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6 TPS 5 | 2013 Kornelia Schneider Raum für mich und meine Gefährten Kita-Räume aus Sicht der Kinder denken und gestalten Kinder füllen Räume mit ihren Interessen, mit ihren Freundschaf- ten, mit ihren Lebensgeschichten. Eine geschärfte Wahrnehmung hierfür und entsprechende Kommunikation unter den Erwachsenen kann die Gestaltung von Kita-Räumen sinnvoll beeinflussen. V om Kind aus zu denken, wie Räu- me gestaltet sein müssen, ist nicht so einfach. Wir wissen zum Beispiel kaum etwas darüber, wie die Jüngs- ten Raum wahrnehmen und erleben und was das für ihre Entwicklung be- deutet. Deswegen richten wir uns bei der Gestaltung von Räumen in erster Linie danach, was Kinder in den Räu- men tun können und was praktisch ist für die pädagogischen Fachkräfte. Die Auseinandersetzung mit der Fra- ge, welche Welt wir Kindern in Kin- dertageseinrichtungen einräumen und erfahrbar machen, steht erst am Anfang (vgl. Schneider/Huhn/Bert- hold 2013). Pädagogische Fachkräfte sind gefordert, zu beobachten und zu erkunden, was Kinder in den bereit gestellten Räumen anfangen, wie sie sie nutzen und ob dabei ihre Bedürf- nisse und Interessen ausreichend be- rücksichtigt werden oder vielleicht gar nicht zum Zuge kommen (können). Hier fühle ich mich wohl Räume in Kindertagesstätten sollten jedes Kind – ob im Säuglings-, Krab- belalter oder Kleinkindalter – in sei- ner Lebensfreude, Entdecker- und Lernlust stärken, die Erfahrung von Selbstwirksamkeit fördern und zu- gleich auch zur Identitätsentwicklung beitragen. In diesem Heft sind viele Beispiele und Vorschläge zu finden, wie Raum für die freie Bewegungsent- wicklung und für die Erkundung von Eigenschaften und Wirkweisen der materiellen Gegebenheiten geschaf- fen werden kann, wie Bewegungs- und Forschungslandschaften für die Jüngsten entstehen. Aber haben Sie schon einmal Kita-Räume daraufhin beforscht, was und wie sie Kindern sa- gen, wer sie sind und wer sie werden könnten? Räume sind mehr als materiell er- fahrbare Orte mit unterschiedlichen Dimensionen und unterschiedlicher Ausstattung. Räume sprechen, sie ha- ben eine Atmosphäre, laden zu etwas ein, fordern heraus oder verhindern. Räume haben eine Ausstrahlung, die sich auf die Identität und die Bezie- hungen auswirkt. Sie enthalten Ant- worten auf Fragen, die die Person betreffen: Wer darf ich hier sein? Wel- chen Platz habe ich hier für mich? Wie kann ich mich hier ausprobieren und entwickeln? Es lohnt sich, aus der Sicht von Kindern zu schauen, was Räume ermöglichen oder versagen und ob das für jedes Kind gleich ist. Mit diesem Beitrag möchte ich dazu anregen, sich im Team, mit Trägern und mit Eltern über solche Fragen zu verständigen und im Alltag zu beob- achten, was sich herausfinden lässt. Hier bin ich richtig Woran können die Kinder festma- chen, dass sie in den Räumen, die für sie gedacht sind, willkommen sind, dass sie dorthin gehören und sich zu- gehörig fühlen können? Würde jedes Kind in der Kindertageseinrichtung oder in Ihrer Gruppe sich in allen Punkten, die im Folgenden aufgezählt sind, wiederfinden und Gewissheit haben? Ich kann in diesen Räumen sicher sein, ¡ dass es genügend Platz und viel zu erkunden und zu erproben gibt, ¡ dass ich – wann immer ich es brauche oder möchte – einen Platz für mich habe, der mir Geborgen- heit gibt, ¡ dass ich meinen Interessen nach- gehen, etwas erleben und Spaß haben kann, ¡ dass ich mich frei bewegen und meine Bewegungsfähigkeit weiter entwickeln kann, ¡ dass ich etwas wagen kann, ¡ dass ich Raumwahrnehmungen erleben und untersuchen kann, ¡ dass ich alle meine Sinne ge- brauchen und auch selbst etwas gestalten kann, ¡ dass ich nicht unterbrochen wer- de, wenn ich in meinem Element bin, ¡ dass ich etwas zusammen mit anderen machen kann, die so sind „wie ich“, die ähnliche Interessen und eine ähnliche Sprache haben, ¡ dass die Erwachsenen mir und meinen Gefährten eine eigene Welt ermöglichen, wie sie unse- rem Alter und unseren Verständi- gungsmöglichkeiten entspricht: d. h. uns gegenseitig in unserem Körperdasein zu bestärken, TPS_5_13_06-09.indd 6 25.06.13 13:01

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Kornelia Schneider

Raum für mich und meine GefährtenKita-Räume aus Sicht der Kinder denken und gestalten

Kinder füllen Räume mit ihren Interessen, mit ihren Freundschaf-ten, mit ihren Lebensgeschichten. Eine geschärfte Wahrnehmung hierfür und entsprechende Kommunikation unter den Erwachsenen kann die Gestaltung von Kita-Räumen sinnvoll beeinflussen.

Vom Kind aus zu denken, wie Räu-me gestaltet sein müssen, ist nicht

so einfach. Wir wissen zum Beispiel kaum etwas darüber, wie die Jüngs-ten Raum wahrnehmen und erleben und was das für ihre Entwicklung be-deutet. Deswegen richten wir uns bei der Gestaltung von Räumen in erster Linie danach, was Kinder in den Räu-men tun können und was praktisch ist für die pädagogischen Fachkräfte. Die Auseinandersetzung mit der Fra-ge, welche Welt wir Kindern in Kin-dertageseinrichtungen einräumen und erfahrbar machen, steht erst am Anfang (vgl. Schneider/Huhn/Bert-hold 2013). Pädagogische Fachkräfte sind gefordert, zu beobachten und zu erkunden, was Kinder in den bereit gestellten Räumen anfangen, wie sie sie nutzen und ob dabei ihre Bedürf-nisse und Interessen ausreichend be-rücksichtigt werden oder vielleicht gar nicht zum Zuge kommen (können).

Hier fühle ich mich wohl

Räume in Kindertagesstätten sollten jedes Kind – ob im Säuglings-, Krab-belalter oder Kleinkindalter – in sei-ner Lebensfreude, Entdecker- und Lernlust stärken, die Erfahrung von Selbstwirksamkeit fördern und zu-gleich auch zur Identitätsentwicklung beitragen. In diesem Heft sind viele Beispiele und Vorschläge zu finden, wie Raum für die freie Bewegungsent-wicklung und für die Erkundung von

Eigenschaften und Wirkweisen der materiellen Gegebenheiten geschaf-fen werden kann, wie Bewegungs- und Forschungslandschaften für die Jüngsten entstehen. Aber haben Sie schon einmal Kita-Räume daraufhin beforscht, was und wie sie Kindern sa-gen, wer sie sind und wer sie werden könnten?

Räume sind mehr als materiell er-fahrbare Orte mit unterschiedlichen Dimensionen und unterschiedlicher Ausstattung. Räume sprechen, sie ha-ben eine Atmosphäre, laden zu etwas ein, fordern heraus oder verhindern. Räume haben eine Ausstrahlung, die sich auf die Identität und die Bezie-hungen auswirkt. Sie enthalten Ant-worten auf Fragen, die die Person betreffen: Wer darf ich hier sein? Wel-chen Platz habe ich hier für mich? Wie kann ich mich hier ausprobieren und entwickeln? Es lohnt sich, aus der Sicht von Kindern zu schauen, was Räume ermöglichen oder versagen und ob das für jedes Kind gleich ist. Mit diesem Beitrag möchte ich dazu anregen, sich im Team, mit Trägern und mit Eltern über solche Fragen zu verständigen und im Alltag zu beob-achten, was sich herausfinden lässt.

Hier bin ich richtig

Woran können die Kinder festma-chen, dass sie in den Räumen, die für sie gedacht sind, willkommen sind, dass sie dorthin gehören und sich zu-

gehörig fühlen können? Würde jedes Kind in der Kindertageseinrichtung oder in Ihrer Gruppe sich in allen Punkten, die im Folgenden aufgezählt sind, wiederfinden und Gewissheit haben? Ich kann in diesen Räumen sicher sein, ¡ dass es genügend Platz und viel zu

erkunden und zu erproben gibt, ¡ dass ich – wann immer ich es

brauche oder möchte – einen Platz für mich habe, der mir Geborgen-heit gibt,

¡ dass ich meinen Interessen nach-gehen, etwas erleben und Spaß haben kann,

¡ dass ich mich frei bewegen und meine Bewegungsfähigkeit weiter entwickeln kann,

¡ dass ich etwas wagen kann,¡ dass ich Raumwahrnehmungen

erleben und untersuchen kann,¡ dass ich alle meine Sinne ge-

brauchen und auch selbst etwas gestalten kann,

¡ dass ich nicht unterbrochen wer-de, wenn ich in meinem Element bin,

¡ dass ich etwas zusammen mit anderen machen kann, die so sind „wie ich“, die ähnliche Interessen und eine ähnliche Sprache haben,

¡ dass die Erwachsenen mir und meinen Gefährten eine eigene Welt ermöglichen, wie sie unse-rem Alter und unseren Verständi-gungsmöglichkeiten entspricht: d. h. uns gegenseitig in unserem Körperdasein zu bestärken,

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uns nach unserem Belieben zu bewegen, zu mehreren Spiele zu erfinden und Regeln dafür zu ent-wickeln, gemeinsam zu lachen, zu jubeln oder anders laut zu äußern,

¡ dass ich Freunde finden bzw. Freundschaft aufbauen kann,

¡ dass ich jederzeit eine mir vertrau-te erwachsene Bezugsperson fin-den kann, wenn ich das brauche,

¡ dass ich nicht eingesperrt bin, sondern von hier aus neue Räume erkunden kann.

Nur wer empfindet „hier bin ich rich-tig“, kann auch für sich annehmen: Ich bin richtig. Das ist notwendig als Grundlage einer sicheren Identität.

Botschaften des Raums

Um mir klar zu machen, was Räume ausstrahlen und welche Mitteilungen sie Kindern machen, ist es hilfreich, mich zunächst selbst zu fragen, wie ein Raum wirkt, wo ich mich gern aufhalten würde und warum oder auch warum nicht. Sensibilisiert für die Sprache eines Raumes, lässt sich

leichter aus der Perspektive von Kin-dern schauen – im wahrsten Sinne des Wortes, d. h. aus ihrer Augenhöhe. Wir können zwar nicht wissen, wie Kinder einen Raum empfinden, aber wir können überprüfen, welche sinn-lichen Wahrnehmungen sie darin machen können. Wir können klären, was daran Vermutungen sind und was mit Sicherheit festzustellen – also sinnlich nachvollziehbar – ist. Was können Säuglinge, Krabbler und/oder Kinder, die schon laufen können, aus ihrer Sicht wahrnehmen?

¡ Was ist im Blickfeld, was nicht? ¡ Was ist mit den Ohren zu verneh-

men?¡ Wie warm oder kühl ist es? Ist

Luftzug zu verspüren?¡ Wie riecht es hier? Wonach

schmeckt es?¡ Was ist in Reichweite konkret mit

Händen und/oder Füßen oder anderen Körperteilen zu erfassen?

¡ Ist die Nähe von anderen Kindern und zu einer vertrauten erwachse-nen Bezugsperson zu spüren?

¡ Wie groß ist der Bewegungsradius, wo sind Grenzen?

¡ Sind die Grenzen beweglich oder überwindbar?

¡ Wie weit lässt sich in die Höhe oder Tiefe und in die Ferne bli-cken, hören, riechen und spüren?

¡ Was dringt von Nebenräumen oder von draußen herein?

Ein anderer Punkt für eigene Erkun-dungen kann sein: Wie orientieren Kinder sich im Raum und was spricht Kinder an?

¡ Wozu werden sie angeregt und he-rausgefordert?

¡ Was lenkt ihre Bewegungen? Was zieht ihre Blicke an und wohin streben sie mit ihrem Körper?

¡ Wohin wollen sie gern, wovon halten sie sich fern?

¡ Wie finden sie sich zurecht? Wo-her wissen sie oder wie finden sie heraus, wohin sie sich bewegen müssen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?

¡ Was dient ihnen als Orientie-rungspunkt oder Leitlinie? Sind das Personen, Raumelemente oder Markierungen am Boden, Gerüche oder etwas ganz anderes?

die „Sprache eines raumes“ auf augenhöhe der Kinder erkunden

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Der Raum als Begleiter – Erkundungsfragen

Ankommen:¡ in was für eine Welt tritt das Kind ein, wenn es in die einrichtung kommt?¡ Wo und wie wird es begrüßt und in empfang genommen? ¡ Wer nimmt notiz von ihm?¡ ist raum für seine eltern?¡ Was findet es vor, was ihm signalisiert: hier bin ich zu hause?¡ Wohin strebt es, wo lässt es sich nieder oder wird abgesetzt?¡ Wie kann es sich orientieren, welche Wegweiser gibt es?¡  Wie und wo trifft es auf die anderen Kinder?

Sich heimisch fühlen:¡  Was gehört dem Kind in der einrichtung? Was hat es für sich allein?¡  Wo hat es (s)einen Platz? Wie ist er gekennzeichnet?¡  Woran erkennt es und woran erkennen andere, was zu ihm gehört?¡  Gibt es nischen und ecken, die sich gut eignen für ungestörtes Spiel zu zweit, so dass sich Freundespaare dahin zurückziehen können?

Ausruhen und Entspannen:¡  Kann jedes Kind sich nach seinem Körpergefühl richten und entscheiden, in welchem rhythmus es aktiv ist und sich ausruht? 

¡  Kann es jederzeit einen passenden Platz finden, wenn es Pause machen, entspannen oder sich niederlegen will? 

¡  Weiß es, wo sein Schlafplatz ist und kann ihn selbst aufsuchen und verlassen bzw. bringt jemand das Kind dorthin und holt es wieder zurück immer dann, wenn dem Kind danach ist?

Aktiv sein:¡  Kann jedes Kind wählen, was es tun will? Kann es überblicken, welche Möglichkeiten es ergreifen könnte? ist Material in seiner reichweite?

¡  Kann es zu jeder Tageszeit etwas finden, was sein interesse weckt, ohne erwachsene dafür zu brauchen?

¡  Kann es in ruhe seinen interessen nachgehen, ohne von anderen gestört oder unterbrochen zu werden?

¡  haben die Kinder ausreichend Möglichkeiten, mit Wasser und Sand zu spielen, etwas zu kon struieren und wieder zu zerstören? Stehen ihnen Wasser- und Sand-Baustellen zur Verfügung?

¡  Gibt es genügend Material und anlässe, sich mit der Mechanik der Bewegung und der nutzbarmachung von elementen in einfachster Form zu befassen? ist Werkzeug  vorhanden und können die Kinder einfache Maschinen-elemente kennen lernen und erproben?  Können sie erfahrungen machen mit verschiedenen Möglichkeiten, ihre eigene Kraft  zu verstärken und die reichweite ihrer arme zu „verlängern“ oder ihren Körper als  Maßeinheit einzusetzen, indem sie räume ermessen und Kräfte messen mit anderen?

¡  Bekommt es ausreichend geeignete Materialien, wenn es gerade einer bestimmten Tätigkeit oder Frage nachgehen will oder sich mit einem „Schema“ auseinandersetzt (vgl. haas 2006)?

¡  Können die Kinder Materialien und Möbel anders verwenden als (von erwachsenen) gedacht, können sie z. B. dinge verrücken, hin- und herschieben, ineinander stecken,  auf den Kopf stellen, aufeinander stapeln, herumtragen und fallen lassen,  um zu erforschen, wie etwas funktioniert und ob das immer gleich ist?

¡  Gibt es genügend Freiraum, um aktionen mit anderen Kindern zu organisieren, zu zweit oder als größere Gruppe? Gibt es Materialien und Geräte, die das gemeinsame  Spiel und zu gemeinsamen erkundungen anregen?

¡  Wie passt sich die raumgestaltung an verschiedene entwicklungsstufen und interessen an? Kommen jüngere und ältere Kinder, Mädchen und Jungen, Kinder aus unterschiedlichen Familien-kulturen gleichermaßen zu ihrem recht? Können räume und Möbel mit den Kindern wachsen? 

¡  Kommen Kinder ohne großen aufwand nach draußen? Können sie sich in naturbelassenem Gelände tummeln und orte außerhalb der Kindertageseinrichtung kennen lernen und erkunden?

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Es geht um mehr als die Frage, was die Kinder in den Räumen machen können. Es dreht sich auch da rum, welche Erwartungen durch den Raum geweckt werden und welche Anforderungen ein Raum an Kinder stellt. Einen Raum unter solchen Ge-sichtspunkten zu betrachten, führt vielleicht zu ganz ungewohnten Ein-sichten und neuen Entwürfen. Ist die Kindertageseinrichtung als Ermögli-chungsraum gedacht, Kindern Hand-lungs- und Entscheidungsspielräume zu eröffnen, die ihren Interessen ent-sprechen und sie vielfältige Welten entdecken lassen? Welches Bild von der Welt und vom Kind wird durch die Raumanordnung und -ausstat-tung vermittelt? Was für eine Welt bietet der Raum? Was ist darin über die Welt zu erfahren? Was gibt es zu entdecken?

¡ Was hat diese Welt zu tun mit den Interessen und Fähigkeiten von jungen Kindern? Was hat sie zu tun mit den Interessen der Gesell-schaft?

¡ Was kommt drinnen von der Welt draußen vor?

¡ Welche Verbindungen gibt es zur Welt draußen? Welche Übergänge sind möglich?

¡ Wie kann die Welt allmählich erweitert werden?

Identität und Kommunikation

Räume sind identitätsstiftend und ge-ben Kommunikationsstrukturen vor. Sie lenken, welche Wege und welche Art von Begegnungen mit dem Raum, mit Menschen und Dingen im Raum möglich sind. Jeder Raum – ob gebaut oder natürlich gewachsen – ist immer auch Beziehungsraum, Begegnungs-raum, Kommunikationsraum, Dar-stellungsraum:

¡ Welche Wege kann ich hier nehmen? Wohin führen sie? Wo enden sie? Welche Aussichten bieten sie?

¡ Wo und wie kann ich hier in Dialog treten – mit Dingen, mit Menschen, mit anderen Räumen oder Orten?

¡ Was kann ich hier von mir zei-gen?

¡ Finde ich hier auch etwas vor, was mir vertraut ist von zu Hause?

¡ Was zeigt der Raum von anderen, wer verwirklicht sich darin?

¡ Fühle ich mich hier wohl, aufgehoben und heimisch?

Ein Raum sollte zum Gefühl von Zu-gehörigkeit und Geborgenheit in der Kindertageseinrichtung beitragen: Hier habe ich (m)einen Platz. Hier kenne ich mich aus. Und was ich noch nicht kenne, kann ich erkun-den. Hier kann ich mich in Ruhe und ungestört mit den Dingen beschäfti-gen, die mich interessieren. Hier tref-fe ich auf andere Kinder, mit denen ich etwas anfangen kann. Ich kenne die anderen Kinder, kann wählen, mit wem ich zusammen sein will und kann Freundschaften aufbauen. Hier werde ich gesehen und gehört von Erwachsenen, die mir vertraut sind. Wann immer ich es brauche, ist je-mand für mich da.

Der Raum als Begleiter durch den Tag

Stellen wir uns den Tageslauf eines Kindes in der Einrichtung vor! Wel-che Rolle spielen – neben den Bezugs-personen – die Räume, in denen es seinen Tag verbringt? Ich stelle hier eine Auswahl von Erkundungsfragen zusammen (g Kasten), um dem auf die Spur zu kommen, wie Räume eine Rolle als Begleiter1 erfüllen können. Vielleicht kommen Sie selbst noch auf ganz andere Fragen.

Das alles hat mit der Raumorga-nisation, aber auch mit dem pädago-gischen Konzept zu tun. Und es gibt dafür jeweils verschiedene Lösungen. Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören, wenn Sie etwas Neues für sich entdeckt haben! ■

LiteraturHaas, Sibylle (2006): Auf den Spuren kindlicher

Verhaltensmuster. Über den Zusammenhang von Körperwahrnehmung, physikalischen Grunderfahrungen und künstlerischem aus-druck. Weimar/Berlin: verlag das netz Tel.: 0 56 52 / 58 77 70 [email protected]

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Bachelor-Fernstudium

DIPLOMA HochschuleAm Hegeberg 237242 Bad Sooden-Allendorf

B.A. Frühpädagogik

(Physio- / Ergotherapie,

Logopädie u.a.)Alten- / Krankenpflege,

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Private staatlich anerkannte Hochschule

(mit Präsenzphasen)

B.A. Medizinalfachberufe (Kitamanagement)

Gerwig, Kurt (2009)(DVD): KiTas kleinkindgerecht bauen und ausstatten. anregungen und Tipps für die neu- oder Umgestaltung von KiTas. Fachliche Begleitung: Kornelia Schneider. Kaufungen. Zu beziehen über: aV1 Film + Multimedia, www.paedagogikfilme.de

Schneider, Kornelia (19932): Krippen-Bilder. Gruppen-erfahrungs-Spielräume für Säuglin-ge und Kleinkinder.

  (vergriffen; gebundene Kopien des einge-scannten Buches zu beziehen über die autorin, www.frueh-lernwerk.de)

Schneider, Kornelia/Wüstenberg, Wiebke (2010): Die Welt der Dinge: Anregende Materialien für Säuglinge, Krabbel- und Kleinkinder. in: Weegmann, Waltraud/Kammerlander, carola (hrsg.): die Jüngsten in der Kita. ein handbuch zur Krippenpädagogik. Stuttgart: Kohlhammer

Schneider, Kornelia/Huhn, Norbert/Berthold, Erika: Wie viel Welt räumen wir Kindern ein? in: Betrifft Kinder 03/2013, S. 6 –11; Berlin/Weimar: verlag das netz

Anmerkung1  in pädagogischer Fachliteratur ist oft die rede 

vom raum als „dritter (oder erster) erzieher“; entsprechend der Veränderung der rolle von erzieherinnen, finde ich Begleiter passender.

AnzeiGe

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