Kreativ lehren und lernen mit Comics - beltz.de · 14 Anatomie Anatomie AmAnfang steht dieAnatomie....

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Leseprobe aus: Wilmesmeier, Kreativ lehren und lernen mit Comics, ISBN 978-3-407-29425-8 © 2015 Beltz Verlag, Weinheim Basel http://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html?isbn=978-3-407-29425-8

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© 2015 Beltz Verlag, Weinheim Basel http://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html?isbn=978-3-407-29425-8

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irgendwelche Leute abschlachtet.« Mir scheint, dassdie Anzahl der Kinder, die so denken, größer wird.(Ein kurzer Hinweis: Alle Bemerkungen zur digitalenBildbearbeitung imKapitel Computer beziehen sich inerster Linie auf das Freeware-ProgrammGIMP.)

Manchmal zeichne ich im Comic-Kurs mit schwarzerÖlkreide auf meiner Flipchart. Als die Kinder einmalganz in das Zeichnen ihrer Comicgeschichten vertieftwaren, begann ich den Block mit senkrechten, paral-lelenÖlkreidestrichen zu übersäen. Ich ließ es Stricheregnen. Einige Kinder schauten auf. Ich begann dasabstrakte Streifenmuster an manchen Stellen mitkürzeren Strichen zu verdichten. Langsam arbeiteteich so das Brustbild eines Mannes heraus. Der Rain-man trat aus der Regenwandhervor. KurzeZeit spätersaß die Hälfte der Kinder über einer Rainman-Zeich-nung. Manche liehen sich von mir schwarze Ölkreideaus, um sie auszuprobieren. Ich hatte keine Aufgabegestellt. Ja, ich hatte eigentlich gar nichts zu demBildgesagt. Es war nur ein Stummfilm. Aber hier saßendie Kinder und warteten gespannt darauf, was aus ih-rem Regen-Gestrichel heraustreten würde!Einen eigenen Comic mit einer originellen Story

und neugierig machenden Zeichnungen zu entwer-fen, erfordert viel üppig wuchernde Fantasie. Unddieses schöpferische Fantasiemonster, das in denKindern schlummert, zu wecken, ist das Hauptanlie-gen des Comic-Labors. Alles andere ergibt sich ganznebenbei.

Dank anmeine Frau Dr. Anna-Dorothea Schneider, MiriamFrank, Michael Matl, Sarah Veith, E.C. Segar, FrankKing, Winsor McCay, Robert Crumb, kaz, Grandville,EricAngersbach und alle Kindermeiner Kurse.

die Jüngeren oft medienkompetenter als die Älteren,die versuchen, ihnen etwas beizubringen. Sie sind nä-her dran an derMaterie und neugieriger. Insofern lerneich auch viel vonmeinen jungen Kursteilnehmern.

Der Comic als Massenmedium begann seine Karrierebezeichnenderweise zur gleichen Zeit wie der Film,nämlich Ende des 19. Jahrhunderts, und ist damitnoch relativ jung. Spätestens seit Pop-Art sind Co-mics künstlerisch und gesellschaftlich akzeptiert undwerden auch in der Pädagogik eingesetzt. Wenn esaber um die neuesten, vorwiegend digitalen Mediengeht, hat sich die Pädagogik imAllgemeinen auf eineJa, aber-Haltung eingependelt: Ja, die neuen Mediensind toll, demokratisch, grenzüberschreitend, abersie sind auch bedenklich, sexistisch, rassistisch etc.Viele der neuesten Entwicklungen machen ratlos.Einerseits stellt man fest, wie schön es ist, wenn dieKinder sich untereinander vernetzen und früh begin-nen, global zu kommunizieren. Andererseits bemer-ken Medienpädagogen, dass dieselben Medien, diedie Kinder kognitiv und kommunikativ so bereichern,sie auch in Abhängigkeit bringen und zu massivemBewegungsmangel führen. Und was geschieht? Eswerden vermarktbare Konzepte entwickelt, die digi-tale Hard- und Software für virtuelleGames und realephysische Bewegungmiteinander koppeln.

Da ist es vielleicht doch einfacher und kostengünsti-ger, die Kinder zwischenzeitlich an die gute alte fri-sche Luft zu lassen. Beim Spielen mit anderen lernenKinder, zu kommunizieren. Ein zwölfjähriger Jungeaus meinem Kurs erzählte mir, dass seine Eltern ihmnur eine Stunde TV und Computer erlauben. Und erfand das in Ordnung: »Ist doch doof, wenn draußendie Sonne scheint und man sitzt dann stundenlangvorm Computer in so einer unrealen Welt, wo man

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Am Anfang steht die Anatomie. Denn in der Regelwollen Kinder Geschichten mit Figuren darstellen.Nur seltenkommteseinmal vor, dass einGegenstand,zum Beispiel ein Stück Käse, zur Hauptfigur wird.Durch die steigende Beliebtheit von Mangas sind diedarstellerischen Ansprüche noch gestiegen. Deshalberscheint es ratsam, den Körperbau von Mensch undTier etwas genauer zu betrachten. Proportionsleh-ren mithilfe von Modulen waren schon bei den altenÄgyptern üblich. Die Griechen der Antike verwende-ten die Achtelteilung mit dem Kopf als Grundmodul.Ferner existieren Drittelteilungen, zum Beispiel beimKopf, und andere Verfahrensweisen. Es ist gut, we-nigstens einmal das Zeichnen einer Proportionsfigurprobiert zu haben. Und es ist in jedem Falle sinnvoll,einige der Regeln derAnatomie kennenzulernen.

Hilfreich bei der Beschäftigung mit dem komplexenThema Anatomie ist Leonardo da Vinci. Den kenntfast jedes Kind. Berühmt ist seine Proportionsfigur,eingeschrieben in Kreis undQuadrat, genannt Vitruv-mann (nach LeonardosQuelle, dem antikenAutorVi-truv). Sie erscheint auf Anatomie 1 oben links als Pa-rodie. Jeder kann einmal an sich selbst nachmessen.Auch die Achtelteilung mit den Kopfeinheiten kannman am eigenen Körper nachkontrollieren. Kinderwerden dabei feststellen, dass bei ihnen andereWer-te gelten als bei Erwachsenen. (Bei Kindern zwischen8 und 12 Jahren sind es nicht acht, sondern zwischensechs und sieben Kopfeinheiten.) Regeln sind relativ,das zeigt auch die altgriechische Gesichtsmaßeintei-lung auf demArbeitsblatt Anatomie 3.

Comiczeichnen bedeutet grundsätzlich Vereinfa-chung. Auf dem Arbeitsblatt Anatomie 1 wird das andermenschlichen Hand verdeutlicht. Dieser Hang zurReduktion wird allerdings durch die oben beschriebe-nen neuerenTendenzen etwas konterkariert. Deshalbsollteman überVor- und Nachteile derVereinfachungsprechen. Will ich einen satirischen Cartoon-Comicmachen oder eher eine Graphic Novel? Je nachdemwerde ich mehr oder weniger stark vereinfachen undverzerren. Interessant ist die besondere Art der Co-

mic-Hand, die an Micky Maus angelehnt ist: Es han-delt sich um einen Glacéhandschuh mit drei Streifen(stilisierte Sehnen) auf dem Handrücken und Wulstam Handgelenk.Der Mensch neigt dazu, beim Zeichnen die wich-

tigen Dinge größer darzustellen, als die wenigerwichtigen. Deshalb zeichnen viele Kinder mensch-liche Figuren mit ziemlich großem Kopf (der ist daswichtigste!) und relativ großem Oberkörper. DieBeine, die doch eigentlich immerhin die Hälfte derKörpergröße ausmachen, geraten dagegen meist zukurz. Ein Parallelphänomen ist beim Kopf im Profilzu beobachten: Während das Gesicht oft großzügigdimensioniert wird, schrumpft der Hinterkopf auf einMinimum zusammen.Um ein komplexes Formgefüge wie den menschli-

chen Körper besser zu erfassen, haben sich optischeEselsbrücken als sinnvoll erwiesen. Auf dem Arbeits-blatt Anatomie 3 erscheinen daher bei Auge, NaseundMund jeweils ein Ritterhelm, einWidderkopf undein Amorbogen. Der Mensch ist ein Augentier unddies ist das richtige Futter für ihn.

Tipps:• Anspruchsniveaus wechseln, je nachden Bedürfnissen und Anlagen der Kin-der: zum Beispiel nach den schwieri-gen Arbeitsblättern Anatomie das BlattSchatten und Striche mit Strichmänn-chen-Comic-Beispielen behandeln.

• Einen Totenschädel (medizinischesModell 1:1) mitbringen oder die Kindermit Schminkstiften Orientierungslinien(siehe Arbeitsblatt Anatomie 2) auf ihreGesichtermalen lassen, dann die Kindermit den so bemalten Köpfen verschie-dene Haltungen einnehmen lassen.

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