Korrosion-Theorieteil

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Versuchsanleitung zur Korrosion im Rahmen des Materialwissenschaftlichen Praktikums am Lehrstuhl für Experimentalphysik I der Universität Augsburg

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introduction to corrosion in general and in special of steel

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  • Versuchsanleitung zur

    Korrosion

    im Rahmen des

    Materialwissenschaftlichen Praktikums

    am Lehrstuhl fr Experimentalphysik I

    der Universitt Augsburg

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 2

    Gliederung A. Theorieteil

    1. Was bedeutet Korrosion? .............................................................................A 3

    2. Korrosion in heien Gasen ..............................................................................A 4

    2.1. Ablauf der Reaktion..............................................................................A 4

    2.2. Reaktionsgeschwindigkeit ....................................................................A 5

    3. elektrochemische Korrosion............................................................................A 8

    3.1. Thermodynamik und elektrochemische Spannungsreihe .....................A 8

    3.1.1. Die Nernstsche Gleichung ..............................................................A 9

    3.1.2. Pourbaix-Diagramm........................................................................A 11

    3.2. Reaktionsgeschwindigkeit ....................................................................A 14

    3.2.1. Die Faradayschen Gesetze ..............................................................A 14

    3.2.2. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt .....................................A 14

    3.2.3. Passivierung ....................................................................................A 19

    3.3. Das Belftungselement .........................................................................A 22

    3.4. Rosten von Eisen nach dem Modell von Evans ....................................A 23

    3.5. Korrosionsreaktionen............................................................................A 24

    3.6. Korrosionsformen .................................................................................A 25

    4. Korrosionsschutz .............................................................................................A 28

    4.1. Schutz durch berzge und Beschichtungen........................................A 28

    4.2. kathodischer Schutz ..............................................................................A 29

    4.3. anodischer Schutz .................................................................................A 30

    5. Literatur ...........................................................................................................A 31

    B. Versuchsanleitung

    I. Die Messmethode ................................................................................................B 1

    II. Versuchsaufbau und Durchfhrung....................................................................B 2

    III. Das Protokoll.....................................................................................................B 7

    Anhang: Bedienungsanleitung des Potentiostaten

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 3

    1. Was bedeutet Korrosion?

    Aus der Alltagserfahrung kommen werden mit diesem Wort hauptschlich Roststellen

    z.B. am Auto oder Kontakte, die nicht mehr schlieen, weil sie korrodiert sind, in

    Verbindung gebracht.

    Wir wissen vielleicht, dass es Gegenstnde aus Stahl gibt, die blitzblank bleiben, whrend

    die Karosserie des alten Autos fast zerfllt, und unter dem Lack von dem glnzenden

    Metall nur noch ein brsliges, rtlich-braunes Material brig bleibt.

    Laut DIN 50900 Teil 1 ist

    Korrosion die Reaktion eines metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung, die eine

    messbare Vernderung des Werkstoffes bewirkt und zu einer Beeintrchtigung der

    Funktion eines metallischen Bauteils oder eines ganzen Systems fhren kann. In den

    meisten Fllen ist die Reaktion elektrochemischer Natur, in einigen Fllen kann sie

    chemischer oder metallphysikalischer Natur sein. ((3), Teil 4 Kapitel 2.1 Seite 4)

    Diese Definition deutet bereits an, dass sich hinter dem Begriff Korrosion weit mehr als

    das jedem bekannte Rosten verbirgt.

    Hufig wird der Begriff Korrosion auch auf nicht-metallische Werkstoffe ausgedehnt,

    also z.B. auf Kunststoffe, das soll aber hier nicht betrachtet werden.

    Nun werden auftretende Formen von Korrosion nach verschiedenen Gesichtspunkten

    untergliedert:

    Ist der Vorgang chemischer

    elektrochemischer

    physikalischer oder

    biologischer Natur?

    Findet die Reaktion unter Beteiligung eines Elektrolyten oder nur als Reaktion mit einem

    Gas statt?

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 4

    Wird der Werkstoff mechanisch beansprucht (Zug, Schwingung oder Reibung) oder

    korrodiert er ohne Beanspruchung?

    Wird die Oberflche gleichmig angegriffen oder findet die Korrosion lokalisiert auf

    Lcher, Kontaktstellen oder hnlichem statt?

    Dies alles sind Kriterien, die wesentlich den Korrosionsvorgang oder die Art des Angriffs

    betreffen.

    2. Korrosion in heien Gasen

    Damit ist die Korrosion ohne Anwesenheit eines Elektrolyten gemeint. Das Metall

    reagiert direkt mit einem umgebenden, trockenen Gas. Im Folgenden wird nur die

    Reaktion mit Sauerstoff beschrieben, es gab auch Untersuchungen zur Reaktion mit Jod

    oder Schwefel. Auch die Anwesenheit von Wasserstoff fhrt zu Korrosion, allerdings ist

    das ein vllig anderer Mechanismus, der nicht zur Verzunderung zu zhlen ist.

    2.1 Ablauf der Reaktion

    Zuerst werden sich an der Oberflche einige Sauerstoff-Atome anlagern und mit dem

    Metall reagieren, bis eine monomolekulare Schicht aus Oxid entstanden ist. Ab diesem

    Moment mssen entweder Sauerstoff-Ionen durch die Oxidschicht zum Metall wandern

    oder umgekehrt, Metall-Ionen durch die Schicht nach auen zum Gas. Welche Ionen nun

    wandern hngt vom Oxid und dessen Gitterstruktur ab. In den meisten Fllen ist die

    Zusammensetzung der Schicht nicht genau stchiometrisch, das heit, es gibt einen

    Metall- oder Sauerstoffberschuss. Dadurch verhlt sich das Oxid wie ein Halbleiter, und

    es wird mglich, dass Ionen transportiert werden.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 5

    2.2 Reaktionsgeschwindigkeit

    Die wichtigste der Korrosionsgren ist die Korrosionsgeschwindigkeit. Das ist nichts

    anderes als die Reaktionsgeschwindigkeit der Korrosionsreaktion. Nun hngt es von der

    Art der Reaktion ab, wie man diese bestimmen kann.

    Bei der Verzunderung bildet sich meist eine mit der Zeit immer dickere Schicht aus

    Reaktionsprodukten auf der Metalloberflche (flssige oder gasfrmige

    Reaktionsprodukte sind eher selten), so dass die Masse des korrodierenden Werkstcks

    zunimmt (in dem Reaktionsprodukt wird ja das umgebende Gas mit eingebaut).

    Kennt man nun die Zusammensetzung der Schicht, so kann man aus der Massenzunahme

    auf die Menge des korrodierten Materials schlieen.

    Um theoretische Aussagen ber die Reaktionsgeschwindigkeit treffen zu knnen,

    betrachtet man meist die Schichtdicke und deren Zunahme. Aus der Dichte ?, der

    korrodierten Flche A, der stchiometrischen Zusammensetzung und den molaren Massen

    des Metalls und des Reaktionsprodukts und der Schichtdicke y kann man auf die

    Massenzunahme schlieen.

    Geht man von der Annahme aus, dass das Schichtdickenwachstum proportional zur

    bereits vorhandenen Schichtdicke ist (Diese Annahme ist sinnvoll und beruht darauf, dass

    die Reaktionsgeschwindigkeit von dem Stofftransport durch die Schicht bestimmt wird.

    Dieser geht natrlich umso langsamer vor sich, je dicker die Schicht bereits ist.), kann

    man bereits ein einfaches Gesetz herleiten:

    tkyyk

    dtdy

    == '22

    tkAm

    =

    D

    2

    (parabolisches Zeitgesetz)

    k ist die parabolische Zunderkonstante, es konnte nachgewiesen werden, dass sie mit der

    elektrischen Leitfhigkeit zusammenhngt.

    Dieses Gesetz gilt bei Temperaturen ab ca. 450C, und fast immer dann, wenn das

    Molvolumen des Oxids grer ist als das des Metalls, was bei den meisten

    Schwermetallen der Fall ist.

    Abweichungen davon haben meist eine der folgenden Ursachen:

    Steht die Schicht (z. B. weil das Oxid an der Phasengrenze zwischen Metall und

    Oxid gebildet wird) unter mechanischen Spannungen, wird sie immer wieder

    abplatzen, so dass nicht von einem kontinuierlichen Schichtwachstum gesprochen

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 6

    werden kann, nherungsweise wird durch stndigen Wechsel von Wachstum und

    Abplatzen die Korrosion linear mit der Zeit fortschreiten (Break-Away-

    Oxydation).

    Eine sehr porse Oxidschicht, wie sie hufig bei Alkali- oder Erdalkalimetallen

    entsteht (meist ist hier das Molvolumen des Oxids kleiner als das des Metalls),

    verhindert den Kontakt des Sauerstoffs mit dem Metall nicht in der Form wie eine

    feste Deckschicht, so dass das Wachstum schneller vonstatten geht, die

    Massenzunahme kann hier ebenfalls linear mit der Zeit stattfinden.

    Viele Metalle besitzen unterschiedliche Oxidationsstufen, wie zum Beispiel Eisen,

    in dessen Zunderschicht (ab 570C, von innen nach auen) FeO, Fe304, Fe203

    vorkommen.

    Durch das Wandern von Kationen nach auen entstehen Hohlrume an der Grenze

    zwischen Metall und Oxid, die ein weiteres Wandern der Ionen verhindern. Das

    fhrt zu einer Verlangsamung des Schichtwachstums bis zum vlligen Stillstand.

    Die Oberflchenbeschaffenheit (Form, Rauhigkeit, Verschmutzung) hat

    ebenfalls Einfluss auf die Haltbarkeit der entstehenden Schicht und auf die

    Entstehung von Hohlrumen.

    Bercksichtigt man die Entstehung solcher Hohlrume, so kommt man zu einem

    logarithmischen Wachstumsgesetz:

    ''k und a sind wieder Konstanten.

    Es ist nicht mglich, allein von der Affinitt eines Metalls zu einem umgebenden Gas

    (ergibt sich aus der Thermodynamik) auf die Reaktionsgeschwindigkeit zu schlieen, da

    die Reaktion durch die Diffusion bestimmt ist.

    So bildet Aluminium eine fest haftende, gut schtzende Oxidschicht (Al2O3), die die

    Korrosion nach kurzer Zeit zum Stillstand bringt, ebenso Chrom (Cr2O3).

    Um diese Unterschiede im Verhalten erklren zu knnen, ist es ntig, die

    Transportvorgnge im Inneren der Deckschicht zu betrachten. Zum Wachstum mssen

    entweder Metallionen nach auen zum umgebenden Gas oder umgekehrt Gasionen nach

    innen zum Metall transportiert werden.

    Die wenigsten Deckschichten sind exakt stchiometrisch, das bedeutet, ihre wahre

    Stoffzusammensetzung weicht leicht von der formelmigen ab, so dass entweder ein

    )1log('' +=D

    atkAm

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    A 7

    Metall- (also Kationen-)berschuss oder Unterschuss auftritt. Auf diese Weise erhlt die

    Deckschicht Halbleitereigenschaften, die einen Ionentransport berhaupt erst

    ermglichen.

    Ein Beispiel ist die Oxidschicht von Kupfer, die aus Kupfer(I)-oxid (Cu2O) besteht. Real

    sind hier aber einige der Kationengitterpltze unbesetzt. Um elektrische Neutralitt zu

    erhalten, sind entsprechend viele Kupfer(I)- ionen durch Kupfer(II)-ionen ersetzt. Es

    knnen ber die Gitterfehlstellen nun Kupferionen und Elektronen nach auen zur

    Phasengrenze zwischen Kupfer und Sauerstoff, wo die Oxidation stattfindet, wandern.

    Bei Eisen herrschen vermutlich beide Transportrichtungen vor. Die Oxidschicht bei

    Aluminium ist nicht elektronenleitend, was ein weiterer Grund dafr ist, dass ihr

    Wachstum sehr schnell zum Stillstand kommt.

    Zudem muss unterschieden werden, inwiefern ein Werkstck mechanisch beansprucht

    wird, da durch Biegen und Dehnungen eigentlich feste Deckschichten ebenfalls abplatzen

    knnen und ihre schtzende Eigenschaft so verloren geht.

    Im Rahmen des Korrosionsschutzes ist ein logarithmisches Schichtwachstum eher

    erwnscht als ein parabolisches, einerseits, um den Verlust durch die Korrosion gering zu

    halten, andererseits, da Schichten bei logarithmischem Wachstum weniger dick sind.

    Dicke Schichten reien unter mechanischer Beanspruchung (auch schon mechanische

    Spannung aufgrund von unterschiedlicher Wrmeausdehnung von Metall und Oxid)

    leichter als Dnne. Gute Dienste erweisen hier Legierungen, ab bekanntesten wohl die

    Chrom-Nickel-Sthle. Eine theoretische Begrndung, weshalb das Zulegieren von Chrom

    oder Nickel ein logarithmisches Verzunderungsverhalten erzeugt, ist, dass die

    Legierungsatome mathematisch wie Hohlrume, die die Ionenwanderung behindern,

    betrachtet werden knnen, und so ein logarithmisches Wachstumsgesetz gilt.

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    A 8

    3. Elektrochemische Korrosion

    Wieso werden manche Ngel irgendwann rostig, whrend Besteck aus Edelstahl blank

    bleibt? Und warum luft Silberbesteck schwarz an, whrend Schmuck aus Gold sich gar

    nicht verndert? Was bedeutet es, wenn ein Metall als edel bezeichnet wird?

    3.1 Thermodynamik und elektrochemische Spannungsreihe

    Ein System ist dann stabil, wenn es sich in einem energetisch gnstigen Zustand befindet.

    Jedes System in der Natur strebt so einen Zustand an. Wenn also Eisen an Luft nicht

    bestndig is t, bedeutet das, dass der korrodierte Zustand im Vergleich zum Zustand

    metallisches Eisen der energetisch gnstigere ist.

    Genauer msste bei korrodierenden Systemen die Enthalpie

    h = u + pV

    beziehungsweise deren nderung betrachtet werden, und nicht die innere Energie u. Da

    aber bei Korrosionsvorgngen meist ein konstanter Druck angenommen wird, besteht der

    Unterschied nur in der Volumenarbeit, und diese kann vernachlssigt werden

    (s. Aufgabe 1).

    Die zweite Gre, die das Verhalten eines Systems beeinflusst, ist die Entropie s, eine

    thermodynamische Gre, die in geordneten Systemen wie Kristallen klein ist, in

    ungeordneten Systemen wie Schmelzen gro. Jedes System in der Natur strebt danach, die

    Entropie zu erhhen.

    Um den Einfluss beider Gren (h und s) beschreiben zu knnen, wurde die Gibbs-

    Energie (oder auch freie Enthalpie) g eingefhrt:

    Tshg -=

    mit

    sThg D-D=D

    (bei konstanter Temperatur T)

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    Damit eine Reaktion spontan abluft, muss g kleiner werden, also ?g < 0 sein. Daraus

    folgt, dass g bei einem stabilen System ein lokales Minimum aufweist.

    3.1.1 Die Nernstsche Gleichung

    Bringt man ein Stck Metall in einen Elektrolyten, so gehen bis zu einem gewissen Punkt

    Metallionen in Lsung. Es stellt sich ein dynamisches Gleichgewicht ein:

    MeneMen + -+

    Es entsteht eine Einfachelektrode.

    Um Energienderungen betrachten zu knnen, mssen die molaren chemischen Energien

    der beteiligten Reaktionspartner bekannt sein.

    Fr einen festen Stoff i betrgt die molare chemische Energie 00i

    0ii(T) STH= -

    wobei 0iH und 0iS die Standardwerte bei T = 298K und p = 1bar sind, die hier verwendet

    werden knnen, da H und S bei festen Stoffen nahezu druck- und temperaturunabhngig

    sind.

    Fr Gase ist die Entropie druckabhngig, es gilt i0ii pRS=S ln- , somit ergibt sich fr

    die molare chemische Energie

    i0ii(T) lnpRT= +

    0

    ip meint bei Gasgemischen den Partialdruck des betrachteten Gases i.

    Fr gelste Stoffe ist analog die Konzentration (genauer wre die Aktivitt, aber der

    entstehende Fehler ist meist vernachlssigbar) mageblich, so dass gilt:

    i0ii(T) lncRT= +

    Somit ergibt sich fr die nderung der Energie bei der Auflsung eines Mols Metall:

    ][ ++ +-n0

    Me(s)nMeMelnRT?G=(aq)=?G

    0?G ist der Wert der Energienderung bei Standardbedingungen und kann in Tabellen

    nachgeschlagen werden. Die Reaktion verluft solange spontan, wie ?G negativ ist, und

    kommt zum Stillstand, sobald es Null wird.

    Dafr muss gelten: [ ] RT?G

    e=MeMeRT=?G

    0

    nn0-

    ++ - ]ln[ .

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    Das ist die so genannte Gleichgewichtskonzentration fr dieses Metall, das heit, dass das

    System bei dieser Konzentration stabil ist.

    Dadurch, dass stndig positiv geladene Ionen in Lsung gehen, und im Metall selber die

    Elektronen zurckbleiben, ldt sich das Metall negativ auf, solange, bis die positiven

    Ionen aufgrund der Coulomb-Anziehung das Metall nicht mehr verlassen knnen. Es baut

    sich eine elektrische Spannung U (oft wird statt U auch E fr das elektrische Potenzial

    geschrieben) auf. Die Energie, die in diesem elektrischen Feld steckt, kommt aus der

    chemischen Energienderung GD ; es besteht der Zusammenhang:

    nFU=?G -

    n ist die Wertigkeit der gelsten Ionen, so dass nF die Ladung ist, die geflossen ist, bis

    sich das Gleichgewicht eingestellt hat; F ist die Faraday-Konstante (siehe Kap. 3.2.1)

    Somit ergibt sich als Formel fr die Spannung:

    ]ln[ +- n0 MenFRT

    U=U

    Allgemein fr eine chemische Redoxreaktion qQpPnebBaA +++ - :

    [ ] [ ][ ] [ ]

    +

    qp

    ba0

    QP

    BAnFRT

    U=U ln

    Das ist die Nernstsche Potenzialgleichung.

    Leider lsst sich die entstehende elektrische Spannung immer nur messen, wenn zwei

    Elektroden vorliegen, also zum Beispiel ein Stck Kupfer und ein Stck Eisen in einem

    Elektrolyten, die zusammen eine elektrochemische Zelle ergeben, und nicht bei einem

    einzelnen Stck Metall, da ein Bezugspotenzial fehlen wrde. Deshalb wurde willkrlich

    als Bezugselektrode die Standardwasserstoffelektrode (ein inertes Metall, meist Platin, in

    Elektrolyten mit pH=0 wird mit Wasserstoff begast, es findet die Reaktion

    222 HeH =+-+ statt) gewhlt, d.h. ihr Potenzial U0 als gleich null definiert. Tabelliert

    man nun das Potenzial eines jeden Metalls gegenber der Standardwasserstoffelektrode

    (die betrachtete Reaktion ist dann: MenHMeHn n +=+ ++22

    ), so erhlt man die

    elektrochemische Spannungsreihe. Metalle mit positivem Potenzial gegenber H/H+

    werden als edel bezeichnet, solche mit negativem Potenzial als unedel.

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    Diese Bezeichnungen werden auch in vergleichender Weise benutzt; so ist zum Beispiel

    Eisen edler als Zink, Kupfer edler als Eisen, Gold edler als Kupfer.

    3.1.2 Pourbaix-Diagramme

    Prinzipiell kann jedes Redox-System wie eine Elektrode angesehen werden und so das

    Verhalten dieses Systems theoretisch betrachtet werden. Eine hufige Reaktion ist die

    Sauerstoffreduktion: -- ++ OHeOHO 442 22 mit =

    0E 0,401V

    Mittels der Nernstschen Gleichung kann man nun das Redoxpotenzial berechnen:

    ]lg[059,0lg4

    059,0401,0

    ][ln

    4 22

    40 -

    --+=+= OHVp

    VV

    OH

    p

    FRT

    UU OO

    Da 1410][][ -+- = HOH und pH = - lg[H+], folgt:

    )14(059,0lg4

    059,0401,0

    2--+= pHVp

    VVU O

    Somit ergeben sich Geraden, wenn man das Potenzial ber den pH-Wert auftrgt.

    Beispiel: vereinfachtes Pourbaix-Diagramm fr Wasser

    Hier sind folgende Reaktionen zu betrachten:

    (a) OHeHO 22 244 =++-+

    Nernstsche Gleichung: 40 )()( ][lg4059,0

    2

    ++= HpUU Oaa

    fr 2O

    p =1bar: pHU a 059,0228,1)( -=

    (b) 222 HeH =+-+

    Nernstsche Gleichung: pHHpUU Haa 0059,00][lg059,0 20

    )()( -=-=+ fr =

    2Hp 1bar.

    (1) -+ += OHHOH 2

    Die zugehrige Gerade ist eine Senkrechte, da die Reaktion potenzialunabhngig ist.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 12

    So ergeben sich eine senkrechte Gerade und zwei parallele, schrg verlaufende im

    Pourbaix-Diagramm. Was bedeuten diese Geraden?

    Eine Reaktion findet in die betrachtete Richtung statt (hier immer von links nach rechts),

    wenn das Potenzial kleiner als das Gleichgewichtspotenzial ist, bei einem hheren

    Potenzial luft die Reaktion in die Gegenrichtung ab. Daraus lassen sich nun im Pourbaix-

    Diagramm Bereiche erkennen, in denen eine gewisse Verbindung stabil ist hier: Wasser,

    das zwischen den beiden Geraden (a) und (b) stabil ist. Wrde eine Situation mit einem

    Potenzial von 1V und einem pH-Wert von12 vorliegen, dann wrde die Reaktion (a)

    rckwrts ablaufen, das heit, es wrden Protonen und Sauerstoff entstehen. Das htte

    zur Folge, dass sich das System auf die Gleichgewichtslinie zu bewegt, was ja aus den

    Gesetzen der Thermodynamik nicht weiter verwundert.

    Der Sinn dieser Diagramme wird wahrscheinlich klarer, wenn man als weiteres Beispiel

    das Pourbaix-Diagramm fr Eisen in Wasser bei 25C betrachtet.

    Abbildung 1: vereinfachtes Pourbaix-Diagramm

    von Wasser bei 25C [1 GE]

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 13

    Abbildung 2: Pourbaix-Diagramm fr Eisen in Wasser [1GE]

    Es lsst sich ablesen, unter welchen Bedingungen das Eisen immun, also chemisch stabil

    ist, und in welchen Bereichen das Eisen in Lsung oder als (festes)Oxid vorliegen wird,

    und eben hier liegt die groe Bedeutung fr die Korrosionsuntersuchungen.

    Es ist eine einfache Orientierung mglich, ob das Material unter gewissen Bedingungen

    unangegriffen bleibt oder Korrosion stattfindet. Welche Korrosionseaktionen mit welchen

    Produkten sind mglich?

    Leider erlauben diese Diagramme nur einen groben berblick darber, unter welchen

    Bedingungen welche Verbindung laut den Gesetzen der Thermodynamik stabil sein

    knnte, welche Reaktionen mglich sind. Allerdings gibt allein die Thermodynamik noch

    keine Auskunft ber die tatschliche Geschwindigkeit der Reaktionen.

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    A 14

    3.2 Reaktionsgeschwindigkeit

    Die Reaktionsgeschwindigkeit ist auch hier definiert als die Masse an Material, die pro

    Zeit reagiert. Tatschlich gemessen und untersucht wird jedoch der Strom, der zwischen

    zwei Elektroden fliet, beziehungsweise die Stromdichte. Dabei wird die Elektrode, die

    auf hherem Potenzial liegt zur Anode, die auf niedrigerem zur Kathode. Betrachtet

    werden nun die entstehenden Strme von und zu den Elektroden hin. Den Zusammenhang

    zwischen den Gren umgesetzte Masse und Strom liefern

    3.2.1 Die Faradayschen Gesetze

    Das erste besagt, dass die in einer elektrochemischen Zelle umgesetzte Stoffmenge

    proportional der umgesetzten Ladung ist, also: Qn

    Das zweite Gesetz lautet:

    Die pro Mol umgesetzte Ladungsmenge eines einwertigen Stoffes betrgt 96353,6 As.

    Damit ist die Faraday-Konstante F definiert als

    AsNeF A 6,96353==

    mit NA = Avogadrokonstante, e = Elementarladung.

    Es folgt also fr die pro Zeit umgesetzte Masse: Fz

    MItm

    =DD 0 , wobei I der flieende

    Strom, M0 die molare Masse und z die Wertigkeit des untersuchten Materials ist.

    3.2.2 Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt

    Ist eine Elektrode nicht im Gleichgewicht, so weicht ihr Potenzial vom

    Gleichgewichtspotenzial ER ab. Diese Abweichung wird als berspannung ? bezeichnet.

    Ist die berspannung negativ, also befindet sich die Elektrode auf einem Potenzial

    unterhalb des Gleichgewichts, so fliet berwiegend ein negativer (kathodischer) Strom,

    ansonsten berwiegt ein positiver (anodischer) Strom. Die berspannung kann daher

    rhren, dass die Elektrode mit einer anderen zu einem elektrochemischen Element

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 15

    kombiniert wurde, oder in einer Schaltung knstlich eine bestimmte Spannung angelegt

    wird.

    Da der flieende Strom umso grer ist, je grer die korrodierende Flche ist, hat es

    sich, um den Einfluss der Flche auszuschalten, als sinnvoll erwiesen, grundstzlich die

    Stromdichte, die sich als Quotient aus Strom und Elektrodenflche ergibt, zu betrachten.

    Der flieende Strom kommt dadurch zustande, dass Ionen sich aus dem Anodenmaterial

    lsen, also in den Elektrolyten bertreten und durch den Elektrolyten zur Kathode

    wandern (Diffusion). Die Geschwindigkeit des langsameren dieser Schritte macht die

    Geschwindigkeit der Reaktion aus.

    So ergeben sich zwei Flle:

    a) Durchtritt vom Anodenmaterial in den Elektrolyten als

    geschwindigkeitsbestimmender Schritt oder

    b) Diffusion als geschwindigkeitsbestimmender Schritt.

    zu a) Die Geschwindigkeit des bertritts von Ionen aus dem Elektrodenmaterial in den

    Elektrolyten gehorcht dem Arrhenius-Gesetz: RTE A

    ekk-

    = 0 , wobei EA die

    Aktivierungsenergie des betrachteten Vorgangs ist, in diesem Fall hngt EA mit dem

    elektrischen Feld zusammen. Es lsst sich zeigen dass fr die Stromdichten an einer

    Elektrode folgendes gilt:

    anodische Stromdichte: RTnF

    a eiiha

    = 0

    kathodische Stromdichte: RTnF

    k eiiha )1(

    0

    --

    -=

    i0 ist die so genannte Austauschstromdichte, n ist die Wertigkeit der jeweils flieenden

    Ladungen. Am Gleichgewichtspotenzial findet die Elektrodenreaktion in beide

    Richtungen gleich schnell statt, so dass von auen gesehen gar kein Strom fliet. Die

    anodische und kathodische Stromdichte sind in diesem Fall also genau gleich gro, es gilt

    ka iii -==0 . Die Konstante a wird als Durchtrittsfaktor bezeichnet, es gilt ]1;0[a ,

    meist ist a jedoch ungefhr 0,5.

    Somit ergibt sich fr die Gesamtstromdichte ][)1(

    0RT

    nFRTnF

    ka eeiiiihaha -

    --=+= .

    Im Bereich des Gleichgewichtspotenzials, also fr V01,0

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 16

    hRTnF

    ii 0= , der Quotient nFRTi

    r 0= wird als Polarisationswiderstand bezeichnet.

    In Abbildung 1 sind ia und ik gegen die berspannung ? aufgetragen, ebenso die Summe

    i, und die lineare Nherung im Bereich von ER, also ?=0.

    Fr groe |?| verschwindet

    entweder der anodische oder der

    kathodische Anteil, so dass

    geschrieben werden kann:

    hb += )ln(||ln 0ii (Tafel-

    Gleichung) mit RTnFa

    b = fr ?>0,

    Abbildung 3: Teilstromdichte-Potenzial-Kurve bei

    durchtrittsbestimmter Reaktion [1 GE]

    Abbildung 4: Tafel-Diagramm .[1 GE]

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 17

    und RT

    nF)1( ab

    --= fr ?

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 18

    Elektrodenflche. Die maximale Stromdichte existiert fr c = 0, und wird

    Grenzstromdichte d

    0cnFDi gr -= genannt.

    Den Zusammenhang zwischen Potenzialdifferenz und Konzentrationen liefert die

    Nernstsche Gleichung, so dass fr die berspannung ? gilt:

    )1ln()ln(0 gri

    inFRT

    cc

    nFRT

    -==h .

    Es ergibt sich also fr groe berspannungen ein Sttigungswert, die Grenzstromdichte

    igr.

    All die bisherigen Betrachtungen betrafen die Stromdichten an einer einzelnen Elektrode.

    Meist mssen aber zwei zu einem elektrochemischen Element zusammengeschaltete

    Elektroden untersucht werden.

    Hier berlagern sich dann die jeweils kathodische und anodische Stromdichte der

    Einzelelektroden zur jeweiligen Gesamtstromdichte. Da die eine Elektrode zur Anode, die

    andere zur Kathode wird, ergeben sich nun wieder, diesmal bezglich der

    elektrochemischen Zelle, eine anodische und kathodische Stromdichte ia und ik, die sich

    zu der durch die elektrochemische Zelle flieenden Summenstromdichte addieren. Am so

    genannten Ruhepotenzial der Zelle erscheint diese nach auen stromlos, das bedeutet,

    dass die anodische Stromdichte gleich der kathodischen Stromdichte ist. Es ergeben sich

    auf diese Art vier Bereiche:

    I) E < ER,a: Hier verlaufen die Reaktionen an beiden Elektroden in kathodische

    Richtung, die Stromdichten ia und ik sind beide negativ, deshalb auch die

    Gesamtstromdichte i.

    E = ER,a: Die Anode befindet sich an ihrem Gleichgewichtspotenzial, das bedeutet, sie

    ist stromlos. Da ER,a kleiner ist als ER,k, ist ik negativ, somit auch die

    Summenstromdichte i.

    II) ER,a < E < Ekorr: Die Reaktion an der Anode luft in anodischer Richtung ab,

    die an der Kathode in kathodischer Richtung, allerdings berwiegt noch ik,

    deshalb ist i noch negativ.

    E = Ekorr: Wie bei II), nur dass hier ik = ia, und somit i = ik + ia = 0. Die Zelle insgesamt

    ist stromlos, sie ist im Gleichgewicht. Das ist das Potenzial, dass sich in einer

    elektrochemischen Zelle von sich aus einstellt, bei dem auch Korrosionsreaktionen,

    wenn sie von auen nicht beeinflusst werden, ablaufen.

    III) E0 < E < ER,k: Wie bei II), diesmal ist |ia | < |ik|, und somit i positiv.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 19

    E = ER,k : Die Kathode befindet sich an ihrem Ruhepotenzial, deshalb gilt ik = 0, und

    somit i = ia > 0.

    IV) E > ER,k: Beide Reaktionen laufen in anodischer Richtung ab, i>0.

    Die Abbildung zeigt das Polarisationsdiagramm einer Zelle, in der alle vier

    Teilreaktionen durchtrittsbestimmt sind. Natrlich ndert sich die Form des

    Diagramms, je nachdem, was der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der vier

    Einzelreaktionen ist.

    3.2.3. Passivierung

    Dieser Effekt ist zum ersten Mal an Eisen in Salpetersure aufgefallen. Bringt man ein

    Stck Eisen in verdnnte Salpetersure, so korrodiert es, Eisenionen gehen in Lsung.

    Bringt man es in konzentrierte Salpetersure, so hrt die Reaktion nach kurzer Zeit

    nahezu vollstndig auf, und das Stck reagiert daraufhin auch nicht mehr in verdnnter

    Sure. Die Oberflche ist blank, eine Schutzschicht ist mit dem Auge nicht erkennbar. In

    diesem Zustand nennt man ein Metall passiv.

    Abbildung 6: Polarisationsdiagramm einer Mischelektrode [1 GE]

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 20

    Diesen Zustand kann man auch elektrochemisch erzeugen: Eine Eisenprobe in

    Schwefelsure wird als Anode geschaltet, der flieende Strom registriert. Zunchst (1)

    steigt der Strom mit dem Potenzial bis zu einer kritischen Stromdichte an, diese wird

    allerdings nicht berschritten. Erhht man das Potenzial weiter (2), so wird der Strom

    zunchst fallen, um dann selbst bei konstantem Potenzial stark zu schwanken(3), von den

    Werten im Bereich der kritischen Stromdichte bis zu Werten, die um zwei bis drei

    Grenordnungen kleiner sind. Erst bei weiterer Erhhung des Potenzials stabilisieren

    sich die Werte auf sehr kleinem Niveau (4). Eine Korrosion findet in diesem Bereich

    eigentlich nicht mehr statt.

    Erst wenn das Potenzial den Wert des Gleichgewichtpotenzials E02/ H berschreitet (5),

    ist wieder ein wachsender Strom zu registrieren, der sich der Tafel-Gleichung

    entsprechend verhlt.

    Abbildung 7: Passivierung [2 EV]

    Wie kann man diese Vorgnge erklren?

    In der Nhe der Probe kommt es bei groen Stromdichten zu einer hohen Konzentration

    von Fe2+-Ionen, die mit den Sulfationen Eisen(II)sulfat bilden. Das geht so weit, dass die

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 21

    Lsung lokal bersttigt, und Eisen(II)sulfat auskristallisiert. An der Probe lsst sich dies

    an einer Mattfrbung erkennen.

    Die Kristalle verhindern lokal den Stromfluss, so dass der Strom insgesamt zurckgeht.

    Da die Kristallbildung eine gewisse Zeit bentigt, kann man bei einer raschen

    Potenzialsteigerung hhere Stromdichten erreichen, als bei langsamer Steigerung. Ab

    einem Potenzial von 0,58V ist die Bildung einer Oxidschicht unter den Sulfatkristallen

    mglich. Diese Oxidschicht wirkt selbst ebenfalls isolierend, so dass nach deren Bildung

    die Stromdichte auf sehr kleine Werte einbricht. Diese Werte sind vermutlich auf eine

    langsame Auflsung der Oxidschicht in der Sure zurckzufhren, die immer wieder

    erneuert wird.

    Die so entstandene Passivschicht wirkt als eine natrliche Korrosionsschutzschicht,

    hnlich wie bei der Verzunderung, dort wird die Reaktion ebenfalls immer langsamer, je

    dicker die Oxidschicht ist.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 22

    3.3 Das Belftungselement

    An der Nernstschen Gleichung erkennt man, dass das Potenzial eines Metalls in einem

    Elektrolyten nicht nur vom Metall, sondern auch vom Elektrolyten und in ihm gelsten

    Gasen abhngt. Das bedeutet, dass man aus zwei gleichen Metallen, die in gleichen

    Elektrolyt mit unterschiedlichem Sauerstoffpartialdruck getaucht sind (also zum Beispiel

    nur Trennung durch ein Diaphragma, die eine Hlfte wird mit Sauerstoff begast, die

    andere nicht), ein elektrochemisches Element herstellen kann.

    Abbildung 8: Belftungselement nach Evans [2 EV]

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 23

    Um diesen Effekt nachzuweisen, hat Evans [EV1] ein solches Belftungselement

    nachgebaut, so ist tatschlich eine elektrochemische Zelle entstanden.

    In der Praxis tritt die Situation hufig auf, dass ein Teil eines Werkstcks strker dem

    Sauerstoff ausgesetzt ist, als ein anderer, z.B. in einer Spalte oder bei der

    Tropfenkorrosion. Somit reprsentiert das Belftungselement einen wichtigen

    Korrosionsmechanismus.

    3.4 Rosten von Eisen nach dem Modell von Evans

    Das Rosten von Eisen unter atmosphrischen Bedingungen ist keine Verzunderung, also

    keine einfache Reaktion mit den Gasen der Luft. Es konnte nachgewiesen werden, dass

    die Luftfeuchtigkeit die Korrosion von Metallstcken mageblich beeinflusst.

    Evans hat fr diese Vorgnge ein brauchbares Modell entwickelt. Dem voraus ging die

    Beobachtung, dass zwei Eisenplatten, die in Salzlsung tauchen, von denen eine mit

    Sauerstoff oder Luft begast wird, ein elektrochemisches Element bilden, wobei die

    belftete Platte zur Kathode wird, die unbelftete zur Anode.

    Gibt man nun also einen Tropfen Kochsalzlsung auf eine Eisenplatte, so findet in der

    Mitte des Tropfens Materialauflsung statt, es entsteht Eisen(II)-chlorid. In der Randzone

    des Tropfens entsteht Natriumhydroxid. In einem ringfrmigen Bereich dazwischen bildet

    sich aus beiden Produkten gelber Rost.

    Mittels eines Ferroxyl-Indikators lassen sich innerhalb des Tropfens anodische Stellen

    (blau) und kathodische Stellen (rosa) identifizieren.

    Dabei kann zuerst beobachtet werden, dass viele anodische und kathodische Stellen

    durcheinander auftreten. Das rhrt daher, dass im Tropfen anfnglich immer eine gewisse

    Menge Sauerstoff gelst ist, und so die kathodische Reaktion berall stattfinden kann.

    Erst wenn dieser Sauerstoff aufgebraucht ist, bildet sich eine dauerhafte anodische Zone

    in der Tropfenmitte aus, und der Randbereich, in den stndig Sauerstoff von auen durch

    Diffusion nachgeliefert werden kann, wird zur Kathode.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 24

    Abbildung 9: Rosten von Eisen nach dem Modell von Evans [1 GE]

    Innerhalb eines Tropfens fliet also nun strahlenfrmig kontinuierlich Ionenstrom. Das

    dieser Mechanismus tatschlich so abluft, konnte beeindruckend nachgewiesen werden,

    in dem ein Eisenstck mit einem Tropfen in ein starkes Magnetfeld (senkrecht zur

    Oberflche) gebracht wurde, woraufhin der Tropfen zu rotieren begann.

    3.5 Korrosions reaktionen

    Um die Korrosionsvorgnge der elektrochemischen Reaktion einschtzen und

    untersuchen zu knnen, muss zunchst klar sein, welche chemischen Reaktionen

    stattfinden.

    - Korrosion in sauren Lsungen

    In sauren Medien tritt die Reaktion MenHMeHn n +=+ ++22

    auf, bei edlen Metallen

    von links nach rechts, bei unedlen von rechts nach links, das bedeutet, es entsteht

    Wasserstoff. Man sagt auch, das Metall korrodiert unter Wasserstoffentwicklung. Im

    stark sauren Bereich ist die Wasserstoffentwicklung durchtrittsbestimmt, ebenso wie die

    Metallauflsung selbst.

    Erst ab pH-Werten ber 4 wird der Transport von Protonen zur Elektrode

    geschwindigkeitsbestimmend, da die Konzentration der Protonen geringer ist. Die

    Reaktion ist also insgesamt diffusionsbestimmt, und es stellt sich ein Sttigungsstrom

    ein.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 25

    - Korrosion in neutralen Lsungen

    Sie wird auch Sauerstoffkorrosion genannt, da (bei Anwesenheit von Luftsauerstoff)

    an die Stelle der Wasserstoffentwicklung die Reaktion -- ++ OHeO2HO 4422

    (Sauerstoffreduktion) als kathodische Reaktion tritt.

    Diese Reaktion ist diffusionsbestimmt. Damit wird klar, dass es fr das

    Korrosionsverhalten einen groen Unterschied macht, ob das umgebende Wasser

    bewegt ist oder nicht. In strmendem Wasser ist die Diffusionsschichtdicke d deutlich

    kleiner, somit ist die Grenzstromdichte hher. Da mit der Temperatur der

    Diffusionskoeffizient wchst, findet mit steigender Temperatur auch strkere Korrosion

    statt.

    Hier wird auch klar, warum es ein Unterschied ist, ob ein System betrachtet wird, zu

    dem Sauerstoff ungehindert Zutritt hat, oder ob (wie zum Beispiel in einer

    Warmwasserheizung) kein Sauerstoff nachgeliefert werden kann.

    3.6 Korrosionsformen

    Bis jetzt wurde der allgemeine Mechanismus der elektrochemischen Korrosion

    behandelt. Fr die Praxis ist jedoch wichtig zu wissen, in welch verschiedenen Formen

    sie auftreten kann.

    - gleichfrmiger Flchenabtrag

    die Oberflche des angegriffen Materials wird an jeder Stelle gleich beschdigt, es

    gehen berall Ionen in Lsung

    - Lochkorrosion, Lochfra

    Die Anodenoberflche wird nicht gleichmig angegriffen, sondern es bilden sich zuerst

    kleine Mulden. Durch entstehende Korrosionsprodukte ndert sich der pH-Wert in den

    Mulden, der Elektrolyt wird aggressiver, und so schreitet die Korrosion in den Mulden

    schneller voran als auf dem Rest der Oberflche. Lochkorrosion richtet, da der Angriff

    stark in die Tiefe geht, auf diese Weise gefhrliche Schden an.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 26

    Hufig wird die Lochkorrosion auch im Zusammenhang mit Passivdeckschichten

    beobachtet. Sobald sich in der Deckschicht eine winzige Beschdigung befindet, wirkt

    die Passivschicht als Kathode gegenber dem freiliegenden Material, und es beginnt ein

    lokaler starker Angriff an der beschdigten Stelle. Nun hngt es vom Material und vom

    umgebenden Elektrolyten ab, ob sich an der lokalen Korrosionsstelle eine neue

    Passivschicht ausbildet (man spricht dann von Repassivierung), oder ob die Korrosion

    im entstehenden Loch immer weiter fortschreitet.

    - Spaltkorrosion

    kann berall, wo an einem Bauteil Spalten existieren, auftreten. Der Vorgang ist im

    Prinzip der des Belftungselements. Aufgrund des geringeren Elektrolytaustauschs im

    Spalt ndern sich die Konzentrationen einzelner Bestandteile, der pH-Wert verschiebt

    sich, und so entsteht ein Belftungselement. Durch die fortschreitende Korrosion wird

    der Spalt tiefer, und der Effekt verstrkt sich, der Vorgang ist effektiv der gleiche wie

    bei der Lochkorrosion.

    - selektive Korrosion

    tritt bei Materialmischungen wie Legierungen auf. Sie betrifft meist nur einen der

    Bestandteile, der Rest bleibt als Gitter stehen.

    Abbildung 10: 14,1 t schwerer Meteorit aus Eisen Die Aushhlungen sind durch Lochkorrosion whrend der Zeit auf der Erde entstanden [7 B]

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 27

    - Entzinkung von Messing

    Hier wird dem Messing nach und nach das Zink entzogen, das Kupfer bleibt zurck.

    Vermutlich betrifft der Korrosionsangriff zunchst beide Legierungskomponenten, das

    Kupfer scheidet sich jedoch also edleres Metall wieder ab. Entzinkung findet hufig

    unter Ablagerungen statt, weil hier die Zementation des Kupfers durch verringerte

    Diffusion erleichtert wird. Hat sich das Kupfer abgeschieden, wird die Entzinkung

    beschleunigt, da das Kupfer nun als Kathode wirkt.

    - Spongiose

    ist eine Korrosionsform des Gusseisens. Das Eisen geht in Lsung, die restlichen

    Bestandteile, wie Graphit, bleiben als instabiles Gerst stehen. In sauerstoffreichen

    Medien knnten sich an der Oberflche schtzende Oxidschichten bilden, jedoch in

    sauerstoffarmen Medien werden die gelsten Ionen nicht weiteroxidiert und der Angriff

    schreitet ungehindert fort.

    - Spannungsrisskorrosion und Schwingungsrisskorrosion

    Diese beiden Korrosionsformen treten bei Werkstcken auf, auf die eine kontinuierliche

    Kraft oder wechselnde Krfte wirken.

    Sobald sich ein feiner Riss an der Materialoberflche (die meist in einer Form auch

    einen Korrosionsschutz darstellt) ausgebildet hat, beginnt das so freigelegte Material zu

    korrodieren. Selbst wenn das Material passiviert, und so die Korrosion an dieser Stelle

    von sich aus zum Stillstand kommen wrde, geht dort die mechanische Festigkeit

    verloren, da sich die Struktur an dieser Stelle verndert hat (Metallatome werden aus

    dem Gitter herausgelst!). Somit ist das Material den von auen wirkenden Krften

    weniger gewachsen, und am Grund des ursprnglichen Risses bildet sich ein neuer Riss

    aus, und der Kreislauf beginnt von neuem. Auf diese Weise knnen sich solche Risse

    immer weiter ausbreiten.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 28

    4. Korrosionsschutz

    Welche Mglichkeiten gibt es nun, Werkstoffe vor Korrosion zu schtzen?

    Grundstzlich hat man die Mglichkeiten, entweder den Zustand des Bauteils so zu

    verndern, dass es nicht angegriffen wird oder das umgebende Medium in der Weise, dass

    es fr den Werkstoff keine Bedrohung mehr darstellt.

    4.1 Schutz durch berzge, Lacke und Inhibitoren

    Um zu verhindern dass ein Werkstoff nicht mit der Umgebung reagiert, ist es nahe

    liegend, ihn vor dieser Umgebung abzuschirmen.

    Das kann mittels Lacken oder Farben geschehen, die eine dichte Schicht, also eine vllige

    Abschirmung darstellen, die selber der Umgebung gegenber bestndig ist. Eingesetzt

    werden hier chemische Produkte wie z.B. Kunstharze.

    Wichtiger Bestandteil solcher Rostschutzfarben sind Pigmente, die eine inhibierende

    Wirkung haben, also nicht nur mechanisch schtzen, sondern auch auf chemischem

    Wege die Korrosionsreaktionen unwahrscheinlicher machen.

    Hufig werden auch Metalle mit einem Film aus einem anderen Metall berzogen.

    Mglich sind hier Edelmetalle bzw. Metalle, die laut Spannungsreihe edler sind als das zu

    schtzende. Sie reagieren mit der Umgebung kaum, und stellen so einen Schutz dar. Das

    groe Problem bei ihrer Verwendung ist, dass sie gegenber dem Werkstoff als Kathode

    wirken, d.h. sobald ein winziges Loch (z.B. ein Riss) in der Umhllung entsteht, bildet

    sich ein Lokalelement und es beginnt ein zwar lokalisierter, aber dafr sehr starker

    Angriff auf das darunter liegende Material, der bis zur Durchlcherung gehen kann.

    Eine andere Methode ist, ein unedleres Metall als Schutzschicht aufzubringen, wie z.B.

    Aluminium oder Zink. Diese knnen einen kathodischen Schutz (s.u.) bewirken. Da ihre

    Oberflche durch eigene Korrosionsprodukte sich selbst schtzt, sind die Materialverluste

    eher gering.

    Eine andere Herangehensweise ist es, nicht das Werkstck zu verndern, sondern die

    Umgebung, um so den Korrosionsangriff zu reduzieren. Zu diesem Zweck werden

    Inhibitoren verwendet, sie bieten sich in Systemen an, in denen der Elektrolyt nicht

    stndig ausgetauscht wird (Meerwasser, Seewasser,), sondern in geschlossenen

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 29

    Systemen. Hufiges Anwendungsgebiet sind Khlwassersysteme. Beispiele fr

    Inhibitoren sind Arsen und Antimon, (sie vermindern die Wasserstoffentwicklung), sowie

    eine Reihe von organischen Verbindungen (Chinolin, Thioharnstoff).

    4.2 kathodischer Schutz

    a) Aus der elektrischen Spannungsreihe geht hervor, dass bei zwei sich berhrenden

    Metallen das unedlere in Lsung geht, whrend sich das edlere kaum, bzw., in dem

    idealen Fall, dass das entstehende Potenzial unterhalb des Gleichgewichtspotenzial des

    edleren Materials liegt, gar nicht auflst. Genau diesen Effekt ntzt man beim

    kathodischen Korrosionsschutz aus. Mit dem zu schtzenden Gegenstand wird elektrisch

    leitend ein unedleres Metall verbunden. Das zu schtzende Werkstck wird dadurch zur

    Kathode in diesem Korrosionselement, das unedlere Metall zur Anode. Es wird zum

    Schutz des Werkstcks also geopfert, daher auch die gngige Bezeichnung

    Opferanode.

    Dieses Verfahren wird bei unterirdischen Leitungen, bei groen Stahlobjekten im Meer

    (z.B. Bohrinseln) und auch im Heizungsbau zum Schutz von Stahlkesseln benutzt.

    Geeignete Opfermaterialien (zum Schutz von Stahl) sind hier Magnesium, Zink,

    Aluminium oder Legierung aus diesen Dreien. Zum Schutz von Kupferteilen wird auch

    Eisen verwendet.

    b) Natrlich ist es auch mglich, ein Werkstck mittels einer ueren Spannungsquelle

    zur Kathode zu machen. Mgliche Anodenmaterialien sind hier unter anderen Stahlschrott

    (lst sich zwar verhltnismig schnell auf, ist aber billig), Grafit oder platiniertes Titan,

    dieses hat als inertes Material den Vorteil, dass der Verbrauch vernachlssigbar ist, somit

    eine lange Lebensdauer hat.

    Das Problem beim kathodischen Schutz allgemein ist, dass das gesamte zu schtzende

    Werkstck sich auf dem notwendigen Potenzial befinden muss. Dabei spielt die Form des

    Bauteils eine wesentliche Rolle.

    Meistens wird dieses Schutzverfahren kombiniert mit isolierenden Beschichtungen, um

    den flieenden Strom zu begrenzen. Durch den kathodischen Schutz werden Stellen mit

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

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    Beschdigungen in der Schutzschicht besonders geschtzt (Vermeidung von besonders

    starken lokalen Angriffen!).

    4.3 anodischer Schutz

    Wie wir wissen, bilden Werkstoffe unter geeigneten Bedingungen eine schtzende

    Passivschicht auf der Oberflche aus. Natrlich kann dieser Vorgang zum

    Korrosionsschutz gezielt eingesetzt werden, man lsst durch anodisches Polarisieren eine

    Oxidschicht an der Oberflche entstehen, die dicker und dichter ist als eine Passivschicht,

    und somit wesentlich bestndiger gegenber mechanischer Beanspruchung. Ein bekanntes

    Beispiel ist das Eloxieren von Aluminium. Problematisch ist hier, dass eine Beschdigung

    der Schutzschicht in sauren oder alkalischen Medien an den beschdigten Stellen zu

    starker Korrosion fhrt, da die Schutzschicht hufig gegenber dem Material selber

    kathodisch ist, und sich somit Lokalelemente ausbilden.

  • Materialwissenschaftliches Praktikum Korrosion

    A 31

    5. Literatur

    1. [1 GE]

    P.J. Gellings: Korrosion und Korrosionsschutz von Metallen Eine Einfhrung

    Hanser, 1981

    2. [2 EV]

    Ulick R. Evans: Einfhrung in die Korrosion der Metalle, 2. Auflage 1965, Verlag

    Chemie

    3. [3 KA]

    Helmut Kaesche: Die Korrosion der Metalle, Auflage 1990, Springer-Verlag

    4. [4 HE]

    E. Heitz, R. Henkhaus, A. Rahmel: Korrosionskunde im Experiment, VCH

    Weinheim, zweite Auflage, 1990

    5. [5 RA]

    Rahmel, Schwenk: Korrosion und Korrosionsschutz von Sthlen

    6. [6 AT]

    Peter W. Atkins: Einfhrung in die Physikalische Chemie, VCH

    Verlagsgesellschaft

    7. [7 B]

    Rolf W. Bhler

    Meteorite

    Urmaterie aus dem interplanetaren Raum, Weltbild Verlag 1992

    eine sehr schne und umfassende Seite zur Korrosion im Internet:

    http://www.corrosion-doctors.org/