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Kurzzusammenfassung Energieeffizienz: Potenziale, volks- wirtschaftliche Effekte und innovative Handlungs- und Förderfelder für die Nationale Klimaschutzinitiative In Zusammenarbeit mit:

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KurzzusammenfassungEnergieeffi zienz: Potenziale, volks-wirtschaftliche Effekte und innovative Handlungs- und Förderfelder für die Nationale Klimaschutzinitiative

In Zusammenarbeit mit:

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Verbundvorhaben

Energieeffizienz:

Potenziale, volkswirtschaftliche Effekte und innovative Handlungs- und Förderfelder für die

Nationale Klimaschutzinitiative

Endbericht des Projektes

„Wissenschaftliche Begleitforschung zu übergreifenden technischen, ökologischen, ökonomischen und strategischen Aspekten des nationalen Teils der Klima-

schutzinitiative“

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesmi-nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit aufgrund eines Be-schlusses des Deutschen Bundestages unter dem Förderkennzeichen FKZ 03KSW016A und B gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentli-chung liegt bei den Autoren.

Heidelberg, Karlsruhe, Berlin, Osnabrück, Freiburg Oktober 2011

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Strategien der NKI IFEU, Fraunhofer ISI, Prognos, GWS et al.

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Autoren:

Martin Pehnt (Projektleitung)

Marlene Arens

Markus Duscha

Wolfgang Eichhammer

Tobias Fleiter

Andreas Gerspacher

Farikha Idrissova

Dominik Jessing

Eberhard Jochem

Frank Kutzner

Udo Lambrecht

Ulrike Lehr

Christian Lutz

Angelika Paar

Felix Reitze

Barbara Schlomann

Friedrich Seefeldt

Nils Thamling

Felipe Toro

Regine Vogt

Bernd Wenzel

Marco Wünsch

Unter Mitarbeit von:

Sebastian Burhenne

Sabine Frisch

Sebastian Herkel

Korbinian Kramer

Christian Neumann

Claudia Nikol

Tom Umbreit

Jan Walter

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Projektpartner:

ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg Dr. Martin Pehnt (Gesamt-Projektleitung) Jan Bödeker, Udo Lambrecht, Frank Kutzner, Angelika Paar, Dominik Jessing, Markus Duscha, Regine Vogt, Jan Walter Wilckensstraße 3 D-69120 Heidelberg Tel: 06221 / 4767-0 E-Mail: [email protected]

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung Barbara Schlomann (Co-Projektleitung), Dr. Wolfgang Eich-hammer, Tobias Fleiter, Marlene Arens, Andreas Gerspacher Breslauer Str. 48 D-76139 Karlsruhe Tel.: 0721 / 6809-136 E-Mail: [email protected]

Prognos AG Friedrich Seefeldt, Marco Wünsch, Nils Thamling Goethestrasse 85 D-10623 Berlin Tel: 030 / 52 00 59-236 E-Mail: [email protected]

Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbH Dr. Ulrike Lehr, Dr. Christian Lutz Heinrichstr. 30 D-49080 Osnabrück Tel: 0541 / 40933-280; -120 Email : [email protected]; [email protected]

In Zusammenarbeit mit:

Ingenieurbüro für neue Energien Dr. ing. Bernd Wenzel Bertholdstr. 24 D-14513 Teltow Tel. 03328 / 3465-92 E-Mail: [email protected]

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme Sebastian Herkel, Korbinian Kramer, Christian Neumann, Sebastian Burhenne Heidenhofstr. 2 D-79110 Freiburg Tel: 0761 / 4588-5117 E-Mail: [email protected]

IREES GmbH (ehemals BSR Sustainability GmbH) Prof. Dr. Eberhard Jochem, Farikha Idrissova, Felix Reitze, Felipe Toro Schönfeldstraße 8, D-76131 Karlsruhe Tel.: 0721 / 9152636 -26 E-Mail: [email protected]

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1 Zusammenfassung Die Minderung der Treibhausgasemissionen um 40 % gegenüber 1990, die Senkung des Primär-energieverbrauchs und des Gebäudewärmebe-darfs um 20 % sowie des Strombedarfs und des verkehrlichen Endenergieverbrauchs um 10 % bis gegenüber 2008 – das sind ambitionierte Ziele für 2020. In der langfristigen Perspektive für Deutsch-land wird eine weitgehende Dekarbonisierung an-gestrebt. Diese Klimaschutz- und Effizienzmaß-nahmen führen nicht nur zu einer unmittelbaren Reduktion der Umweltwirkungen und Energieim-porte, sondern haben auch vielfältige volkswirt-schaftliche direkte und vor allem indirekte Effekte. Im Rahmen des in diesem Bericht dokumentierten Verbundprojekts der Partner IFEU und Fraunhofer ISI zusammen mit Prognos, GWS und den Unter-auftragnehmern Universität Freiburg, IfNE und Orangequadrat soll die Nationale Klimaschutzini-tiative (NKI) in einen wissenschaftlichen und ge-sellschaftlichen Kontext eingebettet und eine stra-

tegische Verortung des Programms vorgenommen werden. Forschungsfragen des Konsortiums wa-ren:

• Wo bestehen Potenziale der Energieeffizienz, die über eine Referenzentwicklung hinausge-hen und für einen ambitionierten Klimaschutz erschlossen werden müssen? (Kapitel 3)

• Welche volkswirtschaftlichen Konsequenzen hätte eine Realisierung dieser zusätzlichen Einsparpotenziale? (Kapitel 4)

• Wie können diese zusätzlichen Potenziale akti-viert werden, welche Rolle spielt finanzielle Förderung und speziell die Nationale Klima-schutzinitiative? (Kapitel 5)

• Welche konkreten innovativen Maßnahmenfel-der oder Maßnahmenmethoden können entwi-ckelt werden? (Kapitel 6)

Potenziale der Energieeffizienz (Kapitel 3)

Energieeffizienz bedeutet, den zur Erbringung ei-ner Dienstleistung, zur Produktion von Waren oder Bereitstellung von Energie notwendigen Energie-einsatz in ein System zu reduzieren. Es gibt noch unausgeschöpfte wirtschaftliche Potenziale in gro-ßem Umfang. Diese Tatsache ist auf verschiedene Umsetzungshemmnisse der Energieeffizienz zu-rückzuführen und wurde in vielfältigen Studien un-tersucht.

Abbildung: Endenergiebedarf in den drei betrachteten Szenarien

Im Rahmen der vorliegenden Studie stehen die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen einer zu-sätzlichen ambitionierten Effizienzstrategie im Mittelpunkt. Hierzu wurden 1. die zusätzlichen Effi-zienzpotenziale quantifiziert, die erschlossen wer-den können; 2. die dafür erforderlichen Investitio-

nen und Einsparungen erhoben und diese 3. in ei-nem volkswirtschaftlichen Modell implementiert.

Das Szenario „Effizienz ambitioniert“ setzt diese Effizienzmaßnahmen mit einer beschleunigten Ge-schwindigkeit unter der Voraussetzung optimaler politischer Rahmenbedingungen um, ohne jedoch ökonomisch – und zwar auch betriebswirtschaftlich – irrational zu handeln. Verglichen wird das Poten-zial mit einer Referenzentwicklung, die bereits zu-nehmende Effizienz enthält.

Stellt man sich hingegen die Frage nach den ge-samtwirtschaftlichen Auswirkungen von Effizienz-anstrengungen „überhaupt“, so muss man die Re-ferenzentwicklung durch eine – hypothetische – Entwicklung ersetzen, bei welcher ausgehend vom heutigen Stand keinerlei weitere Effizienzentwick-lung mehr stattfinden wird. Hierzu wird ein „Frozen Efficiency“-Szenario definiert.

Zur Quantifizierung der Potenziale wurden insge-samt 43 Maßnahmen bzw. Maßnahmencluster untersucht. Diese decken wichtige Maßnahmenbe-reiche ab. Gleichwohl gibt es weitere Einsparpo-tenziale, die aufgrund ihrer Heterogenität nicht vollständig betrachtet werden konnten. Die be-rechneten Potenziale sind daher als untere Grenze zu betrachten. Insbesondere wurde fokussiert auf energiebezogene Klimaschutzmaßnahmen auf Endkundenseite (Ausnahme: Abfall und Abwas-ser). Die Bandbreite der untersuchten Maßnahmen reicht von effizienten Motorensystemen und Ge-

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bäudedämmung bis hin zu Maßnahmen in der Glas- und Keramikindustrie, LED-Ampelanlagen oder LKW-Fahrerschulung.

Insgesamt addiert sich das energetische Einspar-potenzial gegenüber dem Referenzszenario im Jahr 2020 auf rund 630 PJ Endenergie, im Jahr 2030 auf 954 PJ. Dies entspricht etwa 7 % bzw.11 % des Endenergiebedarfs 2009. Rechnet man die bereits im Referenzszenario enthaltene Effizienzentwicklung heraus, ergibt sich sogar eine Einsparung von 1262 bzw. 2078 PJ Endenergie (15 bzw. 24 % des Endenergiebedarfs 2009). Mit anderen Worten: gegenüber heute können wir bis 2030 rund 24 % Endenergie allein durch endkun-dennahe Maßnahmen der Energieeffizienz einspa-ren, so lange Reboundeffekte diese Einsparung nicht wesentlich reduzieren.

Die folgende grafische Darstellung repräsentiert diese Potenziale gegliedert nach Sektor (Haushal-te, Gewerbe, Verkehr, Industrie) und Endenergie-verwendung (Kraft, Licht, Beleuchtung, Informati-on, Wärme/Kälte) in Form einer „Effizienzlandkar-te“. Farbig markiert ist eine qualitative Einschät-zung des Projektteams bezüglich des politischen Handlungsbedarfs.

Besonders hohe Einsparpotenziale bestehen in den gebäudebezogenen Maßnahmenfeldern sowie bei der Einführung effizienter Pkw.

Tabelle: Endenergieeinsparung durch die verschiedenen Maßnahmen

Maßnahme Attraktives Einsparpotenzial im Jahr (PJ)

gegenüber Referenz

gegenüber Frozen Effi-ciency

2020 2030 2020 2030

Private Haushalte 58 127 388 662

Gewerbe, Handel, Dienstleistung

94 141 247 409

Industrie 181 258 278 417

Verkehr 297 428 349 590

Summe 630 954 1262 2078

In der Industrie teilen sich die Potenziale eher auf verschiedene Felder auf, sowohl branchenspezifi-sche als auch Querschnittstechnologien. Der mo-torbezogene Bereich (Elektromotoren, Lüftungs-systeme, Pumpen, Druckluft etc.) ist jedoch be-sonders groß.

Abbildung: „Landkarte“ der bis 2030 realisierbaren Effizienzpotenziale. Einsparung gegenüber einem Szenario mit „ein-gefrorener“ Effizienzentwicklung

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Investitionen zur Erschließung der Potenziale

Für die Erschließung der Effizienz-Maßnahmen sind Mehrinvestitionen gegenüber der Referenz von jährlich rund 12 Mrd. Euro (2010-2020) bzw. 18 Mrd. Euro (2020-2030) erforderlich, kumuliert rund 300 Mrd. Euro. Diese Mehrinvestitionen sind nicht mit Mehrkosten zu verwechseln. Durch die Energiekosteneinsparungen führen die meisten Maßnahmen über die gesamte Abschreibungs- bzw. Lebensdauer der Produkte gerechnet zu Kos-tenentlastungen (siehe unten).

Ein Drittel der Investitionen der kommenden Deka-de entfällt auf Maßnahmen, die von privaten Haushalten zu tätigen sind, zwischen 2020 und 2030 sogar fast die Hälfte. Ähnlich hoch sind die Investitionen im Verkehrssektor. Die 120 Mrd. Euro Investitionen der privaten Haushalte entfallen zu rund der Hälfte (57 Mrd. Euro) auf Gebäudesanie-rung und Heizungsaustausch (Kosten des Szena-rios Effizienz ambitioniert gegenüber Referenz). Die gesamten Sanierungskosten liegen bei rd. 115 Mrd. Euro, wenn man die bereits im Referenzsze-nario stattfindenden Sanierungen mitzählt.

Bei den nötigen Investitionen zur Realisierung der Einsparpotenziale fällt besonders der niedrige Be-darf im Sektor Industrie auf (siehe Tabelle). Hierfür sind vorwiegend drei Gründe verantwortlich. Zum einen ist die mittlere Amortisationszeit der berück-sichtigten Maßnahmen in der Industrie deutlich kürzer als etwa bei privaten Haushalten. Hierdurch werden deutlich höhere Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit widergespiegelt. So werden in

vielen Unternehmen Effizienzmaßnahmen mit ei-ner Amortisationsdauer von mehr als zwei Jahren nicht durchgeführt, während gerade bauliche Maß-nahmen im Bereich der Haushalte typischerweise 10-20 Jahre benötigen, um sich zu rentieren. Die-ser Effekt wird zum zweiten noch verstärkt durch die Tatsache, dass gerade energieintensive In-dustrieunternehmen deutlich niedrigere Energie-preise (und keine Mehrwertsteuer) bezahlen, was sich direkt auf die Amortisationsdauer nieder-schlägt. Drittens sind im Referenzszenario für die Industrie viele attraktive Maßnahmen noch nicht umgesetzt, während dort gerade bei den Haushal-ten schon viele der wirtschaftlichen Maßnahmen berücksichtigt sind.

Tabelle: Investitionen der verschiedenen Maßnahmen (Effizienz ambitioniert gegenüber Referenz)

Maßnahme Mittl. jährl. In-vestitionen (Mrd. Euro)

Kumul. Investitionen (Mrd. Euro)

2010-2020

2020-2030

Bis 2030

Private Haus-halte

3,9 8,0 120

Industrie 0,5 0,3 8 Verkehr 4,1 7,9 120 GHD 3,5 1,9 54 Summe 12,0 18,1 301

Volkswirtschaftliche Effekte der Energieeffizienz (Kapitel 4)

Basierend auf den ermittelten realisierbaren Po-tenzialen wird mit dem umweltökonomischen Mo-dell PANTA RHEI ermittelt, welche volkswirtschaft-lichen Effekte die Ausschöpfung dieser Potenziale bis zum Jahr 2030 für Deutschland haben könnte. Die wesentlichen gesamtwirtschaftlichen Impulse eines Maßnahmenpakets für mehr Energieeffizienz gehen von den hierfür notwendigen Investitionen und von den Zweitrundeneffekten durch die Bud-getentlastung bei den Energiekosten aus.

Fasst man alle Maßnahmen zusammen, ergibt sich ein recht beeindruckendes Bild von Einsparun-gen, ökonomischen BIP-Effekten und Beschäf-tigung. Über alle Sektoren hinweg ergibt sich eine Endenergieeinsparung von 11,7% in 2030 gegen-über der Referenz, die ja auch bereits Einsparun-gen gegenüber heute enthält. Die THG-Emissionen sinken bis 2030 um 14,8 % gegenüber der Referenz und um 60 % gegenüber 1990.

Bis 2030 werden hierzu im Szenario „Effizienz am-bitioniert“ kumuliert knapp 300 Mrd. € aufgewen-det, denen zwischen 2009 und 2030 bereits eine Kosteneinsparung von knapp 270 Mrd. € gegen-übersteht. Auch nach 2030 werden durch diese In-vestitionen weitere Einsparungen induziert.

Die jährlich eingesparten Energiekosten steigen von rund 7 Mrd. Euro im Jahr 2015 auf rd. 21 Mrd. Euro im Jahr 2030 an. Damit liegen die eingespar-ten Energiekosten in einer ähnlichen Größenord-nung wie die jährlich investierten Effizienzmaß-nahmen.

Die Beschäftigung liegt um gut 127.000 höher als in der Referenz (2030); das preisbereinigte BIP fällt um 0,85% oder 22,8 Mrd. € höher aus. Dazu trägt vor allem bei, dass die zusätzlichen, weil ein-zelwirtschaftlich lohnenden Effizienzinvestitionen vor allem in Bereichen mit hohem inländischem

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Wertschöpfungsanteil erfolgen und dauerhaft Energieimporte eingespart werden können. Ein erheblicher Teil des beobachteten zusätzlichen BIP-Aufkommens entfällt mit gut 16,2 Mrd. Euro im Jahr 2030 auf den privaten Konsum. Dies leitet sich zunächst aus dem zusätzlichen Konsum von energieeffizienten Gütern ab, beinhaltet jedoch darüber hinaus Zweitrundeneffekte durch die stei-gende Beschäftigung und den Anstieg der verfüg-baren Einkommen durch die Einsparung von Energiekosten.

Tabelle: Netto-Beschäftigungseffekte durch Effizienzent-wicklung

2020 2030 Zusätzliche Beschäftigung im Szenario Effizienz ambitioniert im Vergleich zu Referenzent-wicklung

122.000 127.000

Zusätzliche Beschäftigung durch zusätzliche Exporte we-gen verbesserter Chancen auf dem Weltmarkt

44.000 61.000

Im Referenzszenario bereits enthaltene Beschäftigungsef-fekte im Gebäudesektor ge-genüber „Frozen Efficiency“-Szenario

59.000 69.000

Die positiven Beschäftigungseffekte lassen sich als Ergebnis verschiedener Wirkungsmechanismen in-terpretieren:

• Zusätzliche Investitionen bzw. Ausgaben der privaten Haushalte in langlebige Konsumgüter bedeuten zusätzliche Produktion und somit zusätzliche Be-schäftigung.

• Energie wird durch Kapital ersetzt, das teil-weise dem Er-sparten entnom-men wird und langfristig durch die eingesparten Energiekosten wieder erwirt-schaftet wird.

• Teilweise wird Wertschöpfung im Ausland, bei-spielsweise in den Lieferländern von Erdöl, durch regionale Wert-schöpfung bei-spielsweise im Bau-

gewerbe oder Maschinenbau ersetzt.

• Mit dem Baugewerbe und den unternehmens-bezogenen Dienstleistungen, aber auch, wenngleich in etwas geringerem Maße mit dem Maschinenbau, werden Impulse auf beschäfti-gungsintensive Wirtschaftsbereiche ausge-übt.

• Der effizientere Energieeinsatz verbessert die gesamtwirtschaftliche Produktivität, da (fast) nur einzelwirtschaftlich lohnende Maß-nahmen umgesetzt werden. Produktionskosten und Preise sinken. Der Effizienzeffekt verbes-sert die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirt-schaft.

• Die eingesparten Energiekosten sowie das ge-stiegene Einkommen der zusätzlich Beschäftig-ten steigern das zur Verfügung stehende Budget der Haushalte und damit die Ausgab-ebereitschaft für andere Güter (Zweitrundenef-fekte).

• Durch die frühzeitige Etablierung eines Leit-marktes für Effizienztechnologien kann ein Wettbewerbsvorteil inländischer Firmen entstehen. Dies kann durch zusätzliche Chan-cen auf dem Weltmarkt und zusätzliche Expor-te der betreffenden Produktionsbereiche abge-bildet werden (vgl. Sensitivität weiter unten).

Auf der anderen Seite steigen die Abschreibungen und damit die Kapitalkosten der Unternehmen durch die höheren Investitionen. Die Haushalte und der Staat müssen höhere Investitionen und Ausgaben finanzieren.

-5 0 5 10 15 20 25 30 35 40

Land- und Forstw irtschaft, Firscherei

Bergbau u. Gew innung von Steinen u. Erden

Verarbeitendes Gew erbe

Energie- und Wasserversorgung

Baugew erbe

Handel; Instandh./Rep. v. Kfz/Gebrauchsgütern

Gastgew erbe

Verkehr und Nachrichtenübermittlung

Kredit- und Versicherungsgew erbe

Grundstücksw esen, Untern.dienstleister

Sonstige Dienstleister

2011 2015 2020 2025 2030

Abbildung: Sektorale Arbeitsmarkteffekte im Maßnahmenszenario – absolute Abwei-chungen der Beschäftigung in 1000 zum Referenzszenario

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Hauptimpuls sind dabei kurzfristig die zusätzlich ausgelösten Investitionen. Insbesondere im Ge-bäudebereich ist der inländische Wertschöpfungs-anteil hoch, im Jahr 2020 liegt der Beschäftigungs-impuls bei 35.000 Beschäftigten. Im Produzieren-den Gewerbe profitieren vor allem der Fahrzeug-bau sowie die Sektoren Maschinenbau, Elektro-technik und Mess-, Steuerungs- und Regelungs-technik. Insgesamt verzeichnet das Verarbeitende Gewerbe einen Zuwachs an Beschäftigung von knapp 14.000. Längerfristig steigt die Bedeutung der eingesparten Energiekosten für die Ergebnisse immer mehr an. Insgesamt werden im Jahr 2030 Energiekosten in Höhe von ca. 21 Mrd. € einge-spart.

Die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Szena-rios „Effizienz ambitioniert“ können sogar noch besser ausfallen. Aus verschiedenen Gründen sind die oben genannten Zahlen eher als konservativ einzuschätzen.

Erstens enthält bereits das Referenzszenario (insbesondere im Gebäudebereich) erhebliche Ef-fizienzeffekte, die Beschäftigung etwa in der Bauwirtschaft sichern und schaffen.

Vergleicht man ein Szenario mit eingefrorener Effi-zienzentwicklung („Frozen Efficiency“) mit der Re-ferenz, so zeigt sich, dass die Referenz ein deut-lich höheres Bruttoinlandsprodukt aufweist und auch in nahezu allen anderen Indikatoren positiv von dem Szenario der Effizienz auf heutigem

Stand abweicht. Beispielsweise liegt die Zahl der Erwerbstätigen rd. 70.000 höher als im Szenario „Frozen Efficiency“.

Eine direkte Interpretation im Sinne etwa zusätzli-cher Beschäftigungsimpulse wäre jedoch unzuläs-sig, da auch in der Vergangenheit immer autono-me Effizienzverbesserungen zu beobachten wa-ren, die im Frozen Efficiency Szenario unterdrückt sind.

Zweitens erhoffen sich deutsche Unternehmen ge-rade im Bereich Energieeffizienz umfangreiche Exportchancen. Wenn Deutschland seinen tech-nischen Wettbewerbsvorteil auf den Märkten für energieeffiziente Produkte halten und ausbauen kann, so könnte das preisbereinigte Exportvolu-men auf bis zu 12,5 Mrd. Euro in 2030 ansteigen. Die steigenden Exporte könnten zu einem zusätz-lichen Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 61.000 führen.

Drittens sind eine ganze Reihe von Annahmen z.B. zur Entwicklung der internationalen Energiepreise getroffen worden. Je höher die Energiepreise tat-sächlich steigen werden, desto größer werden die gesamtwirtschaftlichen Effekte ausfallen. Bei ei-nem um 50 % höheren Ölpreis könnten beispiels-weise allein im Gebäudebereich bis 2030 Einspa-rungen in Höhe von weiteren 178 PJ bei einer zu-sätzlich ausgelösten Investitionssumme von knapp 12 Mrd. Euro erschlossen werden.

Viertens liegen auch in anderen Bereichen, bei-spielsweise der Verkehrsverlagerung, zusätzliche Effizienzpotenziale. Nicht zu-letzt reduziert eine ambitionierte Effi-zienzstrategie die Energiesteuerbelas-tungen der Nachfrager, was auch politi-schen Gestaltungsspielraum für neue zielgerichtete Instrumente schaffen wird. Steigerungen der Energieeffizienz und die im Energiekonzept der Bundesregie-rung angestrebte absolute Reduktion des Energieverbrauchs werfen zum einen Fragen nach der Entwicklung der Ener-giesteuern auf der Einnahmenseite auf. Zum anderen könnten zusätzliche Aus-gaben notwendig sein, um die beschrie-benen Effizienzpotenziale tatsächlich zu heben oder darüber hinausgehende Effi-zienzsteigerungen durch Energiepreis-steigerungen wirtschaftlich zu machen.

Bei nominal unveränderten Energiesteu-ersätzen gehen in der Referenzsimulati-on die Einnahmen aus Energie- und Stromsteuer von heute etwa 45 Mrd. Eu-ro auf etwa 32 Mrd. Euro im Jahr 2030 zurück. Im Szenario „Effizienz ambitio-Abbildung: Jährliche Energiekosten in den beiden Szenarien und

jährliche Differenz-Investitionen in Energieeffizienz (Zusatzkosten des Szenarios „Effizienz ambitioniert“ versus „Referenz“)

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niert“ liegen die Steuereinnahmen im Jahr 2030 noch einmal rund 6 Mrd. Euro niedriger bei dann 26 Mrd. Euro.

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, diesen Einnahmenrückgang auszugleichen. Während Wertsteuern wie die Mehrwertsteuer mit der Geld-entwertung automatisch mitwachsen, ist dies bei Mengensteuern wie der Energie- oder Stromsteuer nicht der Fall. Um auch nur im Jahr 2030 die der-zeitigen Einnahmen beider Steuern zu erreichen, müssten sich die Steuersätze bis zum Jahr 2030 knapp verdoppeln. Eine andere Möglichkeit ist die Angleichung etwa des Dieselsteuersatzes an Ben-zin. Derzeit wird ein Liter Diesel mit 16 Cent/l nied-riger besteuert als Benzin. Eine weitere Möglichkeit zur Einnahmengenerierung zeigt ein aktuelles Gutachten zur Dienstwagenbesteuerung auf. Da-nach könnten mit einem Reformmodell die Steuer-einnahmen und Sozialabgaben jährlich in einer Größenordnung von 3,3 bis 5,5 Mrd. Euro höher ausfallen.

Auch eine Endenergieabgabe auf Öl, Gas und Strom ist eine Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen für energiepolitische Maßnahmen zu generieren. Bei angenommenen Sätzen von 0,3 Cent/kWh auf

Gas und Heizöl sowie 0,5 Cent/kWh auf Strom ergibt sich ein jährliches Aufkommen von zunächst 5,3 Mrd. Euro, das bis zum Jahr 2030 mit dem Rückgang vor allem des Verbrauchs fossiler Ener-gieträger auf gut 4,5 Mrd. Euro sinken würde. Für die Endverbraucher erhöhen sich die Erdgas- und Heizölpreise um rund 5% (inklusive 19% Mehr-wertsteuer um 6%). Beim Strom macht der Preis-anstieg gerade 2% aus.

Aus klimapolitischer Sicht wird verschiedentlich ge-fordert, dass auch der Bereich außerhalb des Emissionshandels einen vergleichbaren Preis für CO2- bzw. THG-Emissionen bezahlen sollte. Aktu-ell könnten so bei einem Preis von 17 Euro/t CO2-Äquivalent etwa 8 Mrd. Euro zusammenkommen.

Schließlich bietet die Lkw-Maut eine Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen im Verkehrsbereich zu schaffen. Das EU-Parlament hat Anfang Juni be-schlossen, dass künftig auch Lärm und Luftver-schmutzung schwerer Lkw bei der Mautberech-nung bis zu einer Höhe von 4 Cent/km berücksich-tigt werden dürfen. Für Deutschland entspricht ei-ne entsprechende Mauterhöhung aktuell zusätzli-chen Einnahmen von gut 1 Mrd. Euro.

Energieeffizienz als Exportgut

Die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen hat in der Vergangenheit einen immer größeren Anteil an der Verwendung von Gütern ausgemacht. Ex-porte haben sich zunehmend zur tragenden Säule der wirtschaftlichen Entwicklung ausgebildet. Der heutige Markt für Effizienztechnologien wird auf 540 Mrd. Euro geschätzt.

Die Handelsanteile Deutschlands an dem zukünfti-gen Weltmarkt für Effizienzprodukte werden in zwei Szenarien basieren auf einer Analyse des relativen Patentanteils (RPA) be-rechnet. In der optimisti-scheren Variante wird un-terstellt, dass Deutschland – unter anderem durch den Ausbau von Energieeffizi-enz im Land – seinen tech-nischen Wettbewerbsvorteil auf den Märkten für ener-gieeffiziente Produkte hal-ten und ausbauen kann. Im Bereich des Maschinenbaus sinken die Handelsanteile nur leicht, für die Mess-, Steuerungs- und Rege-lungstechnik werden leicht steigende Marktanteile un-terstellt. Die verhaltenere

Variante geht von deutlich fallenden Handelsantei-len aus. Beispielsweise fallen die deutschen Han-delsanteile im Maschinenbau von derzeit ca. 20% auf 15% in 2030, bei den Elektrogeräten sinken die Handelsanteile auf 8%.

Das gesamte Handelsvolumen wird basierend auf Szenarien der IEA modelliert, die die zusätzlichen Investitionen in Energieeffizienz ableiten, die not-wendig sind, um vom Current Policy Scenario zum

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2011

2012

2013

2014

2015

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2024

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2026

2027

2028

2029

2030

Mrd

. €20

09

Mess-, Steuerungs- und Regelungs-technik, verhalten

Elektrogeräte, verhalten

Maschinenbau, verhalten

Mess-, Steuerungs- und Regelungs-technik, optimistisch

Elektrogeräte, optimistisch

Maschinenbau, optimistisch

Abbildung: Zusätzliche Exporte von Effizienzprodukten und -dienstleistungen nach Sektoren in Mrd. € 2009, optimistische und verhaltene Variante

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450 ppm Szenario zu gelangen (bis 2035 Industrie 1400 Mrd. $2009, Gebäude 5600 Mrd. $2009).

Daraus ergibt sich ein preisbereinigtes Exportvo-lumen des optimistischen Szenarios von bis zu 12,5 Mrd. Euro in 2030, oder bis zu 10 Mrd. Euro zusätzlicher Exporte im verhalteneren Szenario. Insgesamt bedeutet das optimistische Szenario je nach Exportbereich Steigerungen von bis zu 7 % im Exportvolumen.

Die Bruttoproduktion und das Bruttoinlandsprodukt liegen durch die zusätzlichen Exporte deutscher Unternehmen über die gesamte Zeit höher als in

der Referenz. Jedoch lässt sich eine höhere Pro-duktion nicht automatisch in eine gleiche Steige-rung der Wertschöpfung (BIP) übersetzen. Zum ei-nen wird ein Teil der zusätzlichen Produktion aus dem Ausland eingekauft, was in den höheren Im-porten sichtbar wird. Zum anderen steigt auch der Einsatz von Vorprodukten mit anderen Beschäfti-gungsintensitäten. Insgesamt steigt die Nettobe-schäftigung um 61.000 Erwerbstätige.

Energieeffizienz und Energiesicherheit

Deutschland stützt als ressourcenarmes Industrie-land einen erheblichen Anteil seiner Energiever-sorgung auf Importe. Insgesamt beträgt der Anteil der Nettoimporte am Primärenergieverbrauch über 70 %. Derzeit gibt Deutschland 11 % seiner Auf-wendungen für Importe für Energieimporte aus. In den Jahren 2009 belief sich diese Summe auf 76 Mrd. €, in 2010 waren es bereits 91 Mrd. € (Desta-tis 2011).

Wenngleich Importe an sich im Zuge internationa-ler Arbeitsteilung notwendig und sinnvoll sind, ver-bindet die öffentliche Diskussion mit dem Import von Öl und Gas die Abhängigkeit von Ländern, de-ren Zuverlässigkeit sie eher nach Konflikten beur-teilt, wie etwa dem Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine. Diese Verunsicherung bezüglich der vom Ausland bereitgestellten Mengen wird er-höht durch eine erhebliche Preisunsicherheit, wie sie aus den Preisanstiegen und -rückgängen der

jüngeren Vergangenheit abgeleitet wird. Nicht zu-letzt sind mit einer Verringerung von Energieimpor-ten Minderausgaben verbunden.

In der Nutzung von Effizienzpotenzialen steckt die sicherste „Energiequelle“, denn sie schützt vor Preisrisiken und vor Mengenrisiken. Im Gegensatz zu den Analysen zum Beitrag der erneuerbaren Energien zur Erhöhung von Energiesicherheit lie-gen die Veränderungen in der vorliegenden Unter-suchung eher in der Höhe des Energieeinsatzes als in der Zusammensetzung des Energiemi-xes. Im Unterschied zu den Importverminderungen durch eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien werden bei wirtschaftlichen Effizienz-maßnahmen diese Energieimporte dauerhaft ein-gespart. Im Vergleich zum Referenzszenario liegen die Energieimporte im Szenario „Effizienz ambiti-oniert“ im Jahr 2030 um 3,9 Mrd. Euro niedriger.

Politische Instrumente zur Erschließung der Energieeffizienzpotenziale und die Rolle der NKI (Kapitel 5)

Der nationale Teil der Klimaschutzinitiative des BMU in ihrer bisherigen Struktur zielte mit den bis-her veröffentlichten sechs Förderprogrammen vor allem auf die finanzielle Förderung bestimmter Technologien der Energieeffizienz und der erneu-erbaren Energien (Mini-KWK, gewerbliche Kältean-lagen, energetische Biomassenutzung, Nutzung erneuerbarer Energien in wärmeerzeugende Anla-gen) und auf spezielle Anwendergruppen (Kom-munen, soziale und kulturelle Einrichtungen). Für eine Weiterentwicklung der NKI sollten folgende Prämissen berücksichtigt werden, aus denen sich das Anforderungsprofil für eine ambitionierte Ener-gieeffizienzpolitik ableitet:

• In Deutschland gibt es erhebliche Potenziale für Energieeinsparungen und Energieeffizienz.

• Diese Potenziale sind über alle Sektoren und Segmente verteilt. Daher kann und sollte man einzelne Sektoren nicht von der Energieeffi-zienzpolitik "aussparen".

• Diese Potenziale sind überwiegend wirtschaft-lich erschließbar. Allerdings bestehen in den einzelnen Sektoren und Segmenten unter-schiedlich schwerwiegende Hemmnisse, so-dass man kaum ein einzelnes "Meta"-Instrument finden wird, welches alle Energie-sparpotenziale in geeigneter Weise adressiert und erschließt.

• Vielmehr sind die jeweiligen Sektoren und Segmente weiterhin einzeln zu adressieren. In der Regel erfordert dies ein Instrumenten-bündel von ordnungsrechtlichen, markt- und

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umsetzungsorientierten Instrumenten, von Maßnahmen zur Information, Motivation, Quali-fikation sowie auch zur Förderung und Finan-zierung.

• Finanzielle Förderung ist im Rahmen dieser In-strumentebündel dort einzusetzen, wo sie ge-eignet ist, die Marktunvollkommenheiten oder Hemmnisse zu überwinden, die zu den nicht wahrgenommenen Effizienzmaßnahmen füh-ren.

• Bei der Ausgestaltung von Effizienzpolitik sollte zugleich der Übersichtlichkeit und Transpa-renz Rechnung getragen werden. Kontinuität und Vorhersehbarkeit der Politik sind die wichtigsten Voraussetzungen für erfolgreiche Marktimpulse. Eine jahresübergreifende Fi-nanzierung von Förderprogrammen wäre hier außerordentlich hilfreich.

• Der Aufbau neuer Programme erfolgt schritt-weise und in angemessener Geschwindig-keit.

Die NKI stellt eine wichtige Ergänzung der bisher weitgehend von sektoralen Instrumenten dominier-ten Energieeffizienz-Politik dar. In diesem Rahmen muss sie sich jedoch auch gegenüber weiteren sektorübergreifenden Instrumenten wie dem neu aufgelegten Energieeffizienz-Fonds und einer möglichen Energieeffizienz-Verpflichtung mit Wei-ßen Zertifikaten positionieren.

In der Studie werden die einzelnen sektoralen In-strumente der Energieeffizienz-Politik analysiert und auf Lücken überprüft. Es wird deutlich, dass bezüglich der Breitenförderung verschiedene In-strumente und Instrumentebündel (bestehend aus den verschiedenen energiepolitischen Maßnah-mentypen) vorhanden sind, die einen weiten Be-reich abdecken, aber nicht alle Handlungsfelder. Nicht abgedeckt sind beispielsweise die Hand-lungsfelder industrielle Abwärme, Stromwärme und Prozesswärme, branchenspezifische Maßnahmen oder höchsteffiziente Pkw.

Spitzenförderung – die Förderung spezieller „Kondensationskeime für Effizienzentwicklungen“ oder Netzwerke – erfolgt nicht systematisch, son-dern eher erratisch. Die NKI – in Abgrenzung von Förderprogrammen, die eher auf eine breite Diffu-sion von Energieeffizienz setzen – sollte ihren Schwerpunkt auf die Förderung sozialer, institu-tioneller und technischer Innovationen legen. Somit bildet sie gewissermaßen „die Speerspitze“ des Klimaschutzes, schafft Voraussetzungen für eine nachfolgende Diffusion von Innovationen in die Breite und schließt die Lücke zwischen FuE und breiter Markteinführung. Durch ihre Innovati-

onskraft stärkt sie auch dezentrale Akteure wie Kommunen und Mittelstand.

Als konkretere Kriterien für eine Weiterentwicklung und Profilschärfung wurde eine Reihe von Indika-toren entwickelt, insbesondere:

Dekarbonisierung. Förderziele und Ausgestaltung der Förderung müssen aus langfristigen Klima-schutzzielen abgeleitet werden und im Gesamt-kontext der Markttransformation betrachtet werden.

Konsistenz der Förderobjekte zur Strategie der Bundesregierung und des BMU und zu anderen bestehenden Förderstrukturen.

Schaffung neuer Strukturen. Schwerpunkt der NKI sollte die Förderung der Entwicklung von Strukturen sein, die der Marktransformation hin zu mehr Klimaschutz und Energieeffizienz dienen, beispielsweise durch die Förderung von Change Agents („Betreiber des Wandels“). Change Agents etablieren somit Kondensationskeime für Klima-schutzaktivitäten, die sich im Idealfall später selbst tragen, die aber auch wichtig sind für die spätere Umsetzung verstärkter Breitenförderprogramme.

Abbildung: Förderstruktur der Vorschläge für die Weiter-entwicklung der NKI

Finanzierung

Gerade die langfristigen klimapolitischen Ziele er-fordern eine kurzfristige und entschiedene Umset-zung von Maßnahmen und damit einen wachsen-den Finanzierungsbedarf bei gleichzeitiger Ver-schärfung der Haushaltslage. Auch die Dauerhaf-tigkeit und Verlässlichkeit von Fördermaßnahmen ist ein wichtiger Aspekt, der bei einer rein haus-haltsabhängigen Finanzierung – wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigen – nicht immer gewähr-leistet ist. Grundsätzlich steht ein breites Spektrum von geeigneten Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung (privatrechtliche, gesetzlich festge-schriebene Umlagen (NEEG oder Endenergieab-gabe); gesetzlich verankerte Haushaltsmittel oder Finanzierungsquellen, die keinen starken Schwan-

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kungen unterliegen (wie das Aufkommen aus der Energie- und Stromsteuer), die jedoch alle mit Vor- und Nachteilen behaftet sind. Sollte es im Rahmen der europäischen Effizienzrichtlinie zu einer Ver-pflichtung der Versorger kommen, so könnte er-satzweise auch eine Einzahlung in einen Fonds

(bzw. ein Erwerb von Zertifikaten aus diesem) er-folgen.

Neue Förderfelder und innovative Fördermechanismen für die NKI (Kapitel 6)

Neben der volkswirtschaftlichen Bewertung von Maßnahmen der Energieeffizienz und des Klima-schutzes war eine der wesentlichen Aufgaben des Projektes, detaillierte Analysen für mögliche neue Förderbausteine der NKI durchzuführen. Die Aus-wahl der zu untersuchenden Bausteine erfolgte entlang der Maßgabe, dass diese einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Energieeffizienz leisten sollten, beispielsweise durch ein attraktives Ein-sparpotenzial oder eine hohe Innovationswirkung, und bislang noch nicht hinreichend von politischen Instrumenten und wissenschaftlichen Analysen adressiert sein sollten. Zu jedem der Förderfelder wurde eine vertiefte, ausführlich im Endbericht do-kumentierte Analyse erstellt.

Folgende Förderfelder wurden untersucht:

6.2 Gebäudesanierung. Die Wirtschaftlichkeit der Sanierung eines Bestandsgebäudes geht aus Sicht des Investors insbesondere im Mietwoh-nungsbereich deutlich über die rein energetische Wirtschaftlichkeit (also energiebedingte Mehrinves-titionen vs. Energiekosteneinsparungen) hinaus. Große Relevanz hat die „Lage“ einer Immobilie. Diese entscheidet maßgeblich, ob der Investor da-von ausgehen kann, die zur Refinanzierung seiner Investitionen notwendige Erhöhung der Nettokalt-miete erzielen zu können.

Das Handlungsfeld Gebäudesanierung erfordert auf der einen Seite große Finanzaufwendungen im Sinne eines differenzierten Breitenprogramms, um das erforderliche Sanierungsvolumen anzutrig-gern. Dem Charakter der NKI entsprechend gibt es

jedoch weitere Segmente, in denen die NKI im Be-reich der Gebäude eingreifen kann. Dies betrifft

• die Kommune als Akteur; • die Ermöglichung gebäudeübergreifender Ko-

operation im Rahmen von Quartierssanierun-gen und

• die Etablierung von Sanierungsstandards und Qualitätssicherungssystemen als methodi-schem Hebel, um die Sanierungstiefe und Aus-führungsqualität zu steigern.

Hierfür werden folgende konkrete Maßnahmen in Zusammenhang mit der kommunalen Fördersäule der NKI vorgeschlagen:

• eine Bund-Länder-Kooperation mit interes-sierten Bundesländern zur Entwicklung und

Implementierung von Rahmenbedingun-gen für einen ambitionierten kommuna-len Qualitätsstandard, • die Förderung der Landkreise und kreisfreien Städte zur Etablierung des Qualitätsstandards in der Region (Initiierung des Dialogs, Aufbau von Schu-lungen, Firmenverzeichnissen und Netz-werken sowie die laufende Betreuung, Marketing und Qualitätssicherung), • die Förderung von Energie-Quartiersmoderatoren (extern und verwal-tungsintern) und Informationstätigkeit für Quartierssanierung und einen Förderbo-nus für objektübergreifende Heizungs-

austausch-, Sanierungs- und Beratungsak-tivitäten im Rahmen der bestehenden Förder-programme sowie eines Beratungsbonus bei objektübergreifenden Maßnahmen.

Die untersuchte Nettokaltmieten-Förderung ist in der Lage, das aus Sicht der Vermieter wirtschaftli-che Potenzial der umfassenden energetischen Gebäudemodernisierung hin zu schwer erreichba-ren Mietwohnbeständen im unteren Mietpreisseg-ment zu verschieben sowie das erschließbare Po-tenzial der energetischen Gebäudesanierung zu steigern.

Deutlich ist aber auch, dass bei einer Anpassung der Förderarchitektur weitere zielgruppenspezifi-

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sche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Re-levant sind etwa der Grad an Institutionalisierung und Professionalität der Eigentümer, differenziert nach Selbstnutzern, privaten und institutionelle Vermietern sowie Hauseigentümergemeinschaf-ten. Hier bedarf es umfangreicher Untersuchun-gen, um die Zielgruppen und ihre Investitionsent-scheidungen besser qualifizieren und quantifizie-ren zu können.

6.3 Energieberatung. Energieberatungen gehören in Deutschland zu den etablierten Instrumenten zur Hebung von Effizienzpotenzialen. Speziell für das Themenfeld Gebäude gibt es in Deutschland schon ein sehr umfangreiches Beratungsangebot. Optimierungsmöglichkeiten bestehen hier in der Weiterführung der Qualitätssicherung sowie der Stärkung der Transparenz verschiedener Ange-botsformen. Auch die Umsetzungsbegleitung sollte noch gestärkt werden.

Zu stärken sind in Zusammenarbeit mit den für Energieberatung- und Bauförderprogramme zu-ständigen Ressorts innovative neue Strukturen im Themenfeld Beratung, beispielsweise pro-aktivere sowie sparten- und akteursübergreifende Bera-tungsansätze (wie die Beratung von Neubürgern, Gewerbepark-Energie-Manager, Beratungspro-gramme bei Immobilienerwerb oder Coaching von Planungsbüros). Insbesondere die ersten drei Aspekte bieten auch neue Ansatzpunkte für Kommunen.

6.4 Einzelhandel. Im Einzelhandel existiert ein mittelfristig wirtschaftlich realisierbares Energieein-sparpotenzial von etwa einem Viertel des End-energieverbrauchs bzw. etwa 8,8 TWh/a. Insbe-sondere bei den KMU des Einzelhandels herrscht jedoch die geringste Aktivität im Vergleich zu KMU anderer Branchen vor. Wichtig ist daher, das Know-How zu Energieeffi-zienzmaßnahmen in den KMU zu verstärken und die Beschäftigung mit dem Thema Energieeffizienz zu verstetigen.

Eine Förderung zur Re-duktion des Transaktions-aufwandes zur Einführung eines Energiemanage-ments insbesondere für KMU befördert das Know-How zu Energieeffizienz-maßnahmen im Einzel-handel und öffnet die Tür zur Umsetzung der wirt-schaftlichen Maßnahmen. Darüber hinaus könnte über die existierenden

Förderinstrumente die regelmäßige Auseinander-setzung mit dem Thema belohnt werden. So könn-ten im Rahmen der Breitenförderung Bonus-Konzepte gestaltet werden, die die regelmäßige Beschäftigung mit dem Thema Energieeffizienz mit verbesserten Förderbedingungen honorieren.

Innerhalb der NKI könnte ein Förderschwerpunkt für Null-Emissionsmärkte entwickelt werden. Ins-besondere Elektro- und Heimwerkermärkte weisen ein hohes Multiplikatorpotenzial auf, da Verbrau-cherinnen und Verbraucher hier die für ihren häus-lichen Energieverbrauch wesentlichen Produkte erwerben.

6.5 Abwärme. Hohes Einsparpotenzial existiert im Bereich der industriellen Abwärmenutzung, aber verschiedene zielgruppen- und technikspezifische Hemmnisse behindern die Nutzung.

Beispiel: Industrielle Abwärme

Prozesswärme wird in den verschiedensten Produktions-abläufen in der Industrie benötigt. Der kumulierte End-energieeinsatz liegt mit gut 1600 PJ bei zwei Dritteln des gesamten Energieaufwands der deutschen Industrie. Viel zu häufig entweicht dabei entstehende Abwärme noch ungenutzt. Mindestens 12 % des gesamten industriellen Endenergiebedarfs könnten in Prozessen auf hohem Temperaturniveau (über 140°C) und weitere 6 % auf niedrigem Temperaturniveau (60-140°C) genutzt werden – wenn die entsprechenden Maßnahmen ergriffen wer-den. Diese lohnen sich in der Regel nicht nur ökologisch und volkswirtschaftlich, sondern auch betriebswirtschaft-lich. Allerdings bestehen verschiedene zielgruppen- und technikspezifische Hemmnisse, die im Rahmen dieser Studie erhoben und systematisiert wurden. Angesichts der Hemmnisse reichen die derzeitigen Rahmenbedin-gungen und die Aktivitäten der Selbstorganisation der Wirtschaft für eine deutlich verbesserte Abwärmenutzung nicht aus. Dennoch ist das Themenfeld Abwärme bislang kaum instrumentell abgedeckt.

Im Rahmen des Projektes wurde daher ein Maßnahmen-

Abbildung: Förderliche Rahmenbedingungen für Abwärmenutzung - ein Vorschlag

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bündel für den Bereich industrielle Abwärme entwickelt und in einem Workshop besprochen, das auf Förderung, technischen Standards, Information, beruflicher Fortbil-dung, Selbstinitiative der Unternehmen und ihrer Wirt-schaftsverbände sowie Forschung und Entwicklung be-ruht. Innerhalb der NKI sollte die Abwärmenutzung als zentrales Thema in die Projekte zum Energiemanage-ment/Informationsprojekte integriert werden, u. a. durch Investitionsberechnungshilfen, eine internetgestützte Abwärmebörse, leitfadengestützte Wärmenutzungskon-zepte und eine Kampagne zur Angabe von Lebenszyk-luskosten seitens der Hersteller und beratenden Ingeni-eure zur Verbesserung der betrieblichen Einkaufsrouti-nen.

Außerhalb der NKI ist u. a. die Ausarbeitung einer Ab-wärmenutzungsverordnung zu prüfen, die im Kern von Unternehmen mit hohen Abwärmeströmen eine Selbst-auskunft (Wärmenutzungskonzept) verlangt. Hinzu kommt die Verpflichtung, bei Überschreitung bestimmter Wärmemengen bei gegebenen Temperaturniveaus be-stimmte Maßnahmen der Wärmenutzung zu ergreifen, z. B. an Dritte abzugeben. Ebenfalls vorgeschlagen wird ein neuer Paragraph im EEG zur Förderung der Stromer-zeugung aus industrieller Abwärme.

6.6 Nullemissions-Gewerbeparks. Im kommuna-len Kontext wurde ein Förderprogramm für Nulle-missions-Kommunen erarbeitet (siehe 6.10), das kommunale Vorreiter für eine dekarbonisierte Ge-sellschaft etabliert. Dieser Förderbereich kann auch auf gewerblich-industrielle Anwendungen

übertragen wer-den: Die derzei-tigen Rahmen-

bedingungen und die Aktivitäten der Selbstorgani-sation der Wirtschaft reichen nicht aus, eine weit-reichende zusätzliche Reduzierung der CO2-Emissionen in Industrie- und Gewerbeparks anzu-stoßen. Ein wichtiger Aspekt für die Verbesserung der Rahmenbedingungen ist, dass räumlich be-nachbarte Unternehmen gemeinsam im Verbund Maßnahmen initiieren, die zu einer Verringerung der CO2-Emissionen führen, beispielsweise durch gemeinsam genutzte Infrastrukturen (z. B. Abwär-menetze), gemeinsame Information und Beschaf-fung.

Aufbauend auf einer Analyse vorhandener Zero Emission Parks wird vorgeschlagen, eine zukünfti-ge Ausgestaltung eines „Masterplans 100% Klima-schutz: Industrie- und Gewerbeparks“ auf zwei Säulen zu stützen: a) Förderung des Aufbaus einer Geschäftsstelle und Schaffung von Personalstellen für „Berater/Koordinatoren Masterplan 100% Kli-maschutz, b) Förderung investiver, überbetriebli-cher Maßnahmen. Diese Förderung könnte in die kommunale Fördersäule integriert werden.

6.7 Industrielle Querschnittstechnologien ha-ben ein enormes Effizienzpotenzial. Motorsyste-

me beispielsweise tragen mit 70 % zum Stromver-brauch der Industrie bei. Mit modernen IE3-Motoren können Unternehmen hohe Energiekos-teneinsparungen erzielen. Ein großer Anteil der Stromeinsparpotenziale wie z. B. die genauere Auslegung der Motoren und Motoranwendungen, die bedarfsabhängige Steuerung oder die Einfüh-rung einer Drehzahlregelung ist wirtschaftlich ren-tabel und führt zu – je nach Leistung und Jahres-nutzungsstunden – Netto-Erlösen von 5 bis 10 € je eingesparte MWh Strom. Dennoch werden die Maßnahmen oft nur verzögert oder gar nicht um-gesetzt. Dies ist durch verschiedene Hemmnisse bedingt, u. a. eine statische Amortisationszeit für die Differenzkosten für einen IE3- gegenüber ei-nem IE2-Motor je nach Motorgröße zwischen 3 und 9 Jahren. Ein Förderprogramm für effiziente Elektromoto-ren im Rahmen der NKI oder des Effizienzfonds muss auf der einen Seite den bereits bestehenden Politikmaßnahmen im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie Rechnung tragen, auf der anderen Seite zielgerichtet die oben genannt ökonomischen und nicht-ökonomischen Hemmnisse angehen. Daher basiert das in dieser Studie entwickelte Förderkon-zept auf verschiedenen Säulen:

Neben ordnungsrechtlichen Maßnahmen zum Verbot ineffizienter Motoren gemäß Ökodesign-Richtlinie wird eine kurzfristige finanzielle Im-puls-Förderung bei der Investition besonders ef-fizienter Komponenten (IE3- (bis 2015/17) bzw. IE4-Motoren), eine Förderung standardisierbarer Motoranwendungen beginnend mit raumlufttech-nischen Anlagen und Druckluftsystemen und eine zeitlich befristete Abwrackpämie für größere Motoren und Motorsystemen empfohlen. Die fi-nanzielle Förderung sollte mittelfristig ergänzt wer-den durch die Förderung von individuellen Einspar-lösungen nach Durchführung einer Energiebera-tung. Detaillierte Fördervorschläge wurden hierfür ausgearbeitet. Allerdings hat dieses Programm den Charakter eines Breitenprogramms und sollte daher eher im Effizienzfonds verankert sein.

Innerhalb der NKI schafft die Ausweitung der Pilot-Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke, Fortbildungskampagnen über geeignete Fortbil-

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dungsträger und die Erarbeitung von qualitativ hochwertigen Investitionsberechnungshilfen einen besseren Kenntnisstand und angemessene-re Entscheidungsroutinen für das Thema. Dies wird ergänzt durch die Einführung eines Produkt-Labels (in Analogie zu "Intel Inside" – "only high efficiency electrical components inside").

Im Bereich der gewerblichen Kälteanlagen wird eine Ausweitung der Förderung insbesondere auf kleinere Anlagen empfohlen.

6.8 Industrielle Branchentechnologien. Rund die Hälfte des Effizienzpotenzials entfällt auf bran-chenspezifische Technologien in energieintensiven Industriezweigen, beispielsweise der Metallerzeu-gung, der Grundstoffchemie und dem Ernährungs-gewerbe. Neben den allgemeinen energiepoliti-schen Instrumenten für die Industrie, insbesondere der Einführung von Energiemanagementsystemen, könnte ein Bündel an richtungsweisenden Bran-chentechnologien im Rahmen der NKI gefördert werden (Programm Masterplan 100 % Klima-schutz Industrie) und an das jetzige Umweltinno-vationsprogramm anknüpfen, beispielsweise

• Demonstrationsvorhaben in der Metallerzeu-gung (Gichtgasnutzung, Abwärmenutzung an

Elektrolichtbogen-öfen und Sinteran-

lagen, Direktreduk-tionsanlage auf Basis regenerativ erzeugten Wasser-stoffs u. ä.) oder spezifische F&E-Förderung in der

chemischen Grundstoffindustrie

(zur Nutzung des Prozess-CO2, zur Herstellung von

Chemiegrundstof-fen aus Biomasse, zu energieeffizien-ten Katalysatoren oder zur energeti-schen Optimierung von Trennappara-ten).

• Darüber hinaus sollten be-stehende Förder-programme, wie das Umweltinnova-tionsprogramm des BMU oder die För-

derung von Klimaschutzmaßnahmen an ge-werblichen Kälteanlagen, stärker bekannt ge-macht werden und nach Möglichkeit unter einer gemeinsamen „Marke“ (z. B. Nullemissions-Gewerbe) vermarktet werden.

6.9 Abfall und Abwasser. Abfall- und Abwasser-wirtschaft werden in Deutschland grundsätzlich durch die öffentliche Hand organisiert, da die Grundziele beider Bereiche in der Entsorgungssi-cherheit liegen. In beiden Bereichen sind aber zu-nehmend auch die Aspekte Ressourcenschonung und Klimaschutz in den Fokus gerückt. Für folgen-de Maßnahmenfelder wurde in dieser Studie Handlungsbedarf identifiziert: Sinnvoll wäre die Er-schließung bislang ungenutzter Grünabfälle und Landschaftspflegereste; ein Förderprogramm für Energie- und klimaeffiziente Müllverbrennungs-anlagen, ein Optimierungsprogramm für Kläran-lagen, sowie ein Programm, welches die Prüfung und Planung von wirtschaftlich sinnvoller Abwas-serabwärmenutzung im Rahmen der Wärmepla-nung anreizt. Letzteres wurde in die Teilkonzept-förderung der kommunalen Fördersäule der NKI aufgenommen.

Säule Laufzeit Förder-kosten (Mio. €)

Förderung Förder-effizienz (€/t CO2)

CO2- Minderung

(Mt)*

Weitere Effekte

1. Einzelmotoren-förderung/ Abwrackprämie

2 Jahre für IE3,

mindestens 5 Jahre für IE4 bzw. IE3 mit Drehzahl-regelung

172 Kleine Motoren bis 55 kW: 5-10 % (Bonus bei Drehzahlregelung). Große Motoren 55-200 kW: Ab-wrackprämie 5 €/kW

24 7,1 Vorzeitige Markttransformation: 4,1 Mt CO2

2. Standardisierbare Gesamtsysteme

RLT-Anlagen (Effizienzkl. A+, mind. IE3-Motor, max. SFP 3)

5 Jahre 200 0,3 € je m3/h oder 10 % Netto-Investkosten

20 10 Vorzeitige Markttransformation

Druckluft (10 % Bestgeräte nach Benchmark, mind. IE3-Motor, Abwärmenutzung)

5 Jahre 46 70 € je kW 16 3,8

3. Informations/Aus/ Fortbildungssäule, Teststände und -verfahren

4 Jahre 15 bis 20

- - Flankierung der Förder-programme

wirkt auch für alle Energieeffizienz-Investitionen

4. Förderung von derzeit nicht standardisierten Gesamtsystemen

Mittelfristig realisierbares Programm: Erst Anlagencheck, dann Investitionszuschuss (analog Kälteprogramm)

Total zwischen 2 und 5 Jahren

435 21 21

Kumuliert über Lebensdauer.

Tabelle: Fördervorschlag Elektromotoren und -systeme

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6.10 Nullemissions-kommune. An einem Prozess einer weitge-henden Dekarbonisie-rung müssen die Kommunen aller Grö-ßenordnungen teilha-ben. Kommunen sind letztlich auch Ort der Emissionsentstehung. Im Rahmen dieser Studie wurde eine Fördersäule Master-plan 100 % Klima-schutz Kommunen“ entwickelt, die ausge-wählte Kommunen bei der Entwicklung von besonders ambitionier-ten kommunalen Kli-maschutzkonzepten (100% Klimaschutz) unterstützt mit dem langfristigen Ziel, bis 2050 nahezu sämtliche CO2-Emissionen einzusparen. Gefördert werden die gutachterliche Erstellung und Umsetzung eines Masterplans, ein Klimaschutzmanager und die Durchführung einer ausgewählten Klimaschutz-maßnahme. Der Vorschlag wurde inzwischen in ähnlicher Form umgesetzt.

Beispiel: Masterplan 100 % Klimaschutz in Kommu-nen

Die Idee „Null-Emission“ bzw. „Zero-Emission“ gibt es be-reits seit längerem in verschiedenen Bereichen. Im Rah-men dieses Forschungsprojekts wurde ein Vorschlag zur Förderung ausgewählter Städte bei der Entwicklung und Umsetzung besonders ambitionierter kommunaler Klima-schutzkonzepte entwickelt. Dieser wurde inzwischen auf-gegriffen und mit dem Titel „Masterplan 100 % Klima-schutz“ umgesetzt. Ausgewählte Städte verschiedener Größenklassen werden für die Erstellung eines kommu-nalen Masterplans 100 % Klimaschutz und dessen an-schließende institutionelle Umsetzung über einen Zeit-raum von bis zu vier Jahren gefördert.

Der Grundgedanke der Null-Emissions-Strategie zielt auf eine maximale Effizienzsteigerung, auf die Schließung von Energie-, Finanz- und Stoffkreisläufen und auf die maximale Nutzung erneuerbarer Energien und weiterer Rohstoffquellen vor Ort. Im Rahmen dieses Projektes wurde gemeinsam mit weiteren Akteuren das Konzept der Nullemissionskommune weiterentwickelt.

In ihrer umfassendsten Form ist die Null-Emissions-Kommune dadurch gekennzeichnet, dass das Ziel einer Minderung der Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um 95 % gegenüber einem festzulegenden Bezugsjahr inner-halb der politischen Gemarkung auf der Grundlage eines entsprechenden politischen Beschlusses der Kommune verfolgt wird.

Dieser Prozess zeichnet sich aus durch die Einführung eines systematischen Prozessmanagements zur Imple-mentierung langfristig ökologisch und ökonomisch sinn-voller Maßnahmen.

Zusätzlich zu dem Ziel einer Reduktion der Treibhaus-gasemissionen um 95 % bis 2050 sind maßnahmenbe-zogene Zwischenziele sowie ein endenergiebezogener Zielpfad festzulegen, um sicherzustellen, dass der Ver-besserung der Energieeffizienz und -einsparung eine zentrale Bedeutung bei allen Emissionsminderungsstra-tegien zukommt. Im Rahmen des für die Zielerreichung erforderlichen umfassenden Strukturwandels werden re-gionale Kreislaufwirtschaftsprozesse angeregt, Innovati-onen geschaffen, Organisations- und langfristige Ma-nagementprozesse im Sinne eines systemisch angeleg-ten Stoffstrommanagements in Gang gesetzt und durch die Optimierung der regionalen Energie-, Finanz- und Stoffströme Wertschöpfung in der Region generiert. Da-mit wird insbesondere der regionale Mittelstand als ein bedeutender Träger von Innovationen gefördert.

Abbildung: Zentrale Akteure des Masterplans 100 % Kli-maschutz

Bei der Verfolgung der Null-Emissions-Strategie werden die Akteure in den Kommunen soweit wie möglich die energie- und klimaschutzpolitischen Maßnahmen auf übergeordneter staatlicher Ebene nutzen, gleichzeitig

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Minderungspfad EndenergieMinderungspfad Emissionen

Ziele:THG: -95%

Endenergie: -50%

Bau eines Nahwärmenetzes mit industrieller Abwärme

Umstellung auf LED-Straßenbeleuchtung

Abbildung: Ziel und Minderungspfade eines Masterplans 100% Klimaschutz

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aber alle in ihrem eigenen Kompetenzbereich liegenden Maßnahmen einsetzen, um zur angestrebten Minderung der wichtigsten Treibhausgase (CO2, CH4 und N2O) in den von der Kommune beeinflussbaren Bereichen, öf-fentliche Einrichtungen, Gewerbe, Handel, Dienstleistun-gen, private Haushalte und Verkehr, beizutragen. Soweit sinnvoll, ist aber auch die Industrie in die Bilanzierung zu integrieren und bei der Maßnahmenentwicklung und -umsetzung zu berücksichtigen.

6.11 Wärmenutzungspläne. In Dänemark haben sich flächendeckend seit über 30 Jahren Wärme-nutzungskonzepte als Planungsinstrument in Kommunen etabliert. In Deutschland dagegen existieren bis heute kaum Kommunen, die solche Konzepte entwickeln oder fortschreiben. Es fehlt sowohl an fachlichem Know-How als auch den fi-nanziellen Mitteln. Ein großes ökologisches und ökonomisches Potenzial könnte durch eine solche Planungsgrundlage gehoben werden.

Derzeit wird im Rahmen der europäischen Effi-zienzrichtlinie eine Verpflichtung geprüft, nationale Wärme- und Kältepläne zu erstellen und auf regio-nale Planungsebenen herunterzubrechen.

Eine Förderung von Erstellung und kontinuierlicher Weiterentwicklung von Wärmenutzungsplänen für Kommunen wurde vorgeschlagen und bereits in die Kommunale Fördersäule integriert.

6.12 Verlagerung des motorisierten innerörtli-chen Verkehrs. Auch auf kurzen Strecken (bis zu 5 km) wird oft der private Pkw genutzt. Die alterna-tive Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltver-bundes würde die Treibhausgasemissionen redu-zieren. Die vorgeschlagenen Bausteine sollen die vorhandenen Maßnahmen und Instrumente ergän-zen bzw. erweitern. Die Umsetzung sollte an eine Wirkungsanalyse gekoppelt sein. Darüber hinaus sollten die Maßnahmen vor Ort in einen Gesamt-rahmen eingeordnet sein, der Push- und Pull-Maßnahmen in Kombination enthält. Für die NKI wird ein Gesamtpaket „Verlage-rung des innerörtlichen Verkehrs“ vor-geschlagen, das in die Kommunalsäule der NKI integriert werden kann. Mögli-che Komponenten sind die Förderung für den Aufbau einer „Fußverkehrsaka-demie“ nach dem Vorbild der bestehen-den „Fahrradakademie“; die Ausweitung von Flächen mit Vorrang für Fußgänger durch ein Förderprogramm „Begeg-nungszonen“; einen Fördertatbestand „Radverkehrsentwicklungspläne für ländliche Kreise“ und die Umsetzung von Maßnahmen aus Radverkehrsent-wicklungsplänen; die Fortführung der Hybridbusförderung und Ausweitung auf weitere Antriebskonzepte (z. B. O-Busse); die Freistellung von Flä-

chen für die ausschließliche Car-Sharing-Nutzung und eine innovative Verknüpfung des Umweltver-bundes durch ein Förderprogramm „Mobilpunkte“; ein Ideenwettbewerb zur innovativen Förderung des Umweltverbundes; die Stärkung der multimo-dalen Mobilitätskompetenz bei Jugendlichen durch ein Förderprogramm „Umweltfreundliche Fahr-schulen“.

Außerhalb der NKI sollte im Fußverkehr eine nati-onale Strategie bzw. ein Leitbild entwickelt werden. Die Ausweisung von öffentlichen Flächen für die ausschließliche Car-Sharing-Nutzung sollte verein-facht werden. Es sollten Anreize gesetzt werden, damit Kommunen ihre Verkehrshaushalte differen-ziert nach Verkehrsträgern bzw. Verkehrsmittel aufstellen.

6.13 Innovations-/Kleinserienförderung. Zahlrei-che klimaschonende Technologien – sowohl Effizi-enz-Technologien wie auch Technologien der re-generativen Strom- und Wärmebereitstellung – be-finden sich momentan in einer vergleichsweise frühen Phase der Marktentwicklung. Dabei ist auf-fällig, dass es im Innovationssystem Deutschlands zwar ausgeprägte Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten gibt, dass der Schritt von einem kleinse-rienreifen Produkt bis hin zu einer breiten Marktdif-fusion für viele Firmen schwierig ist – hier gibt es eine Lücke im Innovationssystem.

Bei der Produktion dieser innovativen Produkte können noch keine Skaleneffekte realisiert werden und viele fallen durch das Förderraster. Beispiele: Neue Vakuumdämmungselemente, Brennstoffzel-len-Hausheizungen, Solarziegel, konzentrierende Kollektorsysteme für haustechnische Anwendun-gen, Kleinwindanlagen.

Im Rahmen des Projektes wurde daher ein Klein-serien-Förderprogramm für klimaschonende Tech-

Abbildung: Fördereinrichtungen für Innovationsprozesse

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nologien entwickelt. Mit dem Konzept der Kleinse-rienförderung wird versucht, die Lücke zwischen Forschungsförderung und Förderung von Serien-produkten zu schließen.

Im Kern besteht das Förderverfahren aus einer Endkundenförderung (analog zum Marktanreizpro-gramm). Die im ersten Schritt des Verfahrens von Unternehmen eingereichte Innovation wird von ei-nem anonymen Expertengremium evaluiert. Die Evaluation erfolgt mittels Punktevergabe ähnlich dem Prozess bei der Vergabe von Forschungsmit-teln. Bei positivem Bescheid kann in einem zwei-ten Schritt der Endkunde die Förderung beantra-gen.

6.14 Wettbewerbliche Förderung von Förde-rung: Programmförderung für Kommunen. Das Ziel der sog. Programmförderung ist es, Kommu-nen mittels einer Ausschreibung einen Anreiz zu bieten, Effizienzpotenziale zu erkunden und Maß-nahmen und Programme zu entwickeln, um diese zu erschließen. Eingereicht wird ein Programm-konzept, welches das geplante Förderprogramm, Zielgruppe, Wirksamkeit, Begründung etc. be-schreibt. Es müssen Angaben zu Kosten und an-

gesprochenen Potenzialen des Förderprogramms gemacht werden.

Die kommunalen Förderprogramme sollen eine Ergänzung zur bestehenden Förderung sein und kreative, innovative Ideen aufgreifen, die nicht in die bisher bestehende Förderstruktur passen. Mit dem kommunalen Förderprogramm werden Maß-nahmen gefördert, die sonst aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit oder fehlender Information nicht umgesetzt werden würden. Dabei können finanzi-elle Beiträge für energieeffiziente Anwendungen mit Informations- und Beratungsleistungen kombi-niert werden. Ergänzend können Maßnahmen zum Abbau von strukturellen, organisatorischen und rechtlichen Hemmnissen enthalten sein.

Die entscheidenden Kriterien für die Vergabe der Fördergelder sind nach dem Vorbild des Schwei-zer Effizienzfonds die Kostenwirksamkeit des Pro-grammes, d.h. der Aufwand an Fördergeldern je eingesparte kWh, und die Zusätzlichkeit. Es dürfen max. 40 % der Programmkosten beantragt werden. Höhere Fördersätze könnten für Kommunen mit Haushaltssicherungsverfahren oder Nothaushalt festgelegt werden.

Empfehlungen für die NKI

Die untersuchten Förderfelder und -mechanismen wurden nach den oben abgeleiteten Maßstäben (Förderung sozialer, institutioneller und techni-scher Innovationen, Schließung der Lücke zwi-schen FuE und Breitenförderung, Stärkung der die Innovationskraft von Akteuren) und Kriterien be-wertet. Folgende neue Komponenten der NKI werden vorgeschlagen:

Komponente 1: Ausweitung vorhandener Pro-gramme:

• Wiederaufnahme der Förderung von Mini-KWK (bis 20 kWel),

• Weiterführung und Ausdehnung des Kältean-lagen-Programms (kleinere Kälteanlagen und Absorptionskälte; Informationskampagne),

• Weiterführung und Ausweitung der Strom-sparchecks, Ergänzung um finanzielle Förde-rung für höchsteffiziente Geräte (inkl. Abwra-ckung) in einkommensschwachen Haushalten

Komponente 2: Ausweitung Fördersäule „Master-plan 100% Klimaschutz“

• Masterplan 100 % Klimaschutz: Kommunen (bereits umgesetzt),

• Masterplan 100% Klimaschutz: Gewerbeparks (Null-Emissions-Industrie-/Gewerbeparks)

• Masterplan 100% Klimaschutz: Handel (Null-Emissions-Einzelhandel),

• Masterplan 100% Klimaschutz: Industrie (Branchentechnologien).

Komponente 3: Erweiterung der kommunalen Förderung ergänzend zur bisherigen Förderung

• Quartiersmanager und Quartierssanierung,

• Wettbewerbliche Förderung von Förderung,

• Förderung im Bereich Abfall und Abwasser nach Nachweis einer Mindesteinsparung (z. B. hocheffiziente Müllverbrennungsanlagen),

• Maßnahmen zur Verlagerung des motorisier-ten innerörtlichen Verkehrs.

Komponente 4: Innovationsförderung

• Kleinserienförderung

Für die vorgeschlagenen Fördermaßnahmen ist je nach konkreter Ausgestaltung ein zusätzlicher jährlicher Mittelbedarf von zwischen 160 Mio. Euro und 270 Mio. Euro zu veranschlagen. Der Mittel-bedarf entsteht allerdings mit einer Anlaufphase in den Jahren 2012 bis 2014, denn manche der Pro-gramme müssten vorbereitet werden und könnten erst nach etwa drei Jahren ihren vollen Finanzbe-darf abrufen.

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Zusammenfassung und qualitative Bewertung der einzelnen Fördervorschläge (+ positiv, o mit-tel/neutral – kein wesentlicher Beitrag zum jeweiligen Kriterium)

Kap

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6.2 Nettokaltmietenabhängige Gebäudeförderung + - + + + + -

Anzuwenden auf vorhandene Gebäudeförderung

6.2 Quartiersmanager + + + + + In Kommunalsäule integrierbar

6.2 Förderbonus für objektübergrei-fende Heizungsaustausch-, Sanierungsaktivitäten

+ + + + + + - In MAP und KfW-Programm in-tegrieren

6.2 Bund-Länder-Kooperation Klima-schutz + + -

Nicht im Rahmen NKI

6.2 Förderung Landkreise und kreis-freien Städte zur Etablierung von Sanierungsstandards

+ + +

6.3 Energieberatung für Neubürger + + + + o In Kommunalsäule integrierbar

6.3 Coaching für Energieberater + + + +

6.4 Weiterführung Pilotnetzwerke + + + + o +

6.4 Null-Emissions-Einzelhandel + + + + - +

6.5 Demovorhaben Abwärme + + o - +

6.5 Wärmenetze für Abwärme + + + - In MAP integrierbar

6.5 Abwärmebörse + + + o In Kommunalsäule integrierbar

6.6 Null-Emissions-Gewerbeparks + + + + In Kommunalsäule integrierbar

6.7 Multiplikatorenkonzept + + + + + o +

6.8 Informationskampagne Wirtschaftlichkeitsrechnung + o + +

Durch Anwenderverbände

6.9 Effiziente MVA + - + + + + In Masterplan Klimaschutz In-dustrie integrierbar

6.9 Erschließung Grünabfälle und Landschaftspflegereste o + + + - -

6.9 Optimierung Kläranlagen + o + + - + In Masterplan Klimaschutz In-dustrie integrierbar

6.9 Abwasserwärmenutzung Kanalisation o o + + -

In MAP integrierbar

6.10 Null-Emissions-Kommune + + + + o + Schon umgesetzt

6.11 Förderung Wärmenutzungspläne + + + + + + Schon umgesetzt

6.12 Fußverkehrsakademie + + + + + + In Kommunalsäule integrierbar als Gesamtpaket

6.12 Förderprogramm Begegnungs-zone + + + + + +

6.12 Klimafreundliche Fahrschule + + + + + 6.12 Förderung Radverkehrspläne + + + + + + 6.12 Einrichtung von Mobilpunkten + + + + 6.12 Innovative Buskonzepte + o + + + o -

6.12 Wettbewerb Umweltverbund + + + o o +

6.13 Kleinserienförderung + + + + - +

6.14 Förderung von Förderung + + + + o + In Kommunalsäule integrierbar

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Tabelle: Geschätzte Kosten der vorgeschlagenen neuen Fördermaßnahmen

Kap

itel Kosten des

Förderprogramms Mio. Euro p.a.

Bemerkungen

Fortsetzung und Ausweitung vorhandener Programme (Vorschläge aus anderen Projekten)

Weiterführung Mini-KWK Programm 30 – 40 Mittelweiterführung von 2009, ggf. mit Anpassung der Förderkriterien

Weiterführung Kälteanlagen-Programm Deutliche Ausweitung auf langfristig 30 – 90

Siehe Ausarbeitungen im Rahmen von ISE et al. (2011)

Weiterführung Stromsparchecks Checks: 10

Geräteprogramm: 7 – 20

Ausweitung für flächendeckende Be-ratung und Gutscheinen für hocheff. Geräte.

6.4 Weiterführung Energieeffizienz- und Klima-schutz-Netzwerke 10 Aufteilung siehe Kapitel 5.2.3

Fördersäule „Masterplan 100% Klimaschutz“

6.10 Masterplan O-Emissionskommune Bereits in bestehender Richtlinie in-tegriert

6.4 0-Emissions-Gewerbemärkte 3,3 Jahresdurchschnitt über 3 Förderjahre 6.6 0-Emissions-Gewerbepark 2,4 Jahresdurchschnitt über 5 Jahre (zwei

Anlaufjahre, drei Förderjahre)

6.8 Weiterführung und Werbung für vorhandene Innovationsprogramme (z. B. UIP) Bereits bestehendes Programm

6.8 Kampagne Lebenszykluskosten 0,5 Über drei Jahre Erweiterung der kommunalen Förderung 6.2 Quartiersmanager 4 12 Mio. Euro über drei Jahre 6.14 Förderung von Förderung 30 – 50 50 Kommunen mit jeweils 1 Mio. €/a

6.9 Investitionsförderung Optimierung Abfall und Abwasser 5

Verlagerung motorisierter innerörtlicher Ver-kehr

6.12 Fußverkehrsakademie 1 6.12 Förderprogramm Begegnungszone 4 6.12 Radverkehrsentwicklungspläne 3,2 6.12 Car-Sharing-Flächen und Mobilpunkte 2 6.12 Ideenwettbewerb Umweltverbund 5

6.12 Förderprogramm „Umweltfreundliche Fahrschule“ 0,3

Innovationsförderung 6.13 Innovations-/Kleinserienförderung 10 – 15 6.12 Innovative Buskonzepte 5 mgl. Ausweitung auf O-Bus u. a.

Summe Rd. 157 bis rd. 270

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Tabelle: Empfehlungen des Projektes, die bereits umgesetzt wurden, Stand August 2011

Themenfelder Bemerkung

Förderung der Erstellung von Wärmenutzungskonzepten In Kommunalrichtlinie umgesetzt Förderung von Teilkonzepten Klimafreundliche Abwasserbe-handlung

In Kommunalrichtlinie 2011 umgesetzt

Förderung von Teilkonzepten Klimafreundliche Abfallentsor-gung

In Kommunalrichtlinie 2011 umgesetzt

Förderung von Teilkonzepten Optimierung von MVAs In Kommunalrichtlinie 2011 umgesetzt Anpassung der Effizienzanforderungen der geförderten Stromtechnologien

In Kommunalrichtlinie 2011 umgesetzt

Förderung von Teilkonzepten Energieeffizienz in der Trink-wasserversorgung

Implementierung voraussichtlich in Kommunalrichtlinie 2012

Wärmenetze für Abwärme Ausweitung der MAP-Wärmenetzförderung

Nullemissionskommune Als Masterplan 100 % Klimaschutz in Kommunalrichtlinie umgesetzt

Bund-Länder-Kooperation Organisation Bund-Länder-Arbeitskreis Innovations-/Kleinserienförderung Umsetzung geplant

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DIE BMU KLIMASCHUTZ-INITIATIVE

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