Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

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Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle Auswahlverfahren, November 2009 Bericht des Auswahlgremiums

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Kräzernstrasse 79Umbau der ehemaligen PapiermühleAuswahlverfahren, November 2009

Bericht des Auswahlgremiums

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Herausgeberin und Verfasserin

Stadt St.Gallen Hochbauamt

www.hochbauamt.stadt.sg.ch

Impressum

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1 Allgemeines 4

1.1 Ausgangslage 4

1.2 Baugeschichte 5

1.3 Aufgabenstellung 6

1.4 Veranstalterin und Verfahren 7

2 Vorprüfung 9

3 Beurteilung und Auswahl 10

3.1 Ablauf der Präsentation und Beurteilungskriterien 10

3.2 Allgemeine Feststellung des Auswahlgremiums 10

3.3 Empfehlungen des Auswahlgremiums 11

4 Darstellung der Projektvorschläge

Projekt Nr. 1 Hug Architekten, St.Gallen 12

Projekt Nr. 2 Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen 14

Projekt Nr. 3 Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen 16

Projekt Nr. 4 Bischof Gruber Architekten ETH SIA

mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen 18

Projekt Nr. 5 Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich 21

Inhalt

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1.1 Ausgangslage

Die ehemalige Papiermühle an der Kräzernstrasse 79, St.Gallen bedarf einer umfas-

senden Sanierung. Der letzte grosse bauliche Eingriff wurde zwischen 1950 und 1955

durchgeführt, als im Gebäude Notwohnungen für Bedürftige eingerichtet und die Fassa-

den renoviert wurden.

Die Wohnungen sind seit den 1950er Jahren weitgehend unverändert geblieben und

entsprechen nicht mehr den heutigen baulichen Vorschriften und Ausbaustandards. So

werden die Wohneinheiten heute noch mit Holzöfen beheizt und ein Teil der Wohnungen

wird ohne eigenen Sanitärbereich vermietet. Ein unbeheiztes WC und eine Dusche befin-

den sich auf der Etage.

Die ehemalige Papiermühle ist im Inventar schützenswerter Bauten der Kategorie 1

vermerkt. Um der Liegenschaft die ihr zustehende Wertschätzung zurückzugeben, wur-

den vom Liegenschaftenamt die Innen- und Aussensanierung sowie eine Umnutzung des

Gebäudes beschlossen.

1 Allgemeines

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1.2 Baugeschichte

Unter der Bauherrschaft Abts Bernhard II erbaute der Zimmermeister Hans Sterbinger im

Jahr 1604 das östliche Hauptgebäude sowie das Ketthaus mit dem Wasserrad der Papier-

mühle an der heutigen Kräzernstrasse 79. Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Gebäude

durch das westliche Nebengebäude ergänzt.

Während fast 300 Jahren wurde im Gebäude Papier geschöpft. Gegen Ende des 19. Jahr-

hunderts wurde die Produktion bis 1923 auf Karton umgestellt. Zwischen 1923 und 1950

diente das Gebäude als Lagerhaus.

1943 kaufte die politische Gemeinde der Stadt St.Gallen die ehemalige Papiermühle auf

und baute ab 1950 das Gebäude zu einem Wohngebäude für sozial Bedürftige um.

Nebengebäude18. Jahrhundert

Ketthaus17. Jahrhundert

Hauptgebäude (ehem. Papiermühle)17. Jahrhundert

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1.3 Aufgabenstellung

Auf zwei Blättern Format A3 erarbeiteten die bewerbenden Büros Vorschläge für eine Um-

nutzung der ehemaligen Papiermühle. Gesucht wurden sowohl architektonische Lösungs-

ansätze, als auch Angaben zur künftigen Nutzung der Liegenschaft. Ein konkreter Projekt-

vorschlag wurde nicht erwartet. Die Lösungsansätze konnten anhand von Fotos, Skizzen,

Text, und / oder Plänen erarbeitet werden.

Die Aufgabenstellung umfasste das Hauptgebäude, das Ketthaus sowie das Nebenge-

bäude der ehemaligen Papiermühle. Der Innenausbau konnte bis auf historische Bauteile

und die historische Tragstruktur neu organisiert werden. Das Nebengebäude durfte zudem

baulich bis auf den Kernbau aus dem 18. Jahrhundert reduziert werden. Aus denkmalpfle-

gerischen Gründen waren Vorschläge zur Fassadensanierung im Planerauswahlverfahren

noch nicht Teil der Aufgabe.

Programmanforderungen:

– Auf jedem Geschoss soll Platz für einen Küchen- und Sanitärbereich (WC / Dusche)

vorgesehen werden.

– Eine hohe Flexibilität der Nutzungen muss gewährleistet sein.

Folgende Nutzungsmöglichkeiten wurden im Rahmen der strategischen Abklärungen

bereits diskutiert:

Öffentliche Nutzung:

– Kleinkinderbetreuung

– Quartiertreff

– Mittagstisch

– Multikultureller Treff

Private Nutzung:

– Loft / Wohnen

– Atelier

– Büroräumlichkeiten (z. B. Spitex)

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1.4 Veranstalterin und Verfahren

Die Stadt St.Gallen, vertreten durch das Hochbauamt, lud im Rahmen eines selektiven,

zweistufigen Verfahrens Architekturbüros zur Einreichung von Referenzenobjekten ein,

welche im Bezug zur gestellten Aufgabe standen. Die Bewerbungen wurden auf fol-

gende Eignungskriterien geprüft:

– Projektierungskompetenz und -potenzial

(Grundlage: Referenzobjekte)

Bewertet wurden die Kompetenz und das Potenzial, funktionale, ökonomische und

nachhaltige Bauten von hoher architektonischer und denkmalpflegerischer Qualität zu

entwickeln und auszuführen.

– Organisatorische Eignung / Projektmanagement

(Grundlage: Selbstdeklaration, Referenzen)

Vorausgesetzt wurde eine Bürostruktur, die ein qualitätvolles Projektmanagement ge-

währleistet, welches der Komplexität der anstehenden Aufgabe entspricht.

Unter den 49 eingegangenen Bewerbungen wurden 5 Architekturbüros zur Ausarbeitung

eines Lösungsansatzes ausgewählt:

– Hug Architekten, St.Gallen

– Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen

– Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen

– Bischof Gruber Architekten ETH SIA mit Norbert Föhn und Mathias Gunz,

Zürich / St.Gallen

– Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich

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Das Auswahlgremium setzte sich aus folgenden Personen zusammen:

– Erol Doguoglu, Stadtbaumeister, Stadt St.Gallen, Vorsitz

– Meinrad Hirt, Stadtbaumeister Stellvertreter, Stadt St.Gallen

– Maria Wetzel, Leiterin Liegenschaftenamt, Stadt St.Gallen

– Friederike Pfromm, Abteilungsleiterin Projektmanagement, Stadt St.Gallen

– Niklaus Ledergerber, Denkmalpfleger, Stadt St.Gallen

– Hanspeter Bohren, Fachstelle Haustechnik, Stadt St.Gallen

– Margit Hopfner, Projektleiterin Liegenschaftenamt, Stadt St.Gallen

– Ueli Lanker-Bugnon, Projektleiter Hochbauamt, Stadt St.Gallen

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2 Vorprüfung

Die verlangten Unterlagen gingen fristgerecht bis am 16. Oktober 2009 beim Hochbau-

amt der Stadt St.Gallen ein. Die Vorprüfung erfolgte durch das Hochbauamt. Zur Beurtei-

lung der Wirtschaftlichkeit wurden die Anteile an Nutzflächen, Verkehrsflächen und Funk-

tionsflächen ermittelt. Vor der Zusammenkunft des Auswahlgremiums wurden den

Mitgliedern zur Vorbereitung die Arbeiten auf zwei Dokumenten Format A3 zugestellt.

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3.1 Ablauf der Präsentation und Beurteilungskriterien

Am Morgen des 3. November 2009 tagte das Auswahlgremium im Sitzungszimmer 224

des Amtshauses an der Neugasse 1 in St.Gallen. Ein Mitglied hat sich entschuldigt und

seine Stellungnahme vorgängig dem Stadtbaumeister mitgeteilt.

Die fünf zur zweiten Stufe zugelassenen Architekturbüros stellten nacheinander

mündlich und mit Hilfe eines Beamers ihre Lösungsansätze zum Umbau der ehemaligen

Papiermühle vor. Den Kandidaten standen für die Präsentation je 10 – 15 Minuten zur

Verfügung und weitere 10 Minuten für die Diskussion sowie allfällige Fragen.

Im Anschluss an die mündliche Präsentation zog sich das Auswahlgremium zur Beratung

zurück. Die Beurteilung der Arbeiten erfolgte nach folgenden Zuschlagskriterien, ohne

Gewichtung der Reihenfolge:

a) architektonische Qualität, Umgang mit der historischen Bausubstanz

b) Funktionalität

c) Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit

Die Ergebnisse der mündlichen Präsentation und Diskussionen mit den bewerbenden

Architekturbüros flossen in die Beurteilung mit ein.

In einem ersten Rundgang wurden zwei Büros ausgeschlossen (Begründungen sind in

den Berichten zu den einzelnen Arbeiten vermerkt):

– Uli Mayer und Urs Hüssy Architekten ETH SIA, FL-Triesen

– Rossetti + Wyss Architekten AG, Zürich

Folgende Büros wurden für einen zweiten Rundgang zurückbehalten:

– Hug Architekten, St.Gallen

– Quarella AG, Architekten BSA SIA, St.Gallen

– Bischof Gruber Architekten ETH SIA

mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen

3 Beurteilung und Auswahl

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Die verbliebenen Arbeiten überzeugten durch eine klare Vorgehensweise beim Umbau der

ehemaligen Papiermühle. Das Auswahlgremium gelangte am 3. November 2009 zu keinem

definitiven Entscheid. Es wurde deshalb gemeinsam eine zweite Zusammenkunft am

2. Dezember 2009 vereinbart.

Nach eingehender Beratung wurde im zweiten Rundgang schliesslich folgendem Büro

die Weiterbearbeitung des Umbaus anvertraut:

– Bischof Gruber Architekten ETH SIA

mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen

3.2 Allgemeine Feststellung des Auswahlgremiums

Die Beiträge zeigen, wie unterschiedlich die Ansätze zum Zugang dieser Aufgabe ausse-

hen können. Die fünf eingereichten Arbeiten zeugen von einer intensiven Auseinander-

setzung mit der Aufgabenstellung. Aufgrund der Präsentationen und der darauffolgenden

Diskussionen kann folgendes festgestellt werden:

– Die verschiedenen Lösungsansätze wurden anhand der Baugeschichte, den Stellung-

nahmen zur künftigen Nutzung und möglichen architektonischen Eingriffen erarbeitet.

– Die ehemalige Papiermühle hat das Potenzial, das Quartierbild aufzuwerten.

– Innerhalb der Verwaltung besteht ein Interesse, die ehemalige Papiermühle der Öffent-

lichkeit zugänglich zu machen.

– Eine geeignete Wohnnutzung ist schwierig zu finden für diesen Standort.

Das Auswahlgremium ist überzeugt, dass sich das Verfahren gelohnt hat. Die erbrachten

Leistungen für die eingereichten Arbeiten verdienen eine besondere Würdigung. Den

fünf Büros gilt der Dank und die Anerkennung des Auswahlgremiums.

3.3 Empfehlungen des Auswahlgremiums

Das Auswahlgremium beschliesst einstimmig, das Büro Bischof Gruber Architekten ETH

SIA mit Norbert Föhn und Mathias Gunz, Zürich / St.Gallen mit der Weiterbearbeitung des

Umbaus der ehemaligen Papiermühle zu beauftragen. Bei der Weiterbearbeitung sind die

im Bericht festgehaltenen Kritikpunkte (Kapitel 4) und die allgemeinen Feststellungen des

Auswahlgremiums zu berücksichtigen. Die fünf Architekturbüros erhalten für die erarbei-

teten Lösungsansätze je eine Entschädigung von CHF 4‘000 (inkl. 7.6 % MWST).

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Projekt Nr. 1

Die Baugeschichte als Konzept: Wie können fun-

dierte historische Recherchen in ein zeitgemässes

Projekt einfliessen? Ein Lösungsansatz, der sich

ganz genau des geschichtlichen Hintergrunds der

ehemaligen Papiermühle annimmt.

Diese Arbeit unterscheidet sich von den übrigen

durch eine sehr präzise geschichtliche Analyse des

Gebäudes. Der vorliegende Projektansatz ist ein

pragmatischer und zurückhaltender Zugang zur Auf-

gabe anhand der bisher gesammelten Erkenntnisse.

Baugeschichtliche Untersuchungen vor Ort sollen

die Projektierungsarbeit begleiten. Der ausseror-

dentlich sorgsame Umgang mit der Bausubstanz

ermöglicht es, der ehemaligen Papiermühle sowohl

ihr ursprüngliches Aussehen als auch ihre Wert-

schätzung zurückzugeben. Der Ansatz sieht eine

Mischung aus Büro- und Wohnnutzung vor. Bauliche

Eingriffe in die bestehende Substanz beschränken

sich auf das strikte Minimum (Liftschacht). Das

Raumkonzept orientiert sich gekonnt an der West-

Ost Ausrichtung der bestehenden Verkehrsfläche

im Hauptgebäude und dem Grundriss im 1. Ober-

geschoss. Geschickt wird aufgrund historischer

Tatsachen mit zusätzlichen Gauben mehr Tageslicht

in das Dachgeschoss geführt.

Der Zugang zur Aufgabe wurde technisch sowie

energetisch sehr fundiert und überzeugend vor-

bereitet, Stellungnahmen zur künftigen Nutzung

werden aber nur vage erwähnt. Die Frage ist, ob

der vorgeschlagene Lösungsansatz mit Büroflächen

und Wohnungen auch wirklich das gewünschte

historische Ambiente einer Papiermühle wiederher-

stellen kann.

Die vorgeschlagene halb-öffentliche Nutzung

muss aufgrund der zu erwartenden Kosten von

politischem Rückhalt profitieren können. Ein solcher

Rückhalt kann aber nur mit einer klaren Vision zur

künftigen Nutzung und dem Nutzen für die Öffent-

lichkeit begründet werden. Trotz der sehr präzisen

Analyse wird in der vorliegenden Arbeit nur wenig

darauf eingegangen.

Architektur Hug Architekten, St.Gallen

Archivar / Kunsthistoriker Markus Kaiser, St.Gallen

Oekologie Intep, Severin Lenel, Zürich

Bauingenieure Menig AG, St.Gallen

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13U m b a u d e r e h e m a l i g e n P a p i e r m ü h l eK r ä z e r n s t r a s s e 7 9 , 9 0 1 5 S t . G a l l e n

Geschichte

Bis ins 16. Jahrhundert nutzten nur zwei Mühlen das Wasser des Kräzernbachs bei Winkeln St.Gallen und des als Sammler dienenden Bildweihers. Die Untere Kräzernmühle lag an der Mündung des Bachs in die Sitter. Im Weiler Kräzern selbst stand die Obere Kräzernmühle. Unmittelbar oberhalb davon liess Fürstabt Bernhard Müller im Jahre 1604 eine Papiermühle errichten. Die Originaldokumente lassen keinen Zweifel offen, dass die Papiermühle von Grund auf neu erbaut wurde. Das irritierend „mittelalterliche“ Aussehen mit vorkragenden Obergeschossen und hohem Steilgiebel dürfte nicht zuletzt vom Zweck des Gebäudes bestimmt worden sein. Dendrochronologische Untersuchungen stehen allerdings noch aus.

Gemäss Vertrag vom 6. Mai 1604 zwischen dem Fürstabt Bernhard II. Müller und Zimmermeister Hans Sterbinger war ein Bau von 52 x 40 Fuss zu errichten, was den Dimensionen des bestehenden Hauptgebäudes entspricht. Der gleiche Kontrakt verpflichtete Sterbinger, auf dem gemauerten Untergeschoss der Mühle Unterkräzern ein Obergeschoss zu erbauen.

Für 1721 ist die einzige grössere Bauphase belegt, mit erheblichen Gesamtkosten von 1356 fl. Es ist anzunehmen, dass dabei der westliche Anbau entstand, die obere Mühle. Dies bedarf jedoch dendrochronologischer Bestätigung. Gleichzeitig wurde die Werkeinrichtung weitgehend erneuert. Grösster Einzelbetrag waren mit rund 507 fl. die 679 Tagleistungen der Zimmerleute.

Der Betrieb bestand nun aus 2 Werkstätten, die man als obere und untere Mühle bezeichnete. In der unteren Mühle (dem Hauptgebäude) erwähnt sind 3 Böden bzw. Bühnen zum Aufhängen der Papierbögen.

Baulich relevant waren die 10 grossen Stampflöcher: 6 befanden sich in der obern Mühle und waren 1721 „ganz neu“ (ein weiteres Argument für den Neubau der oberen Mühle). Die 4 Löcher in der untern Mühle waren „neu ausgehauwen noch guth“, also renoviert.

Neben den Stampflöchern werden auch die eisenbeschlagenen Stämpfel erwähnt, sowie 3 Wandelbäume, 3 Räder, 2 Giessbetten und Kanäle, 3 Pressen an verschiedenen Standorten, 10 eiserne Platten aus Neuravensburg usw. Die härenen Seile zum Aufhängen wogen 400 Pfund. Davon befand sich die eine Hälfte auf den untern Böden, die andere auf dem obern, was einen Grössenvergleich zulässt. Seitlich an der untern Mühle angebaut war die Leimküche, die 2 Leimkessel enthielt. 1742 wurde ein Holländer eingebaut (Maschine zum Zerfetzen der Hadern), der 320 fl. kostete.

Die Kostenteilung der Mühle spiegelt das Verlagssystem. Die Klosterstatthalterei trug sämtliche Kosten für Bau und Einrichtung. Bei Reparaturen wurden Holz und Steine geliefert, die übrigen Materialkosten für Eisen, Nägel und Kalk hälftig geteilt. Bei den Lehenserneuerungen stellte man Haus und Einrichtung gänzlich in Stand. Die im Hausinnern vorhandene, 1795 datierte Tür dürfte ein Zeuge einer derartigen Reparatur sein. Bei Bauten und Reparaturen waren der Papierer und seine Leute zur Mitarbeit verpflichtet.

Gemäss Lehenbrief von 1742 hatte die Papiermühle der Statthalterei jährlich am 1. Mai 150 fl. in bar, dazu 1 Ballen (10 Ries zu je 1000 Bogen) Schreibpapier zu 10 fl. und 4 Ries Postpapier à 1 fl. 12x zu liefern, insgesamt also 164 fl. 48x. In Relation zur Schätzung der Mühle durch die Stiftsliquidation (1805) auf 4500 fl. ergibt sich eine Rendite von 3,3 % - nicht wenig, verglichen mit der Durchschnittsrendite von 0,6 % aller fürstäbtischen Pachtgüter.

Der Lehenbrief von 1742 erwähnt auch die Vielfalt der Erzeugnisse. Für Lieferungen über die Pflichtabgabe hinaus, bezahlte die Abtei pro Ries à 1000 Bögen: für Schreibpapier 1 fl., für Postpapier 1 fl. 12x, für Fliesspapier 30x, für Regalpapier 5 fl., für Medionpapier 2 fl., für Schrenzpapier 30x und für Pappdeckel 4 fl. Produkte, welche die Abtei nicht benötigte, konnte der Papierer frei verkaufen. Streng wurde hohe Qualität gefordert. Die Verwendung von Makulatur zur Herstellung war verboten,

Die Geschichte der Papiermühle im 19.Jh. wird vom „Baugeschichtlichen Gutachten“ von Peter Albertin einlässlich behandelt. Dazu einige Ergänzungen. Im Gutachten Albertin fehlt die Jahrzahl 1825 auf dem Türsturz des Kellers im westlichen Anbau. Mit der Erfindung der maschinellen Papierproduktion in England 1804, der Anwendung von Zellulose (Holzschliff) ab 1843 und dem Eisenbahntransport verlor die manuelle Papierherstellung ihre Bedeutung. Die Papiermühlen, auch jene in der Kräzern, stellten auf die Produktion von Karton um, was aber den Niedergang lediglich hinauszögerte.

1892 erwarb die Maschinenfabrik Wiesendanger, deren Werkstätten sich in der Untern Kräzernmühle an der Sitter befanden, die nunmehrige Kartonfabrik. Mit dem Einbau einer Turbine 1895 und eines Dampfantriebs 1897 versuchte man, die Produktion zu modernisieren. Zwischen 1913 und 1923 war die St.Galler Grossbuchbinderei Osterwalder Besitzerin der Anlage. Sie setzte die Kartonfabrikation fort, vor allem für eigene Bedürfnisse. Weshalb die Produktion eingestellt wurde, ist zur Zeit nicht bekannt.

Um gewisse Unklarheiten aus dem Weg zu räumen, ist eine Bodenarchäologie notwendig, welche die Zeugen der Werkseinrichtung Wasserleitungen, Stampflöcher usw. dokumentiert. Die Monumentenarchäologie bezieht sich auf Detailuntersuchungen von Mauer- und Holzwerk sowie dem Innenausbau in Hinsicht auf die Baugeschichte und der historischen Nutzung (vor allem auch im Westbau). Untersuchungen der ehemaligen Fensterdispositionen und des Dachstuhls auf Spuren der ehemaligen Gauben erscheinen uns hierbei sehr wichtig. Durch dendrochronologische Untersuchungen können baugeschichtliche Daten verifiziert und Zuweisungen der Angaben zu den einzelnen Bauteilen gemacht werden.

Architektur

Um bauliche Interventionen bei einem historisch wichtigen Gebäude wie der Papiermühle in den Kräzern planen zu können, sind fundierte Entscheidungsgrundlagen sehr wichtig, wenn nicht gar grundlegend. Um diese Informationen zu erhalten, müssen grosse Vorleistungen in Form von Untersuchungen am Objekt und Nachforschungen in den Archiven von verschiedenen Baufachleuten gemacht werden. Aus diesem Grunde erscheint uns die fachübergreifende Teambildung ein wichtiger primärer Schritt. Eine Aufgabe, wie die Sanierung und der Umbau dieses historisch wichtigen Zeugen eines Gewerbehauses aus dem 16. Jahrhundert, bedingt eine intensive Zusammenarbeit zwischen Historiker, Denkmalpfleger, Architekt, Statikingenieur und Energie/Ökologiefachmann.

Architektonische Interventionen sollten erst nach fundierten denkmalpflegerischen Untersuchungen in Betracht gezogen und geplant werden. Jedoch erscheint uns bei diesem Objekt - obwohl noch mit einem bescheidenen Wissensstand ausgerüstet - die Aussage möglich, dass die statische Struktur also die Stützenreihen ergänzt werden müssten, und der bestehende Aufzugsschacht für einen Personenlift verwendet werden sollte. Die ursprünglich grossen Hallen, damals verwendeten als Produktions- und Trockenräume, sollen auch mit der neuen Nutzung als Grossräume erlebbar bleiben. Die Treppen parallel zur Nordwand sind für die Grundrisseinteilung ideal und bilden eine spannende, räumliche Abfolge. Die knappen Lichtverhältnisse, welche sich im Dach am deutlichsten zeigen, können in diesem Bereich mit Schleppgaben in Anlehnung an die ursprünglichen Belüftungsgauben entspannt werden.

Heutige Interventionen wie z.B. der Lift oder die Schleppgauben sollen auch als Elemente der heutigen Zeit sichtbar sein, jedoch stehen die Materialien, die Oberflächen und die Proportionen eng in Bezug zum Bestand. Architektonische Themen wie durchdringen, einfügen und anstossen werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Die Grundrisse lassen durch ihre Einfachheit und der klaren statischen Struktur viele Funktionen zu, und die Nutzungen können nach den Bedürfnissen der Bauherrschaft und der Nachfrage in einem späten Zeitpunkt festgelegt werden.

Die Erschliessung der Räume mit Medien und den Entsorgungsleitungen beanspruchen in der heutigen Zeit viel Platz. Aus diesem Grunde sind auf beiden Seiten des Lifts Steigzonen vorgesehen, welche alle Geschosse erschliessen, und an die die Nasszellen unmittelbar angeschlossen werden. Tragen und trennen werden nicht identisch sein. Alle neuen Wände sind als nicht tragende Bauteile ausgebildet und können in einem späteren Zeitpunkt für eine andere Nutzung angepasst werden. Die Gestaltung der Umgebung erscheint uns als ein Teil der Aufgabe, um auch dem Gebäude im Äusseren das angemessene Umfeld zu geben. Der ostseitige ursprüngliche Gemüsegarten ist ein wichtiges Element für das Bauvolumen und könnte für die zukünftigen Bewohner /

Grundriss Erdgeschoss

Küche

Glaswand

Die ursprüngliche Halle, in der die Gruben und Pressen zur Papierproduktion standen, soll als Gesamtraum erlebbar bleiben und der ehemalige Papieraufzugsschacht dient als neuer Lift- und Installationsschacht. Eine Glastennwand teilt die Erschliessung vom Hauptraum, welcher als Quartierstreff, Mittagstisch, Kleinkinderbetreuung, Papiermuseum, usw. genutzt werden kann.

Waschen 27m2Abstellraum

Foyer / Eingangsbereich / Garderobe 47m2

Falls die Untersuchungen ergeben, dass die Anbauteile des 19. Jahrhunderts baugeschichtlich uninteressant und in einem schlechten technischen Zustand sind, wäre ein Abbruch anzustreben. Die unterschiedlichen Bodenhöhen der ehemaligen Stampfgruben im Anbauteil aus dem 18. Jahrhundert erschweren heute eine Nutzung, sicherlich könnte man sie als Keller- oder Technikräume verwenden.

Keller 17m2

Keller 6m2

Technik 18m2

Garderobe 17m2

Quartierstreff 75m2

Grundriss 1. Obergeschoss

Zimmer / Büro 15m2

Zimmer 17m2

Zimmer 15m2 Zimmer 10m2 Küche 10m2

Wohnen 28m2

Zimmer 12m2 Zimmer 14m2

Zimmer 12m2

Die Zimmerboxen gegen Süden bleiben erhalten und werden mit einem nordseitigen offenen Wohnraum ergänzt. Die bestehende Raumstruktur ohne den Wohnraum wäre auch geeignet für Ateliers, Büros oder einem Jugendtreff.

Wohnen 27m2

Estrich 6m2

Die historische Wohnung des Papierers mit den Wänden aus dem 18/19Jahrhundert besitzt auch heute noch grosse Raumqualitäten. Eine Nasszelle schliesst an den Liftkern an und deckt die heutigen Hygienebedürfnisse.

W1592

Garten

Parkplatz

Kopfsteinpflaster

Garten

Grundriss 2. Obergeschoss

Estrich kalt 56 m2

Kombizone, Besprechung, Akten

Büro 10m2

Büro 19m2Büro 9m2 Büro 22m2

Garderobe

Der Grossraum, ehemals genutzt zum Trocknen der Papierbögen, bleibt auch nach der Sanierung und dem Einbau von z.B. Büros als Halle spürbar. Leichtbau- und Glaswände sind zur Raumunterteilung vorgesehen.

Glaswände

Büro 9m2

Der Dachstuhl soll unbeheizt belieben und als Estrich- oder Technikraum genutzt werden.

Büro 19m2

Energie / Ökologie

Auf Basis des aktuellen Wissensstands über das Gebäude werden folgende Dämm-Massnahmen vorgeschlagen:- Dämmung des Bodens im Erdgeschoss (Schaumglas 60 mm unter Sandsteinplatten)- Dämmputz 30 mm auf Innenwänden EG und 1.OG- Fassadendämmung 100 mm Steinwolle im Bereich des 2. OG und DG- Aufgesetzte Dämmung im Vordach- und Dachbereich 240 mm boratfreie Cellulosefaser

Dadurch kann der mittlere U-Wert der Fassade (ohne Fenster) von 1.15 W/m2K auf 0.48 W/m2K gesenkt werden, was einer Reduktion von 58% entspricht. Das Risiko einer Vernässung der Balkenköpfe der Zwischendecken wird vermieden, indem im Bereich der massiven Wandkonstruktionen, welche aus denkmalpflegerischen Gründen aussen nicht gedämmt werden können, nur ein Dämmputz aufgebracht wird. Wie aus der Isothermendarstellung entnommen werden kann, entstehen dadurch unproblematische Temperaturgradienten. Die Dachdämmung wird aussen angebracht, da sich auf diese Weise Durchdringungen der Dämm- und Luftdichtigkeitsebenen vermeiden lassen und zugleich der schöne Dachstuhl von 1604 vollständig sichtbar bleibt. Die Fenster werden durch neue Holzfenster mit 2-IV-IR-Verglasung und aussen wie innen aufgesetzten Sprossen ersetzt. Diese stellen einen Kompromiss zwischen Energieeinsparung und denkmalpflegerischen Aspekten dar. Das definitive Dämmkonzept wird sinnvollerweise erst nach einer genaueren Gebäudeuntersuchung mit Sondierungen festgelegt, da momentan noch zu wenig Detailangaben verfügbar sind.

Die Wärmeerzeugung wird mit einem Holzpellet-Kessel, welcher im Nebengebäude angeordnet wird, geplant. Der trotz Sanierung gegenüber Neubauten erhöhte Betriebsenergiebedarf erfordert eine Wärmeverteilung mit Vorlauftemperatur von 40 bis 50° (Der Platz für Radiatoren ist sehr begrenzt). Die mit dem Holzkessel verbundenen Emissionen sind an diesem Standort vertretbar. Das Warmwasser wird zu rund 70% durch 12 m2 thermische Sonnenkollektoren, welche auf der südorientierten Dachfläche des Nebengebäudes angeordnet werden, erzeugt. Die restliche Energie wird vom Holzkessel zugeführt. Diese Kombination erlaubt eine optimale Nutzung beider Energieträger und führt zu einer beinahe CO2-freien Wärmeenergieversorgung des Gebäudes.

Das Anbringen eines inneren Dämmputzes erhöht die Oberflächentemperaturen im Erd- und Obergeschoss spürbar, und der Kaltluftabfall bei den Fenstern wird fast vollständig vermieden. Im 2. Ober- und Dachgeschoss kann dank einer durchgängigen, nicht durchbrochenen Luftdichtigkeitsschicht sowie der äusseren Dämmschicht eine dramatische Verbesserung der Behaglichkeit erzielt werden.

Der sommerliche Wärmeschutz ist im ganzen Gebäude aufgrund der geringen Fensterflächen, der vorgeschlagenen Konstruktionen oder der grossen thermisch aktiven Masse problemlos. Die neu eingebauten Dachgauben werden mit einem effektiven Sonnenschutz versehen.

In der Planungsphase soll das Gebäude einer eingehenden Untersuchung auf schadstoffhaltige Baustoffe und Altlasten unterzogen werden. Die Radonbelastung soll im kommenden Winter mittels Passivsammler gemessen und anschliessend darüber entscheiden werden, ob und welche Massnahmen ergriffen werden. Die Tageslichtnutzung im Erd- und den Obergeschossen bleibt unverändert, da die Glasfläche gegenüber dem aktuellen Zustand unverändert bleibt. Im Dachgeschoss werden neue Lukarnen eingebaut, welche eine genügende Tageslichtversorgung der Wohnflächen erlauben. Der Lärmschutz wird durch die neuen Fenster und die zusätzlichen Schichten (2.OG-DG) deutlich verbessert. Alle neu eingebauten Materialien werden nach dem Kriterium der Schadstofffreiheit selektiert (formaldehydfrei gebundene Holzwerkstoffe, lösemittelfreie Anstrichstoffe, schwermetallfreie Bleche bzw. Beschichtungen etc.). Aufgrund des aus denkmalpflegerischen Gründen eingeschränkten Handlungsspielraums bezüglich Bauphysik kann nicht erwartet werden, dass im EG und 1.OG kondensatbedingte Keimbelastungen vollständig beseitigt werden; in den darüber liegenden Geschossen sind solche aber sehr unwahrscheinlich.

Da die historische Bausubstanz weitgehend erhalten bleibt, kann bereits eine gute Ausgangslage für einen effizienten Ressourceneinsatz geschaffen werden. Es werden keine Eingriffe in die Statik vorgenommen. Die Leitungsführung für die Gebäudetechnik erfolgt innerhalb der bestehenden Schächte (Aufzugsschacht, nicht mehr benutztes Kamin) und bleibt weitgehend zugänglich.

Die neu eingebauten Baustoffe werden unter Berücksichtigung der Vorgaben von MINERGIE-ECO bzw. der ECO-BKP ausgewählt und besitzen deshalb einen tiefen Gehalt an Grauer Energie. Die Montage der Bauteile erfolgt fast vollständig mechanisch, auf Klebeverbindungen wird soweit wie möglich (Ausnahme bildet die in Bitumen verlegte Schaumglasdämmung im EG, welche aus Gründen des Feuchteschutzes erforderlich ist) verzichtet. Verbundbaustoffe werden nicht eingesetzt. Somit sind der Bauteilersatz, der Rückbau und die Wiederverwendung bzw. -Verwertung ohne weiteres möglich.

Tragstruktur

Beim Dachstuhl der Papiermühle handelt es sich um ein zweigeschossiges, stehendes Pfettendach. In den Vollgeschossen ist aus den Unterlagen mit einer Mischbauweise zu rechnen. Zur Vergrösserung der Nutzräume der oberen Geschosse, sowie zum Schutze der darunter liegenden Fassaden, dienen die vierseitigen Auskragungen des stockwerksweise abgebundenen Holzriegelfachwerks. Eine direkte Lastabtragung über übereinanderliegende Stützen ist nicht vorhanden und stellt bei der statischen Nachrechnung eine grosse Herausforderung dar. Die tragenden Stützen der jeweiligen Geschosse übergeben die Lasten über Abfangträger in der Balkenlagebene weiter auf darunter liegende versetzte Stützen und Wände.

Aus dem "Baugeschichtlichen Gutachten" ist zu entnehmen, dass über die Jahre immer wieder Eingriffe und Veränderungen in der ursprünglichen Tragstruktur vorgenommen wurden. Um das Gebäude auf den aktuellen Normenstand zu ertüchtigen, sind Erfahrungsgemäss bei Sanierungen so alter Häuser kombiniert mit Nutzungsänderungen einige Verstärkungsmassnahmen notwendig. Diese Massnahmen müssen mit dem Raumkonzept, der Nutzung und dem historisch wichtigen Bestand in Einklang gebracht und Kompromisse eingegangen werden.

Der Brandschutz - hier der vorbeugende Brandschutz - dient der Verhinderung der Brandausbreitung und dem Schutz von Mensch, Tier und dem Objekt selbst. Die erforderlichen Massnahmen sind von der Nutzung abhängig. Brandschutztechnische Verkleidungen sind anzubringen, oder der Nachweise der Hölzer unter einer bestimmten Feuerwiderstandsdauer müssen erbracht werden. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das im Gebäude vorhandene Eichenholz im Vergleich zu Nadelholz einen höheren Feuerwiderstand aufweist. Das 400-jährige Bestehen des Gebäudes an sich kann als Nachweis im Sinne einer bewährten Konstruktion, insbesondere bezüglich Standsicherheit und Erdbebensicherheit, herangezogen werden.

Aus heutiger Sicht würden wir folgendes Vorgehen in Betracht ziehen; gründliche Bestandsanalyse, Festlegung der Bauteilaufbauten und Anforderungen, Nachrechnung der bestehenden Tragstruktur, notwendige statische Interventionen im Einklang mit den denkmalpflegerischen Vorgaben.

Wichtige Themenbereiche der Ingenieurarbeit bei einem historisch so wertvollen Gebäude, welche nicht oder nur am Rande angesprochen wurden, sind: Zimmermannskunst, Bauteilerhaltung, Bestandsschutz, Instandsetzung, Brandschutz, Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Verformungen, Erdbebensicherheit, Aussteifung und Stabilität.

Grundriss Estrich

Schlafen 26m2 Schlafen 40m2Schrank 48m2

Auf jedem Geschoss werden die statischen Strukturen bereinigt, indem die Stützenreihen ergänzt werden. Der Lift führt durch den bestehende Papieraufzugsschacht um möglichst wenig historische Bausubstanz zu zerstören. An diesem Schacht angelehnt liegen die Installationszonen und somit unmittelbar auch die Nasszellen.

Grundriss Dachgeschoss

Wohnen Essen 50m2

Falls eine Lösung der Isolationsproblematik des Daches ohne Folgen auf die historische Substanz gefunden würde, könnte der Dachraum in eine zweigeschossige Wohnung ausgebaut werden. Eine ausschliessliche Sommernutzung käme jedoch dem Kaltdach entgegen, z.B. ein unbeheizter Versammlungs- und Festraum.

Sch

iebet

üre

Schlafen 25m2Bibliothek

Estrich

Dachgeschoss

2. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Erdgeschoss

unbekannt

1604 17/18JH 18/19JH um 1900 1950

neu Abbruch

West-Fassade

Türe

Page 14: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums

14

Projekt Nr. 2

Das Loft im jahrhundertealten Industriegebäude:

Wie fühlt sich moderne Wohnweise in einer Pa-

piermühle aus dem 17. Jahrhundert an? Sorgfältige

Eingriffe in die historische Bausubstanz erhöhen die

Wohnqualität der Liegenschaft.

Im Hauptgebäude trennen der Aufzug und die

Sanitärzellen den Grundriss in zwei Teile. Dadurch

entstehen zur Kräzernstrasse hin eine klar definierte

Erschliessungszone und gegen Süden ein durch

ein zentrales Element getrennter Wohn-, respek-

tive Arbeitsbereich. Ein sorgfältiger Eingriff an der

Südseite des Ketthauses ermöglicht den Bau einer

Terrasse für das Nebengebäude sowie von Loggien

für den Wohn- und Arbeitsbereich im ersten und

zweiten Obergeschoss. Dadurch erhalten die neuen

Bewohner ein wesentliches Stück Lebensquali-

tät, wo der Papiermüller und sein Gesinde früher

gedrängt wohnten. Die Aufteilung von Nutz- und

Verkehrsfläche ist über das ganze Gebäude konse-

quent umgesetzt und weitet sich auf die Gestaltung

der Verkehrsfläche im Aussenraum aus. Durch die

Zusammenlegung des Dachgeschosses und des

Estrichs wird das Wohnen im ehemaligen Papier-

trocknungsraum dem Begriff Loft durchaus gerecht.

Die mittelalterliche Manufaktur verleiht dieser

Wohnweise, welche bekannt geworden ist durch

die Umnutzung stillgelegter Industriegebäude aus

dem 19. und 20. Jahrhundert, ein zusätzliches Am-

biente. Im Gegensatz zu anderen Beiträgen sind in

diesem Ansatz die Nutzflächen auch horizontal klar

voneinander getrennt. Bauphysikalisch ist dieser

Lösungsansatz realistisch.

Für das Ketthaus bietet das vorliegende Projekt

zwar eine durchaus funktionale Lösung an, schöpft

aber das Potenzial dieses historisch wichtigen

Raumes nicht aus. Es bleibt weiterhin ein dunkler

Zwischenraum. Die Verkehrsflächen im Haupt-

gebäude sind grosszügig, aber für eine rentable

Weitervermietung etwas überdimensioniert. Ange-

sichts der relativ schattigen Lage der ehemaligen

Papiermühle ist zu hinterfragen, ob die Loggia im 1.

Obergeschoss auch wirklich von einer angenehmen

Besonnung profitieren kann.

Überzeugend sind die Vorabklärungen im Quar-

tier zu den Nutzungsmöglichkeiten der ehemaligen

Papiermühle und die klare Stellungnahme zur

Neunutzung. Die vorsichtig eingefügten Neubau-

teile sind zwar denkmalpflegerisch vertretbar, beein-

flussen aber zugleich das historische Gebäude auf

irreversible Art. Leider wird über die Nutzung des

Ketthauses nur ungenügend Auskunft gegeben.

Die von den Autoren angenommenen Mietzinse

sind durchaus marktkonform. Aufgrund der eher

unattraktiven Lage des Gebäudes ist aber unklar, ob

sich eine Mieterschaft für solchen Wohnraum finden

lässt.

Architektur Quarella AG

Architekten BSA SIA, St.Gallen

Page 15: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen

15

Aussenhülle - Gesamtbild

Wertschätzung des Gebäudes

60 m² 84 m² 80 m²

Westfassade Südfassade

Erdgeschoss

Zugang zur Aufgabe

architektonisches

Umbau der ehemaligen Papiermühle

Kräzernstrasse 79 | St.Gallen

K O N Z E P T

Aufgrund der Analyse und geschichtlichen Aufarbeitung

der Papiermühle wird das Verständnis für das Gebäude

und die Qualifizierung der verschiedenen Bauteile vor-

genommen.

Die Wertschätzung des Gebäudes als bauliches En-

semble muss mittels Mehrwert geschaffen werden.

Charakter und der spezifische Ausdruck sollen durch

eine angemessene Nutzung in Form einer Durchmi-

schung von Wohnen und Freizeit erreicht werden.

Das Einfühlungsvermögen führt dazu, dass die In-

standsetzung der Papiermühle in denkmalpflegerisch

angemessener und architektonisch überzeugender Art

realisiert werden kann. Das Gesamtbild bleibt erhalten

und die baulichen Eingriffe beschränken sich haupt-

sächlich auf das Innere des Gebäudes.

Innenausbau

Funktionalität Nutzungskonzept

Nachhaltigkeit Wirtschaftlichkeit

1. Obergeschoss 59 m² 130 m² 55 m²

2. Obergeschoss 156 m² 33 m²

120 m² 10 m²

55 m²

Nordfassade Querschnitt

Estrich

Dachgeschoss

Die gestalterische Inspiration für die Neugestaltung der

Innenräume kommt aus der Erkennung der schützens-

werten Bauteile und deren räumlichen Wirkung. Die

geschossweise unterschiedliche Tragstruktur bleibt

erhalten.

Um eine sinnvolle Gebäudenutzung zu ermöglichen

wird eine grosse Flexibilität der unterschiedlichen

Geschosse angestrebt. Dies wird einerseits mittels

eines Vertikalstranges für die Infrastrukturen erreicht,

die zudem eine sinnvolle Zonierung der Geschossflä-

chen ermöglicht.

Die architektonische Qualität und der angemessene

Umgang mit der historischen Bausubstanz erzeugen

einen nachhaltigen Mehrwert. Die baulichen Mass-

nahmen verbessern den ökonomischen und ökologi-

schen Betrieb. Sie ermöglichen eine sinnvolle Nutzung

der neuen alten Papiermühle.

Page 16: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums

16

Projekt Nr. 3

Das Innenleben eines Industriegebäudes: Wie wird

ein mittelalterliches Betriebskonzept in eine heutige

Nutzung übertragen? Ein neues Erschliessungs-

system, das sich mit seinen Versätzen am histo-

rischen Vorbild orientiert, bedient das Hauptgebäu-

de der ehemaligen Papiermühle.

Der ehemalige Warenaufzug der Papiermühle

definiert den Standort des neuen Lifts, welcher

das Rückgrat der vertikalen Erschliessung bildet.

Rund um den Aufzug werden die Aufgänge zu den

Geschossen des Hauptgebäudes organisiert. Die

Sanitärzellen und Heizungs- und Lüftungsinstalla-

tionen können mit diesem Konzept frei westlich

und östlich des Aufzugschachts angesetzt werden.

Die Treppen werden sorgfältig in die bestehende,

unregelmässige Tragstruktur eingefügt. So soll das

„betriebsame Auf und Ab“ der ehemaligen Papier-

mühle auf eine kleinstmögliche Verkehrsfläche re-

duziert werden. Entsprechend können die einzelnen

Geschosse frei und funktional erschlossen werden.

Dies erlaubt interessante Raumkombinationen. Im

1. Obergeschoss wird der historische Grundriss

weitgehend erhalten. Einzig die Treppe zum Dach-

geschoss des Nebengebäudes wird erneuert und

den heutigen Sicherheitsanforderungen angepasst.

Das Ketthaus soll aufgewertet und zugänglich

gemacht werden, wodurch dieser Raum auf neue

Weise erlebbar wird.

Das auf den ersten Blick effizient erscheinende

Erschliessungssystem kann Konflikte mit den

horizontalen Verkehrsflächen verursachen. Im Erd-

geschoss des Hauptgebäudes erweist es sich als

schwierig, den Haupteingang auf effiziente Weise

an das Treppenhaus und den Aufzug anzubinden.

Die in die bestehende Struktur eingebettete Treppe

definiert zugleich die Orientierung des Aufzugs.

Dementsprechend gross wird der Platzbedarf für

den Zugang, was sich negativ auf die Nutzfläche

auswirkt. Das Konzept der vertikalen Erschliessung

verliert so an Kraft.

Zentrale Idee dieses Vorschlags ist, die ursprüng-

liche Funktion des Gebäudes spürbar zu machen.

Anstelle von verschiedenen Nutzungen stellen sich

die Autoren eine übergeordnete Nutzung vor, die

analog zum ganzheitlichen Papiermühlenbetrieb in

sich funktioniert und Gemeinschafts- und Wohnräu-

me vereinigt. Trotz dieses historisch abgeleiteten

Konzepts vermisst das Auswahlgremium eine klare

Stellungnahme zur künftigen Nutzung des Ge-

bäudes. Die sorgfältigen Recherchen zum Thema

Papiermühle und der Liegenschaft Kräzernstras-

se liefern interessante Auskünfte zum baulichen

Aufbau des Gebäudes. Anhand dieser Erkenntnisse

könnte der Zugang zur Aufgabe aber noch konkreter

weiterentwickelt werden. Ausserdem wird das

scheinbar rationale Erschliessungskonzept nach

Ansicht des Auswahlgremiums weniger Nutzflächen

anbieten können, als dies auf den ersten Blick den

Anschein macht.

Architektur Uli Mayer und Urs Hüssy

Architekten ETH SIA, FL-Triesen

Page 17: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen

17

Sichtw

inke

l

Leichtbau, Holzböden gemäss Befund

Der Innenausbau unterscheidet sich je nach Nutzung. Die Materialisierung soll sich aber in jedem

Fall an den genannten Charakteristiken orientieren. Alle sekundären Wände werden als

Leichtbauwände ausgeführt. Die Aussenwände sollen spürbar massiv bleiben. Die Holzböden sollen

wenn möglich erhalten bleiben oder adäquat ersetzt werden.

land-/hauswirtschaftlicheProduktion

Ketthaus

Hauptgebäude

Nebengebäude

Produktion

Wohnen

TrocknenEnergie

Wichtig zum Verständnis des Haupthauses ist der ehemalige Produktionsablauf der Papierherstellung.

Arbeiten und Wohnen fand unter dem gleichen Dach statt. Im Sockelgeschoss waren die schweren und

lauten Maschinen. Die Hadern (Lumpen) wurden zerkleinert, die Papiermasse in den Bütten verrührt,

das Papier wurde geschöpft, gegautscht und gepresst. Im darüberliegenden Wohngeschoss wohnte der

Papierer mit Familie und Gesellen. Darüber lagen drei Trockenböden. Dort wurde das Papier auf-

gehängt, gewendet, getrocknet. Es war ein betriebsames Auf- und Ab im ganzen Haus.

Die geschossige Aufteilung soll erhalten bleiben! Ein Treppehaus und ein Aufzug verbinden die

Geschosse.

Ebenso Wichtig für die Lesbarkeit des Hauses ist die statische Struktur (tragende Aussenwände mit

inneliegenden Stützen und 2 längslaufenden Unterzügen). Diese soll integral erhalten bleiben!

Funktion und Statik generieren die räumliche Struktur: dreischiffige offene Stützenhallen. Die

Wohnungsnutzung im 1.Obergeschoss bestand aus einer kleinteiligen Zimmerstuktur, die im Neben-

gebäude erweitert wurde. Diese räumlichen Charakteristika sollen erhalten bleiben.

Umbau Papiermühle, Kräzernstrasse St. Gallen

Die Papiermühle an der Kräzernstrasse soll (saniert) restauriert und den heutigen Anforderungen an

Sicherheit, Behindertengerechigkeit und Komfort angepasst werden. Unser Ziel ist es die notwendigen

Eingriffe so vorzunehmen, dass die Nutzungsoptionen möglichst offen bleiben und gleichzeittig die

durch die ehemalige Nutzung als Papiermühle bedingten Charakteristika des Gebäudes wieder sicht-

und erlebbar gemacht werden.

Die gesamte vertikale Erschliessung (Lift, Treppe, Versorgungsschacht) soll im Hauptbau

untergebracht werden. Das bestehende Treppenhaus genügt den Anforderungen an Brandschutz und

Breite des Fluchtwegesnicht mehr und muss ersetzt werden. Gleichzeitig soll mit einem Lift die

Behindertengerechigkeiterfüllt werden. Der Lift und die Treppe werden so gesetzt, dass die statische

Struktur nicht verletzt wird; die Längsträger und die Stützen bleiben integral erhalten.Die einläufige

Treppe (einfache Stiege) schmiegt sich an die Konstruktion an. Das architektonische Thema des

Treppenhauses ist somit aus der Konstruktion generiert. Das Treppenhaus setzt die gotische Staffelung

des Gebäudes im Inneren um. Der Lift kommt an die Stelle des ehemaligen Aufzugs zu liegen und wird

seitlich mit einem Versorgungsschacht ergänzt. Dies ermöglicht planerische Freiheit. Die Nassräume/

evt. Küchen können je nach Nutzung um den Schacht platziert werden.

Das äussere Erscheinungsbild der Papiemühle ist nahezu intakt. Die Anlage besteht aus dem hohen

dreigeschossigen und in spätgotischer Manier geschossig vorkragenden Haupthaus, dem Ketthaus für das

Wasserrad und dem zweigeschossigen, verschachtelten Nebengebäude.

Die Volumetrie der Anlage, die klare Gliederung in Hauptbau/ Ketthaus/ Nebengebäude und deren

Hierarchie sollen erhalten bleiben! Das Ketthaus soll erlebbar gemacht werden. Die funktionalen

Verbindungen von Hauptbau und Ketthaus (Kraftübertragung) werden geöffnet, der ehemalige Wasserlauf

wird als Verbindung von Strassen- und Gartenseite durch das Ketthaus gezeigt. Das Ketthaus wird

entsprechend der künftigen Nutzung miteinbezogen. Das Nebengebäude bleibt funktional und volu-

metrisch dem Haupthaus untergeordnet und mit diesem verbunden. Es werden keine baulichen Eingriffe

Aussen geplant.

Die funktionale Gliederung des Hauptbaus in Stampfe/ Wohnung/ Trockenräume macht das Gebäude

als Papiermühle erkennbar. Diese Gliedeung zeigt sich in seinem Steinsockel (=Papierproduktion), dem

dazwischenliegenden Fachwerkbau (=Wohnung) und dem hohen mehrgeschossigen Dach mit den

typischen Lüftungsgauben (=Trocknen).

Trockenraum

Halle mit Stützen, MassivbauBoden aus Steinplatten

Trockenraum

Wohnung(en)

steinig/ massiv, laut, schwer, offen, arbeitsam

kleinteilig, wohnlich, leise,

holzig, offen, ruhig,

Halle mit Stützen, Dachstuhl

bauliche und betriebliche Charakteristiska der Papiermühle

Die vorgeschlagene Lösung ermöglicht eine breite Palette an Nutzungen

1 Nutzer/ Mieter mehrere Nutzer/ Mieter

öffentliche Nutzung private Nutzung

warme Nutzung kalte Nutzung

Ganzjahresnutzung Sommernutzung

GewerbeBeherbung Gastronomie Büro WohnenAtelierWerkstatt

Jugendherberge

betreutes WohnenKindertagesstätten

Restaurant

Verkauf

Bar

Pension Möbelladen

Antiquitäten

Veloladen mit Werkstatt

Künstlerhaus

Studentenwohnhaus

Wohnung

Loft

Grafiker

Fotograf

Künstler

Architekten

Spitex

Mütterberatung

Arbeitsvermittlung

BuchhaltungsbüroNGO

Velo

Coiffeur

Steinmetz

Schreiner

Plotservice

Druckerei

Buchbinderei

Papeterie

Papierherstellung

Kleinverllag

Lager

Küche

Mittagstisch

Gemeinschaftsraum

kalt

warm

Lager

Lager

Schaulager

Verkauf

Administration

VerkaufWerkstatt/ Lager

kalt

warm

Loft

Loft

Küche

GemeinschaftsraumMittagstisch

betreutes Wohnen

Schreiner

Lager

Lager

Je nach Nutzung (extensiv bis intensiv/ Büro oder Wohnen) kann über die energetischen Mass-

nahmen entschieden werden. Im Sinne der Denkmalpflege scheint uns aber nur eine Innendämmung

sinnvoll Will man das Gebäude nachhaltig energetisch verbessern ist der Ersatz oder eine Ergänzung

der alten Fenster unumgänglich.

kalt

warm warm

kalt

extensiv intensiv

Ziel der vorgeschlagenen Massnahmen ist es die Papiermühle im Sinne der genannten Charakteristika

wieder benutzbar zu machen.

Dafür werden in einem ersten Schritt alle im 20. Jahrhundert dazu gekommenen Bauteile rückgebaut.

Um die Lesbarkeit des Ensembles zu verbessern schlagen wir vor die Anbauten an das Nebengebäude

rückzubauen. Dies hat zudem den Vorteil, dass das Nebengebäude strassenseitig belichtet werden

kann. Die Wohnungen aus den 1950-ger Jahren im EG und 2.OG sowie im DG werden entfernt. Die

statische Struktur und der ehemalige Charakter werden sichtbar. Die Dachgauben aus 1950er Jahren

werden rückgebaut und durch moderne Schleppgauben in historischer Position ersetzt. Um dennoch

eine genügende Belichtung des Dachgeschosses zu gewährleisten gibt es die Möglichkeit, die nicht

einsehbare Fläche der Gaube zu verglasen.

Estrich

Halle mit Stützen, Dachstuhl Leichtbau, Holzböden gemäss Befund

DG

Trockenraum Halle mit Stützen, Holzfachwerk mit Steinausfachung

Leichtbau, Holzböden gemäss Befund

2.OG

1.OG

Stützen, best. Zwischenwände, Zimmerstruktur,Holzfachwerk mit Steinausfachung

Nutzungsszenarien

1 Nutzer/ Mieter mehrere Nutzer/ Mieter

öffentliche Nutzung private Nutzung

warme Nutzung kalte Nutzung

Ganzjahresnutzung Sommernutzung

GewerbeBeherbung Gastronomie Büro WohnenAtelierWerkstatt

Jugendherberge

betreutes WohnenKindertagesstätten

Restaurant

Verkauf

Bar

Pension Möbelladen

Antiquitäten

Veloladen mit Werkstatt

Künstlerhaus

Studentenwohnhaus

Wohnung

Loft

Grafiker

Fotograf

Künstler

Architekten

Spitex

Mütterberatung

Arbeitsvermittlung

BuchhaltungsbüroNGO

Velo

Coiffeur

Steinmetz

Schreiner

Plotservice

Druckerei

Buchbinderei

Papeterie

Papierherstellung

Kleinverllag

Lager

Küche

Mittagstisch

Gemeinschaftsraum

Lager

LagerLoftAtelierBüroAusstellung

LoftAtelierBüroAusstellung

best. TäferwändeLeichtbau Holzböden gemäss Befund

Wohnung(en)AtelierBüroZimmer

PapierproduktionSchöpfen, Holländer...

holzig, offen, ruhig,

holzig, offen, ruhig,

RestaurantMittagstischGemeinschaftsraumWerkstattAusstellungVerkaufGewerbe

EG

LeichtbauSteinbödenböden gemäss Befund

zukünftigeMaterialisierung

ehemlige Nutzung(1 Nutzer)

Charakter zukünftigeNutzung

+

Längsschnitt 1: 200

Umbau Papiermühle, Kräzernstrasse St. Gallen

NGF 185 m2Südfassade 1: 333

Nordfassade 1: 333

Längsschnitt 1: 333

Ostfassade 1: 333 Westfassade 1: 333

EG 1: 333

1.OG 1: 333

2.OG 1: 333

DG 1: 333

Estrich 1: 333

NF 150 m2

VF 34 m2

FF 1 m2

HauptbauNGF 44 m2

NF 42 m2

VF 2 m2

FF 0 m2

Nebenbau

NGF 165 m2

NF 135 m2

VF 29 m2

FF 1 m2

HauptbauNGF 88 m2

NF 84 m2

VF 4 m2

FF 0 m2

Nebenbau

NGF 131 m2

NF 100 m2

VF 30 m2

FF 1 m2

HauptbauNGF 62 m2

NF 35 m2

VF 4 m2

FF 23 m2

Nebenbau

Technik

NGF 35 m2

Ketthaus

Technik

NGF 135 m2

NF 100 m2

VF 34 m2

FF 1 m2

Hauptbau

NGF 88 m2

NF 84 m2

VF 3 m2

FF 1 m2

Hauptbau

Du

rch

blic

k

Eingang NGNebeneingang HG

Haupteingang HG

Ausgang

Ausgang

Erdgeschoss

1.Obergeschoss

2.Obergeschoss

Dachgeschoss

Estrich

Page 18: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums

18

Projekt Nr. 4

Die Papiermühle als identitätsstiftender Ort für das

Quartier: Wie kann ein mittelalterliches Industrie-

gebäude für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht

werden? Diese Arbeit liefert eine überzeugende

Antwort und eine klare Positionierung zur Umnut-

zungsmöglichkeit der ehemaligen Papiermühle.

Das historische Gebäude bleibt in seinem

bestehenden Volumen weitgehend erhalten. Mit

einem gedeckten Aussenraum vor dem westlichen

Nebengebäude wird der Haupteingang neu defi-

niert und so ein Bezug zum Quartier im Westen

hergestellt. So wird auch das Gebäude neu zum

Quartier orientiert. Gezielte Durchbrüche zum

Neben- und Hauptgebäude und ein Zugang zum

Sitzplatz integrieren den bogenförmigen Raum des

Ketthauses in das Geschehen im Innern des Ge-

bäudes. Dadurch wird der historisch wichtige Raum

aufgewertet und gibt der Öffentlichkeit die Gelegen-

heit, die verborgenen Eigenheiten des Gebäudes

zu entdecken. Die Freilegung der Geschosse im

Hauptgebäude ist historisch begründet. Durch die

vom ursprünglichen Ort losgelöste Platzierung des

Aufzugs im westlichen Bereich des Hauptgebäudes

entstehen überraschend grosszügige Räume. Mit

der Aufhebung des Estrichs wird die Ambiance des

ehemaligen Trocknungsraums im Dachgeschoss

wiederhergestellt.

Die für das Hauptgebäude charakteristische

Anordnung der Treppen wird beibehalten und die an

sich interessante Abfolge der Erschliessungsräume

hervorgehoben. Diese überzeugt aber nur bedingt.

Die Treppe zum Dachgeschoss stiehlt das natür-

liche Licht und schafft einen unangenehm düsteren

Vorraum zum grosszügig beleuchteten Grossraum.

Ausserdem wirkt die Anordnung der Sanitärzellen

noch nicht ausgereift. Durch das Entfernen des

zweiten Zugangs wird das Dachgeschoss des

Nebengebäudes an das Hauptgebäude gekoppelt.

Der lange, dunkle Verbindungskorridor wertet

dieses Geschoss mit seinen räumlichen Qualitäten

unverdienterweise zu einem Nebenraum ab. Die

Ausgestaltung des Eingangsbereichs ist im Ansatz

überzeugend, bedarf aber noch einer Weiterent-

wicklung.

Insgesamt lobt das Auswahlgremium die klare

Stellungnahme und Strategie zur künftigen Nutzung

der ehemaligen Papiermühle, welche von einer sehr

sorgfältigen Analyse der Umgebung und des Quar-

tiers abgeleitet wurde. Mittels minimaler Eingriffe

in die bestehende Struktur wird Altes auf kreative

und frische Weise Neuem zugeführt. Das Potenzial

dieses architektonischen und nutzungsorientierten

Lösungsansatzes besticht und bietet eine ausge-

zeichnete Gelegenheit, die ehemalige Papiermühle

durch eine kluge Mischung aus Kultur, Dienstlei-

stung und sozialen Veranstaltungen der Öffentlich-

keit zugänglich zu machen. Abt Bernhard II lädt zur

Betriebsbesichtigung!

Architektur Bischof Gruber Architekten ETH SIA

Norbert Föhn, Mathias Gunz

Zürich / St.Gallen

Bauphysik Studer + Strauss, St.Gallen

zur Weiterbearbeitung empfohlen

Page 19: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen

19Gemeinschaftszentrum Papiermühle

Aufgrund ihrer historischen Bedeutung, ihres stattlichen Erscheinungsbildes sowie ihrer vielseitigen räumlichen Möglichkeiten wollen wir die ehemalige Papiermühle der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das über lange Zeit gewerblich genutzte Haus soll mit einfachen aber präzisen Eingriffen zu einem lebendigen Treffpunkt für die Bevölkerung der angrenzenden Wohnquartiere umgestaltet werden. Als Gemeinschaftszentrum Papiermühle kommt das verkehrstechnisch günstig gelegene Haus dem zunehmenden Bedürfnis nach öffentlich und halböffentlich nutzbaren Räumlichkeiten nach. Es soll Einzelpersonen, Vereinen und Gemeinschaften Raum bieten für Hobbies, Handwerk, Begegnung, Leidenschaften.

Ein Haus für Alle

Im Erdgeschoss sind folgende Nutzungen vorgesehen: ein grosser Gemeinschaftsraum mit Küche (für Vereinsabende, Mittagstische, Tanzkurse, Mütternberatung, Filmnacht, Kinderdisko, Geburtstagsfest, Spielgruppe, Tagesstätte für ältere Leute, Bazar etc.) und eine einfache Werkstatt, in der Jugendliche aus dem Quartier unter fachlicher Betreuung eigene Projekte verwirklichen können und Bastelkurse stattfinden (Kerzenziehen, Papierschöpfen, Töpfern etc.). Auch ein kleiner (Kunst-) Hand-werksbetrieb kann sich hier einmieten. Die oberen Geschosse beherbergen ein breites Spektrum an vermietbaren Räumen, welche Platz bieten für: Gemeinschafts-büros, Galerien, Kunstateliers, kleinunternehmerische Tätigkeiten, Ausstellungen, Spielnachmittage, Lesezirkel, Vereinshöck, Yoga, Nähateliers etc. Im Obergeschoss des Nebengebäudes sind lärmintensivere Nutzungen denkbar, beispielsweise ein Musikproberaum. Diese vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten sowie die Freilegung der dem Gebäude innewohnenden robusten Schönheit sollen die Papiermühle zu einer langlebigen Institution im St. Galler Westen machen.

Strategie der architektonischen Eingriffe

Die architektonischen Eingriffe konzentrieren sich weitgehend auf den Erhalt der historisch schützenswerten Bausubstanz und die Stärkung der bestehenden räum-lichen Qualitäten. Die kaskadierende Treppenanlage bleibt das Rückgrat des Gebäudes und wird um die notwendige Infrastruktur ergänzt. Die Wohnungseinbauten in Leichtbauweise der 1950er Jahre werden entfernt und die historische Haupttragstruktur freigelegt. Im Erdgeschoss entsteht dadurch ein grosszügiger Saal. Die vielseitig nutzbare Kammerung im 1. Obergeschoss, wo mutmasslich der Papierer und das Gesinde gewohnt haben, bleibt erhalten. Im 2. Obergeschoss entsteht eine flexibel unterteilbare Nutzfläche. Der Dachstuhl, wo ehemals das Papier zum Trocknen hing, wird durch Entfernen des Estrichbodens zu einem zweigeschossigen, offenen Dachraum. Das Thema der für Papiermühlen charakteristischen Lüftungsgauben wird zur Inszenierung des Dachstuhls wieder aufgenommen. Die Ergän-zung der vorhandenen Gauben sowie ein gedeckter Eingangsbereich sind die einzigen Veränderungen im äusseren Erscheinungsbild. Im Erdgeschoss verschmelzen Hauptgebäude, Ketthaus und Nebengebäude - heute voneinander abgetrennt - zu einer Einheit. Das Ketthaus wird zum zentralen Erschliessungsraum, das sowohl die Innenräume als auch die Aussenplätze vor und hinter dem Haus miteinander verbindet und so die ehemalige Bewegung des Wassers durchs Haus nachzeichnet. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit

Das gemauerte Erdgeschoss, die Holzkonstruktion und das Dach werden von innen angemessen gedämmt. Alternativ kann eine Beschränkung des Dämmperimeters - zum Beispiel ein ungedämmter Dachraum - in Betracht gezogen werden. Die Haustechnik wird erneuert oder neu erstellt (elektrische und sanitäre Installationen, Zentralheizung). Die geschossweise kompakte Anordnung der sanitären Einrichtungen ermöglicht eine geringe, nur punktuelle Belastung der historischen Holzstruk-tur. Brand- und Schallschutz werden mittels rückbaubarer Elemente bewerkstelligt. Minimale Eingriffe in die Gebäudestruktur, objektverträgliche Nutzung sowie ein einfacher Ausbaustandard ermöglichen ein sinnvolles Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Kett

haus

34m

2

S I T Z P L A T Z

G E D E C K T E RV O R P L A T Z

Werkstatt76m2

Küche13m2

Reduit 6m2

K R Ä Z E R N S T R A S S E

bestehender Parkplatzbei Bedarf erweiterbar

S P I E L W I E S E

IV

Gemeinschaftsraum 87m2IV

N

Velos

Erdgeschoss 1:200

Nähatelier 1. OG

Bastelwerkstatt EG

Kinderzirkus EG

Tanzkurs DG

Jungunternehmer 2. OG

P A P I E R M Ü H L E

Page 20: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums

20

8 125m2

10m2

7 125m2

Verteilung

Technik1 15m2

2 16m2

3 27m24 21m25 15m2

6 85m2

1 - 8 vermietbare Räume

Technik-

zentrale

Gemeinschaftsraum Erdgeschoss (Modellfoto)

Querschnitt 1:300Längsschnitt 1:300

1. Obergeschoss 1:200

2. Obergeschoss 1:200

Dachgeschoss 1:200

Ketthaus - ehemaliger Standort des Wasserrads (Modellfoto)

Atelierraum Dachgeschoss (Modellfoto)

Page 21: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Bericht des Auswahlgremiums Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen

21

Projekt Nr. 5

Vom Lebensnerv der Papiermühle zur Haupter-

schliessung des Gebäudes: Wie kann einem mittel-

alterlichen Technikraum seine zentrale Bedeutung

wiedergegeben werden? Ein gezielter architekto-

nischer Eingriff organisiert die ehemalige Papier-

mühle von Grund auf neu.

Dieser Lösungsansatz nimmt sich die ursprüng-

liche Energieversorgung durch das Wasserrad zum

Thema und definiert das Ketthaus zur Erschlies-

sungszone. Auf diese Weise können sowohl das

Haupt-, als auch das Nebengebäude der ehema-

ligen Papiermühle von einem zentralen Ort erreicht

werden, der ursprüngliche Wasserfluss macht dem

Personenfluss Platz. Die Platzierung des Trep-

penhauses erlaubt in den Geschossen eine sehr

rationale und freie Unterteilung der Räume und

lässt den künftigen Mietern ein sehr hohes Mass

an Kreativität für den Innenausbau. Das Ketthaus

erhält eine klare Funktion innerhalb des Gebäudes

und wird zugleich in der Nutzung aufgewertet.

Dieser Lösungsansatz zeichnet sich durch eine

konsequente Umsetzung aus. Sanitärbereiche so-

wie Heizungs- und Lüftungsanlagen lassen sich auf

einfache Weise in das Konzept integrieren.

Der architektonische Ansatz legt den Fokus

auf die Erschliessung im Innern der ehemaligen

Papiermühle und scheint auf den ersten Blick sehr

überzeugend. Der vorgeschlagene Treppenkern

vermag jedoch nicht alle erschliessungstechnischen

Probleme zu lösen. Die natürliche Beleuchtung

fehlt gänzlich. Deshalb lässt sich der relativ schwer-

wiegende Eingriff in die historische Bausubstanz

kaum rechtfertigen. Trotz des interessanten kon-

zeptionellen Lösungsansatzes zur Geschichte des

Gebäudes wird der Umgang mit dem charakteri-

stischen Innenausbau nur ungenügend thematisiert.

Es ist zu bezweifeln, ob die künftigen Nutzenden

das Gebäudeinnere dem historischen Vorbild getreu

ausstatten und umbauen können. Ein völlig neues

Erschliessungskonzept und ein unkontrollierter

Innenausbau bergen das Risiko, dem Gebäude sei-

ne Geschichte und Substanz zu entziehen. Dieser

Ansatz ist denkmalpflegerisch sehr fraglich.

Das Auswahlgremium vermisst eine klare Stel-

lungnahme zur künftigen Nutzung des Gebäudes

sowie das Zusammenspiel verschiedener Nutzungs-

möglichkeiten. Das interessante architektonische

Konzept vermag der ehemaligen Papiermühle nicht

die ihm zustehende Wertschätzung zurückzugeben.

Architektur Rossetti + Wyss

Architekten AG, Zürich

Mitarbeit Claudio Sticca, Verena Meissner

Page 22: Kräzernstrasse 79 Umbau der ehemaligen Papiermühle

Auswahlverfahren Papiermühle St.Gallen Bericht des Auswahlgremiums

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