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Prof. Dr. Th. K. Lindhorst Allgemeine Chemie II, SS 2004 Experimentalvorlesung, OC I OHP 5, Chemie Hörsaal I dienstags, mittwochs, donnerstags und freitags 09:15 – 10:00 Einführung in die Organische Chemie in 20 Kapiteln zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2004 FOLIENSAMMLUNG - dieser File soll Ihre eigene Mitschrift der Vorlesung lediglich ergnzen! - - der File wächst mit der Vorlesung -

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Prof. Dr. Th. K. Lindhorst Allgemeine Chemie II, SS 2004

Experimentalvorlesung, OC I

OHP 5, Chemie Hörsaal I dienstags, mittwochs, donnerstags und freitags 09:15 – 10:00

Einführung in die Organische Chemie in 20 Kapiteln zuletzt aktualisiert am 16. Juni 2004

FOLIENSAMMLUNG

- dieser File soll Ihre eigene Mitschrift der Vorlesung lediglich ergänzen! - - der File wächst mit der Vorlesung -

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OOrrggaanniisscchhee CChheemmiiee iisstt ddiiee CChheemmiiee ddeerr KKoohhlleennssttooffffvveerrbbiinndduunnggeenn

Die in organischen Verbindungen am häufigsten vorkommenden

Elemente

H Li B C N O F Na Mg Al Si P S Cl As Se Br Sb Te I

1. Zur Einführung und zur Geschichte der Organischen Chemie

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KURZE HISTORIE DER ORGANISCHEN CHEMIE

Beginn der Organischen Chemie im 17. Jahrhundert: Pflanzliche und tierische Stoffe wurden in das Fach Chemie einbezogen.

Lavoisier (1774) zeigt, dass jede Verbrennung mit der Aufnahme von Sauerstoff verbunden ist.

→ Bei Stoffen pflanzlichen und tierischen Ursprungs entsteht dabei CO2 und H2O, manchmal auch N2 bzw. N-oxide. → Bausteine C und H.

Scheele (Mitte des 18. Jahrhs.) isoliert aus pflanzlichen und tierischen Produkten Säuren, wie z. B. Oxalsäure, Äpfelsäure, Weinsäure, Zitronensäure, Milchsäure, Harnsäure usw.

→ erkennt die Verwandtschaft unter den, aus Pflanzen und Tieren stammenden Substanzen.

Bergmann (1784) prägt erstmals den Begriff Organische Chemie.

Berzelius (1808) verglich den pflanzlichen und tierischen Organismus mit einer chemischen Werkstatt.

→ Man nahm an, dass der Aufbau organischer Substanzen nur im lebenden Organismus möglich sei: vis vitalis (Vitalismus)

Wöhler (1828) widerlegt die vis vitalis durch die Synthese von Harnstoff im Labor.

Gmelin (1848): Organische Chemie wird als Chemie der Kohlenstoffverbindungen definiert.

Kekulé (1859): Lehrbuch der Organischen Chemie

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2. Klassifizierung organischer Verbindungen Graphische Darstellung chemischer Formeln Funktionelle Gruppen und Stoffklassen Chemische Bindung und Hybridisierung

Kohlenwasserstoffe enthalten nur zwei Elemente, Kohlenstoff und Wasserstoff

Aliphaten Aromaten Nicht-aromatische Verbindungen Sonderfälle werden als aliphatisch bezeichnet. ungesättigter Kohlenwasser- stoffe, z.B. Benzol, C6H6

Alkane Alkene Alkine

Cycloaliphaten

Gesättigte Verbindungen enthalten nur Einfachbindungen, keine Doppelbindungen und keine Dreifachbindungen.

Ungesättigte Verbindungen enthalten Doppel- und/oder Dreifachbindungen.

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Molekül- bzw. Formeldarstellungen am Beispiel des Ethans Summenformel: C2H6 ausführliche Formeldarstellungen: H3C-CH3

Linienformel: Strichenden (bzw. Ecken) bedeuten C-Atome, die Wasserstoffatome, die für die Absättigung der Kohlenstoffvalenzen erforderlich sind, werden nicht gezeichnet (Heteroatome werden eingetragen). Dreidimensionale Formeldarstellungen: ♦ Keilstrichformel: fette Bindungsstriche weisen aus der Paierebene heraus, gestrichelte weisen hinter die Papierbene ♦ Sägebockformel: Fischer-Projektion Newman-Projektion Eine C-C-Bindung wird senkrecht zur Papierbene gelegt, das vordere C-Atom wird als Punkt, das hintere als Kreis dargestellt (bzw. das hintere ist vedeckt und der Kreis symbolisiert die Elektronendichte der σ-Bindung).

→→→→ Konformationsanalyse

C C

H

HH

H

HH

C C

H

H

H

H

H

H

HH

H H

H H

H

H H

H

HH

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Orbitale und chemische Bindung: Zusammenfassung

Die Bewegung von Elektronen um den Atomkern wird durch Wellengleichungen (Schrödinger-Gleichungen) beschrieben. Die Lösungen dieser Wellengleichungen (Wellenfunktionen) lassen sich als Atomorbitale auf-fassen, die sich anschaulich als räumliche Bereiche um den Atomkern darstellen lassen, in denen die Elektronen eine hohe Aufenthaltswahrscheinlichkeit (ψ2) haben.

Atomorbital niedrigster Energie: 1s-Orbital: kugelsymmetrisch, keine Knotenebene in Richtung höherer Energie: 2s-Orbital: kugelsymmetrisch, eine Knotenebene, größer als 1s 2p-Orbital: hantelförmig, d.h. zwei Orbitallappen mit einer Knotenebene 3s, 3p: ähnlich, aber diffuser, eine Knotenebene mehr ___________________________________________________________________________

Eine kovalente Bindung kommt durch Überlappung von Atomorbitalen verschiedener Atome, bzw. deren Linearkombination zu Molekülorbitalen zustande. In den bindenden Molekülorbitalen sind die Elektronen stärker delokalisiert als in den Atomorbitalen, aus denen sie hervorgehen, und damit energetisch bevorzugt. Hybridisierung: Die Linearkombination von Atomorbitalen desselben Atoms führt zu Hybridorbitalen. _____________________________________

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Hybridisierung des Kohlenstoffatoms in Alkanen, Alkenen und Alkinen

Der Kohlenstoff ist vierbindig

Alkane Alkene Alkine CnH2n+2 CnH2n CnH2n-2

Ethan Ethen Ethin

H3C-CH3 H2C=CH2 HC≡CH

sp3- Hybridisierung

sp2- Hybridisierung

sp- Hybridisierung

eine C-C-σ-Bindung eine C-C-σ-Bindungeine C-C-π-Bindung

eine C-C-σ-Bindungzwei C-C-π-Bindgen.

tetraedrisch trigonal planar linear

Bindungswinkel

109°28'

120°

180°

Konformations-

isomerie

cis-trans-

Isomerie

gesättigte

Kohlenwasserstoffe

ungesättigte

Kohlenwasserstoffe

ungesättigte

Kohlenwasserstoffe

C-C-Bindungslänge: ca. 153 pm

ca. 134 pm

ca. 121 pm

C-C-Bindungsenergie: ca. 348 kJ/mol

ca. 611 kJ/mol

ca. 873 kJ/mol

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Verbindungsklassen Alle Gruppen, die an die Kohlenstoffkette (R) gebunden sind (mit Ausnahme von H), bezeichnet man als Substituenten. Reaktionsfähige Stellen in einem Molekül nennt man funktionelle Gruppen. Funktionelle Gruppen beeinflussen wesentlich die Struktur, die chemischen und die physikalischen Eigenschaften einer Verbindung. Funktionelle Gruppe (an R)

Verbindungs-klasse

Allgemeine Formel

IUPAC-Silbe Beispiel

Halogen F, Cl, Br, I

Halogenalkane R-X Fluor-, Chlor-, Brom-, Iod-

Fluorethan H3C CH2 F

Doppel-bindung, C=C

Alkene CnH2n -en 2-Methylpropen

Dreifach-bindung, C≡C

Alkine CnH2n-2 -in 2-Butin

Hydroxy-gruppe, -OH

Alkohole R-OH -ol Ethanol

Mercapto-gruppe, -SH

Thioalkohole R-SH -thiol Propanthiol

Alkoxygruppe, -OR'

Ether R-O-R' -oxy- Ethoxyethan (Diethylether)

Alkylthio-gruppe, -SR'

Thioether R-S-R' -sulfid Ethylmethyl-sulfid

Carbonyl-gruppe -C=O

Aldehyde -C(O)H -al -carbaldehyd

Ethanal (Acet- aldehyd)

Ketone -C(O)R' -on Propanon (Aceton)

H3C C CH2

H3C

H3C C C CH3

H3C CH2 OH

H3C CH2 CH2 SH

H3C CH2 O CH2 CH3

H3C CH2 S CH3

H3C

O

H

H3C

O

CH3

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Carboxyl-gruppe -C(X)=O

Carbonsäuren

R-COOH -säure -carbonsäure

Ethansäure (Essigsäure)

Ester

R-COOR' -oat Methylethanoat (Essigsäure-methylester)

Amide

R-C(O)NH2 R-C(O)NRR'

-amid Propanamid

Säurechloride R-C(O)Cl -oylchlorid -carbonylchlorid

Ethanoyl-chlorid

Säure-anhydride

R-C(O)-O-(O)CR'

-säureanhydrid Propansäure-anhydrid

Aminogruppe Amine R-NH2(RR') Amino- N-Methylamino-ethan

Nitrilgruppe -C≡N

Nitrile R-CN -nitril Propannitril

-CNO, -CNS (Thio)Cyanate R-CNO, R-CNS -(thio)cyanat Phenylisocyanat

-NCO, -NCS Iso(thio)-cyanate

R-NCO, R-NCS -iso(thio)cyanat

aromatische Verbindungen

Arene Methylbenzol (Toluol)

H3C

O

OH

O

NH2

H3C

O

O O

H3C CH2 CH2 CN

NCO

H3C CH2 NH(CH3)

CH3

H3C

O

OCH3

H3C

O

Cl

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3. Isomerie: Konstitutionsisomere und Stereoisomerie (Konfiguration, Enantiomere, optische Aktivität) Konstitution, Konformation, Konfiguration ... Summenformel gibt an, welche und wieviele Atome in

einem Molekül vorhanden sind.

In der Summenformel werden immer zuerst die Kohlenstoffatome, danach die Wasserstoffatome und darauffolgend die anderen enthaltenen Atome in alpha-betischer Reihenfolge aufgelistet.

Konstitutionsformel beschreibt die Konnektivitäten der Ato-me, d.h. sie gibt an, wie die Atome in ein-em Molekül miteinander verknüpft sind.

Stereochemie befasst sich mit der dreidimensionalen (räumlichen) Struktur von Molekülen.

-Strukturisomere- Konstitutions-isomere

besitzen die gleiche Summenformel, unterscheiden sich aber in Aufeinander-folge der Atome.

Stereoisomere

Konformere

Enantiomere Diastereomere

besitzen die gleiche Summenformnel und Konstitution, unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome im Molekül.

Konformere lassen sich duch Drehung um Einfachbindungen ineinander umwandeln.Enantiomere verhalten sich wie Bild und Spiegelbild. Enantiomere und Diastereomere sind chiral. Cirale Verbindungen unterscheiden sich von ihrem Spiegelbild.

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Chemische Verbindungen

gleicher Summenformel unterscheiden sich in ihrer Struktur

Isomere

unterscheiden sich nach unterscheiden Art der Verknüpfung sich in der (Konnektivität) der Raumanordnung vorhandenen Atome der Atome

Konstitutionsisomere Stereoisomere

lassen sie sich durch Drehung um Einfachbindungen ineinander überführen

Ja Nein

Konformere Konfigurationsisomere

verhalten sie sich wie Bild und Spiegelbild zueinander

Ja Nein

Enantiomere Diastereomere

(dazu gehören auch cis-, trans- bzw. Z-, E-Isomere)

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Cartoon eines Enantiomerenpaares (angedeutet ist ein Molekül mit sp3-hybridisiertem

Kohlenstoffatom, das mit 4 verschiedenen Substituenten verbunden ist. Bild und Spiegelbild sind dann nicht identisch).

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Begriffe zur Stereochemie

Chiralität: z.B. Zentrochiralität: ein C-Atom ist ein stereogenes Zentrum, wenn es sp3-hybridisiert und an vier verschiedene Substituenten gebunden ist. Damit ein Molekül chiral ist, darf es keine Drehspiegelachsen als Symmetrieelement besitzen. Konfiguration: verschiedene räumliche Anordnung der Gruppen in einem chirlane Molekül Optische Aktivtität: die Fähigkeit chiraler Moleküle, die Schwingungsebene linear polarisierten Lichtes zu drehen. Drehwert: der Winkel, um den eine optisch aktive Substanz die Ebene linear polarisierten Lichtes dreht; nach rechts => (+), nach links => (-). Inversion der Konfigration: Umkehr der Konfiguration Retention der Konfiguration: deren Erhalt Racemisierung: aus einem enantiomerenreinen Edukt entstehen beide Isomere Racemat: ein 1:1-Gemisch von zwei Enantiomeren Epimerisierung: nur eine einziges von mehreren stereogenen Zentren wird in seiner Konfiguration invertiert.

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Fortgeschrittenes Merkblatt zur Stereochemie Als Symmetrieoperationen bezeichnet man Operationen, welche einen Gegenstand mit sich selbst zur Deckung bringen. Bleibt bei der Durchführung der betreffenden Symmetrieoperation ein Punkt im Raum fixiert, spricht man von Punktsymmetrie. (Wird in eine Symmetrieoperation auch eine Translation einbezogen, spricht man von Raumsymmetrie → Kristalle). Moleküle sind stets punktsymmetrisch. Es lassen sich vier Punktsymmetrieelemente unterscheiden, die mit vier Symmetrieoperationen verknüpft sind:

1. Symmetriezentrum i 2. Spiegelebene σ 3. Drehachse Cn 4. Drehspiegelachse Sn Weil die Drehung um 180° mit nachfolgender Spiegelung, der Spiegelung an einem Punkt entspricht, ist S2 = Inversion (SZ) und entsprechend ist S1 = Spiegelebene (σ). Jedes Molekül besitzt mehr oder weniger Symmetrieelemente. Die Kombinationen der Symmetrieelemente heißen Punktgruppen. Eine Punktgruppe ist eine Gruppe im Sinne der Gruppentheorie. Punktgruppen ohne jedes Symmetrieelement sind asymmetrisch. Punktgruppen ohne Drehspiegelachsen (also auch ohne Symmetriezentrum und Spiegelebene) bezeichnet man als dissymmetrisch. Dissymmetrische und asymmmetrische Gegenstände oder Moleküle haben eine Eigenschaft gemeinsam: sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbild, d.h. sie lassen sich mit ihrem Spiegelbild nicht zur Deckung bringen. Man nennt sie chiral. Chiralität ist die notwendige und hinreichende Bedingung für das Auftreten optischer Aktivität (d.h. die Fähigkeit einer Substanz, die Polarisationsebene linear polarisierten Lichts zu drehen). Damit eine Verbindung chiral ist, darf sie keine Drehspiegelachsen als Symmetrieelemente aufweisen (Drehachsen (Cn) schon). (wenige Ausnahmen) Erinnere: Strukturisomere haben gleiche Summenformel. Unter den Strukturisomeren unterscheidet man zwei grundsätzliche Fälle: Konstitutionsisomere unterscheiden sich in der Aufeinanderfolge der Atome. Stereoisomere sind Moleküle gleicher Konstitution, die sich aber in der räumlichen Anordnung ihrer Atome, d.h. ihrer Konfiguration unterscheiden. Ausgenommen sind die Konformeren, deren unterschiedliche räumliche Anordnungen durch Drehung um Einfachbindungen entstehen. Stereoisomere, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten, heißen Enantiomere, alle anderen Stereoisomere sind Diastereomere.

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Beispiele für Unterschiede zwischen der links- und rechtsdrehenden Konfiguration von chiralen Substanzen

Substanz linksdrehende Form

rechtsdrehende Form

Aminosäure Asparagin schmeckt bitter schmeckt süß

Barbitursäure ein Derivat löst Krampfanfälle aus wirkt narkotisch

Schlafmittel Contergan

extrem teratogen (fruchtschädigend)

ruft keine Missbildungen hervor

Naturstoff Limonen riecht nach Zitronen riecht nach Orangen

Arzneistoff Ethambutol

wirkt gegen Tuberkulose führt zu Blindheit

Arzneistoff Penicillamin wirkt gegen Rheuma wirkt extrem toxisch

Aminosäure Thyroxin Schilddrüsenhormon senkt den

Cholesterinspiegel

Arzneistoff Propranolol

wirkt gegen Bluthochdruck

wirkt empfängnisverhütend

CONTERGAN (Thalidomid):

N

O

O

NH

O

O

H

(S)-konfiguriert:teratogen

verursacht Missbildungen

N

O

O

NH

O

O

H

(S)

(R)-konfiguriert:mildes Beruhigungsmittel

(R)

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4. Alkane und Cycloalkane Nomenklatur, Konformationsisomerie

Die homologe Reihe der Alkane (CnH2n+2) Homologe sind strukturell sehr eng verwandte Sub-stanzen, welche im Extremfall die gleiche allgemeine Summenformel besitzen und sich jeweils durch eine Methylengruppe (eine CH2-Einheit) unterscheiden

Methan CH4

Ethan H3C-CH3

Propan H3C-CH2-CH3

Butan H3C-(CH2)2-CH3

Pentan H3C-(CH2)3-CH3

Hexan H3C-(CH2)4-CH3

Heptan H3C-(CH2)5-CH3

Octan H3C-(CH2)6-CH3

Nonan H3C-(CH2)7-CH3

Decan H3C-(CH2)8-CH3

Undecan H3C-(CH2)9-CH3

Dodecan H3C-(CH2)10-CH3

Tridecan H3C-(CH2)11 -CH3

Tetradecan H3C-(CH2)12-CH3

Pentadecan H3C-(CH2)13-CH3

Hexadecan H3C-(CH2)14-CH3

Heptadecan H3C-(CH2)15-CH3

Octadecan H3C-(CH2)16-CH3

Nonadecan H3C-(CH2)17-CH3

Eicosan H3C-(CH2)18-CH3

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Substituenten und Alkylgruppen Alle Gruppen, die an ein Kohlenstoffatom gebunden sind (mit Ausnahme von Wasserstoff) bezeichnet man als Substituenten.

Kohlenwasserstoff-Substituenten werden als Alkylgruppen (allg. "Rest" R) bezeichnet. Alkylreste werden benannt, indem man an den Wortstamm die Endung "-yl" anfügt. Für die kleineren Alkylreste sind Trivialnamen gebräuchlich:

C H 3

R

C 2 H 6

C 6 H 5

C H 2

Methyl-

Alkyl-

Isopropyl- Phenyl-

Benzyl-

Vinyl-

Allyl- Ethyl- tert-Butyl

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Nomenklatur: Benennung von Molekülen nach IUPAC (=International Union of Pure and Applied Chemistry)

Einige Trivialnamen bleiben offiziell in Gebrauch PRÄFIX – STAMMNAME – SUFFIX

Substituenten (und deren entsprechend bezeichnet Anzahl und Position) in Stammalkan Hauptfunktion alphabetischer Reihenfolge

! Der Stammname ist meist lateinischen oder griechischen Ursprungs und gibt die Anzahl der Kohlenstoffatome der Kette an. Zur Bennennung einer Verbindung sucht man die längste lineare Kette im Molekül, die Bezeichnung für das entsprechende Stammalkan liegt dann dem Namen der Verbindung zu Grunde. (siehe homologe Reihe der Alkane).

! Besitzt eine Verbindung mehrere Ketten gleicher Länge, wird diejenige zu Grunde gelegt, welche die meisten Substituenten enthält.

! Die Namen der einzelnen Substituenten werden bestimmt, mit dem Suffix �yl versehen und in alphabetischer Reihenfolge als Präfixe vor den Namen geordnet [praefigere (lat.) = vorne anheften]

! Die längste Kette wird von dem Ende her nummeriert, das einem der Substituenten am nächsten ist. Wenn zwei Substituenten vom jeweiligen Kettenende gleich weit entfernt sind, dann ist derjenige für die Nummerierung relevant, dessen Anfangsbuch-stabe im Alphabet vorne steht.

! Der IUPAC-Name der Verbindung ergibt sich nun, indem man zunächst die Namen der Substituenten in alphabetischer Reihenfolge mit der Nummer des C-Atoms, an das er gebunden ist, auflistet und dann den Stammnamen zufügt.

! Treten Substituenten mehrfach auf, werden die Präfixe Di-, Tri-, Tetra- usw. verwendet. Bei cyclischen Verbindungen wird das Präfix Cyclo- verwendet. Diese Präfixe werden bei der alphabetischen Reihung nicht berücksichtigt. Verzweigte Seitenketten: dort trägt dasjenige C-Atom, die Nummer 1, das mit der Hauptkette verbunden ist.

Der Stammname enthält eine Endung [Suffix von suffigere (lat.) = anhängen], die auf die Stoffklasse hinweist um die es sich handelt: -an für Alkane -en für Alkene -in für Alkine -ol für Alkohole usw.

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NOMENKLATUR - Trivialnamen

Für einige Verbindungen bzw. Alkylresten sind Trivialnamen gebräuchlich sind. Einge wichtige Beispiele:

H3C C

CH3

H

(CH2)n CH3

H3C C

CH3

CH3

(CH2)n CH3

ein Isoalkan

ein Neoalkan

H3C C

CH3

H

H3C C

CH3

CH3

Isopropyl-

H3C C

CH3

H

CH2

Isobutyl-

tert-Butyl-

H3C C

CH3

CH3

Neopentyl-

CH3

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Homologe Reihen der

Alkane Alkene Alkine n CnH2n+2 CnH2n (bei einer

Doppelbindung) CnH2n+2 (bei einer

Dreifachbindung)

1 Methan 2 Ethan Ethen Ethin 3 Propan Propen Propin 4 Butan Buten Butin 5 Pentan Penten Pentin 6 Hexan Hexen Hexin 7 Heptan Hepten Heptin 8 Octan Octen Octin 9 Nonan Nonen Nonin

10 Decan Decen usw. 11 Undecan Undecen 12 Dodecan Dodecen 13 Tridecan Tridecen 14 Tetradecan Tetradecen 15 Pentadecan Pentadecen 16 Hexadecan Hexadecen 17 Heptadecan Heptadecen 18 Octadecan Octadecen 19 Nonadecan Nonadecen 20 Eicosan Eicosen

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van der Waals-Kräfte:

schwache Bindungskräfte zwischen inerten Atomen und gesättigten, unpolaren Molekülen,

deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt.

(schwächste der zwischenmolekularen Kräfte) Jedem Atom wird ein bestimmter Wirkungsradius gegenüber anderen, nicht gebundenen Atomen zugeschrieben, der als van der Waals-Radius bezeichnet wird. Beträgt der Abstand zweier Atome die Summe ihrer beiden van der Waals-Radien ist die van der Waals-Anziehung maximal. Sollen die Atome noch weiter "zusammengepreßt "werden, kehrt sich die Anziehung in die sogenannte van der Waals-Abstoßung um.

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Physikalische Eigenschaften von Alkanen

Alkanstrukturen sind regelmäßig gebaut und nehmen unter anderem eine Zickzackanordnung ein.

Alkanmoleküle

sind unpolar (die Elektronen sind gleichmäßig im Molekül verteilt) und werden nur von den schwachen van der Waals-Kräften zusammengehalten, deren Energie mit der 6. Potenz des Molekülabstandes abnimmt. Van der Waals-Kräfte wirken zwischen den Moleküloberflächen und sind daher um so stärker, je größer das Molekül ist. Also nehmen die Schmelz- und Siedepunkte und die Dichte der Alkane mit steigender Molmasse aufgrund der zunehmenden Anziehungskräfte zwischen den Molekülen zu. Bei verzweigten Alkanen sind wegen der kleineren Oberfläche die van der Waals-Kräfte geringer als bei geradkettigen Isomeren. Die Höhe der Schmelzpunkte wird auch von der Packungsdichte im kristallinen Zustand beeinflusst. Alkane mit geradzahliger Kohlenstoffzahl sind besser gepackt und schmelzen daher relativ etwas höher als Alkane mit ungerader C-Zahl.

H

C

C

C

C

C

C

H

H

H H HH H H

H HH HH

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Ethan und Konformationsanalyse

Die Newman-Projektionen ist für Konformationsanalysen sehr hilfreich. Dazu betrachtet man das Molekül entlang der Achse, um die die Rotation erfolgt:

H

HH

H

H

H

H

H HH

HH

Newman-Projektion

θ

Keilstrich-Schreibweise

θθθθ : Diederwinkel: gibt den Winkel der beiden Ebenen an, welche durch die C-C-H-Bindungen verlaufen. Wenn θ = 0° ist, sind die Substituenten verdeckt (oder ekliptisch, engl. eclipsed), wenn θ am grössten ist, sind sie gestaffelt (engl. staggered):

H

H HH

HHH

H HH

H

H

gestaffelt verdecktekliptisch

Die H-Atome sind groß genug, um die gegenseitige Abstoßung ihrer Elektronen zu spüren. Je näher sie sind, desto instabiler ist das System. Die möglichen relativen Anordnungen werden als Konformationen bezeichnet. Die Energieminima eines solchen Diagramms heißen Konformere, die Maxima Übergangszustände.

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Butan Während es bei Ethan nur ein Konformer gibt, ist bei Butan die Situation komplizierter. Die Anwesenheit von Methylgruppen führt zu drei möglichen Konformeren, wenn man das Molekül entlang der C(2)-C(3)-Bindung betrachtet:

Wenn θ = 0° ist, sind die zwei Methylgruppen am nächsten. Da sie grösser als H-Atome sind, ist auch die entsprechende destabilisierende Wechselwirkung intensiver (2.5 kcal/mol). Eine solche Anordnung wird als synperiplanar bezeichnet. Eine 60°-Drehung führt zu einer gestaffelten Konformation. Die zwei Methylgruppen sind aber noch relativ nahe, was zu einer gauche- (oder synclinalen-) Anordnung mit einer Spannung von 0.9 kcal/mol führt. Wenn θ = 120° ist die Konformation wiederum verdeckt, jedoch gibt es jetzt zwei H3C/H- (1.4 kcal/mol) und eine H/H-destabilisierende Wechselwirkung. Mit θ = 180° sind die Methylgruppen am entfernsten und es gibt keine Destabilisierung. Diese antiperiplanare Anordnung entspricht dem Gesamtminimum des Systems.

H

H CH3H3C

H

H

θ = 0°verdeckt

synperiplanarC2v

H

H CH3

H3C

HH

θ = 60°gestaffelt

gauche, synclinalC2

H

H CH3H

H

H3C

θ = 120°verdeckt

C2

H

H CH3

H

HH3C

θ = 180°gestaffelt

antiperiplanarC2h

H

H CH3H

CH3

H

θ = 240°verdeckt

C2

H

H CH3

H

CH3H

θ = 300°gestaffelt

gauche, synclinalC2

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Bi- und polycyclische Cycloalkane ♦♦♦♦ Spiroverbindungen (Spirane): zwei Ringe haben nur ein C-Atom gemeinsam; die Ringebenen stehen senkrecht aufeinander. (axiale Chrialität) ♦♦♦♦ Kondensierte Ringsysteme: zwei Ringe teilen zwei C-Atome miteinander (anellierte Ringe). z.B. Decalin (ortho-Kondenstion) -polycyclische Ringsysteme, z.B. Adamantan ♦♦♦♦ Brückenringsysteme: über zwei C-Atome eines Ringes wird eine Bindung geschlagen, die aus einer oder mehreren CH2-(Methylen-) Gruppen bestehen kann. z.B. Norbornan (= Bicyclo[2.2.1]heptan) Die Stabilität von Brückensystemen hängt entscheidend von der Ringspannung ab; die Bootform ist hier deshalb gegenüber der Sesselkonformation bevorzugt. Bredt'sche Regel: wegen der Ringspannung kann an einem Brückenkopf-C-Atom keine Doppelbindung autreten.

C

C

C

C

C

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Baeyer-Spannung Cycloalkane werden nach Prelog u. H. C. Brown in vier Klassen eingeteilt: Kleine Ringe (3- u. 4-gliedrig), Gewöhnliche Ringe (5-, 6- u. 7-gliedrig), Mittlere Ringe (8- bis 11-gliedrig) u. Große Ringe (12- u. höher-gliedrig). Kleine u. mittlere Ringe weisen eine abnorm hohe Verbrennungswärme auf, vgl. mit den Werten entsprechender offenkettiger Alkane. Die besonders hohen Verbrennungswärmen der kleinsten Ringe wird durch die Baeyer'sche Spannungstheorie erklärt, wonach die Abweichung der Bindungswinkel X vom Normal-Tetraeder-Winkel 109°28' die Spannung verursacht. Diese Winkel- od. Baeyer-Spannung wird durch den Wert 1/2(109°28'–X) ausgedrückt. Die Theorie der B.-S. versagt für größere Ringe, da sie von ebenen Ringen ausgeht, was bereits beim Cyclopentan nicht mehr der Fall ist. S. auch unter Konformations-Theorie, Pitzer-Spannung u. Transannulare-Spannung. Pitzer-Spannung Nach K. S. Pitzer (geb. 1914) benannte Bez. für diejenige Spannung eines Mol., die durch van der Waals-Kräfte ungenügend gestaffelter Substituenten benachbarter Kohlenstoff-Atome hervorgerufen wird. Der einfachste Fall von P.-S. liegt beim Ethan-Mol. vor. Hier entspricht die P.-S. der Energiedifferenz zwischen der energetisch ungünstigen eklipt. Konformation u. der energetisch günstigen gestaffelten Konformation. Aufgrund der P.-S. liegt Cyclopentan nicht in der ebenen Form eines regelmäßigen Fünfecks vor, sondern bevorzugt gewellte Konformationen (Envelope u. Halbsessel). In cyclischen Verb. stellt die P.-S. einen Teil der Gesamtringspannung dar, deren weitere Komponenten die Baeyer-Spannung u. die Transannulare-Spannung sind. Lit.: Acc. Chem. Res. 16, 207–210 (1983)

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Cyclopentan Planares Cyclopentan würde einen Innenwinkel von 108° besitzen. Ein Wert, der sehr nah an die 109.47° eines Tetraeders kommt. Die geringe Baeyer-Spannung würde aber von 10 ungünstigen H-C-C-H Pitzer-Spannungen (10 x 1 kcal/mol) begleitet sein. Experimentell findet man, dass in der Tat die Ringspannung nur ca. 6 kcal/mol beträgt und das Molekül nicht planar ist:

HH H

H

H H

H

HH H

H

H

H

H

H HH

H H

H

108°

envelope-Konformation (Briefumschlag)

Eine Pseudorotation (d. h. eine Bewegung einiger Atome, die als eine Rotation des ganzen Moleküls erscheint) führt die verschiedenen envelope-Konformere ineinander über. Diese Pseudorotation benötigt sehr wenig Energie und verläuft daher sehr schnell.

...

...

+ +

––

+

+

+

+

+

+

+–

– –

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Cyclohexan

D

HH

Die Ringinversion verläuft über eine Serie von Konformeren;

die Twist-Konformere sind metastabil.

ie Wanne (Boot) ist wesentlich instabiler als der Sessel; zwei Arten destabilisierender Wechselwirkungen:

H H

HH

flagpole H/H-Wechselwirkungen

HH H

HH

H

4 Pitzer-Spannungen (Fahnenstange, Flaggenmast)

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Weitere Cyclohexanderivate Wenn die Energiedifferenz zwischen zwei Sesselkonformeren groß ist, kann der Ring bei Raumtemperatur praktisch nicht mehr invertieren. Dies ist z. B. der Fall bei tert-Butylcyclohexan. Die sehr starken 1,3-diaxialen Wechselwirkungen schieben das Gleichgewicht zu 99.99% auf die Seite der äquatorialen Konformation (∆E = 5.5 kcal/mol).

In trans-Decalin würde die Ringinversion eines Ringes zu großen Spannungen im anderen Teil des Bicyclus führen. trans-Decalin ist daher konformationsstabil.

H

H

cis-Decalin kann hingegen rasch invertieren, da es keine Energiedifferenz zwischen den beiden Konformeren gibt:

H

H HH

Die starre Struktur polycyclischer Verbindungen ist wichtig für natürlich vorkommende Moleküle wie z. B. Steroide, deren dreidimensionale Anordnung die biologische Aktivität mitbestimmt. Das Cholestangerüst besitzt 7 Stereozentren, was theoretisch 64 diastereoisomeren Paaren entspricht. Jedoch existiert in der Natur nur dasjenige Diastereoisomer, beim die ungünstigen Wechselwirkungen minimiert werden:

C8H17

CH3H

HH

CH3

H

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5. Chemische Reaktivität, reaktive Zwischenstufen und Reaktionsmechanismen Die Aktivierungsenergie Ea ist die minimale Energie, die ein Molekül besitzen muss, um zu reagieren. Diese Barriere wird durch die destabilisierenden Kräfte erzeugt, die durch Annäherung der Reaktionspartner oder durch Konformationsänderungen eintreten. In der folgenden Abbildung ist das Reaktionsprofil einer exergonischen Reaktion dargestellt:

Übergangszustand: Ein Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Ein Übergangszustand existiert nur unmeßbar kurz.

Zwischenstufe: Zwischenprodukte (Zwischenstufen) sind energetisch bei Minimas angesiedelt, die von Übergangszuständen flankiert sind. Ihre Lebensdauer ist unterschiedlich lang.

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Dissoziationsenergien Wenn sich Atome zu Molekülen vereinigen, wird Energie frei. Zur Spaltung eines Moleküls bzw. einer Bindung muß eine äquivalente Menge Energie aufgebracht werden. Die Energie, die verbraucht oder freigesetzt wird, wenn eine Bindung gespalten oder gebildet wird, bezeichnet man als Dissoziationsenergie DH0

Eine Bindung kann homolytisch oder heterolytisch gespalten werden. Dissoziationsenergien beziehen sich

auf homolytische Spaltungen! homolytische Spaltung: A-B # A. + B. heterolytische Spaltung: A-B # A- + :B+

Teilchen mit ungepaarten Elektronen am C: kohlenstoffzentrierte Radikale R.

sp2-hybridisiert Teilchen mit positiver Ladung am Kohlenstoff: Carbeniumionen RC+ sp2-hybridisiert Teilchen mit negativer Ladung am Kohlenstoff: Carbanionen RC- (sp2) sp3-hybridisiert Je stabiler ein Radikal, umso kleiner ist seine Dissoziationsenergie.

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Die Stärke von C-H- und C-C-Bindungen ist von der Molekülstrutur abhängig.

Dissoziationsenergien einiger Alkane

Verbindung DH0 [kJ/mol] Verbindung DH0 [kJ/mol]

H3C-H 440 H3C-CH3 377 H5C2-H 410 H5C2-CH3 360

(H3C)2HC-H 396 H5C2-C2H5 343 (H3C)3C-H 389 (CH3)C-CH3 352

(CH3)C-C(CH3)3 301

Stabilität von Radikalen und Carbeniumionen

CH3-Radikal/Kation < primäres < sekundäres < tertiäres

STABILITÄT ⇒ ⇐ ENERGIEGEHALT

⇐ DISSOZIATIONSENERGIE

Begründung der Stabilitätsreihung durch HYPERKONJUGATION

Hierunter versteht man die Wechselwirkung zwischen einer α-C-H-Bindung und dem p-Orbital des sp2-C-Atoms (des Radikals oder Carbeniumions), die in bestimmten Konformationen möglich ist. Dadurch wird der Elektronenbedarf des elektronenärmeren sp2-C-Atoms ausgeglichen. (⇒ +I -Effekt von Alkylgruppen)

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6. Radikalische Substitution und Halogenalkane; CIP-Regeln; Bindungspolarisierung, M- und I-Effekte, Elektrophilie und Nucleophilie

Radfikalische Chlorierung: der Radikalkettenmechanismus verläuft über

zwei Übergangszustände

R Cl

R-H

R-ClCl2

HCl

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Elektronegativität ist eine Bezeichnung für die Fähigkeit der an chemischen Bindungen beteiligten Atome, gemeinsame Elektronen von benachbarten Atomen innerhalb des Moleküls unterschiedlich stark anzuziehen.

Die Elektronegativität bestimmt wesentlich den Charakter der Bindung!

Der Begriff Elektronegativität geht auf Pauling zurück, der 1932 die erste empirische Elektronegativitäts-Skala aufstellte und später etwas modifizierte. An den verschiedenartigen Definitionen und der willkürlichen Wahl der Skala erkennt man, daß die Elektronegativität keine wohldefinierte physikalische Größe ist.

Die Elektronegativität eines Atoms ist um so größer, je höher die Kernladung ist und je stärker sie über die Elektronenhülle hinaus wirken kann. Die Elektronegativität nimmt im Periodensystem von links nach rechts innerhalb der Periode und normalerweise von unten nach oben innerhalb einer Gruppe zu. Also:

Im Periodensystem stehen die elektronegativsten Elemente oben und rechts.

Von der Elektronegativität ist die Elektronenaffinität zu unterscheiden, die sich auf die Aufnahme eines Elektrons durch ein freies, ungebundenes Atom oder ein Molekül bezieht.

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Induktive und mesomere Effekte

Durch die unterschiedliche Elektronegativität der Elemente sind viele Bindungen polarisiert.

Die Bindungspartner tragen dadurch Partialladungen: δδδδ+und δδδδ-

♦ Diese wirken sich auch auf weitere Bindungen polarisierend aus, mit zunehmendem Abstand der betrachteten Bindung

von dem/r polarisierenden Atom/Gruppe in immer geringerem Maße: => Induktiver (I-) Effekt

Man unterscheidet Substituenten mit +I-Effekt: erhöhen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat geringere Elektronegativität als C-Atom) -I-Effekt: erniedrigen die Elektronendichte am substituierten C-Atom; (gebundenes Atom hat höhere Elektronegativität als C-Atom) Kohlenstoffreste, die stark elektronegative Elemente tragen, wie eine CCl3- oder eine CF3-Gruppe haben -I-Effekt! Alkylsubstituenten wirken einen +-I-Effekt aus! => Hyperkonjugation

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♦ Ein zweiter Effekt kommt bei sp2-hybridisierten C-Atomen zum Tragen. Er kommt durch Konjugation zwischen π-Systemen oder π-Systemen mit freien Elektronenpaaren zustande und kann durch mesomere Grenzstrukturen (Resonanzstrukturen) beschrieben werden: => Mesomerer (M-) Effekt

Je nachdem ob ein Substituent durch Mesomerie Elektronen aufnehmen oder abgeben kann, spricht man von -M- Effekt oder +M-Effekt Auch hier beschreibt das Vorzeichen (+) die Erhöhung, (-) die Erniedrigung der Elektronendichte des Zentrums an dem ein M-Substituent gebunden ist. Substituenten mit freien Elektronenpaaren sind +M-Substituenten, Substituenten mit π-Systemen, vor allem, wenn elektronegative Elemente beteiligt sind, besitzen meist -M-Charakter.

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Begriffe zur Reaktivität

Substitution: Ein Atom wird durch ein anderes ersetzt. Polarität: ungleiche Verteilung von Elektronendichte Polarisierbarkeit: ein Maß für die Fähigkeit der Elektronenhülle eines Atoms auf die Änderung des elektrischen Feldes zu reagieren. Nucleophile: Elektronendonoren; haben eine negative Ladung oder ein freies Elektronenpaar; elektronenreiche Verbindungen oder Teilchen, die bevorzugt mit elektrophilen Zentren reagieren. Elektrophil: Elektronenpaarakzeptoren; haben Elektronenmangel; elektronenarme Verbindungen oder Teilchen, die bevorzugt mit nucleophilen Zentren reagieren.

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I- und M-Effekte wichtiger Substituenten nur induktiv

-I-Effekt +I-Effekt

-NR3 + -CR3 -CF3 -SiR3 -CO2

- induktiv und -I-, -M-Effekt +I-, +M-Effekt mesomer -CN -O - -CO-R, -CO-X -NO2 -SO2R -I- < +M-Effekt -I- > +M-Effekt -NR2 -Hal -OR -NHCOR -SR -Ph

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Physikalische Eigenschaften von Halogenalkanen

C-F C-Cl C-Br C-I

zunehmende Größe des Halogenatoms

zunehmende Diffusität des Halogen-p-Orbitals

zunehmende C-X-Bindungslänge

abnehmende C-X-Bindungsstärke

zunehmende Polarisierbarkeit des Halogenatoms

van der Waals-Kräfte gewinnen an Bedeutung

zunehmende Siedepunkte CH4 CH3F CH3Cl CH3Br CH3I

-161°C -78.4°C -24.2°C 3.6°C 42.4°C

sp3-Orbital des Kohlenstoffatoms

C Xp-Orbital des Halogenatoms

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7. Nucleophile Substitution und Reaktionsprofil

CH3Cl + HO-Chlormethan

CH3CH2I + H3CO-Iodethan

+ I-

+ NC-

+ H3CS -

CH3CH2I + Iodethan

CH3Br + Brommethan

CH3OH + Cl-Methanol

CH3CH2OCH3 + I-Methoxyethan

+ Br-

+ I-

+ Br -

H3C-C-CH2CH3

H

Br

H3C-C-CH2IH

CH3

Br

H3C-C-CH2CNH

CH3

H3C-C-CH2CH3

H

I

Beispiele nucleophiler Substitutionsreaktionen

2-Brombutan

1-Iod-2-methyl-propan

Bromcyclohexan

SCH3

H3CCH2 NHH

H

H3C-P-CH3

CH3

CH3

+ Br -

+ I -

Tetrammethyl-phosphoniumbromid

Ethylammoniumiodid

(Methylthio)cyclohexan

3-Methylbutan-nitril

2-Iodbutan

Abgangsgruppe Nucleophil elektrophiles Zentrum: fett

P(CH3)3

NH3

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BEGRIFFE

Übergangszustand: ein Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Ein Übergangszustand existiert nur unmeßbar kurz.

Zwischenstufe: Zwischenprodukte (Zwischenstufen); sind energetisch bei Minimas angesiedelt, die von Übergangszuständen flankiert sind. Ihre Lebensdauer ist unterschiedlich lang.

Elementarreaktion: Eine Stoffumwandlung, die genau über einen Übergangszustand erfolgt. Eine n-stufige Reaktion erfolgt über eine Folge von n Elementarreaktionen.

Reaktionsordnung: die Summe der Exponenten der einzelnen Reaktionsterme im Geschwin digkeitsgesetz, das die Kinetik einer Reaktion beschreibt.

Molekularität: gibt die Zahl der Teilchen an, die in einer Elementarreaktion miteinander reagieren.

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Vergleich von SN1- und SN2-Reaktionen (ein Überblick)

SN1 SN2 r ~ [RX] (1. Ordnung) r ~ [RX][Nu] (2. Ordnung)2 Übergangszustände

1 Übergangszustand

nur wenn sich stabilisierte Carbeniumionen bilden können

nicht mit sterisch gehinderten Substraten

Racemisierung

Inversion; stereospezifisch

beschleunigt in polaren protischen Solventien (Ionenstabilisierung)

beschleunigt in polaren aprotischen Solventien ("nackte" Ionen)

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8. Alkohole, Thioalkohole Wasserstoffbrücken-Bindungen siehe Vorlesung ...

9. Ether, Thioether, Epoxide Grignard-Verbindungen, Metallorganyle siehe Vorlesung ...

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10. Eliminierung und Alkene cis-trans-Isomerie, Reaktionen, Polymere Stichworte: Kummulierte, isolierte und konjugierte Doppelbindungen; Resonanzstabilisierung im Falle von Konjugation. Addition an C=C-Doppelbinung: elektrophil, radikalisch, nucleophil, syn-Addition. Markovnikov, anti-Markovnikov Wichtige Reaktionen von Olefinen: zu cis-Diolen mit KMnO4, zu trans-Diolen über Epoxid-Öffnung, Ozonolyse, Hydroborierung, Diels-Alder-Cycloaddition, Polymerisation. Elektrophile Addition: es wird eine kationische Zwischenstufe gebildet.

Reaktivität von HX steigt parallel mit Säurestärke: HI > HBr > HCl > HF

Elektrophile Addition von Halogenatomen an

Doppelbindungen: anti-Addition führt zum trans-Additionsprodukt!

HalHal

Polarisierung des Halogenmolekülsdurch die olefinische Doppelbindung

Hal+

HalHal

cyclisches Haloniumion:2-Elektronen-3-Zentrenbindun

Hal+

Hal

Haltrans-Additionsprodukt

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Radikalische Addition an Doppelbindungen: es wird eine radikalische Zwischenstufe gebildet;

Radikalkettenmechanismus. Als Radikalstarter fungieren Peroxide, R-O-O-R'

Regiochemie bei der Addition an unsymmetrisch substituierte Alkene

RR

+ X-RR X + R

X-R = Hal-Hal , H-Hal , H-SR' , Hal-CCl 3

H

R

H

Br

R

R

HH

das stabilere Carbeniumionwird gebildet

Br

Br

das stabilere Radikalwird gebildet

HBr

-Br

Br

R

HH

H

R

HBr

Anti-Markovnikoff-Produkte

Markovnikoff-Produkte

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C CH CH2

CH3

1-Butin

Alkine sp-, sp2- und sp3-Hybridorbitale unterscheiden sich in der Zahl der beteiligten p-Orbitale. Dabei nimmt der Anteil des beteiligten s-Orbitals wie folgt ab:

sp: 50% s-Anteil sp2: 33% s-Anteil sp3: 25% s-Anteil

Da ein s-Orbital energetisch tiefer liegt als das p-Orbital (der gleichen Schale) liegt ein Hybridorbital energetisch umso tiefer, je höher sein s-Anteil ist. Acidität Kohlenstoff-gebundener Wasserstoffatome: Eine kovalente Bindung, an der ein sp-Orbital beteiligt ist, ist stärker zum C-Atom (zum Kern) hin polarisiert als im Fall einer sp2- oder sp3-Hybridisierung. Das bedingt eine erhöhte Acidität von sp-gebundenen Wasserstoffatomen.

Alkin-Wasserstoffatome sind acide:

E

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11. Aromatische Verbindungen, Aromatizität und Elektrophile Aromatensubstitution, Farbstoffe

Mesomerie (von griech.: mesos = zwischen und meros = Teil)

Bezeichnung dafür, daß eine real existierende Struktur durch Kombination mehrerer, nicht real existierender

Grenzstrukturen beschrieben wird.

Im angelsächsischen Raum ist der Begriff "Mesomerie" weitgehend durch "Resonanz" ersetzt.

Beispiele für die Beschreibung einer Verbindung durch

mehrere mesomere Grenzstrukturen:

Benzol Allyl-Kation

Die mathematische Behandlung der Mesomerie führt zu der Einsicht, daß dem mesomeren Zustand eine geringere Energie zukommt, wie jeder der einzelnen Grenzstrukturen. Die Energiedifferenz zwischem dem mesomeren Zustand und den Grenzstrukturen bezeichnet man als Mesomerie- bzw. Resonanzenergie. Ihr entspricht im MO-Modell (MO-Theorie) die Delokalisierungsenergie.

C C

C

H

H

H

H

H

C C

C

H

H

H

H

H1/2( )

1/2( )

H

H

H

H

H

H

H

H

H

H H

H

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X

X

E

+ E

X

E

Allgemeiner Reaktionsmechanismus derelektrophilen aromatischen Substitution

X

H E

π-Komplex

σ-Komplex

Mesomerie-stabilisierung!

π-Komplex

X

E

H+ H

Wenn das Proton deutlichleichter abgespalten wird als das Elektrophil, ist dieBildung des σ-Komplexes praktisch irreversibel.

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12. Amine und andere organische Stickstoffverbindungen

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13. Aldehyde und Ketone Sauerstoffhaltige organische Verbindungen

$ R-OH Alkohole $ R-O-R Ether z.B. Diethylether Tetrahydrofuran Oxiran Oxetan $ Verbindungen mit C(sp2)=O-Doppelbindung (Carbonylgruppe) $ Verbindungen mit C(sp)=O-Doppelbindung

C C O

Ketene Isocyanate

N C O

O

H

O

R Het1

O

Het2

O

Het

Aldehyd Keton CarbonsäurenCarbonsäure-derivate

Kohlensäure-derivate

CarbonylverbindungenCarbonylkohlenstoffCarbonylsauerstoff

CarboxylverbindungenCarboxylkohlenstoffCarboxylsauerstoff

Carbonsäuren

Carbonsäureester

Carbonsäureamide

Carbonsäurechloride

Carbonsäureanhydride

R CO

OH

R CO

Cl

R CO

NR'2 (NH2)

R CO

OR'

R CO

O

OCR

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OH

O

OH

OH

O

OH

OH

OH

O

OH

OH

OH

O

OH

OH

HO

O

OH

OH

OH

OH

HOOH

O

OH

OH

OH

OH

O

OH

OH

OH

HO

O

OH

OH

HO

HO

OH

O

OH

OH

HO

OH

O

OH

OH

OH

HO

O

OH

OH

OH

HO

HO

O

HO

OH

OH

HO

HO

OH

O

HO

OH

OH

HO

OH

O

OH

HO

OH

OH

O

OH

HO

OH

OH

HO

(+)-D-Glyceraldehyde

(-)-D-Erythrose (-)-D-Threose

(-)-D-Ribose (-)-D-Arabinose (+)-D-Xylose (-)-D-Lyxose

(+)-D-Allose (+)-D-Altrose (+)-D-Glucose (+)-D-Mannose (+)-D-Gulose (-)-D-Idose (+)-D-Galactose (+)-D-Talose

14. Kohlenhydrate

Der Stammbaum der D-Aldosen

Verschiedene Möglichkeiten offen- und geschlossenkettige D-Glucose darzustellen:

OOH

HOHO

HO

OH

O OH

OH

OH

OH

HO

O

HO

HO

OH

OH

HOOH

OH

HO

OH

OH

OH

OH

H O

HO

OH

OH

OH

O

HO

OH

HO

OH

HO

Haworthprojection

Millsprojection

Fischerprojection

Zig-zagprojection

Chair conformation

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15. Carbonsäuren und ihre Derivate -Überblick-

In festem und flüssigem Zustand existieren Carbonsäuren weitgehend als wasserstoffbrückenverbundene Dimere:

Eckpunkte der Nomenklatur: �Alkansäuren� „Cycloalkancarbonsäuren“, z.B.: Die wichtigsten Trivialnamen von Carbon- und Dicarbonsäuren sollte man nicht vergessen:

Monocarbonsäuren R-COOH

Dicarbonsäuren HOOC-(CH2)n-COOH

Ameisensäure C-1

Essigsäure C-2 Oxalsäure (n = 0)

Propionsäure C-3 Malonsäure Buttersäure C-4 Bernsteinsäure

Valeriansäure C-5 Glutarsäure Capronsäure C-6 Adipinsäure

Oenanthsäure C-7 Pimelinsäure Caprylsäure C-8 Korksäure

Pelargonsäure C-9 Azelainsäure Caprinsäure C-10 Sebacinsäure

Geradkettige, langkettige Carbonsäuren werden auch als „Fettsäuren“ bezeichnet (sie sind Bestandteile natürlicher Fette).

R CO

O H

H O

OC R

R CO

OH1

COOH1

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Hybridisierung und Bindungswinkel: Acidität: Carbonsäuren sind mittelstarke Säuren wegen der guten Mesomeriestabilisierung von Carboxylat-Anionen: die negative Ladung ist gleichmäßig auf zwei Sauerstoffatome verteilt (während sie bei Alkoxid-Anionen, die durch Deprotonierung von Alkoholen entstehen, nur an einem einzigen Sauerstoffatom konzentriert ist).

Elektronenziehende Substituenten in Nachbarschaft zur Carboxylgruppe erhöhen die Acidität der entsprechenden Verbindung (und erniedrigen folglich ihren pKa-Wert). Je weiter die jeweiligen Substituenten von der Carboxylgruppe entfernt sind, um so schwächer wirkt sich ihr induktiver Effekt auf die Acidität aus. Beispiele: Essigsäure: pKa = 4.74

Trifluoressigsäure: pKa = 0.23

124.1°

124.9°

111.0°

106.3°

C OH

O

H

C OH

OH

Ameisensäure

sp2sp2

120.2 pm134.3

109.7

97.2

R CO

OR C

O

O

beide C-O-Bindungensind gleichlang

R CO

O

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COOH

COO- Na+

Natriumdodecanoat

NaOH, H 2ODodecansäure (Laurinsäure)

Salzbildung:

Carbonsäuren bilden mit starken Basen, z.B. Natronlauge, Salze, die als „Alkanoat e“

bezeichnet werden. Die Natrium- und Kaliumsalze langkettiger Carbonsäuren („Fettsäuren“) nennt man Seifen. Diese Verbindungen sind amphiphil und bilden in Wasser Micellen; % Tenside Darstellung von Carbonsäuren: Überblick Oxidation primärer Alkohole Haloformreaktion Carboxylierung von Grignard-Verbindungen (CO2) Oxidation von Alkenen mit basischem Kaliumpermanganat Oxidation von alkylsubstituierten Aromaten mit Kaliumpermanganat (u.a., Natriumdichromat oder HNO3) Hydrolyse verschiedener Carbonsäurederivate: z.B. Ester: Verseifung Hydrolyse von Nitrilen (R-CN)

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&&&& Prinzipielle Reaktionsmöglichkeit: Additions-Eliminierungsreaktion (säure- oder

basekatalysiert) Im Fall einer Carbonsäure (RCOOH) ist dieser Reaktionsverlauf erschwert, weil (a) OH- keine gute Abgabgsgruppe ist und (b) das saure Hydroxy-Proton vom angreifenden Nucleophil abstrahiert werden kann:

R CO

NuR C

O

L

Nu

tetraedrischesZwischenprodukt

R CO

L

Nu

+ LAddition Eliminierung

R CO

O H

Nu

Nu

R C

O

OH

Nu R CO

O

(a):ungünstig fürden folgenden Eliminierungsschritt: OH- : schlechte Abgangsgruppe

(b): acides O-H

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Acylierungsvermögen von Carbonsäure(derivate)n Additions-Eliminierungsmechanismus: Die relative Reaktivität von Carbonsäure(derivate)n R-COL (L = leaving group) hängt einerseits von den Abgangseigenschaften der Abgangsgruppe „L“ ab und andererseits von ihren induktiven und mesomeren Effekten, die für die Stabilisierung der tetraedrischen Zwischenstufe entscheidend sind. Man spricht von Acyclierungsaktivität: sie ist umso höher, je besser ein Carbonsäurederivat R-COL den Acylrest R-CO auf ein anderes Molekül bzw. auf ein Nucleophil übertragen kann.

Anders ausgedrückt: Je höher die Elektrophilie des Carboxylkohlenstoffatoms in einem Carbonsäurederivat ist, umso leichter erfolgt der Angriff eines Nucleophils und umso besser eignet sich das betreffende Carbonsäurederivat als Acylierungsmittel! Reaktivität gegenüber nucleophilem Angriff (Acylierungsaktivität):

R CO

OR'R C

O

Cl

R CO

NR'2R C

O

OH

RC

O

O

O

CR

< < < <

< <

R CO

OR C

O

NH2

<

Ester

Amide

ChlorideAnhydride

Carbonsäuren

R CO

NuR C

O

L

Nu

tetraedrischesZwischenprodukt

R CO

L

Nu

+ LAddition Eliminierung

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Ester (R-COOR‘): in Aromastoffen! Bildung von Estern: Veresterung:

R-COOH + R‘-OH R-C(O)OR‘ + H2O

Umkehrung des Prozesses = Esterhydrolyse (Verseifung) Mechanismus: Cyclische Ester: Lactone Wachse: Ester aus langkettigen Monoalkoholen und

lankettigen Carbonsäuren

R

O

OH

R

OR'

OH

+ H R

OH

OH

+ R'OHR

OH

OH

OHR'

- H

R

OH

OH

OR'+ H

R

OH2

OH

OR'- H2O

R

OR'

OH

- HR

OR'

O

O

O

O O

αβ

γz.B.:

γ-Butyrolacton(Oxa-2-cyclopentanon)

ein Lacton(Oxa-2-cycloalkanone)

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Herstellung von Säurechloriden mit Thionylchlorid (SOCl2) Mechanismus: Reaktionen von Säurechloriden

R CO

OHR C

O

Cl+ SO2 + HCl

SOCl2

oder PCl5

R CO

OH

SOCl2

R C

O

O SO

Cl+ HCl

R C

OH

O SO

ClCl

R C

O

O SO

ClCl

H

+ SO2 + HCl

R CO

Cl

R CO

Cl

R CO

OH

R CO

OR'

R CO

NHR'

+ H2O

+ HOR'

+ HCl

+ HCl

+ HCl

+ H2NR'

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Herstellung von Carbonsäureanhydriden allg.: ' Thermische Dehydratisierung von Dicarbonsäuren führt zu

cyclischen Anhydriden, z.B.: ' Reaktion von Carbonsäurechloriden mit Carbonsäuresalzen: C6H13-C(O)Cl + C6H13-C(O)O- Na+ % H2O + [C6H13-C(O)]2O + NaCl ' Wichtig: Essigsäureanhydrid als Acetylierungsmittel

(Ac2O und ∆ oder Ac2O, RT, Pyridin)

RO

OH

- H2OR

O

O

O

R2

Butandisäure(Bernsteinsäure) Butandisäureanhydrid

(Bernsteinsäureanhydrid)

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

Maleinsäureanhydrid

Maleinsäure

H3C O CH3

O OR OH + R O

O

CH3+

HO CH3

O

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Herstellung von Amiden allg.:

Thermische

RO

OH

- H2OR

O

O

O

R2

Butandisäure(Bernsteinsäure) Butandisäureanhydrid

(Bernsteinsäureanhydrid)

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

COOH

COOH

O

O

O

300°C

- H2O

Maleinsäureanhydrid

Maleinsäure

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16. Fette und Detergentien

17. Aminosäuren, Peptide und Proteine allgemeine Prinzipien der Katalyse, Enzyme; molekulare Erkennung

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Aminosäure

-Rest (R) Dreibuchstaben-Kürzel

Einbuchstaben-Kürzel

Alanin

-CH3

Ala

A

Arginin -(CH2)3NHC(=NH)NH2 Arg R Asparagin -CH2-CONH2 Asn N

Asparaginsäure (aspartic acid → aspartate)

-CH2-COOH Asp D

Cystein -CH2-SH Cys C Glutamin -(CH2)2-CONH2 Gln Q

Glutaminsäure (glutamic acid → glutamate)

-(CH2)2-COOH Glu E

Glycin -H Gly G Histidin -CH2(4-imidazolyl) His H

Isoleucin -CH(CH3)CH2CH3 Ile I Leucin -CH2CH(CH3)2 Leu L Lysin -(CH2)4NH2 Lys K

Methionin -(CH2)2SCH3 Met M Phenylalanin -CH2-Ph Phe F

Serin -CH2-OH Ser S Threonin -CH(CH3)OH Thr T

Tryptophan -CH2(3-indolyl) Trp W Tyrosin -CH2(4-hydroxyphenyl) Tyr Y Valin -CH(CH3)2 Val V Prolin α-Iminosäure (5-Ring) Pro P

Posttranslational Hyp P undefiniert oder nicht-Standard X

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18. Nukleotide und Nukleinsäuren

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19. Chemische Analytik und Spektroskopie Isolierung Reinigung Synthese und Strukturbeweis in der (Organischen) Chemie Elementaranalyse: qualitative und quantitative Elementbestimmung Reinigung Identifizierung und Charakterisierung: Destillation Molmasse Kristallisation Siedepunkt, Schmelzpunkt CHROMATOGRAPHIE Brechungsindex Elektrophorese Drehwert Löslichkeit Gaschromatographie Dipolmoment Flüssigkeitschromatographie Säulen- Wechselwirkung mit elektromagnetischer Dünnschicht- Strahlung → SPEKTROSKOPIE Papier- HPLC Größenausschluß- ♦ Infrarot (IR) spektroskopie ♦ Kernmagnetische Resonanzspektroskopie (NMR) Alle chromatographischen Verfahren beruhen auf der Verteilung eines Substanzgemisches zwischen zwei nicht mischbaren Phasen, wobei stets eine Phase unbweglich ist, die stationäre Phase, die andere beweglich, die mobile Phase. Das Gemisch ist zunächst in der mobilen Phase gelöst, die Trennung beruht auf der verschieden starken Adsorption jeder Verbindung an der stationären Phase, bzw. der unterschiedlichen Verteilung zwischen stationärer und mobiler Phase. mobile Phasen: Trägergas oder Solvensgemisch (Elutionsmittel); Das Eluat wird fraktioniert aufgefangen; DETEKTION: z.B. durch Differentialdefraktometer (RI)

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Spektroskopie -ein Einstieg Alle spektroskopischen Techniken beruhen auf der Wechselwirkung einer Verbindung mit elektromagnetischer Strahlung. Elektromagnetische Strahlung kann man nach dem Welle-Teilchen-Dualismus entweder als Photonenstrom oder als elektromagnetische Welle auffassen, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. -zur Welle gehört eine Wellenlänge λ und ihre Frequenz ν Jedes Photon hat dabei die Energie

λλλλ = c/νννν c: Lichtgeschwindigkeit

E = hνννν = hc/λλλλ h: Plancksches Wirkungsquantum (eine Naturkonstante)

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IR-Spektroskopie Infrarotstrahlung wird nur dann von einem Molekül absorbiert, wenn die Energie der Strahlung genau der Energie entspricht, die für die Anregung einer Molekül-schwingung benötigt wird. Bei einer Molekülschwingung werden Bindungen des Moleküls entweder gestreckt oder gestaucht (Valenzschwingungen) oder deformiert (Deformationsschwingungen). Der große Wert der IR-Spektroskopie beruht darauf, daß bestimmte funktionelle Gruppen charakteristische Infrarotabsorptionen zeigen. # SPEKTRUM Skala des Spektrums: Intensität gegen Wellenzahlen [cm -1] (Wellenzahl = reziproke Frequenz) Typischer Meßbereich: 400 - 4000 Wellenzahlen > 1200 cm-1: charakteristische Funktionalitätenbanden < 1200 cm-1: Fingerprint-Bereich

NMR-Spektroskopie Die Atomkerne von Atomen mit ungeraden Massenzahlen (wie 1H, 13C, 17O) haben einen Eigendrehimpuls, den man Kernspin p nennt. Mit dem Kernspin ist ein magnetisches Moment µ verbunden: µµµµ = γγγγ p

γ: magnetogyrisches Verhältnis

Dies kann sich parallel oder antiparallel zu einem äußeren angelegten Magnetfeld B0 ausrichten. So ergeben sich zwei Energiezustände mit der Energie -1/2 γ h/2π B0 und +1/2 γ h/2π B0

mit dem, allerdings geringen, Energieunterschied ∆E: ∆∆∆∆E = γγγγ h/2ππππ B0 Nach der Boltzmannverteilung sind bei Raumtemperatur beide Energieniveaus fast gleichmäßig besetzt. Strahlt man aber elektromagnetische Strahlung mit der Energie E = ∆∆∆∆E = γγγγ h/2ππππ B0 (RESONANZBEDINGUNG) ein, so wird der höhere Energiezustand stärker populiert. Das Zurückfallen in der Grundzustand (Relaxation) wird beobachtet und als Kernresonanz aufgezeichnet. # SPEKTRUM Der große Wert der NMR-Spektroskopie beruht darauf, daß die exakte Resonanzfrequenz eines bestimmten Kernes in charakteristischer Weise von der Kernumgebung abhängt!

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NMR-Spektrum Man misst in einem deuterierten Lösungsmittel, sehr häufig in CDCl3 (Deuterochloroform). Bei der Dokumentation von NMR-Daten werden das Lösungsmittel, in dem das Spektrum der zu analysierenden Substanz aufgenommen wurde, und die NMR-Frequenz angegeben. Letzteres ist von Bedeutung weil die zur Anregung der Kerne benötigte Frequenz von der Stärke des Magnetfeldes abhängt und in Abhängigkeit von Magnetfeldstärke und Frequenz der eingestrahlten elektromagnetischen Wellen die Lage der einzelnen Signale etwas variiert. Die Lage der Resonanzsignale wird auf eine Referenzverbindung bezogen: TMS (Tetramethylsilan) ∆ν= ν (Kern) - ν (TMS) Weil der Unterschied so klein ist, mißt man ihn in parts per million (ppm) und nennt die chemische Verschiebung δδδδ: δ = 106 ∆ν/ν Normale Skala: 1H-NMR: 0-12 ppm 13C-NMR: 0-200 ppm

Substituenteneffekte Die exakte Resonanzfrequenz eines bestimmten Kernes hängt in charakteristischer Weise vor allem von der Elektronendichte in der Kernumgebung ab, weil dadurch das, an diesem Ort wirksame, Magnetfeld verändert wird. Substituenten in der Nähe eines Kernes verändern das an diesem Ort wirksame Magnetfeld wie folgt: elektronen-ziehende Substituenten

vergrößeren das effektive Magnetfeld

% höhere Frequenz

% größere ppm-Werte

Tieffeld-verschiebung eines Signals

elektronen-schiebende Subsituenten

verringern das effektive Magnetfeld

% niedrigere Frequenz

% kleinere ppm-Werte

Hochfeld-verschiebung eines Signals

H3C Si

CH3

H3C

CH3

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Multiplizität und Kopplungskonstanten Signale erhalten wegen der Wechselwirkung untereinander (Spin-Spin-Kopplung) ein komplexes Muster: sie erscheinen als Multipletts. ( Kopplungskonstanten ( Aussagen über Zahl und sterische Anordnung der Nachbaratome

Integration liefert die Zahl äquivalenter Kerne, die zu dem integrierten Signal gehören.

NMR-Schlüsselinformationen Ein NMR-Spektrum liefert drei grundlegende Informationen, die zur strukturellen Charakterisierung einer chemischen Verbindung herangezogen werden können: ( chemische Verschiebung (sagt etwas über die elektronische Umgebung des Kernes aus) ( Multiplizität und Kopplungskonstanten (sagt etwas über Zahl und die steri- sche Relation der Nachbarkerne aus) ( Integration (Information über die Zahl äquivalenter Kerne)

tiefes Feld hohes Feld 0 ppm (TMS)

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20. Komplexe Naturstoffe und Syntheseplanung Retrosynthese und Schutzgruppenstrategien z. B ALKALOIDE: ursprünglich: Substanzen mit alkali-ähnlichem Charakter heute: eine Gruppe verschiedenster Verbindungen pflanzlichen Ursprungs, die Stickstoff-Heterocyclen enthalten z.B. Morphin Der Chemiker Ludwig Knorr (1859-1921, Jena) spekulierte 1889 über die chemische Struktur des Alkaloids Morphin: „Meine Studien über das Morphin haben es wahr-scheinlich gemacht, dass diese wichtige Base und wohl auch andere dem Morphin nahe verwandte Alkaloide als Oxazine aufgefasst werden müssen. Die mir bis jetzt bekannten Thatsachen scheint die in der folgenden Formel ausgedrückte Auffassung des Morphins am besten zu erklären“:

N

H

HO

O

HO

CH3

H

CH

CH

O

N

CH2

CH2

CH3

CH

(C10H5OH)

CH2

OH

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Die Wurzel von Tollkirsche (A. belladonna) enthält als Hauptalkaloid Atropin. Je nach der Menge eingenommener Tollkirsche, die wohlschmeckend ist und leicht mit der Kirsche verwechselt werden kann, werden beim Menschen Trok-kenheit des Mundes, weite Pupillen (pupillenerweiternde Wirkung !), Gesichts-rötung, Erregung, Verwirrung, Halluzinationen, Bewusstlosigkeit und Krämpfe beobachtet. Die Vergiftung kann auch tödlich verlaufen.

KOKASTRAUCH: Das Alkaloid Cocain blockiert die periphere Schmerzempfindung. Die dauernde Einnahme von Cocain macht einen ge-sunden Menschen nach einem kurzen eupho-rischen Einstieg im Laufe weniger Monate zu einem geistigen wie körperlichen Wrack.

Das Hauptalkaloid des Tabaks ist das Nikotin. Alle Tabakarten gehören zur Gattung “Nicotiana”. Diesen Namen trägt die Pflanze seit 1565 zu Ehren von Jean NICOT, der die Tabakpflanze in Frankreich populär machte. Nicotin ist ein starkes Gift. Bei Dosen zwischen 50 und 100 mg er-folgt der Tod rasch durch Lähmung des Atemzentrums im Gehirn.

N

O

O

HOHH3C

NH3CO

O

COOH