Kulturen im digitalen Wandel

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Perspektiven des Bundes für Vermittlung, Vernetzung und Verständigung Kulturen im digitalen Wandel

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Perspektiven des Bundes fuumlr Vermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung

Kulturen im digitalen Wandel

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tivere und bessere Vermittlung bis hin zu einer effektiveren Einrichtungen und Sparten uumlber-greifenden Vernetzung

Die Kontaktbeschraumlnkungen und der Lockdown haben zugleich gezeigt wie sehr wir auf physische Naumlhe angewiesen sind Das Bildschirmerlebnis kann das Gemeinschaftserlebnis nicht ersetzen Digitale Technologien koumlnnen aber mit groszligem Gewinn Kultur fuumlr alle verfuumlgbar machen verbrei-ten und vermitteln Sie bringen Menschen mitei-nander in Kontakt und tragen dazu bei dass wir voneinander lernen und Wissen teilen Mit dem Perspektivpapier formulieren wir gemeinsam mit den beteiligten Einrichtungen und Fachleuten den Anspruch die gesamtgesellschaftliche De-batte und die Verstaumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels mitzupraumlgen Sie alle sind weiterhin herzlich eingeladen sich an dieser zukunftsweisenden Diskussion zu beteiligen

Prof Monika Gruumltters MdB Staatsministerin fuumlr Kultur und Medien

Liebe Leserinnen und Leser

Der Kulturbereich hat durch die Corona-Krise einen ungekannten Digitalisierungsschub erlebt Vom live gestreamten Wohnzimmerkonzert bis zur digitalen Konzerthalle von der Autorenlesung mit Online-Chat bis zur virtuellen Museumsfuumlh-rung Es gab viele gute Ideen die es Einrichtun-gen und Kreativen ermoumlglicht haben auf digita-len Wegen mit ihrem Publikum in Verbindung zu bleiben Der Bund hat diese Entwicklung mit einer Digitalisierungsoffensive und gezielten Corona-Hilfsmaszlignahmen massiv unterstuumltzt

Der digitale Wandel verlaumluft weiter so dynamisch dass wir uns mit dem Erreichten nicht zufrieden-geben duumlrfen Deshalb haben wir in den vergan-genen Monaten mit einer Kernarbeitsgruppe minus bestehend aus Einrichtungen unterschiedlicher Sparten und Kulturverbaumlnden minus sowie unter Ein-beziehung zahlreicher weiterer Expertinnen und Experten einen partizipativen Strategieprozess gestartet der zum Perspektivpapier des Bundes bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo gefuumlhrt hat Ich freue mich daruumlber dass das Ergebnis von den Beteiligten mitgetragen wird Stellvertretend fuumlr alle Mitwirkenden bedanke ich mich ausdruumlck-lich fuumlr das Engagement der Deutschen National-bibliothek und ihres Generaldirektors Frank Scholze die diesen Prozess gemeinsam mit dem Bundeskulturressort moderiert haben

Das Perspektivpapier zeigt wo wir stehen und auf welchen Feldern weiterer Handlungsbedarf besteht Die Herausforderungen reichen dabei von der staumlrkeren Verlaumlsslichkeit und Verfuumlgbar-keit digitaler Infrastrukturen uumlber eine attrak-

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Inhalt

Ziele des Perspektivpapiers 7

Arbeits felder des Kultur-Wandels 17

1 Verstaumlndigung 172 Verlaumlsslichkeit 213 Verfuumlgbarkeit 234 Vermoumlgen 285 Vermittlung 306 Vernetzung 34

Fazit 39

Impressum 42

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Kultur wirkt als Motor fuumlr soziale Teilhabe demo-kratische Bildung oumlkonomischen Wohlstand und nachhaltiges Wachstum Sie stiftet Identitaumlt ndash fuumlr Einzelne wie fuumlr eine ganze Gesellschaft Sie in-spiriert gibt Anstoszlig zu Innovationen und traumlgt so zur Zukunftsfaumlhigkeit unseres Landes bei Sie gibt Anregungen und Denkanstoumlszlige reflektiert und kritisiert Sie bildet einen Resonanzraum und ist Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen Sie ist zentraler Ort von Dialog und Debatten von Konflikten und Wertediskussionen Zugleich

gehen von ihr Aumlsthetik Abenteuer und Spiel Amuumlsement und Emotion sinnliche und intel-lektuelle Erkenntnis aus Des Weiteren ist Kultur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Die geistigen kreativen emotionalen und aumlsthetischen aber auch die integrativen sozialen und ethischen Impulse des Kulturbereichs sind verfassungs-rechtlich geschuumltzte Kernbestandteile unserer demokratischen Gesellschaft All das gilt in Zei-ten des digitalen Wandels mehr denn je

Begriffsbestimmung

Eine abgeschlossene Definition des Begriffs der Digitalisierung soll hier nicht vorgege-ben werden Eine Annaumlherung erlaubt die Formulierung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) in ihrem im Okto-ber 2020 veroumlffentlichten Impulspapier bdquoDigitaler Wandel in den Wissenschaftenldquo Mit dem Begriff bdquodigitaler Wandel werden alle relevanten Veraumlnderungen und Auswir-kungen in epistemischer ethischer recht-licher technischer infrastruktureller orga-

nisatorischer finanzieller und auch sozialer Hinsicht zusammengefasst die sich durch die Entwicklung und Nutzung digitaler Technologienldquo ergeben Diese Beschreibung laumlsst sich auch als Ausgangspunkt fuumlr den Kulturbereich nutzbar machen

Ziele des Perspektiv-papiers

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Digitale Technologien und Prozesse beeinflussen ebenso wie digital gepraumlgte Denkweisen Arbeits-formen und Erwartungshaltungen zunehmend alle Bereiche von Gesellschaft Wirtschaft Wissen-schaft und Kultur Bei allen Parallelen vollzieht sich der digitale Wandel im Kulturbereich auf spe-zifische Weise Er nimmt hier eigene Wege findet eigene Loumlsungen formuliert zudem eigene Werte Ziele und Anspruumlche Und gerade deshalb leistet der Kulturbereich einen wichtigen Beitrag zum umfassenden gesellschaftlichen Transformations-prozess insgesamt Dieses Papier will aus Sicht des Bundes Perspektiven aufzeigen fuumlr einen digi-talen Kultur-Wandel Jene digitale Transforma-tion des Kulturbetriebs gilt es daruumlber hinaus in Beziehung zum allgemeinen Kulturwandel zu setzen ndash also zum gesellschaftlichen Wandel der mit der Digitalisierung generell einhergeht

Als Treiberin des Kultur-Wandels und des Kultur-wandels ist die Digitalisierung mit vielfaumlltigen He-rausforderungen verbunden Diese beziehen sich auf die grundlegenden Bedingungen des digitalen Arbeitens wie Informationstechnologie Infra-struktur Bestandsdigitalisierung Datenstandards Langzeitarchivierung und digitale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerade in Kultureinrichtungen beruumlhrt der digitale Wandel dabei den Kern des Kulturellen selbst ndash die Ar-beitsweise und Organisation die Produktion und Praumlsentation das Selbstverstaumlndnis der Kultur-akteurinnen und -akteure sowie deren Rolle in der Gesellschaft Der Kultur-Wandel ist eine komplexe

dynamische und unabgeschlossene Entwicklung die viel Bewaumlhrtes im Kulturbereich in Frage stellt

Der digitale Kultur-Wandel loumlst vielfach auch Aumlngste aus So besteht gerade bei den vielen klei-nen die Vielfalt in Deutschland aber maszliggeblich ausmachenden Kulturakteurinnen und -akteuren die Sorge mangels Sichtbarkeit im digitalen Raum abgehaumlngt zu werden Die von wenigen groszligen Unternehmen dominierte Aufmerksamkeitsoumlko-nomie droht kulturelle Relevanz auf wirtschaft-lich nutzbare Kategorien wie Nutzerzahlen und Klicks zu verengen Auf Nutzerinnen- und Nutzer-seite ist dies mit dem Verlangen verbunden dass alles kulturell Bedeutungsvolle in Echtzeit jeder-zeit digital konsumierbar sein muss Noch nie war es so schwer zu verdeutlichen dass kuumlnstlerisches Schaffen nicht nur Wertschaumltzung sondern auch den Schutz der Werke vor unberechtigter Nutzung durch Dritte erfordert Noch nie war es so schwer zu vermitteln dass Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler einen angemessenen Anteil an dem erhalten muumls-sen was mit ihren kreativen Leistungen erwirt-schaftet wird

Indes war Kultur noch nie so einfach und so nied-rigschwellig zugaumlnglich wie heute Noch nie war es so unkompliziert selbst kulturell produktiv zu werden und dabei unmittelbar eine breite Oumlffent-lichkeit zu erreichen Bei allen Herausforderun-gen uumlberwiegen die Moumlglichkeiten und Chancen des digitalen Wandels Einst ungeahnte Moumlg-lichkeiten der Zugaumlnglichkeit von und Teilhabe an Kultur entwickeln sich Neue Chancen fuumlr die Kulturgutsicherung Neue Vermittlungsformen Neue kulturelle Teilhabepraktiken in Partizipation und Interaktion Neue Wege kulturelles Wissen zu erschlieszligen Neue agile themenorientierte und spartenuumlbergreifende Arbeitsformen

Der digitale Kultur-Wandel zwingt allerdings dazu die eigene Arbeit auf den Pruumlfstand zu stellen und neu zu gestalten Zentrale Erscheinungsformen

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 2: Kulturen im digitalen Wandel

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tivere und bessere Vermittlung bis hin zu einer effektiveren Einrichtungen und Sparten uumlber-greifenden Vernetzung

Die Kontaktbeschraumlnkungen und der Lockdown haben zugleich gezeigt wie sehr wir auf physische Naumlhe angewiesen sind Das Bildschirmerlebnis kann das Gemeinschaftserlebnis nicht ersetzen Digitale Technologien koumlnnen aber mit groszligem Gewinn Kultur fuumlr alle verfuumlgbar machen verbrei-ten und vermitteln Sie bringen Menschen mitei-nander in Kontakt und tragen dazu bei dass wir voneinander lernen und Wissen teilen Mit dem Perspektivpapier formulieren wir gemeinsam mit den beteiligten Einrichtungen und Fachleuten den Anspruch die gesamtgesellschaftliche De-batte und die Verstaumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels mitzupraumlgen Sie alle sind weiterhin herzlich eingeladen sich an dieser zukunftsweisenden Diskussion zu beteiligen

Prof Monika Gruumltters MdB Staatsministerin fuumlr Kultur und Medien

Liebe Leserinnen und Leser

Der Kulturbereich hat durch die Corona-Krise einen ungekannten Digitalisierungsschub erlebt Vom live gestreamten Wohnzimmerkonzert bis zur digitalen Konzerthalle von der Autorenlesung mit Online-Chat bis zur virtuellen Museumsfuumlh-rung Es gab viele gute Ideen die es Einrichtun-gen und Kreativen ermoumlglicht haben auf digita-len Wegen mit ihrem Publikum in Verbindung zu bleiben Der Bund hat diese Entwicklung mit einer Digitalisierungsoffensive und gezielten Corona-Hilfsmaszlignahmen massiv unterstuumltzt

Der digitale Wandel verlaumluft weiter so dynamisch dass wir uns mit dem Erreichten nicht zufrieden-geben duumlrfen Deshalb haben wir in den vergan-genen Monaten mit einer Kernarbeitsgruppe minus bestehend aus Einrichtungen unterschiedlicher Sparten und Kulturverbaumlnden minus sowie unter Ein-beziehung zahlreicher weiterer Expertinnen und Experten einen partizipativen Strategieprozess gestartet der zum Perspektivpapier des Bundes bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo gefuumlhrt hat Ich freue mich daruumlber dass das Ergebnis von den Beteiligten mitgetragen wird Stellvertretend fuumlr alle Mitwirkenden bedanke ich mich ausdruumlck-lich fuumlr das Engagement der Deutschen National-bibliothek und ihres Generaldirektors Frank Scholze die diesen Prozess gemeinsam mit dem Bundeskulturressort moderiert haben

Das Perspektivpapier zeigt wo wir stehen und auf welchen Feldern weiterer Handlungsbedarf besteht Die Herausforderungen reichen dabei von der staumlrkeren Verlaumlsslichkeit und Verfuumlgbar-keit digitaler Infrastrukturen uumlber eine attrak-

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Inhalt

Ziele des Perspektivpapiers 7

Arbeits felder des Kultur-Wandels 17

1 Verstaumlndigung 172 Verlaumlsslichkeit 213 Verfuumlgbarkeit 234 Vermoumlgen 285 Vermittlung 306 Vernetzung 34

Fazit 39

Impressum 42

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Kultur wirkt als Motor fuumlr soziale Teilhabe demo-kratische Bildung oumlkonomischen Wohlstand und nachhaltiges Wachstum Sie stiftet Identitaumlt ndash fuumlr Einzelne wie fuumlr eine ganze Gesellschaft Sie in-spiriert gibt Anstoszlig zu Innovationen und traumlgt so zur Zukunftsfaumlhigkeit unseres Landes bei Sie gibt Anregungen und Denkanstoumlszlige reflektiert und kritisiert Sie bildet einen Resonanzraum und ist Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen Sie ist zentraler Ort von Dialog und Debatten von Konflikten und Wertediskussionen Zugleich

gehen von ihr Aumlsthetik Abenteuer und Spiel Amuumlsement und Emotion sinnliche und intel-lektuelle Erkenntnis aus Des Weiteren ist Kultur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Die geistigen kreativen emotionalen und aumlsthetischen aber auch die integrativen sozialen und ethischen Impulse des Kulturbereichs sind verfassungs-rechtlich geschuumltzte Kernbestandteile unserer demokratischen Gesellschaft All das gilt in Zei-ten des digitalen Wandels mehr denn je

Begriffsbestimmung

Eine abgeschlossene Definition des Begriffs der Digitalisierung soll hier nicht vorgege-ben werden Eine Annaumlherung erlaubt die Formulierung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) in ihrem im Okto-ber 2020 veroumlffentlichten Impulspapier bdquoDigitaler Wandel in den Wissenschaftenldquo Mit dem Begriff bdquodigitaler Wandel werden alle relevanten Veraumlnderungen und Auswir-kungen in epistemischer ethischer recht-licher technischer infrastruktureller orga-

nisatorischer finanzieller und auch sozialer Hinsicht zusammengefasst die sich durch die Entwicklung und Nutzung digitaler Technologienldquo ergeben Diese Beschreibung laumlsst sich auch als Ausgangspunkt fuumlr den Kulturbereich nutzbar machen

Ziele des Perspektiv-papiers

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Digitale Technologien und Prozesse beeinflussen ebenso wie digital gepraumlgte Denkweisen Arbeits-formen und Erwartungshaltungen zunehmend alle Bereiche von Gesellschaft Wirtschaft Wissen-schaft und Kultur Bei allen Parallelen vollzieht sich der digitale Wandel im Kulturbereich auf spe-zifische Weise Er nimmt hier eigene Wege findet eigene Loumlsungen formuliert zudem eigene Werte Ziele und Anspruumlche Und gerade deshalb leistet der Kulturbereich einen wichtigen Beitrag zum umfassenden gesellschaftlichen Transformations-prozess insgesamt Dieses Papier will aus Sicht des Bundes Perspektiven aufzeigen fuumlr einen digi-talen Kultur-Wandel Jene digitale Transforma-tion des Kulturbetriebs gilt es daruumlber hinaus in Beziehung zum allgemeinen Kulturwandel zu setzen ndash also zum gesellschaftlichen Wandel der mit der Digitalisierung generell einhergeht

Als Treiberin des Kultur-Wandels und des Kultur-wandels ist die Digitalisierung mit vielfaumlltigen He-rausforderungen verbunden Diese beziehen sich auf die grundlegenden Bedingungen des digitalen Arbeitens wie Informationstechnologie Infra-struktur Bestandsdigitalisierung Datenstandards Langzeitarchivierung und digitale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerade in Kultureinrichtungen beruumlhrt der digitale Wandel dabei den Kern des Kulturellen selbst ndash die Ar-beitsweise und Organisation die Produktion und Praumlsentation das Selbstverstaumlndnis der Kultur-akteurinnen und -akteure sowie deren Rolle in der Gesellschaft Der Kultur-Wandel ist eine komplexe

dynamische und unabgeschlossene Entwicklung die viel Bewaumlhrtes im Kulturbereich in Frage stellt

Der digitale Kultur-Wandel loumlst vielfach auch Aumlngste aus So besteht gerade bei den vielen klei-nen die Vielfalt in Deutschland aber maszliggeblich ausmachenden Kulturakteurinnen und -akteuren die Sorge mangels Sichtbarkeit im digitalen Raum abgehaumlngt zu werden Die von wenigen groszligen Unternehmen dominierte Aufmerksamkeitsoumlko-nomie droht kulturelle Relevanz auf wirtschaft-lich nutzbare Kategorien wie Nutzerzahlen und Klicks zu verengen Auf Nutzerinnen- und Nutzer-seite ist dies mit dem Verlangen verbunden dass alles kulturell Bedeutungsvolle in Echtzeit jeder-zeit digital konsumierbar sein muss Noch nie war es so schwer zu verdeutlichen dass kuumlnstlerisches Schaffen nicht nur Wertschaumltzung sondern auch den Schutz der Werke vor unberechtigter Nutzung durch Dritte erfordert Noch nie war es so schwer zu vermitteln dass Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler einen angemessenen Anteil an dem erhalten muumls-sen was mit ihren kreativen Leistungen erwirt-schaftet wird

Indes war Kultur noch nie so einfach und so nied-rigschwellig zugaumlnglich wie heute Noch nie war es so unkompliziert selbst kulturell produktiv zu werden und dabei unmittelbar eine breite Oumlffent-lichkeit zu erreichen Bei allen Herausforderun-gen uumlberwiegen die Moumlglichkeiten und Chancen des digitalen Wandels Einst ungeahnte Moumlg-lichkeiten der Zugaumlnglichkeit von und Teilhabe an Kultur entwickeln sich Neue Chancen fuumlr die Kulturgutsicherung Neue Vermittlungsformen Neue kulturelle Teilhabepraktiken in Partizipation und Interaktion Neue Wege kulturelles Wissen zu erschlieszligen Neue agile themenorientierte und spartenuumlbergreifende Arbeitsformen

Der digitale Kultur-Wandel zwingt allerdings dazu die eigene Arbeit auf den Pruumlfstand zu stellen und neu zu gestalten Zentrale Erscheinungsformen

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

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kulturstaatsministerinde

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tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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kulturstaatsministerinde

  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 3: Kulturen im digitalen Wandel

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Inhalt

Ziele des Perspektivpapiers 7

Arbeits felder des Kultur-Wandels 17

1 Verstaumlndigung 172 Verlaumlsslichkeit 213 Verfuumlgbarkeit 234 Vermoumlgen 285 Vermittlung 306 Vernetzung 34

Fazit 39

Impressum 42

7

Kultur wirkt als Motor fuumlr soziale Teilhabe demo-kratische Bildung oumlkonomischen Wohlstand und nachhaltiges Wachstum Sie stiftet Identitaumlt ndash fuumlr Einzelne wie fuumlr eine ganze Gesellschaft Sie in-spiriert gibt Anstoszlig zu Innovationen und traumlgt so zur Zukunftsfaumlhigkeit unseres Landes bei Sie gibt Anregungen und Denkanstoumlszlige reflektiert und kritisiert Sie bildet einen Resonanzraum und ist Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen Sie ist zentraler Ort von Dialog und Debatten von Konflikten und Wertediskussionen Zugleich

gehen von ihr Aumlsthetik Abenteuer und Spiel Amuumlsement und Emotion sinnliche und intel-lektuelle Erkenntnis aus Des Weiteren ist Kultur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Die geistigen kreativen emotionalen und aumlsthetischen aber auch die integrativen sozialen und ethischen Impulse des Kulturbereichs sind verfassungs-rechtlich geschuumltzte Kernbestandteile unserer demokratischen Gesellschaft All das gilt in Zei-ten des digitalen Wandels mehr denn je

Begriffsbestimmung

Eine abgeschlossene Definition des Begriffs der Digitalisierung soll hier nicht vorgege-ben werden Eine Annaumlherung erlaubt die Formulierung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) in ihrem im Okto-ber 2020 veroumlffentlichten Impulspapier bdquoDigitaler Wandel in den Wissenschaftenldquo Mit dem Begriff bdquodigitaler Wandel werden alle relevanten Veraumlnderungen und Auswir-kungen in epistemischer ethischer recht-licher technischer infrastruktureller orga-

nisatorischer finanzieller und auch sozialer Hinsicht zusammengefasst die sich durch die Entwicklung und Nutzung digitaler Technologienldquo ergeben Diese Beschreibung laumlsst sich auch als Ausgangspunkt fuumlr den Kulturbereich nutzbar machen

Ziele des Perspektiv-papiers

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Digitale Technologien und Prozesse beeinflussen ebenso wie digital gepraumlgte Denkweisen Arbeits-formen und Erwartungshaltungen zunehmend alle Bereiche von Gesellschaft Wirtschaft Wissen-schaft und Kultur Bei allen Parallelen vollzieht sich der digitale Wandel im Kulturbereich auf spe-zifische Weise Er nimmt hier eigene Wege findet eigene Loumlsungen formuliert zudem eigene Werte Ziele und Anspruumlche Und gerade deshalb leistet der Kulturbereich einen wichtigen Beitrag zum umfassenden gesellschaftlichen Transformations-prozess insgesamt Dieses Papier will aus Sicht des Bundes Perspektiven aufzeigen fuumlr einen digi-talen Kultur-Wandel Jene digitale Transforma-tion des Kulturbetriebs gilt es daruumlber hinaus in Beziehung zum allgemeinen Kulturwandel zu setzen ndash also zum gesellschaftlichen Wandel der mit der Digitalisierung generell einhergeht

Als Treiberin des Kultur-Wandels und des Kultur-wandels ist die Digitalisierung mit vielfaumlltigen He-rausforderungen verbunden Diese beziehen sich auf die grundlegenden Bedingungen des digitalen Arbeitens wie Informationstechnologie Infra-struktur Bestandsdigitalisierung Datenstandards Langzeitarchivierung und digitale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerade in Kultureinrichtungen beruumlhrt der digitale Wandel dabei den Kern des Kulturellen selbst ndash die Ar-beitsweise und Organisation die Produktion und Praumlsentation das Selbstverstaumlndnis der Kultur-akteurinnen und -akteure sowie deren Rolle in der Gesellschaft Der Kultur-Wandel ist eine komplexe

dynamische und unabgeschlossene Entwicklung die viel Bewaumlhrtes im Kulturbereich in Frage stellt

Der digitale Kultur-Wandel loumlst vielfach auch Aumlngste aus So besteht gerade bei den vielen klei-nen die Vielfalt in Deutschland aber maszliggeblich ausmachenden Kulturakteurinnen und -akteuren die Sorge mangels Sichtbarkeit im digitalen Raum abgehaumlngt zu werden Die von wenigen groszligen Unternehmen dominierte Aufmerksamkeitsoumlko-nomie droht kulturelle Relevanz auf wirtschaft-lich nutzbare Kategorien wie Nutzerzahlen und Klicks zu verengen Auf Nutzerinnen- und Nutzer-seite ist dies mit dem Verlangen verbunden dass alles kulturell Bedeutungsvolle in Echtzeit jeder-zeit digital konsumierbar sein muss Noch nie war es so schwer zu verdeutlichen dass kuumlnstlerisches Schaffen nicht nur Wertschaumltzung sondern auch den Schutz der Werke vor unberechtigter Nutzung durch Dritte erfordert Noch nie war es so schwer zu vermitteln dass Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler einen angemessenen Anteil an dem erhalten muumls-sen was mit ihren kreativen Leistungen erwirt-schaftet wird

Indes war Kultur noch nie so einfach und so nied-rigschwellig zugaumlnglich wie heute Noch nie war es so unkompliziert selbst kulturell produktiv zu werden und dabei unmittelbar eine breite Oumlffent-lichkeit zu erreichen Bei allen Herausforderun-gen uumlberwiegen die Moumlglichkeiten und Chancen des digitalen Wandels Einst ungeahnte Moumlg-lichkeiten der Zugaumlnglichkeit von und Teilhabe an Kultur entwickeln sich Neue Chancen fuumlr die Kulturgutsicherung Neue Vermittlungsformen Neue kulturelle Teilhabepraktiken in Partizipation und Interaktion Neue Wege kulturelles Wissen zu erschlieszligen Neue agile themenorientierte und spartenuumlbergreifende Arbeitsformen

Der digitale Kultur-Wandel zwingt allerdings dazu die eigene Arbeit auf den Pruumlfstand zu stellen und neu zu gestalten Zentrale Erscheinungsformen

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 4: Kulturen im digitalen Wandel

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Kultur wirkt als Motor fuumlr soziale Teilhabe demo-kratische Bildung oumlkonomischen Wohlstand und nachhaltiges Wachstum Sie stiftet Identitaumlt ndash fuumlr Einzelne wie fuumlr eine ganze Gesellschaft Sie in-spiriert gibt Anstoszlig zu Innovationen und traumlgt so zur Zukunftsfaumlhigkeit unseres Landes bei Sie gibt Anregungen und Denkanstoumlszlige reflektiert und kritisiert Sie bildet einen Resonanzraum und ist Spiegel gesellschaftlicher Entwicklungen Sie ist zentraler Ort von Dialog und Debatten von Konflikten und Wertediskussionen Zugleich

gehen von ihr Aumlsthetik Abenteuer und Spiel Amuumlsement und Emotion sinnliche und intel-lektuelle Erkenntnis aus Des Weiteren ist Kultur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor Die geistigen kreativen emotionalen und aumlsthetischen aber auch die integrativen sozialen und ethischen Impulse des Kulturbereichs sind verfassungs-rechtlich geschuumltzte Kernbestandteile unserer demokratischen Gesellschaft All das gilt in Zei-ten des digitalen Wandels mehr denn je

Begriffsbestimmung

Eine abgeschlossene Definition des Begriffs der Digitalisierung soll hier nicht vorgege-ben werden Eine Annaumlherung erlaubt die Formulierung der Deutschen Forschungs-gemeinschaft (DFG) in ihrem im Okto-ber 2020 veroumlffentlichten Impulspapier bdquoDigitaler Wandel in den Wissenschaftenldquo Mit dem Begriff bdquodigitaler Wandel werden alle relevanten Veraumlnderungen und Auswir-kungen in epistemischer ethischer recht-licher technischer infrastruktureller orga-

nisatorischer finanzieller und auch sozialer Hinsicht zusammengefasst die sich durch die Entwicklung und Nutzung digitaler Technologienldquo ergeben Diese Beschreibung laumlsst sich auch als Ausgangspunkt fuumlr den Kulturbereich nutzbar machen

Ziele des Perspektiv-papiers

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Digitale Technologien und Prozesse beeinflussen ebenso wie digital gepraumlgte Denkweisen Arbeits-formen und Erwartungshaltungen zunehmend alle Bereiche von Gesellschaft Wirtschaft Wissen-schaft und Kultur Bei allen Parallelen vollzieht sich der digitale Wandel im Kulturbereich auf spe-zifische Weise Er nimmt hier eigene Wege findet eigene Loumlsungen formuliert zudem eigene Werte Ziele und Anspruumlche Und gerade deshalb leistet der Kulturbereich einen wichtigen Beitrag zum umfassenden gesellschaftlichen Transformations-prozess insgesamt Dieses Papier will aus Sicht des Bundes Perspektiven aufzeigen fuumlr einen digi-talen Kultur-Wandel Jene digitale Transforma-tion des Kulturbetriebs gilt es daruumlber hinaus in Beziehung zum allgemeinen Kulturwandel zu setzen ndash also zum gesellschaftlichen Wandel der mit der Digitalisierung generell einhergeht

Als Treiberin des Kultur-Wandels und des Kultur-wandels ist die Digitalisierung mit vielfaumlltigen He-rausforderungen verbunden Diese beziehen sich auf die grundlegenden Bedingungen des digitalen Arbeitens wie Informationstechnologie Infra-struktur Bestandsdigitalisierung Datenstandards Langzeitarchivierung und digitale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerade in Kultureinrichtungen beruumlhrt der digitale Wandel dabei den Kern des Kulturellen selbst ndash die Ar-beitsweise und Organisation die Produktion und Praumlsentation das Selbstverstaumlndnis der Kultur-akteurinnen und -akteure sowie deren Rolle in der Gesellschaft Der Kultur-Wandel ist eine komplexe

dynamische und unabgeschlossene Entwicklung die viel Bewaumlhrtes im Kulturbereich in Frage stellt

Der digitale Kultur-Wandel loumlst vielfach auch Aumlngste aus So besteht gerade bei den vielen klei-nen die Vielfalt in Deutschland aber maszliggeblich ausmachenden Kulturakteurinnen und -akteuren die Sorge mangels Sichtbarkeit im digitalen Raum abgehaumlngt zu werden Die von wenigen groszligen Unternehmen dominierte Aufmerksamkeitsoumlko-nomie droht kulturelle Relevanz auf wirtschaft-lich nutzbare Kategorien wie Nutzerzahlen und Klicks zu verengen Auf Nutzerinnen- und Nutzer-seite ist dies mit dem Verlangen verbunden dass alles kulturell Bedeutungsvolle in Echtzeit jeder-zeit digital konsumierbar sein muss Noch nie war es so schwer zu verdeutlichen dass kuumlnstlerisches Schaffen nicht nur Wertschaumltzung sondern auch den Schutz der Werke vor unberechtigter Nutzung durch Dritte erfordert Noch nie war es so schwer zu vermitteln dass Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler einen angemessenen Anteil an dem erhalten muumls-sen was mit ihren kreativen Leistungen erwirt-schaftet wird

Indes war Kultur noch nie so einfach und so nied-rigschwellig zugaumlnglich wie heute Noch nie war es so unkompliziert selbst kulturell produktiv zu werden und dabei unmittelbar eine breite Oumlffent-lichkeit zu erreichen Bei allen Herausforderun-gen uumlberwiegen die Moumlglichkeiten und Chancen des digitalen Wandels Einst ungeahnte Moumlg-lichkeiten der Zugaumlnglichkeit von und Teilhabe an Kultur entwickeln sich Neue Chancen fuumlr die Kulturgutsicherung Neue Vermittlungsformen Neue kulturelle Teilhabepraktiken in Partizipation und Interaktion Neue Wege kulturelles Wissen zu erschlieszligen Neue agile themenorientierte und spartenuumlbergreifende Arbeitsformen

Der digitale Kultur-Wandel zwingt allerdings dazu die eigene Arbeit auf den Pruumlfstand zu stellen und neu zu gestalten Zentrale Erscheinungsformen

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

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kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

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Servicetelefon 030 18 272 272 1

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zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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kulturstaatsministerinde

  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 5: Kulturen im digitalen Wandel

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Digitale Technologien und Prozesse beeinflussen ebenso wie digital gepraumlgte Denkweisen Arbeits-formen und Erwartungshaltungen zunehmend alle Bereiche von Gesellschaft Wirtschaft Wissen-schaft und Kultur Bei allen Parallelen vollzieht sich der digitale Wandel im Kulturbereich auf spe-zifische Weise Er nimmt hier eigene Wege findet eigene Loumlsungen formuliert zudem eigene Werte Ziele und Anspruumlche Und gerade deshalb leistet der Kulturbereich einen wichtigen Beitrag zum umfassenden gesellschaftlichen Transformations-prozess insgesamt Dieses Papier will aus Sicht des Bundes Perspektiven aufzeigen fuumlr einen digi-talen Kultur-Wandel Jene digitale Transforma-tion des Kulturbetriebs gilt es daruumlber hinaus in Beziehung zum allgemeinen Kulturwandel zu setzen ndash also zum gesellschaftlichen Wandel der mit der Digitalisierung generell einhergeht

Als Treiberin des Kultur-Wandels und des Kultur-wandels ist die Digitalisierung mit vielfaumlltigen He-rausforderungen verbunden Diese beziehen sich auf die grundlegenden Bedingungen des digitalen Arbeitens wie Informationstechnologie Infra-struktur Bestandsdigitalisierung Datenstandards Langzeitarchivierung und digitale Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gerade in Kultureinrichtungen beruumlhrt der digitale Wandel dabei den Kern des Kulturellen selbst ndash die Ar-beitsweise und Organisation die Produktion und Praumlsentation das Selbstverstaumlndnis der Kultur-akteurinnen und -akteure sowie deren Rolle in der Gesellschaft Der Kultur-Wandel ist eine komplexe

dynamische und unabgeschlossene Entwicklung die viel Bewaumlhrtes im Kulturbereich in Frage stellt

Der digitale Kultur-Wandel loumlst vielfach auch Aumlngste aus So besteht gerade bei den vielen klei-nen die Vielfalt in Deutschland aber maszliggeblich ausmachenden Kulturakteurinnen und -akteuren die Sorge mangels Sichtbarkeit im digitalen Raum abgehaumlngt zu werden Die von wenigen groszligen Unternehmen dominierte Aufmerksamkeitsoumlko-nomie droht kulturelle Relevanz auf wirtschaft-lich nutzbare Kategorien wie Nutzerzahlen und Klicks zu verengen Auf Nutzerinnen- und Nutzer-seite ist dies mit dem Verlangen verbunden dass alles kulturell Bedeutungsvolle in Echtzeit jeder-zeit digital konsumierbar sein muss Noch nie war es so schwer zu verdeutlichen dass kuumlnstlerisches Schaffen nicht nur Wertschaumltzung sondern auch den Schutz der Werke vor unberechtigter Nutzung durch Dritte erfordert Noch nie war es so schwer zu vermitteln dass Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler einen angemessenen Anteil an dem erhalten muumls-sen was mit ihren kreativen Leistungen erwirt-schaftet wird

Indes war Kultur noch nie so einfach und so nied-rigschwellig zugaumlnglich wie heute Noch nie war es so unkompliziert selbst kulturell produktiv zu werden und dabei unmittelbar eine breite Oumlffent-lichkeit zu erreichen Bei allen Herausforderun-gen uumlberwiegen die Moumlglichkeiten und Chancen des digitalen Wandels Einst ungeahnte Moumlg-lichkeiten der Zugaumlnglichkeit von und Teilhabe an Kultur entwickeln sich Neue Chancen fuumlr die Kulturgutsicherung Neue Vermittlungsformen Neue kulturelle Teilhabepraktiken in Partizipation und Interaktion Neue Wege kulturelles Wissen zu erschlieszligen Neue agile themenorientierte und spartenuumlbergreifende Arbeitsformen

Der digitale Kultur-Wandel zwingt allerdings dazu die eigene Arbeit auf den Pruumlfstand zu stellen und neu zu gestalten Zentrale Erscheinungsformen

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 6: Kulturen im digitalen Wandel

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des Kulturellen werden bleiben manche ver-schwinden wieder andere eine veraumlnderte Ge-stalt annehmen oder ein neues Mischungsver-haumlltnis finden

Soll der Kultur-Wandel zum Wohle moumlglichst vieler wirken und dabei gleichermaszligen den Potenzialen des Analogen des originaumlr Digita-len und des Digitalisierten gerecht werden sowie die unterschiedlichen Interessen und Anliegen im Blick behalten bedarf es aktiver kulturpoli-tischer Gestaltung und Entwicklung Vielfalt Qualitaumlt Nachhaltigkeit Teilhabe und Diversitaumlt sind nicht selbstverstaumlndlich sondern koumlnnen und muumlssen erkaumlmpft werden So groszlig also die aktuellen und zukuumlnftigen Aufgaben sind Der digitale Kultur-Wandel sollte kein Anlass fuumlr Kulturpessimismus sein Wir begreifen ihn als Chance zu positiver Veraumlnderung Seine aktive politische Gestaltung ist moumlglich und lohnt sich

So einschneidend die Erfahrungen der zuruumlcklie-genden Pandemiemonate gerade fuumlr den an vie-len Stellen existenziell getroffenen Kulturbereich waren so viel Optimismus laumlsst sich zugleich aus dem Mut der Energie und der Kreativitaumlt ziehen die sich in den zahllosen digitalen Aktionen und Reaktionen Ideen und Initiativen zeigen Ihnen gemeinsam war das Bestreben eine digitale Ant-wort darauf zu finden dass Kultureinrichtungen physisch geschlossen waren Auf diesen Ideen und Erfahrungen laumlsst sich aufbauen

Sie bilden die Praumlmissen dieses Perspektiv-papiers das sich in erster Linie auf oumlffentliche Kultureinrichtungen konzentriert Der digitale Kultur-Wandel

bull verstaumlrkt die Profilierung und Reichweite sowie die Sichtbarkeit und Zugaumlnglichkeit oumlffentli-cher Kulturinstitutionen indem er dezentrale und ortsungebundene kulturelle Angebote moumlglich macht

bull bietet die Chance zu einer mutigeren Innovati-ons- Transfer- und Wagniskultur

bull unterstuumltzt den Erwerb und die permanente Weiterentwicklung von Digitalkompetenz und technologischer Souveraumlnitaumlt bei Kreativen Kultureinrichtungen sowie Kulturinteressierten

bull laumldt ein zu kooperativen sparten- und sektions-uumlbergreifenden digitalen Ansaumltzen im Kultur-bereich

bull eroumlffnet neue erweiterte Zugaumlnge zu kultureller Produktion Interaktion und Partizipation

bull ermoumlglicht Standards fuumlr Interoperabilitaumlt Kompatibilitaumlt Praumlsentation und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler kultureller Informationen

bull zeigt neue Wege auf Wissen zu gewinnen zu erschlieszligen es zu erhalten und zu vermitteln staumlrkt so Transparenz und baut Bruumlcken zu einer strukturierteren Kooperation der Kultur mit Wissenschaft und Forschung und

bull hat das Potenzial die Kultur als souveraumlne und produktive Schrittmacherin des Kulturwandels zu profilieren die ihn im Sinne von Demokratie Teilhabe und Vielfalt mitgestaltet

Die Eigenarten dieses Kultur-Wandels zu verste-hen und die Staumlrken des Kulturbereichs fuumlr den allgemeinen Kulturwandel gesellschaftlich pro-duktiv zu machen sind Anliegen und Ausgangs-punkte dieses Papiers

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 7: Kulturen im digitalen Wandel

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Umsetzung der Koalitions vereinbarung

Im Koalitionsvertrag fuumlr die laufende Legislaturperiode ist bdquoeine mit substanziellen und fi-nanziellen Mitteln unterlegte Strategie fuumlr die Zukunft von Kultureinrichtungen und ihre digitale Transformationldquo vorgesehen Ihre Erarbeitung ist eine von sieben kulturpolitischen Maszlignahmen der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo Sie ist von dem Anspruch getragen neue Wege aufzuzeigen wie Kultureinrichtungen auch in einer zunehmend von digitalen Entwicklungen gepraumlgten Umgebung ihre Aufgaben erfuumll-len koumlnnen Die Grundrichtung dieser Strategie hat Kulturstaatsministerin Monika Gruumltters am 7 Oktober 2019 in einem Artikel fuumlr den bdquoTagesspiegelldquo formuliert Digitalisierung sei im Kulturbereich genauso notwendig wie in Wirtschaft oder Wissenschaft Daher gelte es die Chancen der Digitalisierung konsequent dazu zu nutzen einen Mehrwert fuumlr Kultur-interessierte zu schaffen und neue Zielgruppen anzusprechen bdquoVermittlung Vernetzung und Verstaumlndigung sind der Dreiklang der uns helfen kann die Chancen der Digitalisierung fuumlr die Kultur zu nutzenldquo so die Staatsministerin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und Medien (BKM) flankiert diesen strategischen Prozess mit einer Digitalisierungsoffensive und foumlrdert zahlreiche besonders innovative und transformative Projekte Die Offensive ermutigt dazu digitale Technologien zu erproben anzu-wenden und miteinander zu teilen Dabei koumlnnen gerade Leuchtturmprojekte modellhaft aufzei-gen wie die digitale Transformation in ausgewaumlhl-ten Bereichen gelingen kann Die gefoumlrderten Vorhaben betreffen unterschiedliche der nachfol-gend skizzierten Arbeitsfelder des Perspektivpa-piers Die BKM will diese Digitalisierungsoffensive fortfuumlhren Sie soll einerseits die Entfaltung und Entwicklung von Kultur in einer Umgebung un-terstuumltzen die zunehmend von digitalen Entwick-lungen gepraumlgt ist Andererseits gilt es die Teilha-be am kulturellen Leben zu foumlrdern

Der Kulturbereich ist gekennzeichnet vom vielfach verschraumlnkten Zusammenspiel oumlffentlicher pri-vater und intermediaumlrer Akteure Die kulturpoli-tische Gestaltung der digitalen Transformation in Deutschland ist deshalb eine Aufgabe die weit uumlber den unmittelbaren Zustaumlndigkeitsbereich der Kulturfoumlrderung des Bundes hinausreicht

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

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MKL Druck GmbH amp Co KG

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zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 8: Kulturen im digitalen Wandel

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Diese verteilten Rollen und Verantwortungen gelten auch fuumlr die Digitalisierung sollten aber gerade bei diesem Thema noch staumlrker in den Kategorien von Kooperation und Vernetzung im Verbund gedacht werden Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo formuliert da-her uumlber die konkrete Agenda fuumlr den eigenen Zustaumlndigkeitsbereich hinaus gemeinsame He-rausforderungen oder macht Angebote fuumlr ein gemeinsames Agieren Manche Aspekte des di-gitalen Wandels ndash zum Beispiel die Etablierung technischer Standards wie der Gemeinsamen Normdatei (GND) oder die Entwicklung zen-traler Plattformen wie der Deutschen Digita-len Bibliothek (DDB) ndash beduumlrfen uumlbergreifender Zusammenarbeit Nur so kann sich ihr Mehr-wert fuumlr Kulturinteressierte entfalten

Viele Aspekte des digitalen Wandels gehen alle an etwa die Gewinnung digitaler Fachkraumlfte oder der Umgang mit der Notwendigkeit spezia-lisierte technische Dienstleistungen und deren Knowhow zu sichern Die digitale Kulturland-schaft von morgen muss also als Gemeinschafts-aufgabe begriffen werden fuumlr die alle Ebenen des Staates die beteiligten gesellschaftlichen Gruppen sowie die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenwirken Die BKM hat zuletzt mit dem Rettungs- und Zukunftspaket NEUSTART KULTUR einen wichtigen Beitrag fuumlr den Erhalt und die Sicherung der kulturellen Inf-rastruktur Deutschlands geleistet

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 9: Kulturen im digitalen Wandel

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Foumlrderung digitaler Angebote im Rahmen des Zukunftsprogramms NEUSTART KULTUR

Neben Wirtschaftshilfen fuumlr Soloselbststaumln-dige und Kleinstunternehmen die im Kultur-bereich an vielen Stellen praumlgend sind und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kultur-veranstaltungen foumlrdert der Bund mit NEU-START KULTUR insbesondere individuelle Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler sowie Kultur-einrichtungen die nicht uumlberwiegend von der oumlffentlichen Hand finanziert werden Digitalisierung ist dabei ein Querschnitts-thema das sich durch viele der rund 60 Foumlr-derprogramme von NEUSTART KULTUR zieht Der uumlberwiegende Teil von ihnen um-fasst auch Mittel die fuumlr die Staumlrkung digita-ler Strukturen eingesetzt werden koumlnnen ndash sei es im Rahmen pandemiebedingter Investitionen oder bei Projektfoumlrderungen Einen dezidierten Digitalschwerpunkt ha-ben mehr als ein Dutzend Programme bzw Maszlignahmen Zu den vielfach sparten- und sektionsuumlbergreifend wirkenden Digital-programmlinien von NEUSTART KULTUR gehoumlren u a

bull dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen Foumlrderung der Entwicklung und Umset-zung von digitalen Projekten und Forma-ten die Kulturinstitutionen neue Wege des Austauschs und der Interaktion mit ihrem Publikum ermoumlglichen (uumlber die Kulturstiftung des Bundes)

bull KULTURGEMEINSCHAFTEN Foumlrderung digita-ler Technik fuumlr Contentproduktion und zur Be-auftragung entsprechender Dienstleistungen (gemeinsam mit der Kulturstiftung der Laumlnder)

bull museum4punkt0 Fortsetzung der Foumlrderung zur Entwicklung innovativer Moumlglichkeiten der Anwendung digitaler Technologien fuumlr die Vermittlung Kommunikation Interaktion und Partizipation in Museen (uumlber die Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz)

bull WissensWandel ndash Digitalprogramm fuumlr Biblio-theken und Archive Foumlrderung der Angebote digitaler Medien der Vermittlung digitaler Bil-dung Kompetenz und Kultur der Digitalisie-rung und Aufbereitung von Bestaumlnden und der Infrastruktur fuumlr digitale Vermittlungsangebote (uumlber den Deutschen Bibliotheksverband)

bull Neustart fuumlr bildende Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Foumlrderung von Fortbildungs- und Modernisie-rungsmaszlignahmen im Bereich digitale Medien sowie Stipendien fuumlr digitale Vermittlungsfor-mate (uumlber den Deutschen Kuumlnstlerbund)

bull Art Cologne Foumlrderung einer Digitalplattform fuumlr Verkaumlufe von Kunstwerken

bull Nutzerorientierte Neustrukturierung des Portals Deutsche Digitale Bibliothek Foumlrderung von Objektdigitalisierung Metadatenanreicherung Projektmanagement Qualitaumltskontrolle und Hosting der Digitalisate (uumlber die Deutsche Digitale Bibliothek)

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 10: Kulturen im digitalen Wandel

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bull Modellprojekt zur Digitalisierung von Kon-zerthaumlusern und Buumlhnen der Barenboim-Said Akademie in Kooperation mit dem Beethovenfest Bonn und dem Ensemble Resonanz (Hamburg)

bull die Digitale Buumlhne fuumlr Kunst- Musik- und Theaterensembles

bull Neustart Literatur digitales interaktives Programm fuumlr Kinder und Jugendliche (uumlber den Deutschen Literaturfonds)

bull Digitalisierungsprojekte Uumlbersetzung Foumlrderung einer digitalen Fortbildungs-reihe und des Online-Archivs Babelwerk ndash Das Wissen der Uumlbersetzer (uumlber den Deutschen Uumlbersetzerfonds) und

bull Digitalisierung der Vertriebswege der Buch-handlungen Foumlrderung aller Aspekte digi-taler Vertriebswege (uumlber den Boumlrsenverein des Deutschen Buchhandels)

Der oumlffentliche Kulturbereich ist charakterisiert durch Zustaumlndigkeiten und Verantwortlichkei-ten Traumlgerschaften und Foumlrderinstrumente vor allem von Laumlndern und Kommunen Die damit einhergehende Finanzierungsverantwortung muss deshalb gerade auf dem Feld des digitalen Kultur-Wandels von den jeweiligen Traumlgern wahrgenommen werden

Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich besonders dadurch aus dass Kunst und Kultur an vielen Stellen privatwirtschaftlich geschaf-fen und verbreitet werden Kulturunternehmen tragen wesentlich dazu bei dass Kultur sicht-bar und zugaumlnglich wird Das geschieht zum Teil im Zusammenspiel mit oumlffentlicher Foumlrderung wie sie etwa in Stipendien Projektfinanzierun-gen Auftraumlgen und Anstellungen zum Ausdruck kommt Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler schaffen das was Kultur ausmacht und bewegen sich mit oft wechselnden Schwerpunkten in diesem komplexen System

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 11: Kulturen im digitalen Wandel

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Kulturetat

Das nachhaltige politische Engagement aller staatlichen Akteurinnen und Ak-teure im oumlffentlichen Kulturbereich zu dem der Bund seinen Teil beitraumlgt wird hierzulande als zentrale oumlffentliche Aufgabe angesehen und ist mit erheb-lichen finanziellen Mitteln verbunden Mit uumlber 114 Milliarden Euro im Jahr (Stand 2017 gemaumlszlig dem Kulturfinanz-bericht 2020 der Statistischen Aumlmter des Bundes und der Laumlnder) sind die Bundes- Laumlnder- und Gemeindemittel seit 2010 um uumlber 22 Prozent gestiegen Der Anteil des Bundes an der oumlffentli-chen finanziellen Foumlrderung des Kul-turbereichs betrug dabei im Jahr 2017 (Kulturfinanzbericht 2020) 19 Milliar-den Euro bzw gut 17 Prozent Die Ge-samthoumlhe des Etats der BKM ist weiter kontinuierlich gewachsen und betraumlgt fuumlr das Haushaltsjahr 2021 214 Milliar-den Euro Mit dem Rettungs- und Zu-kunftsprogramm NEUSTART KULTUR und dem Sonderfonds des Bundes fuumlr Kulturveranstaltungen wurden zur Milderung der Pandemiefolgen fuumlr die Jahre 2020 bis 2022 zusaumltzlich Mittel in Houmlhe von insgesamt 45 Milliarden Euro mobilisiert Die Kulturpolitik des Bun-des nimmt dabei primaumlr Aufgaben von gesamtstaatlicher Bedeutung im oumlffent-lichen Kulturbereich wahr

Das Perspektivpapier bdquoKulturen im digitalen Wandelldquo nimmt deshalb dieses Wechselspiel zu Digitalstrategien oumlffentlicher und privater Traumlger und Einrichtungen in den Blick Dabei steht es im Zusammenhang

bull mit der weiteren Digitalpolitik der Bundesregie-rung In der Umsetzungsstrategie der Bundes-regierung bdquoDigitalisierung gestaltenldquo ist die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie des Bundes fuumlr den Kulturbereich eines von sieben Vorhaben im Bereich Kultur und Medien Die 2018 veroumlffentlichte Strategie Kuumlnstliche Intel-ligenz (KI) der Bundesregierung (2018 Fort-schreibung 2020) sieht ausdruumlcklich die Foumlr-derung und den Ausbau von KI-Projekten zur Bewahrung Erschlieszligung Zugaumlnglichma-chung Vernetzung und Vermittlung von Kul-turangeboten vor Entsprechend hat die BKM in mehreren Tranchen KI-Mittel fuumlr den Aufbau von Projekten im Kulturbereich bewilligt

bull mit der Kulturpolitik und den Digitalstra-tegien von Laumlndern Kommunen und ihren Einrichtungen

bull mit den nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kulturbereichen Der Fokus des Perspektiv-papiers liegt auf dem oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich Dessen Arbeit ist oftmals eng mit der Kultur- und Kreativwirtschaft also den Kulturunternehmen sowie den Kuumlnstle-rinnen und Kuumlnstlern verwoben und steht in Verbindung zum Non-Profit-Sektor Der Bund hat zuletzt durch die Foumlrderlinien fuumlr primaumlr privatwirtschaftlich organisierte Kulturberei-che im Rahmen von NEUSTART KULTUR be-wiesen dass ihm die Staumlrkung des privat ge-tragenen Engagements fuumlr den Kulturbereich ein wichtiges Anliegen ist Privatwirtschaftlich aufgebaute Geschaumlftsmodelle sollen also durch die Maszlignahmen nicht gefaumlhrdet sondern an-geregt werden Dies gilt insbesondere in jenen

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 12: Kulturen im digitalen Wandel

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Digitalisierung gestalten ndash Umsetzungsstrategie der Bundesregierung

Weitere Maszlignahmen in der Umsetzungs-strategie der Bundesregierung im Bereich Kultur und Medien (Stand Juni 2021) sind

bull der Ausbau der Deutschen Digitalen Bibliothek

bull die Digitalisierung von Bestaumlnden durch das Bundesarchiv die Deutsche National-bibliothek und die Arolsen Archives (Inter-nationaler Suchdienst)

bull die Digitalisierung des nationalen Filmerbes

bull die Foumlrderung von museum4punkt0 ndash Digitale Strategien fuumlr das Museum der Zukunft

bull der Deutsche Filmfoumlrderfonds II (verbes-serte Auslastung von Produktionsdienst-leistern im Bereich des digitalen Film-schaffens) und

bull die Errichtung einer Forschungsdatenbank zur Provenienzforschung beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Kulturbereichen die von der Kultur- und Krea-tivwirtschaft gepraumlgt sind und in denen die oumlf-fentlichen Kultureinrichtungen nur eine unter-geordnete oder mittelbare Rolle spielen

bull mit der europaumlischen Kulturpolitik Die BKM nimmt die internationalen Aktivitaumlten und Bei-traumlge Deutschlands auf dem Gebiet der Digita-lisierung des Kulturbereichs in den Blick Diese betreffen insbesondere Programme der Europaumli-schen Union wie zum Beispiel die europaumlische digitale Bibliothek Europeana oder das seit 2014 bestehende Foumlrderprogramm Kreatives Europa

Auch wenn dieses Perspektivpapier sich an vie-len Stellen ausdruumlcklich in Richtung anderer staatlicher privater und intermediaumlrer Kultur-akteure oumlffnet stehen der bundesgefoumlrderte

oumlffentliche Kulturbereich und die vom Bund ge-staltbaren Rahmenbedingungen im Mittelpunkt des Papiers Dafuumlr gilt es prioritaumlre strategische Arbeitsfelder des Bundes im Kulturbereich fuumlr die kommenden Jahre zu definieren Das Papier markiert einen Ausgangs- und Anknuumlpfungs-punkt Es ist dynamisch und entwicklungsof-fen gedacht und von vornherein als lernendes Instrument angelegt Ein Kerngedanke ist ver-bindliche Diskursraumlume der digitalen Selbst-organisation im oumlffentlichen Kulturbereich zu etablieren bzw weiterzuentwickeln

Insgesamt ergeben sich daraus sechs prioritaumlre strategische Arbeitsfelder Verstaumlndigung Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit Vermoumlgen Vermitt-lung und Vernetzung

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 13: Kulturen im digitalen Wandel

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Arbeits felder des Kultur-Wandels

1 VerstaumlndigungIm Kulturbereich und in der Kulturpolitik mit Blick auf den oumlffentlichen Kultursektor lassen sich digitale und nichtdigitale Bereiche nicht mehr getrennt voneinander betrachten Kultur-politik ist damit immer auch Digitalpolitik so wie umgekehrt Digitalpolitik im Kulturbereich stets als originaumlre Kulturpolitik anzusehen ist Der digitale Wandel beeinflusst nicht nur die Mittel und Wege kultureller Arbeit und Ange-bote Er praumlgt auch das kulturelle Denken und Sprechen insgesamt das Handeln und das Selbst-verstaumlndnis der Akteurinnen und Akteure der Institutionen sowie der Nutzerinnen und Nutzer Und er praumlgt deren Erfahrungen und Erwartun-gen Perspektiven und Kooperationsformen

Umso dringender ist die Frage auf Basis welcher Grundwerte Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler Ein-richtungen Institutionen und Unternehmen den digitalen Wandel gestalten wollen Diese Grund-werte bestimmen wiederum die Inhalte die der Kulturbereich in die gesamtgesellschaftliche De-batte einbringen und stark machen kann

Zu diesem Selbstverstaumlndnis gehoumlrt dass sich der Kulturbereich

bull als Anbieter und Vermittler hochwertiger digi-taler Kulturangebote zu gesellschaftlich rele-vanten Themen

bull als freier aumlsthetischer und sozialer Erkundungs- und Entdeckungsraum des digitalen Wandels jenseits nur rein oumlkonomisch motivierter Ver-wertungs- und Servicelogik

bull als Impulsgeber fuumlr Vielfalt und Diversitaumlt Plu-ralitaumlt und Teilhabe im digitalen Wandel und

bull als kritische Reflexionsinstanz und ethisches Korrektiv des digitalen Wandels und seiner Folgen

versteht

Einer Verstaumlndigung bedarf des Weiteren das Verhaumlltnis von digitalen und analogen Kultur-produktionen und -guumltern Das Gros der ana-logen kuumlnstlerischen und kulturellen Praktiken verliert durch den digitalen Wandel nicht an Bedeutung Der Kulturbereich ist vielmehr ge-praumlgt von einem komplexen aber im besten Fall produktiven Miteinander Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind keine Ge-gensaumltze Die Pandemie hat gezeigt dass das Live-Erlebnis bzw das Betrachten eines Originals eine nicht zu ersetzende Aura schafft Zugleich wurde deutlich wie bedeutsam digitale Angebote sind um den Kontakt zum Publikum zu halten Neue Vermittlungsformate haben einzigartige digitale Erlebnisraumlume geschaffen die ebenfalls einen Mehrwert bieten Eine attraktive digita-le Praumlsentation hat den Kulturakteurinnen und -akteuren Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft und dem Publikum Lust auf das ana-loge Kulturerlebnis gemacht

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 14: Kulturen im digitalen Wandel

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Archive im digitalen Wandel

Eine spezifische Herausforderung bildet die Transformation der Archive in den digita-len Raum Es besteht die Sorge dass Archi-ve in ihrer traditionellen Organisations-form an Bedeutung verlieren wenn sie das Archivgut digitalisieren und ndash unter Be-achtung der rechtlichen Rahmenbedingun-gen ndash moumlglichst niedrigschwellig uumlber das Internet zugaumlnglich machen Der mit der Onlinestellung verbundene Kontrollverlust muss thematisiert werden darf aber nicht als existenzielle Frage uumlberbewertet wer-den Gerade kleinen und hinsichtlich ihres Gegenstands spezialisierten Institutionen muss die Furcht vor einem moumlglichen Be-

deutungsverlust genommen werden wenn ihre Praumlsenz sich auch und vielleicht sogar uumlberwiegend im Internet entwickeln wird Vielmehr muss deutlich gemacht werden dass der besondere Mehrwert der Arbeit in der Erschlieszligung liegt die uumlber die rein digi-tale Verfuumlgbarmachung von Archivgut hi-nausgeht Angesichts der in den letzten Jah-ren zunehmenden Leugnung von Tatsachen im gesellschaftlichen Diskurs ist die Bedeu-tung einer im Zweifel naturwissenschaftli-chen Nachweisbarkeit der Unverfaumllschtheit eines Dokuments gewachsen Daher werden Archive als Bewahrer der Originalurkunden immer ihre Bedeutung behalten

Einer werteorientierten Verstaumlndigung und Ge-staltung bedarf auch der Umgang mit neuen weitreichenden technologischen Moumlglichkeiten So ermoumlglichen es Algorithmen und KI in den stetig wachsenden unuumlberschaubaren Kultur-angeboten produktiv zu navigieren und zu agie-ren Die Vernetzung digitaler Informationen und ihre Verarbeitung unter Nutzung von KI-Technologien erlauben ganz neue Erschlieszligun-gen Einsichten und Erkenntnisse Andererseits unterstuumltzen diese Instrumente immer engere Flaschenhaumllse der Selektion Sie drohen Mecha-nismen von Diskriminierung und Vorurteilen im digitalen Raum zu vertiefen foumlrdern den Ruumlckzug in digitale Echokammern und koumlnnen den respektvollen Umgang mit Andersdenken-den beeintraumlchtigen oder schaumldigen Das wi-derspricht dem Selbstverstaumlndnis der Kultur

die Gesellschaft mit Neuem zu stimulieren ja zu provozieren Die Anwendung von KI in der Kulturproduktion wirft die Frage auf wer die Schoumlpferin bzw der Schoumlpfer ist Ist es die Pro-grammiererin bzw der Programmierer oder die Anwenderin bzw der Anwender Kuumlnstlicher Intelligenz Hieraus entstehen neue Fragen der Verguumltung kuumlnstlerischer Arbeit Die Anwen-dung von KI durch Vermarkter kann dazu fuumlh-ren dass immer mehr des immer Gleichen an-geboten wird wodurch die kulturelle Vielfalt leidet Gleichwohl ist der Weg von der kuumlnstle-rischen zur Kuumlnstlichen Intelligenz kuumlrzer als es auf den ersten Blick scheint Gerade der Kul-turbereich vermag zur anspruchsvollen Weiter-entwicklung der Technologie und zur fundierten oumlffentlichen Debatte uumlber KI einen wichtigen Beitrag zu leisten

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

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Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

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Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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kulturstaatsministerinde

  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 15: Kulturen im digitalen Wandel

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Strategie Kuumlnstliche Intelligenz der Bundesregierung

Kultur ist fester Bestandteil der im Novem-ber 2018 verabschiedeten Strategie Kuumlnstli-che Intelligenz (KI) der Bundesregierung So kommt KI an vielen Stellen bei der Produk-tion von Kunst zum Einsatz ob in Literatur Musik Film Rundfunk oder sozialen Medi-en Menschliche und Kuumlnstliche Intelligenz koumlnnen dabei kreativ zusammenwirken Daruumlber hinaus leistet KI in vielen Kultur-institutionen einen wertvollen Beitrag bei der Bewaumlltigung von Kernaufgaben und bei der Verarbeitung groszliger Datenmengen bei der Sammlungstaumltigkeit (zum Beispiel von Museen Bibliotheken und Archiven) der Kuratierung oder bei der kulturellen Ver-mittlungsarbeit Fuumlr Projekte aus dem Kul-tur- und Medienbereich wurden aus Mit-teln der Strategie bisher 4 Millionen Euro zusaumltzlich zur Verfuumlgung gestellt

Damit wird beispielsweise das Fraunhofer Institut fuumlr Sichere Informationstechnolo-gie bei der Weiterentwicklung einer App fuumlr mobile Endgeraumlte unterstuumltzt Sie soll den Ermittlungs- und Kulturbehoumlrden bei der Identifizierung archaumlologischer Kulturguuml-ter helfen die moumlglicherweise aus Raubgra-bungen stammen Das Haus der Geschichte

der Bundesrepublik Deutschland entwickelt in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IAIS ein KI-basiertes Verfahren zur Analyse der mehr als 1000 Interviews im Zeitzeu-genportal (zeitzeugen-portalde) Dabei soll eine neuartige KI-Anwendung zur Emotions-erkennung erarbeitet werden deren Algo-rithmen Gefuumlhle wie Trauer Freude oder Aumlrger recherchierbar machen Von den Er-gebnissen wird letztlich auch die historische Forschung profitieren Im Bibliothekswesen kann die Anwendung innovativer Metho-den der KI fuumlr die Aufbereitung und Analyse von Texten und Metadaten zum Beispiel die Qualitaumlt maschineller inhaltlicher Erschlie-szligung messbar verbessern Vielversprechende KI-Entwicklungen die sich fuumlr die Erschlie-szligung textbasierter Medienwerke mit einem hochgradig differenzierten Vokabular eig-nen werden von der Deutschen Nationalbib-liothek mit Partnern untersucht ausgewaumlhlt kombiniert und adaptiert Die neuen Verfah-ren werden als flexibel nachnutzbare Werk-zeuge (Open Source Tools) fuumlr die inhaltliche Erschlieszligung von Texten bereitgestellt Und das Bundesarchiv plant den Einsatz von KI-basierten Werkzeugen bei der Erschlieszligung und Auswertung von Archivgut

Anliegen und Anspruch von Kulturpolitik bleibt es dass der oumlffentlich gefoumlrderte Kulturbereich kreative Freiraumlume schafft und zugleich fuumlr Di-versitaumlt und Pluralitaumlt Toleranz und Vielfalt

streitet Wenn er aus diesem Selbstverstaumlnd-nis heraus den digitalen Kulturwandel gestaltet kann er eine zentrale Reflexionsinstanz fuumlr die ganze Gesellschaft bleiben

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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kulturstaatsministerinde

  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 16: Kulturen im digitalen Wandel

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anstanddigital

Der Aspekt der Verstaumlndigung steht im Mit-tepunkt des von der BKM im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive gefoumlrderten Pro-jekts anstanddigital Es wurde organisiert von der Katholischen Akademie in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Kulturbuumlro der Evangelischen Kirche Deutschlands Seit 2019 hatten sich Intellektuelle Politikerin-nen und Politiker Internet-Expertinnen und -Experten Philosophinnen und Philo-sophen sowie Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche Gedanken uumlber Umgangsformen im Internet gemacht Dabei wurden bdquo11 Geboteldquo entwi-ckelt die Orientierung fuumlr die Kommunika-tion im digitalen Raum bieten Sie lauten

1 Empoumlrung unterscheiden2 Nicht richten3 Sich Zeit lassen4 Sachlich werden5 Abstand halten und sich nicht

gemein machen6 Das Gegenuumlber im Netz respektieren7 Sein Gesicht zeigen8 Vor allem den Widerspruch schaumltzen9 Beruumlhrbar bleiben und sich entruumlsten10 Sich schaumlmen koumlnnen und Beschaumlmung

vermeiden11 Anstand und Recht unterscheiden

In den von ihr gefoumlrderten Kultureinrichtungen sowie bei der Weiterentwicklung ihrer Foumlrder- und Sonderprogramme wird die BKM in den kommenden Jahren weiterhin einen Schwer-punkt auf das Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber die Werte des Kulturwandels setzen Sie foumlrdert insbesondere institutions- sparten- und medien-uumlbergreifende Ansaumltze die verbindliche Diskurs-raumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen

Dieser Prozess legt einen regelmaumlszligigen Austausch wichtiger Akteurinnen und Akteure uumlber Stand Herausforderungen und Loumlsungsansaumltze bei den digitalen Herausforderungen nahe Es wird des-halb angeregt den Austausch zunaumlchst inner-halb der von der BKM getragenen Institutionen zu verstetigen Nach dem Vorbild des Rates fuumlr

Informationsinfrastrukturen koumlnnte ein Digita-lisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur eingerich-tet werden der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Der Deutsche Kulturrat und die ihm angehoumlren-den Bundeskulturverbaumlnde waumlren zentrale An-sprechpartner fuumlr diesen Verbund Dabei sollten Konzepte undoder Studien folgende Themen aufgreifen digitale Ausbildungscurricula Ver-mittlung von Digital- und Medienkompetenz digitale Kreativitaumlt Einsatz von KI-Anwendun-gen Unabhaumlngigkeit von globalen Digitalpro-vidern DatenschutzDatensicherheit Um die-se Themen voranzutreiben empfiehlt es sich eine Arbeitsgemeinschaft einzurichten die das Agenda-Setting und die Kooperation mit Ex-pertinnen und Experten aus Verbaumlnden oder Vereinen verantwortet

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 17: Kulturen im digitalen Wandel

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2 VerlaumlsslichkeitGrundlage von Aktivitaumlten der Vermittlung Ver-netzung und Verstaumlndigung ist dass erforderliche oft hochspezialisierte digitale Dienstleistungen verfuumlgbar sind In diesem Bereich die Vorausset-zungen fuumlr Verlaumlsslichkeit zu schaffen und den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich uumlber Leucht-turmprojekte hinaus Schritt fuumlr Schritt digital zu ermaumlchtigen ist auch eine Infrastrukturaufgabe der sich alle foumlrdernden staatlichen Ebenen und die Einrichtungen selbst stellen muumlssen

Hard- und Software unterliegen staumlndiger Aktua-lisierung Inhalte muumlssen haumlufig migrieren Der digitale Kultur-Wandel ist auch in diesem Be-reich eine Daueraufgabe die von allen Beteilig-ten hohen finanziellen personellen und strate-gischen Einsatz erfordert Die Aufgaben reichen von der Bereitstellung uumlber den Einsatz bis hin zur Priorisierung von Ressourcen Auszligerdem muumlssen die Beteiligten Kompetenzen aufbauen und ein digitales Bewusstsein entwickeln

Infrastrukturen staumlrken

Mit Bundesmitteln gefoumlrderte Kulturange-bote muumlssen sich an houmlchsten Anspruumlchen messen lassen Ein Beispiel Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Angebote wie sie zum Beispiel im Rahmen des Verbundpro-jekts museum4punkt0 bei den Programmen Kultur Digital und dive in Programm fuumlr di-gitale Interaktionen oder beim Projekt Inside Blechtrommel im Guumlnter Grass-Haus Luumlbeck zum Einsatz kommen Sie entsprechen neu-en Rezeptions- und Sehgewohnheiten von Nutzerinnen und Nutzern Die Bereitstel-lung von Kulturdaten wie sie zum Beispiel von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) per Datenshop erfolgt orientiert sich an Qualitaumltserwartungen die von den Leistun-gen und Anspruumlchen Moumlglichkeiten und Standards der Spitzenforschung gepraumlgt sind In den aktuellen strategischen Priori-taumlten fuumlr 2021 bis 2024 der DNB stehen zu-dem digitale Erschlieszligungsprozesse sowie

die spartenuumlbergreifende Vernetzung und Verstaumlndigung mit Kultur und Wissenschaft im Fokus die bis hin zur Beteiligung an Projekten der Digital Humanities und des Aufbaus der Nationalen Forschungsdaten-infrastruktur (NFDI) im Bereich Geistes- und Kulturwissenschaften reichen Das Maszlig und die Vielfalt der infrastrukturellen Aufgaben zeigen also an wie groszlig die Leistung hinter dem ist was alle Beteiligten in Sachen digi-taler Wandel im oumlffentlichen Kulturbereich in den vergangenen Jahren bereits gemein-sam erreicht haben Die BKM engagiert sich dabei im Rahmen ihrer zur Verfuumlgung stehenden Mittel auf allen genannten Ebe-nen infrastruktureller Herausforderungen des digitalen Wandels ndash von der Justierung der institutionellen Foumlrderung ihrer Kultur-einrichtungen bis zur Projektfoumlrderung in zahlreichen Programmen und Projekten mit Digitalfokus

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 18: Kulturen im digitalen Wandel

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Investitionen

Mit dem Programm KULTURGEMEIN-SCHAFTEN unterstuumltzen die BKM und die Kulturstiftung der Laumlnder insbesondere kleinere auch ehrenamtlich gefuumlhrte Kul-tureinrichtungen und Projekttraumlger bei der Entwicklung digitaler Angebote Gefoumlrdert werden Einrichtungen aus allen Sparten u a aus den Bereichen Erinnerungskultur Theater und moderner Tanz Kunstver-mittlung Fotografie Musik Museum Film-festivals Jazzclubs Literaturvermittlung Popkultur Soziokultur oder inklusive Kul-turprojekte Bei den digitalen Projekten geht es beispielsweise um die Entwicklung von Augmented-Reality- oder Virtual-Reality-Anwendungen um interaktives Streamen von Veranstaltungen partizipative Muse-umsfuumlhrungen oder die Programmierung

von Apps Daruumlber hinaus werden Projekte zum Wissenstransfer und zur Vernetzung der Einrichtungen gefoumlrdert Und es werden neue Beratungs- Schulungs- und Weiterbil-dungsangebote entwickelt oder vermittelt

Zudem sollen mit dem von der Bundesre-gierung im Juni 2020 verabschiedeten Kon-junkturpaket zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie geplante Auftraumlge und Investitionen vorgezogenen werden insbesondere Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung Die fuumlr den Kulturbereich vorgesehenen Mittel in Houmlhe von mehr als 67 Millionen Euro kommen dabei insbeson-dere Kultureinrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung zugute damit diese ihre IT-Infrastruktur verbessern

Diese Aufgaben sind mit hohem finanziellen und personellen Aufwand verbunden Dem gegenuumlber stehen wachsende Service- und Qualitaumltsanspruuml-che an den oumlffentlich gefoumlrderten Kulturbereich

Oumlffentlich gefoumlrderte Kultureinrichtungen nut-zen in hohem Maszlige externe Dienstleister und externe Expertise bei der Umsetzung von Digi-talprojekten Sie sind damit darauf angewiesen dass bei Bedarf die entsprechenden Angebote am privaten Markt verfuumlgbar sind Um diese Abhaumln-gigkeit zu verringern ist es sinnvoll dass eige-ne technologische und personelle Kompetenzen in Einrichtungen bzw in Verbuumlnden gestaumlrkt werden Dieser Gedanke leitet beispielsweise das vom Bund im Rahmen von NEUSTART KULTUR

maszliggeblich gefoumlrderte Programm KULTURGE-MEINSCHAFTEN der Kulturstiftung der Laumlnder

Damit digitale Projekte auch in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Dienstleistern verlaumlss-lich geplant und durchgefuumlhrt werden koumlnnen braucht es flexiblere Vergabe- und Koopera-tionsformen Aus diesem Grund werden Kultur-einrichtungen aller Sparten ermutigt beteili-gungsoffene Dialogplattformen und -foren zu schaffen ndash nicht zuletzt um gemeinsam Ver-gabeformen und kooperative Finanzierungs-rahmen zu erarbeiten Diese koumlnnen agilere Projektkooperationen zwischen oumlffentlichen Kultureinrichtungen und privaten Dienstleis-tern erlauben

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 19: Kulturen im digitalen Wandel

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Open-Data-Strategie

Im Rahmen des E-Government-Gesetzes bekennt sich die BKM dazu weitere Verwal-tungsdaten weitgehend oumlffentlich verfuumlg-bar zu machen damit Nachnutzende insbe-sondere der Zivilgesellschaft ihr Potenzial ausschoumlpfen koumlnnen Behoumlrden der unmit-telbaren Bundesverwaltung muumlssen ihre unbearbeiteten strukturierten zur Erfuumll-lung oumlffentlicher Aufgaben erhobenen Daten zum Datenabruf uumlber oumlffentlich zu-gaumlngliche Netze bereitstellen Dies betrifft auch Kulturdaten die zur Erfuumlllung oumlffentli-cher Aufgaben erhoben wurden

Fuumlr die Open-Data-Strategie hat die BKM insbesondere folgende Felder identifiziert

bull Projekt Virtueller Lesesaal (Bundesarchiv)

bull Beteiligung am Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur mit den Themenfeldern Gemeinsame Normdatei Datenvernetzung Standardisierung und Nutzung der digitalen Bestaumlnde (Deut-sche Nationalbibliothek [DNB]) sowie Auf-bau einer Forschungsdateninfrastruktur fuumlr Kultur- und Geisteswissenschaften im Rahmen des NFDI4Culture (Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz [SPK])

bull SPK-Lab das oumlffentlich nachnutzbare Datenbestaumlnde zu Kulturobjekten vorbe-reitet und

bull Digitalisierung und Bereitstellung von 18 Millionen Inhaltsverzeichnissen aus Buumlchern der Jahre 1945 bis 2012 (DNB)

3 VerfuumlgbarkeitDie technologische Moumlglichkeit der Bestands-digitalisierung hat den Wusch nach mehr Sicht-barkeit und Transparenz wachsen lassen Dieser Anspruch der Allgemeinheit an Kultureinrich-tungen ist grundsaumltzlich berechtigt Es braucht deshalb Ansaumltze und Plaumlne wie sich Sammlungs-bestaumlnde und Wissensquellen intelligent digital aufbereiten und erschlieszligen lassen ndash umso mehr wenn wie in der Corona-Krise der analoge Zu-gang versperrt ist Gerade von oumlffentlichen Kultur-

einrichtungen wird erwartet dass sie zumindest ihre zentralen Inhalte verfuumlgbar machen Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Auffind-barkeit und Nutzung oumlffentlich gefoumlrderter Kul-turarbeit im Internet zu staumlrken

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 20: Kulturen im digitalen Wandel

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Der Digitalisierungsgrad von Kulturguumltern ist trotz groszliger Fortschritte in der Gesamtschau ver-gleichsweise niedrig Hier gilt es Schwerpunkte zu setzen und nach ausgewaumlhlten vor allem qua-litativen Kriterien zu priorisieren Um die Ent-wicklung nachhalten zu koumlnnen sind leistungs-starke Evaluationsverfahren sinnvoll Damit laumlsst sich der Digitalisierungsstand des oumlffentlich ge-foumlrderten Kulturbereichs unter Beruumlcksichtigung technischer personeller und organisatorischer Gesichtspunkte fortlaufend analysieren

Die Digitalisierung der Bestaumlnde von Archiven Bibliotheken und Museen ist und bleibt eine Mammutaufgabe die Strategien und Schwer-punktsetzungen erfordert An der Retrodigitali-sierung von Kulturgut zeigt sich in besonderem Maszlige dass es nicht in erster Linie um eine voll-staumlndige Digitalisierung aller Bestaumlnde gehen kann Diese waumlre weder zu bewaumlltigen noch von echtem Nutzen fuumlr die interessierte Oumlffentlichkeit Daher gilt es eine Priorisierung nach Bedeutung und Nachfrage vorzunehmen Da diese dem Wan-del unterworfen sind besteht eine zentrale Auf-gabe darin Auswahl- und Relevanzkriterien kon-tinuierlich weiterzuentwickeln

Von der Notwendigkeit eines Strategieprozes-ses getragen ist die vom Bibliothekswesen aus-gehende und von der BKM als koordiniertes beteiligungsoffenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigi-talisierung Beispielhaft ist die inhaltlich ergaumln-zende Allianz Schriftliches Kulturgut Erhalten aus der die Koordinierungsstelle fuumlr die Erhal-tung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) hervorging Mit der Allianz zur Kulturgutdigita-lisierung sollen bestehende Luumlcken und Leer-stellen systematisch beteiligungsoffen und ko-ordiniert geschlossen werden Die Verfuumlgbarkeit

Aufarbeitung des national-sozialistischen Kulturgutraubs

Mit ihrer 1999 abgegebenen Gemein-samen Erklaumlrung zur Umsetzung der Grundsaumltze der Washingtoner Konfe-renz uumlber Vermoumlgenswerte aus der Zeit des Holocaust vom Dezember 1998 un-terstreichen Bund Laumlnder und Kom-munen dass die Provenienzforschung zur Aufarbeitung des nationalsozialis-tischen Kulturgutraubs zu den Kern-aufgaben der Kulturgut bewahrenden Einrichtungen gehoumlrt Der elektroni-schen Dokumentation der Bestaumlnde und Sammlungen kommt fuumlr die ef-fektive Suche nach NS-verfolgungsbe-dingt entzogenen Kulturguumltern groszlige Bedeutung zu Die anzustrebende Be-schleunigung der Bestandsdigitalisie-rung ist daher auch an den Erforder-nissen der Provenienzforschung zur Umsetzung der Washingtoner Prinzi-pien auszurichten

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

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kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

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Servicetelefon 030 18 272 272 1

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Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 21: Kulturen im digitalen Wandel

Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Bei der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit spielen Sicht-barkeit und Transparenz eine ent-scheidende Rolle Bund Laumlnder und kommunale Spitzenverbaumlnde haben deshalb im Oktober 2020 eine Digitali-sierungsstrategie fuumlr Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten verabschiedet Zu den vereinbarten Maszlignahmen ge-houmlren zum einen die Schaffung eines zentralen Zugangs zu bereits digital er-fasstem Sammlungsgut zum anderen die digitale Grunderfassung und Veroumlf-fentlichung einschlaumlgiger Bestaumlnde so-wie die Erarbeitung von Standards fuumlr die langfristige digitale Verfuumlgbarma-chung gemeinsam mit den Herkunfts-staaten Herkunftsgesellschaften und der Diaspora in Deutschland Fuumlr die Umsetzung der Pilotphase wurden ins-gesamt 25 Einrichtungen in Deutsch-land ausgewaumlhlt die uumlber Sammlungs-gut aus kolonialen Kontexten verfuumlgen

digitalen bzw digitalisierten Kulturguts ist Voraus-setzung fuumlr dessen weitere digitale Nutzung sei es durch die Wissenschaft oder durch die Kultur-vermittlung Die Allianz zur Kulturgutdigitalisie-rung soll einen wichtigen Beitrag dafuumlr leisten den Bildungsauftrag von Archiven Bibliotheken Museen Theatern und anderen Kultureinrich-tungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen Denn neben der Anwendungsentwicklung ist auch die Digitalisierung von Objekten und Sammlungen gerade kleinerer oumlffentlicher und privater Ein-richtungen eine wichtige Aufgabe Damit soll die Allianz zur Kulturgutdigitalisierung auch zur Weiterentwicklung der DDB hin zu einem offenen Beteiligungsportal beitragen

Im Filmbereich finden eigene strategische Uumlber-legungen die auf diesen Praumlmissen aufbauen schon seit laumlngerem statt Seit 2012 foumlrdert die BKM auf Basis einer Vereinbarung Projekte der Einrichtungen des Kinematheksverbunds zur Digitalisierung des nationalen Filmerbes Die Filmdigitalisierung wird hier deshalb nicht schwerpunktmaumlszligig behandelt

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

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Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

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Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 22: Kulturen im digitalen Wandel

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Digitalisierung des nationalen Filmerbes

Die Zahl an analogen Filmtiteln ist gewaltig ndash der Bedarf an einer langfristigen Digitalisie-rungsstrategie ebenso Daher erarbeitete die BKM mit den Laumlndern und der Filmfoumlrde-rungsanstalt des Bundes (FFA) ein Foumlrder-programm fuumlr ein gemeinsames Vorgehen bei der Digitalisierung des nationalen Film-erbes ndash ausgestattet mit deutlich erhoumlhten Mitteln zur dauerhaften Bewahrung Die Digitalisierung von Filmen wird in den drei Bereichen Auswertungsinteresse kuratori-

sches Interesse und konservatorische Not-wendigkeit gefoumlrdert Die BKM die Bun-deslaumlnder und die FFA haben 2018 eine Vereinbarung zur Digitalisierung des natio-nalen Filmerbes getroffen Seit Januar 2019 stehen fuumlr einen Zeitraum von zunaumlchst zehn Jahren jaumlhrlich bis zu 10 Millionen Euro fuumlr die Digitalisierung von Kinofilmen zur Verfuumlgung Die Mittel werden durch Bund Laumlnder und Filmwirtschaft zu jeweils einem Drittel aufgebracht

Aktuell bleibt die Aufgabe die Anforderungen der freien Verfuumlgbarkeit oumlffentlich gefoumlrderten Kulturguts mit dem Schutz des Urheberrechts in einen fairen Ausgleich zu bringen Ein starkes Urheberrecht bleibt ein dringend notwendiges Fundament gerade fuumlr Kreative damit diese von der Nutzung ihrer Werke leben koumlnnen Das gilt im Rahmen der Anpassungen an die Erfordernis-se der Digitalisierung nicht weniger Dies betrifft die Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler deren Werke im Netz genutzt werden die Plattformbetreiber und die Nutzerinnen und Nutzer die sich der Werke anderer Urheber bedienen aber auch selbst krea-tiv taumltig sind

Zentraler Ausgangspunkt fuumlr die Bestandsauf-nahme der Digitalisierung im Kulturbereich und daran anschlieszligende Problemloumlsungen ist eine solide Datenbasis Diese ist aus vielen Gruumlnden derzeit noch nicht vorhanden So besteht der oumlf-fentlich gefoumlrderte Kulturbereich aus zahlreichen Einrichtungen die sehr heterogen sind und sich

deshalb spezifischen Herausforderungen gegen-uumlbersehen Damit gehen eine Vielzahl von Zu-staumlndigkeiten und Traumlgerschaften sowie unter-schiedliche Ausgangssituationen einher Auch der Einfluss des Corona-bedingten Digitalisie-rungsschubs auf den Entwicklungsstand laumlsst sich noch nicht hinreichend abschaumltzen

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 23: Kulturen im digitalen Wandel

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Digitales Archiv des Freien Theaters

Im Bereich der immateriellen Kulturguumlter stellen sich allein schon per Definition andere Fra-gen zu den Moumlglichkeiten der Archivierung von Bestaumlnden und zur Vorhaltung aktueller Erzeugnisse Die Initiative fuumlr die Archive des Freien Theaters e V beraumlt uumlber den Aufbau eines bundesweiten Archivs der groumlszligtenteils nicht institutionell gefoumlrderten Buumlhnenkunst um den Besonderheiten dieser Sparte Rechnung zu tragen

In den Bereichen Theater Oper und Tanz werden die Diskussionen zur Digitalisierung der Produk-tion beispielsweise gerade erst gefuumlhrt Als imma-terielles Kulturerbe stehen sie technisch aber auch ideell vor groszligen Herausforderungen Wie Digita-lisierung von Kulturgut hier uumlberhaupt sinnvoll aussehen kann daruumlber werden gerade Aushand-lungsprozesse gefuumlhrt Selbst uumlber den Fortschritt bei der Retrodigitalisierung von Bestaumlnden oumlffent-licher Kultureinrichtungen liegt keine umfaumlngli-che Gesamtdarstellung vor obwohl dieser Bereich vergleichsweise gut erschlossen ist

Sinnvoll ist deshalb die Datenbasis zu verbes-sern Fuumlr diese Maszlignahme laumlsst sich auf den Vor-erfahrungen aus verschiedenen uumlbergreifen-den vom Bund gefoumlrderten Berichtsinitiativen aufbauen Zusaumltzlich kann darauf hingewirkt werden dass statistische Erhebungen und Foumlrde-rungen im Kulturbereich uumlber entsprechende Monitoring- und Berichtspflichten gezielt auf die-ses Erkenntnisinteresse einzahlen Die BKM ist aber auch bereit eine Studie zu foumlrdern die den Stand der Digitalisierung in strategisch wichtigen Bereichen erfasst

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 24: Kulturen im digitalen Wandel

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4 VermoumlgenFuumlr die erfolgreiche Gestaltung des digitalen Wandels im Kulturbereich kommt es entschei-dend auf das Vermoumlgen der Beteiligten an digi-tale Kompetenzen mit- und einzubringen

Analoge und digitale Erscheinungsformen der Kultur sind wie beschrieben keine Gegensaumltze sie ergaumlnzen sich vielmehr Viele Einrichtungen sehen sich dadurch vor neue organisatorische He-rausforderungen gestellt Den Akteurinnen und Akteuren wird hoher finanzieller und personel-ler Einsatz abverlangt der Kompetenz und En-gagement erfordert Wenn der digitale Wandel fuumlr den Kulturbereich insgesamt eine Erfolgsge-schichte werden soll muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Ziel muss sein dass auch IT-Fachleute den Kulturbereich als attraktives und innova-tives Arbeitsumfeld wahrnehmen Denn die ent-scheidende Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung in jenem Bereich sind die hier arbeitenden Menschen

Der Kultur-Wandel im Umgang mit Mitarbeite-rinnen und Mitarbeitern muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen Das beginnt mit der Rekrutie-rung Der Bedarf an digital- und kulturkompeten-ten Fachkraumlften ist groszlig und waumlchst stetig Eine Anwerbung qualifizierter IT-Fachleute kann dann Aussicht auf nachhaltigen Erfolg haben wenn sie mit Arbeitsplatzsicherheit Aufstiegsperspek-tiven und adaumlquater Verguumltung einhergeht Zu beachten ist dass oumlffentliche Kultureinrichtun-gen mit Unternehmen aus der Digitalwirtschaft um die besten Koumlpfe konkurrieren Die in der Digitalwirtschaft bestehenden flachen Hierar-chien und vergleichsweise hohen Verguumltungen stellen den oumlffentlichen Kultursektor vor be-sondere Herausforderungen sich als attrakti-ver Arbeitgeber zu praumlsentieren Dies setzt eine

klare Vorstellung von erforderlichen personel-len Ressourcen und Prioritaumlten voraus Fuumlr einen hochwertigen Wissens- und Kompetenzaufbau bedarf es im Rahmen der zur Verfuumlgung stehen-den Mittel nachhaltiger Strukturen und der Wei-terentwicklung vorhandener Stellen einschlieszlig-lich ihres Aufgaben- und Anforderungsprofils

Aumlndern muumlssen sich die Organisationsstrukturen und Organigramme Mittendrin statt nur dabei ndash so muss die klare Rollenbeschreibung fuumlr die Digitalisierungsverantwortlichen in den Haumlusern lauten Die Einfuumlhrung einer Querschnittszustaumln-digkeit fuumlr das Thema bei der BKM ist dafuumlr eben-so ein gutes Beispiel wie die neue Position eines bdquoChief Information Officerldquo bei der Stiftung Preu-szligischer Kulturbesitz oder die Funktion einer Di-rektorin Digitale Dienste bei der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die Ausbildung digitaler Kompetenzen erfordert eine Fort- und Weiterbildungskultur auf allen Hierarchieebenen Fuumlr diese muss in den Arbeits-ablaumlufen und der Personalentwicklung Raum ge-schaffen werden Uumlber Zielvereinbarungen und Leistungsindikatoren sollten die Bereitschaft und der Einsatz digitale Kompetenzen zu erwerben belohnt werden Erforderlich ist der Ausbau di-gitaler Bildungsangebote speziell fuumlr den Kultur-bereich Dazu gehoumlrt eine gezielte Entwicklung neuer Weiterbildungsformate wie etwa an der Dortmunder Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 25: Kulturen im digitalen Wandel

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Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt

Die vom Theater Dortmund als sechs-te Sparte des Hauses initiierte und von der Stadt Dortmund dem Land Nord-rhein-Westfalen dem Bund sowie der Europaumlischen Union gefoumlrderte Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt nahm Anfang 2019 den Betrieb auf ndash ein welt-weit einzigartiges Modellprojekt fuumlr di-gitale Innovation kuumlnstlerisch-techni-sche Forschung und technikorientierte Aus- und Weiterbildung fuumlr Theater-schaffende Im Kernprogramm foumlrdert die Akademie mit Mitteln der Kultur-stiftung des Bundes in den Jahren 2019 bis 2022 mehrere Dutzend Stipendien Dazu kommen lokale regionale und transnationale Kooperationen und Ver-netzungen sowie die Planung eines Studiengangs in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Dortmund

Hierauf aufbauend institutions- sparten- und medienuumlbergreifende Austausch- und Entwicklungsraumlume zu schaffen ndash sowohl physisch als auch virtuell ndash ist ein notwendiger naumlchster Schritt der sich beteiligungsoffen den-ken und erweitern laumlsst

Ein anderer Weg ist die verstaumlrkte Kooperation von Kultureinrichtungen mit vielen neuen kultur-nahen Studiengaumlngen zum Beispiel im Bereich der Digital Humanities Das Spektrum der Zusam-menarbeit reicht von Praktikumsprogrammen uumlber die Zusammenarbeit bei Abschlussarbeiten und Promotionen bis hin zum Engagement von Entscheidungstraumlgerinnen und -traumlgern aus Kul-tureinrichtungen in Forschung und Lehre

Der digitale Wandel beeinflusst massiv die Ar-beitskultur Diese entwickelt sich dahin dass Hierarchien relativiert werden und die Eigenver-antwortung gestaumlrkt wird Das ist gerade fuumlr den Kulturbereich der von seiner Kreativitaumlt lebt eine verheiszligungsvolle Nachricht Agiles und flexib-leres Arbeiten sowie groumlszligere gestalterische und inhaltliche Freiraumlume bedeuten nicht Kontroll-verlust Vielmehr helfen sie sich an die Spitze der digitalen Bewegung zu setzen Nur unter diesen Bedingungen koumlnnen sich neue Spielarten entwi-ckeln mit denen sich kulturelles Wissen gewinnen und erschlieszligen erhalten und vermitteln laumlsst

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 26: Kulturen im digitalen Wandel

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5 VermittlungEine gute Vermittlung verfolgt das Ziel Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele attraktiv und zu-gaumlnglich zu machen Die Digitalisierung ist da-bei ein Schluumlssel dazu bisherige Zielgruppen zu binden und neue (nicht nur aber gerade auch juumlngere) zu erschlieszligen Waumlhrend der Corona-Krise waren digitale Vermittlungsangebote fuumlr viele geschlossene Einrichtungen sowie fuumlr einen Groszligteil der Kuumlnstlerinnen und Kuumlnstler das einzige Fenster zur Auszligenwelt

Die Digitalisierung bietet die Moumlglichkeit neue Formen des Zugangs und der Nutzung von Kul-turgut zu entwickeln In diesem Kontext sollten kreativ-kuumlnstlerische Menschen in die Lage ver-setzt werden neue Ideen zu entwickeln ndash auch fernab der mehrheitlich traditionellen Nutzungs-formen im Bereich der Gesellschafts- und Kultur-wissenschaften Ein gutes Beispiel dafuumlr ist die Einbeziehung von digitalisiertem audiovisuellem Archivgut in die Arbeit der performativen Kuumlnste

Mit einer mutigen Innovations- Transfer- und Wagniskultur kann es gelingen Nutzerinnen und Nutzer durch attraktive digitale Kulturformate dafuumlr zu gewinnen ihren aumlsthetischen und sozia-len Horizont mit persoumlnlichem Gewinn zu er-weitern Gute Vermittlung ist nicht der Weg des geringsten Widerstands sondern des reichsten Ertrags Sie weitet den Blick ermoumlglicht lebens-langes Lernen und Entdecken Gerade Diver-sitaumlt und Pluralitaumlt ndash und mit ihnen Teilhabe sowie Partizipation ndash sind zentrale Werte der Vermittlung Dabei geht es allem voran um Meinungsvielfalt Formenvielfalt Angebotsviel-falt Beteiligtenvielfalt sowie die Vielfalt der Inhalte und Vorgehensweisen

Im Fokus der BKM und der von ihr gefoumlrderten Einrichtungen stehen auch neue Formen der Kulturproduktion User-generated Content und dialogischere Formen der Vermittlung etwa Games-Elemente setzen Kunstwerke und Objek-te der Diskussion aus und nutzen Technologien als erschlieszligendes oder kuumlnstlerisches Werkzeug Solche Vermittlungsansaumltze zielen auf einen pro-duktiven Dialog Sie verlangen nach adaumlquaten Formen der digitalen Identifizierung Ansprache und Einbeziehung von Nutzerinnen und Nut-zern in digitale Angebote sowie Aufgaben des oumlffentlichen Kulturbereichs

Die Foumlrderung von Teilhabe und Partizipation ist nicht nur ein Gewinn fuumlr die Nutzerinnen und Nutzer kultureller Angebote Sie hat auch posi-tiven Einfluss auf die Kommunikation der an-bietenden Akteurinnen und Akteure sowie Ein-richtungen Das belegen die Erfahrungen aus zahlreichen digitalen Kulturinitiativen wie dem Kultur-Hackathon Coding da Vinci oder den Projekten des NEUSTART-KULTUR-Programms dive in Programm fuumlr digitale Interaktionen

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 27: Kulturen im digitalen Wandel

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Kultur Digital

Das Programm Kultur Digital der Kulturstif-tung des Bundes (KSB) will Kultureinrichtun-gen motivieren und sie darin unterstuumltzen die digitalen Moumlglichkeiten und Herausfor-derungen der Gegenwart ebenso selbstbe-stimmt wie gemeinwohlorientiert mitzuge-stalten Die Einrichtungen sollen die kreative und kritische Auseinandersetzung suchen Das Programm verfolgt grundsaumltzlich einen Open-Access- Open-Content- und Open-Source-Ansatz Es umfasst drei Teile Der an-tragsoffene Fonds Digital der KSB foumlrdert die Entwicklung und Umsetzung digitaler Vor-haben in den Bereichen digitales Kuratieren digitale kuumlnstlerische Produktion digitale Vermittlung und Kommunikation Dafuumlr

stehen insgesamt 158 Millionen Euro zur Verfuumlgung Ein weiterer Baustein des Pro-gramms ist die Unterstuumltzung des Kultur-Hackathons Coding da Vinci Das 2014 ins Leben gerufene Veranstaltungsformat bringt Kultureinrichtungen aller Sparten mit Ex-pertinnen und Experten aus den Bereichen Programmierung Entwicklung Design Kunst und Gaming zusammen Es setzt sich dafuumlr ein das Angebot offener und frei zu-gaumlnglicher Kulturdaten auszubauen Und das dritte Vorhaben im Programm Kultur Digital unterstuumltzt insgesamt 54 Kuumlnstler-stipendien fuumlr Theaterschaffende fuumlr jeweils fuumlnf Monate an der Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt in Dortmund

Die BKM wird auch kuumlnftig Ansaumltze und Initia-tiven in den Blick nehmen die sich folgenden Schwerpunkten widmen

bull der Staumlrkung kultureller Sichtbarkeit

bull der Schaffung neuer erweiterter Zugaumlnge zu kultureller Vermittlung kultureller Teilhabe kultureller Partizipation und kultureller Inter-aktion einschlieszliglich der Staumlrkung von Formen aktiver kreativ-partizipativer Teilhabe von User-generated Content bis Citizen Science und

bull der Vermittlung von Digitalkompetenz Digital-affinitaumlt Digitalbewusstsein und technologi-

scher Souveraumlnitaumlt auf Seiten der Einrichtun-gen sowie der Nutzerinnen und Nutzer

Archive uumlberschreiten und weiten mit der digi-talen Bereitstellung von Archivgut im Internet ihren traditionell ortsgebundenen Rahmen Zur Nutzbarkeit von Archivgut in virtuellen Lese-saumllen aber auch von Digitalisaten musealer Ob-jekte in Ausstellungen gehoumlrt die Entwicklung neuer Kommunikationsformen zwischen der Kulturinstitution einerseits und ihren Nutzerin-nen und Nutzern andererseits uumlber die reine Be-reitstellung hinaus Auch zur Kommunikation untereinander sollten Nutzerinnen und Nutzer uumlber die entsprechenden Plattformen angeregt

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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42

Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 28: Kulturen im digitalen Wandel

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werden Hierfuumlr wird die DDB als Plattform zur Bereitstellung von Bestaumlnden eine wichtige Rolle einnehmen und vielen Institutionen die Teilnah-me ermoumlglichen Online-Plattformen und sons-tigen Internetpraumlsenzen die neben und unabhaumln-gig von der DDB entstehen sollte ein Angebot unterbreitet werden die technische Interopera-bilitaumlt zur DDB herzustellen

Neben der Orientierung an der Bewahrung und Bereitstellung von Sammlungen sollten auch die Beduumlrfnisse von Besucherinnen und Besuchern an Bedeutung gewinnen Digitale Vermittlung ist eine zentrale Komponente der Erneuerung des digitalaffinen und datenkompetenten Museums Den Aufbau neuer Methoden- und Technologie-kompetenzen gilt es durch die Identifizierung

Ansprache und Einbeziehung neuer Zielgruppen zu ergaumlnzen Mit ihnen koumlnnen Museen im Sin-ne eines erweiterten Publikums ihren Wirkungs-kreis sowohl durch digitale Kanaumlle Mittel und Formate wie auch durch die gezielte Ansprache digitalaffiner Besucherinnen und Besucher aus-bauen Die Digitalkompetenzen bei den Beschaumlf-tigten von Museen sollten ausgebaut verfestigt und normalisiert werden um diesem Ziel naumlher zu kommen

Ein zentrales von der BKM gefoumlrdertes Vermitt-lungsprojekt ist museum4punkt0 das sich dar-uumlber hinaus zu einem wichtigen Ort des Aus-tausches und der Vernetzung von Museen zu besonders innovativen digitalen Darstellungs-formen entwickelt hat

museum4punkt0

Das Verbundprojekt museum4punkt0 das ndash koordiniert von der Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz ndash 2017 gestartet wurde und inzwischen in seiner zweiten Verlaumlnge-rungsphase mit Mitteln aus NEUSTART KULTUR ist entwickelt innovative digitale Anwendungen fuumlr die Vermittlungsarbeit von Museen und erprobt digitale Techno-logien Weitere Partner sind die Humboldt Forum Kultur GmbH das Deutsche Aus-wandererhaus Bremerhaven das Deutsche Museum die Fastnachtsmuseen Langen-stein und Bad Duumlrrheim die Museen der

schwaumlbisch- alemannischen Fastnacht und das Senckenberg Museum fuumlr Naturkunde Goumlrlitz Der Projektverbund ist 2021 um zehn Museen erweitert worden In engem Austausch der Partnermuseen entstehen wo immer moumlglich Prototypen auf Open-Source-Basis sodass eine breite Nachnutz-barkeit durch andere Museen gegeben ist Ein weiteres Kernziel des Projektes von-einander lernen Erfahrungen austauschen und diese fuumlr Dritte auf der Plattform museum4punkt0de bereitstellen

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

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verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 29: Kulturen im digitalen Wandel

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Die Verbundplattform museum4punkt0 hat sich als zentrale Informations- und Anlaufstelle fuumlr koordinierte Kommunikation bewaumlhrt Damit sind wichtige Grundlagen geschaffen worden auf die auch in Zukunft technologisch und in-haltlich aufgebaut werden koumlnnte

Um eine Vernetzung mit vergleichbaren Aktivi-taumlten im europaumlischen Ausland zu ermoumlglichen koumlnnte die Plattform zweisprachig auf Deutsch und Englisch angelegt werden Flankierend koumlnn-ten soziale Netzwerke fuumlr die notwendige Sicht-barkeit sorgen Mit diesen Angeboten koumlnnte ein Transfer von Wissen und Erfahrungen ebenso wie die Ermittlung des Bedarfs der Museen an digi-talen Angeboten auch uumlber Workshops Vortrauml-ge und Tagungen organisiert werden Das waumlre auch eine Antwort auf den starken Bedarf von Museen zur Beratung zu digitalen Angeboten dem auch ndash sofern finanzierbar ndash mit einer zen-tralen Beratungsstelle begegnet werden koumlnnte die prototypische Entwicklungsprojekte um-setzt und dem Wunsch nach moumlglichst breiter Nachnutzbarkeit noch besser Rechnung traumlgt

Um einen Mehrwert fuumlr die gesamte deutsche Museumslandschaft zu erreichen stellt die Oumlf-fentlichkeitsarbeit und Kommunikation eine be-sonders wichtige Aufgabe dar Hierzu gehoumlren die Buumlndelung und Publikation von Projekter-gebnissen und -erkenntnissen eine aktive Netz-werkbildung die Konzeption und Durchfuumlh-rung oumlffentlicher Fachveranstaltungen sowie die Schaffung eines Uumlberblicks uumlber digitale Angebo-te in Museen bzw anderen Kultureinrichtungen

Fuumlr die digitale Entwicklung in deutschen Mu-seen ist es wichtig stetig das eigene Wissen zu ver-bessern und die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu qualifizieren Zu diesem Zweck bieten sich Kooperationen mit Universitaumlten und anderen Forschungseinrichtungen an Diese sollten im Hinblick auf Austausch und kritische Begleitung ausgebaut werden Weiterhin gehoumlrt zu den Vernetzungsaufgaben einer zentralen Stelle nicht zuletzt die Organisation einer effekti-ven Zusammenarbeit zwischen Projekten

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstandes insbesondere des Gefaumllles zwischen groumlszligeren In-stitutionen und kleineren Museen im Hinblick auf digitale Angebote ist klar dass die digitale Entwicklung innerhalb der deutschen Museums-landschaft eine groszlige Zukunftsaufgabe ist Dabei ist unter Nachhaltigkeitsaspekten die Frage zu beantworten wie die mit erheblichem finanziel-lem Aufwand in Projekten geschaffenen Kom-petenzen und Ergebnisse auch uumlber das jeweilige Projekt hinaus fuumlr die deutsche Museumsland-schaft nutzbar gemacht werden koumlnnen Hier gilt es auch die unterschiedlichen finanziellen sowie personellen Ressourcen im Blick zu behalten

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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42

Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

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Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
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Page 30: Kulturen im digitalen Wandel

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6 VernetzungDie Corona-Pandemie hat gezeigt wie heterogen der Umgang mit dem digitalen Wandel im oumlf-fentlichen Kulturbereich ist Sie hat verdeutlicht dass es in Teilen Nachholbedarf gibt Einem ho-hen Maszlig an Energie und Kreativitaumlt steht eine Vielzahl wenig nachhaltiger Inselloumlsungen und unverbundener Einzelprojekte gegenuumlber Dies fuumlhrt dazu dass der Kulturbereich seine digita-le Leistungsfaumlhigkeit und Kompetenz nicht aus-schoumlpft Fortschritte sind hingegen uumlberall dort zu verzeichnen wo sich Portalangebote Ver-bundstrukturen und Kompetenznetzwerke ge-bildet haben

Entscheidend ist deshalb die Vernetzung also der Schritt die Grenzen einzelner Kultureinrichtun-gen oder bestimmter Sparten zu uumlberwinden und Querbezuumlge herzustellen So unterstuumltzt die BKM den Ausbau freiwilliger aber auch institutionali-sierter Zusammenarbeit zum gegenseitigen Vor-teil Die Foumlrderung von Stakeholder-Dialogen ist daher ein wichtiges Anliegen um mehr Spiel-raum fuumlr agile kooperative Loumlsungen zu gewin-nen So entstehen Strukturen an denen sich an-dere beteiligen oder orientieren koumlnnen

Gute Beispiele dafuumlr gibt es bereits in vielen Be-reichen So hat sich das Netzwerk NESTOR ge-bildet das auf die Archivierung und Langzeitver-fuumlgbarkeit digitaler Ressourcen zielt Zu nennen ist auch digiCULT ndash ein von uumlber 200 Museen mehrerer Bundeslaumlnder getragener Verbund zur Entwicklung und Erprobung von informations-wissenschaftlichen Strukturen fuumlr das digitale Sammlungs- und Objektmanagement im Museumswesen

Ein zentrales Instrument der Vernetzung ist aus Sicht der BKM die von Bund Laumlndern und Kom-munen gemeinsam getragene DDB als staatliches Zugangsportal zu digitalen Objekten aus Kultur und Wissenschaft in Deutschland

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

41

42

Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

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Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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kulturstaatsministerinde

  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 31: Kulturen im digitalen Wandel

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Deutsche Digitale Bibliothek

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als das zentrale nationale Internetportal fuumlr die oumlffentlichen Kultur- und Wissenschaftsein-richtungen aller Sparten (Archive Biblio-theken Museen Mediatheken) wird konti-nuierlich ausgebaut Derzeit sind hier uumlber 4600 Einrichtungen fuumlr eine Zusammen-arbeit registriert mehr als 570 davon sind bereits aktive Datengeber Die Zahl der ko-operierenden Einrichtungen steigt konti-nuierlich Zurzeit sind in der DDB bereits mehr als 37 Millionen Objekte nutzbar Infrastrukturen Bestaumlnde und Nutzungs-moumlglichkeiten der DDB werden perma-nent erweitert Uumlber zwei derzeit laufende Sonderprojekte sollen eine deutliche Er-weiterung der Inhalte eine Erhoumlhung der Reichweite (Projekt zur nutzerorientierten Neustrukturierung des Portals DDB) so-wie eine Verbesserung der Daten- und Ob-jektqualitaumlt (Projekt zur Verbesserung der Qualitaumlt der Metadaten und der Prozes-se der Verarbeitung in der DDB) realisiert werden Neue Formate und Medien fuumlr eine interaktive Teilhabe sowie partizi-pative Kulturvermittlung stehen im Vor-dergrund Vorgesehen ist zudem u a die

Schaffung eines zentralen Zugangs zu digi-tal erfasstem Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten

Im Archivportal-D innerhalb der DDB ste-hen online ca 130 Millionen Seiten aus deutschen Archiven zur Verfuumlgung Diese groszlige Zahl verdeutlicht die zahlreichen In-itiativen der deutschen Archive im Bereich der Retrodigitalisierung Dazu kommen die Planungen fuumlr die Zukunft Hier wird allein das Bundesarchiv bis zum Jahr 2030 min-destens 500 Millionen Seiten online stellen Ein wichtiger Bestandteil der Digitalstrategie des Bundesarchivs ist die Digitalisierung on demand die in den naumlchsten Jahren sukzes-sive die digitale Benutzung von Bestaumlnden ausbauen wird Dennoch stehen alle Archive vor der Herausforderung dass alle 30 Milli-arden Seiten die in ihren Magazinen stehen mit der momentan eingesetzten Techno-logie mittelfristig nicht digitalisiert werden koumlnnen Daher wird es in Zukunft auch darum gehen zusammen mit den Herstel-lern neue Scanverfahren zu entwickeln um die Prozesse bei der Digitalisierung zu professionalisieren

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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

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Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
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Eine wichtige Perspektive ist die Weiterentwick-lung der DDB zu einem spartenuumlbergreifen-den und nutzerorientierten Beteiligungsportal Die DDB hat das Potenzial der zentrale Ort und Anlaufpunkt fuumlr die Angebote und Sichtbar-keit oumlffentlich gefoumlrderter Kultur im Internet zu werden Ihre Moumlglichkeiten reichen von der Praumlsentation digitalen und digitalisierten Kultur-guts bis hin zur Vernetzung von Datenange-boten Datenstandards Toolangeboten Code-dokumentationen KI-Loumlsungen sowie digitalen Fachkompetenzen Hierzu zaumlhlt nicht zuletzt die kooperative Entwicklung stabiler und sicherer oumlf-fentlicher Datenraumlume sowie zentraler Nachweis- Informations- und Beratungsorte fuumlr den Kultur-bereich im Internet Sie sollen nachnutzbare digi-tale Anwendungen ermoumlglichen um die digitalen Handlungsmoumlglichkeiten fuumlr kulturelle Akteu-re unterschiedlicher Groumlszlige zu erweitern Ergaumlnzt wird das Angebot der DDB von zahlreichen weite-ren spartenspezifischen und regionalen Kultur-portalen die zum Teil miteinander kooperieren wie zum Beispiel bavarikonde hdgdelemo oder zeitzeugen-portalde Auch diese Zusammenar-beit gilt es weiterzuentwickeln um die im Arbeits-feld Vermittlung benannten Ziele zu foumlrdern

Fuumlr den Bereich der Museen gibt es bisher weni-ge uumlbergeordnete Entwicklungsformate oder Ser-viceangebote Verbundstrukturen und Kompe-tenznetzwerke sind jedoch zentraler Bestandteil einer auf Entwicklung ausgelegten digitalen Kul-tur Inhaltlich stehen nicht mehr nur Fragen der (Retro-)Digitalisierung von Sammlungsbestaumlnden an sondern vor allem auch Fragen dazu wie nativ digitale Objekte Teil der Sammlung werden koumln-nen und wie entsprechende Standardisierungen von Sammlungsdaten aussehen Es bedarf deshalb Austausch- und Kooperationsstrukturen die auf die besucherorientierte Arbeit der Museen aus-gerichtet sind Als erfolgreiches Vehikel der Ver-netzung hat sich neben museum4punkt0 auch der Kultur-Hackathon Coding da Vinci erwiesen

Coding da Vinci generiert Kulturdaten und schaumlrft die Datenkompetenz der Beteiligten indem Kul-turschaffende Technikaffine Coder und Kreative zusammenkommen sich gegenseitig inspirieren und gemeinsam Produkte erstellen

Fuumlr andere zentrale Felder des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich fehlen solche Por-tal- und Verbundstrukturen Insbesondere bei den darstellenden Kuumlnsten wie Theater Tanz und Performance steht die Diskussion daruumlber noch am Anfang Gleiches gilt fuumlr beteiligungsoffene Netzwerkloumlsungen die institutions- sparten- und medienuumlbergreifend sind Haumlufig fehlen zentrale

Forschungsdatenbank Proveana

Die Forschungsdatenbank Proveana des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste stellt insbesondere Ergebnisse der vom Zentrum gefoumlrderten Projekte der Pro-venienzforschung in Kulturgut bewah-renden Einrichtungen vernetzt dar Sie betrifft die Forschungskontexte NS-ver-folgungsbedingt entzogenes Kulturgut kriegsbedingt verlagertes Kulturgut Kul-turgutentziehungen in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR sowie Kultur- und Sammlungsgut aus kolonia-len Kontexten Eine Verbindung besteht zur Lost-Art-Datenbank und zu anderen Datenbanken Proveana richtet sich vor allem an von Kulturgutentziehungen Betroffene und ihre Nachfahren Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler so-wie mit dem Handel von Kulturguumltern befasste Personen steht daruumlber hinaus aber allen Interessierten den Medien und politisch Verantwortlichen offen

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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

39

Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

40

Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

41

42

Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
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Anlaufpunkte fuumlr endnutzerorientierte Kultur-vermittlungsangebote Auch waumlchst der Wunsch nach nachnutzbaren Angeboten die sich gezielt an Kulturakteurinnen und -akteure richten Das betrifft beispielsweise die Nutzung von Kultur-daten oder Codes fuumlr Tools zur Suche Analyse und Vermittlung von Daten sowie kuumlnstleri-sche Produktionstechnologien oder KI-Anwen-dungen Der Bedarf digitale Partizipation und Interaktion zu ermoumlglichen waumlchst stetig Kon-krete Nutzungsstrategien bei der Produktion entstehender Materialien werden beispielsweise im Theaterbereich gerade erst diskutiert Diese Strukturen gilt es zu staumlrken

Orientierung Inspiration und Motivation fuumlr die weitere aktive Gestaltung des digitalen Wandels im oumlffentlichen Kulturbereich bietet die rasante Entwicklung im Bereich der digitalen Geistes-wissenschaften (Digital Humanities) So haben sich in den digitalen Geisteswissenschaften in den vergangenen Jahren etwa mit dem Aufbau einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) wichtige Netzwerke herausgebildet Vor allem treiben diese Netzwerke gezielt die Moumlglichkeiten der Nachnutzung digitaler Ansaumltze voran und dienen als Vorbild fuumlr aumlhnliche Bestrebungen im oumlffentlichen Kulturbereich

Es bedarf also vergleichbarer Raumlume der digitalen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel gemeinsam erfolgreich zu sein und eigene digitale Loumlsungen zu entwickeln Auf den Kulturbereich uumlbertragen geht es um eine groumlszligere Vernetzung ndash nicht nur auf der Ebene von Werken sondern auf der von Werkzeugen Eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre wird sein fuumlr den Kultur-bereich gemeinsam Formate und Strukturen zu schaffen die das jeweils digital Erreichte insge-samt transparenter und anschlussfaumlhiger machen Die Foumlrderung modellhafter Projekte und Best-Practice-Beispiele ist dafuumlr ein wichtiger Baustein

Zur fortschreitenden Vernetzung gehoumlrt auch ebenen- und bereichsuumlbergreifend abgestimmtes Arbeiten zu unterstuumltzen etwa bei der Digitali-sierung von Kulturguumltern und der Praumlsentation der Digitalisate Da sich dies besser realisieren laumlsst wenn verschiedene Institutionen ein ge-meinsames thematisch-inhaltliches Ziel verfol-gen sollten kooperative und langfristige Pro-gramme initiiert werden Solch digitale Arbeit im Verbund ist zudem besonders geeignet dafuumlr auch kleinere Institutionen mit ihren speziali-sierten Angeboten besser sichtbar zu machen Ziel sollte deshalb sein mit neuen Rahmenbe-dingungen Kollaborationen zu ermoumlglichen in denen auch sehr unterschiedliche Einrichtungen asymmetrische Beziehungen eingehen koumlnnen ndash ohne dabei in Abhaumlngigkeiten zu geraten

Daneben foumlrdert der Bund die Vernet-zung und den Wissenstransfer mit zahl-reichen weiteren Maszlignahmen zum Beispiel in Form

bull der Oumlffnung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Normdatei (GND) der Deutschen Nationalbibliothek hin zu einem spartenuumlbergreifenden Ruumlckgrat des Datenoumlkosystems im Kulturbereich

bull der Verbesserung der Metadatenqua-litaumlt der Deutschen Digitalen Biblio-thek und

bull der Entwicklung der Plattform Culturegraph durch die Deutsche Na-tionalbibliothek fuumlr die Vernetzung und Analyse von Metadaten fuumlr bib-liothekarische Dienste und Projekte

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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

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Servicetelefon 030 18 272 272 1

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Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
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Fazit

Vor aber gerade auch waumlhrend der Corona-Krise hat der Kulturbereich seine digitalen Kompeten-zen deutlich ausgebaut Daruumlber hinaus besteht aber weiterer Handlungsbedarf Er betrifft die Ver-staumlndigung uumlber die Werte des digitalen Kultur-Wandels und reicht uumlber die Staumlrkung von Ver-laumlsslichkeit Verfuumlgbarkeit und Vermoumlgen bei den Kreativen sowie Kultureinrichtungen bis hin zur Verbesserung von Vermittlung und Vernetzung

Im Bemuumlhen um Verstaumlndigung uumlber Chancen und Grenzen der Digitalisierung setzt die BKM insbesondere auf Ansaumltze die verbindliche Dis-kursraumlume und gesellschaftliche Verstaumlndigungs-prozesse unterstuumltzen Vorgeschlagen wird ein Di-gitalisierungsrat fuumlr den Bereich Kultur der Bund Laumlnder und Kommunen in Fragen des digitalen Kultur-Wandels beraumlt Dabei koumlnnten relevante Themen auch in Studien aufgegriffen werden

Vom Kulturbereich wird Verlaumlsslichkeit im Hin-blick auf seine digitale Infrastruktur erwartet Da diese Daueraufgabe von allen Beteiligten hohen finanziellen personellen und strategischen Ein-satz erfordert wird auch eine Priorisierung von Ressourcen erforderlich sein Aus diesem Grund werden Kultureinrichtungen aller Sparten ermu-tigt eigene technologische und personelle Kom-

petenzen bei sich und in Verbuumlnden zu staumlrken um ihre Abhaumlngigkeit gegenuumlber Dienstleistern zu verringern

Gerade von oumlffentlichen Kultureinrichtungen wird die Verfuumlgbarkeit zumindest ihrer zentralen Inhalte erwartet Eine vordringliche Aufgabe ist es deshalb die Sichtbarkeit und Transparenz oumlf-fentlich gefoumlrderter Kulturarbeit im Internet zu staumlrken Ausgehend vom Bibliothekswesen soll die von der BKM als koordiniertes beteiligungs-offenes Bund-Laumlnder-Programm unterstuumltzte Initiative Allianz zur Kulturgutdigitalisierung ei-nen wichtigen Beitrag dazu leisten den Bildungs-auftrag von Kultureinrichtungen ins digitale Zeitalter zu uumlbertragen

Wesentliche Ressource fuumlr das Gelingen der Digitalisierung im Kulturbereich sind seine Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter Entscheidend ist ihr Vermoumlgen digitale Kompetenzen mit- und einzubringen Dazu muumlssen Kultureinrichtun-gen eine Prioritaumlt auf ihre Personalentwicklung legen Schluumlssel fuumlr den Erfolg sind attraktive Aufstiegsmoumlglichkeiten flachere Hierarchien veraumlnderte Organisationsstrukturen agilere Arbeitsformen und qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildungsmoumlglichkeiten

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Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

41

42

Impressum

Herausgeberin

Die Beauftragte der Bundesregierung fuumlr Kultur und

Medien (BKM)

10557 Berlin

Stand

Juli 2021

Redaktion und Text

Dr Freacutedeacuteric Doumlhl (Deutsche Nationalbibliothek)

Daniel Juumlrgens (BKM) Dr Robin Mishra (BKM)

Gestaltung

Zum goldenen Hirschen GmbH Berlin

Druck

MKL Druck GmbH amp Co KG

Graf-Zeppelin-Ring 52

48346 Ostbevern

Die Publikation als PDF zum Herunterladen unter

kulturstaatsministerinde

Bestellmoumlglichkeit

Publikationsversand der Bundesregierung

Postfach 48 10 09 | 18132 Rostock

Servicetelefon 030 18 272 272 1

Servicefax 030 18 10 272 272 1

E-Mail publikationenbundesregierungde

Diese Publikation wird von der Bundesregierung im

Rahmen ihrer Oumlffent lichkeitsarbeit herausgegeben

Die Publikation wird kostenlos abgegeben und ist nicht

zum Verkauf bestimmt Sie darf weder von Parteien

noch von Wahl werbern oder Wahlhelfern waumlhrend

eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung

verwendet werden Dies gilt fuumlr Bundestags- Land-

tags- und Kommunalwahlen sowie fuumlr Wahlen zum

Europaumlischen Parlament

Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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  • Ziele des Perspektivpapiers
  • Arbeitsshyfelder des Kultur-Wandels
    • 1 Verstaumlndigung
    • 2 Verlaumlsslichkeit
    • 3 Verfuumlgbarkeit
    • 4 Vermoumlgen
    • 5 Vermittlung
    • 6 Vernetzung
      • Fazit
      • Impressum
Page 35: Kulturen im digitalen Wandel

40

Eine gute Vermittlung kann erreichen dass Kunst und Kultur fuumlr moumlglichst viele ndash auch fuumlr bis-her von klassischer Kulturarbeit nicht erreichte Gruppen ndash attraktiv und zugaumlnglich wird In-novative digitale Kulturformate laden dazu ein den aumlsthetischen und sozialen Horizont der Nutzerinnen und Nutzer zu erweitern Die Ver-bundplattform museum4punkt0 hat sich dabei beispielsweise als Anlaufstelle fuumlr neue Tech-nologien im Museumsbereich bewaumlhrt und zu-gleich Grundlagen geschaffen auf die auch in Zukunft technologisch und inhaltlich aufgebaut werden koumlnnte

Statt Inselloumlsungen braucht der Kulturbereich eine groumlszligere Vernetzung ndash bei Werken ebenso wie bei Werkzeugen Um das jeweils digital Erreichte transparenter und anschlussfaumlhiger zu machen haben sich in verschiedenen Bereichen Portal-angebote Verbundstrukturen und Kompetenz-netzwerke bewaumlhrt Eine wichtige Perspektive ist dabei die Weiterentwicklung der Deutschen Digitalen Bibliothek zu einem spartenuumlbergrei-fenden und nutzerorientierten Beteiligungspor-tal Gebraucht werden weitere Raumlume der digi-talen Selbstorganisation und Selbstbefaumlhigung um im Umgang mit dem digitalen Wandel ko-operativ erfolgreich zu sein

In Bezug auf alle genannten Herausforderungen waren die vergangenen Monate der Corona- Pandemie in mehrfacher Hinsicht Ansporn und Ermutigung Die Rolle und der Stellenwert oumlf-fentlich gefoumlrderter Kunst und Kultur im Alltag sowie die Nachfrage nach ihnen sind gemessen an den Besucherzahlen groszlig Es entstehen aber Leerstellen wenn Einrichtungen schlieszligen Auf-fuumlhrungen abgesagt werden und damit Kultur in Teilen nur noch eingeschraumlnkt oder gar ganz unzugaumlnglich wird Digitale Praumlsenz ist fuumlr die Krisen- und Zukunftsfestigkeit des Kulturlebens dringend erforderlich Sie war an vielen Stellen erfolgreich und zukunftsweisend Die Pandemie-

erfahrung hat konstruktive und innovative Ener-gie im gesamten Kulturbereich freigelegt und entfaltet Diese hat zur Entwicklung digitalba-sierter Loumlsungen gefuumlhrt und zugleich Anstoumlszlige gegeben die eigene Arbeit systematisch um die digitale Dimension zu erweitern

Anknuumlpfend daran erscheint das Ziel realistisch entlang der vorgeschlagenen Arbeitsschwer-punkte und Maszlignahmen die kulturelle Arbeit im Digitalen

bull noch innovativer transformativer und nach-haltiger zu ermoumlglichen

bull sichtbarer und transparenter zu machen und

bull noch breiter vernetzter und im Verbund zu nutzen

Die Digitalisierung kann zu einer Erfolgsge-schichte fuumlr den oumlffentlichen Kulturbereich wer-den Voraussetzung dafuumlr ist dass sie uumlber Be-stehendes hinaus neue Moumlglichkeiten kultureller Angebote bietet und von den beteiligten Men-schen als Bereicherung erfahren wird So schafft der digitale Kultur-Wandel Mehrwerte auch fuumlr die nicht primaumlr oumlffentlich organisierten Kultur-akteurinnen und -akteure Er regt dort gemein-same Loumlsungen an wo sie fuumlr eine zeitgemaumlszlige Entwicklung erforderlich sind Wenn der Kultur-bereich diesen Prozess mutig und proaktiv an-geht wird es ihm mit Erfolg gelingen auch den allgemeinen Kulturwandel konstruktiv und in-novativ zu gestalten

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Medien (BKM)

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Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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Mitglieder der KernarbeitsgruppeProf Dr Andreas Degkwitz (Direktor ndash Universitaumltsbibliothek der Hum-boldt-Universitaumlt zu Berlin Bundesvorsitzender ndash dbv deutscher Biblio-theksverband) Marc Grandmontagne (Geschaumlftsfuumlhrender Direktor und Vorstand ndash Deutscher Buumlhnenverein) Dr Christian Haumlnger (Bundesarchiv ndash Leiter Archivtechnik) Prof Monika Hagedorn-Saupe (Gesamtleitung museum4punkt0 ndash Stiftung Preuszligischer Kulturbesitz) Prof Dr Michael Hollmann (Praumlsident ndash Bundesarchiv) Prof Dr Hans Walter Huumltter (Prauml-sident ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Hannes Richter (Referent Online-Kommunikation ndash Deutscher Buumlhnen-verein) Dr Ruth Rosenberger (Direktorin Digitale Dienste ndash Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland) Frank Scholze (Generaldirektor ndash Deutsche Nationalbibliothek) Dr Julia Spohr (Lei-terin Geschaumlftsstelle ndash Deutsche Digitale Bibliothek) David Vuillaume (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Museumsbund) Olaf Zimmermann (Ge-schaumlftsfuumlhrer ndash Deutscher Kulturrat)

Weitere Gespraumlchspartnerinnen und -partnerSusanne Bieler-Seelhoff (Leitung Abt Kultur ndash Ministerium fuumlr Bildung Wissenschaft und KulturSchleswig-Holstein) Marie Bues (Theaterin-tendantin Regisseurin ndash Freie Szene und private Theater) Gerke Dunk-hase (Leitung Technik Entwicklung Service ndash Deutsche Digitale Bib-liothek) Hubert Eckart (Geschaumlftsfuumlhrer ndash Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Michael Eickhoff (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Elke Harjes-Ecker (Leitung Abt Kultur und Kunst ndash Staatskanzlei Thuumlringen) Prof Dr Markus Hilgert (Generalse-kretaumlr ndash Kulturstiftung der Laumlnder) Prof Christian Houmlppner (Generalse-kretaumlr ndash Deutscher Musikrat) Prof Dr Jan Lazardzig (FU Berlin ndash Digitale Theater- und Tanzwissenschaft) Marcus Lobbes (Direktor ndash Akade-mie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christine M Merkel (Leitung Fachbereich Kultur ndash Deutsche UNESCO-Kommission) Prof Dr Holger Noltze (TU Dortmund ndash Digitaler Kulturjournalismus) Prof Dr Martin Pfleiderer (HfM Weimar ndash Digitale Musikwissenschaft) Christiane Rie-del (Vorstand ndash ZKMMedienkunst und Bildende Kunst jetzt Vorstand ndash Crespo-Foundation) Roman Senkl (Dramaturgie ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Mario Simon (Leitung Medienabteilung ndash Akademie fuumlr Theater und Digitalitaumlt Dortmund) Christiane Stausberg (Hauptreferentin Kultur ndash Deutsche Staumldtetag) Hortensia Voelckers (Kuumlnst-lerische Direktorin und Vorstand ndash Kulturstiftung der Bundes)

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