Kosiek, Rolf u. Rose, Olaf - Der Grosse Wendig - Band 3 - Richtigstellungen Zur Zeitgeschichte...

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  • Verffentlichungen des Institutes fr deutsche Nachkriegsgeschichte

    BAND XLI

    In Verbindung mit zahlreichen Gelehrten des In- und Auslandes herausgegeben von Wigbert Grabert

  • DER GROSSE WENDIG Richtigstellungen

    zur Zeitgeschichte

    herausgegeben von Rolf Kosiek und Olaf Rose

    GRABERT-TBINGEN

  • Druck und Bindung: Ksel, Almsried Gesamtgestaltung: Claude Michel, Rottenburg/N. Umschlagmotiv, Rckseite: Franzsischer Tank,

    Gemlde von Franois Flameng, 1918.

    Herausgegeben von Dr. Rolf Kosiek und Dr. Olaf Ruse unter Mitwirkung von:

    Dr. Fred Duswald, Gtz Eberbach, Hans Flink, Philippe Gautier, Friedrich Georg, Wolfgang Hackert, Michael Klotz, Dankwart Kluge,

    Dr. Hans Meiser, Andreas Naumann, Dr, Claus Nordbruch, Friedrich Karl Pohl, Dr. Walter Post, Karl Richter, Detlev Rose,

    Gnter Stbiger, Michael Winkler.

    Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

    Der Groe Wendig: Richtigstellungen zur Zeitgeschichte/ herausgegeben von Dr. Rolf Kosiek und Dr. Olaf Rose

    Tbingen: Grabert-Verlag, 2008 (Verffentlichungen des Institutes fr deutsche

    Nachkriegsgeschichte ; Bd. 41 ISBN 978-3-87847-235-3

    NE: Der Groe Wendig: [Sammlung]; Institut fr deutsche Nachkriegsgeschichte

    Verffentlichungen des Institutes. . .

    ISBN 978-3-87847-235-3

    2008 by Grabert-Verlag Postfach 1629, D-72006 Tbingen

    www.grabert-verlag. d e

    Gedruckt in Deutschland

    Alle Rechte, insbesondere das der bersetzung in fremde Sprachen vorbehal-ten. Ohne ausdrckliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfltigungen dieses Buches oder von Buchteilen auf fotomechanischem Weg (Fotokopie,

    Mikrokopie) nicht gestattet.

  • Inhaltsverzeichnis

    Vorwort 13

    Statt einer Einleitung: Professor Dr. Barnes - Vorkmpfer

    des modernen historischen Revisionismus 19

    Kaiserreich 29 495 Zur Grablege Napoleons III. 31 496 Die Legende um die Pariser Kommune 1871 33 497 Zur Krankheit Kaiser Friedrichs III, 35 498 Der Helgoland-Sansibar-Vertrag 1890 37 499 Deutsche Prinzen auf Europas Throne gewhlt 39 500 SPD-Chef Bebel verbte Landesverrat vor 1914 42 501 Antisemitismus in Polen im 19. und 20. Jahrhundert 45 502 Polens Nationalismus und die Oder-Neie-Linie 47 503 Franzsisches >Gelbbuch< aus der Flscherwerkstatt 51 504 Wissen um Kriegsbeginn 1914 in den USA 58 505 Die belgischen Franctireurs 1914 - keine Legende 59 506 Alliierte Kriegsverbrcchen im Ersten Weltkrieg 64 507 Deutsche versenkten nicht britisches Lazarettschiff 191669 508 Die Gallipoli-Invasion 1915 70 509 Armeniermord Geschichtsklitterung 2005

    im Deutschen Bundestag 76 510 Die Balfour- Erklrung von 1917 und ihre Foigen 83 511 Winston Churchill und der jdische Bolschewismus 88 512 Wre die Entente 1919 am Ende ihrer Kraft gewesen? 92 513 Englands falsche Kriege gegen Deutschland 95 514 Franzosen zerstrten deutsche Denkmler

    in Elsa-Lothringenl918 100 515 Kaiser Wilhelm II. zur Kriegsschuld von 1914 102

    Weimarer Zeit 107 516 Der letzte Kaiser 109 517 Zur >Dolchstolegende< von 1918 114 518 Der Boykott der deutschen Sprache nach dem

    Ersten Weltkrieg 122

    5

  • 519 Sowjetische Vertragsbrche125 520 Sowjets bereiten schon 1918 das Prinzip der verbrannten Erde<

    vor127 521 Alliierte wollten keine Abrstung nach 1918 130 522 Aufruf zur Volksgemeinschaft gegen Ruhrbesetzung 1923132 523 Die Thule-Gesellschaft - das magische Zentrum des

    Nationalsozialismus? 134 524 Die rtselhafte >Vril-Gesellschaft 142 525 Coudenhove-Kalergi 146 526 Zur Harzburger Front 149 527 Manipulation der preuischen Landtagsgeschftsordnung

    1932 150 528 Kommunisten verbten die meisten berfalle 1932 152 529 Zum Widerstand der SPD 1933 154 530 Wurde Hider von der Ostkste finanziert? 156

    Drittes Reich159 531 Der jdische Krieg< 1933 161 532 Zur >Kristallnacht< 1938 164 533 Zum Schicksal von Synagogen in der Kristallnacht 171 534 Alliierte Bomber zerstrten Berliner Hauptsynagoge 173 535 Jochen von Lang und die HJ 175 536 Der BDM und vorehelicher Sex 179 537 Das Dritte Reich und das Rauchen 181 538 Kein Verbot von Religionsunterricht 186 539 Volksempfnger konnte Auslandssender empfangen 190 540 Hits unter Hitler 191 541 Gustav Frhlich ohrfeigte nicht Goebbels 194 542 Wie dachten Normalbrger unter dem Nationalsozialismus? 196 543 Hitler war kein lausiger Maler 201 544 Entartete Kunst kein >Nazi-Jargon< 205 545 Wie fromm war Hitler? 207 546 Kirchenbau und Kirchenliquidierung vor siebzig Jahren

    und heute 214 547 Okkulte NS-Verbindungen nach Tibet? 217 548 Statt 11000 hchstens 250 Tote in Guernica 225 549 Deutsche Marine im internationalen Auftrag 1937 und 2007 227 550 Keine Blutorgie nach sterreich-Anschlu 1938 231

    6

  • 551 Die Blomberg-Fritsch-Affre 232 552 Falsche Deutung der Hitler-Rede 1939 236 553 Geheimer Teil der britischen Polengarantie von 1939 238 554 Zur Rckkehr des Memellandes 1939 240 555 Der gescheiterte britisch-franzsische Militrpakt mit Stalin

    1939 243 556 Deutschland untersttzte Selbstndigkeit der Balten 250

    Zweiter Weltkrieg 255 557 Britische Kriegsziele 257 558 Hitler unterstellte Worte 260 559 Flschung der NS->Parole der Woche< 262 560 Gab es zu Hitlers Kriegfhrung einen Generalplan? 263 561 berfiel die Wehrmacht Dnemark? 270 562 Ptain wendet sich gegen Verrter 274 563 Der >GreerAkt deutscher Piraterie

  • 582 Babij Jar - Ort des Grauens oder ein Mythos? 370 583 Meutereien und Aufstnde der Ost-Legionen

    in der Wehrmacht 376 584 Der Untergang der >Struma< 382 585 Russische Opferzahlen fr Zweiten Weltkrieg 384 586 Unternehmen Barbarossa im Spiegel der Zeitkntik 386 587 Zur Kriegsgefangenenpost aus Ruland 390 588 Kein Freudentanz Hiders bei Frankreichs Zusammenbruch 392 589 Die >Befreiung< von Paris 393 590 Statt 75000 nur 4000 erschossene Franzosen 397 591 Zur Zahl der franzsischen Opfer whrend der >Epurarion<

    (Suberung) 399 592 Zur Wehrmachtgerichtsbarkeit im Zweiten Weltkrieg 403 593 Die deutschen Atomwaffenversuche im Mrz 1945 407 594 Der Mythos vom Straburger >Roten Haust 427 595 Die Versenkung der >Mefkure< 435 596 Potsdamer Protokoll kein Vertrag 437 597 Verteidigte Amerika Westeuropa vor Sowjets? 439 598 Churchill wollte 1945 mit Deutschen gegen Stalin kmpfen 441 599 Worte Winston S. Churchills 444

    Widerstand und Verrat 600 Zu Landes- und Hochverrat 449 601 Der angebliche Widerstndler Rommel 459 602 Legenden zum Attentat vom 20. Juli 1944 467 603 Weitere Legenden zum 20. Juli 1944 473 604 >Mord< und >Fleischerhaken< nach 20. Juli 1944 480 605 Zur Person Dietrich Bonhoeffers 486 606 Zum Schicksal der Geschwister Scholl 490 607 Waren Deserteure Widerstandskmpfer? 492 608 Mit Pistole zu Hitler 494

    Konzentrationslager 609 Hatte Hitler keinen Holocaust-Plan? 495 610 Keine Massenvergasungen in Dachau 496 611 Dachau-Vergasung auf Friedhofs-Gedenktafel 500 612 Angebliche Vergasungen im KZ Neuengamme 501 613 Bordelle in Konzentrationslagern 503 614 Jazz im KL 508

    8

  • 615 Priester als Apfelzchter im KL Dachau 514 616 Neubauten und Authentizitt im KL Mauthausen 516 617 Verbrechen befreiter KL-Hftlinge 520 618 berhhte Zahlen bei Homo-Opfern 525 619 Zum Schicksal der Zigeuner 529 620 Der Auschwitz-Proze - kein rechtsstaadiches Verfahren 533 621 Der Tod des KL-Kommandanten Baer 53S 622 Der Fall des >KZ-Bewachers< Otto Hoppe 540 623 Falsche Opferzahlen des Maximilian-Kolbe-Werkes 543 624 Zahl von Mauthausen-Opfern vervielfacht 545 625 Revision der Opferzahlen fr KL Majdanek 547 626 Legende um KL in Reismhle bei Triest 548 627 Falsche Tafel in Esterwegen enthllt 549 628 Martin Gray - ein falscher KZ-Zeuge 552 629 Was haben die Deutschen von Kriegsverbrechen gewut? 554 630 Wahrheitswidrige Behauptungen zum KL-Auenkommando

    Calw 558 631 Zum Kl .-Auenkommando Hailfingen/Tail fingen 561 632 Ist Massenmord durch Dieselabgase mglich? 565 633 Die Tragdie der Cap Arcona 568 634 Pressestimmen zum Holocaust 57i 635 Frhe Angaben jdischer Opferzahlen 574 636 Aus 13 Opfern wurden Tausende 578 637 Stalin-Opfer als KZ-Opfen 580 638 >Edelweipiraten< und Widerstand 581 639 Angebliche Versuchstote waren Kriegsopfer 585

    Verbrechen der Sieger 640 Dcutschenseelsorger auf Verschieppungsmarsch

    in Polen 1939 -587 641 Das Massaker in Abbeville 1940 591 642 Das Massaker in Grand-Bornand 595 643 Britische Deportation der Templer 598 644 Alliierte bombardierten die neutrale Schweiz 600 645 USA verweigerten 1944 DDT gegen Fleckfieber 605 646 Holzschnitzer Warnecke im Tieffliegerbeschu 607 647 War Dresden fr Atombombe vorgesehen? 610 648 Zu den Terrorangriffen auf Dresden 611

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  • 649 Dresden: Verrat im Spiel? 616 650 Gefangenen-Erschieungen bei der Geiselberger Mhle 622 651 Deutsche Gefangene auf Insel Rab eingemauert 624 652 Zur Vertreibung der Ungarndeutschen 626 653 Operation Weichsel*. Die polnische Vertreibung der Lemken 629 654 Die Zerstrung des Kaiser Wilhelm-Denkmals

    am Deutschen Eck 633 655 Als Gefangener beim US-Kunstraub 637 656 Wer lockte die >Wilhelm Gusdoff< in die Falle? 639 657 Die Tragdie der >Goya< 644 658 Die NKWD-Todesmrsche in Richtung Osten 1941 -647 659 Das Massaker von Marzabotto 650 660 Greise, Kinder und Suglinge im Soldatenfriedhof 657

    Nachkriegszeit 661

    661 Deutsche als polnische Opfer mitgezhlt 663 662 Generalfeldmarscha Milch sollte erpret werden 667 663 Erprete Zeugen vor alliierten Militrgerichten 670 664 Protokoll des Nrnberger IMT wurde geflscht 675 665 Alliierte und deutsche Urteile gegen Kriegsverbrecher 678 666 Urteile ber die Nrnberger Siegerjustiz 680 667 Der Fall Schrner 684 668 Zur Einbehaltung deutscher Kriegsgefangener 1945 689 669 Gefangen im Londoner Folterzentrum 692 670 Zwangsarbeit Deutscher in England nach 1945 694 671 England verschleppte deutsche Forscher 1945 696 672 Ein kanadischer Kriegsgerichtsvorsitzender urteilt 699 673 US-General Wedemeyer zur alliierten Kriegspolitik 701 674 Alliierte Gerichtsurteile 1945 am Beispiel Pinnebergs 703 675 Englischer Offizier stahl Brillanten 707 676 Zur Franzsisierung Sdwestdeutschlands 1945 709 677 Frankreich verhinderte die deutsche Einheit nach 1945 712 678 Polen tuschen ostdeutsche Kirchenvertreter 1945 716 679 Zahlen von Internierungen vor und nach 1945 726 680 Alliierte Presse in Deutschland 1945 727 681 Die grte Bchervernichtung aller Zeiten 734 682 Zum Schicksal Stettins 1945 738 683 Morgenthau- Plan - keine Legende 741

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  • Bundesrepublik -745 684 Adenauer wollte scharfe Entnazifizierung 747 685 AA vernachlssigt verurteilte deutsche Kriegsgefangene 749 686 Bonn sperrte Kriegsgefangenen-Dokumentation 753 687 Bundesregierung verhindert Feststellung der KZ-Opferzahl 757 688 Zur Person Eugen Gerstenmaiers 760 689 Franz-Josef Strau und seine Haltung zur DDR 764 690 Die Kampagne gegen den >KZ-Baumeister< Heinrich Lbke 767 691 Abendroth verschwieg Verbindung zu Ulbricht 771 692 Eschenburgs Deutschlandplan 773 693 Linke als Brandstifter 778 694 Die Ermordung von Siegfried Buback 779 695 Die Zerstrung der Kunst durch die 68er 784 696 Willy Brandt in Selbstzeugnissen 787 697 Lafontaine flschte Foto 792 698 Hanna Reitsch stellt Hitler-Film richtig 793 699 Historiker verschweigen Germanengre 796 700 Keine Dokumentationsstelle fr Verbrechen an Deutschen 799 701 Das >Deutsche< in der Bayernhymne 801 702 War Kardinal Frings ein Antisemit? 804 703 Fortbestehen der Tschechoslowakei und Gltigkeit

    des Mnchner Abkommens 806 704 Tschechen-Grenzschikane auf Benesch-Basis 809 705 Walesas Erklrung zur Vernichtung Deutschlands 811 706 Deutsche Parteien sponserten spanische Linke 813 707 US-Streitkrfte lernen von der Wehrmacht 815 708 Das >ganz besondere Verhltnis* der BRD zu Israel 819 709 Deutsche Waffenlieferungen an Israel 825 710 Hessischer Rundfunk weigert sich, Lgen richtigzustellen 834 711 Bezeichnende Falschmeldungen der Medien 836 712 Historiker flscht Foto 838 713 WDR flscht mit Hitlerbild 840 714 Karl May und der Nationalsozialismus 843 715 Gustav Freytag - ein Opfer der Vergangenheitsbewltigung 845 716 8. Mai- und Holocaust-Gedcnken 847 717 Geschichtsfehler im Breker-Katalog 849 718 Schindler ein Schwindler? 854

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  • 719 Der >Verfassungsschutz
  • Vorwort

    Erstaunlich schnell hat sich nach Erscheinen von Band 1 und Band 2 des Groen Wendig (2006) eine auergewhnlich rege Nachfrage nach diesem in seiner Art einmaligen Nachschlagewerk ergeben. Die jeweils dritte verbesserte Auflage konnte schon erscheinen. Dadurch ermutigt und durch viele anerkennende Zuschriften in die Pflicht genommen, haben Herausgeber und Verlag beschlossen, noch einen dritten und ebenso umfangreichen Band wie die ersten zwei mit Richtigstellungen zur Zeit-geschichte herauszubringen.

    Material dazu lag in gengendem Umfang vor: Einmal ergab die nach-trglich mglich gewordene Auswertung des umfangreichen Zeitungsar-tikel-Archivs unseres bereits 1997 verstorbenen Mitarbeiters an den 15 blauen Heften Richtigstellungen Zeitgeschichte (19902003), Dr. Heinrich EBNKR aus Tbingen, manche ergiebige Quelle. Zum anderen erhielten wir viele wertvolle Hinweise, Anregungen, Ergnzungen und Belege hi-storischer Falschaussagen von den Lesern der ersten beiden Bnde. Ih-nen allen sei herzlich fr diese Mitarbeit gedankt wie auch den Beziehern unseres Werkes, die nicht selten die beiden Bnde erfolgreich weiteremp-fahlen, Zum dritten ergaben sich manche neue Erkenntnisse zur Zeitge-schichte im Laufe der letzten Jahre, die ausgewertet werden konnten und ein anderes als das bisher bliche Licht auf einige umstrittene geschicht-liche Vorgnge werfen. Unvoreingenommene Historiker der Nachkriegs-generation haben Revisionen vorgenommen, so zu der Rolle der Deut-schen Wehrmacht im Rulandfeldzug oder ber das Wirken der Einsatzgruppen im Osten.

    Herausgeber und Verlag danken auch den neu hinzugekommenen Mitarbeitern, die auf S. 4 in diesem Band einzeln genannt worden sind, fr deren gehaltvolle Beitrge. Bei diesen wurde nach Mglichkeit die individuelle Darstellungsweise beibehalten. Durch die einzelnen Verfas-ser bedingte Wiederholungen wurden dabei nicht gestrichen, da sie aus jeweils verschiedener Sicht angefhrt worden sind und deswegen zustz-liche Informationen liefern.

    Ein besonderer Dank der Herausgeber gilt Herrn Claude MICHEL fr die wie in den beiden ersten Bnden mit auergewhnlichem Einfh-lungsvermgen und groer Mhe vorgenommene ausgezeichnete Bebil-derung und Gestaltung des Bandes sowie viele Anregungen zum Inhalt.

    Dieser dritte Band umfat wie die ersten beiden Bnde den Zeitraum der letzten 150 Jahre der deutschen Geschichte. Die einzelnen Beitrge sind chronologisch nach der Zeit des jeweiligen Vorgangs geordnet. Auf die

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  • Beschreibung einer Reihe weiterer noch richtigzustellender Vorgnge mute verzichtet werden, da die anzufhrenden Beweise in der kurzen zur Verfgung stehenden Zeit nicht vollstndig genug zu beschaffen ge-wesen waren. Das gilt zum Beispiel fr das sogenannte Massaker von Gardelegen< Ende April 1945 an KI .-Hftlingen, das so, wie es heute in der ffentlichkeit dargestellt wird, mit groer Wahrscheinlichkeit nicht stattgefunden haben kann. Hinzu kam, da der zur Verfgung stehende Raum in diesem dritten Band bereits durch die anderen Beitrge ausge-fllt war.

    Alle vorliegenden Beitrge sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert und bearbeitet worden. Sollten sich dennoch Fehler einge-schlichen haben oder falsche Quellen und unzutreffende Darstellungen angegeben worden sein, so sind die Herausgeber fr entsprechende Hin-weise darauf und fr begrndete Kritik dankbar. Herausgeber wie Mitar-beiter fhlen sich der historischen Wahrheit verpflichtet.

    Die Richtigstellungen in den nunmehr vorliegenden drei Bnden des Groen Wendig wenden sich in der Regel gegen unberechtigte Schuldvor-wrfe, die gegen Deutsche im Zusammenhang mit Vorgngen whrend der letzten anderthalb Jahrhunderte erhoben wurden und werden, oder gegen unzutreffende Herabsetzungen, die gegen einzelne Angehrige unseres Volkes geuert wurden. Das mag auf den ersten Blick einseitig und deswegen unwissenschaftlich erscheinen oder sogar die Unterstel-lung von Verharmlosung oder Verherrlichung erwecken. Doch whrend letztere in keinem Fall von den Herausgebern und den Mitarbeitern be-absichtigt sind, ergibt sich ersteres aus den Zeitumstnden: Nach 1945 wurde die deutsche Geschichte aus der Sicht der Sieger geschrieben und verffentlicht, und die meisten deutschen Fachwissenschaftler wie die Medien hielten sich an die alliierten Auflagen und Wnsche. Die Umer-ziehung der Deutschen gelang deswegen fast vollstndig. So kam ein ein-seitiges Geschichtsbild mit der berbetonung der deutschen Schuld -die Deutschen als Verbrecher- und Ttervolk - in der ffentlichkeit zum Tragen. Diese lie seit Jahrzehnten keine Gelegenheit aus, die Vor-wrfe gegen die Deutschen und deren frhere Fhrung zu vergrern. Gelegentlich kamen groteske bertreibungen vor. Die Zahl der Opfer in manchen Konzentrationslagern, die im Laufe der Zeit auf einen Bruch-teil der ursprnglich angegebenen gesenkt werden mute, oder die Darstel-lung HITLERS als >Teppichbeier< mit dem ihm unterstellten Plan zur Welteroberung seien als Beispiele genannt.

    Immer noch bemhen sich die heute in Deutschland tonangebenden politisch korrekten Kreise krampfhaft, mglichst noch weitere Flle deutscher Schuld zu finden und sie wie die bisher bekannten ffentlich auszuschlachten, whrend die deutschen Opfer meist verschwiegen und

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  • verdrngt wurden. Institute, Zentralstellen und Stiftungen wurden mit der Aufgabe gegrndet und unterhalten, im Rahmen der sogenannten Vergangenheitsbewltigung und der Aufarbeitung der Zeitgeschichte mglichst viele Verbrechen den Deutschen nachzuweisen. Daher bedarf es nach der jahrzehntelangen Ttigkeit dieser mit zahlreichen Stellen und groen Mitteln ausgestatteten Einrichtungen kaum einer Richtigstellung von Vorgngen mit bisher als zu klein dargestellter deutscher Schuld, Es werden heute noch immer nach mehr als 60 Jahren nach den betreffen-den Vorgngen Strafprozesse gegen Neunzigjhrige eingeleitet. Dabei geht es weniger um Gerechtigkeit als darum, den Medien neuen Stoff zur Belastung Deutschlands zu verschaffen und Anknpfungspunkte fr weitere Darstellungen einer einseitigen Bewltigung der deutschen Ver-gangenheit zu liefern. Dazu wurde auch die Justiz politisiert und zweck-entfremdet. Deswegen wurde beispielsweise im Sommer 2007 die NS-Vergangenheit der meist schon lngst verstorbenen Angehrigen des Bundeskriminalamtes nach etlichen anderen Behrden und Berufsstn-den mit groer Pressebeteiligung aufgearbeitet, und der Bundesgeheim-dienst soll nchstens an die Reihe kommen.

    Im Zusammenhang mit dem >Fall< Eva HERMAN im Herbst 2007 be-schrieb die frhere 68er Juristin Sybille TNNILS in der Frankfurter Allge-meinen Zeitung (30, 9. 2007) sehr deutlich die herrschenden Umstnde: Im Herbst treffe ich mich mit meinen frheren Anwaltskollegen wieder zum geistigen Austausch. Worber werden wir reden? ber die juristi-schen Untaten der Nazis. Mal wieder. Wir alten Linken tun das nmlich seit ber dreiig Jahren. Wohl dem, der ber ein bisher unbekanntes Schandurteil berichten kann. Der Gedanke, da wir altlinken Anwlte mal untersuchen, wie wei unsere eigenen Westen sind, darf nicht auf-kommen. Und sie erinnerte dann an die von den 68ern verharmlosten Stalinisten und Maoisten sowie R AF-Mrder. Sie ist, wenn auch sehr spt, zu der Erkenntnis gekommen: Diese Ursachen (des Nationalsozialis-mus) lassen sich nicht erforschen, wenn man nur auf die Nazigreuel sieht. Es mu endlich erlaubt sein zu fragen, warum der Nationalsozialismus so erfolgreich war.

    Dieser seit Jahrzehnten in der deutschen ffentlichkeit unberechtigt vertretenen Einseitigkeit der Geschichtsbetrachtung soll auch in diesem Bande entgegengewirkt werden, damit eine wirklichkeitsnhere Sicht der Geschichte entstehen kann. In vielen Fllen knnen und sollen deswe-gen auch die als falsch erkannten Aussagen sachlich richtiggestellt wer-den. Es soll keine vorhandene deutsche Schuld verringert oder gar weg-geredet werden, sondern die vorliegenden Beitrge sollen dazu beigetragen, da - wie in jeder Wissenschaft - durch freie Diskussion, durch Darlegung sachlicher Argumente und durch begrndete Kritik an

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  • der bisherigen Anschauung allmhlich (asymptotisch) die Wirklichkeit der Geschichte so wie sie wirklich geschehen ist sichtbar wird. Zwei Generationen nach den meisten behandelten Vorgngen scheint es dazu an der Zeit zu sein.

    Die Vielzahl der in den nun vorhegenden drei Bnden des Groen Wen-dig richtigestellten historischen Geschehnisse ist auch ein Beweis dafr, wie verzerrt das in der ffendichkeit und von den Massenmedien ver-breitete Bild der deutschen Geschichte des vorigen Jahrhunderts immer noch ist und wie erfolgreich Tabus verteidigt werden, die den Fortgang der Wissenschaft behindern. Schon in den sechziger Jahren des 20. Jahr-hunderts konnte man in der Kirchenzeitung des Erzbistums Kln die berech-tigte Sorge lesen: Da in der jungen Generation zwei Drittel an die Kriegs-schuld glauben, spricht nicht zugunsten des Geschichtsunterrichts und drfte zu groer Besorgnis Anla geben. Der Grund hierfr liegt in der Zielsetzung des westdeutschen Nachkriegsunterrichts, der berwindung vlkischer und nationaler Denkweisen und damit der Abwertung des ei-genen Volkes. Es ist daher schwer denkbar, da der so beiastete junge Mensch sich einem Staat oder einer Gemeinschaft verpflichtet fhlt, die ihm durch die Erziehung das Bewutsein vermittelt, Teil eines minder-wertigen Voikes zu sein. Der Staat, der die vlkische Realgruppe abwer-tet, der er zugehrt, bringt die Gefahr auf, da die den Bestand des Staa-tes sichernde Einsetzung des Einzelmenschen fr Staat und Volk ausbleibt, da es nur staatsverdrossene Volksangehrige gibt und keine zu letztem Opfer bereite Staatsbrger. Diesem Zustand nhern wir uns leider immer mehr - eine Frucht unserer Erziehung. (Zit. in Protokolle des Landtags von Baden-Wrttemberg, 5. Wahlperiode, 7. Sitzung vom 17. Juli 1968, S. 131.)

    Rund drei Jahrzehnte spter mute der Rektor der Universitt Kon-stanz, Professor Dr. Bernd RTHERS, feststellen (Die Welt, 17. 7, 1993), da in den wegen ihrer Massenwirkung so genannten Leitmedien... nur zu oft,herrschende' Ideologie verbreitet, wenn nicht hervorgebracht wird. So produzieren die Medien nicht selten verflschte Bilder von Wirklich-keit. Das geschehe sogar bewut. So sei in den Studienbriefen eines Funkkollegsi der ARD Medien und Kommunikation, Konstruktionen von Wirklichkeit 1990-91

  • Wir waren zu stark ausgerichtet auf die Sichtweisen der Politik und die Lehrmeinungen der Wissenschaft. Wir vertrauten den Autoritten, aber den eigenen Augen nicht. Dadurch seien, so RTHERS, nicht die Wirk-lichkeiten in den Medien fr den Leser dargestellt worden, was eigendich die Pflicht fr eine unabhngige Presse in einer Demokratie sein sollte, sondern die ideologisch gesteuerten Deutungen derselben durch Politi-ker und Wissenschafder, Nicht die Geschichte, wie sie geschehen war, wurde vermittelt, sondern wie die Umerziehet sie gesehen haben woll-ten, Und wenn Historiker an Gymnasien auf diese Manipulation hinwie-sen und Verzerrungen der Geschichte wissenschaftlich und quellenm-ig begrndet richtigstellten, wurden sie auf Druck der verffentlichten Meinung vom Schuldienst suspendiert wie der Berliner Studienrat Karl Heinz SCHMICK (FAZ 29. 6. 2005).

    In den letzten Jahren hat sich die Gleichschaltung und Ideologisierung der Medien im Sinne der herrschenden politischen Korrektheit noch verstrkt. Eine politisierte und zur Verteidigung von historischen Tabus mibrauchte Justiz untersttzt diese ffentliche Indoktnnierung und die damit verbundene Vermittlung eines falschen Geschichtsbildes. Die im Jahre 2007 gegen gewaltfreie Andersmeinende wie die Geschichtsrevisionisten Ernst ZNDEL und Germar RUDOLF vom Landgericht Mannheim verhng-ten unverhltnismig hohen Freiheitsstrafen von fnf und zweieinhalb Jhren Haft wegen angeblicher Volksverhetzung allein durch uerung unliebsamer Ansichten zur Zeitgeschichte legen davon Zeugnis ab.

    Es geht bei der notwendigen Revision in der Zeitgeschichte und bei der Zurckweisung unberechtigter Schuldvorwrfe auch noch um zwei andere Auswirkungen. Bundestags-Vizeprsident Hans KLEIN (CSU) drckte das in der Welt am Sonntag (7. 7. 1996) mit den Worten aus: Wir Deutschen leben unvershnt mit unseren Toten es wird ber Men-schen, die tot sind, in einer Weise gesprochen, als handle es sich um ein Verbrecherkollektiv. hnlich hatte schon rund zwanzigjahre vorher Bun-deskanzler Helmut SCHMIDT (SPD) davor gewarnt, die deutsche Geschich-te zu einem Verbrecheralbum zu machen. Und der angesehene frhere Minister und Bundestagsabgeordnete Dr. Alfred DREGGER (CDU) stellte um dieselbe Zeit wie KLEIN (17.1. 1996) in seiner Rede Gegen die pau-schale Diffamierung in Bonn mit Recht fest: Wer die Generationen trennt, trifft die Nation in ihrem Kern. Und wir sind betroffen.

    Es geht also bei der Revision in der Zeitgeschichte auch um Gerech-tigkeit fr mehrere deutsche Generationen des 20. Jahrhunderts, um das Ende einer unberechtigten Diffamierung von Menschen, die idealistisch handelten und viel fr ihr Volk opferten.

    Ebenso geht es um die Zukunft unseres Volkes. Gewisse Kreise wol-len keine Normalisierung des Selbstbewutseins der Deutschen. Sie wol-

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  • len die Erhaltung des durch die Umerziehung bewirkten gegenwrtigen neurotischen und traumatisierten Zustandes der Deutschen, die sich weiterhin als Tter- und Verbrechervolk fhlen sollen. Sie erstreben die Verewigung des von der Frankfurter Schule eingeleiteten und von den 68ern durch Diffamierung der Kriegsgeneration und ihrer Geschichte verstrkten Kampfes zwischen den Generationen, eines Kampfes, der bereits viele Familien aufgelst und damit die Grundlage unseres Volkes schon weitgehend zerstrt hat und weiter zerstrt.

    Dieser Zustand wurde schon frher aufgezeigt, die Warnungen dran-gen aber nicht durch. So wurde von den Neomarxisten um Jrgen H A-BERMAS im Historikerstreit 1986 die von dem Berliner Historiker Ernst NOLTE zu Recht geforderte Historisierung der Geschichte des 20. Jahr-hunderts nicht freigegeben, sondern es wurde weiterhin und das sogar unter Bezugnahme auf die Aufklrung - die polirisch korrekte Beach-tung von geschichtlichen Tabus auch fr die Zukunft durchgesetzt - eine intellektuelle Perversion.

    Wir hoffen, da Arthur SCHOPENHAUER doch recht hat, wenn er meint, beobachtet zu haben, da wir den wissenschaftlichen, literarischen und artistischen Zeitgeist ungefhr alle 30 Jahre deklarierten Bankrott ma-chen sehen. In solcher Zeit nmlich haben alsdann die jedesmaligen Irr-tmer sich so gesteigert, da sie unter der Last ihrer Absurditt zusam-menstrzen. (Zitiert in: FAZ,, Nr. 6 8 , 2 1 . 3 . 2 0 0 7 , S . 5 )

    Und immer mehr Wissenschaftier werden erkennen, was TEILHARD DE CHARDIN verkndete: Bei der Wissenschaft gilt: Am Anfang steht der Zweifel. Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts an-zweifelt, prft nichts. Wer nichts prft, entdeckt nichts. Wer nichts ent-deckt, ist blind und bleibt blind. (Zitiert in: Die Welt, 8. 7. 2006, S. B l )

    Dazu bedarf es dessen, was Johann Wolfgang VON GOETHE an ECKER-MANN am 16. Dezember 1828 schrieb: Man mu das Wahre immer wie-derholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Enzyklopdien, auf Schulen und Universitten, berall ist der Irrtum oben auf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefhl der Majoritt, die auf seiner Seite ist.

    Herausgeber und Verlag hoffen, da auch dieser dritte Band eine gute Aufnahme findet und mit dazu beitrgt, da die historische Wahrheit sich verbreitet und sie das einseitige und vielfach verzerrte Geschichts-bild der Umerziehung von der Vergangenheit der Deutschen langsam ablst.

    Tbingen, am 9. November 2007, Dr, Rolf Kosiek dem 18. Jahrestag der Mauerffnung als des Beginns der deutschen Wiedervereinigung

    18

  • Statt einer Einleitung:

    Professor Dr. Barnes - Vorkmpfer des modernen historischen Revisionismus

    Im August 1968 verstarb in den Vereinigten Staaten der vielfach geehr-te Historiker Prof. Dr. Harry Himer BARNES. ' Er lehrte an mehreren Hochschulen Amerikas, an der Columbia-, Syracuse- und Clark-Univer-sitt, am Barnard- und Smith-College, an den Universitten von Colora-do und Indiana und anderen. Er war hochgeachtetes Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Vereinigungen, unter anderen der American Histori-cal Association, der Academy of Political Science, der Society de Socio-logie Masaryk, der Society of American History und der Deutschen Ge-sellschaft fr Soziologie. Er traf mit den fhrenden Politikern des Ersten Weltkrieges zusammen, mit Kaiser WILHELM I I , mit TIRPITZ, mit den Botschaftern SCHN, POURTALES, BOGITSCHEWITSCH und Jules CAMBON, mit dem sterreichischen Auenminister Graf BERCHTHOLD, mit Joseph CAJLLAUX aus Frankreich, mit BENS in England, mit Freiherrn VON SCHIL-LING, dem Kanzleichef des russischen Auswrtigen Amtes usw. Bei seiner Europareise 1926 erregte er mehr Aufsehen als US-Prsident Theodore ROOSEVELT 1910. Allein in Mnchen sprach er zu fast 20 000 Zuhrern. Prof. BARNES hat mehr als 70 Bcher und Hunderte von Aufstzen ver-ffentlicht.2

    Sein geistiges Schaffen umfat die Gebiete der Kultur- und Geistesge-schichte, der Soziologie, der Kriminologie, der Historiographie, vor al-lem aber das der politischen Geschichte des 2 0 . Jahrhunderts. BARNES gilt noch heute als einer der hervorragendsten Sachkenner auf dem Ge-

    1 Biographisches in der Festschrift: Learned CRUSADER, The new History in action, hg. von GODDARD, Colorado Springs 1 9 6 8 , und Ralph Miles COHF.N, The Ameri-can Revisionists, University of Chicago Press, Chicago-London 1967. 2 BARNES' wichtigste Arbeiten sind: Zum 1. Weltkrieg a) The Genesis of the World War, New York M 929; deutsche bersetzung: Die Entstehung des Weltkrieges, Deut-sche Verlagsanstalt, Stuttgart 1928 (gekrzt), b) In Quest of Truth and justice, Chi-cago 1928. c) World Politics in modern Civilisation, New York 1930. d) Kriegsschuld und Deutschlands Zukunft, Berlin 1930. - Zum 2. Weltkrieg: a) Perpetual Warfor perpetual Peace, Caldwell 1953; deutsche Obersetzung: Entlarvte Heuchelei, Priester, Wiesbaden 1961 (gekrzt), b) Die deutsche Kriegsschuldfrage, Grabert, Tbingen 1964. c) Selected "Revisionist Pamphlets, Arno Press, New York 1972. d) Pearl Harbor after a Quarter of a Century, Arno Press, New York 1972. - Sonstiges: a) A History of historical Writing, New York "1962. b) An intellectual and cultural History of the western World, 3 Bde., New York 31965. c) History of western Civilisation, 2 Bde., New York 1935.

    Harry Elmer BARNES (1889-1968) gilt

    als Begrnder des akademischen Revi-

    sionismus in der Zeit-geschichte.

    19

  • biet der Kriegs Ursachen forschung. Seine Werke sind nach wie vor grund-legend, sein Lebenswerk ist zukunftsweisend.

    3 Otto Eisner JAGOW, Unter dem Joch von Versailles, Berlin 1923, S. 98. 4 COHEN, a a O . (Anm. 1).

    Geschichtswissenschaft in Not Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges war auch die Geschichtswissen-schaft ins Wanken geraten. Die politische Propaganda der Alliierten hatte sich tonangebend durchgesetzt. Eigenstndige Forschung war kaum mehr gefragt. Aufgabe des I Iistorikers sollte von nun an sein, die >richtige

  • Bozin SIMITSCH, BOGITSCHEWITSCH und Leopold MANDEL haben nachge-wiesen, da DIMITRIJEWITSCH in heimhchem Einverstndnis mit ARTAMA-NOW, dem russischen Militrattache in Beigrad, handelte. ISWOLSKI erzhlt, unmittelbar nach dem Mord habe ein Bote des Knigs von Serbien ihm die Meldung berbracht: Wir haben soeben ein gutes Stck Arbeit ver-richtet.*

    Die franzsische Politik beurteilte BARNES als auf vllige Vernichtung Deutschlands gerichtet.8 Zwei Belegstellen mgen insoweit gengen:

    1. Der belgische Botschafter in Frankreich, Baron GuiLLAME, meinte im Januar 1914: Ich hatte bereits die Ehre, Ihnen mitzuteilen, da die Herren PoiNCAR, DELCASS, MILLERAND und deren Freunde es sind, wel-che die nationalistische, militaristische und chauvinistische Politik ausge-sonnen und betrieben haben, deren Wiedererwachen wir miterleben. Sie ist eine Gefahr fr Europa und fr Belgien. Ich sehe darin die schwerste Gefahr, die heute Europas Frieden bedroht.9

    2. POINCARE antwortete am 29. Juli 1914 auf die Frage: Glauben Sie, Herr Prsident, da man den Krieg abwenden kann?, mit: Dies zu tun wre sehr bedauerlich, denn wir werden niemals gnstigere Umstnde finden.10

    BARNES legte dar, da England 1914 keineswegs nur wegen der Verlet-zung der belgischen Neutralitt Deutschland den Krieg erklrt habe und in den Krieg eingetreten sei. Als Kronzeugen dafr berief er sich auf den englischen Auenminister GREY. Dieser selbst sagt uns in seinen Memoiren, da er auch ohne Belgien den Versuch gemacht haben wr-de, England in den Krieg hineinzuziehen, und da er zurckgetreten wre, wenn ihm dies milungen wre.11

    Unterstreichend fhrte BARNES den englischen Gelehrten CONYBEARE an, der nach dem Krieg einrumte:

    GRF.Y war zweifellos in der Woche vor dem Krieg genauso ein Heuch-ler, wie eres in den acht Jahren vorher gewesen war. Wir griffen Deutsch-land aus drei Grnden an. Erstens, um seine Flotte zu demtigen, ehe sie noch grer geworden war, zweitens, um seinen Handel in unsere Hand zu bekommen, drittens, um ihm seine Kolonien wegzunehmen.12

    Besonders scharf ging BARNES mit der amerikanischen Politik ins Ge-richt. Nicht der uneingeschrnkte U-Boot krieg der Deutschen war der eigentliche Kriegsgrund gewesen, sondern die amerikanische Finanzwelt witterte ppige Geschfte.

    Von den Aussichten dieser Mchte auf Kriegs erfolge und von ihrer Fhigkeit, den Krieg in die Lnge zu ziehen, hingen das relative Ausma der amerikanischen Profite und die Wahrscheinlichkeit ab, die den En-tentemchten verkauften Waren bezahlt zu bekommen.13

    7 BARNES, ebenda, S. 128 f.

    8 Ebenda, S. 316.

    * Ebenda, S. 293.

    10 Ebenda, S. 302.

    11 Ebenda, S. 400.

    12 Ebenda, S. 425.

    13 Ebenda, S. 445.

    21

  • Deutsche Karikatur im Zusammenhang mit WILSONS Willen, in den Krieg einzutreten. Der mde Schnitter Ich kann nicht mehr! -Du mut! Ich zahle die berstunden!

    US-Prsident WILSON lie daher seinen Vertrauten Colone) HOUSE an den briti-schen Auenminister Lord GREY die Bot-schaft bermitteln:

    Die Vereinigten Staaten htten den Wunsch, da Grobritannien alles tue, was den Vereinigten Staaten dazu behilflich sein knne, den Verbndeten Beistand zu lei-sten.14

    Schon im April 1916 hatte der amerika-nische Prsident seine Absicht angekn-digt, die Vereinigten Staaten in Kriegszu-stand zu versetzen, und dies sofort . , . WILSON drohte nun und sagte, jeder, der ihm in den Weg trete, wrde, wenn er ein-mal seinen Vorsatz durchzufhren begn-ne, politisch vernichtet werden.15

    In der Reihenfolge der Verantwortlichkeiten fate BARNES den revisio-nistischen Standpunkt fr die Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkrie-ges wie folgt zusammen: Schuld seien in erster Linie Serbien, Frankreich und Ruland. Sodann komme Osterreich, obschon dieses niemals einen allgemeinen europischen Krieg gewnscht hat. Endlich kmen Deutsch-land und England, wobei der deutsche Kaiser viel eifrigere Anstrengun-gen zur Erhaltung des europischen Friedens (machte, D. K.) als Sir Ed-ward GREY.1?

    Man kann dieser Bewertung nun zustimmen oder nicht. Tatsache bleibt, da BARNES wesentlich dazu beigetragen hat, die Versailler Kriegsschuld-lge ad absurdum zu fhren. Die von ihm angefhrten Beweise sind ja nicht zu bestreiten und knnen von jedermann nachgeprft werden. Wenn also PoiNCARF., Wil-SON und andere sich fr den Krieg ausgesprochen haben, so sind sie zweifellos mitschuldig an der Katastrophe von 1914-1918. Da mgen die deutschen Historiker nach 1945 wie FISCHER und GRISS noch so viele neue Erkenntnisse anbieten, an diesen Feststellun-gen der Revisionisten kommen sie nicht vorbei, wobei obige Zeugnisse

    16 Ebenda, S, 482.

    14 BARNES, ebenda, S. 458 f. 15 Ebenda, S. 460.

    22

  • Eine der zahllosen Propaganda-Lgen um die abgehackten Hnden, hier franzsische Ansichts-

    karte von Oktober 1914: Ihre Kriegstrophe. Eine Hand mit Ringen ist besser als eine Fahne.

    natrlich nur eine ganz geringe Auswahl aus dem umfangreichen Doku-mentmaterial darstellen.

    Ebenso klar und berzeugend wandte sich BARNES gegen die Greuel-propaganda der Alliierten im Ersten Weltkrieg. Die Behauptungen im BRYCE-Bericht widerlegte er durch uerungen des britischen Premier-ministers LLOYD GEORGE und des italienischen Regierungschefs Fran-cesco Nitti, die beide einrumten: . . . da niemals jemand ein belgi-sches Kind gesehen hat, dem die Deutschen die Hnde abgeschnitten gehabt htten.1" Die angeblichen >Leichenfabriken< fhrte er auf ent-stellte Fotografien und erfundene Tagebucheintragungen zurck. Schlie-lich erbrachte er den Nachweis der systematischen Flschung sogenann-ter deutscher Kriegsverbrechen. Sein Gewhrsmann war ein prominenter Vertreter der franzsischen Presse, der nach dem Ersten Weltkrieg in seinen Erinnerungen ber die Propagandazentrale in Paris offen bekannte:

    In den Kellerrumen standen die fr den Druck der Presseerzeugnisse notwendigen Maschinen, unter dem Glasdach hauste die fotochemigra-phische Abteilung. Ihre Hauptarbeit bestand darin, von Holzfiguren mit abgeschnittenen Hnden, herausgerissenen Zungen, ausgesto-chenen Augen, zertrmmerten Schdeln, mit blogelegten Gehirnen Lichtbildaufnahmen und Druckstcke anzufertigen. Die so ge-wonnenen Bilder wurden als untrgliche Do-kumente, sozusagen als Augenzeugen deut-scher Greueltaten, in alle Welt gesandt, wo sie die von ihnen erwartete Wirkung ausb-ten. Im gleichen Raum wurden auch Aufnah-men von zerschossenen belgischen und fran-zsischen Kirchen, geschndeten Grbern und Denkmlern und grauenhaften Ruinen hergestellt. Die Kulissen fr die Aufnahmen wurden von den ersten Dekorationsmalern der Pariser Groen Oper geliefert.18

    Mitte der dreiiger Jahre hatten sich die Erkenntnisse der Revisionisten fast berall

    17 Harry Elmer BARNES, Die Entste-hung des Weltkrieges,

    aaO. (Anm.l), S. 225.

    18 Ebenda, S, 227.

    23

  • 19 BARN FS, In Quest of Truth and Justice, aaO. (Anm. 2), S. 421.

    durchgesetzt. In Frankreich folgten George DEMARTIAL, Mathias M O R -HARDT und Alfred FABRE-LUCE, in England E. D. MOREL, Lord MORLEY, Lowes DICKINSON und Irene COOPER WILLIS, in Deutschland Maximilian MONTGELAS, Hans DRAEGER, Erich BRANDENBURG, Hermann LUTZ, Al-fred VON WEGERER, Friedrich STIEVE und viele andere. Es gab kein Werk, das die Forschungen von Prof. BARNES bergangen htte. George Peabodv G O O C H , Herausgeber des englischen amtlichen Aktenwerkes ber die Ursachen des Ersten Weltkrieges und unangefochtene Autoritt auf dem Gebiet der Diplomatiegeschichte, wrdigte schon damals den groen Wahrheitsforscher mit den Worten: No other American has done so much as Prof. Barnes to familiarize his countrymen with the new evi-dence which has been rapidly accumulated during the last few years, and to compel them to revise their war-time judgements in the light of this new material,19 (Kein anderer Amerikaner hat so viel wie Prof. BARNES getan, um seine Landsleute mit dem neuen Beweismaterial vertraut zu machen, das schnell in den letzten wenigen Jahren zusammengetragen worden ist, und um sie zu zwingen, ihre Beurteilungen aus der Kriegszeit im Lichte dieses neuen Materials zu ndern.)

    BARNES* grte Zeit sollte jedoch erst noch kommen.

    20 CONNORS, in : Bolko von RICHT-HOFEN, Kriegsschuld 1939-1941, Vater-stetten 1975, S . U . Vgl. Werner MASF.R, Nrnberg. Tribunal der Sieger, Econ, D s s eldo rfWie n 1977.

    Erkenntnisse zum Zweiten Weltkrieg Der Zweite Weltkrieg hatte die Grundlage der Geschichtswissenschaft vollends zerschlagen. Das, was die Revisionisten in den Zwischenkriegs-jahren mhsam erarbeitet hatten, lag in Trmmern. Grausame Kriegfh-rung und Ha berlagerten alles. Diesmal versuchten die Siegermchte, in einem Schauproze - unter dem Deckmantel eines vermeintlich ob-jektiven Gerichtsverfahrens und bei striktem Verbot, die alliierte Politik auch nur ansatzweise zu errtern - die deutsche Alleinschuld festzuschrei-ben.20 Die Besatzungspolitik der Alliierten fr Deutschland hat ein bri-ges getan. Die deutsche Alleinschuld wurde zum Dogma.

    Und wieder war es BARNES, der ohne Rcksicht auf persnliche Belan-ge dem Zeitgeist mutig entgegentrat. Nachdem die Historiker BEARD und TANSILL schon US-Prsident ROOSEVELT auf das schwerste belastet hat-ten, wagte BARNES im Hinbck auf die europische Politik die damals geradezu ketzerische Feststellung, da die Katastrophe von 1939 fast ausschlielich von den Englndern verschuldet worden sei.

    Whrend 1914 die britische Verantwortung fr den Ersten Weltkrieg zur Hauptsache auf der schwchlichen und doppelzngigen Haltung Sir Edward GREYS beruhte, also mehr eine negative als eine positive Verant-wortung war, trugen die Englnder sowohl fr den Ausbruch des deutsch-polnischen als auch des europischen Krieges Anfang September 1939 nahezu die Alleinverantwortung. Lord HALIFAX, der britische Auenmi-

    24

  • nister, und Sir Howard KENNARD, der britische Botschafter in Warschau, waren weit verantwortlicher fr den europischen Krieg von 1939 als SASONOW, IsworsKi und POINCARE fr den von 1914.21

    Die deutsche Politik am Vorabend des Krieges bewertete er dement-sprechend so:

    Hrn.FR war weit davon entfernt, etwa mit brutalen und unbilligen Forderungen berstrzt einen Angriffskrieg gegen Polen einzuleiten, er bemhte sich whrend der Augustkrise 1939 weit mehr, den Krieg abzu-wenden, als der Kaiser whrend der Krise im Juli 1914.w22

    Die etablierte Historikerschaft wagte die Auseinandersetzung nicht. Statt BARNES ZU widerlegen, hllte sie sich in eisiges Schweigen. Die Tak-tik hatte sich gendert, das Ziel aber war dasselbe geblieben. BARNES nannte es Geschichtsverdunklung und kennzeichnete jene tonangeben-den Forscher als Hofhistoriker,23 Historiker, die unter der Bedrngnis einer argwhnenden ffentlichen Meinung das von sich geben, was man von ihnen verlangt, nicht aber, was man gemeinhin von einem serisen Geschichtswissenschaftler erwarten kann.

    Der Vorwurf ist durchaus nicht bertrieben, denn andernfalls bleibt vllig unverstndlich, warum diese Historiker entscheidendes Quellen-material - meist solches, das zugunsten Deutschlands spricht - einfach nicht zur Kenntnis nehmen. Es handelt sich unter anderem um die Forre-stal Diaries, das Szembeck-Journal, die Berichte Sven HEDINS, die Telegram-me der deutschen Konsuln in Polen, vor allem aber um die sogenannten PoTOCKi-Dokumente. Weder der Historiker LANGER noch sein Fachkol-lege GLEASON, deren Verffentlichung The Cballenge to Isolation14 weithin als Standardwerk angesehen wird, scheinen jemals etwas von diesen Be-weisunterlagen gehrt zu haben. Prof. HOFER, ihr deutscher Fachkollege, fhrt zwar einiges davon in seinem Literaturverzeichnis an, lt aber bei der Wiedergabe das Entscheidende weg.25 Diese Berichte polnischer Di-plomaten, deren Echtheit heute zweifelsfrei feststeht,26besagen aber nichts anderes, als da ROOSEVELT Ende der dreiiger Jahre des 2 0 . Jahrhun-derts einen Krieg mit Deutschland ganz bewut ansteuerte. Bereits am 1 2 . Januar 1 9 3 9 berichtete Graf POTOCKI, polnischer Botschafter in den USA, seinem Auenminister:

    Howard KENNARD , der britische Botschafter

    in Warschau.

    21 Harry Flmer BARNIM, Entlarvte Heuchelet, Priester, Wiesbaden 1961, S. 16. 22 Ebenda, S. 15. 23 BARNES, Die deutsche Kriegsschuldfrage, aaO. (Anm. 2), S. 14 f. u. 71 ff. 24 S. Everett GLEASON, The Challenge to Isolation, 2 Bde., New York 1952. 25 Walther HOFER, Die Entfesselung des 2. Weltkrieges, Fischer, Frankfurt/M. 1 9 6 4 . 26 Vom polnischen Botschafter in London ausdrcklich besttigt. Siehe: Edward RACZYNSKI, In Allied London, Weidenfeld u. Nicoison, London 1962, S. 51.

    25

  • Neville C H A M B E R L A I N am 15. September 1938 auf dem Obersalzberg. Das Ge-sprch mit HITLER bewog ihn dazu, die Ab-tretung des Sudetenlandes an Deutschland betreiben zu wollen.

    2 Polnische Dokumen-te %ur Vorgeschichte des Krieges, Birkhu-ser, Basel 1940, S. 49. 28 Das Originalzitat in: ForrestaJDiaries, The Viking Press, New York 1951, S. 122. 29 Ebenda.

    Der Prsident ROOSEVELT war der erste, der den Ha auf den Fa-schismus zum Ausdruck brachte. Er verfolgte dabei einen doppelten Zweck. 1. Er wollte die Aufmerksamkeit des amerikanischen Volkes von den innerpolitischen Problemen ablenken, vor allem vom Problem des Kampfes zwischen Kapital und Arbeit. 2. Durch die Schaffung einer Kriegsstimmung und die Gerchte einer Europa drohenden Gefahr wollte er das amerikanische Volk dazu veranlassen, das enorme Aufrstungs-programm Amerikas anzunehmen, denn es geht weit ber die Verteidi-gungsbedrfnisse der Vereinigten Staaten hinaus.. . Der Weg war ganz einfach, man mute nur von der einen Seite die Kriegsgefahr richtig in-szenieren, die wegen des Kanzlers HITLER ber der Welt hngt, anderer-seits mute man ein Gespenst schaffen, das von einem Angriff der tota-litren Staaten auf die Vereinigten Staaten faselt.27 BARNES verwies auf diese Dokumente ausdrcklich. Als zustzlichen Beleg fr die alliierte Verantwortlichkeit fhrte er den britischen Premierminister CHAMBER-LAIN selbst an, der 1939 nach Ausbruch der Feindseligkeiten in Europa geuert hatte: Amerika und das Weltjudentum hatten England in den Krieg getrieben28 (America and the World Jews had forced England into the war). Schlielich berief BARNES sich auf den damaligen US-

    Botschafter in England, Joseph KEN-NEDY. Dieser, der Vater des spteren US-Prsidenten, hatte unzweideutig festgestellt: Weder die Franzosen noch die Briten htten Poien zum Kriegsgrund gemacht, wren nicht die stndigen Sticheleien aus Wa-shington gewesen.29

    Der Leser mag diese Zeugnisse fr zutreffend oder fr unzutreffend er-achten, Er mag die Verantwortung der Englnder strker hervorheben, die der Amerikaner geringer einschtzen oder eine vllig andere bevorzugen. Es ist jedoch vllig unwissenschaftlich, den Standpunkt fhrender Diploma-

    26

  • ten, insbesondere den des britischen Premierministers, einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Es haben sich darber hinaus doch auch andere Politiker, unter ihnen der polnische Botschafter in Paris, LUKASIEWICZ, der franzsische Auenminister George BONNET und der ehemalige sdafri-kanische Verteidigungsminister Oswald Pmow, in diesem Sinne geuert.

    Obwohl BARNES unermdlich seine Stimme erhob, gelang der Durch-bruch zunchst nicht. Erst als Prof. David L. HOGGAN Anfang 1961 sein Werk Der erzwungene Krieg,*' das in der Zwischenzeit fnfzehn Auflagen erlebte, herausbrachte, ri der Schleier mit einem Mal auf. Die Kriegs-schuldfrage war nicht mehr tabu, sie wurde wieder diskutiert. HOGGAN hatte die Bresche geschlagen. BARNES sttzte ihn, wo er nur konnte. Sein ganzes Ansehen bot er auf, um dem Erzwungenen Krieg zum Durchbruch zu verhelfen.31 Der Erfolg blieb nicht aus. Die Stimme der Revisionisten war unberhrbar geworden, die Hofhistoriker waren auf dem Rckzug. Eine neue Forschergeneration schien sich durchzusetzen: Dirk BAVEN-DAMM, Alfred SCHICKET., Walter POST, Stefan SCHEIL in Deutschland; Al-fred DE ZAYAS, David CALLEO, Bruce BARTLETT, Robert STINNET in den

    30 David L, HOGGAN, Der erzwungene Krieg, Grabert, Tbingen 1963 . Der Verfas-ser legt Wert auf die Feststellung, da er HOGGANS mitunter berspitzte Auffas-sungen nicht immer teilen kann. Bedauerlicherweise sind ihm bei der Abfas-sung seiner Studie einige recht unschne Irrtmer unterlaufen, die er nur teilweise zufriedenstellend zu korrigieren vermochte. 31 Trotz der engen Verbindung stimmten HOGGAN und BARNES durchaus nicht in allem berein, Ixider haben sich beide Historiker spter berworfen.

    US-Prsident Franklin Defano ROOSEVELT mit seinem Berater und >Chostwriter< Samuel ROSEN M A N . Dirk KUNERT (Ein Weltkrieg wird programmiert, S. 292) bemerkt zutreffend: Als die dramatisch inszenierte Krieg-in-Sicht-Panikmache im Januar und Februar 1939 die Gemter in einen bisher nicht gekannten Span-nungszustand versetzt hatte, aktivierte ROOSEVELT das Tempo seiner psychologi-schen Kriegfhrung.

    27

  • David L. H O G G A N .

    32 BARNES, Pearl Harbor after a Quarter of a Century, aaO. (Anm. 2).

    33 BARNES, Entlarvte Heuchelei, aaO. (Anm. 2),S. 220 u. 222.

    USA; Helmut GORDON, John CHARMEF.Y in England; Jacques BENOIST-MECNIN in Frankreich; Viktor SUWOROW, Dimitri WOLKOGONOW aus Ru-land unter anderen. Man beginnt, langsam wieder die Geschichte als Wis-senschaft zu verstehen. Der Blickwinkel >Anklage oder Verteidigung< ist im Ergebnis viel zu emotional, viel zu kurzlebig, als da sich daraus et-was Wirkliches lernen liee. Grundlagenforschung tut not, wenn wir nicht zu Fehlschlssen kommen wollen. Es ist das groe Verdienst von Prof. BARNES, in einer Zeit, in der die Propaganda gnadenlos das Zepter fhrte, hier den richtigen Weg gewiesen zu haben. Das gilt um so mehr, als heute im Unterschied zur Weimarer Zeit zumindest die deutsche Regierung den Revisionisten fast durchweg Schwierigkeiten bereitet und jegliche Untersttzung verweigert. Dabei ging es BARNES niemals um die Recht-fertigung HITLERS oder des Nationalsozialismus. Schon die Problemstel-lung lehnte er als unhistorisch ab. Andererseits wandte er sich gegen jeg-lichen Versuch, die Tatsachen zurechtzustutzen, nur um den im Krieg unterlegenen Parteien, sei es Deutschland, Japan oder Italien, noch zustz-lichen Schaden zuzufgen. Das danken wir Deutsche ihm besonders.

    BARNES stellte seine Forschungen stets auf eine breite dokumentari-sche Grundlage. Seine Erkenntnisse mgen im einzelnen durch neueres Schrifttum ergnzt werden, in den groen Linien halten sie jedweder Kritik stand. Das gilt insbesondere im Hinblick auf seine Pearl-Harbor-Forschungen, die er noch kurz vor seinem Tod zum Abschlu bringen konnte.12 BARNES besttigte darin anhand neuer Quellen die Erkenntnis-se Charles TANSILLS, da ROOSEVELT die Japaner zum berfall auf Pearl Harbor provozierte, um so durch die Hintertr in den europischen Krieg einzutreten. Zusammenfassend fhrte er aus: Es steht einwand-frei fest, da ROOSEVELT sein Land in den Zweiten Weltkrieg gegen den Willen von 80 Prozent des amerikanischen Volkes hineingelogen hat.

    Dieser Krieg kostete die Vereinigten Staaten etwa 1 Mill. Verluste... Die unmittelbaren Kosten an Geld beliefen sich fr die Vereinigten Staa-ten auf etwa 350 Milliarden Dollar, die Gesamtkosten auf mindestens 1 Vz Billionen Dollar. . . ROOSEVELTS salbungsvolle moralische Verheiun-gen und HULLS fromme Wnsche sind vom Winde verweht; sie lieen die Schrecken des Massenmordes, entsetzliche physische Verheerungen, Verschleppungen im groen, rachschtige Metzeleien, legalisierte Lynch-justiz an geschlagenen Heerfhrern, eine Welt im Chaos und nur noch die Erinnerung an internationale Zusammenarbeit zurck."

    Man hat BARNES wegen seiner Ausfhrungen auf das heftigste angegrif-fen, man hat ihn geschmht, einen >Nazi< geschimpft und so weiter. Doch er ist nicht zu Kreuze gekrochen. Unbestechlich und kompromilos blieb er der Sache verpflichtet und wahrheitsliebend, ein echter Wissenschaftier. Wir Deutsche sind ihm zu groem Dank verpflichtet. Dankwart Kluge

    28

  • Kaiserreich

    29

  • Zur allmhlichen Einkreisung Deutschlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Karikatur von A. H E N G E L E R bezeichnet die Reaktion der meisten Deutschen im Jahre 1914 bestens: Das friedliche Deutschland wird gleichzeitig von dem franzsischen Hahn, dem eng-lischen Seeungeheuer und dem rus-sischen Bren bedroht. Angesichts dessen meint der Bauer: Es ist hchste Zeit, da ich meinen Dreschflegel hole!

    30

  • Zur Grablege Napoleons III.

    Die Kultur eines Volkes erkennt man auch an der Achtung, die seine Angehrigen den Friedhfen und den Gebeinen toter Gegner entge-genbnngen. Die Sowjets zerstrten vielfach deutsche Soldatenfriedhfe; TITOS Partisanenregierung befahl sogar nach Ende des Zweiten Welt-krieges die Vernichtung deutscher Soldatengrber.1 Die vier Alliierten des Zweiten Weltkrieges verstreuten die Asche der von der Nrnberger Sieger justiz 1946 zum Tode durch den Strang verurteilten fhrenden deut-schen Politiker und groen Heerfhrer an unbekanntem Ort.'

    Dagegen achteten die von den Alliierten unberechtigt der Barbarei beschuldigten Deutschen Friedhfe und Denkmale ihrer Feinde in er-obertem Land. Sie ehrten darber hinaus sogar Denkmale und Ehren-sttten ihrer Gegner. So stellten sie im September 1939 im eroberten Krakau eine militrische Ehrenwache am Grabmal des polnischen Dik-tators PiLSDSKI auf.1 HITLER ordnete nach dem glcklichen Ende des Frankreich-Feldzugs die ehrenvolle Eberfhrung des Sarkophags mit den Gebeinen des nicht zur Regierung gekommenen NAPOLEON II. ( 1 8 1 1 1 8 3 2 ) , des Herzogs von Reichstadt (in Nordbhmen), aus der Wiener Kapuzinergruft in den Pariser Invalidendom an, wo er, der einzige legitime Sohn NAPOLEONS I . ( 1 7 6 9 - 1 8 2 1 ) , der zu dessen Gunsten abdankte, seit dem 15. Dezember 1940, dem 100. Jahrestag der Heimkehr seines Vaters nach Frankreich, von deutschen Soldaten berfhrt, nahe diesem liegt.2

    Dem in England ruhenden NAPOLEON I I I . ( 1 8 0 8 - 1 8 7 3 ) geschah sol-ches bisher nicht, weil Briten widersprachen. Der Neffe NAPOLEONS I., der 1848 Prsident der zweiten Republik wurde und sich 1852 zum Kai-ser der Franzosen ausrufen lie, ging nach dem von ihm erklrten, dann aber verlorenen Deutsch-Franzsischen Krieg 1871 nach England ins Exil, wo er 1873 starb und zunchst in der St. Mary-Kirche des sdeng-lischen Chislehurst bei London beigesetzt wurde. 1881 erwarb seine Wit-we, die Kaiserin EUGENIE, bei Farnborough ein Grundstck und lie darauf die St. Michaels-Abtei als ein Mausoleum errichten. In diesem wur-den 1 8 8 8 NAPOLEON III. und sein schon 1 8 7 9 im britischen Kolonial-dienst in Sdafrika von Zulus erschossener Sohn LOUIS-NAPOLEON, ge-nannt Lou-Lou, sowie 1 9 2 0 EUGENIE beigesetzt. Zunchst sorgten franzsische Prmonstratenser-Mnche fr die Pflege, dann Benedikti-ner aus Frankreich. 1947 bernahmen britische Benediktiner das Mauso-leum und dessen Betreuung.

    Eine um 1960 gebildete franzsische patriotische Vereinigung fr die Rckkehr der Gebeine der kaiserlichen Familie< setzte sich energisch fr eine berfhrung der in England ruhenden Toten ein. Sie berief sich

    1 Beitrag Nr. 358, Jugoslawische

    Behrden ordnen Grabschndung an.

    1 Beitrag Nr. 6, Angelschsische Behandlung toter Gegner 1898 und

    1945. 3 Beitrag Nr. 169, Der Warschauer Aufstand 1944.

    N A P O L E O N I

    31

  • Links: Grab N A P O L E O N S II. im Pariser Invaliden-dom.; rechts: Grab N A P O L E O N S III. in der St,

    Michael's Abtei in Famborough.

    4 Zitiert in Die Srge von Fambo-rough, in: Der SpiegelNr, 22, 25. 5. 1960, S. 60.

    auf ein Testament des >Prince Imperial, des Sohnes NAPOLEONS III . , der erklrt hatte, er wnsche neben seinem Vater zu ruhen bis zu dem Tage, an dem sie beide mit NAPOLEON I. im Pariser Invalidendom vereint sein wrden. Die angesehene Pariser Tageszeitung Le Monde schrieb sogar: Ein Knig (Louis PHILIPPE 1840) hat einst die sterblichen Reste des er-sten Kaisers im Invalidendom empfangen. Wird es die Fnfte Republik verstehen, dem zweiten Kaiser gegenber die gleiche Seelengre zu er-weisen?4 Und der frhere Pensionsminister RIVOU.IT erklrte: Man kann verlangen, da nach einem Exil von 87 Jahren der Mann, der Frankreich zwei Provinzen (Savoyen und Nizza, R. K.) eroberte, endlich in Frank-reich beerdigt wird.

    Doch die britischen Mnche verweigerten die Herausgabe der Sarko-phage. Ihr Pater Sylvester erklrte: Wir haben die Abteikirche mit allen anderen Gebuden und Grundstcken erworben, und die Gruft ein-schlielich der Srge gehrt dazu. . . Eine berfhrung der Leichen nach Frankreich kommt nicht in Frage. Die Leichen gehren uns, und wir haben keine Lust, sie herauszugeben.4 Die Mnche wollen ihren Schatz eben behalten.

    Selbst Charles DE GAULLE als regierender Staatsprsident schnitt um 1960 bei einem Besuch in London diese Frage nicht an, da seine Berater erkannt hatten, da nur der Papst in Rom den britischen Mnchen An-ordnungen geben knne. So ruhen diese Toten der kaiserlichen Familie weiterhin im Ausland, und Frankreichs Patrioten mssen zum Besuch der Grber noch immer nach England reisen. Rolf Kosiek

    32

  • Die Legende um die Pariser Kommune 1871

    In der sozialistischen und bolschewistischen Geschichtsschreibung nimmt der Aufstand der Pariser Kommune von 1871 einen bedeuten-den Platz ein. LENINS Sarg wurde 1 9 2 4 in eine rote Fahne eingehllt, die Pariser Aufstndische 1871 auf den Barrikaden aufgepflanzt haben sol-len. Auf dem 5. Kongre der Komintern im Jahre 1924 wurde der 18. Mrz, an dem 1871 die Kommune in Paris ausgerufen wurde, zum so-wjetischen Gedenktag erklrt. Karl MARX hat den Pariser Aufstand als die glorreichste Tat unserer Partei seit der Julirevolution gefeiert, ihn als Arbeiterrevolution und eine ruhmreiche Episode des Klassenkamp-fes bezeichnet. Er hat auch das Mrchen verkndet, da in Paris zur Zeit des Aufstandes vom 18. Mrz bis 28. Mai 1871 die Straen wirklich wieder einmal sicher waren, und das ohne Polizei.1

    Doch das ist falsch. Wie die geschichtlichen Tatsachen wirklich waren, hat der Historiker Gnter GRTZNER dargelegt.2 Danach erhoben sich nach der Ausrufung der Republik und dem franzsischen Vorfrieden mit Preuen vom Februar 1871 in Paris am 18. Mrz 1871 die Bataillone der Nationalgarde, die von verschiedenen republikfeindlichen, kleinbrgerli-chen und gegen die Kapitulantenbande der neuen Regierung unter Mi-nisterprsident THIERS eingestellten Gruppen untersttzt wurden. Un-mittelbarer Anla war das Einrcken regierungstreuer Truppen in Paris, die die Herausgabe der von der Brgermiliz in Besitz genommenen Ka-nonen verlangten. Danach werden zwei Generale ermordet, und die Re-gierung wurde fr abgesetzt erklrt, die wie das Parlament den Sitz nach Versailles verlegte. In der von den deutschen Truppen eingeschlossenen franzsischen Hauptstadt bildeten sich ein Zentralkomitee der National-garden und daneben ein Kommunerat aus unter anderen Jakobinern, In-ternationalisten und Sozialisten. Nach dem Vorbild von 1793 wurde An-fang Mai ein diktatorisches Wohlfahrtskomitee eingesetzt. Die Trikolore wurde durch die rote Fahne ersetzt, die Fabriken wurden in Arbeiter-genossenschaften umgewandelt. Es herrschten jedoch eher anarchisti-sche als kommunistische Zustnde. Wie mehrfach in der franzsischen Geschichte stand das revolutionre Paris gegen die vorwiegend konser-vativen Provinzen.

    Die mit deutscher Duldung in Paris einrckenden franzsischen Trup-pen nahmen vielfach Massenexekutionen vor, worauf die Aufstndischen mit Geiselerschieungen antworteten. Insgesamt kamen rund 20000 Menschen bei diesen Vorgngen ums Leben. Kriegsgerichtsprozesse dau-erten bis 1875, erst 1876 wurde der Belagerungszustand in der franzsi-schen Hauptstadt wieder aufgehoben.

    1 Zitiert von Walter GEIS, Entzaube-

    rung zweier liegen-den, in: Deutsche

    Zeitung, 1. 6. 1963. 2 Gnter GRTZ-

    NER, Die Pariser Kommune, Macht und Karriere einer hegende.

    Die Auswirkungen auf das politische

    Denken in Deutsch-land, Westdeutscher

    Verlag, Kln-Opladen 1963.

    Adolphe THIERS .

    33

  • 31. Oktober 1870: Der Sitzungssaal der Regierung der natio-nalen Verteidigung wird von den Partei-gngern der Pariser Kommune besetzt. Aus: Der Deutsch-franzsische Krieg 1870/71 in Wort und Bild, Reutlingen o.) .

    Die harten Manahmen der regierungstreuen Truppen wurden, auch im Ausland, als unverhltnismig kritisiert. Insbesondere der deutsche SPD-Vorsitzende August BEBEL griff im Reichstag die deutsche Regie-rung unter BISMARCK wegen der Duldung der Grausamkeiten heftig an und sagte voraus, da, ehe wenige Jahrzehnte vergehen, der Schlachtruf des Pariser Proletariats >Krieg den Palsten, Frieden den Htten, Tod der Not und dem Miggang* der Schlachtruf des gesamten europischen Proletariats sein wird.1 Auch wegen ihrer Stellung zur Pariser Kommu-ne erhielten August BEBEL und Karl LIEBKNECHT 1872 je zwei Jahre Festungshaft.

    So wurde in der sozialistischen Arbeiterschaft die Pariser Kommune mystisch berhht, im Brgertum als der >rote Schrecken* gefrchtet, was beides zu ihrer berbewertung beitrug.

    In Wirklichkeit knne mit einigem Recht gesagt werden, da nicht die Internationale die Kommune, sondern die Kommune die Internatio-nale >gemacht< habe, oder da nmlich die Kommune von 1871 dem Marxismus kaum etwas verdanke, aber dagegen der Marxismus sehr viel der Kommune.1 Rolf Kosiek

    34

  • Zur Krankheit Kaiser Friedrichs III.

    Kaiser FRIEDRICH III. mit seiner Fami-lie, 2. v. I. seine Frau VIKTORIA , eine Tochter der Queen V I C T O R I A ,

    Der sptere Kaiser FRIEDRICH III. (1831-1888) stand schon wh-rend seiner Kronprinzenzeit stark unter dem Einflu seiner Frau VIKTORIA, der ltesten Tochter der Knigin VICTORIA von Grobritanni-en und Irland, Da sein Vater, Kaiser WILHELM I,, 91 Jahre alt wurde, kam FRIEDRICH erst spt im Jahre 1888 zur Regierung. Er war als fortschrittli-cher und beliebter Monarch die Hoffnung vieler Deutscher. Im Jahre 1887 zeigten sich erste Anzeichen einer Halserkrankung mit Halsschmer-zen, die dann ein Jahr spter zum Tode fhrte.

    Folgende Tatsachen darber sind wenig bekannt: Der Berliner Chir-urg Ernst VON BERGMANN diagnostizierte die Krankheit im Mrz 1887 als ein Kehlkopfleiden und wollte eine kleine Wucherung an einem Stimm-band operativ entfernen, wozu auch die ebenfalls hinzugezogenen Pro-fessoren TOBLER und GERHARDT rieten. Der Kronprinz stimmte dem Eingriff zu. Doch seine Frau drngte erfolgreich auf Aufschub und die Hinzuziehung des englischen Spezialisten MACKENZIE. Dieser behauptete, das Leiden ohne Operation heilen zu knnen, und empfahl einen Urlaub an der englischen Kste. Der dringende Rat VON BERGMANNS, weitere deutsche Spezialisten hinzuzuziehen, wurde abgelehnt.

    FRIEDRICH III. regierte lediglich 99 Tage.

    Er starb am 15. Juni 1888 an Kehlkopf-

    krebs.

    35

  • 1 Siegfried HERZOG, Kaiser Friedrich III. Vom Lebens-weg zum Leidens-weg, in: Die

    Rundschau Nr. 3, 2006, S. 10.

    2 Ebenda, S. 10 f. 1 Freifrau VON BRAND, Persnliche Erinnerungen an ihren Vater Ernst von Bergmann whrend der Krankheit Kaiser Friedrichs III. Tbin-gen , o. J. (um 1936).

    Im Sommer 1887 hielt sich das Kronprinzenpaar auf der Insel Wright, im Herbst in San Remo auf. Auf Drngen des Kaisers ging Professor BRAMANN mit, der jedoch von den englischen rzten angefeindet wurde. Als der Zustand des Kronprinzen immer schlechter wurde, verlangte der deutsche Arzt die Operation. Die Briten lehnten weiterhin einen Ein-griff ab und gaben optimistische Berichte an die Presse.

    Am 9. Februar 1888 erlitt FRIEDRICH einen schweren Erstickungsan-fall, und im Hotelzimmer mute ein Luftrhrenschnitt als letzte Rettung gemacht werden, den BRAMANN unter ungnstigen Verhltnissen durch-fhrte, wobei die englischen rzte sich weigerten, eine Narkose zu ma-chen. Und gerade als er (BRAMANN) das Messer ansetzte, lie der engli-sche Arzt den Kopf des Kronprinzen niederfallen. Glcklicherweise nahm BRAMANN die Bewegung des Englnders wahr und konnte so Schlimme-res verhindern. So konnte an diesem 9. Februar 1888 durch einen Luft-rhrenschnitt und das Einsetzen einer Kanle das Weiteratmen gesichert werden. Doch hatte der Kronprinz dadurch die Fhigkeit zu sprechen verloren.1

    Daraufhin schickte der Kaiser VON BERGMANN nach San Remo, der dort wie vorher BRAMANN einen stndigen Kampf mit den Briten um Erleichterungen fr den Kranken fhren mute.

    Am 9. Mrz 1888 starb WILHELM L hochbetagt. FRIEDRICH III,, nun neuer Knig von Preuen und Deutscher Kaiser, fuhr nach Berlin zu-rck. Er wohnte zunchst im Schlo Charlottenburg, ab Anfang juni im neuen Palais in Potsdam. Bald darauf bekam der Kaiser einen erneuten Erstickungsanfall. Die englischen rzte, welche VIKTORIA weiterhin be-vorzugte, hatten - zum Reinigen, wie sie sagten - die Atmungskanle aus der Luftrhre herausgenommen. Dann vermochten sie die Kanle nicht wieder einzusetzen.

    Am 1 5 . Juni 1 8 8 8 starb Kaiser FRIEDRICH I I I . nach groen Qualen. BERGMANN setzte gegen den Widerstand der Kaiserin die Untersuchung des Leichnams durch. Die englischen rzte MACKENZIE und HOVELL wurden zur Teilnahme verpflichtet. Sie versuchten zu entkommen. Doch da Soldaten das Schlo umstellt hatten, milang der Versuch. Die Unter-suchung, die BERGMANN leitete und die der Anatom VIRCHOW durchfhr-te, besttigte die frhere Diagnose der deutschen rzte: Kehlkopfkrebs. Mit versteinerten Gesichtern stimmten die englischen rzte dem Unter-suchungsergebnis zu und unterschrieben das Protokoll ber die Unter-suchung.2

    Die aufschlureichen medizinischen Berichte ber den Kaiser wurden von der Tochter Ernst VON BERGMANNS der Nachwelt erhalten.3

    Rolf Kosiek

    36

  • Der Helgoland-Sansibar-Vertrag 1890

    Durch Geschichtsbcher, Lexika und Medien geistert die Angabe, da am 1. 7. 1890 im sogenannten Helgoland-Sansibar-Vertrag Deutschland von Grobritannien die Insel Helgoland im Tausch gegen die Insel Sansibar erhalten habe.1

    Doch das trifft nicht zu. Sansibar hat nie zum Deutschen Reich ge-hrt, sondern war ein souvernes arabisches Sultanat. Das Tauschobjekt fr Helgoland war in Wirklichkeit die deutsche Kolonie Wituland in Ostafrika. Noch heute zeugen seltene Briefmarken aus Deutsch-Witu von dem deutschen Besitz, der der ffentlichkeit weitgehend unbekannt blieb. Die Kolonie erstreckte sich von der Tana-Mndung in Kenia bis zur Mn-dung des Juba-Flusses in Somalia - ber 300 Kilometer Kstenlinie.2

    Witu erwarben die Deutschen auf abenteuerliche Weise. Es war seit 800 Jahren der Hauptsitz der Sultane der Nabahanis. Ihr Todfeind war der Sultan von Sansibar, denn alle Sklaven, die aus seinem Machtbereich flohen, fanden beim Sultan von Witu Asyl, der die Sklaverei lngst abge-schafft hatte.3

    Sultan ACHMED von Witu suchte einen mchtigen Partner, der die Schutzherrschaft ber Witu wegen der stndigen Attacken aus Sansibar bernehmen sollte. ber den deutschen Afrikaforscher BRENNER forderte er 1867 Preuen auf, das aber zu der Zeit andere Sorgen hatte. 1885 stimmte BISMARCK jedoch dem Begehren des Sultans zu, Vermittler wa-ren die Brder Clemens und Gustav DENHARDT, die sich in Ostafrika kaufmnnisch und wissenschaftlich bettigten und die Voraussetzungen fr den deutschen Erwerb des Landes schufen. So wurde Witu-Land deutsch, was aber nicht im Interesse der Englnder lag, denen ein gro-britisches Afrika vorschwebte,4

    Englands damaliger Premierminister Lord SAUSBURY hielt Helgoland fr strategisch bedeutungslos und sah keinen Grund, es zu behalten. Seit 1873 plante BISMARCK, die rote Insel ins Reich zurckzuholen, die ur-sprnglich deutsch, dann dnisch (1714) und ab 1807 britisch geworden war. Das entsprechende Abkommen lief nicht, wie flschlicherweise be-hauptet wurde, unter der Bezeichnung >Helgoland-Sansibar-Vertrag, son-dern unter Vertrag ber Kolonien und Helgoland*. Wichtigster Posten in dem Abkommen war Witu-Land, dazu das Ngami-Gebiet in Sdwest-Afrika, jngste Erwerbungen von Dr. Carl PEIERS in Uganda und bei Mombasa, dazu Grenzkorrekturen in Kamerun und Togo. Deutschland verpflichtete sich, die Schutzherrschaft Grobritanniens ber die Inseln Sansibar und Pemba anzuerkennen. In Sdwest-Afrika erhielt Deutsch-land den Caprivi-Zipfel.5

    1 So im Groen Brockhaus in 12

    Bnden, Wiesbaden 1954, Bd. 5, S. 372.

    2 Eine abgetragene Dankesschuld, in:

    Mitteilungsblatt des Traditionsverbandes

    ehemaliger Schuttz- und berseetruppen, Mai/

    Juni 1967, S. 15. 1 Burkhard ViEWEG,

    Macho-Porim, Mar-graf, Weikersheim

    1996, S. 151.

    4 Burkhard VIRWEG, Die vergessene Geschichte von

    Deutsch-Witu oder Helgoland gewon-nen Witu verlo-

    ren, Mitteilungsblatt des Traditionsverban-

    des ehemaliger Schutz-und berseetruppen, 3,

    1993, S. 63-72. 5 Burkhard ViEWEG,

    Die Schutzbefoh-lenen verraten, in: Generalanzeiger Bonn,

    9. 8 . 1 9 9 0 , S . 21 .

    37

  • Die irrtmliche Ansicht, da Helgoland gegen Sansibar eingetauscht worden sei, entstand wenige Tage nach Vertragsabschlu. BISMARCK, der sich nach seiner Entfassung auf sein Jagdschlo Friedrichsruh zurckge-zogen hatte, wurde von Reportern bestrmt und gefragt, was er von dem Vertragsabschlu seines Nachfolgers halte. BISMARCK, in der Rolle des Ausgebooteten, antwortete verstimmt, da man in der Politik mehr Ausdauer aufbringen msse; nach ein paar Jahren Geduld und Verhand-lungen htten wir und nicht die Englnder Sansibar haben knnen. So aber sei das ein Verlust fr uns.

    Die Reporter griffen das Wort >Verlust< auf, und am nchsten Tag stand berall zu lesen, da Deutschland das groe Sansibar gegen das kleine Helgoland verloren habe. Jedes Dementi half nichts mehr. Die falsche Meinung >Helgoland gegen Sansibar< setzte sich durch.6

    In Witu-Land schlug die Nachricht vom Vertrag wie eine Bombe ein. Das kleine Volk fhlte sich von den Deutschen verraten und verkauft. Denn nun war es den Englndern und Sansibar bedingungslos ausgelie-fert. Die Deutschfreundlichkeit verwandelte sich in wilden Ha, und alle Deutschen, deren man habhaft werden konnte, wurden erschlagen. Dar-aufhin fhrten die Englnder eine Strafaktion durch, bei der der Sultan an Gift im Gefngnis starb." Friedrich Karl Pohl

    6 Nachdenken ber Patriotismus in Deutschland, in: Welt am Sonntag, 12. 8. 1990; Burkhard ViEWEG, Betr: Uwe Greve: >Der rote Felsen von Helgoland

  • Deutsche Prinzen auf Europas Throne gewhlt

    Nach 1945 wurde es blich, die deutsche Geschichte als einen be-dauerlichen >Sonderweg< mindestens seit Martin LUTHER oder F R I E D -RICH DEM GROSSEN anzusehen. Die Umerziehung sollte deswegen das ganze deutsche Volk, das von Grunde aus bse und ein >Ttervolk< sei, vollkommen verndern.

    Wie sehr jedoch im Gegensatz zu dieser Beurteilung in den letzten Jahrhunderten die Deutschen bei den europischen Vlkern beliebt wa-ren, beweist nicht zuletzt die Tatsache, da seit dem 17. Jahrhundert etli-che deutsche Prinzen von den jeweils zustndigen Gremien der betref-fenden Lnder als Knige und Grnder einer neuen Dynastie gewhlt und berufen wurden, wenn in diesen Fllen auch nicht immer wegen vernderter Zeitumstnde die Errichtung eines neuen Knigshauses auf Dauer verwirklicht werden konnte.

    Eine nicht den Anspruch auf Vollstndigkeit erhebende Liste solcher Berufungen deutscher Prinzen zu Landesherren umfat die folgenden Flle:

    1 . K A R L X . GUSTAV von Schweden. Die nach GUSTAV A D O L F S Tod ( 1 6 3 2 ) regierende Tochter CHRISTINE trat 1 6 5 4 die Regierung an ihren Vetter K A R L X . GUSTAV ( 1 6 2 2 - 1 6 6 0 ) , einen Enkel K A R L S I X . , aus dem Hause Pfalz-Zweibrcken ab, dessen Nachkommen, insbesondere K A R L X I . und K A R L X I I . , bis 1 7 2 0 in Schweden regierten und groe Politik machten.

    2 . FRIEDRICH 1. von Schweden. Prinz FRIEDRICH von Hessen-Kassel regierte von 1 7 2 0 - 1 7 5 1 in Schweden,

    3 . A D O L F FRIEDRJCH von Schweden. Prinz A D O L F FRIEDRICH von Hol-stein-Gottorp regierte von 1751 bis 1771 in Schweden, seine Nachkom-men bis 1818.

    Von links KAHL X. von Schweden, FRIEDRICH I. v o n Schweden und AOOLF FRIEDRICH v o n Schweden.

    39

  • Von oben: O T T O I. von Griechenland, C A R O L I. v on Rum-nien und LEOPOLO von Hohenzollern-Sigma-ringen.

    4. AUGUST DER STARKE. Der schsische Kurfrst AUGUST DER STARKE (16701733) wurde 1697 zum Knig von Polen gewhlt und regierte als solcher mit einer Unterbrechung (1706-1709) bis zu seinem Tod. Die Krone Polens blieb bis 1763 bei den schsischen Kurfrsten.

    5. LEOPOLD von Belgien. Prinz LEOPOLD von Sachsen-Coburg ( 1 7 9 0 -1 8 6 5 ) , jngster Sohn des Herzogs FRANZ von Sachsen-Coburg, wurde am 4. Juni 1831 zum Knig des neu geschaffenen Belgiens gewhlt. Sein Nachkommen regieren dort noch.

    6. OTTO 1. von Griechenland. Prinz O T T O von Bayern (18151867), zweiter Sohn Knig LUDWIGS I . von Bayern, wurde nach dem Freiheits-kampf der Griechen gegen die Trken am 8, August 1832 von der grie-chischen Nationalversammlung zum Knig von Griechenland gewhlt, zog am 30. Januar 1833 in Naupiia ein, von wo die Residenz 1835 nach Athen verlegt wurde. Im Oktober 1862 wurde er durch eine Revolution gestrzt. Sein Nachfolger wurde am 30. Oktober 1863 Prinz WILHELM von Dnemark als Knig GEORG I.

    7 . MAXIMILIAN I . von Mexiko. Der Erzherzog MAXIMIIJAN von ster-reich ( 1 8 3 2 - 1 8 6 7 ) nahm 1 8 6 4 die ihm auf Betreiben NAPOLLONS III. angebotene mexikanische Kaiserkrone an, fiel aber nach Abzug der Fran-zosen durch Verrat in die Hnde seines Widersachers JUAREZ und wurde mit seinen Generalen MIRAMON und M E J L A am 1 9 . Juni 1 8 6 7 in Quereta-ro erschossen.

    8 . KARL I. (CAROL I.) von Rumnien, Prinz KARL (1839-1914) von Hohenzollern-Sigmaringen, Sohn des regierenden KARL ANTON Frst von Hohenzollern-Sigmaringen, wurde 1866 durch Volksabstimmung Frst, am 26. 3. 1881 Knig von Rumnien. Sein Haus regierte dort bis zur erzwungenen Abdankung CAROLS II. am 6. September 1940.

    9. FERDINAND von Bulgarien. Der Prinz FERDINAND von Coburg-Kohry wurde 1887 von der bulgarischen Nationalversammlung in Tirno-wo zum Frsten von Bulgarien gewhlt. Er erklrte am 5. Oktober 1908 die Unabhngigkeit seines Landes und nahm den Knigs-(Zaren-)Titel an. Er dankte angesichts der Niederlage der Mittelmchte im Ersten Weltkrieg, den er als deutscher Verbndeter gefhrt hatte, am 3. Okto-ber 1918 zugunsten seines Sohnes BORIS I I I . ab, der 1943 starb. Dessen minderjhriger Sohn SIMEON kam nicht mehr zur Regierung, da am 8. September 1946 die Monarchie in Bulgarien abgeschafft wurde.

    1 0 . LEOPOLD. LEOPOLD von Hohenzollern-Sigmaringen ( 1 8 3 5 - 1 9 0 5 ) , einem weiteren Sohn von KARI . ANTON Frst von Hohenzollern-Sigma-ringen, wurde, nachdem die spanische Knigin Is AB ELLA II. durch eine Militrrevolution vom 18. September 1868 gestrzt worden war, vom spanischen Ministerprsidenten PRIM die spanische Krone angeboten. Der Widerstand des franzsischen Knigs NAPOLEON III. lie ihn am 1 2 .

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  • Juli 1870 auf den spanischen Thron verzichten. An diesem Vorgang ent-zndete sich dann der Deutsch-franzsische Krieg 1870/71.

    1 1 . WILHELM L von Albanien. WILHELM Prinz zu Wied (1876-1945) wurde am 7. Mrz 1914 in Durazzo nach Herstellung eines selbstndigen Albaniens erster Frst (Mbret) von Albanien. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges mute er sein Amt am 5. September 1914 aufgeben.

    1 2 . FRIEDRICH K A R L von Hessen. Prinz Friedrich K A R L von Hessen wurde im Oktober 1918 in Finnland zum Knig gewhlt, lehnte aber nach dem deutschen Zusammenbruch vom 1918 die finnische Krone ab. Finnland wurde daraufhin Freistaat.

    13. Ein deutscher Prinz soll im Juni 1918 zum Knig von Litauen gewhlt worden sein (FAZ, 3. 9. 1991), trat das Amt aber wohl nicht an.

    14. Einen besonderen Fall steht das englische Knigshaus dar. 1688 kam der Deutsche WILHELM III. von Nassau-Oranien, der Erbstatthalter der Niederlande, als Gemahl der Tochter MARIA des abgesetzten Knigs JAKOB II., der aus der Linie der Stuarts stammte, auf den englischen Thron, Ihm folgte seine Schwgerin Anna (1702-1714). Durch den Act of Setde-ment wurden die hannoverschen Welfen Thronanwrter, und Kurfrst GEORG LUDWIG von Hannover wurde 1714 als G E O R G I. englischer K-nig. Die Personalunion zwischen London und Hannover whrte bis 1837. Whrend der Zeit heirateten die Knige in London, gleichzeitig Kurfr-sten von Hannover, immer wieder deutsche Prinzessinnen. Auf WIL-HELM IV. folgte 1837, da er keinen Sohn hatte, seine Tochter VICTORIA (1819-1901), die 1840 ihren Vetter ALBERT von Sachsen-Coburg und Gotha heiratete. Da in England die Dynastie nach dem Stammvater be-nannt wurde, hie das englische Knigshaus nun Sachsen-Coburg-Go-tha. Im Ersten Weltkrieg wurde unter der deutschfeindlichen Propagan-da der ffentliche Druck auf den regierenden Knig G E O R G E V,, den Enkel. VICTORIAS, SO gro, da er den Namen der kniglichen Familie in >Windsor< - nach dem kniglichen Schlo - nderte. Die jetzt noch seit 1952 regierende Knigin ELISABETH II. heiratete 1947 den deutschstm-migen Prinzen PHILIP aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glcksburg, Dieser hatte den Namen seines Onkels, des Earls Mountbat-ten angenommen, der bis 1917 Prinz LUDWIG ALEXANDER von Battenberg geheien hatte, dann aber seinen Namen unter dem gegen Deutschland eingestellten Zeitgeist in Mountbatten umgendert hatte. 1960 erklrte die Knigin, da ihre Nachkommen den Familiennamen >Mountbatten-Wind-sor< tragen sollten, die Knigsfamilie weiter >Windsor< heie.

    Erwhnt sei, da in den letzten Jahrhunderten viele deutsche Prinzen und Prinzessinnen in regierenden Husern Europas gern zur Einheirat ausgewhlt wurden. Die letzten Zaren waren fast rein deutschbltig, eben-so die gegenwrtigen Kniginnen von England und Holland.Rolf Kosiek

    Von oben: W I L H E L M Prinz zu Wied, F R I E D -RICH K A R L von Hessen

    u n d L U D W I G A L E X A N D E R

    von Battenberg,

    41

  • SPD-Chef Bebel verbte Landesverrat vor 1914

    August BEBEL (1840-1913).

    Zu Beginn des Ersten Weltkrieges stimmte die SPD 1914 im Reichs-tag den Kriegsanleihen zu und stellte sich damit hinter die deutsche Regierung, Doch schon bald verweigerten linke SPD-Abgeordnete wie Karl LIEBKNECHT weitere Bewilligungen, trennten sich als Unabhngige Sozialdemokraten (USPD) von der SPD und arbeiteten auf Streik und Aufstand hin, was schlielich ber die Meuterei auf der Hochseeflotte im November 1918 zum deutschen Zusammenbruch fhrte.

    Wenig bekannt ist, da schon in den Jahren vor dem Weltkrieg der langjhrige SPD-Vorsitzende August BEBEL (1840-1913) ber lngere Zeit Landesverrat beging. Erst rund 60 Jahre nach dem damaligen Ge-schehen wurden die Beweise fr diese erstaunliche historische Tatsache bekannt, die vorher nur vermutet worden war,1 Der britische Geschichts-dozent Richard J. CRAMPTON von der Universitt von Kent in Canterbury hatte in bis 1964 geheimgehaltenen Akten des Londoner Public Record Office die entsprechenden Dokumente eines jahrelangen Briefwechsels gefunden. Fast gleichzeitig hatte der deutsche Historiker Helmut BI.F,Y (1935, damals Uni Hamburg, ab 1976 TH Hannover) diese Unterlagen sowie auf seine gezielte Suche hin dann die Gegenstcke in der Zrcher Zentralbibliothek entdeckt. In Absprache miteinander veroffentlichte CRAMPTON seine Ergebnisse in einer Fachzeitschrift,2 whrend BLEY ein Buch vorlegte.3 Der Brite nannte BEBELS Verhalten sehr zurckhaltend ein unorthodoxes Benehmen, whrend der Spiegel zutreffender von BEBELS ungeheuerlichen Informationen an die Briten schrieb.1

    Der Vorgang, den beide Historiker nun herausbekommen hatten, war folgender, August BEBEL hatte am 16, August 1905 den Schweizer Hein-rich ANGST, der britischer Generalkonsul (vSir Henry,Juni 1973. 3 Helmut BLEY, August Bebel und die Strategie der Kriegsverhtung 1904 bis 1913,1-eib-niz, Hamburg 1975.

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  • August BEBEL spricht zu Sozialdemokraten in Berlin, 1870 soli-darisierte er sich mit der Pariser Kommune und forderte als Ab-geordneter des Nord-deutschen Reichstags Frieden mit der fran-zsischen Nation, unter Verzicht auf jede Annexion, Im sogenannten Leipzi-ger Hoch verratspro-ze wurde er zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt.

    baut werden sollten. BEBEL teilte seine Vermutung mit, da Preuen im Jahre 1912 zum Krieg bereit sei, und warnte die bridsche Regierung da-vor, sich auf eine Abrstung einzulassen.

    Im Frhjahr 1911 riet BEBEL den Englndern, eine Flotten-Anleihe aufzulegen und ihren Marineausbau zu beschleunigen, was geeignet sei, deutsche Wirtschaftskreise vom Krieg abzuhalten.

    Im Dezember 1 9 1 1 meldete er, da TIRPITZ bis zum Ausbruch des erwarteten Krieges 300000 Seeleute ausbilden wolle.

    In einem Brief Sir HENRYS vom 2. Januar 1911 las der britische Au-enminister BEBELS Mitteilung, da die deutschen Seestreitkrfte plan-ten, die bridsche Flotte >to copenhagengeheim< bezeichnete Ansicht von TIRPITZ sei, da solches nur gelingen knne, wenn die deutsche Flotte in ihren Kriegsvorberei-tungen der britischen um zwei Monate voraus sei.

    BEBEL setzte seine Berichterstattung an ANGST bis kurz vor seinem Tode fort. Er starb am 13. August 1913. Der letzte Bericht von Sir Henry ANGST ber BEBELS Informationen ist datiert vom 1. August desselben Jahres. Er vermisse sehr, schrieb ANGST denn auch Anfang 1914 nach London, >die Informationen, die ich regelmig von dem verstorbenen Herrn BE.BEL erhielte1 Diese Briefe, vom Spiegel als landesverrterische Dokumente1 bezeichnet, sollen jeweils von Premierminister ASQUITH, Auenminister GREY und auch von Winston CHURCHILL - nach dessen

    43

  • Berufung zum Ersten Lord der Admiralitt - gelesen worden sein, was ihre groe Bedeutung fr die britische Politik unterstreicht.

    Der britische Historiker urteilte abschlieend: BEBEL drngte Gro-britannien und die kleineren Staaten, ihre Verteidigung vorzubereiten. Er hoffte, dadurch zu erreichen, da Deutschland den von ihm fr unver-meidlich erachteten Krieg verlieren werde.2 Sein deutscher Kollege ent-schuldigte diesen Landesverrat als Teil einer Strategie der Kriegsverh-tung, wie er es schon in seinem Buchtitel anklingen lie.'1 In einem Gesprch mit der Welt bemhte sich BLEY ebenfalls, BEBEL vom Vorwurf des Landesverrats reinzuwaschen: Es handelt sich um allgemeine Lage-beurteilungen, auch um Eindrcke oder Kenntnisse, die er als Mitglied der Budgetkommission des Reichstages gewonnen hatte. Der deutsche Nachkriegshistoriker meinte zu dem ganzen >Fall BEBEL E S ist abwe-gig, hier von Verrat zu sprechen.4 Die Frage erhebt sich aber dann, war-um hchste britische Kreise und amtierende Minister an diesen Nach-richten so interessiert waren.

    Parallelen zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges drngen sich auf: Ob der Kaiser oder HITIER regierte, beide Male fanden sich politisch einflureiche Deutsche, die meinten, eher den Feinden Deutschlands als dem Reich dienen und dazu Landesverrat begehen zu mssen, damit Deutschland den jeweiligen Krieg verliere - auch ein deutscher >Sonder-weg

  • Antisemitismus in Polen im 19. und 20. Jahrhundert

    Lange Zeit wurde verschwiegen oder herabgespielt, da der Antisemi-tismus in Polen im zweiten Teil des 19. und zu Anfang des 20. Jahr-hunderts weit strker war als der in Deutschland. Nicht von ungefhr kamen Hunderttausende von Juden vor und nach dem Ersten Weltkrieg von Polen nach Deutschland, und selbst bis 1938, als schon jahrelang Hrt-LER in Deutschland regierte, hielt die Zuwanderung noch an. ber Juden-pogrome mit vielen Todesopfern im Polen der Zwischenkriegs zeit,1 zu Anfang des Krieges2 und nach 19451 ist anderenorts bereits berichtet.

    Im Jahre 2005 kam eine amerikanische Monographie zum Antisemi-tismus in Polen heraus,4 die von KLESSMANN in der FAZ ausfhrlich be-sprochen wurde.5 Darin wurden die jeweiligen Unterdrckungen der Ju-den in Polen und deren Widerstand gegen diese in ihrem sozialen und zeitlichen Umfeld ausfhrlich behandelt.

    Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschlechterten sich die bis dahin guten Beziehungen zwischen den Polen und der unter ihnen lebenden groen jdischen Minderheit. So gab es bereits 1898 - groenteils aus wirtschaftlichen Neidgrnden in mehreren Kleinstdten Galiziens Po-grome gegen die unbeliebte Volksgruppe, ebenso 1918 in Lemberg wie-der, whrend zu dieser Zeit in Deutschland es den Juden sehr gut ging und sie etwa in Berlin und Wien einen unverhltnismig hohen Anteil an den akademischen Berufen stellten. Es gab damals im Reich keinerlei amtliche Benachteiligung, nur einige nationale Vereinigungen hatten ei-nen >Arierparagraphen* in ihren Satzungen. Tausende von Juden kmpf-ten im Ersten Weltkrieg an der deutschen Front.

    Zur Erklrung der polnischen Verhltnisse schreibt KLESSMANN: Der Antisemitismus war verflochten in die spte Entwicklung der industriel-len Revolution, des Nationalismus und der Modernisierung in Polen. Das Eindringen des modernen Kapitalismus und die sozialen Verwerfungen in seinem Gefolge gaben ihm sein Geprge. Die ersten Pogrome hatten primr konomischen, kaum religisen und rassischen Charakter. Jdi-sche Hndler und Handwerker schienen auf die Herausforderungen des Kapitalismus besser vorbereitet als Polen mit adligem oder buerlichem Hintergrund. Das galt in gewisser Weise auch fr die antisemitischen Einstellungen in der polnischen Intelligenz: Sie war in den Stdten mit der Konkurrenz der Juden konfrontiert und fhlte sich davon herausge-fordert. Die soziokonomischen Aspekte gaben der jdischen Frage< anfangs ihr Profil. Fr die Nationaldemokraten wurden die Juden bald zum dmonisierten inneren Feind

  • 6 Eltern und Verwandte des

    Herschel GRYNSZ-PAN, der in Paris am 7. November 1938 den deutschen I -egationsrat Ernst VOM RATH erscho, gehrten - seit lngerem in Deutschland lebend - zu den von Polen kurz vorher Ausge-brgerten. 7 Werner H . KRAU-SE, Ein Schand-fleck in der Ge-schichte Polens, in: Mrkische Zeitung, Nr. 10, Oktober 2001.

    Liberale und die katholische Kirche ab . . . Versuche der rechts nationali-stischen Parteien in den dreiiger Jahren, etwas hnliches wie die Nrn-berger Gesetze in Polen einzufhren und die Massenemigration der Ju-den zu betreiben, auch wenn das nicht realisiert wurde, waren fatale

    Hhepunkte antisemitischer Tendenzen. In der Zwischenkriegszeit kam es in Polen zu einer auch von der ka-

    tholischen Kirche mitgetragenen antijdischen Gesetzgebung, die Hun-derttausende davon Betroffener in den Westen auswandern lie und im Herbst 1938 nach der polnischen Ausbrgerung und Ausweisung von einigen zigtausend Juden nach Deutschland zu einer ernsten Belastung des Verhltnisses zwischen Berlin und Warschau fhrte. Die Kristallnacht im November 1938 ist nicht zuletzt darauf zurckzufhren/' Die auf Auswanderung der Juden dringende polnische Regierung sandte 1937 eine Kommission nach Madagaskar, um die Verhltnisse darauf hin zu ber-prfen, ob dort grere Zahlen von Juden angesiedelt werden knnten.

    Die Katastrophe fr das polnische Judentum im Zweiten Weltkrieg ist bekannt, weniger, da Hunderttausende vor den Deutschen nach Osten flohen oder aus dem stlichen, von den Sowjets im September 1939 be-setzten Polen in die UdSSR deportiert wurden. Als 1946 rund 125000 Juden aus der Sowjetunion offiziell nach Polen >repatriiert< wurden und ihr altes Eigentum zurckverlangten, kam es zu strkerem Antisemitis-mus und zu Pogromen wie dem von Kielce am 4. Juli 1946, bei dem 42 Juden allein in dieser Stadt grausam umgebracht wurden,1 Daraufhin setzte eine verstrkte Auswanderung, vor allem nach Westdeutschland, ein. Beim polnischen >Frhling im Oktober 1956 wurde der Vorwurf der engen Verbundenheit der Juden mit dem Bolschewismus hervorgehoben. Um 1967/68 erhob der polnische KP-Chef GOMULKA ffentlich die Anschul-digung einer subversiven zionistischen fnften Kolonne, was beson-ders vom damaligen Innenminister, dem General MOCZAR, vertieft wurde. Dieser lie hohe Parteifunktionre, Offiziere, Wissenschaftler und Knst-ler daraufhin berprfen, ob sie seit mehreren Generationen arische Vor-fahren hatten. In der Presse wurde ber die angebliche Whlarbeit der Juden zur Vernichtung des polnischen Staates geschrieben. Man ging dazu ber, jdische Professoren und Studenten der Universitt zu ver-weisen. Im Januar 1986 kam es sogar zu Zusammensten zwischen protestierenden Studenten und der Polizei. Rund 200000 polnische Ju-den wurden im Mrz 1986 aus Polen ausgebrgert."

    Aus Angst vor weiteren Manahmen fhrten auch diese Umstnde zu erneuter Auswanderung vieler Juden aus ihrer polnischen Heimat. Jahr-zehnte spter entschuldigte sich die polnische Fhrung fr diese Vorkomm-nisse, ohne jedoch die dafr Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.

    Rolf Kosiek

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  • Polens Nationalismus und die Oder-Neie-Linie

    Beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europischen Union (EU) im Juni 2 0 0 7 in Brssel war Polen bereit, die Tagung durch sein Veto platzen zu lassen und gegen alle anderen 26 EU-Lnder seine Forderung nach einer besseren Bercksichtigung seines Landes bei den EU-Abstimmungen durchzusetzen. Die EU mute schlielich nach-geben.1 Warschau bewies auch schon im Vorfeld dieses Treffens, insbe-sondere durch abfllige uerungen ber Deutschland,2einen Nationa-lismus, der manche Zeitgenossen erstaunte. Dabei ist dieses Land fr seinen Chauvinismus bei Kundigen bekannt, hat dieser doch unter ande-rem zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges entscheidend beigetragen. Aber er