Das Publizitätsgesetz gilt wegen der ökonomischen Drittwirkungen großer Unternehmen rechtsformunabhängig für Unternehmen, welche mindestens zwei der folgenden drei Kriterien nach §1 PublG erfüllen: - Bilanzsumme: > 65 Millionen Euro

- Umsatz: > 130 Millionen Euro - Beschäftigtenzahl: > 5000 Arbeitnehmer

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Weitere Vorschriften: Offenlegung nach HGB für Kapitalgesellschaften

- große Kapitalgesellschaften: Bundesanzeigerpublizität - mittelgroße und kleine Kapitalgesellschaften: Registerpublizität

Das Bilanzrichtliniengesetz von 1986 schreibt rechtsformunabhängig die Pflicht zur Erstel-lung von Jahresabschluss (Bilanz, GuV, Anhang) und Lagebericht vor. 33. Nennen Sie die Argumente für die Entwicklung zur mitbestimmten Unternehmung! Erste Ideen hierzu entwickelten sich ab Mitte des 19 Jahrhunderts aus Arbeiterbewegung, Liberalismus, katholischer Soziallehre und evangelischer Sozialethik. Weiter entwickelt wurden dann die folgenden Argumente der Mitbestimmungs-Kommission:

- die Würde des Menschen und das Recht auf Selbstentfaltung/ Selbstbestimmung

- Gleichberechtigung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital; beide sind erfolgsnotwendig

- Demokratieprinzip (die obersten Organe einer Gesellschaft sollen aus gleicher Wahl ihrer Mitglieder entstehen)

- Kontrolle wirtschaftlicher Macht 34. Zeigen Sie die organisatorischen Ansatzpunkte der Mitbestimmung im Entscheidungssystem der Unternehmung auf! Es gibt in der Unternehmung drei Ansatzpunkte/Ebenen der Mitbestimmung: politisches, administratives und operatives System. Politisches System: dies ist die Unternehmensmitbestimmung; hierzu zählen Mitbestim-mungsgesetz (1976), Montan-Mitbestimmungsgesetz (1951) und Drittelbeteiligungsgesetz (2004) (= Betriebsverfassungsgesetz 1952). Administratives und operatives System: dies ist die betriebliche Mitbestimmung; hierzu zählen Betriebsverfassungsgesetz (1972/2001) (= Betriebsratsmitbestimmung) und das Sprecherausschussgesetz (1988). Im politischen System werden langfristig wirkende Maßnahmen der Unternehmenspolitik entschieden sowie die strategische Planung vollzogen. Die Mitbestimmung auf dieser Ebene wirkt weitreichender als die Einflussnahme auf den mittleren und unteren Führungsebenen, da die Entscheidungen im politischen System zu einer Begrenzung des Entscheidungs-spielraumes im administrativen und operativen System führen. 35. Wovon hängt es ab, ob bestimmte Unternehmen bzw. Betriebe von der Mitbestimmungsgesetzgebung erfasst werden? Bei der Unternehmensmitbestimmung gelten verschiedene Kriterien zu Arbeitnehmeranzahl und Rechtsform; die betriebliche Mitbestimmung ist lediglich an Mitarbeiterzahlen gebunden.

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36. Welche Funktion hat der Neutrale im Aufsichtsrat nach dem Montan-MitbestG `51? Im Aufsichtsrat der Unternehmen der Branchen Bergbau, Stahl- oder Eisenerzeugenden Industrie mit mehr als 1000 Arbeitnehmern ist die Position eines Neutralen vorgesehen. Da der Aufsichtsrat hier ansonsten paritätisch aus Vertretern von Kapitaleigner- und Arbeit-nehmerseite besetzt ist dient der Neutrale dazu, im Zweifelsfall eine Pattsituation bei Abstimmungen aufzulösen. Der Neutrale wird auf gemeinsamen Vorschlag der gewählten Aufsichtsratsmitglieder von Kapital und Arbeit von der Hauptversammlung gewählt. Kommt ein gemeinsamer Vorschlag jedoch nicht zustande, so entscheiden letztlich die Kapitaleigner in der Hauptversammlung. Abgesetzt werden kann der Neutrale nur aus wichtigem Grund und durch Gericht. 37. In welchen Unternehmen welcher Rechtsformen gilt welche Unternehmens-mitbestimmungsgesetzgebung? Siehe folgende Übersicht:

Gesetz MitbestG 1976 Montan-MitbestG 1951

DrittelbeteiligungsG 2004

Rechtsformen AG, GmbH, KGaA, GmbH&Co.KG, Genossenschaften

AG, GmbH

AG, GmbH, KGaA, Genossenschaften, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit

Beschäftigte > 2000 AN > 1000 AN > 500 AN

Branche nicht Montan Bergbau, Stahl- und Eisenerzeugende Industrie

keine Beschränkung

38. Wie schätzen Sie die Regelungen des MitbestG 1976 im Hinblick auf die Verwirklichung der interessendualistischen Unternehmensordnung ein? Die Berücksichtigung der Kapitaleigner- und der Arbeitnehmerinteressen im Aufsichtsrat soll nach MitbestG 1976 dadurch gleichberechtigt sein, dass eine paritätische Besetzung des Kontrollgremiums erfolgt. Jedoch ist zur Auflösung von Pattsituationen die Zweitstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden ausschlaggebend; dieser wird im Regelfall aber von der Kapitaleignerseite gestellt, so dass der Aufsichtsrat aus Sicht der Arbeitnehmer im Zweifelsfall sozusagen leicht unterparitätisch besetzt ist; die Kapitaleignerseite kann sich dadurch dann gegen die Arbeitnehmerinteressen durchsetzen.

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39. Definieren Sie den Begriff „Betrieb“ im arbeitsrechtlichen Sinne! Die juristische Definition des Begriffes „Betrieb“ stammt aus dem Arbeitsrecht: Ein Betrieb ist eine organisatorische Zusammenfassung von persönlichen, sachliche, und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes, der über die Eigenbedarfsdeckung hinausgeht. Haushalte und Dienststellen der öffentlichen Hand sind demnach keine Betriebe im Sinne dieser Definition. 40. Nennen Sie die wesentlichen Organe nach dem Betriebsverfassungsgesetz (1972/2001) und erläutern Sie deren Funktionen!

- Betriebsrat: interessenhomogenes Organ ohne leitende Angestellte (wegen

deren Arbeitgeberrolle); ist die Vertretung der Arbeitnehmer. - Betriebsversammlung: Zusammenkunft aller Arbeitnehmer zur Kontrolle und

zur Information des Betriebsrats sowie andersherum zur Information der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat.

- Wirtschaftsausschuss (bei Betrieben > 100 AN): Information und Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

- Einigungsstelle: paritätische Zusammensetzung aus Vertretern des Betriebsrats und der Betriebsleitung sowie eines Neutralen zur Klärung von Streitigkeiten; es gilt der Grundsatz der Konfliktpartnerschaft; die Betriebsvereinbarung der Einigungsstelle ist bindend.

41. Nennen Sie die sachlichen Bereiche, in denen dem Betriebsrat vom Gesetzgeber Kompetenzen eingeräumt werden! Systematisieren Sie außerdem die Rechte des Betriebsrats nach ihrer Intensität! Der Betriebsrat hat sachliche Kompetenzen in folgenden Bereichen:

- soziale Angelegenheiten, - personelle Angelegenheiten, - wirtschaftliche Angelegenheiten.

Die Rechte des Betriebsrats nehmen in ihrer Intensität nachstehend von oben nach unten zu:

- Recht auf Information - Recht auf Anhörung Mitwirkungs- - Recht auf Beratung und Verhandlung rechte - Recht auf Widerspruch (mit aufschiebender Wirkung)

- Aufhebungsanspruch Mitbestimmungs- - Zustimmung oder Vetorecht rechte - Initiativrecht

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42. Wie ist die Abstufung des Einflusses der Betriebsräte im Unternehmen/Konzern? Der Betriebsrat ist ein Gremium auf Betriebsebene, also im operativen System. Der obligatorische Gesamtbetriebsrat auf Unternehmensebene steht zwar formell höher, hat jedoch geringere Befugnisse. Ein fakultativer Konzernbetriebsrat kann auch noch gebildet werden; dies ist jedoch die schwächste Form der Betriebsräte. Den stärksten Einfluss hat hier also der Einzelbetriebsrat, was nicht den gängigen Hierarchieordnungen entspricht. 43. Skizzieren Sie die Voraussetzungen, Organisation und Bedeutung der Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten! In einem Unternehmen müssen, um einen Sprecherausschuss bilden zu können, mindestens 10 leitende Angestellte beschäftigt sein; diese müssen zudem mehrheitlich für die Einrichtung eines solchen Gremiums votieren. Parallel zu Betriebsratswahlen findet dann alle 4 Jahre die Wahl eines Sprecherausschusses statt; er besteht dann aus 1-7 Personen, je nach Anzahl der wahlberechtigten leitenden Angestellten. Der Sprecherausschuss verfügt über keine Mitbestimmungsrechte, er hat lediglich Mitwir-kungsrechte, also Recht auf Information, Anhörung und Beratung. 44. Unterscheiden Sie zwischen Betriebsvereinbarungen nach dem BetrVG (1972/2001) und den Richtlinien nach dem Sprecherausschussgesetz (1988)! Betriebsvereinbarungen sind zwingende Regelungen, ausgehandelt zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung. Richtlinien nach dem Sprecherausschussgesetz hingegen sind freiwillige Vereinbarungen zwischen Sprecherausschuss und Betriebsleitung, da die Sprecherausschüsse über keine Mitbestimmungsrechte verfügen. 45. Warum wird die Zweckmäßigkeit von Sprecherausschüssen kritisch beurteilt? Aus Sicht der Gewerkschaften kommt es durch die von den Arbeitnehmern getrennte Behandlung der leitenden Angestellten zu einer Aufspaltung der Arbeitnehmerschaft. Des Weiteren haben leitende Angestellte geringeren Schutz, da sie keine Mitbestimmungsrechte haben. Aus Sicht der Arbeitgeber entsteht durch Sprecherausschüsse ein künstlicher Interessen-konflikt, da die leitenden Angestellten als Interessenvertreter der Kapitaleigner gesehen werden. 46. Wodurch unterscheiden sich das angelsächsische Board-System und das deutsche Aufsichtsratssystem? Wie sieht die Beurteilung aus Sicht der Europäischen Aktiengesellschaft aus? Das Board-System stammt aus dem angelsächsischen Raum; Kontrolle findet bei diesem Modell nicht im Unternehmen selber statt, sondern extern über den (Kapital-)Markt. Es gibt nur ein Gremium, das sich die Funktionen und Aufgaben selbst aufteilt. Dies entspricht dem

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Vereinigungsmodell (Board of directors), Interessenvertretung und Unternehmensführung fallen zusammen. Das deutsche Aufsichtsratsystem berücksichtigt Kontrolle intern durch das Gremium des Aufsichtsrats. Es existieren mehrere Gremien für die Aufgaben des plandeterminierten Managementprozesses, nämlich Planung und Realisation (liegen beim Vorstand) und Kontrolle (liegt beim Aufsichtsrat). Dies entspricht dem Trennungsmodell (wegen eben getrennter Organe). Im Rahmen der Europäischen Aktiengesellschaft (EAG) sind auf Ebene europäischen Rechts beide Möglichkeiten als gleichwertige Optionen zulässig. 47. Was versteht man unter konstitutiven Entscheidungen? Konstitutive Entscheidungen haben eine funktionsübergreifende gesamtunternehmens-bezogene Wirkung. Sie wirken längerfristig und bilden den Rahmen für laufende Geschäfte (Tagesgeschäftspolitik). Konstitutive Entscheidungen umfassen Aufbauprobleme von Unternehmen im Gründungsstadium und grundlegende Entscheidungen im Leben eines Unternehmens (Gründung, Sanierung, Liquidation, Standort- und Rechtsformentscheidungen, Entscheidungen über Unternehmenszusammenschlüsse). 48. Warum stellt die Standortwahl ein Entscheidungsproblem dar? Erläutern Sie die Aufgabe von Standortentscheidungen! Als Oberziel der Standortentscheidung kann in der Regel die Maximierung der Differenz zwischen den standortspezifischen Erträgen und Aufwendungen definiert werden. Ein Standort ist ein geographischer Ort, an welchem die Produktionsfaktoren zur Leistungs-erstellung eingesetzt werden. Zum Problem wird die Standortwahl deswegen, weil Standorte eben nicht homogen sind, sondern natürliche und ökonomische Differenzen aufweisen. Aufgabe der Standortentscheidung ist nun die Abstimmung der Standortanforderungen mit den jeweils herrschenden Bedingungen. 49. Wovon wird das Entscheidungsfeld der Standortwahl bestimmt? Das Entscheidungsfeld der Standortwahl wird von folgenden Kriterien bestimmt: a) Standortalternativen (in Ort und Zahl der potentiellen Standorte sowie ihren jeweiligen Gestaltungsformen Kauf, Miete, Pacht, Leasing) b) Daten/Restriktionen für die Standortwahl: unternehmensinterne (finanzielle Restriktionen, persönliche Präferenzen) und unternehmensexterne (Rechtsordnungen (Baurecht, Umwelt-recht), politische Restriktionen, natürliche Merkmale).

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50. Nennen Sie die Standortfaktoren nach Weber und nennen Sie jeweils Beispiele! Gliederung der Standortfaktoren nach Weber: 1. Geltungsbereich å generelle Standortfaktoren (Arbeits- und Transportkosten) å spezielle Standortfaktoren (Verfügbarkeit bestimmter Ressourcen (Wasser, Rohstoffe)) 2. räumliche Wirkung å Regionalfaktoren (bestimmte Region wegen Rohstoffen, Energie) å Agglomerativfaktoren (räumliche Konzentration (Absatzmärkte)) å Deglomerativfaktoren (räumliche Dezentralisation (niedrigere Löhne auf dem Land)) 3. Art der Beschaffenheit å natürlich-technische Standortfaktoren (Bodenbeschaffenheit) å gesellschaftlich-kulturelle Standortfaktoren (Kulturniveau, Freizeitwert, Ruf einer Stadt) 51. Welche Faktoren sind nach Behrens für die Standortentscheidung einer Unternehmung relevant? Bei Behrens gelten als Vorteilskriterium die Rentabilität eines Standortes und als Systematisierungskriterium der Realgüterprozess. Standortfaktoren gliedert er nach: 1. Beschaffung (Beschaffungskontakte und Beschaffungspotentiale) 2. Transformation (bestimmte Gründe für die Fertigung, z.B. Landwirtschaft, Bergbau) 3. Absatz (Absatzkontakte und Absatzpotentiale) 52. Stellen Sie die unterschiedlichen Auffassungen von Weber und Behrens bezüglich der Vorziehenswürdigkeit von Standorten dar! Webers Betrachtung der Standortanalyse ist eher makroökonomisch orientiert, die von Behrens eher mikroökonomisch. Weber hebt lediglich auf die Kostenersparnis ab, er vernachlässigt dabei die Absatzseite völlig. Behrens integriert den Ansatz von Weber und ergänzt ihn um die Absatzseite und den Rentabilitätsgesichtspunkt, wobei er auf den Realgüterprozess abstellt. 53. Warum lässt sich die Wahl einer Rechtsform als konstitutive Entscheidung bezeichnen? Die Rechtsformwahl konstituiert das Unternehmen und begründet nach innen (z.B. zwischen Gesellschaftern) und außen (z.B. Publizitätsvorschriften) rechtliche Beziehungen. Diese Wahl ist rein definitorisch keine laufende Entscheidung, da mit ihr Kosten und Handlungen determiniert werden. Sie ist zwingend vorgeschrieben für die Gründung einer Unternehmung; Ausnahmen bilden bestimmte Banken, Versicherungen und Gesellschaften, für die eine bestimmte Rechtsform gesetzlich vorgeschrieben ist. Des Weiteren können bestimmte Rechtsformen nur unter bestimmten Voraussetzungen gewählt werden (so Genossenschaften).

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54. Nennen und erläutern Sie kurz die relevanten Rechtsformwahlkriterien! Bei der Rechtsformwahl entscheidende und auf Zielkongruenz zu prüfende Kriterien sind: 1. Haftung (beschränkt oder unbeschränkt) 2. Finanzierungsmöglichkeiten (notwendige Eigenkapitalausstattung, Kapitalbeschaffungs- möglichkeiten, Kreditwürdigkeit) 3. Leitungsbefugnis (Selbst- oder Fremdorganschaft, Mitbestimmung) 4. Gewinn- und Verlustbeteiligung (bei Personengesellschaften: dispositives Recht; bei Kapitalgesellschaften: gesetzliche Bestimmungen über Ausschüttungsbeschränkungen und Mindestausschüttungen) 5. Publizität, Rechnungslegung, Prüfung 6. Steuerbelastung (Ertrags-, Gewerbe-, Körperschaftssteuer) 7. rechtsformabhängige Aufwendungen (Gründungs-, Prüfungs-, Publizitätskosten, Auf- wendungen für Organe) 8. Unternehmenskontinuität (Gesellschafterwechsel, Erbfolge) 55. Welche der wesentlichen Rechtsformwahlkriterien halten Sie aus Arbeitnehmersicht für bedeutsam? Begründen Sie Ihre Ausführungen! Die aus Arbeitnehmerperspektive wichtigsten Rechtsformwahlkriterien sind: Haftung: Die Arbeitnehmerinteressen an Arbeitsplatzsicherheit und Einkommen werden von diesem Kriterium betroffen; hieraus könnte man ableiten, dass Arbeitnehmer eine Personengesellschaft bevorzugen, da aufgrund der persönlichen Haftungsverhältnisse der Gesellschafter die Arbeitsplatzsicherheit u.U. eher gewährleistet ist. Leitung: Dieses Kriterium betrifft vor allem die Arbeitnehmerinteressen Arbeitsplatz-gestaltung und -sicherheit. Arbeitnehmer könnten ein Interesse an eine Kapitalgesellschaft haben, die unter die Mitbestimmung auf Unternehmensebene fällt, da dies die Teilhabe an der Leitungs-befugnis ermöglicht. Ohne Bedeutung für die Arbeitnehmerinteressen sind die rechtsformabhängigen Aufwendungen. 56. Nennen Sie die zur Wahl stehenden Rechtsformen des Privatrechts! 1. Einzelunternehmen 2. Gesellschaften a) Personengesellschaften (KG, oHG, Stille Gesellschaft, BGB-Gesellschaft) b) Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, KGaA) c) Mischformen (GmbH&Co. KG, AG&Co. KG) d) (eingetragene) Genossenschaften (mit unbeschränkter, mit eingeschränkter, ohne Nach-schusspflicht) 3. Stiftungen des privaten Rechts

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57. Analysieren Sie die Rechtsform der GmbH anhand der Rechtsformwahlkriterien! 1. Haftung: Diese ist hier begrenzt auf das Gesellschaftsvermögen; evtl. besteht eine Nachschusspflicht. 2. Finanzierungsmöglichkeiten: Eigenkapital kann durch Aufnahme neuer Gesellschafter generiert werden; Verbesserung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft möglich durch Absicherung der Kredite mit Privatvermögen der Gesellschafter. 3. Leitungsbefugnis: Obliegt dem/den Geschäftsführer(n) bzw. der Gesellschafterversammlung (evtl. Bildung eines Aufsichtsrats, wenn die GmbH > 500 Arbeitnehmer ist). 4. Gewinn- und Verlustbeteiligung: Erfolgt nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile, sofern im Gesellschaftsvertrag nicht abweichend vereinbart. 5. Publizität, Rechnungslegung, Prüfung: Größenabhängige Publizitätspflichten. 6. Steuerbelastung: Analog zur AG (Ertrags-, Körperschafts-, Gewerbesteuer). 7. rechtsformabhängige Aufwendungen: Einmalige Kosten zu Beginn bei Vertragsabschluss und der Anmeldung bei Behörden; laufende Aufwendungen für Rechnungslegung, Prüfung und Publizität. 8. Unternehmenskontinuität: Übertragung und Vererbung von Anteilen; Auflösungsgründe: Konkurs oder Gesellschafter-beschluss. 58. Was versteht man unter Unternehmenszusammenschlüssen? Zu welchem Zweck erfolgen sie? Ein Unternehmenszusammenschluss ist die Vereinigung bestehender Unternehmen mit dem Zweck der gemeinschaftlichen Aufgabenerfüllung. Ziele sind für gewöhnlich: langfristige Bestandssicherung durch Wachstum (Marktanteil), (Nachfrage-)Macht auf Faktormärkten, Prestige („Nr. 1“) der Manager, Angebotsmacht auf Gütermärkten, steuerliche Vorteile, Fixkostendegression, Potentialaufbau. 59. Wodurch unterscheiden sich Kooperationen und Konzerne? Bei Kooperationen kommt es lediglich zu einer Integration von Teilaufgaben; die wirtschaftliche Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen geht nur in der integrierten Teilaufgabe verloren (Teilintegration). Bei Konzernen hingegen kommt es zu einer vollständigen wirtschaftlichen Unselbständigkeit (einheitlicher Leitung) der beteiligten Unternehmen bei rechtlicher Selbständigkeit (Vollintegration).

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60. Worin liegt der Unterschied, wenn zwei Unternehmen fusionieren oder sich konzernmäßig verflechten? Bei einer Fusion kommt es neben dem Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen auch zu einem Verlust der rechtlichen Selbständigkeit. Eine Fusion kann durch Aufnahme oder Neugründung erfolgen. In beiden Fällen von Unternehmenszusammenschlüssen, Fusion wie Konzernbildung, kommt es zu einem Verlust der wirtschaftlichen Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen; es entsteht ein verbundenes Unternehmen. Bei der Fusion verlieren die Unternehmen daneben auch noch die rechtliche Selbständigkeit. Fusion und Konzernierung stellen beide Formen der Vollintegration dar; dabei ist die Fusion der noch höhere Grad an Integration. 61. Erläutern Sie die Varianten der Konzernierung! a) Gleichordnungskonzern: es kommt zu einer Zusammenfassung mehrer Unternehmen unter einheitlicher Leitung, ohne dass ein Unternehmen von einem anderen abhängt. b) Unterordnungskonzern: ist die Zusammenfassung eines herrschenden Unternehmens (Muttergesellschaft) und eines oder mehrerer abhängiger Unternehmen (Tochtergesell-schaften). Man unterscheidet weiter folgende Arten von Unterordnungskonzernen, je nach Grad der Verflechtung:

- faktischer Konzern: Er entsteht durch (Kapital-)Beteiligung, aber ohne vertrag-liche Beziehung/Bindung. Beherrschungsinstrument sind die personellen Verflechtungen.

- Vertragskonzern: Er entsteht durch den Abschluss eines Beherrschungs-vertrages, der die Leitungsfunktion der Tochter auf die Mutter überträgt. Alternativ kann auch ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen werden.

- Eingliederungskonzern: Hier sind herrschendes und abhängiges Unternehmen wirtschaftlich völlig integriert, ohne dass die rechtliche Selbständigkeit des abhängigen Unternehmens aufgegeben wird. Dies stellt die höchste Intensitätsstufe der Konzernierung dar.

62. Unterscheiden Sie den institutionellen und den funktionalen Ansatz in der Managementlehre! Mit Management als Institution meint man die Gruppe von Personen, die in einer Organisation mit Anweisungsbefugnissen ausgestattet sind; Institution wird als Ort, an dem Führung stattfindet, verstanden. Problemfelder bei diesem Ansatz bezeichnen die Frage nach der zweckmäßigsten Organisation der obersten Führungsgruppe/-ebene: es bestehen die Möglichkeiten des Vorstand – Aufsichtsrat – Systems (Trennung von Interessensvertretung (Aufsichtsrat) und Interessendurchsetzung (Vorstand)) einerseits und des Board–Systems andererseits.

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Der funktionale Ansatz hingegen knüpft an die Aufgaben an, die erfüllt werden müssen, damit die Organisation ihre Ziele erreichen kann. Daher fallen Managementaufgaben hier nicht einem bestimmten Personenkreis oder einer bestimmten hierarchische Ebene im Unternehmen zu, sondern werden den einzelnen zu erfüllenden Funktionen zugeordnet. Management ist dabei eine Art Querschnittsfunktion zum Zwecke der Unternehmenssteuerung, da Managementaufgaben in jedem Bereich einer Organisation anfallen. 63. Erläutern Sie die fünf Managementfunktionen nach Koontz/O`Donnell! 1) Planung („planning”) 2) Organisation („organizing”) 3) Personaleinsatz („staffing“) 4) Führung („directing“) 5) Kontrolle („controlling“) Die Planung ist die Bestimmung und Auswahl zukünftiger Handlungsalternativen; sie steht als geistige Vorwegnahme der übrigen Funktionen als Primärfunktion am Prozessbeginn. Man unterscheidet generell in strategische und operative Planung. Unter Organisation versteht man dann die Schaffung einer Ordnung durch Differenzierung der Gesamtaufgabe und anschließende Integration der Teilaufgaben im Hinblick auf die Erfüllung der Gesamtaufgabe. Hier wird der organisatorische Rahmen dafür geschaffen. Im Rahmen des Personaleinsatzes muss die Organisation mit geeignetem Personal besetzt werden; nötig sind Personalauswahl, -entwicklung und -einsatz. Die Funktion der Führung hat die Beeinflussung der Arbeitsausführung der Organisationsmitglieder durch Vorgesetzte zur Aufgabe. Führung muss immer im Hinblick auf die Erfüllung bzw. Erreichung der Ziele erfolgen. Die Kontrolle ist der abschließende Schritt im Managementprozess. Sie besteht in einem Vergleich von Plan-Soll mit den erreichten Ist-Werten sowie anschließend folgendem Feedback. Kontrolle ist die Zwillingsfunktion der Planung. 64. Stellen Sie die Rolle der Planung im plandeterminierten Managementprozess dar! Die fünf klassischen Managementfunktionen stehen nicht lose nebeneinander, sondern werden in Ordnung und Abfolge gebracht, so dass ein Steuerungsprozess entsteht, der plandeterminierte Managementprozess. Die einzelnen Managementfunktionen werden dabei als Phasen im Sinn einer systematischen Abfolge von Aufgaben gesehen. Am Anfang steht immer die Planung, sie legt alle anderen Managementfunktionen auf die Erreichung der Planungsziele hin aus (Primat der Planung). Man kann die Planung auch als geistige Vorwegnahme der übrigen Funktionen bezeichnen. Damit schafft sie den Rahmen, in den sich die anderen Managementfunktionen einordnen lassen. Als einzige Steuerungsfunktion in diesem Prozess wird die Planung verstanden, daher spricht man von der plandeterminierten Unternehmensführung.

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65. Grenzen sie die Begriffe „langfristige“ und „kurzfristige“ Planung voneinander ab! Bei langfristiger bzw. kurzfristiger Planung handelt es sich nicht um generell fixierte Zeiträume. Die zeitliche Zuordnung muss vielmehr situations- und branchenabhängig erfolgen. So differieren die Einschätzungen zu langfristig und kurzfristig beispielsweise in der Modebranche und der Kernenergiebranche enorm. Man kann daher vielmehr die Langfristigkeit mit dem Begriff „aktiv-gestaltend“ und die Kurzfristigkeit mit dem Begriff „passiv-anpassend“ in Verbindung bringen. 66. Erläutern Sie das Konzept der Managerrollen nach Mintzberg und nennen Sie die Rollen! Mintzberg begreift das Verhalten von Managern als Ausdruck von Rollenverhalten; das heißt ein Manager erfüllt viele verschiedene Funktionen bzw. Rollen in seiner Arbeit. Dies erfolgt mehr oder weniger bewusst. Mintzberg definiert zehn Managerrollen und ordnet sie drei Kategorien zu: 1) interpersonelle Beziehungen:

- Galionsfigur - Vorgesetzter - Vernetzer

2) Informationen:

- Radarschirm - Sender - Sprecher

3) Entscheidungen:

- Innovator - Problemlöser - Ressourcenzuteiler - Verhandlungsführer

67. Erläutern Sie kurz die Grundfragen der strategischen Planung! Die Grundfragen der strategischen Planung sind: In welchem Geschäftsfeld wollen wir tätig sein? Wie wollen wir den Wettbewerb in dem Geschäftsfeld bestreiten? Die erste der beiden Fragen kann beantwortet werden mit der Entscheidung bezüglich Wahl von Produkt-Markt, Kundengruppe oder Anwenderproblemen. Die anschließende zweite Frage bedarf einer Entscheidung, wie man im gewählten Geschäftsfeld konkurrieren möchte; Alternativen sind hier die Kostenführerschaftsstrategie, Differenzierungsstrategie oder eine Nischenpolitik. Ziel ist es immer, eine möglichst günstige Wettbewerbsposition im Vergleich zur Konkurrenz einzunehmen und so Unternehmensbestand und Rentabilität zu sichern.

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68. Unterscheiden Sie die Begriffe Strategie und Maßnahme! Strategien werden auf den oberen Hierarchieebenen im Unternehmen entwickelt; sie sind eher aktiv-gestaltend. Dies betrifft auf der obersten Ebene die Unternehmensgesamtstrategie („corporate strategy“), auf der Geschäftsfeldebene die Geschäftsfeldstrategie („business strategy“). Auf Ebene der betrieblichen Funktionsbereiche spricht man dann nicht mehr von Strategien, sondern von (strategischen) Maßnahmen; es geht hier vielmehr um Strategieumsetzung bzw. Handlungsentscheidungen und -maßnahmen („functional area strategy“). 69. Erläutern Sie kurz die Elemente des strategischen Managementprozess! Der strategische Managementprozess besteht aus einer Abfolge von strategisch ausgerichteten Elementen. Er beginnt mit einer Analyse der Chancen und Risiken der Umwelt des Unternehmens sowie einer Analyse der Stärken und Schwächen des Unternehmens selber. Umwelt- und Unternehmensanalyse bilden die strategische Analyse. Ausgehend davon werden dann strategische Optionen, also sinnvolle und realisierbare Strategiealternativen, entwickelt. Mittels der strategischen Wahl werden diese Alternativen dann bewertet und selektiert. Anschließend wird die (unter Rentabilitätsgesichtspunkten und anderen Kriterien geprüfte) beste Strategie implementiert; dabei werden konkrete Maßnahmen der organisatorischen und personellen Absicherung der Strategie getroffen. Den gesamten Prozess begleitend findet eine strategische Kontrolle statt, um bei auftretenden Probleme sofort gegensteuern zu können. 70. Wo liegt bei der Kontrolle der Unterschied zwischen plandeterminiertem Managementprozess und strategischem Managementprozess? Im plandeterminierten Managementprozess findet Kontrolle erst am Ende des gesamten Prozesses ex post statt; in einer Abweichungsanalyse festgestellte Probleme werden dann im nächsten Planungsprozess wieder berücksichtigt. Beim strategischen Managementprozess findet Kontrolle bereits von der ersten Stufe an begleitend und permanent statt; auf diese Weise können Abweichungen frühzeitig erkannt werden. Ein Gegensteuern und Korrigieren wird noch während des Prozesses ermöglicht. 71. Nennen Sie die Triebkräfte des Wettbewerbs nach Porter! Die Branchenstrukturanalyse nach Porter dient der Umweltanalyse; darin enthalten sind die fünf wesentlichen Triebkräfte des Wettbewerbs, welche auf Unternehmen einwirken:

- Rivalität unter bestehenden Konkurrenten - Bedrohung durch potentielle neue Konkurrenten - Bedrohung durch Ersatzleistungen/Substitutionsprodukte - Verhandlungsmacht der Lieferanten - Verhandlungsmacht der Abnehmer

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72. Welche strategischen Optionen auf Gesamtunternehmensebene kennen Sie? Erläutern Sie diese kurz! Auf Ebene der Gesamtunternehmensstrategie bietet sich die Strategie der Diversifikation an; Wege zu einer solchen sind Eigenaufbau (zeitintensiv und teuer, aber meist erfolgreich), Kooperation und Akquisition (risikoreich, aber schnell). Diversifikationen unterscheidet man nach Verwandtschaftsgrad mit dem alten Geschäft (verwandte Diversifikation und laterale Diversifikation) und nach Stellung im Wert-schöpfungsprozess (vertikale und horizontale Diversifikation). 73. Erläutern Sie kurz die Grundfragen der Wettbewerbsstrategie! Ordnen Sie diese in den Kontext der strategischen Ebenen im Unternehmen ein! Die drei Grundfragen der Wettbewerbsstrategie sind Teil der strategischen Optionen auf Geschäftsfeldebene; damit gehören sie zur Wettbewerbsstrategie/„business strategy“. Entscheidungen hier betreffen nur das jeweilige Geschäftsfeld. Die Grundfragen lauten: 1. In welche Richtung soll konkurriert werden? Soll der Schwerpunkt des Wettbewerbs auf einer Differenzierungsstrategie oder einer Kostenführerschaftsstrategie liegen? 2. Wo soll konkurriert werden? Soll der Ort des Wettbewerbs der Kernmarkt sein, oder lediglich eine (lukrative) Nische/Teilmarkt? 3. Wie soll konkurriert werden? Soll es zu einer Anpassung oder zu einer Veränderung der Wettbewerbsregeln kommen? Entsprechende Kombinationen der möglichen Antworten auf die drei Grundfragen führen zu den 2³ = 8 Basisoptionen der Geschäftsfeldstrategie, darstellbar mittels dem strategischen Würfel. 74. Unterscheiden Sie Differenzierungsstrategie und Kostenführerschaft! Bei einer Differenzierungsstrategie wird ein spezieller, vom Kunden wahrnehmbarer Leistungsvorteil/Zusatznutzen geboten (z.B. Service); dieser erlaubt es dann, einen höheren Preis zu erzielen, da die Preissensibilität des Konsumenten verringert wird (Verringerung der Preiselastizität des Nachfrage). Besonders gut wirkt dies bei sogenannten Vertrauensgütern, bei denen der Kunde die Leistung nicht im Detail selber überprüfen kann. Eine Kostenführerschaftsstrategie hingegen zielt auf einen Preisvorteil ab; ein Standardgut wird zu möglichst günstigem Preis angeboten. Möglich ist dies durch Erfahrungskurveneffekt, Rationalisierungsmaßnahmen, Fixkostendegression durch Größenvorteile etc. Während in gewissen Grenzen jeder Anbieter an der Preis-Stellschraube drehen kann („2. Liga“), ist die Leistungsdifferenzierung anspruchsvoller („1. Liga“); sie erlaubt es, einen Vorteil zu generieren, der nicht so leicht imitierbar ist und mit dem der Anbieter seinem Kunden in dessen Geschäftsfeld helfen kann, um ihn so an sich zu binden.

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75. Unterscheiden Sie strategische und operative Planung! Strategische Planung behandelt die Frage „Are we doing the right things?“ Operative Planung hingegen geht auf die Frage ein „Are we doing the things right?“ Gegenüber der strategischen Planung hat die operative Planung eine Vollzugsfunktion; sie verläuft lediglich im von der strategischen Planung gesteckten Rahmen zur Sicherung des kurzfristigen Überlebens der Unternehmung. 76. Was verstehen Sie unter der Interdependenz der Teilpläne? Die operativen Teilpläne sind interdependent, also zusammenhängend, und haben Wechsel-wirkungen; folglich müssen die betroffenen Stellen im Unternehmen Informationen austau-schen. Dies gilt auch bereits schon im Stadium des Planungsentwurfs der Teilpläne. Abstimmung erfolgt hier immer ausgehend von den Engpassstellen durch Hierarchisierung der Teilpläne nach dem Ziel-Mittel-Zusammenhang. 77. Erläutern Sie kurz den Kontrollprozess in seinen Phasen! Zunächst erfolgt eine Bestimmung des zu erreichenden Solls; diese Daten stammen zumeist aus der Planung. Anschließend werden die erzielten Ist-Werte gemessen und mittels Soll/Ist- Vergleich mögliche Abweichungen ermittelt. Eine Abweichungsanalyse muss in jedem Fall stattfinden, auch bei positiven Abweichungen des Ist vom Soll. In einer folgenden Anweichungsanalyse werden die Gründe für ein Abweichen betrachtet; diese können liegen in Planungsfehlern, Wirkungen unvorhergesehener Störgrößen etc. Abschließend kommt es zur vertikalen und horizontalen Berichterstattung, um die Ergebnisse zu kommunizieren und Folgen auszulösen. 78. Was versteht man unter dem Basisproblem der Organisation? Hierbei handelt es sich um ein Dualproblem; einerseits die zur Arbeitsteilung notwendige Differenzierung, andererseits die zur Koordination auf die Gesamtaufgabe hin erfolgende Integration. Die organisatorische Differenzierung ist die Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben und die anschließende Bildung leistungsfähiger Einheiten (Aufgabenanalyse). Die organisatorische Integration ist dann die Zusammenführung der Teilaufgaben im Hinblick auf die Erfüllung der Gesamtaufgabe in Abteilungen (Aufgabensynthese). Diese beiden Gestaltungsaufgaben sind latent widersprüchlich; je stärker die Organisation differenziert wird, desto mehr Koordinations- bzw. Integrationsaufwand muss betrieben werden. Spezialisierungsvorteilen stehen somit die Koordinationskosten gegenüber. 79. Erläutern Sie kurz das Substitutionsprinzip der Organisation nach Gutenberg! Aufgabe des Substitutionsprinzips der Organisation ist die Ermittlung des Optimums an fallweisen und generellen Reglungen für betriebliche Tatbestände. Das Prinzip fordert dazu auf, bei Abnahme der Variabilität der betrieblichen Tatbestände fallweise durch generelle Regelungen zu substituieren. Das Optimum ist dann erreicht, wenn jede zusätzliche generelle Regelung kontraproduktiv wirken würde.

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80. Erklären Sie, anhand welcher Dimensionen/Kriterien die Gesamtaufgabe einer Unternehmung gedanklich in Elementarteile zerlegt werden kann! Die Zerlegung kann anhand von fünf Dimensionen erfolgen:

- nach Verrichtungen/Funktionen ( å funktionale Organisation) - nach Objekten ( å divisionale Organisation) - nach Rang - nach Phase - nach Zweckbeziehung

81. Vergleichen Sie die Vor- und Nachteile der funktionalen und der divisionalen Organisation!

Funktionale Organisation Divisionale Organisation - Abteilungsbildung nach Verrichtungen - typisch für 1-Produkt-Unternehmen (homogene Produktprogramme)

- auch Sparten- oder Geschäftsbereichsorga- nisation genannt - Organisation nach Geschäftsbereichen - typisch für diversifizierte Unternehmen

Vorteile - Spezialisierungsvorteile - homogene Handlungseinheiten - effektive Ressourcennutzung

- Flexibilität - spezielle Ausrichtung auf Divisionsstrate- gien möglich - hohe Transparenz der Geschäftsbereiche

Nachteile - Abstimmungsschwierigkeiten - mangelnde Flexibilität - geringe Zurechenbarkeit von Ergebnissen

- schlechte Ressourcennutzung - Synergieverluste - hoher administrativer Aufwand - Zieldivergenzen

82. Analysieren Sie die Spartenorganisation im Hinblick auf die Entscheidungs-autonomie und die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Sparten! Divisionen (Sparten) werden zumeist nach Produktgruppen gebildet; sie werden dann oft als „profit-center“ geführt. Dies bedeutet eine weitgehende Autonomie mit Gewinnver-antwortung für den wirtschaftlichen Erfolg des Bereiches. Es entsteht sozusagen ein Unternehmen im Unternehmen. Die Kernsachfunktionen (Beschaffung, Produktion, Absatz) werden dann in den „profit-centern“ jeweils selber durchgeführt. Als rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich die Alternativen Sparte = Abteilung (dann liegt ein Einheitsunternehmen vor) oder Sparte = rechtlich selbständiger Geschäfts-bereich (Entstehung eines Konzerns/Holding).

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83. Erläutern Sie kurz die Koordinationsmechanismen der organisatorischen Integration! a) strukturbezogene Koordinationsmechanismen:

- Abstimmung durch Weisung = Hierarchie (Einliniensystem, Mehrlinien-system)

- Selbstabstimmung = flache Hierarchie, flexible Organisation (spontane (horizontale) Selbstabstimmung, institutionalisierte Selbstabstimmung (z.B. Netzwerke, Ausschüsse, Abteilungsleiterkonferenzen))

- Abstimmung durch Programme = Routineprogramme - Abstimmung durch Pläne = Zweckprogramme

b) nicht-strukturbezogene Koordinationsmechanismen:

- Markt = Konkurrenz um Ressourcen - Clan = Koordination durch gemeinsame Werte (Unternehmenskultur) - Ausbildung = Standardisierung von menschlichem (Rollen-)Verhalten

84. Diskutieren Sie die wesentlichen Merkmale der Matrixorganisation! Die funktionale Organisation wird überlagert von einer produkt- bzw. projektorientierten Organisationsstruktur. In der Matrixorganisation gibt es im Konfliktfall keine Dominanz-lösung, sondern eine argumentative Lösung (Selbstabstimmung). Der Konflikt ist als produktives Element in der Organisationsstruktur enthalten. Es findet eine Abkehr vom Prinzip der Einheit der Auftragserteilung statt, hin zum Mehrlinienprinzip. Voraussetzung für das Funktionieren einer Matrixorganisation ist die Konfliktfähigkeit und eine gute Ausbildung der Organisationsmitglieder. 85. Erläutern Sie den Begriff „Leitungsspanne“! Unter der Leitungs- bzw. Kontrollspanne versteht man die Anzahl an Mitarbeitern, die einer Instanz direkt unterstellt sind; so sind zwar alle Mitarbeiter einer Unternehmung der Geschäftsleitung unterstellt, jedoch zählen nur die Abteilungsleiter der zweiten Führungs-ebene zur Leitungsspanne der Geschäftsführung. Bei einer kleinen Leitungsspanne (z.B. 1 : 4) hat man eine tiefe Hierarchie; man findet sie oft bei komplexen Aufgaben; es herrscht eine starke Kontrollbedürftigkeit der Mitarbeiter. Bei einer großen Leitungsspanne (z.B. 1 : 30) hingegen hat man eher eine flache Hierarchie; die persönliche Weisung muss hier durch andere Koordinationsmechanismen ersetzt werden; die Mitarbeiter sind entweder (hoch-)qualifiziert oder die Aufgabe einfach strukturiert. Kleine Leitungsspannen bedeuten also eine hohe Überwachung, große Leitungsspannen eine geringe Überwachung der Mitarbeiter.

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86. Welche Voraussetzungen müssen vor dem Einsatz von „Programmen“ bei der organisatorischen Differenzierung erfüllt werden? Es gelten drei Voraussetzungen für den Einsatz von Programmen:

- Standardisierung: die Probleme bei der Aufgabenerfüllung müssen klassifiziert werden

- problemspezifische Lösungsverfahren müssen existieren/gefunden werden - eine statische Umwelt wird vorausgesetzt (geringe Änderungsrate der

Umweltbedingungen) Standardisierung und innovatives Verhalten stehen sich als Gegensätze beim Einsatz von Programmen gegenüber. 87. Erläutern Sie kurz die Einflussgrößen der Organisationsstruktur! Die Organisationsstruktur bzw. ihre Bildung wird von mehreren Faktoren beeinflusst: Menschen, Umwelt, Lebenszyklus und Technologie. Menschen: Ihre Bedürfnisse, Erwartungen und Verhaltensweisen nehmen Einfluss auf die Organisationsstruktur (und umgekehrt); dies ist dann als politischer Prozess zu verstehen. Zu der Einflussgröße Mensch wird weiter auf die Anreiz-Beitrags-Theorie nach Simon-March verwiesen. Umwelt: Unsicherheit versus Sicherheit, Stabilität versus Turbulenz (beachte hierbei: mechanistische versus organische Organisationsformen); weitere Faktoren hier sind Wettbewerbsintensität, kulturelle Werte etc. Lebenszyklus: Eine Organisation durchläuft mehrere Phasen während ihres Lebenszyklus; diese sind die Gründungsphase (kleine, unbürokratische Organisationen), die Wachstums-phase (Differenzierung, Formalisierung) und die Reife-/Niedergangsphase (Reorga-nisationsversuche). Technologie: z.B. Fließbandarbeit ist eine Routinetätigkeit, die oftmals mit zentralisierten Organisationsstrukturen einhergeht; flexible, dezentralisierte Organisationsstrukturen erfordern dann eher Universalmaschinen. 88. Was versteht man unter „organischen“ und „mechanistischen“ Organisations-formen? Aus empirischen Untersuchungen wurden für die beiden Extremsituationen der stabilen und der turbulenten Umwelt zwei gegensätzliche Arten von Managementsystemen entwickelt; in einer stabilen Umwelt kann die mechanistische Organisationsform (Bürokratiemodell von Max Weber) effizient eingesetzt werden, bei turbulenter Umwelt hingegen die organische Organisationsform. Kennzeichen für die mechanistische Organisationsform sind strenge Hierarchie, Zentrali-sierung der Entscheidungskompetenzen, Loyalität und Gehorsam, starke Formalisierung der Arbeitsabläufe und die vertikale Interaktion (Dienstweg).

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Im Gegensatz dazu steht die organische Organisationsform, wirkungsvoll eher bei turbulenten Umwelten; sie zeichnet sich aus durch die Merkmale Expertenmacht, netzartige Kommunikationsstrukturen, Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen, laterale Interaktion und die Hingabe des Einzelnen an seine Aufgabe. Jedoch muss gesagt werden, dass es nicht für jede Organisationsgestaltung nur einen einzigen richtigen Managementsystem-Typ gibt. Vielmehr sind die vorgestellten Systeme auch als Extremausprägungen zu sehen. 89. Ordnen Sie die Managementfunktion „Führung“ in das Konzept des plandeterminierten Managementprozesses ein! Die Begriffserklärung erfolgt im Sinne der Managementfunktion „Führung“. Demnach ist Führung ein Einflussprozess bzw. ein sozialer Einflussversuch. Voraussetzung für den Erfolg einer Einflussmaßnahme ist ein gewisses Sanktionspotential bzw. Macht. Macht wird dabei als die Chance, in einer sozialen Beziehung seinen eigenen Willen auch gegen Widerstände durchzusetzen, verstanden. Welche Rolle übernimmt nun die Führung im Managementprozess? å Es bestehen organisatorische Regelungen/Planungen, bei deren Realisation dann ein gewisser Nach-steuerungsbedarf auftritt, weil Interessenkonflikte zwischen Organisationszielen und den Individualzielen der Organisationsmitglieder entstehen. Derartige Konflikte, die zu nicht- strategiekonformen Handlungen der Organisationsmitglieder führen, bedürfen der Einflussnahme im Hinblick auf die plangerechte Zielerreichung bei der organisatorischen Gesamtaufgabe. 90. Nennen und erläutern Sie kurz die von French und Raven festgestellten Macht-grundlagen! French und Raven unterscheiden fünf Grundlagen von Macht:

- Macht durch Belohnung (abhängig von Perzeption und tatsächlicher Gewährung)

- Macht durch Zwang (abhängig von Perzeption und tatsächlicher Gewährung; des Weiteren gilt: entgangene Belohnung = Bestrafung, vermiedene Bestrafung = Belohnung)

- Macht durch Persönlichkeitswirkung/Charisma (Identifikation mit dem Vorgesetzten)

- Macht durch Wissen/Fähigkeiten (Perzeption des Untergebenen von Wissensvorteilen beim Vorgesetzten)

- Macht durch Legitimation (Positionen sprechen ihren Inhabern Macht zu) 91. Vergleichen Sie autoritäres und demokratisches (Vorgesetzten-)Verhalten! Autoritäres und demokratischen Vorgesetztenverhalten können als Extrema eines Kontinuums begriffen werden. Differenzierungskriterium ist die Partizipation der Beteiligten am Entscheidungsprozess.

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Vorgesetzte mit autoritärem Führungsstil grenzen sich von ihren Mitarbeitern sozial ab, weisen Aufgaben sowie die Art der Aufgabenerfüllung zu und meiden Gruppenaktivitäten. Sie bringen ihren Mitarbeitern keine persönliche Wertschätzung entgegen, sondern sehen sie als „Instrumente“ zur besseren Zielerreichung. Im Gegensatz dazu versuchen Vorgesetzte mit demokratischem Führungsstil die soziale Distanz zu ihren Untergebenen zu verringern, überlassen die Verteilung der Aufgaben der unterstellten Gruppe, vermitteln Ziele durch Diskussion und (Einzel-)Gespräche und nehmen aktiv am Gruppenleben teil. Dieser Vorgesetztentyp bringt seinen Mitarbeitern/Untergebenen eine hohe Wertschätzung entgegen und gibt dies auch zu erkennen. In empirischen Studien wurde nachgewiesen, dass Partizipation der Mitarbeiter an Entscheidungen zu einer positiven Entwicklung der Arbeitsproduktivität führt. 92. Was bedeutet die Führungssituation für den Erfolg von Führung? Die Konzepte des autoritären bzw. demokratischen sowie des aufgabenorientierten bzw. personenorientierten Führungsstils sind eindimensionale Konzepte, sie berücksichtigen nicht den situativen Kontext, in dem Führung stattfindet. Einfluss auf den Erfolg von Führung hat so neben dem Führungsstil auch die Führungssituation als intervenierende Variable; diese differiert wegen Art der Aufgabe, Zeit-druck, Erwartungen und Fähigkeiten der Geführten, Hierarchieebene und Positionsmacht der Führung. 93. Warum ist das Menschenbild des homo oeconomicus nur bedingt für die Erklärung von Motivation in Organisationen heranzuziehen? Das Menschenbild des homo oeconomicus ist ein theoretisch konzipiertes Modell; das (eigennützige, von sozialen Beziehungen freie) Individuum ist hier die Handlungseinheit, dessen Verhalten/Motivation primär von monetären Anreizen bestimmt wird. Damit ist der homo oeconomicus für anonyme Märkte konstruiert, in denen es keine persönlichen Beziehungen zwischen den Akteuren gibt. Organisationen und Vereine entsprechen dem aber nicht, da sie nicht anonym sind; hier herrschen vielfältige soziale Verbindungen der Akteure und Vertrauen. Darüber hinaus handelt das Individuum hier nicht alleine, sondern in Kollektiven/Gruppen. Damit ist der homo oeconomicus nicht sehr realitätsnah und kann entsprechend nur begrenzte/wenige Erklärungen für Individualverhalten in Organisationen geben. 94. Erläutern Sie kurz die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow! Die Bedürfnistheorie nach Maslow lässt sich durch zwei Motivarten unterscheiden: die „Mangel“-Motive und die „Anregungs“-Motive. Die Mangelmotive entstehen aus der Annahme, dass der Mensch nur dann zum Handeln angetrieben wird, wenn er an einem Mangel leidet. Mangelzustände versuchen die Menschen nach der „Spannungs-reduktionstheorie“ zu überwinden oder ganz zu vermeiden. Konträr dazu sind die Anregungsbedürfnisse, wie zum Beispiel Neugierde, Interesse oder Lust, da sie nicht aus der Beseitigung eines Mangelzustandes resultieren. Maslow versuchte, diese beiden Motivarten in seiner Theorie zu vereinen.

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Maslows fünf Bedürfnisklassen lassen sich wie folgt darstellen:

1) Die physiologischen Bedürfnisse beschreiben die menschlichen Grund- oder Elementarbedürfnisse, wie z.B. Essen, Trinken, Schlafen. Aus ihrer Natur heraus ergibt sich, dass sie wichtiger sind als alle anderen Bedürfnisarten.

2) Die Sicherheitsbedürfnisse drücken sich in den Ängsten vor Unvorhersehbarem aus, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit, Unfälle, Krankheiten und Verbrechen. Gegen diese möglichen zukünftigen Ereignisse versucht der Mensch sich zu schützen/ abzusichern.

3) Die sozialen Bedürfnisse umfassen das Streben nach befriedigenden sozialen Bedingungen, nach Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit.

4) Aus den Wertschätzungsbedürfnissen, dem Gefühl, gebraucht zu werden, entwickeln sich Selbstachtung und Selbstvertrauen des einzelnen Menschen.

5) Die Selbstverwirklichungsbedürfnisse repräsentieren die letzte und zugleich höchste Bedürfnisklasse; sie umfassen die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und die Suche nach einem tieferen Lebenssinn.

1 – 4 zählen zu den Defizitbedürfnissen, 5 ist ein Wachstumsbedürfnis. Weiterhin gelten das Defizit- und das Progressionsprinzip. Nach dem Defizitprinzip gilt, dass unbefriedigte Bedürfnisse zuerst befriedigt werden; bei Sättigung hat ein Bedürfnis keine Motivationskraft mehr. Das Progressionsprinzip besagt, dass das menschliche Verhalten im Grundsatz durch das hierarchisch niedrigste unbefriedigte Bedürfnis geleitet wird. 95. Wodurch unterscheiden sich Motivatoren und Hygienefaktoren nach Herzberg? In der Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg gibt es zwei unabhängig wirkende Dimen-sionen/Faktoren: die Hygienefaktoren und die Motivatoren. Hygienefaktoren (z.B. Unternehmenspolitik/Verwaltung, fachliche Führung, Beziehungen zu Vorgesetzten, Arbeistbedingungen) führen zu einem Fortfall von Unzufriedenheit, schaffen jedoch noch keine Zufriedenheit. Zufriedenheit schaffen erst Motivatoren; zu diesen zählen u.a. Leistungserlebnis, Aner-kennung, Verantwortung und die Arbeit selbst. Entlohnung stellt in diesem Zusammenhang eine Sonderstellung dar; kurzfristig wirkt sie zwar zufriedenheitsfördernd, langfristig jedoch hat sie keine Motivationswirkung. 96. Welche Aussagen zur Arbeitszufriedenheit lassen sich in den Theorien von Maslow und Herzberg finden? Vergleichen Sie! Maslows Motivationstheorie ist ein anthropologisch-wertendes Modell, welches keine direkten Aussagen zur Arbeitszufriedenheit trifft. Herzbergs Zwei-Faktoren-Theorie hingegen zeigt deutlich, welche Faktoren zu Arbeits-zufriedenheit der Mitarbeiter führt. Nach Herzberg sind konkrete Sachverhalte zu finden, welche aus dem Arbeitsinhalt heraus Zufriedenheit stiften können. Es geht hier um das ursprüngliche Interesse an der Arbeit (intrinsische Motivation).

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97. Wie verhalten sich extrinsische und intrinsische Motivation zueinander? Bei extrinsischer Motivation dient die Aktivität mittelbar der Bedürfnisbefriedigung über monetäre Anreize, Sanktionen etc.; im Gegensatz dazu stellt bei intrinsischer Motivation die Aktivität oder deren Ziel eine unmittelbare Bedürfnisbefriedigung dar. Extrinsische und intrinsische Motivation sind nicht additiv verknüpft, sondern sie stehen mit einem Verdrängungseffekt zueinander; so kann unter bestimmten Umständen extrinsische Motivation die intrinsische Motivation verdrängen, bzw. intrinsische Motivation kann durch externe Motivationsanreize unterhöhlt werden (Korrumpierungseffekt). 98. Nennen und erläutern sie kurz Maßnahmen der motivierenden Arbeitsgestaltung! In Betrachtung der Erweiterung des Entscheidungs-/Kontrollspielraumes sowie des Tätig-keitspielraumes ergeben sich folgende vier Maßnahmen der motivierenden Arbeitsgestaltung:

1) Job Rotation: Der Arbeitnehmer wechselt nach vorgeschriebenem Rhythmus zwischen strukturell gleichen Arbeitsplätzen.

2) Job Enlargement: Es kommt zu einer zahlenmäßigen Vergrößerung qualitativ gleichwertiger Aufgaben des Arbeitnehmers.

3) Job Enrichment: Aufgabenvielfalt und Ganzheitlichkeit der Aufgabe werden für den Arbeitnehmer erweitert.

4) Selbststeuernde Arbeitsgruppe: Zusammenhängende Arbeitsvollzüge (inklusive Planung, Organisation, Kontrolle) werden eigenverantwortlich von einer Gruppe/ einem Team erfüllt.

Bei Job Rotation und Job Enlargement kommt es lediglich zu einer Erweiterung des Tätigkeitsspielraumes des Arbeitnehmers; bei Job Enrichment und selbststeuernden Arbeitsgruppen hingegen kommt es zusätzlich noch zu einer Erweiterung des Entscheidungs- und Kontrollspielraumes. 99. Beschreiben Sie die Gruppe als soziales System! In einer Gruppe kommt es zu vielfältigen Interaktions- und Entscheidungsprozessen; gliederbar ist das System der Gruppe in dieser Betrachtung in Inputvariablen, Prozessvariablen und Outputvariablen. Zu den Inputvariablen zählen die Gruppenmitglieder und die Organisationsumwelt in allen ihren Facetten. Prozessvariablen sind: die Kohäsion der Gruppe (Gruppenzusammenhalt); ihre Ziele, Normen und Standards; die interne Sozialstruktur (Stellung der Gruppenmitglieder zueinander); konzertierte Gruppenaktionen/kollektive Handlungsmuster der Gruppe. Zu den Outputvariablen gehören die Stabilität und die Produktivität der Gruppe; zusammen bewirken sie die Gruppeneffektivität. 100. Inwiefern ist „Personal“ Sach- und Führungsfunktion? Die Sachfunktion Personal wird in der Regel von der Personalabteilung wahrgenommen; in ihrem Kompetenzbereich hat die Personalabteilung funktionale Autorität, ihre Aufgaben erstrecken sich auf folgende Gebiete in der Unternehmung:

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- Regelung von Grundsatzfragen - Entwurf und Umsetzung der betrieblichen Personalpolitik - Unterstützung des Linienmanagers mit Expertenwissen bei personalpolitischen

Fragestellungen Im Personalbereich fallen die drei Kernaktivitäten Personalgewinnung, Personalentwicklung und Personalerhaltung an. Die Management- oder Führungsfunktion Personal deckt nur einen Teil der Aufgabengebiete ab, die zu den Manager-Aufgaben gehören. Konkret befasst sich jeder Vorgesetzte nur mit Auswahl, Beurteilung und Entlohnung der Mitarbeiter, die seiner Führung direkt unterstellt sind. 101. Systematisieren Sie die Aufgaben des Personalwesens! Die Aufgaben des Personalwesens erstrecken sich auf die drei Kernaktivitäten Personalgewinnung, Personalentwicklung und Personalerhaltung. Eine weitere Unterteilung der Kernaktivitäten kann in die folgenden Teilaktivitäten erfolgen: Personalgewinnung umfasst alle Maßnahmen der Bedarfsplanung, Erstellung einer Anforderungsanalyse (z.B. Stellenbeschreibung), Rekrutierung und Auswahl (Analyse der Bewerbungsunterlagen, Einstellungstests, Interviews, Assessment-Center). Personalentwicklung umfasst die Aufgaben der Planung und Durchführung der Aus- und Weiterbildung für die Mitarbeiter, der Personalbeurteilung, der Karriereplanung für den einzelnen Mitarbeiter und der Betreuung des Vorschlagswesens. Personalerhaltung umfasst die Aufgaben der Entlohnung, Fortbildung, Festlegung von Sozialleistungen, Verwaltung und des Informationswesens. 102. Nennen Sie Gründe für die Einführung eines formalen Leistungs-beurteilungssystems sowie Zwecke der Leistungsbeurteilung im Allgemeinen! Da in jedem Fall eine (informelle) Leistungsbeurteilung in Organisationen stattfindet, stellt sich nur die Frage, ob es ein formales Leistungsbeurteilungssystem geben soll; ein solches dient der Sammlung relevanter Informationen in geregelter Form; dadurch sind die Daten kontrollierbar, nachprüfbar, nachvollziehbar und korrigierbar. Eine Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter dient dabei folgenden Zwecken:

- Lohn- und Gehaltsdifferenzierung - Evaluation der Effizienz personalpolitischer Entscheidungen - Fundierung personeller Auswahlentscheidungen - Ermittlung des Fort- und Weiterbildungsbedarfs - Förderung der Mitarbeiter-Motivation, Förderung der individuellen

Entwicklung - Information der Mitarbeiter

103. Welche Konflikte zwischen den Zwecken der Leistungsbeurteilung gibt es? Zum einen dient eine Leistungsbeurteilung der Selektion und Diskriminierung des individuellen Leistungsverhaltens, zum anderen aber auch der Förderung und Motivation der Mitarbeiter.

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Des Weiteren hat der Leistungsbeurteiler eine (distanzierende) „Richter“-Rolle inne; anderer-seits benötigt er auch zur Ermutigung der Mitarbeiter eine emotionale Nähe zu diesen. Weiteres Konfliktfeld sind die differierenden Ziele von Organisation und Mitarbeitern. 104. Welche drei Ansätze der Leistungsbeurteilung kennen Sie? Man unterscheidet den eigenschaftsorientierten Ansatz (Gegenstand der Beurteilung sind hier die Fähigkeiten der Mitarbeiter), den tätigkeitsorientierten Ansatz (Gegenstand der Beurtei-lung ist hier das Arbeitsverhalten) und den ergebnisorientierten Ansatz (Gegenstand der Beurteilung ist hier das Arbeitsergebnis). In der Praxis jedoch werden zumeist tätigkeits- und ergebnisorientierter Ansatz verwendet, da der eigenschaftsorientierte Ansatz eine mangelhafte theoretische Fundierung aufweist und keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftigen Entwicklungen des Mitarbeiters zulässt. 105. Wie setzt sich der individuelle Lohn eines Arbeitnehmers zusammen? Der individuelle Lohn ist eine Kombination aus verschiedenen Elementen; diese sind die Arbeitsaufgabe (aufgabenspezifische Anforderungen), die individuelle Leistung (personal-spezifische Leistung) und Korrekturfaktoren (Bedingungen des Arbeitsmarktes, Konjunktur, soziale Faktoren etc.). 106. Für welche Bedürfnisse (nach Maslow) hat Geld was für eine Instrumental-funktion? Nach Geld selber besteht in der Regel kein direktes Bedürfnis; es hat aber eine Instrumental-funktion zur Erfüllung anderer Bedürfnisse. Nach den Maslow`schen Bedürfniskategorien kommt Geld für diese dann folgende Bedeutung zu: Für die Befriedigung von physiologischen Bedürfnissen, Sicherheitsbedürfnissen und dem Bedürfnis nach Wertschätzung hat Geld eine hohe Instrumentalität; niedrige Instrumentalität hat Geld für die Erfüllung von sozialen Bedürfnissen und dem Bedürfnis nach Selbst-verwirklichung. Zu beachten sind jedoch auch Lohnsubstitute wie z.B. Sicherheit und Kündigungsschutz.

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Anhang 2: Literaturverzeichnis Verwendete und empfohlene Literatur: Bea, F.X./Friedl, B./Schweitzer, M. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Grundfragen, 9. Auflage, Stuttgart-New York 2004. Steinmann, H./Schreyögg, G.: Management, 6. Auflage, Wiesbaden 2005. Gesetzestexte in der jeweils gültigen Fassung/aktuellen Auflage (HGB, AktG, GmbHG, MitbestG u.a.).