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MBS Dezember 2006 Thomas Kinker Kursbuch Die Bibel. Eine Einführung Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 1 1 Die Bibel ist einzigartig ...................................................................................................... 2 1.1 in ihrer Entstehung ..................................................................................................... 2 1.2 in ihrer Einheit ............................................................................................................ 2 1.3 in ihrer Aktualität ....................................................................................................... 2 1.4 in ihrer Verbreitung .................................................................................................... 2 1.5 in ihrer Überlieferung ................................................................................................. 3 1.6 im literarischen Charakter .......................................................................................... 3 1.7 im moralischen Charakter .......................................................................................... 4 1.8 in Angenommensein und Ablehnung ......................................................................... 4 1.9 in ihrer Prophetie ........................................................................................................ 4 2 Allgemeines zur Bibel ......................................................................................................... 5 2.1 Begriffsbestimmungen ............................................................................................... 5 2.2 Einteilung AT ............................................................................................................. 6 2.2.1 Hebräische Bibel .................................................................................................... 6 2.2.2 Protestantische Bibel (Luther 84) ........................................................................... 7 2.2.3 Unterschiede zwischen der hebräischen und der protestantischen Bibel ............... 8 2.3 Einteilung Neues Testament....................................................................................... 9 3 Schreiben im Altertum....................................................................................................... 10 4 Wie kam Gottes Wort zu uns heute? Von Mose bis ins Jahr 2005. .................................. 13 4.1 Entstehung AT.......................................................................................................... 13 4.2 Entstehung NT.......................................................................................................... 15 4.3 Überlieferung der Bibel ............................................................................................ 17 4.3.1 Kanonbildung ....................................................................................................... 17 4.3.2 Wie kam das AT in seiner heutigen Form zu uns? .............................................. 21 4.3.3 Verbreitung des NT .............................................................................................. 23 4.4 Heutige Form des NT und Textkritik ....................................................................... 24 4.5 Übersetzung – Gott redet in meiner Sprache ........................................................... 28 4.5.1 Übersetzungsgeschichte AT ................................................................................. 28 4.5.2 Übersetzungsgeschichte NT ................................................................................. 29

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MBS Dezember 2006 Thomas Kinker

Kursbuch

Die Bibel. Eine Einführung

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis....................................................................................................................... 1 1 Die Bibel ist einzigartig ...................................................................................................... 2

1.1 in ihrer Entstehung ..................................................................................................... 2 1.2 in ihrer Einheit............................................................................................................ 2 1.3 in ihrer Aktualität ....................................................................................................... 2 1.4 in ihrer Verbreitung.................................................................................................... 2 1.5 in ihrer Überlieferung................................................................................................. 3 1.6 im literarischen Charakter .......................................................................................... 3 1.7 im moralischen Charakter .......................................................................................... 4 1.8 in Angenommensein und Ablehnung......................................................................... 4 1.9 in ihrer Prophetie........................................................................................................ 4

2 Allgemeines zur Bibel ......................................................................................................... 5 2.1 Begriffsbestimmungen ............................................................................................... 5 2.2 Einteilung AT............................................................................................................. 6

2.2.1 Hebräische Bibel .................................................................................................... 6 2.2.2 Protestantische Bibel (Luther 84)........................................................................... 7 2.2.3 Unterschiede zwischen der hebräischen und der protestantischen Bibel ............... 8

2.3 Einteilung Neues Testament....................................................................................... 9 3 Schreiben im Altertum....................................................................................................... 10 4 Wie kam Gottes Wort zu uns heute? Von Mose bis ins Jahr 2005. .................................. 13

4.1 Entstehung AT.......................................................................................................... 13 4.2 Entstehung NT.......................................................................................................... 15 4.3 Überlieferung der Bibel............................................................................................ 17

4.3.1 Kanonbildung ....................................................................................................... 17 4.3.2 Wie kam das AT in seiner heutigen Form zu uns? .............................................. 21 4.3.3 Verbreitung des NT.............................................................................................. 23

4.4 Heutige Form des NT und Textkritik....................................................................... 24 4.5 Übersetzung – Gott redet in meiner Sprache ........................................................... 28

4.5.1 Übersetzungsgeschichte AT................................................................................. 28 4.5.2 Übersetzungsgeschichte NT................................................................................. 29

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1 Die Bibel ist einzigartig 1

1.1 in ihrer Entstehung mehr als 40 Autoren unterschiedlicher Herkunft und Kulturen ohne Absprachen untereinander über einen Zeitraum von ca. 1500 Jahren – würde das bei rein menschlicher Entstehung auch der Fall sein, wenn z.B. 10 Schriftsteller über ein umstrittenes Thema unabhängig voneinan-der schrieben?

1.2 in ihrer Einheit Die Fragen „Wer ist Gott?“, „Wer ist der Mensch?“ und „Gibt es eine Verbindung zwischen beiden?“ zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Bibel.

1.3 in ihrer Aktualität Sie ist eine der ältesten bis heute erhaltenen Schriften. Der wissenschaftlich-technische Fort-schritt hat das Interesse eher erhöht. Menschen jeder Klasse, Kultur und Alters lesen die Bi-bel.

1.4 in ihrer Verbreitung Sie ist „der Bestseller“ schlechthin. Weltweit werden 1990 ca. 700 Mio. Bibeln und Bibeltei-le benötigt. zum Vergleich: - Tagebuch der Anne Frank: 26 Mio. insgesamt - Karl May weltweit 200 Mio. insgesamt - Asterix 300 Mio. Bände in 77 Ländern und 57 Sprachen oder Dialekten Sie ist in über 2000 Sprachen übersetzt. - Deutsche Bibelgesellschaft: 1995 waren es 2123 Sprachen, in denen es mind. einen Teil der

Bibel gibt - Weltbund der Bibelgesellschaften: insgesamt 2403 Sprachen (Stand 31.12.05) 2

ganze Bibel 426 Sprachen NT 1115 Sprachen Teile der Bibel 862 Sprachen

1 nach J.J.W. Glashouwer, So entstand die Bibel, CLV: Bielefeld 1987, S. 13ff 2 www.dbg.de 15.3.06

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Anmerkung:3 Nach Angaben der Wycliff Bibelübersetzer fehlen aber noch 4646 Sprachen, in denen es überhaupt keinen Bibeltext gibt. Obwohl nicht in jeder dieser Sprachen eine eigene Übersetzung nötig ist, fehlen trotzdem noch ca. 2000 Sprachen. Werden diese 2000 fehlenden Übersetzungen mit dem momentanen Einsatz an Mitteln und Kräften angegangen, dauert es noch 150 Jahre, bis diese 2000 Übersetzungen vorliegen werden – ein Grund für Wycliff, die Anstrengungen und den Einsatz zu verstärken.

1.5 in ihrer Überlieferung Es existieren heute noch ca. 5000 alte griechische Schriften des NT (Bibeln und Teile), deren älteste nicht viel jünger als die Originale sind. Das AT ist so genau überliefert, dass sogar die einzelnen Buchstaben gezählt sind.

1.6 im literarischen Charakter Sie weist eine Vielzahl lit. Gattungen auf und stellt auch nach der Übersetzung in unterschied-liche Sprachen ein literarisches Meisterwerk dar. Sie hat die deutsche Sprache entscheidend geprägt (Luther). Zu keinem Buch der Welt gibt es ähnlich viel Sekundärliteratur Konkordanz, Lexikon, Werke über Theologie, Religionsunterricht, Mission etc.).

3 Zahlen über Wycliff, Sprachen, Bibelübersetzung [Stand: Oktober 2004 – Quelle:

www.wycliff.de vom 28.6.05]

Weltbevölkerung 6,4 Mrd.

derzeit weltweit gesprochene Sprachen 6912Sprachen, die eine Bibelübersetzung benötigen 2466Anzahl der Sprachen mit Neuem Testament, das ganz oder we-sentlich durch Wycliff erstellt wurde

611

Anzahl der Sprecher dieser Sprachen mehr als 76 MillionenSprachen, in denen zur Zeit in Bibelübersetzung, Alphabetisie-rung und/oder sprachwissenschaftlichen Projekten gearbeitet wird (alle Organisationen)

1678

davon Projekte mit Wycliff-Beteiligung 1376

Sprachprojekte, die 2004 von Wycliff begonnen wurden 82Länder, in denen Wycliff arbeitet mehr als 70, einschließlich der Ar-

beit unter Menschen, die außerhalb ihrer Herkunftsländer leben

Mitarbeiter bei Wycliff weltweit im Einsatz 5276Mitarbeiter bei Wycliff weltweit in Ausbildung 583Anzahl der Herkunftsländer dieser Mitarbeiter 60Wycliff-Mitarbeiter aus Deutschland 155davon direkt in Sprachprojekten tätig 104Übersetzungen des Neuen Testaments, an denen deutsche Mitar-beiter wesentlich beteiligt waren

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Organisationen, die mit Wycliff International zusammenarbeiten 102

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1.7 im moralischen Charakter Sie ist dem Normalempfinden des Menschen genau entgegengesetzt (Feindesliebe; ohne Ver-dienst gerecht werden; Schwäche und Sünde wird schonungslos aufgedeckt).

1.8 in Angenommensein und Ablehnung Sie ist das meistgeliebte und das meistgehasste Buch (Juden- und Christenverfolgungen, Bi-belübersetzung im Mittelalter, Bibelkritik). Bsp.: Voltaire ( 1778): „Die Bibel wird in 100 Jahren nur noch als Antiquität zu finden sein“. Innerhalb von 50 Jahren nach seinem Tod druckte die Genfer Bibelgesellschaft mit seiner Druckerpresse in seinem Haus Bibeln!

1.9 in ihrer Prophetie4 Die Bibel ist das einzige Buch der Welt mit echten Zukunftsvoraussagen, die sich auch erfül-len. Nach W. Gitt enthält die Bibel 6408 Verse mit prophetischen Aussagen, wovon 3268 bereits erfüllt sind. Dass sich diese über 3000 Ankündigungen rein zufällig erfüllt haben, ist genau so „wahrscheinlich“, wie wenn jemand mit 1264 Würfeln gleichzeitig würfelt und alle eine Sechs anzeigen.

4 nach Werner Gitt, Das Fundament. Zum Schriftverständnis der Bibel, Hänssler: Neuhau-

sen-Stuttgart 1985, S. 137

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2 Allgemeines zur Bibel

2.1 Begriffsbestimmungen - Begriff „Bibel“

abgeleitet von griechisch bu/bloj byblos = „Papyrus“; später =„Buch“ bzw. dem Plural biblia = „Bücher“

eine Bibliothek von 66 Büchern - Name „Neues Testament”

entstand wahrscheinlich zur Unterscheidung vom „Alten Testament” griechisch kainh\ diach/kh kainä diathäkä = „neuer Bund” Begriff im NT: + Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.

(Lk 22,20; 1Kor 11,25) + 2Kor 3,6 Diener des neuen Bundes + Hebr 8,8 Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da werde ich mit dem Haus Is-

rael und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen (Zitat aus Jer 31,31) + Hebr 9,15; 12,24 Jesus = Mittler eines neuen Bundes + vgl. 2Kor 3,14 alter Bund [oder: „altes Testament] Begriff „Testament”: + Zur Zeit Luthers hatte „Testament” die Bedeutung „Bund”; erst später ging die

Bedeutung über zu „letzter Wille” 5 + Entsprechend wäre es heute konsequenter, von „Neuem Bund“ statt „Neuem Tes-

tament“ zu reden. Allerdings würde das schwer durch zu setzen sein, da „Neues Testament“ sich eingebürgert hat.

+ Auf alle Fälle ist AT wie NT nicht ein Testament Gottes, da ein Testament nur von einem Sterbenden verfasst wird und den letzten Willen darstellt. Dies lässt sich auf Gott nicht übertragen.

5 »Für Luthers Übersetzung „Testament” in Gal 3,17 und Hebr 9,16-17 und die Formulie-

rung Altes und Neues Testament ist zu berücksichtigen, dass das deutsche Wort 'Testa-ment' erst ein halbes Jahrhundert nach Luther die zusätzliche Bedeutung 'Letzter Wille', 'Vermächtnis' erhielt. Ursprünglich war 'Testament' einfach die Lehnübersetzung des kir-chenlateinischen 'testamentum', das Grimm wie folgt definiert: „der göttliche, durch Christus erneuerte gnadenbund mit den menschen und die schriften desselben (bibel)”.« [zitiert aus Th. Schirrmacher, Ethik 1, Hänssler: Neuhausen 1994, S. 396, der sich auf Ja-cob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch. Bd. 11, S. Hirzel: Leipzig, 1935. S. 263 beruft]

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2.2 Einteilung AT

2.2.1 Hebräische Bibel Anmerkung: Im Folgenden werden nicht die hebräischen Bezeichnungen der einzelnen Bü-cher verwendet, sondern die unserer deutschen Bibeln (wobei für den Pentateuch Gen = Ge-nesis, Ex = Exodus, Lev = Levitikus, Num = Numeri und Dt = Deuteronomium stehen). 1. Thora

Gen Ex Lev Num Dt

2. Nebiim

a) Nebiim rischonim

= frühere oder vordere Propheten Jos Ri 1 Sam 2 Sam 1 Kön 2 Kön

b) Nebiim acharnim

= spätere Propheten Jes Jer Hes Hos Joel Am Ob Jona Dodekapropheton Mi = Zwölfpropheten- Nah buch Hab Zeph Hag Sach Mal

3. Kethubim

Ps Hi Spr Rt Hhld Meggiloth = fünf Rollen Pred Klgl Est Dan Esra Neh 1 Chr 2 Chr

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2.2.2 Protestantische Bibel (Luther 84) Geschichtsbücher

1.Mose / Genesis 2.Mose / Exodus Pen- 3.Mose / Leviticus tateuch 4.Mose / Numeri 5.Mose / Deuteronomium Josua Richter Ruth

1.Samuel 2.Samuel 1.Könige 2.Könige 1.Chronik 2.Chronik Esra Nehemia Esther

Lehrbücher und Psalmen

Hiob Psalmen Sprüche

Prediger Hoheslied

Prophetenbücher

Jesaja Jeremia Klagelieder Hesekiel Daniel Hosea Joel Amos Obadja Jona Micha Nahum Habakuk Zefanja Haggai Sacharja Maleachi

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2.2.3 Unterschiede zwischen der hebräischen und der protestantischen Bibel - zwar bei beiden eine Dreiteilung, aber zum einen andere Kategorien, zum anderen unter-

schiedliche Zuordnung - Der hebräische Kanon

39 Bücher + drei Teile: Thora, Nebiim und Kethubim „Gesetz, Propheten und Schriften“ + Aufbau der hebräischen Bibel: Thora, Nebiim, Kethubim TNK = Thanach + Thora = Pentateuch [von griechisch pentateuchos biblos = das Fünfrollenbuch] + Propheten

nebiim rischonim „vordere [frühere] Propheten“ = Jos, Ri, Sam, Kön nebiim acharnim „spätere Propheten“ = Jes, Jer, Hes, Dodekapropheten

+ Schriften megilloth (5 Rollen): Rt, Est, Hhld, Klgl, Pred

+ von megillah = „Rolle“ + wurden an bestimmten Festen gelesen

Pfingsten: Rt Fasten des 9.Ab: Klgl Laubhüttenfest: Pred Purim- oder Losfest: Esther Passah: Hhld

Spr, Hiob, Ps, Dan, Esra, Neh, Chr Anmerkungen zum hebräischen Kanon + Prophetische Bücher, keine Geschichtsbücher Geschichte im Lichte Gottes + deutsche Bibel: große Propheten (Jes; Jer + Klgl; Hes; Dan) + 12 kleine Propheten + bei den Schriften eingeordnet:

Esra, Neh, Esther, 1+2Chr Dan

+ Daniel nicht bei den Propheten, sondern bei den Schriften Daniel = Staatsmann, kein Vollzeitprophet oder: Propheten als zweiter Teil des hebräischen Kanons abgeschlossen (ca. 400 v.Chr.), bevor Daniel kanonisch wurde

+ Klgl bei den Schriften, nicht nach Jer + Rt bei den Schriften, nicht nach Ri Reihenfolge der Bücher + Thora: geschichtliche Abfolge + frühere Propheten: geschichtliche Reihenfolge + spätere Propheten:

Jes – Jer – Hes: geschichtliche Reihenfolge Dodekapropheton:

+ unsicher, woher die Reihenfolge kommt + chronologisch (so der Talmud)? – stimmt nur teilweise oder ist unsicher + Länge? – stimmt nicht + Archer6: wurden zusammengestellt, weil sie auf einer großen Schriftrolle zu-

sammen Platz hatten

6 G.L. Archer, Einleitung in das Alte Testament Band 2,VLM: Bad Liebenzell 1989, S.

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2.3 Einteilung Neues Testament Neues Testament [27 Bücher: 5 geschichtliche, 21 (Lehr-)Briefe, 1 prophetisches] Geschichtliche Bücher [5] Evangelien [4] • Matthäus • Markus • Lukas • Johannes • Apostelgeschichte Lehrbücher [Episteln - 21] Paulusbriefe [13; nach Empfängern benannt] Hauptbriefe [4] • Römer • 1. Korinther • 2. Korinther • Galater Gefangenschaftsbriefe [4] • Epheser • Philipper • Kolosser • Philemon Pastoralbriefe [3] • 1. Timotheus • 2. Timotheus • Titus Sonstige • 1. Thessalonicher • 2. Thessalonicher • Hebräerbrief Katholische Briefe [7; „für die Allgemeinheit bestimmt”; nach Verfassern • Jakobus benannt] • 1. Petrus • 2. Petrus • 1. Johannes • 2. Johannes • 3. Johannes • Judas Prophetisches Buch • Offenbarung

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3 Schreiben im Altertum Schreibmaterial

- Stein eingeritzt/eingraviert/ eingemeißelt; sehr haltbar, aber mühsame Arbeit! entweder Steintafeln oder Felswand bzw. Wand eines Hauses/Tempels Meißel aus Stein oder Stichel Beispiele aus der Bibel: - Gott selbst schreibt die Zehn Gebote (2Mo 24,12; 34,1) - Josua schreibt auf die Steine eines Altars auf dem Berg Ebal eine Abschrift des Gesetzes des Mose (Jos 8,32) - „geschrieben mit eisernen Griffel ... eingegraben ...” (Jer 17,1) - „mit eisernem Griffel und Blei in den Fels gehauen” (Hi 19,24)

- Elfenbein, Knochen, Holz

- ähnlich wie Stein bearbeitet - bedeutender Fund: ein Elfenbein-Granatapfel aus dem 8.Jhd.v.Chr., der zu Salomos Tempel gehörte und die älteste erhaltene Inschrift mit dem Gottes- namen (JHWH) darstellt

- Metall ebenfalls sehr haltbar Bsp.: Kupferrolle aus Qumran - Verzeichnis von Schätzen Bsp.: zwei Silberplättchen aus dem 7.Jhd. v.Chr. mit dem sog. „aaronitischen Segen” (4Mo 6,24-26)

- Ton in feuchtem Zustand eingeritzt bzw. eingedrückt in der Sonne oder im Ofen getrocknet viereckig endendes Schilfrohr für Keilschrift ebenfalls sehr haltbar; besonders für Keilschriften geeignet

- Ostrakon Tonscherben, mit Tinte beschrieben

- Papyrus „Papier des Altertums” anfangs Feder aus einem zugespitzten Stück Rohr, seit dem 3.Jhd. v. Chr. Gänsekiel 3Joh 13: „mit Tinte und Feder” (calamos) wurde seit 3.Jahrtausend v.Chr. verwendet; jüngster lateinischer Papyrus von 1012 n.Chr. älteste Funde - ältester ägyptischer Papyrus: um 2700 v.Chr. - ältester hebräischer Papyrus: um 750 v.Chr. Papyrus wird in der Bibel erwähnt, allerdings nicht als Schreibmaterial - 2Mo 2,3; Jes 18,2; 35,7; Hi 8,11 hebräisch gomeh - weiteres hebräisches Wort für „Schilf, Rohr”: suf - 2Mo 2,3+5; Jes 19,6;

Jona 2,6 - Die Septuaginta7 erwähnt die Papyruspflanze dreimal: Hi 8,11; 40,16; Jes 19,16 blieb v.a. in Ägypten erhalten (trocken + warm) meist nur einseitig beschrieben von „Papyrus” stammt unser Wort „Papier”

7 griechische Übersetzung des AT aus vorchristlicher Zeit; griechische Bibel zur Zeit Jesu

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Herstellung von Papyrus: - der ca. 4 -4,5 Meter hohe Papyrusstengel wird in Stücke von 1/3 bis 1/4 m Länge geschnitten - Aufspalten in der Längsrichtung und das Mark in dünne Streifen schneiden - Eine Lage auf eine glatte Fläche legen, wobei alle Fasern parallel sein müssen - Eine zweite Lage darauflegen mit den Fasern senkrecht zur ersten Lage - Beide Lagen zusammenpressen, bis sie ein Gewebe bilden

- Pergament bzw. Leder aus Tierhäuten

Leder bzw. Pergament + schon früh in Ägypten gelegentlich verwendet + Zur Zeit der Perser in Babylonien benutzt, wo kein Papyrus wuchs + einfach bearbeitetes Leder schon bei Herodot (geb. ca. 484 v.Chr.) erwähnt + Pergament kam im 2.Jhd. v.Chr. in Konkurrenz zum Papyrus auf, blieb aber lange das weniger vornehme Material + vgl. Qumran-Rollen aus dem 1. und 2. vorchristlichen Jahrhundert: aus Leder Herstellung von Leder bzw. Pergament + Hergestellt aus den Häuten junger Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Antilopen usw.) + Entfernen der Haare durch Abschaben, Waschen, Glätten mit Bimsstein + Überziehen mit Kalk oder Kreide + Beschreiben mit schwarzer oder brauner Tinte + Unterschiede Pergament - Leder - Pergament besonders kostbar: Kalbsleder - Pergament nicht gegerbt Vorteile von Pergament gegenüber Papyrus + fester + beidseitig beschreibbar + haltbarer (älteste Pergamenthandschriften: Codex Vaticanus und Codex Sinaiticus aus dem 4.Jhd.) für wertvolle Dokumente verwendet Nachteile von Pergament gegenüber Papyrus + zerknitterte Ecken + Oberfläche glänzend => anstrengender für die Augen

- Papier kam ca. 1100 aus China nach Europa

- Tinte bestand aus Holzkohle, gemischt mit Gummi oder Öl (für Pergament) bzw. metallischer Substanz (für Papyrus) Römer benutzten auch die Aussonderung des Tintenfischs konnte leicht entfernt werden vgl. Num 5,23 „in ein Buch hineinschreiben und sie in das Wasser ... hinein abwischen” vgl. ferner 2Kor 3,3 und 2Joh 12 „Tinte”

Gestalt der Dokumente

- Tafeln Tontafeln von minimal ca. 6x6 mm bis maximal 54x30 cm Größe Dokument zu groß für eine Tafel: entsprechende Kopf- und Schlusszeile (Kolophon) Verträge meist in steinernem „Umschlag”, auf dem eine Abschrift stand (oder als Schriftrolle, bei der außen die Abschrift stand - so evt. der Kaufvertrag des Jeremia in Jer 32,14: versiegelter + offener Kaufbrief) umfangreichere Dokumente auch auf Tonprismen oder walzenförmigen Zylindern

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- Schriftrollen ca. 6 - 10 Meter lange Papyrus-, Leder- oder Pergamentrollen gebräuchliche Form des „Buches” in bibl. Zeit

meist zusammengeklebte Papyrusstücke i.a. nicht länger als 9 - 10 m Apg bzw. Lk würden eine Schriftrolle von 9,5 bzw. 9 m Länge füllen => in zwei Büchern herausgegeben Reihe von ca. 6 - 8 cm breiten Kolumnen bis ins 7.Jhd. n.Chr. in Verwendung

Gebrauch ziemlich unhandlich konnte beidseitig beschrieben werden (= Opistograph; selten verwendet) - vgl. Hes 2,10 Buchrolle „auf der Vorder- und Rückseite beschrieben” - Offb 5,1 „ein Buch, innen und auf der Rückseite beschrieben” wurden bis zum 7.Jhd. n. Chr. verwendet vgl. Rolle des Baruch Jer 36,2+4 Ps 40,8; Jes 34,4; Dan 9,2 Buchrolle(n) Lk 4,17 „als er (Jesus) das Buch aufgerollt hatte” Offb 6,14 „ein Buch, das zusammengerollt war” Schriftrollen wurden oft in Tonkrug aufbewahrt - vgl. Funde in Qumran - Jer 32,14 Tongefäß, im das der Kaufbrief gelegt wird

- Codex Buch mit Seiten seit 2.Jhd. n. Chr. aus Pergament oder Papyrus aus in der Mitte gefalteten und zusammengehefteten Bögen Papyrus ältestes neutestamentliches Zeugnis: P72 (ca. 120 n.Chr.) stammt aus Codex Vorteile gegenüber Schriftrolle: + billig, materialsparend, leicht zu transportieren, handlich, bei Verfolgung leicht zu verstecken + alle vier Evangelien oder alle Paulus-Briefe in einem Buch + leichteres Heranziehen von Belegstellen + beidseitig beschreibbar geringere Herstellungskosten

- Buchdruck 1453-1455 Vulgata von Gutenberg gedruckt + Vulgata = lateinische Übersetzung von Hieronymus (386-405 n.Chr.) + war erstes gedrucktes Buch überhaupt

Anmerkung zum Alter der Schreibkunst: Älteste (Bilder-) Schriften kann man bis vor 3000 v.Chr. zurückverfolgen (in Mesopotamien), das erste Alphabet bis ca. 1750 v.Chr. Es waren v.a. politische Texte (Siegesberichte etc.), Wirtschaftstexte (Handel) und religiöse Texte, die man schriftlich festhielt und die erhalten sind. Meines Erachtens konnten bereits die ersten Menschen, Adam und Eva, schreiben. Adam hat wahrscheinlich den Abschnitt 1Mo 2,4 - 5,1 verfasst. Das, was er schrieb, wird zudem in 1Mo 5,1 als „Buch” bezeichnet.

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4 Wie kam Gottes Wort zu uns heute? Von Mose bis ins Jahr 2005. Im folgenden wollen wir eine lange Reise unternehmen. Wir wollen den ganzen Prozess ver-folgen, wie Gott sich dem Menschen mitzuteilen beginnt, wie er dem Menschen den Auftrag gibt, das Offenbarte und mit Gott Erlebte aufzuschreiben und Menschen biblische Bücher aufschreiben. Aber damit nicht genug – Gottes Handeln geht weiter, denn er will sich auch uns heute noch mitteilen. Entsprechend gilt es den Prozess der Überlieferung wie der Über-setzung der Bibel mit zu verfolgen.

4.1 Entstehung AT - Zeitrahmen

vor 2166 v.Chr.: Sintflut etc. Toledot der Gen (s.u.) 2166 – 1991 v.Chr. Abraham Toledot der Gen; Hi 1876 – 1446 v.Chr. Aufenthalt in Ägypten evt. Josefsgeschichte 1446 v.Chr. Auszug aus Ägypten (Exodus) 1445 – 1406 Wüstenwanderung Thora (Dt 1406); Ps 90 1406 – 1399 Landnahme unter Josua Teile von Jos ca. 1350 – 1051 Richterzeit evt. Teile von Ri 1051 – 1011 Saul 1011 – 971 David viele Psalmen 971 – 931 Salomo Spr, Hhld, Pred 931 – 722 geteiltes Königreich 722 Ende des Nordreiches Israel 722 – 586 Königreich Juda Jes, Jer etc. 586 – 538 babylonisches Exil evt. Sam; Kön; Hes; Dan... 538 – 400 nachexilische Zeit Hag, Sach, Mal; Esra, Neh,

Esther - Anlass, das AT zu beginnen: Auszug aus Ägypten

Das Volk ist in Ägypten zu einer Nation geworden und stellt auf der Wüstenwande-rung die Frage „Wer sind wir?“. Der Pentateuch beantwortet entsprechend folgende Fragen: + Was ist unser Ursprung? Buch Gen + Wie kam es zum Auszug? 1. Teil Ex + Teile Num + Wie sieht unser Verhältnis zu Gott aus? 2. Teil Ex + Lev + Teile Num + Wie werden wir im Land leben? Dt Pentateuch = von Mose geschrieben (s.u. den Exkurs) Buch Gen als Sonderfall + hat Mose nicht miterlebt + evt. sammelte Mose bereits vorhandene Texte der Erzväter

Theorie von Wiseman8 1960 11 „Toledot“ in Gen zu finden

+ 2,4; 5,1; 6,9; 10,1; 11,10; 11,27; 25,12; 25,19; 36,1; 36,9; 37,2 + toledot

geben die Hauptabschnitte des Buches an 8 P.J. Wiseman, Die Entstehung der Genesis, Das erste Buch der Bibel im Licht der ar-

chäologischen Forschung, R. Brockhaus: Wuppertal 19713

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 14

„Unterschrift“ schließen jeweils eine Tafel einer Familienchronik ab

+ zum ersten Mal in 2,4a Dies ist die Entstehungsgeschichte des Himmels und der Erde = Abschluss des Berichtes

+ beste Übersetzung von hebräisch toledot = „das ist, was aus ... wurde“ diese Urtexte wären dann ca. aus den Jahren 2500-1500 v.Chr.

+ ein besonderes Stück ist 1Mo 1,1-2,4 - hier dürfte Gott selbst der Verfasser sein! + Josefsgeschichte Gen 37-50 kein toledot

keine entsprechende Unterschrift in Ägypten entstanden

Ex – Dt + von Mose selbst ca. 1447 - 1407 v.Chr. (evt. benutzte er Schreiber) + „Schreibe dir diese Worte auf; denn aufgrund dieser Worte habe ich mit dir einen

Bund geschlossen.“ (Ex 34,27) + Mose schrieb die Wörter des Gesetzes vollständig in ein Buch (Dt 31,24) + Dt = Art Vermächtnis des Mose kurz vor seinem Tod – Abschiedsreden etc. + weitere Stellen s.u. Exkurs

- Übrige Bücher

Hiob: könnte aus der Patriarchenzeit (2166-1876) stammen „Vordere Propheten“ – Jos, Ri, Sam, Kön + Thema: Wie wird das Dt befolgt? – zgl. Massstab, um das Geschehen einzuschät-

zen + Buch Josua:

Josua ergänzte das „Buch des Gesetzes Gottes“ (Jos 24,26) entweder schrieb er selbst das nach ihm benannte Buch „Josua“, oder Teile da-von und der Rest entstand in der Richterzeit Thema: Landnahme – Gott erfüllt seine Verheißung

+ Zur Zeit Salomos (965 v.Chr.): zusätzlich Richter, Ruth, Samuel + Königsbücher um 550 fertiggestellt (letztes berichtetes Ereignis 562 v.Chr. Begna-

digung Jojachins 2Kön 25,27-30), aber wohl auf ältere Quellen zurückgehend Zeit Davids und Salomos: viele Ps, viele Spr, Pred, Hhld + Anlass: Erlebnisse mit Gott, Anbetung, Lobpreis, Klage usw. + Psalmen wohl schon früh zu Sammlungen zusammengefügt

vgl. die fünf Bücher der Psalmen vgl. Ps 72,20 Ende der Gebete Davids, des Sohnes Isais, obwohl im heutigen Psalmenbuch durchaus noch Psalmen Davids stehen

„spätere Propheten“ – Jes, Jer, Hes, „Kleine Propheten“ + entstanden zu der Zeit oder bald danach, von der sie berichten + Verfasser entweder der Prophet selbst oder einer seiner Schüler + Anlass: Wirken + Botschaft des jeweiligen Propheten + Botschaft oft: Ihr seid Gott untreu und haltet nicht das Gesetz des Mose + Bsp.: Baruch und Jeremia Schriften + Psalmen – Sammlung wohl in oder nach dem Exil zusammengestellt + Esra, Neh, Esther – bald nach den Ereignissen + Chr: anhand alter Berichte und Kön die Geschichte des Königtums aus neuem

Blickwinkel – Königtum hat auch etwas Gutes mit Maleachi (ca. 435 v.Chr.) ist das hebräische AT abgeschlossen

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 15

4.2 Entstehung NT - Zeitrahmen

zwischen ca. 45 und 95 n.Chr. oder zwischen ca. 45 und 68 n.Chr. Oft wird in „bibeltreuen“ Kreisen das Ende des NT auf 95 n.Chr. angesetzt (Schrif-ten des Johannes); wahrscheinlicher ist für mich aber, dass die letzten Schriften des NT in der Verfolgung unter Nero (65-68) entstanden sind und das NT vor der Zer-störung Jerusalems (70 n.Chr.) abgeschlossen war. Auf alle Fälle ist der Zeitraum, in dem das NT entstand, ungleich kürzer als der des AT (ca. 50 Jahre im Vergleich zu rund 1000 Jahren).

- Autoren: besondere Männer Gottes in Jerusalem bzw. Palästina (Jakobus, Matthäus), Klein-

asien (Paulus, Johannes), SO-Europa (Paulus), Rom (Petrus, Paulus, Markus) - Adressaten: Gemeinden (Christen in Rom), Einzelpersonen (Timotheus) oder größerer Leserkreis (Evangelien)

- Ablauf:

Entstehung derEinzelschriften

Sammlung der Paulusbriefe

"Der Apostel"

Gesamt-NT in einemBuch im 2.Jhd.

Sammlung der 4 Evang. + Apg

"Das Evangelium"

sonstige Schriften (Jak etc.)

ca. 45 n.Chr.- ca. 95 n.Chr.

etwas vereinfacht: Gesamt-NT in einem Buch im 2.Jhd. bzgl. Großteil der Bücher war Einigkeit, manche waren noch umstritten (s.u.) Sammlung durch Einzelpersonen (z.B. Petrus - 2 Petr 3,15+16), Gemeinden, Kir-chenväter

- Entstehung der einzelnen Schriften

Evangelien + Allen drei synoptischen Evangelien (Mt, Mk, Lk) liegt eine gemeinsame Überliefe-

rung („synoptische Tradition“) zugrunde

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 16

+ Mt: entstand, bevor Matthäus Israel verließ, um in andere Missionsgebiete zu ziehen Art Vermächtnis entsprechend von einem Juden für Juden geschrieben

+ prägt Themenwahl – Jesus als messianischer König + prägt Darstellung – z.B. Aramaismen oder jüdische Bräuche nicht erklärt

zuerst in Aramäisch (ca. 40 n.Chr.) in Israel, später Übersetzung ins Griechische + Mk

auf Wunsch der Christen in Rom Markus schrieb die Predigten des Petrus auf (unter Berücksichtigung der „sy-noptischen Tradition“) Niedrigkeit Jesu betont ca. 60 n.Chr. in Rom

+ Lk für einen bestimmten Empfänger: den „hochverehrten Theophilus“ (Lk 1,3), wohl ein hochgestellter Römer Lukas stammte aus Syrien – entsprechend eine Darstellung eher für Römer und Syrer als für Juden Jesus als Mensch betont ca. 59 entstanden, evt. in Cäsarea

+ Joh nicht nach der „synoptischen Tradition“, sondern über 80 % eigenes Material evt. als eine Art „geistliche Ergänzung“ zu Mt, Mk und Lk gedacht Zielsetzung klar genannt (gilt auch für die anderen Evangelien): Diese [Zeichen, die Jesus tat] aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messi-as ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in sei-nem Namen. (Joh 20,31) entweder Ende der 60er oder um 95 n.Chr. entstanden

Apg: + 2. Band zu Lk, ca. 62 in Rom entstanden + Inhalt: Ausbreitung des Evangeliums „bis an die Enden der Erde“ (Apg 1,8) Briefe + jeweils aus bestimmten aktuellen Anlass in eine bestimmte Situation hinein ge-

schrieben Paulusbriefe zwischen ca. 49 und 67 geschrieben Petrusbriefe: 60er Jahre Johannesbriefe: 60er oder 90er Jahre Hebr vor 70 Jak ca. 45/50

+ Röm: mehr allgemein-lehrhaft Paulus kennt die Gemeinde nicht persönlich große Themen: vor Gott gerecht werden und leben; Israel

+ 1Thess+2Thess: Paulus hatte nur kurz in der Stadt bleiben können und regelt das, was noch zu regeln und zu erklären war

+ Gal: Evangelium bedroht – einige versuchen, durch das Gesetz gerecht zu werden + Eph, Kol: Gemeinde als Leib Christi + Pastoralbriefe (1Tim 2Tim Tit): Paulus unterrichtet seine engsten Mitarbeiter dar-

über, wie sie sich verhalten sollen, und stärkt sie + 1Petr: der Gläubige im Leiden + 2Petr + Jud: Verfolgung unter Nero

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 17

+ Hebr vor der Zerstörung des Tempels geschrieben Problem für die ersten Christen: Der Tempel steht noch, es wird weiterhin geop-fert – wie verträgt sich dies mit dem Opfer Jesu und mit dem Tempel des Heili-gen Geistes?

Offb + entweder 68 während der Verfolgung durch Nero oder 94 während der Verfolgung

durch Domitian + Anlass: der Antichrist ist da, die Gemeinde erlebt konkrete Verfolgung

4.3 Überlieferung der Bibel

4.3.1 Kanonbildung - Begriff „Kanon“

ursprüngliche Wortbedeutung: „Schilfrohr”; „Messstab” Maßstab, was zur Bibel gehört kanonisch = ,,zur Bibel gehörend” Kanon = ,,Liste von Büchern, die göttliche Autorität besitzen”

a) Wie entstand der Kanon des AT? - Kriterien, warum ein Buch zum AT gehört

Besitzt das Buch göttliche Autorität? Wirkt es als Gottes Wort im Leben der Menschen? Hat es geistliche Kraft (Hebr 4,12; 2 Tim 3,15-17)? Ist der Verfasser ein Prophet, d.h. ein Mann mit spezieller Berufung und Begabung? Ist es historisch und dogmatisch genau? Ist es im Einklang mit der Thora? Wie wurde es von den ursprünglichen Empfängern aufgenommen? (Lässt sich beim AT nur in soweit feststellen, als die Juden diese 39 Bücher als Wort Gottes erkannt und zu ihrer heiligen Schrift gemacht haben.)

- Kanon des AT kam zuerst durch die Juden!

Spätestens um 200 v.Chr. dürfte der Kanon des AT abgeschlossen gewesen sein, d.h. es galten die gleichen Bücher des AT als kanonisch wie heute. Es ist aber auch gut möglich, ja für manche Forscher wahrscheinlich, dass der Kanon bald nach 400 schließt (dieser Meinung schließe ich mich an). + Zuerst wurde die Thora bzw. der Pentateuch als Wort Gottes anerkannt. Dies ge-

schah wahrscheinlich direkt nach seiner Abfassung durch Mose (s.o.), da er ab Jos als Wort Gottes gehalten wird.

+ Der Abschluss des zweiten Teils („Propheten“), ist bzgl. der „Vorderen Propheten“ (Jos bis 2Kön) bald nach Ende von 2Kön wahrscheinlich. Das letzte Ereignis, das geschildert wird, ist die Begnadigung Jojachins (2Kön 25,27-30) im Jahr 562 v.Chr., d.h. dieser Teil der Propheten könnte ca. 550 v.Chr. abgeschlossen sein. Die „späteren Propheten“ (Jes-Mal) sind als Gesamtbuch ca. ab 400 v.Chr. kano-nisch.

+ Die „Schriften“ wurden in ihrer heutigen Zusammenstellung ca. zwischen 550 und 200 v.Chr. zusammengestellt und ab ca. 200 kanonisch (oder spätestens ab ca. 160 v.Chr. unter den Makkabäern).

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 18

frühes Zeugnis: Vorwort zu „Jesus Sirach” (apokryphes Buch; um 175 v.Chr.) + „Gesetz, Propheten, übrige Schriftsteller” + außerdem wird in „Jesus Sirach” Kap. 44-49 auf fast alle alttestamentlichen Bücher

Bezug genommen. + Josephus (jüdischer Schriftsteller 2.Hälfte 1.Jhd.n.Chr.) bestätigt Dreiteilung und

Umfang

- Bestätigungen des alttestamentlichen Kanons: Das NT zitiert fast alle alttestamentlichen Bücher, aber keine alttestamentlichen A-pokryphen. Jesus + erkannte den damals bestehenden Kanon des hebräischen AT an

vgl. Lk 24,44: „Gesetz des Mose und Propheten und Psalmen” gleiche Dreiteilung, wie im Judentum üblich

+ führte keine Diskussionen darüber Die christliche Kirche übernahm den hebräischen Kanon des AT, weil sie erkannte, dass dies Gottes Wort ist (s.u.).

- Manche alttestamentlichen Bücher waren einige Zeit umstritten, wurden aber dann doch

aufgenommen bzw. bestätigt: Buch Esther: Name Gottes kommt nicht vor Prediger: sei zu pessimistisch Hohes Lied: sei zu sinnlich Sprüche: (angebliche) Widersprüche Hes: (angeblicher) Widerspruch zu Mose

- Die Apokryphen des AT

finden sich nicht in der hebräischen Bibel, sondern in der Septuaginta aber: Auch in der Septuaginta nicht einheitlicher Umfang, d.h. die einzelnen alten Ausgaben unterscheiden sich darin, welche alttestamentlichen Apokryphen sie ha-ben und welche nicht. Es gibt keine Liste, welche Apokryphen von der Septuaginta als Heilige Schrift angesehen wurden, ja es kann sein, dass sie niemals einheitlich in der frühen Kirche anerkannt waren. Hauptargument gegen Aufnahme der Apokryphen in den Kanon: Sie werden im NT nicht zitiert, wohl aber nahezu alle Bücher der hebräischen Bibel. Ferner wurden sie von den Juden, die die Erstempfänger dieses Bibelteiles sind, nicht als Wort Gottes anerkannt. gehören heute zur katholischen Bibel (definitiv seit 16.Jhd.), d.h. die katholische Bi-bel ist umfangreicher als die protestantische9 nach Luther sind die (alttestamentlichen) Apokryphen „der Heiligen Schrift nicht gleich gehalten, aber doch nützlich und gut zu lesen”

9 Was seinen Grund sicher nicht zuletzt damit hat, dass die römisch-katholische Kirche

manche ihrer Lehren wie die Messe für Tote auf apokryphe Schriften des AT begründet.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 19

b) Kanon des NT - bei AT einfachere Frage – dort haben wir das NT und v.a. Jesus selbst als Anhaltspunkt - Warum war das Erstellen eines Kanons notwendig?

Als Orientierung für Christen, so dass alle die gleiche Basis hatten. z.B. Aus-schluss apokrypher Evangelien Um Irrlehren vorzubeugen, die sich nur auf Teile der Bibel oder auf Außerbiblisches beriefen. + v.a. Marcion im 2.Jhd., der nur Lk + Paulusbriefe gelten ließ (nachdem er sie von

allem Jüdischen bzw. Alttestamentlichem „gereinigt” hatte) + aber auch gegen Gnosis, die sich auf mündliche (Geheim-)Tradition berief Um hochgeschätzte, aber anfechtbare kirchliche Bücher (z.B. Bücher, die historische Fehler enthielten) vom unfehlbaren Wort Gottes zu unterscheiden. Um bei Christenverfolgungen klarzustellen, welche Bücher unbedingt zu schützen waren.

- Neutestamentliches Selbstzeugnis bzgl. Kanon

Evangelien + Es gab schon mehrere Berichte über Jesus, als Lukas sein Evangelium schrieb (Lk

1,1+2) + Es gab eine Überlieferung an Worten Jesu, die nicht in unseren Evangelien stehen

(1 Thess 4,15; Apg 20,35 - andere Möglichkeit: direkte Offenbarung an Paulus) + 1 Tim 5,18 = wörtlich wie Lk 10,7 Paulus zitiert Lk-Evangelium und stellt es

gleichwertig neben eine AT-Stelle, da Beide zusammen zitiert werden als Schrift + Nicht alles ist kanonisch, was es über Jesus zu berichten gab (Joh 20,30f; 21,25) + Aus dem NT lässt sich bzgl. Unserer heutigen Evangelien keine Aussage über die

Kanonfrage machen. Paulusbriefe + Sie sollten allen vorgelesen werden, sollten also Verbreitung finden (1 Thess 5,27;

1Tim 5,27; Kol 4,16) + nicht jeder Paulusbrief ist kanonisch !

Kol 4,16 Brief an Laodizäa zwei weitere Korintherbriefe, die nicht kanonisch sind

+ 1 Kor 5,9 ein Brief vor dem 1Kor + 2Kor 2,3+4 sog. „Tränenbrief” nicht gleich 1Kor

+ Paulus rechnete mit gefälschten Briefen, d.h. dass jemand anderes unter seinem Namen schreiben könnte (2Thess 2,2)

Petrus kennt mehrere Paulusbriefe und stellt diese den „übrigen Schriften” (wohl dem AT und evt. den Evangelien) gleich (2 Petr 3,15+16): Und seht in der Langmut unseres Herrn die Rettung, wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat, wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet. In diesen Briefen ist einiges schwer zu verstehen, was die Unwissenden und Ungefestigten verdrehen wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben. + Paulusbriefe somit neben AT gesetzt als Heilige Schrift Offb 22,18+19 bezieht sich zwar in erster Linie auf das Buch der Offenbarung, steht aber sicherlich nicht zufällig am Ende der Bibel (vgl. auch 5Mo 4,2): Ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen hinzufügen, die in diesem Buch ge-

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 20

schrieben sind; und wenn jemand von den Worten des Buches dieser Weissagung wegnimmt, so wird Gott seinen Teil wegnehmen von dem Baum des Lebens und aus der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben ist.

- Bestätigungen des neutestamentlichen Kanons

Zitate von Kirchenvätern Aufnahme der einzelnen Bücher in den Gemeinden

- Kriterien, warum ein Buch zur Bibel gehört (gilt für AT und NT)

Besitzt das Buch göttliche Autorität? Wirkt es als Gottes Wort im Leben der Menschen? Hat es geistliche Kraft (Hebr 4,12; 2 Tim 3,15-17; vgl. Joh 7,17)? Ist der Verfasser ein Prophet, d.h. ein Mann mit spezieller Berufung und Begabung (so bzgl. AT)? Ist er ein Apostel oder wird das Buch von einem Apostel bestätigt (so NT – vgl. auch Lk 10,16 „wer euch hört, hört mich”)? Ist es historisch und dogmatisch genau? – Deshalb zählt das eine oder andere a-pokryphe alttestamentliche Buch nicht zum Kanon. Wie wurde es von den ursprünglichen Empfängern aufgenommen?

- wichtig: Der Kanon des AT wie des NT kam dadurch zustande, dass Gott den Vorgang lenk-

te, welche Bücher in die Bibel aufgenommen wurden und welche nicht. Man kann nicht beweisen, dass diese Bücher zur Bibel gehören, aber man kann dies im Glauben annehmen und erfahren, welche Kraft diese Bücher haben. Merke: Niemals wurde bestimmt oder fest-gelegt, welche Bücher zur Bibel gehören, sondern die biblischen Bücher bewiesen zuerst ih-re göttliche Kraft und Autorität im alltäglichen Leben der Christen, woran man erkannte, dass sie göttlichen Ursprungs waren, und dann bestätigte man, dass sie zur Bibel gehören.

- Überblick: Wie kam ein Buch in die Bibel?

Erweiß des gött-lichen Ursprungsdurch Erfüllungder notwendigenKriterien (s.o.)

Mehrere Christenerkennen das Buchaus ihrer Erfahr-ung als zur Bibel

gehörig an

Das Buchwird als

zur Bibelgehörendbestätigt

- Manche neutestamentlichen Bücher waren einige Zeit umstritten, wurden aber dann doch aufgenommen bzw. bestätigt:

Hebr: Anonymität des Verfassers 2.+3.Joh: zu anonym 2.Petr: stilistische Unterschiede zu 1.Petr Judas: Hinweise auf apokryphe bzw. pseudepigraphe Werke Jak: scheinbarer Widerspruch zur Lehre des Paulus; Verfasserfrage

- Bestätigung des neutestamentlichen Kanons durch die Kirche um 400

erstes Zeugnis für den kompletten Kanon des NT durch Athanasius (367) Synode von Hippo (397) bestätigt den Kanon des NT (d.h. die 27 Schriften des NT hatten im Leben der Christen und Gemeinden gezeigt, dass sie Gottes Wort sind, nun wurde dies offiziell für alle verbindlich festgehalten)

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 21

4.3.2 Wie kam das AT in seiner heutigen Form zu uns?

- Überlieferung bis 1450 n.Chr., d.h. ca. 3000 Jahre lang, handschriftliche Überlieferung (Vulgata, lateinische Übersetzung von Hieronymus, war erstes gedrucktes Buch) seit babylonischem Exil: Weitergabe des Textes durch Schriftgelehrte Samaritanischer Pentateuch: Das (Misch-)Volk in Samaria nahm für sich nur die fünf Bücher Mose als Bibel und überlieferte diese 5 Bücher allein für sich. Septuaginta = frühe Übersetzung des hebräischen AT ins Griechische (2.Jhd. v.Chr.) = die Bibel Jesu und der ersten Christen! zwischen 500 und 1000 n.Chr.: Die sog. „Masoreten” (= jüdische Gelehrte im Mit-telalter) versehen den Text mit Vokalen, Betonungszeichen und Anmerkungen. Dieser soge-nannte „Masoretische Text” ist der heute verwendete hebräische Text, auf den unse-re Bibelübersetzungen basieren. Qumranfunde 1947: + Man fand Teile des AT aus der Zeit zwischen 400 v.Chr. und 68 n.Chr. + Das sind (mit wenigen Ausnahmen) die mit Abstand ältesten erhaltenen AT-

Schriften. Das meiste sind Fragmente, aber auch eine vollständige Rolle des Bu-ches Jesaja ist dabei.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 22

Schaubild: So kam das AT zu uns

Sch re ibe n u nd Z usam m e n-ste l len 1 .M ose - M ale achi

Studieren un d K opieren deshebr . T extes o hn e V o kale

Sam ar itanischerPen ta teuc h(1 .-5 .M o se)

V ergle ich d er T exte n ach150 0 b zw . 11 00 Jah ren g e-

trenn ter Ü ber l ie ferun g

hebr . T ext d es A T vor 194 7

V ergle ich u nd R evis io n

Q um ra nrol len-- - -- - - -- - -- - - -- - -- - - -- - -- - - -- - -- - - -

heute noch erh a lten:- Jesa ja A 2 .Jh d .v .C h r .

- Frag m en t S am 4 .Jhd . v .C h r .

Lese zeic hen un dV ok ale e in fügendurch M asore ten

Septuaginta: Übersetzung ins Griechische

---------------------------------heute noch erhalten:

- Fragmente 2.Jhd. v.Chr.- komplett aus 4.Jhd. n.Chr.

(Codex Vaticanus, Codex Sinaiticus)

Masoretischer Text-----------------------------------------

heute noch erhalten:- Leningrad-Codex (1008 n.Chr.)

- Kairo-Codex (895 n.Chr.)

heut ig er h ebr . Te xt des A T

Fu nd vo nQ um ra n

194 7

500 n .C hr . -100 0 n .C h r.

144 7 v .C h r.- ca . 43 5 v .C h r.

ca . 400 v .C hr .

vor 6 8 n .C h r .2 .Jh d . v .C hr .

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 23

- Wieso können wir sicher sein, dass unser heutiger Text mit dem ursprünglichen fast iden-tisch ist?

Ursprüngliche Schriften nicht erhalten, da beim Kopieren die Abschrift für wertvol-ler geachtet wurde als das Original; außerdem wurde in Israel eher Papyrus verwen-det als Ton oder Stein, Papyrus hält sich aber nicht so lange. äußerst genaues Kopieren des Textes durch Schriftgelehrte unter Einhaltung genau-ester Regeln => so wenig wie möglich Abschreibfehler + Nur Häute von kultisch reinen Tieren + Länge eines Abschnitts: 48-60 Zeilen Breite eines Abschnitts: 30 Buchstaben + Das ganze Manuskript war zuerst zu linieren; wurden 3 Worte ohne Linie ge-

schrieben, war die ganze Arbeit wertlos + Nur schwarze Tinte durfte verwendet werden + Vorlage musste authentisches Manuskript sein + kein Wort oder Buchstabe durfte auswendig, d.h. ohne unmittelbar vorher auf die

Vorlage gesehen zu haben, geschrieben werden + Abstand zweier Buchstaben: Lücke so breit wie ein Haar + Abstand zweier Paragraphen: 9 Buchstaben + Freiraum zwischen zwei Büchern: 3 Zeilen + Kopierer musste Jude sein, in jüdisches Gewand gekleidet und ganz gewaschen + Wurde der Name Gottes geschrieben, durfte weder die Feder unmittelbar vorher in

die Tinte getaucht worden sein, noch durfte der Schreiber das Schreiben dieses Namens unterbrechen, selbst wenn der König persönlich hereinkommen würde.

sehr sorgsamer Umgang mit dem Bibeltext durch Masoreten (= jüdische Gelehrte des Mittelalters): + Redaktion und Standardisierung des Textes

+ Versehen des Textes mit Selbstlauten (Vokalen) + Randbemerkungen (z.B. Anzahl der Buchstaben und Worte der Bibel; Lesezeichen

zur Art des Vortrages des Textes) Übereinstimmung zwischen Masoretentext und Septuaginta (weitgehend) bzw. Sa-maritanischem Pentateuch (in groben Zügen) Bestätigung des Masoretentextes durch die Funde von Qumran für mich das Hauptargument: Es handelt sich um Gottes Wort - Gott hat darüber gewacht, dass wir genau den Text in Händen haben, den er uns zukommen lassen will und durch den er zu uns reden will!

4.3.3 Verbreitung des NT - zuerst Abschrift einzelner Bücher von Einzelpersonen zu persönlichem Gebrauch oder für

bestimmte Gemeinde - wachsende Zahl der Gemeinden gesteigerte Nachfrage

Schreiben von Hand => immer nur eine Ausgabe ab 4.Jhd. gewerbsmäßige Buchherstellung, kaufmännische Schreibstuben Scripto-rien

in Scriptorien meist Überarbeitung durch Korrektor nötig, da Akkordarbeit! schnelle Ausbreitung => Eile => Ungenauigkeiten

- zur Überprüfung: Maß von 16 (15) Silben für eine Zeile (= stichos) => stichometrische

Zählung als grobe Überprüfung

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 24

- Gefahr für NT: große Christenverfolgungen Nero + Domitian im 1.Jh. 303 Diokletian will alle Christen + Bibel vernichten 325 Konstantin: Bibel = unfehlbare Autorität, 50 Kopien auf Staatskosten

- Byzantinische Zeit: Verbreitung durch Mönche 4 Phasen des Abschreibens:

1. halblaut lesen 2. merken 3. sich diktieren 4. schreiben neben psychologisch bedingten Fehlern auch physiologische ermüdende Arbeit, stehend oder sitzend mit Kodex auf den Knien Anmerkungen der Schreiber (= Kolophone) über Schreibvorgang (z.B. Ende des Bu-ches Gott sei Dank!), Name des Abschreibers, Ort, Datum, Segen, Gebet, Fluch, Be-schwörung an zukünftige Abschreiber

Größe der Buchstaben und Schrift sehr gleichmäßig wegen strenger Regeln, mit Strafen verbunden (z.B. Brot und Wasser als Nahrung für einen Abschreiber, wel-cher sich neben dem Abschreiben zu sehr für den Inhalt des Geschriebenen interes-sierte; bei Fehlern Kirchenbuße)

- Buchdruck: 1452-1455 Gutenberg druckt als erstes Buch die lateinische Vulgata

4.4 Heutige Form des NT und Textkritik - bis 1600: Älteste Quellen stammten aus dem 11.Jhd. (außer Codex Bezae - 5.Jhd.); Lutherübersetzung u.a. stützten sich auf Vulgata und auf relativ junge Textzeugen

- 1627 Codex Alexandrinus aus dem 5.Jhd.

- Konstantin Tischendorf (1815-1874) 1841 Codex Ephraemi (aus 5.Jh.) sichtbar gemacht 1859 Codex Sinaiticus (Mitte 4.Jh.) aufgefunden 1866 Codex Vaticanus (ca. 325-350) eingesehen

- um 1880 große Textrevision durch Tischendorfs Arbeit notwendig geworden jetzt: möglichst alte Handschriften heranziehen, um möglichst ursprünglichen Text zu erhalten

- Funde von sehr alten Bibel-Papyri 1930 Chester Beatty Papyri (1.Hälfte 3.Jhd.) – John Rylands Papyrus (100-150; Stück aus Joh 18) = ältestes erhaltenes NT-Fragment 10

1956 Bodmer-Papyri (ca. 200)

10 Manche sehen auch ein Fragment als noch älter an, das in Qumran gefunden wurde, so-

mit vor 68 n.Chr. geschrieben worden wäre, dies ist aber umstritten (vgl. zur Diskussion C.P. Thiede, Die älteste Evangelien-Handschrift?, TVG, R. Brockhaus: Wuppertal 19923)

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 25

- Vergleich mit anderen antiken Werken11:

Autor geschrieben früheste Ab-schrift

Zeitspanne Anzahl der Abschriften

Cäsar Gallischer Krieg

58 - 50 v.Chr. 900 n.Chr. 950 Jahre 10

Plato Tetralogien 427 - 347 v.Chr. 900 n.Chr. 1250 Jahre 7

Plinius d.J. 61 - 113 n.Chr. 850 n.Chr. 750 Jahre 7 Sophokles 496 - 406 v.Chr. 1000 n.Chr. 1400 Jahre 100 NT 45 - 95 n.Chr. 325 n.Chr. < 280 Jahre 5000

Hinzu kommt, dass antike Werke oft überhaupt nicht mehr oder nur zum Teil erhalten sind (z.B. von 142 Büchern der Römischen Geschichte von Livius [55 v.Chr. - 17 n.Chr.] sind nur 35 erhalten). Vieles ist auch überhaupt nicht mehr oder nur bruchstückhaft erhalten.

- Somit haben wir alte Quellen für das NT, die bis fast auf die Originalschriften zurückgehen

(John Rylands Papyrus ca. 100-150 geschrieben, das Johannesevangelium ca. 95), größere Stücke des NT aus der Zeit um 200 und ganze bzw. fast ganz erhaltene Bibeln aus dem 4. Jh. Insgesamt werden ca. 5000 alte griechische Handschriften herangezogen, um den ur-sprünglichen griechischen Text des NT möglichst genau zu rekonstruieren

- Wie kommt der heutige griechische Text des NT zustande?

Codices- Ephraemi (5.Jhd.)- Sinaiticus (Mitte 4.Jhd)- Vaticanus (325)

Bibel-Papyri- Chester-Beatty (1.Hälfte 3.Jhd.)- Rylands (100-150)- Bodmer (ca.200)

Frühe Übersetzungen- Altsyrisch (ca. 200)- Altlateinisch (400)- ca. 8000 Texte

viele weiterealte griechischeHandschriften

(ca. 5000)

Anmerkungen und Bibel-zitate von Kirchenvätern- älter als älteste Codices- ca. 30.000 - 40.000 Zitate

TEXTKRITIK

HEUTIGER GRIECHISCHER DES NEUEN TESTAMENTES

ModerneÜbersetzungen

11 Zahlen nach J. McDowell, Bibel im Test, Hänssler: Neuhausen-Stuttgart 19892, S. 83f

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 26

Was versteht man unter ,,Textkritik”? - Definition: Untersuchung der verschiedenen Handschriftenvarianten, um den mög- lichst originalgetreuen Text zu erhalten

- Richtlinien zur Bestimmung des richtigen Textes: eher die ältere als die jüngere Lesart

Mk 11,25+26 25 Und wenn ihr steht und betet, so vergebt, wenn ihr etwas gegen jemand habt,

damit auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen verge-be.

26 Wenn ihr aber nicht vergebt, so wird euer Vater, der in den Himmeln ist, auch eure Übertretungen nicht vergeben.

V 26 erst seit dem 5.Jh. bezeugt, stammt wahrscheinlich aus der synoptischen Paral-lele Mt 6,15

eher die schwierigere als die einfachere Lesart Mk 10, 25 Es ist leichter, dass ein Kamel durch das Öhr der Nadel geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt. statt „Kamel” (ka/mhlon) haben einige Handschriften die leichtere Lesart „Anker-tau” (ka/milon) - ein Ankertau geht zwar auch nicht gut durch ein Nadelöhr, aber immer noch leichter als ein Kamel!

eher die kürzere als die längere Lesart eher die Lesart, die alle Varianten am besten erklärt eher die geographisch am meisten verbreitete Lesart eher die Lesart, die am besten mit dem Stil und Wortgebrauch des Verfassers

übereinstimmt eher die Lesart, aus der kein dogmatisches Vorurteil des Kopierers hervorgeht

Ri 18,30 Und die Söhne Dan richteten sich das Schnitzbild auf. Und Jonatan, der Sohn Gerschoms, des Sohnes des Mose, er und seine Söhne waren Priester für den Stamm der Daniter bis zum Tag der Wegführung der Bevölkerung des Landes. Einige Handschriften haben „Manasse” HVNM mnsh statt „Mose” HVM msh ;

der Unterschied im Hebräischen ist nur ein Nun N, und es war für einige Ab-schreiber anscheinend anstößig, dass ein Enkel des Mose ein Götzendiener war.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 27

- Wie zuverlässig ist unser heutiger Text? 12

Gesamtanzahl der Varianten 13 200.000 davon 95 % indiskutable Varianten 14 190.000 Diskutable Varianten 10.000 davon 95 % unbedeutend 15 9.500 Verbleibende Varianten 16 500 davon von größerer Bedeutung 50

Von den Wörtern des NT sind

- 99 % richtig überliefert - 0,9 % mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestimmen - 0,1 % nicht eindeutig, sondern wirkliche Varianten

=> Wir können sicher sein, dass wir, von unbedeutenden Kleinigkeiten abgesehen, den gleichen Text in Händen haben, den die Bibelautoren niederschrieben.

=> Keine einzige fundamentale Aussage basiert auf einer zweifelhaften Variante, und keine einzige neue Variante hat jemals zur Revision eines bestimmten Lehrinhalts geführt.

Im Vergleich: Überlieferung dreier „heiliger” Bücher 17 Handschriften Zeilen fraglich Textentstellung Homer Ilias (um 700 v.Chr.)

643 15.600 764 Zeilen 5 %

Mahabharata (nationales Epos Indiens)

? ca. 250.000 26.000 Zeilen > 10 %

NT 5000 20.000 40 Zeilen 18 0,5 % Hinter dem NT hat die Ilias mehr Handschriften vorliegen als jedes andere antike Buch. Beide wurden als „heilig” gehalten, und beide wurden der Textänderung und der Textkritik ihrer griechischen Manuskripte unterzogen.

12 Zahlenangaben, Berechnungen nach J. Glashouwer, So entstand die Bibel, a.a.O., S. 95f;

die Größenordnung stimmt mit Sicherheit; andere Berechnungsarten sind möglich (s.u.) 13 Eine Variante liegt dann vor, wenn in einer Handschrift von Bedeutung ein Wort anders

geschrieben ist als in den anderen. Steht im Text „er kam”, in 100 Handschriften dagegen „er ist gekommen”, so wären das 100 Varianten.

14 indiskutable Varianten: Varianten, die niemand ernsthaft in Betracht zieht; Bsp.: Wenn in allen Handschriften steht, dass Stephanus gesteinigt worden ist, und nur eine Handschrift aus dem 9.Jh. würde sagen, er sei gekreuzigt worden, ist diese Handschrift an dieser Stel-le ohne Bedeutung.

15 unbedeutende Varianten: Ein Wort ist falsch buchstabiert, oder der Name eines kleinen Dorfes ist verschieden überliefert.

16 verbleibende Varianten: Hier kann oft mit mehr oder weniger hoher Wahrscheinlichkeit angegeben werden, wie der ursprüngliche Text lauten muss, aber nicht mit letztendlicher Klarheit.

17 Zahlen nach J. McDowell, Bibel im Test, a.a.O., S. 88+89 18 entspricht ca. 400 Wörtern

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 28

4.5 Übersetzung – Gott redet in meiner Sprache

4.5.1 Übersetzungsgeschichte AT Das AT ist ursprünglich in Hebräisch (und wenige Teile in Aramäisch), das NT in Griechisch niedergeschrieben. Diese Sprachen wählte Gott aus, weil er sich dem Menschen so mitteilen möchte, dass dieser es verstehen kann. Gott wählte also bewusst den „normalen“ Weg menschlicher Kommunikation, um sich uns verständlich zu machen, und nicht irgendeiner übernatürlichen Art und Weise19. Die Bibel fiel nicht vom Himmel (wie z.B. die goldenen Platten der Mormonen) und ist auch nicht in einer feststehenden, unveränderlichen Sprache verfasst (wie der Koran). Das AT ist zum Großteil in Hebräisch, weil dies die Sprache ist, die in Israel gesprochen und verstanden wurde. Als diese Sprache sich im Laufe der Jahrhunderte veränderte, wurde das At entsprechend „modernisiert“, d.h. veraltete Rechtschreibung oder Wörter wurden durch solche ersetzt, die verstanden werden konnten20. Nach dem babyloni-schen Exil, ca. um 400 v.Chr., wurde die althebräische Schrift durch die gängige aramäische Quadratschrift ersetzt; auch finden sich in Dan und Esra aramäische Stücke, da das Aramäi-sche begonnen hatte, das Hebräische abzulösen. Die erste Übersetzung bzw. Übertragung des AT war in Aramäisch, weil Hebräisch immer mehr zu einer (weitgehend) toten Sprache wurde; zur Zeit Jesu war Aramäisch normale Um-gangssprache in Israel und damit höchstwahrscheinlich die Muttersprache Jesu. Das AT wur-de zwar noch in Hebräisch überliefert, aber gleichzeitig in Aramäisch übertragen und über-setzt, damit Gottes Wort verständlich war. Schon gut 250 Jahre vor der Geburt Jesu gab es eine sehr große jüdische Kolonie in Ägypten, vornehmlich in Alexandria. Da dort Griechisch gesprochen wurde, war sowohl der Wunsch als auch die Notwendigkeit, dass die dortigen Juden das AT in Griechisch hatten. Entspre-chend wurde die erste Übersetzung in eine nichtsemitische Sprache vorgenommen, ab ca. 250 v.Chr. entstand die „Septuaginta“, die griechische Übersetzung des AT, die auch zur Zeit Jesu neben dem hebräischen AT als Gottes Wort angesehen wurde und in den ersten Jahrhunderten in den christlichen Bibeln Einzug hielt. Nach 100 n.Chr. bis ins 15. Jh. konnte kaum ein Kir-chenvater, christliche Theologe oder überhaupt ein Christ Hebräisch, sondern die Bibel wurde ganz selbstverständlich in Griechisch oder später Latein als Gottes Wort betrachtet21. Neben diesen frühen Übersetzungen des AT wurde das AT in christlicher Zeit in die gleichen Sprachen übersetzt wie das NT.

19 Natürlich ist auch ein übernatürlicher Aspekt dabei – siehe den folgenden Hauptpunkt

„Die Bibel ist Gottes Wort - Inspiration“. 20 Hinweise darauf findet man im hebräischen Text, der sowohl alte wie auch neuere For-

men enthält (manchmal sogar im selben Vers), aber auch an Stellen wie Gen 28,19; Jos 18,13; Ri 1,23, wo der alte Ortsnamen Lus, der zur Zeit des Mose bzw. danach nicht mehr gebräuchlich war, durch Bethel ersetzt wurde.

21 Als Hieronymus um 400 n.Chr. die Bibel ins Lateinische übersetzte (die „Vulgata“ des Hieronymus ist in überarbeiteter Form heute noch der autoritative, d.h. allein maßgebli-che Bibeltext der römisch-katholischen Kirche), benutzte er den hebräischen Text des AT als Grundlage. Auch Origenes hatte im 3. Jh. am hebräischen Text gearbeitet. Fast alle Christen waren aber auf Übersetzungen angewiesen, so wie wir heute auch.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 29

4.5.2 Übersetzungsgeschichte NT - erste bekannte Übersetzung eines neutestamentlichen Buches: Mt ursprünglich in Aramä-

isch/Hebräisch, wurde noch im 1.Jh. ins Griechische übersetzt - früheste Übersetzungen aus missionarischen Gründen: Syrisch, Latein (um 150 n.Chr.) - Frühe Übersetzungen

4.Jhd. Gotisch: Wulfila „Wölfchen” (311-381) +,,Apostel der Goten” + kam mit Gesandtschaft nach Konstantinopel (damals Hauptstadt des röm. Reiches),

wurde gläubig und lernte Griechisch + mit 30 Jahren Bischof seines Stammes + führte seinen Stamm, wie einst Mose, über die Donau nach Serbien/Rumänien + führte gotisches Alphabet ein - vgl. Luther + übersetzte die ganze Bibel (außer Kön) + Übersetzung führte zu Christianisierung der Goten und der germanischen Stämme 405 Latein: ,,Vulgata” des Hieronymus + zog nach Bethlehem, studierte Hebräisch und alte Schriften + arbeitete fast 20 Jahre an seiner Übersetzung (386-405) + einfaches Latein + Standardversion der röm.-kath. Kirche bis heute (in revidierter Form) + Grundlage vieler europäischer Übersetzungen + zuvor bereits „Altlateinische Übersetzung” 411 Altsyrisch: ,,Peschitta” ferner koptisch (altägyptisch), äthiopisch, armenisch, georgisch usw.

- Zeit der großen reformatorischen Bibelübersetzungen

Ende des 13.Jh.: + Erst sieben europäische Übersetzungen + Standardtext: Lateinische Vulgata Gründe: + Latein = Umgangssprache der röm.-kath. Kirche + Machtposition: das Volk im Unklaren, in Abhängigkeit lassen + Luther war bereits erwachsen, als er eine Bibel zu Gesicht bekam Bibel fast nur

durch mündliche Weitergabe und v.a. durch Kirchenbilder bekannt Mittelalter = Zeitalter schwerster Verfolgungen für Bibelübersetzer + Inquisition, Verbrennung von Übersetzungen, Hinrichtung von Übersetzern + Bsp.: Waldenser - 1199 Verbrennung von Waldensern in Lyon wegen Bibelteile in

Französisch [Waldenser ähnlich heutigen Freikirchen] Englisch: + 8.Jhd. Teile der Bibel + 1388 ganze Bibel von John Wycliff (Leiche aus Grab geholt, verbrannt und die

Asche im Fluss verstreut) + 1525 gedruckte, verbesserte Ausgabe (NT) von William Tyndale (Tod auf

Scheiterhaufen); 1535 von Nachfolgern vollendet Holländisch + 9./10.Jhd. Psalmen + ca. 1400 NT Johan Schutken + 1526 Jacob van Liesveldt - ,,Liesveldt-Bibel”

1545 Tod durch Enthaupten Randbemerkung in Liesveldts Bibel: „Die Seligkeit des Menschen kann nur durch Jesus Christus erreicht werden!” - dafür konnte man enthauptet werden!

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 30

Deutsch + Erste „deutsche” Übersetzung: Westgotische Übersetzung von Wulfila aus dem

4.Jhd. (s.o.)!

Gotisch Übersetzung

Atta unsar thu in himinam, Vater unser, du in den Himmeln, veihnai namo thein; geweihet werde der Name dein; quimai thiudinassus theins; es komme das Königreich dein; varthai vilja theins, es werde der Wille dein, sve in himina jah ana wie im Himmel auch auf arthai. Erden.

+ Vor Luther: 14 verschiedene dt. Übersetzungen (andere Quelle: ca. 30 Bibeln bzw. Bibelteile)

Eine deutsche Übersetzung z.Zt. Luthers vor 1520 (Hebr 11,1-3) 22: Aber der gelaub ist ein substantz der Ding, der man hat Zuversicht, und ein stätter Anhang der Ding, die da nit erschinen. Wann in diesem haben erffet die Gezüknuß die alten. Wir vernehmen mit dem Gelauben, das die Welt sei zugefuget mit dem Wort Gotz, das die Gesichtigen würden aus den Ungesich- tigen. Hebr 11,1-3 Luther 84: Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. Durch diesen Glauben haben die Vorfahren Gottes Zeugnis empfangen. Durch den Glauben erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort geschaffen ist, so dass alles, was man sieht, aus nichts geworden ist.

Zum Vergleich Luther 1545 (Joh 12,36)23: Glaubet an das Licht, dieweil ihr's habt, auf dass ihr des Lichtes Kinder seid!

+ Martin Luther: Dez. 1521 - März 1522 NT ins Deutsche übersetzt („Septembertestament“) 1523 1.-5.Mose bis 1534: Ganze Bibel danach arbeitete Luther bis zu seinem Lebensende daran, seine Übersetzung zu verbessern Luther schuf Hochdeutsch (bzw. Schriftdeutsch)24

+ vorher: keine einheitliche deutsche Schriftsprache + Luther prägte wesentlich die deutsche Sprache

Es war nicht leicht, das Hebräische des AT zu übersetzen25: ,,Ach Gott, ein groß und verdrießlich Werk ist es, die hebräischen Schreiber zu zwingen, deutsch zu reden! Wie sträuben sie sich und wollen ihre hebräi-sche Art gar nicht lassen und dem groben Deutschen nachfolgen; gleich als ob eine Nachtigall sollte ihre liebliche Melodie verlassen und dem Kuckuck nachsingen.”

22 Quelle: Anhang zu einer Lutherbibel von 1928 23 ebd. 24 Genauer: Luther benutzte die sächsische Kanzleisprache, welche dem Grossenheimer

Dialekt entsprach (Grossenheim = Ort 30 km nordöstlich von Dresden) 25 ebd.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 31

,,Ich habe mich beflissen im Dolmetschen, dass ich's rein und klar deutsch geben möchte, und ist uns wohl oft begegnet, dass wir vierzehn Tage, drei, vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, haben's dennoch zuweilen nicht funden. Im Hiob arbeiten wir, M. Philipps, Aurogallus und ich, dass wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen fertigen konnten.”

,,Hiob wird gewiss viel ungeduldiger sein über die langsame Übersetzung als über die leidigen Tröstungen seiner Freunde.”

Anliegen Luthers: das Hebräische und das Griechische so wiederzugeben, dass es jeder verstehen kann: 26

„,Aus dem Überfluss des Herzens redet der Mund' - welcher Deutsche ver-stünde das? Aber also redet die Mutter im Haus und der gemeine Mann: ,Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über'. Das heißt gut deutsch geredet, dessen ich mich beflissen, und es leider nicht allewege erreicht noch getrof-fen habe.”

Opfergesetze in 3Mo 3: Luther ging zum Metzger, ließ vor seinen Augen ei-nen Hammel abstechen, fragte nach allen Bezeichnungen für die einzelnen Teile des Tieres und die Verrichtungen beim Schlachten und nahm diese Ausdrücke in seine Übersetzung auf.

Offb 21 Edelsteine im neuen Jerusalem: Luther bestellte die Edelsteine aus der kurfürstlichen Schatzkammer

+ Es folgten die verschiedensten deutschen Überstzungen bis heute. Schlusswort: Jeder Mensch braucht, um das Anliegen Luthers aufzugreifen, die Bibel in seiner Mutterspra-che (oder zumindest in einer Sprache, die er sehr gut versteht). Nur das spricht wirklich zum Herzen eines Menschen, nur das verändert einen Menschen. Entsprechend wird die Bibel in immer neue Sprachen übersetzt (wir sind bei über 2200 Sprachen, in denen sich die ganze Bibel, das NT oder zumindest Bibelteile übersetzt sind – insgesamt spricht man von ca. 6000 Sprachen. 98 oder 99 % der Menschheit ist damit die Bibel in einer Sprache zugänglich, die sie verstehen können). Dabei ist es nicht damit getan, die Bibel in eine Sprache zu übersetzen – jede Sprache verändert sich, entsprechend sind Bibelübersetzungen immer wieder revisi-onsbedürftig. Wollen wir heute Menschen mit Gottes Wort erreichen, müssen wir es ihnen in einer Sprache geben (und sagen!), die sie verstehen können. Martin Luthers Anliegen war es, so ins Deutsche zu übersetzen, dass es „die Mutter im Haus und der gemeine Mann“ (s.o.) verstehen können – vielleicht würde er sich im Grabe umdrehen, wenn er mitbekäme, dass Christen sehr darauf bedacht sind, das heute veraltete Lutherdeutsch zu bewahren, statt Bibel-übersetzungen zu fördern, die der Mensch von heute versteht27.

26 ebd. 27 Ein sicherlich heikles Thema, bei dem es gilt, Lieblosigkeit zu vermeiden. Viele liebe

Geschwister (gerade auch ältere) sind mit dem Luthertext aufgewachsen und dies ist der Text, den sie verstehen und der sie anspricht. Ihnen sollte man diesen Text lassen, aber zugleich die Augen für das Anliegen Martin Luthers öffnen.

MBS Die Bibel – AT und NT Seite 32

Was ist nun Gottes Wort – der hebräische Text (AT) und der griechische (NT)? Oder meine deutsche Übersetzung (und wenn ja, welche – Luther84, Luther 1912, Elberfelder, Gute Nachricht usw.)? Keines von allen Bibelausgaben ist das Wort Gottes im ausschließlichen Sinn (im Übrigen auch keine Übersetzung, selbst die englische King James Version oder Mar-tin Luthers Übersetzung nicht). Wir versuchen heute, den hebräischen wie den griechischen Text so zu rekonstruieren, dass er dem Original möglichst nahe kommt. Dies ist eine sehr wichtige Aufgabe der Textforscher, aber dadurch, dass der Text in Hebräisch oder Griechisch vorliegt, wirkt er noch nicht als Gottes Wort: weder redet Gott dadurch, noch tritt der Mensch dadurch mit Gott in Beziehung, noch verändert ein solcher Text Menschenleben (außer bei den relativ wenigen Menschen, die Althebräisch und Altgriechisch exzellent beherrschen). Es kommt Gott nicht auf eine bestimmte Sprache oder eine bestimmte Textfassung an, sondern dass der jeweilige Bibeltext (sei es in den Originalsprachen oder in einer Übersetzung) die göttliche Botschaft korrekt dem Menschen heute mitteilt. Heute wie in den letzten 2000 Jah-ren haben Übersetzungen nicht nur ihre Berechtigungen, sondern sind notwendig: Wenn auf Ihrer persönlichen Bibel „Heilige Schrift“ oder „Gottes Wort“ draufsteht, ist dies korrekt. Übrigens war dies zur Zeit Jesu nicht anders. Aus den Bibelfunden, die ab 1948 in Qumran gemacht wurden, wissen wir, dass es zur Zeit des NT mindestens drei hebräische AT-Textformen gab: den hebräischen Text, den wir heute noch zugrunde legen; eine hebräische Vorlage der Septuaginta und eine weitere. Daneben gab es noch die griechische Übersetzung des AT (Septuaginta, s.o.), die immer mehr zum AT der Juden und später zum At der Christen wurde, aber auch aramäische Übertragungen und Übersetzungen (mündlich wie schriftlich). Auch hier könnte man die Frage stellen: Welcher Text ist der maßgebliche, ist autoritativ? Anscheinend wollte Gott nicht, dass ein Text in einer unveränderlichen Form überliefert wur-de und allein maßgeblich sei, sondern er wählte den Weg menschlicher Kommunikation. Ge-nau so, wie wir darauf vertrauen, dass Gott sein Wort inspirierte, müssen wir auch darauf ver-trauen, dass er für die rechte Form der Überlieferung wie Übersetzung sorgte.