Ländliche Räume, regionale Vielfalt

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Ländliche Räume, regionale Vielfalt Wie gestalten wir die Zukunft?

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Das Verhältnis von Stadt und Land gerät aus dem Gleichgewicht. Hauptursache ist der demograsche Wandel. Nach neuen Prognosen wird die Einwohnerzahl Deutschlands trotz Zuwanderung bis 2060um zwöl bis 17 Millionen Einwohner sinken. Vor allem in den ländlichen Regionen wird die Bevölkerung kontinuierlich abwandern. Eine solche Entwicklung wollen wir von der CDU/CSU-Bundestagsraktion nicht. Ein starkes Deutschland brauchtstarke ländliche Räume.Diese Broschüre enthält 105 konkrete Vorschläge zur Stärkungdes ländlichen Raums erarbeiten konnten. Mitglieder der Arbeitsgruppe unserer Fraktion vertiefen sich in einzelne Aspekte des Themas.

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Ländliche Räume, regionale Vielfalt Wie gestalten wir die Zukunft?

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Ländliche Räume, regionale Vielfalt Wie gestalten wir die Zukunft?

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VorwortEin starkes Deutschland braucht starke ländliche Räume

Deutschland ist ein Land der Regionen. Unser Land wird nicht von einer Metropole oder einem bestimmten Land-strich geprägt. Stadt und Land ergänzen sich. Von den 3,5 Millionen Betrieben ist zum Beispiel die Mehrzahl in

den Gemeinden und mittleren Städten behei-matet. Diese Vielfalt hat Deutschland gut getan. Sie ist ein Grund für die Stärke Deutschlands. Unsere Bürger fanden nahezu überall annä-hernd die gleichen Lebensbedingungen vor. Nicht nur in der Stadt, auch auf dem Land wurde unser Wohlstand erwirtschaftet.

Das Verhältnis von Stadt und Land gerät jedoch zunehmend aus dem Gleichgewicht. Die Haupt ursache ist der demografische Wandel. Nach neuen Prognosen wird die Einwohner-zahl Deutschlands trotz Zuwanderung bis 2060 um zwölf bis 17 Millionen Einwohner sinken. Vor allem in den ländlichen Regionen wird die Bevölkerung kontinuierlich zurück gehen. Der Trend zur Abwanderung in die Großstädte scheint sich noch zu verstärken. Es droht eine

Spirale, wonach Abwanderung immer neue Abwanderung nach sich ziehen könnte, weil sich die Chancen in den ländlichen Räumen immer weiter verschlechtern.

Eine solche Entwicklung wollen wir von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht. Ein starkes Deutschland braucht starke ländliche Räume. Ich freue mich, dass wir gemein-sam mit der FDP in der koalitionsübergreifenden Arbeits-gruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ in den ver-

Volker Kauder MdBVorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

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gangenen Monaten 105 konkrete Vorschläge zur Stärkung des ländlichen Raums erarbeiten konnten. Diese wird die Koalition nun möglichst Schritt für Schritt umsetzen.

In dieser Broschüre werden die Mitglieder der Arbeits-gruppe unserer Fraktion einzelne Aspekte des Themas vertiefen. Dafür, aber natürlich vor allem für die geleis-tete Arbeit in der Arbeitsgruppe, möchte ich mich herzlich bedanken. Mein besonderer Dank gilt dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe, Ingbert Liebing.

Ein Schlüssel für starke ländliche Räume ist eine moderne Infrastruktur. Dort muss es wie in den Großstädten das schnelle Internet geben. Nur mit optimalen Kommunika-tionsmöglichkeiten können Unternehmen in der globa-lisierten Welt bestehen. Unser Mittelstand – auch gerade die Unternehmen, die im ländlichen Raum ihre Heimat haben – spielt auf allen Weltmärkten eine hervorragende Rolle. Wir müssen die Bedingungen schaffen, dass die Unternehmen diese Position auch in der Zukunft halten können. Auch die Straßen und Bahnlinien dürfen im ländlichen Raum nicht verlottern. Die Menschen müssen möglichst rasch zu ihren Arbeitsstätten kommen kön-nen. Und natürlich muss auch die medizinische Versor-gung gewährleistet sein. Dazu bedarf es immer neuer Ideen und Anstrengungen. Wir brauchen die Landärzte und Landapotheker weiter. Wir müssen den jungen Medi-zinern und Pharmazeuten aber auch Arbeitsbedingungen schaffen, damit sie sich für das Land entscheiden.

Wir sind längst nicht am Ende der Debatte. Aber eines können wir versprechen: Die CDU/CSU-Bundestags-fraktion wird auch in den nächsten Jahren darauf achten, dass das Land nicht abgehängt wird.

Infrastruktur und medizinische Versorgung weiter verbessern

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Inhalt

VorwortVolker Kauder

Das Landleben zukunftsfest machenIngbert Liebing

Neue Energie fürs LandReinhard Sager

Mobilität als WachstumsmotorEckhardt Rehberg

Schnelles Internet für alle Karl Holmeier

Landwirtschaft – Motor und Rückgrat des ländlichen RaumesMagdalena Zelder

Lust auf LandMarlene Mortler

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Landarzt ade? Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann

Leben und Arbeiten auf dem Land Max Straubinger

Strategien für die Daseinsvorsorge Peter Götz

Anhang

Mitglieder der Arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Antrag: Zukunft für ländliche Räume – Regionale Vielfalt sichern und ausbauen

Impressum

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Das Landleben zukunftsfest machenKoalition setzt ländliche Räume auf bundespolitische Agenda

Unsere Wirtschaft, die Landschaft, unser kultureller Reichtum und unsere Gesellschaft werden in weiten Teilen von unseren ländlichen Regionen geprägt. Die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt auf dem Land. Wir leben in und von unserer regionalen Vielfalt. Das macht unser Land zu einem Erfolgsmodell in Europa.

Als christlich-liberale Koalition ist es unser erklärtes Ziel, diese Gleichwertigkeit, die auch im Grundgesetz angemahnt wird, weiterhin zu ermöglichen. Allerdings stellt uns der demografische Wandel mit sinkenden Geburtenraten und einer alternden Gesellschaft vor neue Herausforderungen, die insbesondere die ländlichen Räume treffen. Deshalb hat die Koalition die Zukunft der

ländlichen Räume nach ganz oben auf die Agenda der Bundespolitik gehoben.

Bereits im Frühjahr 2012 hatten die Koalitions-fraktionen auf die Initiative der Fraktionsvor-sitzenden Volker Kauder und Rainer Brüderle sowie der CSU-Landesgruppenvorsitzenden Gerda Hasselfeldt eine 15-köpfige Arbeits-gruppe eingesetzt. In Workshops prüften und diskutierten Expertengruppen drei Monate lang unterschiedlichste Fragestellungen mit mittelbarem und unmittelbarem Bezug für die Entwicklung und Anpassung ländlicher Räume als attraktive und bedeutende Standorte des Lebens und Arbeitens in Deutschland. Meinen Kollegen und mir gelang es in intensiven Gesprächen mit Experten und Betroffenen,

Ingbert Liebing MdBVorsitzender der Koalitions-arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“

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8 Das Landleben zukunftsfest machen

Entwicklungshemmnisse aufzuspüren, Probleme zu identi fizieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. In dieser Broschüre kommen deshalb neben Abgeordneten der Arbeitsgruppe gleichberechtigt Fachleute des länd-lichen Raumes zu Wort.

Künftige BevölkerungsdynamikVeränderung der Bevölkerungszahl 2005 bis 2030 in Deutschland

Berlin

Frankfurt am Main

�Köln

Hamburg

München�

Datenbasis: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

bis unter –20%

–20% bis unter –10%

–10% bis unter –3%

–3% bis unter 3%

3% bis unter 10%

10% und mehr

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Auf einem Fraktionskongress im Deutschen Bundestag haben wir im Juni vergangenen Jahres gemeinsam öffentlich erste Ergebnisse diskutiert. Kurz darauf haben die Koalitionsfraktionen den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe entgegengenommen. Dieser stellt das Fundament eines Beschlusses dar, den der Deutsche Bundestag im November 2012 verabschiedet hat. Der Beschluss „Zukunft für Ländliche Räume – Regionale Vielfalt sichern und ausbauen“, enthält ins gesamt 105 konkrete Maßnahmen, mit denen wir bestehende Projekte zugunsten der ländlichen Regionen Deutsch-lands bündeln, Maßnahmen beschleunigen und neue Anregungen geben.

Die ländlichen Regionen Deutschlands sind in doppelter Weise vom Bevölkerungsrückgang betroffen. Zum einen wird nach neuen Prognosen die Einwohnerzahl Deutsch-lands trotz Zuwanderung bis zur Mitte des Jahrhunderts um zwölf bis 17 Millionen Einwohner sinken. Das ent-spricht der gesamten Bevölkerung von Nordrhein-West-falen oder aller neuen Bundesländer. Alle weg – men-schenleer.

Zum anderen droht eine regelrechte Landflucht, die das Problem weiter verstärkt. Die jungen Familien, die noch in den 70er und 80er Jahren aufs Land zogen, sind in die Jahre gekommen. Ihre Kinder ziehen in die Städte, wo es die attraktiveren Arbeitsplätze gibt, wo das Leben ins-gesamt als attraktiver empfunden wird. Die ländlichen Räume drohen leer zu laufen.

Besonders spürbar ist diese Entwicklung in den östlichen Bundesländern. In Sachsen verzeichneten Dörfer bei-spielsweise zwischen 2003 und 2008 rund sechs Prozent weniger Einwohner. In den neuen Ländern hat diese Entwicklung früher und heftiger angefangen. Doch im gleichen Zeitraum haben auch die Dörfer im Rhein-Main- Gebiet 3,3 Prozent an Einwohnern verloren.

Bundestag beschließt 105 Maßnahmen für ländlichen Raum

Einwohnerzahl sinkt, Landflucht verstärkt Problem

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Diese Wanderbewegung in die Ballungszentren wird die Abwärtsspirale weiter verstärken, wenn wir nicht gegen-steuern. Und selbst dann wird sich die Entwicklung nicht grundsätzlich umdrehen lassen – aber der Wandel lässt sich gestalten, die Folgen lassen sich abfedern.

Die Probleme in den Dörfern sind schnell umrissen: Weniger Menschen in den Dörfer heißt, dass dem Kauf-mann Kunden fehlen, dem Arzt die Patienten und der Schule der Nachwuchs. Erst schließt die Schule, dann der Kaufmann und die Arztpraxis. Die alten Menschen, die immer älter werden, benötigen Pflege, ihre Kinder sind aber schon längst in die Stadt gezogen. Wer pflegt sie, draußen auf dem Lande? Zudem droht eine „digitale Spaltung“ Deutschlands zwischen städtischen Regionen, die Zugriff auf modernste Technologien haben, und ländlichen Räumen, die abgehängt werden.

Man könnte sagen: Diese Entwicklung lässt sich sowieso nicht aufhalten. Wir brauchen „Abwrackprämien“ für Dörfer, die ohnehin keine Chancen mehr haben. Die Zu-kunft gehört den Städten, den Metropolregionen, den großen Einheiten, man müsse „die Starken stärken“. An-dere, wie die Grünen, sehen in ländlichen Räumen vor-zugsweise den Naturraum. Die ländlichen Räume liefern die Ausgleichsflächen für Entwicklungen in den Metro-polregionen und die nötige Infrastruktur in den Städten. Dies ist nicht die Antwort der Union. Wir wollen Leben und Arbeiten auf dem Lande auch in Zukunft sichern. Für uns sind die ländlichen Räume Wirtschafts- und Arbeitsort im Einklang mit der Natur.

Damit ländliche Regionen nicht leerlaufen und zum Freilichtmuseum verkommen, wollen wir das wirtschaft-liche Potential der Regionen aktivieren. Diese Entwick-lung ist eine Querschnittsaufgabe und betrifft alle Politik-bereiche. Es geht um Landwirtschaft und Tourismus, um die Sicherung der Daseinsvorsorge, von Schulen,

Zentrales Thema ist der flächendeckende Breitbandausbau

Wandel lässt sich gestalten

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Kindergärten sowie sozialen und kulturellen Einrich-tungen in der Fläche, und das auch bei zurückgehender Bevölkerung. Dazu gehört auch eine erreichbare medi-zinische Grundversorgung.

Hierfür ist der flächendeckende Breitbandausbau für schnelles Internet zwingende Voraussetzung. In allen Themen der ländlichen Entwicklung ist die Breitband-versorgung zentral: Telemedizin, e-learning, e-govern-ment, die Energiewirtschaft mit minutengerechter Steuerung von Energieanlagen, eine intelligente Netz-infrastruktur („Smart Grid“), ländlicher Tourismus. Kein Betrieb kann darauf noch verzichten. Für junge Menschen ist der Internetzugang eine kulturelle und kommunikative Grundvoraussetzung und Selbstver-ständlichkeit.

Nur mit dem schnellen Internet, etwa über Glasfaserleitungen, können Unternehmen – speziell der Mittelstand auf dem Land – in der globalisierten Welt bestehen.

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Wir werden und dürfen uns deshalb nicht mit der „Grundversorgung“ von einem Megabit pro Sekunde zufrieden geben. Bereits zehn Prozent mehr Breitband-ausbau schaffen 1,5 Prozent mehr Wirtschaftswachstum. Deshalb sind die Ausbauziele der Bundesregierung, bis 2014 für 75 Prozent und bis 2018 für 100 Prozent der Haushalte Breitbandanschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügbar zu haben, so wichtig. Dafür reichen die bisherigen Instru-

Beispiel Altötting/Mühltal – Verkehrsinfrastruktur sichert Wirtschaftsstandort

Ländliche Region ist wichtiger Exporteur Gerade anhand des von mir vertretenen Bundeswahlkreises Altötting/Mühl dorf am Inn wird deut-lich, wie wichtig eine zeitgemäße und effektive Verkehrsinfrastruktur für die ländlichen Räume ist. Die Region ist sehr stark von der Industrie und dem davon abhängigen Mittelstand geprägt. Allein in meinem Bundeswahlkreis sind 25.000 Beschäftigte direkt und weitere 50.000 Beschäftigte mit-telbar an die chemische Industrie gebunden. Die Firma Wacker Chemie AG beschäftigt rund 10.000 Menschen am Standort Burghausen. Die Exportquote liegt bei 80 Prozent. Für das Jahr 2015 wird mit dem Abtransport von sieben Millionen Tonnen Gütern aus der Region gerechnet.

Ausbau des Straßen- und Schienennetzes nötig Angesichts dieser Prognose ist es in keiner Weise hinnehmbar, dass die Bundesautobahn A 94 die letzte fehlende Erschließungsautobahn im Freistaat Bayern ist, die nicht durchgängig befahren wer-

den kann. Die Schienenstrecke München–Mühldorf–Burghausen ist in der-selben Qualität – eingleisig und nicht elektrifiziert – wie vor 130 Jahren. Mit diesem Zustand kann ich mich nicht abfinden. Deshalb setze ich mich enga-giert für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes in der Region ein.

Stephan Mayer MdBVorsitzender des Arbeitskreises Innen der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag

Mehr Wettbewerb und öffentliche Förderung

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Energiewende schafft Arbeitsplätze auf dem Land

mente erkennbar nicht aus. Mit einem uneingeschränkten Zugang zu Kabelverzweigern und Schaltverteilern haben wir im Bundestag beschlossen, für mehr Wett bewerb im Markt zu sorgen. Mehr als ein Dutzend konkrete Vor-schläge machen deutlich: Dies ist das entscheidende Thema für die Zukunft auf dem Lande.

Dafür brauchen wir eine verstärkte öffentliche Förderung. Deshalb setzen wir uns für ein gemeinsames Infrastruk-turförderprogramm Breitbandausbau für die Kommunen und Telekommunikationsunternehmen gemeinsam mit den Ländern ein. Dies können Zuschüsse zum Schlie-ßen von Wirtschaftlichkeitslücken, Kredite oder Bürg-schaften sein.

Wichtig sind Partner vor Ort, Kommunen, die regionale Wirtschaft oder Bürgergesellschaften. In meinem Wahl-kreis in Nordfriesland sind gerade derartige privatwirt-schaftliche Projekte mit Glasfaserausbau in jedes Haus gestartet. Wenn Bürgermeister oder Gemeindevorsteher von Tür zu Tür gehen und erklären, warum das schnelle Internet wichtig für die Gemeinschaft ist, dann können auch Anschlussraten von über 80 Prozent erreicht werden.

Auch die Energiewende bietet Potenziale für wirtschaft-liches Wachstum. Erneuerbare Energien werden in erster Linie auf dem Lande erzeugt. Arbeitsplätze entstehen zum Betrieb und zur Wartung der Anlagen auf dem Lande. Die zunehmend dezentrale Struktur des Energiesektors bietet so neue Chancen für die länd lichen Regionen.

Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht man, indem die Bürger eingebunden werden. Wir versuchen beispiels-weise gerade, die 380-kV-Leitung von Niebüll nach Bruns-büttel, an der schleswig-holsteinischen Westküste, mit finanzieller Bürgerbeteiligung der Menschen vor Ort als eine solche Bürgerleitung zu projektieren. Dort gibt es sogar schon eine Bürgerinitiative – wohlgemerkt für und nicht gegen den Netzausbau.

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Ein weiteres Hauptanliegen unserer Politik für die länd-lichen Räume ist die Mobilität. Sie ist wichtig für eine älter werdende Bevölkerung, aber auch um den Jugend-lichen eine berufliche Perspektive auf dem Land zu bieten. Wir wollen beispielsweise, dass der Mopedführer-schein mit 15 Jahren in Modellversuchen getestet wird. Der Bund hat dafür die Voraussetzung geschaffen, nun müssen die Länder handeln.

Wir brauchen starke Kommunen als Partner vor Ort – sei es für die Grundversorgung mit kommunalen Praxis-räumen, die an Ärzte – auch in Teilzeit – vermietet wer-den, mit kommunalen Gemeindeschwestern, die Ärzte von anderen Aufgaben entlasten, oder für die Sicherung der sozialen Infrastruktur mit Betreuungsangeboten für Kinder oder für alte Menschen, die auf Hilfe ange-wiesen sind. Aber nicht jede Gemeinde wird jede Form der Daseinsvorsorge alleine anbieten können. Dafür brauchen wir mehr Zusammenarbeit. Aus diesem Grund wollen wir interkommunale Kooperationen fördern, anstatt sie durch zusätzliche Bürokratie oder Nachteile im Steuerrecht zu belasten.

Zahlreiche Vorschläge sind bereits auf dem Weg der Umsetzung, aber die Sicherung der Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume wird uns auch in den kommenden Jahren kontinuierlich beschäftigen. Mit unserem Bundes-tagsbeschluss haben wir hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet.

Mehr Zusammenarbeit der Kommunen erforderlich

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Neue Energie fürs LandAkzeptanz eines Wirtschaftsfaktors

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat im Kreis Ost-holstein in Schleswig- Holstein schon lange vor der von der Bundesregierung ausgerufenen Energiewende begon-nen. Aufgrund seiner exponierten, windreichen Lage an der Ostsee eignet sich hier besonders der Bau von Wind-energieanlagen zur Stromerzeugung. Schon mit der Teil-fortschreibung des Regionalplans 1998 wurden ca. 2.500 Hektar (1,79 Prozent der Kreisfläche) an Eignungsflächen für die Windenergie ausgewiesen. Mittlerweile ist eine weitere Teil fortschreibung fast abgeschlossen, die die Eig-nungsflächen insgesamt im Kreis auf rund 3.900 Hektar

erhöht. Zurzeit werden im Kreis Ostholstein an 25 Standorten circa 417 Megawatt Energie er-zeugt. Dieser Wert kann durch die Neuauswei-sung und das Ersetzen alter Anlagen durch neue Anlagen mit höherem Wirkungsgrad (Repowe-ring) in den nächsten Jahren auf über 1.000 Megawatt steigen. Demgegenüber tritt im Kreis Ostholstein die Energieerzeugung durch Photo-voltaik oder Biomasse deutlich in den Hinter-grund. Die Energiewende beschleunigt daher einen bereits begonnenen Prozess.

Die genannten Daten zum Ausbau der Wind-energie machen deutlich, dass die Erzeugung alternativer Energien im Kreis Ostholstein zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor gewor-den ist. Die direkte finanzielle Beteiligung

von Bürger innen und Bürgern an den Windparks erhöht zudem die Wertschöpfung in der Region. Städte und Gemeinden im Kreisgebiet sowie der Kreis Ostholstein

Reinhard SagerLandrat des Kreises Ostholstein

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selbst haben sich zu einem weiteren Ausbau bekannt. Dies ist bei weitem keine Selbstverständlichkeit. Damit entwickelt sich die Erzeugung erneuerbarer Energien in Ostholstein – neben dem Tourismus als tragende Wirt-schaftssäule, der Landwirtschaft und der Gesundheits-wirtschaft – zu einem bedeutenden Wirtschafts faktor.

Im Moment steht allerdings die nicht ausreichende Leitungskapazität zur Ableitung des Stroms im Fokus der Diskussionen. Denn was nützt ein Ausbau des durch Windenergie erzeugten Stroms, wenn dieser nicht abgeführt werden kann in die Regionen, in denen dieser gebraucht wird?

Die derzeitigen Teilfortschreibungen der fünf Regional-pläne in Schleswig-Holstein fanden unter breiter Betei-ligung der Öffentlichkeit statt: Grundlage und erster Schritt zur Identifizierung der neuen Eignungsgebiete für die Windenergienutzung waren sogenannte Kreis-konzepte. Diese wurden unter Mitwirkung der jeweiligen Städte und Gemeinden von den Kreisen erarbeitet. Das Kreiskonzept für den Kreis Ostholstein basierte auf den in den zuständigen kommunalen Gremien intensiv diskutierten Vorstellungen.

Im Sommer 2011 legte die schleswig-holsteinische Landesregierung die ersten Entwürfe für die Teilfort-schreibungen der Regionalpläne vor. Vom 15. August bis 15. November 2011 fand hierzu das erste Anhörungs- und Beteiligungsverfahren statt. Alle Städte und Gemein-den, Kreise sowie Verbände und die Öffentlichkeit hatten in der Zeit Gelegenheit, Stellung zu nehmen und Ände-rungs- und Ergänzungsvorschläge zu machen. Nach der Auswertung der rund 1.850 Stellungnahmen aus dem ersten Verfahren und der anschließenden Überarbeitung der Planentwürfe hat die Landesregierung ein zweites Anhörungs- und Beteiligungsverfahren durchgeführt, das vom 29. Mai bis 11. Juli 2012 stattfand. In diesem Verfahren wurden rund 1.300 Stellungnahmen zu den geänderten Planentwürfen abgegeben.

Beteiligung der Bürger bringt Akzeptanz

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Diese Darstellung zeigt deutlich, dass bei dem weiteren Ausbau der Windenergie eine breite Beteiligung der Kommunen – aber auch der betroffenen Bürger – statt-gefunden hat. Dies hat dazu geführt, dass sich im Zuge der Beteiligung in vielen Orten Bürgerinitiativen für und gegen den weiteren Ausbau der Windenergieanlagen gebildet haben. Die in den kommunalen Gremien geführ-ten Diskussionen haben vielfach dazu beigetragen, dass – im Rahmen einer sogenannten Feinsteuerung – Belange der betroffenen Bürger in den weiteren Planungsprozess eingebracht werden konnten und können. Dies betrifft unter anderem die Abstände der einzelnen Anlagen zur Wohnbebauung, die Höhe der Anlagen oder auch die Anzahl und Anordnung der einzelnen Windmühlen in den Eignungsflächen.

Erfahrungen aus Niedersachsen

Praxisbeispiel BreitbandausbauIm Flecken Ottersberg (Landkreis Verden) gibt es ein für den Breitbandausbau wegweisendes Pro-jekt. Dort wird das vorhandene Kanalnetz genutzt, um die Haushalte mit Breitbandanschlüssen zu versorgen. Das Kabel für die Internetversorgung wurde mit Hilfe eines Roboters im oberen Teil der Abwasserrohre der Gemeinde montiert. Dabei konnten die Kosten gegenüber der herkömmlichen Bauweise um ein Drittel reduziert werden.

Fördermittel für ländliche RäumeOrtschaften mit Einwohnerzahlen zwischen 3.000 und 5.000 Einwohnern beklagen eine Förde-rungslücke zwischen der Städtebauförderung (greift ab 5.000 Einwohnern) und Dorferneuerungs-

programmen (greifen bis 3.000 Einwohner). Diese Lücke muss geschlossen werden, die Städtebauprogramme müssen ab einer niedrigeren Einwohner-zahl gelten.

Andreas Mattfeldt MdBMitglied im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages

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Es hat sich bei den vielen Diskussionen gezeigt, dass sich frühzeitig informierte Bürgerinnen und Bürger qualifi-ziert in den Planungsprozess einbringen. Maximalforde-rungen in die eine oder andere Richtung nivellieren sich und führen im Ergebnis zu akzeptablen Lösungen. Im Aufstellungsverfahren für den Regionalplan mussten Erwartungen einzelner Kommunen teilweise gedämpft werden. Sie waren durch die Beschränkung der Landes-vorgaben hinsichtlich der maximal auszuweisenden Eignungsflächen im Land Schleswig-Holstein (1,7 Prozent der Landesflächen) nicht zu erfüllen.

Während die Ausweisung neuer Eignungsflächen für die Windenergienutzung im Kreis Ostholstein ein Erfolgs-modell ist und auch überwiegend in der Bevölkerung akzeptiert wird, ist dies bei den Planungen der für die Ableitung notwendigen Stromleitungen anders.

Herausforderung Stromnetzausbau

Damit der grüne Strom vom Land in die Ballungszentren kommt, müssen kilometerlange Höchst-spannungsleitungen gebaut werden.

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Im Kreis Ostholstein ist seit langem bekannt, dass zur Ableitung des hier erzeugten Stroms eine zusätzliche Höchstspannungsleitung fast durch den ganzen Kreis notwendig ist. Dazu ist bereits vor vielen Jahren ein Raumordnungsverfahren zum Bau einer 110-kV-Leitung begonnen worden, das aber nicht abgeschlossen wurde. Nunmehr ist zur Ableitung des Stroms eine 380-kV-Lei-tung im Gespräch. In den zuständigen Gremien des Kreises ist dieses Thema regelmäßig auf der Tagesord-nung. Die häufige Beschäftigung mit dem Thema und die Betroffenheit vieler Kommunen haben dazu geführt, dass gerade kürzlich der Kreistag einstimmig einen Beschluss gefasst hat. In diesem wird gegenüber der Bundesnetz-agentur, der Bundes- und Landesregierung die Sicher-stellung des Stromabflusses eingefordert. Ich werte dies als deutlichen Beweis, dass frühzeitige und umfassende Aufklärung und Beschäftigung mit der Thematik dazu beitragen kann, sinnvolle Lösungen zu erreichen.

Vorangegangen war die Tatsache, dass die Bundesnetz-agentur die 380-kV-Ostküstenleitung als „nicht erforder-liche“ Maßnahme eingestuft hatte, obwohl – auf den von der Landesregierung im Regionalplan II ausgewiesenen Vorrangflächen für Windenergie – regenerativer Strom in einer Größenordnung von weit über 1.000 Megawatt erzeugt werden kann. Sollte die Ostküsten-Stromtrasse tatsächlich erst einmal zurückgestellt werden, kann der im Rahmen der Energiewende produzierte erhebliche Windenergiestrom aus Ostholstein nicht in das Strom-netz eingespeist und bereitstehende Windkraft-Investi-tionen nicht getätigt werden.

Der Ausbau der Stromnetze ist vor allem in solchen Ge-bieten und Regionen schwierig, in denen kein oder wenig Strom erzeugt wird. Es ist nur zu verständlich, wenn die-jenigen, die vermeintlich nur Nachteile und keine Vor-teile von einer Infrastrukturplanung haben, diese eher ablehnen und nicht befürworten. Dies betrifft zum Bei-spiel Landwirte, deren Äcker von Leitungen überspannt oder als Standorte für Strommasten genutzt werden.

Betroffene zu Beteiligten machen

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Insbesondere hier stellt sich die Frage, wie „Betroffene“ zu „Beteiligten“ werden können. Dazu können die Erfah-rungen, die beispielsweise mit Bürgerwindparks gemacht wurden, exemplarisch dienen. Denn wenn es gelingen könnte, Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen an der Finanzierung der Leitungen zu beteiligen, wäre ein erster Schritt in eine verbesserte Akzeptanz getan.

Mir ist klar, dass Überlegungen in diesem Sinne noch nicht weit gediehen sind. Aber nur dann, wenn wir in den Regionen gemeinsam nach Strategien suchen, die die Betroffenen einbinden, kann es Lösungen geben, die breitere Akzeptanz finden. Dies betrifft im Übrigen auch die Planung von Biogasanlagen und die Überwindung der damit verbunden Probleme. Die verbesserte Akzep-tanz ist eine der vielen Voraussetzungen für ein Gelingen der Energiewende.

Lage und Struktur des Kreises Ostholstein

· Ostholstein liegt in Schleswig-Holstein und ist einer der touris musintensiv-sten Kreise Deutschlands

· Ostholstein ist 1.392 Quadratkilometer groß mit 185 Kilometern Ostsee-Küstenlänge und rund 205.000 Einwohner/innen

· Ostholstein ist geprägt von Tourismus, Landwirtschaft, Gesundheitswirt-schaft und von mittelständischen Unternehmen

· Ostholstein ist Mitglied in der Metropolregion Hamburg· Die Entwicklungsachse A 1 ist Verkehrs- und Wirtschaftsachse· Ostholstein ist gemeinsam mit dänischen Partnern im Fehmarnbelt-Komi-tee und begleitet die feste Fehmarnbelt-Querung

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Eckhardt Rehberg MdBVorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Mobilität als WachstumsmotorDie Verkehrsinfrastruktur für morgen

Die Erfindung der Dampfmaschine im Eisen-bahn- und Schiffsverkehr schuf eine essenti-elle Grundlage für die industrielle Revolution, die unsere Gesellschaft im 18. und 19. Jahr-hundert auf ein grundsätzlich neues Funda-ment stellte. Eine neue Arbeitswelt ging einher mit veränderten Wirtschaftstrukturen, die wiederum ein un geahntes Wachstum mit sich brachten. Der Transport von Gütern, Rohstoffen und End produkten bildete die Basis dieses Erfolges, der Wohlstand und soziale Reformen gleichermaßen hervorrief. Im Laufe der tech-nologischen und ökonomischen Modernisie-rung wuchs der Anspruch an die Verkehrsinfra-struktur. Tausende Kilometer Autobahnen, Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen sowie Binnenwasserstraßen, Hafenzufahrten und

nicht zuletzt das große Schienennetz mit Hochgeschwin-digkeitsstrecken erfordern in unserer modernen Gesell-schaft stetig Instandhaltung und Neubau. Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und der Schienenpersonen-nahverkehr (SPNV) stellen in den wachsenden Ballungs-räumen Deutschlands einen wesentlichen Aspekt kom-munaler Bemühungen dar.

Der Urbanisierung ist der Umstand geschuldet, dass die erste Priorität des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur folgerichtig deren Vernetzung gilt. Deutschland hat aber in seiner Vergangenheit – stärker als jedes andere Land in Europa – die Entwicklung der Infrastruktur in den ländlichen Räumen im gleichen Maße verfolgt. Dadurch

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Prognose der inländischen Verkehrsleistungin Milliarden Personen- bzw. Tonnenkilometer

Personen 1997 2010 2015 2025Straße 916 982 1.056 1.109Schiene 72 84 96 91Luftverkehr 36 62 73 103 1.024 1.128 1.225 1.303 Güter 1997 2010 2015 2025Straße 302 434 484 704Schiene 73 107 115 152Wasserstraße 62 62 90 80 437 603 689 936 Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Mobilität als Wachstumsmotor

ist es gelungen, industrielles und wirtschaftliches Know-How ebenso in der Fläche zu etablieren. Die dadurch ent-standenen Arbeitsplätze in den ländlichen Räumen gaben den Menschen die Perspektive, in ihrer Heimat wohnen bleiben zu können oder sich ganz bewusst für ein Leben auf dem Land entscheiden zu können. Das wiederum be-wirkte ein ausgeprägtes kulturelles und gesellschaftliches Leben in den ländlichen Räumen, das neben Wohlstand auch zu hoher Lebensqualität beitrug. Deutschlands Erfolg, annähernd gleiche Lebensverhältnisse bieten zu können, beruht also im besonderen Maße auf der funk-tionierenden und flächendeckenden Verkehrsinfrastruk-tur, die Mobilität in allen Landesteilen ermöglicht.

Diesem unbestreitbaren Nutzen einer in Europa ein-maligen Verkehrsinfrastruktur stehen steigende Kosten gegenüber, die sich durch notwendige Erhaltungs-, Ausbau- und Neubaumaßnahmen auch in Zukunft

Verkehrsnachfrage wird weiter steigen

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23 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

erhöhen werden. Unser nach wie vor steigendes Wirt-schaftswachstum sowie wachsende Beschäftigungs-zahlen, die zurzeit mit über 40 Millionen sozialversiche-rungspflichtigen Jobs einen Rekordwert in der Geschichte der Bundesrepublik markieren, lassen zugleich die Ver-kehrsnachfrage ansteigen. Die Tabelle enthält sowohl die Angaben der gleitenden Mittelfristprognose bis 2015 als auch die der Langfristprognose bis 2025. Bis 2015 soll die Personenverkehrsleistung um 8,6 Prozent, die Güterverkehrsleistung um 14,3 Prozent gegenüber 2010 zunehmen.

Noch deutlicher wird der zusätzliche finanzielle Bedarf bei der Betrachtung der Erhaltungsmaßnahmen, also zwingenden Sanierungsinvestitionen, um die vorhan-dene Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Erstmals muss im Verkehrsetat 2013 allein hierfür die Summe von 2,5 Milliarden Euro aufgewendet werden. Nach Einschät-zungen des Bundesverkehrsministeriums dürfte in die-sem Bereich der Investitionsbedarf bis 2020 auf 3,4 Milli-arden jährlich ansteigen. Die zusätzlichen 750 Millionen Euro, die der Haushaltsausschuss in seiner abschließen-den Beratung zum Haushalt 2013 in seiner sogenannten Bereinigungssitzung beschlossen hat, erhöhen den Gestaltungsspielraum und mildern Investitionsrück-stände. Schon 2012 enthielt der Haushalt auf Drängen der Union ein ergänzendes Infrastrukturbeschleuni-gungsprogramm (IBP) in Höhe von einer Milliarde Euro. Aus Sicht der an der Arbeitsgruppe beteiligten Bundes-tagsabgeordneten von CDU und CSU ist eine Verstetigung dieser zusätz lichen Mittel in dieser Höhe für die zukünf-tigen Verkehrsetats ein Gebot der Vernunft, um der Unterfinan zierung wirksam zu begegnen.

Es wäre dennoch zu leicht zu sagen, auf der Ausgaben-seite hierfür schlicht mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Auch wenn eine Debatte über politische Prioritäten durchaus lohnenswert ist, dürfen die Augen nicht vor der notwendigen Haushaltskonsolidierung verschlossen werden, die wir den nachkommenden Generationen

Verstetigung der Infrastrukturausgaben ist Gebot der Stunde

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24 Mobilität als Wachstumsmotor

schuldig sind. Insofern sind Prioritäten im Hinblick auf vorzunehmende Investitionen im Verkehrsetat nach-vollziehbar und richtig.

Unter diesen komplexen Vorzeichen hat es sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Rahmen der Koalitions-arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ den-noch vorgenommen, verkehrspolitische Akzente für die ländlichen Räume zu setzen. Die wichtigste Forderung, die auch Eingang in den vom Bundestag beschlossenen Antrag der Koalitionsfraktionen gefunden hat, besteht in der Erschließungsfunktion für die Investitionsplanun-gen des Bundes im Verkehrsbereich. Das bedeutet, dass Verkehrsanbindungen strukturschwacher Regionen mit ebenso großem Gewicht in die Überlegungen von Ver-kehrsinvestitionsplanungen einfließen wie auftretende Verkehrsprobleme stark befahrener Routen und Knoten-punkte in Ballungsräumen. Unserer Auffassung nach dürfen Investitionen nicht nur nach Verkehrsprognosen vorgenommen werden. In einem reinen Vergleich der Verkehrszählungen würden viele Flächenländer und strukturschwächere Regionen stets das Nachsehen haben. Die Erschließungsfunktion garantiert hingegen, dass ländliche Regionen nicht abgekoppelt werden, sondern an Verkehrsinvestitionen teilhaben und sich dadurch auch wirtschaftlich und strukturell weiterent-wickeln können.

Ein weiterer Kernpunkt ist die Aufrechterhaltung des flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sowie des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Wir fordern Bund und Länder gleichermaßen auf, hier Einvernehmen über die finanzielle Ausstattung der Mittel für den Zeitraum 2014 bis 2019 herzustellen. Eine aus-kömmliche Finanzierung des ÖPNV und des SPNV bleibt essentiell, um Mobilität in der Fläche zu gewährleisten. Kreative Ideen sind weiterhin gefragt, um den Nahver-

Investitionen nicht nur nach Verkehrsprognosen vornehmen

Innovative Konzepte für Bus und Bahn

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25 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

kehr in den ländlichen Räumen an die Bedürfnisse anzu-passen. Ob Bürgerbus, Rufbus oder kombinierte Perso-nen- und Gütertransporte, innovative Konzepte müssen stärkere Berücksichtigung erfahren. Wir regen einen Ge-danken- und Ideenaustausch über Gemeinde-, Kreis- und Landesgrenzen hinaus an. Genau deshalb fordern wir nachdrücklich einen zeitnahen Modellversuch zur Ein-führung des Mopedführerscheins mit 15 Jahren (Klasse AM). Die individuelle Mobilität erfährt dadurch einen neuen Impuls. Der Arbeits- und Ausbildungsplatz in ländlichen Regionen wird für junge Menschen eher erreicht werden können und gewinnt an Attraktivität.

Zukunft nur mit dem Handwerk

Handwerk sorgt für LebensqualitätIn der Wirtschaftskraft des Handwerks, der Ausbildungsleistung und dem großen persönlichen Engagement der Handwerker steckt großes Potenzial für die Zukunft der ländlichen Räume. Dieses werden wir stärker nutzen und fördern, um Herausforderungen wie den demografischen Wandel und die Abwanderungstendenzen der jungen Menschen bewältigen zu können.

Arbeits- und Ausbildungsplätze notwendigWenn Bäcker, Fleischer, Elektriker und die Autowerkstatt schließen, gehen nicht nur Arbeits- und Ausbildungsplätze verloren. Die Gemeinden büßen enorm an Attraktivität ein, wenn die Nahversorgung nicht mehr vorhanden ist, auf die besonders die älteren Menschen angewiesen sind. Dringend benötigte Fachkräfte werden auch nur dann Arbeitsplätze im ländlichen

Raum annehmen, wenn das Lebensumfeld entspre-chend attraktiv für sie und ihre jungen Familien ist. Eine Zukunft in Dörfern und Gemeinden wird es da-her ohne das lokale Handwerk nicht geben – es sorgt generationenübergreifend für Lebensqualität in den ländlichen Räumen.

Lena Strothmann MdBMitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages

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26 Mobilität als Wachstumsmotor

Zudem wird die Flexibilität der Jugend in ländlichen Räumen erhöht. Kreativität ist ebenso gefragt, wenn es darum geht, Elektromobilität stärker als bislang in neue Verkehrskonzepte einzubinden und in den ÖPNV zu integrieren. Zudem sollte der Radverkehr, der sich in ländlichen Räumen zu einem festen Bestandteil des Tourismus etabliert hat und zu den wachsenden Segmen-ten des Fremdenverkehrs gehört, noch deutlicher in den Blick von Verkehrsplanungen genommen werden.

Wirtschaftlich erfolgreiche Regionen entstehen in erster Linie durch unternehmerische Kreativität und Intelli-genz, die von qualifizierten Fachkräften getragen werden. Dabei scheint es nicht immer zwingend von Bedeutung zu sein, ob sich der Unternehmenssitz in einer Großstadt oder im ländlichen Raum befindet.

Das unternehmerische Know-How ist also Grundbedin-gung, reicht allein aber nicht aus: Gute Anbindungen an Bundesautobahnen, ICE-Streckennetze und andere Verkehrsknotenpunkte tragen zur Mobilität und damit zum wirtschaftlichen Erfolg maßgeblich bei. Insofern bleibt die weitere Erschließung ländlicher Räume eine zentrale politische Aufgabe. Neben ökonomischem Aufschwung bewirkt die verkehrstechnische Anbindung der Fläche ein hohes Maß an Lebensqualität, zu der zweifellos die Erreichbarkeit von Arbeit und Familie, kulturelle Teilhabe und mobile Flexibilität gehören.

Verkehrsanbindungen schaffen Wohlstand

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27 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Schnelles Internet für alle Neue Impulse zur Umsetzung der Breitbandstrategie

Der ländliche Raum hat Zukunft! Und die christlich- liberale Koalition ist der Garant dafür, dass diese Zukunft jenseits der digitalen Spaltung liegt. Wenn es überhaupt noch eines Beweises dafür bedurft hätte, so hat ihn die im Frühjahr 2012 gegründete Koalitionsarbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ eindrucksvoll geliefert.

Im digitalen Zeitalter von heute haben leistungsfähige Breitbandnetze mittlerweile dieselbe Bedeutung wie Straßen, Wasserstraßen und Schienen, wie Gas-, Wasser- oder auch Stromleitungen. Schnelles Internet ist die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, denn es ist ein entscheidender Standortfaktor für die Ansiedlung

von Unternehmen. Schnelles Internet ist aber auch eine wichtige Voraussetzung dafür, dass vor allem junge Menschen nicht wegziehen, sondern sich Familien auf dem Land niederlas-sen. Schnelles Internet ist also mittlerweile unerlässlich, um Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu sichern sowie die Ertragskraft und Attraktivität ländlicher Regionen zu steigern.

Im Vergleich zu den Ballungsräumen kommt leistungsfähigen Internetverbindungen im ländlichen Raum sogar eine ungleich höhere Bedeutung zu. Denn mithilfe innovativer Breitbanddienste (z.B. eWork, eGovernment, eHealth und eLearning) kann ein Ausgleich für die strukturellen Nachteile aufgrund der langen Wege auf dem Land geschaffen werden.

Karl Holmeier MdBMitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung des Deutschen Bundestages

Verkehrsanbindungen schaffen Wohlstand

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28 Schnelles Internet für alle

Die Bundesregierung hatte sich daher mit ihrer Breit-bandstrategie aus dem Jahre 2009 ehrgeizige Ziele gesetzt, um eine flächendeckend gleichwertige Teilhabe von städtischen und ländlichen Regionen am schnellen Internet zu ermöglichen. Hier sind wir inzwischen auf einem guten Weg. Ausweislich des Breitbandatlasses des Bundes waren bereits Ende des Jahres 2011 für 99,1 Pro-zent der Haushalte Breitbandverbindungen mit einer Leistungsfähigkeit von mindestens einem Megabit pro Sekunde verfügbar. Mit Bandbreiten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde wurden gut 48 Prozent aller Haushalte erreicht. Das zeigt aber auch, wir sind noch nicht an unserem Ziel angekommen. Um tatsächlich bis zum Jahr 2018 alle Haushalte in Deutschland mit einer Bandbreite von mindestens 50 Megabit pro Sekunde zu versorgen, sind weitere Anstrengungen notwendig.

Breitband-Projekt Cochem-Zell

Modernes Glasfasernetz sichert ZukunftsfähigkeitGenau vor einem Jahr hat sich im Kreis Cochem-Zell die Breitbandinfrastrukturgesellschaft (BIG) gegründet. In ihr haben sich die fünf Verbandsgemeinden mit dem Kreis, dem saarländischen Telekommunikationsunternehmen inexio KGaA, der RWE Deutschland AG, der Energieversorgung Mittelrhein GmbH und der mps public solutions GmbH zusammengetan, um die Breitbandversor-gung voranzutreiben. Ziel des Projektes ist es, für alle Städte und Orte im Kreis eine Breitbandver-sorgung per Glasfaser mit einer Geschwindigkeitsrate von mindestens 16 Megabit pro Sekunde, im Regelfall jedoch 50 Megabit pro Sekunde, in einem Solidarsystem innerhalb von zwei Jahren zu schaffen. Nun kann die BIG die ersten Orte anschließen. Mit diesem modernen, hochleistungsfähi-

gen Glasfasernetz im Kreis Cochem-Zell wird ein ganz wichtiges Zeichen für die Zukunfts- bzw. Überlebensfähigkeit des ländlichen Raumes – der Dörfer und Städte – gesetzt. Das gesamte Projekt wird ohne öffentliche Förder-gelder realisiert und umfasst ein Investitionsvolumen von rund 16 Millio-nen Euro.

Manfred SchnurLandrat des Landkreises Cochem-Zell

Gleichwertige Teilhabe von Stadt und Land am schnellen Internet

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29 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Um herauszufinden, welche Anstrengungen das konkret sind und an welchen einzelnen Stellschrauben noch nachjustiert werden muss, hat die Koalitionsarbeits-gruppe intensive Gespräche auf allen Ebenen und mit allen Betroffenen geführt. Wir haben führende Telekom-munikationsunternehmen, aber auch mittelgroße bis kleine Wettbewerber angehört. Es wurden Erfahrungen von einzelnen Kommunen, die den Netzausbau in eige-ner Verantwortung gestemmt haben, in den Prozess einbezogen. Wir haben Gespräche und Schriftwechsel mit den zuständigen Ministerien auf Bundes- und auch Landesebene geführt, mit der Bundesnetzagentur sowie mit regionalen politischen Entscheidungsträgern. Am Ende des Diskussionsprozesses konnten wir uns inner-halb der Koalitionsarbeitsgruppe ein objektives Bild von den Maßnahmen machen, die notwendig sind, um die Breitbandstrategie der Bundesregierung erfolgreich weiterzuentwickeln und die ambitionierten Ausbauziele zu erreichen.

Wie zu erwarten war, hat die erstmalige Vorstellung unseres Maßnahmenkatalogs ein geteiltes Echo aus-gelöst. Im darauffolgenden parlamentarischen Verfahren gab es schließlich an der einen oder anderen Stelle Kom-promisse. Am Ende freue ich mich jedoch, behaupten zu können, dass der Kern unserer ursprünglich vorge-schlagenen Maßnahmen in der Beschlussfassung des Antrags „Zukunft für die ländlichen Räume – Regionale Vielfalt sicher und ausbauen“ erhalten geblieben ist.

Einen entscheidenden Anteil hieran hat der Vorsitzende unserer Koalitionsarbeitsgruppe, Ingbert Liebing, dem ich auch an dieser Stelle vielmals in meinem aber auch im Namen der CSU-Landesgruppe für seine engagierte Arbeit danke. Er hat als Koordinator über alle in dem Antrag angesprochenen Themen eine herausragende Arbeit geleistet.

Breitbandstrategie erfolgreich weiterentwickeln

14 Maßnahmen für den Breitbandausbau

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30 Schnelles Internet für alle

Als Ergebnis der Arbeitsgruppe listet der Koalitionsantrag 14 ganz konkrete Maßnahmen zur Überwindung der digitalen Spaltung und zur lückenlosen Erschließung des ländlichen Raums mit hochleistungsfähigen Inter-netverbindungen auf. Auf die aus meiner Sicht wichtig-sten drei möchte ich hier etwas näher eingehen.

Es gibt zahlreiche Förderprogramme, die den Ausbau von Breitbandnetzen für Kommunen und Unternehmen er-leichtern. Hierzu gehören auch Programme der bundes-eigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Ein Blick auf die Internetpräsenz der KfW genügt, um zu erkennen, dass angesichts der Komplexität und der Vielzahl der be-reits etablierten KfW-Programme, die u.a. auch den Breit-bandausbau fördern, Optimierungsbedarf besteht. Ideal wäre daher die Zusammenfassung in einem einheitli-chen „Breitbandförderprogramm“, aus dem in Anlehnung an das KfW-Programm „Energieeffizient Sanieren“ zins-günstige Kredite (zu Zinssätzen von etwa einem Prozent) für den Netzausbau vergeben werden. Um eine unnötig einschränkende Vorfestlegung zu vermeiden, formuliert der Antrag an dieser Stelle aber offen die Forderung, die bestehenden Programme für Unternehmen und Kommu-nen transparenter und besser für den Breitbandausbau nutzbar zu machen.

Um den Breitbandausbau in Deutschland in einem offe-nen Wettbewerb voranzutreiben, enthält das Telekom-munikationsgesetz Regulierungsvorgaben, die den ver-schiedenen Wettbewerbern den Zugang zur Infrastruktur der Deutschen Telekom AG gewährleisten. Aus diesen Vorgaben folgt unter anderem die Verpflichtung, den Zu-gang zu den sogenannten Kabelverzweigern zu gewähren. Das sind die vielerorts bekannten grauen Kästen am Stra-ßenrand. Sie verzweigen das Hauptkabel einer Ortschaft in die einzelnen Häuser. Es kann aber vorkommen, dass der Kabelverzweiger zu weit vom Teilnehmeranschluss

Einheitliches Breitbandförderprogramm

Zugang zu Kabelverzweigern und Schaltverteilern

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31 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

eines Kunden entfernt ist und aufgrund der leistungs-schwachen Kupferleitung die Signalstärke stark nach-lässt. Für den Fall, dass die Mindestversorgungsrate von einem Megabit pro Sekunde nicht erreicht wird, hat die Bundesnetzagentur die Deutsche Telekom daher im Frühjahr 2009 verpflichtet, Wettbewerbern den Zugriff auf die Teilnehmeranschlussleitung mittels eines neu zu errichtenden Schaltverteilers zu gewähren. Die Verpflichtung zur Errichtung dieser Schaltverteiler hat jedoch zwei Schwachstellen, die wir in unserem Koalitionsantrag aufgegriffen haben.

Zum einen kommt es trotz einer inzwischen besseren Praxis immer wieder zu Situationen, in denen die Deut-sche Telekom die Errichtung eines Schaltverteilers ablehnt. Um die Häufigkeit dieser Ablehnungen so weit wie möglich zu reduzieren, fordern wir, die Vorgaben

Schnelles Internet ist unerlässlich, um Arbeitsplätze auf dem Land zu sichern. Deshalb muss der Breitbandausbau forciert werden.

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32 Schnelles Internet für alle

des Telekommunikationsgesetzes hier strikt einzuhalten. Zum anderen ist die Pflicht zur Errichtung des Schaltver-teilers an die Voraussetzung geknüpft, dass noch keine Grundversorgung mit mindestens einem Megabit Band-breite pro Sekunde in dem betroffenen Gebiet besteht. Angesichts unseres Ziels, bis zum Jahr 2018 alle Haus-halte mit Bandbreiten von 50 Megabit pro Sekunde zu versorgen, ist diese Voraussetzung nicht mehr zeitgemäß und behindert sogar den Ausbau von Hochleistungsnet-zen. Diese Schwachstelle wird im Antrag ebenfalls aufge-griffen und eine Sicherstellung des Zugangs zu Kabelver-zweigern und Schaltverteilern auch für den Fall gefordert, dass bereits eine Grundversorgung besteht.

Die Versteigerung der 800-Megahertz-Frequenzen im Jahr 2009 für den drahtlosen Netzzugang über die sogenannte LTE-Technik (Long Term Evolution, ein Mobilfunkstan-dard, der Bandbreiten bis zu 300 Megabit pro Sekunde erreichen kann) war mit der Auflage verbunden, zunächst 90 Prozent der Bevölkerung im ländlichen Raum zu er-schließen, bevor die Städte mit LTE versorgt werden kön-nen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese 90 Prozent sehr schnell erreicht waren, aber gerade die restlichen zehn Prozent in den besonders schwer zu erreichenden ländlichen Regionen leer ausgingen. Für eine flächende-ckende Versorgung der Bevölkerung mit schnellem Inter-net müssen wir daher zum einen frühestmöglich weitere Funkfrequenzen für die mobile Breitbandnutzung zur Verfügung stellen, z.B. im Rahmen der digitalen Divi-dende II. Und zum anderen müssen hierbei dringend die Versorgungsauflagen an die Mobilfunkunternehmen erhöht werden, idealerweise bis zu 100 Prozent.

Wenn diese und die weiteren in unserem Koalitions-antrag aufgelisteten Maßnahmen zügig umgesetzt werden, sehe ich zuversichtlich in die Zukunft unserer ländlichen Räume.

Erhöhung der Versorgungsauflagen und weitere Funkfrequenzen

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33 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Landwirtschaft – Motor und Rückgrat des ländlichen RaumesBewusstsein für Landwirtschaft stärken

Landwirtschaft ist mehr als ein Wirtschaftssektor. Land-wirtschaft ist viel mehr. Land- und Forstwirtschaft sowie deren vor- und nachgelagerten Bereiche, wie z.B. die Futtermittel-, Landmaschinen-, Pflanzenschutz- und Düngemittelindustrie sowie die Ernährungsindustrie, bilden das Rückgrat des ländlichen Raumes. Die Kultur-landschaft, wie wir sie in Deutschland kennen, Traditio-nen, mit denen wir aufgewachsen sind, und eine Vielfalt von landwirtschaftlichen Produkten begleiten uns jeden Tag. Die Zukunft der Landwirtschaft und damit der länd-

lichen Räume ist eine große Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Für einen aktiven ländlichen Raum wird es keine Musterlösun-gen geben. Es gibt viel zu tun. Packen wir es an!

Die Menschen in Deutschland kennen Natur nahezu ausschließlich als Kulturlandschaft, z.B. die Lüneburger Heide oder die Weinberge an der Saar, Mosel und am Rhein. Die uns ver-traute natürliche Vielfalt besteht häufig nur aus verschiedenen Kulturlandschaften, und diese wiederum entstehen durch die Nutzung der natürlichen Ressourcen zu landwirtschaft-lichen Zwecken im Rahmen der guten fach-lichen, landwirtschaftlichen Praxis. Doch diese gesellschaftlichen Leistungen der Landwirt-schaft und die damit verbundenen hohen

Anforderungen sind nicht zum Nulltarif zu haben. Land-wirtschaft wird für die Gesellschaft in der Zukunft noch wichtiger werden – insbesondere vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung und einer damit

Magdalena ZelderBundesvorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend

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34 Landwirtschaft – Motor und Rückgrat des ländlichen Raumes

einhergehenden steigenden Nachfrage nach Nahrungs-mitteln und Energie sowie einer weiteren Liberalisierung der Agrarmärkte, der Klimaveränderung und des Verbrauchs der fossilen Energieträger. Die Agrarwirtschaft sowie der Wert ihrer hoch qualitativen Produkte müssen sowohl von der Gesellschaft als auch von ihren Marktpartnern an-erkannt werden. Ein fairer Umgang mit den Produzenten und Produzentinnen und deren Partnern ist unablässig.

Junge Menschen entscheiden sich nicht für ein Leben in der Landwirtschaft, wenn die Rahmenbedingungen auf dem Land nicht gegeben sind. Hier gilt es, ökono-mische und auch demographische Entwicklungen der ländlichen Räume und deren Wohn- und Lebensqualität ganzheitlich, im Zusammenhang mit dem Erhalt der sozialen und kulturellen Infrastruktur für junge Men-schen und Familien zu betrachten. Dort wo es keine Jugendverbandsarbeit und keine Angebote für Jugend-liche, Familien und Kinder mehr gibt, wird es auch mit der ökonomischen Entwicklung problematisch werden.

Der ländliche Raum ist ein komplexes System, das inein-andergreift und aufeinander angewiesen ist. Demogra-fische Entwicklungen sind gestalt- und beeinflussbar. Deshalb ist es wichtig, dass die ländlichen Räume mehr positive politische Wertschätzung hinsichtlich ihrer Innovationskraft, sozialen und kulturellen Stärke, ökono-mischen Entwicklung und ihrer natürlichen Ressourcen erfahren. Wer politisch Verantwortung übernehmen will und die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland gestal-ten möchte, muss deshalb in erster Linie die ländlichen Räume und deren Reputation und Entwicklung in den Blick nehmen. Von großer Bedeutung sind moderne Infor-mationstechnologien. Gerade bei der Versorgung mit Breitband gibt es jedoch noch etliche „weiße Flecken“ auf der deutschen Landkarte des schnellen Internets. Die Netzagentur ist aufgefordert, schnell und kompromiss-orientiert zu handeln, Lösungen zu generieren und nicht nur den Streit der kommerziellen Anbieter beobachtend zu begleiten.

Politische Wertschätzung für die ländlichen Räume

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35 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Die Betriebsnachfolgen und -übernahmen stellen die Zukunft der landwirtschaftlichen Branche und vielfach auch die Zukunft der ländlichen Räume dar. Dabei ist es von großer Bedeutung, auf der Basis belastbarer Fakten und Daten Entscheidungen zu treffen. Landwirtschaft-liche Produktion findet nicht in „romantisierten“ Betrie-ben statt, wie es von den Massenmedien suggeriert wird, es handelt sich um mittelständische Unternehmen mit einem Kapital- und Investitionsaufkommen, das sich von Kleinunternehmen deutlich unterscheidet. Land-wirtschaft ist nur in wenigen Fällen als Nischenproduk-tion auf kleinerem Niveau betreibbar. Vielmehr bedeutet es in erster Linie betriebswirtschaftlich zu denken und zu entscheiden und dabei Leidenschaft für Tiere, Natur, seine Flächen, Anbau und Produktion zu besitzen. Aus diesen Gründen bedarf es in der Landwirtschaft gerade für Übernehmer und Übernehmerinnen von Höfen sowie für Nachfolger und Nachfolgerinnen betriebliche Mo-delle, die betriebswirtschaftliche Orientierung hinsicht-lich Investition, Finanzierung und strategischer Produkt-entscheidungen geben. Dazu müssen auch gesetzliche und politische Rahmenbedingungen überprüft und ggf. neu gestaltet werden.

Damit Landwirte und Landwirtinnen ihre Betriebe stra-tegisch gut für die Zukunft ausrichten können, müssen mehr als je zuvor, Innovationen und hochmoderne Tech-nik in den Betrieben Einzug halten, um für die Zukunft marktwirtschaftlich gut aufgestellt zu sein. Auch wenn sich die Politik stärker aus Marktfragen zurückzieht und sich gerade die Junglandwirte und Junglandwirtinnen verstärkt als Unternehmer und Unternehmerinnen wahrnehmen, brauchen wir nach 2013 eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) als starke und nachhaltige Politik für die Europäische Union. Sie muss einen unterstützenden ordnungspolitischen Rahmen für die steigende Markt- und Wettbewerbsausrichtung der Landwirtschaft bieten. Es geht neben der Verlässlichkeit und Planungssicherheit

Betriebliche Modelle für Nachfolgen und Übernahmen

Verpflichtende Förderung von Junglandwirten

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36 Landwirtschaft – Motor und Rückgrat des ländlichen Raumes

Junglandwirte sind junge Unternehmer, die eine individuell angepasste Quali-fizierung brauchen, um ihre Betriebe zukunftsfähig zu machen.

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37 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

in inhaltlicher und finanzieller Gestalt auch um den Abbau des enormen Bürokratieaufwands. Zudem müssen die finanziellen Mittel in der ersten und zweiten Säule der GAP beibehalten werden – ohne Einschränkung der Produktion, wie sie das vorgeschlagene Greening (Flächenstilllegung für ökologische Zwecke) vorsieht.

Es ist zudem in besonderem Maße wichtig, sich für eine verpflichtende Junglandwirteförderung (bundeseinheit-liches Förderprogramm) im Rahmen der GAP nach 2013 einzusetzen – liegt doch die Zukunft der landwirtschaft-lichen Betriebe in der Hand der Junglandwirte und Junglandwirtinnen. Diese Förderung sollte eine Investi-tionsunterstützung für motivierte Betriebsleiter und Betriebsleiterinnen darstellen, die innovative Betriebs-konzepte umsetzen und damit den anspruchsvollen Marktbedingungen und steigenden gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht werden.

Angesichts der steigenden Anforderungen an die Land-wirtschaft, der zunehmenden Spezialisierung und des wachsenden Konkurrenzkampfs mit anderen Wirt-schaftsbranchen um fitte, junge Leute gewinnt eine indi-viduell angepasste Qualifizierung zunehmend an Bedeu-tung. Um die „grünen Berufe“ attraktiv zu gestalten und auch junge Menschen, die nicht aus dem direkten Um-feld der Landwirtschaft kommen, für diesen Beruf zu begeistern, muss zunächst das Image der Landwirtschaft verbessert werden. Zudem muss ein Bildungsfonds für die passgenaue Weiterbildung des Berufsnachwuchses bereitgestellt werden. Hieraus kann z.B. eine Art „Weiter-bildungs-Bafög“ auf bestehende Fortbildungsmöglich-keiten in Deutschland finanziert werden, um qualifizierte personen- und betriebsbezogene Weiterbildung für zukunftsfähige Betriebe zu gewährleisten.

Der Bund der Deutschen Landjugend hat sich bei der Zukunftsinitiative ZIEL 2030 mit der Zukunft der Land-wirtschaft beschäftigt. Die Agrarbranche, die Politik und die Gesellschaft, wir alle müssen Landwirtschaft auf

Kampf um kluge Köpfe

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38 Landwirtschaft – Motor und Rückgrat des ländlichen Raumes

einer realistischen Ebene kommunizieren. Wenn wir es schaffen, dass 2030 jedem deutschen Bürger, der Nah-rungsmittel isst, bewusst ist, dass er damit Landwirt-schaft „betreibt“, dann haben wir alles richtig gemacht. Denn dann herrscht eine positive Einstellung zur Nah-rung und zur Nahrungsmittelproduktion in Deutschland vor. Dann wird es auch in Deutschland den zukunfts-fähigen ländlichen Raum geben, mit den unterschied-lichsten Lösungsansätzen. Denn ländlicher Raum ist nicht gleich ländlicher Raum. Krempeln wir die Arme hoch. Packen wir es an.

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39 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Lust auf LandLändlicher Raum als Reiseziel, Vielfalt erkennen und fördern

Der Boom im Deutschlandtourismus hält an: Er ist inzwischen zu einer wichtigen Säule unserer Wirtschaft geworden. Nach der vom Bund initiierten Studie „Wirtschaftsfaktor Tourismus“ nahmen im Jahr 2010 Urlauber und Geschäftsreisende aus dem In- und Aus-land in Deutschland Güter und Dienstleistun-gen im Gesamtwert von fast 280 Milliarden Euro in Anspruch. Dank dieser Umsätze fan-den 2,9 Millionen Menschen – das sind sieben Prozent aller Erwerbstätigen – hierzulande einen Arbeitsplatz.

Die Aussichten der Branche sind gut: 2012 konnte erstmals die Marke von 400 Millionen Gästeübernachtungen überschritten werden – ein Plus von sechs Millionen gegenüber dem

Vorjahr. Kurz: Deutschland als Reiseland hat nicht nur erfolgreich der Krise getrotzt, es hält auch im sich ver-schärfenden internationalen Wettbewerb erfolgreich mit.

Allerdings: Bislang profitieren Städte deutlich stärker vom Tourismus als ländliche Räume. Das wollen wir ändern. Wir wollen, dass auch unsere ländlichen Räume stärker an den positiven Effekten des Wachstumsmotors Tourismus teilhaben, in dem wir die Rahmenbedingun-gen verbessern.

Es geht uns dabei nicht nur darum, ländliche Räume um der Touristen wegen als Reiseziele attraktiver zu gestalten. Wir sehen in einer solchen Stärkung auch

Marlene Mortler MdBVorsitzende der Arbeitsgruppe Tourismus der CDU/CSU-Bundes-tagsfraktion

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40 Lust auf Land

die Chance, mancherorts strukturschwache Regio-nen strukturell so zu ver-bessern und aufzuwerten, dass sie eine lebens- und liebenswerte Heimat für viele Menschen bleiben.

Tourismus ist für Deutsch-lands ländliche Räume ein – wenn nicht über-haupt – das Zukunfts-

thema. Angesichts des demografischen Wandels, land-wirtschaftlicher Strukturveränderungen und Heraus-forderungen, die der Klimaschutz mit sich bringt, kann der Tourismus einen entscheidenden Beitrag zur Wert-schöpfung, zum Schutz vor Abwanderung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen, zum Wohlstand der Bevölkerung und zur Sicherung einer kommunalen und regionalen Infrastruktur leisten. Wir wollen, dass Freizeit- und Serviceeinrichtungen aufgewertet werden und so die örtliche Infrastruktur aufrecht erhalten bzw. ver bessert wird.

Wo liegen die touristischen Stärken unserer ländlichen Räume? Von der See bis zu den Alpen, von der Eifel bis zur Bastei bestechen sie vor allem durch eins: ihre (kul-tur-)landschaftliche Vielfalt. Sie sind damit prädestiniert

Landschaftliche Vielfalt als touristische Stärke

Der Tourismus ist ein Wachstumsmotor für die ländlichen Räume.

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41 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

für Natur- und Aktivtourismus – zugleich bieten sie gute Voraussetzungen für Gesundheitstourismus. Beide The-men sind verstärkt gefragt – auch international, wie die Vorsitzende der maßgeblich durch Bundesmittel finan-zierten Deutschen Zentrale für Tourismus, Petra Hedorfer, jüngst wie folgt auf den Punkt brachte: „Natur- und Nationalparks repräsentieren nicht nur die landschaft-liche Vielfalt des Reiselandes Deutschland. Sie sind auch wahre Besuchermagnete für Gäste aus dem Ausland: Die Ergebnisse des Qualitätsmonitors zeigen durchgehend seit nunmehr fünf Jahren, dass ‚Landschaft und Natur‘ zu den Top-10-Entscheidungskriterien der internationalen Gäste für einen Deutschlandurlaub gehören.“

Tourismus in ländlichen Räumen steht im Wettbewerb mit anderen hoch profilierten Tourismusregionen im In- und Ausland, die oft über spektakuläre Attraktionen verfügen. Wo sehen wir die Ursachen, warum es den ländlichen Räumen bislang nicht im gleichen Maß und Tempo wie dem Städtetourismus gelingt, von steigenden Besucherzahlen zu profitieren? Hier gibt es eine Vielzahl regional unterschiedlich ausgeprägter Gründe:

· Imageproblem mit Blick auf die Qualität von Unter-künften

· rückläufige Besucherzahlen in Kur- und Heilbädern infolge der Gesundheitsreform

· Mangel an flexiblen Mobilitätsangeboten des öffent-lichen Nahverkehrs, die auf touristische Interessen abgestimmt sind und die durch ein entsprechend optimiert ausgebautes Rad- und Wanderwegenetz ergänzt werden müssen

· ungeklärte Nachfolgeregelungen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen

· Fehlen eines touristischen Profils, im Sinne eines regionalen Erlebnisraumes oder eines identifizierten Alleinstellungsmerkmals, dies hemmt mancherorts den Ausbau des Tourismus, während andere Regionen sich bereits ein umfassendes Profil erarbeitet haben

· Defizite bei der Vermarktungsinfrastruktur, etwa wegen fehlender Kooperation bzw. in Ermangelung einer schlagkräftigen Bündelung von Kompetenzen

· Defizite beim internationalen Marketing

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42 Lust auf Land

Die Förderung des Tourismus auf dem Land ist ein wich-tiges Anliegen der christlich-liberalen Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen. Es war daher auch eins der Kernthemen unseres Koalitionskongresses „Ländliche Räume, regionale Vielfalt – Wie gestalten wir die Zukunft?“ im Juni 2012, der die gesamte wirtschaftliche und gesell-schaftliche Entwicklung im Blick hatte.

Kooperation im Landtourismus

Der boomende Landtourismus stabilisiert strukturschwache Räume und er-höht ihre Attraktivität. Aus der Nische „Urlaub auf dem Bauernhof“ ist ein Trendmarkt für Erholungs-, Aktiv-, Kultur- und Wellnesstouristen aller Schich-ten und Altersgruppen geworden. Um die Wirtschaftskraft des Landtouris-mus weiter zu stärken, sollten die Schlüsselakteure folgendes beherzigen:

1. BetriebeProfil gewinnen und Qualität sichern! Vom Durchschnittsangebot für alle zu authentischen Erlebnisprodukten für konkrete Zielgruppen – von der Infor-mation in Prospekt und Internet zum multimedialen on- und offline-Dialog mit dem Gast.

2. LandtourismusorganisationenZukunft sichern! Neue Kooperationslösungen mit Tourismusvermarktern aller Art – innovative Strategien zur Qualitätsentwicklung und Professiona-lisierung der Leistungsträger.

3. PolitikOptimale Rahmenbedingungen schaffen! Von der Breitbandversorgung über angemessene Bauord-nungen bis zur zielgerichteten Förderstruktur.

Prof. Dr. Mathias FeigeGeschäftsführer dwif-Consulting

Projekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“

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43 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Ein zentrales Projekt zur Verbesserung des Tourismus auf dem Land ist das vom Bundeswirtschaftsministerium in Zusammenarbeit mit dem Bundeslandwirtschaftsmi-nisterium durchgeführte Projekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“, das wir im vergangenen Herbst mit dem Deutschen Reiseverband DRV gestartet haben. Bis Anfang 2013 werden Handlungsempfehlungen, Leit-fäden und Checklisten erarbeitet und gute Praxisbeispiele ermittelt. Sie wurden u.a. am 21. Januar 2013 auf der In-ternationalen Grünen Woche in Berlin vorgestellt. Erste Zwischenergebnisse wurden den Akteuren der Touris-muswirtschaft im Herbst 2012 im Rahmen von Regional-konferenzen präsentiert (www.tourismus-fuers-land.de). Mit dem Projekt wollen wir vor Ort konkrete Hilfestellun-gen aufzeigen. Denn: Angesichts der Heterogenität der ländlichen Räume mit Blick auf ihre geographischen Ge-gebenheiten, ihre Verkehrsanbindung und Wirtschafts-strukturen sind die ländlichen Räume durch eine sehr unterschiedliche Tourismusintensität gekennzeichnet. Es braucht daher eine Vielzahl strategisch regional unter-schiedlich abgestimmter Weichenstellungen. Das ist der Grund, warum wir uns gegen ein starres nationales Ge-samtkonzept entschieden haben.

Unser Antrag „Tourismus in ländlichen Räumen – Poten-ziale erkennen, Chancen nutzen“, der Ende Januar 2013 vom Deutschen Bundestag in erster Lesung behandelt wurde, unterstreicht wichtige Handlungsfelder des Bun-deswirtschafts- und Landwirtschaftsministeriums, zu de-ren Aufgaben gehört, den Ländern Förderangebote zur Entwicklung des ländlichen Tourismus zur Verfügung zu stellen. Das Beispiel des Segments Agrotourismus „Ur-laub auf dem Bauernhof“ zeigt: Solche Förderangebote können eine wichtige Anschubfunktion übernehmen.

In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, sich weiter für ausreichende Mittel aus den EU-Förder-fonds GAK, GRW, EFRE, GAP und ELER einzusetzen. Die Förderung touristischer Infrastruktur und die Unterstüt-zung kleiner und mittelständischer Unternehmen sind

Koalitionsantrag zum Tourismus auf dem Land

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44 Lust auf Land

dabei wichtige Ansatzpunkte. Generell sollte hier EU- Mitgliedstaaten die Möglichkeit gegeben werden, eigene Schwerpunkte bei regionalen Entwicklungsstrategien zu setzen.

Zu weiteren im Antrag genannten Fördermöglichkeiten der Bundesregierung zählt ihr Einfluss auf die Bundes-länder, sich für eine stärkere Vernetzung und inhaltliche Abstimmung landtouristischer Qualitäts- und Vermark-tungsinitiativen einzusetzen; desgleichen ihr Einsatz für eine Verlängerung der Hauptsaison durch eine Entzer-rung des schulischen Ferienkalenders. Abschließend for-dern wir die Bundesregierung unter Verweis auf das Pro-jekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“ auf, Handlungsempfehlungen und Praxisleitfäden, insbeson-dere für die Ausbildung und Sicherung von Fachkräften im Tourismus im ländlichen Raum vorzulegen.

Eine weitere Maßnahme zur Stärkung des Tourismus in ländlichen Räumen ist der vom Bundesumweltministe-rium und vom Deutschen Tourismusverband ausge-schriebene Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismus-regionen 2012/13“. Er zielt darauf ab, besonders aktive Regionen für ihr Engagement bei der Umsetzung eines nachhaltigen Qualitätstourismus in Deutschland zu wür-digen und diese einer breiten Öffentlichkeit als Reiseziel bekannter zu machen.

Abschließend eine persönliche Anmerkung: Ich bin im ländlichen Raum geboren. Hier ist mein Lebensmittel-punkt. Für mich steht fest: Tourismus ist ein Zukunfts-motor. Wir wollen sein Potenzial in ländlichen Räumen bestmöglich ausschöpfen und damit dazu beitragen, dass die Lebensverhältnisse in Stadt und Land so sind, wie es unserem Leitbild entspricht: im Gleichgewicht.

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45 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Landarzt ade? Medizinische Versorgung der Zukunft

Der demografische Wandel wirkt sich in mehrfacher Weise auf die zukünftige medizinische Versorgung der Menschen in ländlichen Regionen aus. Zunächst ändert sich durch das Älterwerden der geburtenstarken Jahr-gänge, die zwischen den Weltkriegen geboren wurden, und durch die Geburtenausfälle nach dem Zweiten Welt-krieg, der Altersaufbau der Bevölkerung: Der Anteil der Älteren steigt, der Anteil der Jüngeren sinkt. Besonders deutlich ist der Anstieg des absoluten und relativen Anteils der über 80-Jährigen.

Durch die veränderte Altersstruktur ändert sich das Krank-heitsspektrum – chronische Erkrankungen, Multimorbi-dität, Einschränkungen der Mobilität und dementielle

Erkrankungen nehmen deutlich zu. Die Inan-spruchnahme von Haus- und Fachärzten wird ebenso steigen wie der Bedarf an stationärer Behandlung, an rehabilitativen Aufwendungen und an Pflegeleistungen. Parallel ändert sich die soziale Struktur – Familienwohnstrukturen nehmen ab, der Anteil der Single-Haushalte nimmt zu. Dies hat Konsequenzen für die familiäre Unterstützung, beginnend mit der Mobilität durch Mitfahrmöglichkeiten im Auto der Kinder und Enkel bis hin zu Einschränkun-gen bei der Familienpflege. In vielen länd-lichen Regionen sind diese Trends eher noch ausgeprägter als in städtischen Verdichtungs-räumen. Hinzu kommen infrastrukturelle Herausforderungen, wie die Erhaltung eines flächendeckenden Öffentlichen Personen-

Prof. Dr. med. Wolfgang HoffmannDirektor des Instituts für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald

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46 Landarzt ade?

nahverkehrs (ÖPNV) und die Verfügbarkeit und Erreich-barkeit aller Dimensionen der staatlichen Daseinsvor-sorge.

Das medizinische Versorgungssystem steht deshalb vor gleich mehreren Herausforderungen. Diese betreffen das Aufgabenspektrum, die diagnostischen und therapeuti-schen Zielstellungen sowie die Arbeitsteilung zwischen den verschiedenen an der Versorgung beteiligten Berufs-gruppen (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Gesundheits- und Krankenpfleger, Altenpfleger, Physio- und Ergotherapeu-ten, medizinische Fachangestellte und viele weitere).

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwick-lung im Gesundheitswesen weist in seinem Sondergutach-ten von 2009 auf die Wichtigkeit einer flächendeckenden Sicherstellung der Versorgung in ländlichen Räumen hin.

In vielen ländlichen Regionen in Deutschland stellt die Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, wohn-ortnahen ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in bestimmten Bereichen, z.B. Allgemeinme-dizin, Pädiatrie, Psychiatrie und Psychotherapie, bereits heute ein Problem dar. Gleichzeitig erfordert die Morbidi-tät der älteren Bevölkerung eine umfassende, integrierte und langfristige Betreuung – statt „Heilung“ geht es um die Erhaltung von Ressourcen, Symptomkontrolle und eine an den subjektiven und objektiven Bedürfnissen orientierte umfassende Begleitung und Unterstützung. Therapieziele werden die Erhaltung oder Wiederherstel-lung der Mobilität, ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit und die Teilhabe am gesellschaftli-chen und sozialen Leben. Medizinische Versorgung wird multiprofessionell, arbeitsteilig und in hohem Maße in-tegriert. Ein steigender Wirksamkeits- und Qualitätsan-spruch erfordert die Koordination kurativer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen und eine auf den indivi-duellen Patienten zugeschnittene medikamentöse Thera-pie. Die Medizin der Zukunft wird sich an den Bedürfnis-sen und Prioritäten des einzelnen Patienten orientieren.

Herausforderung flächendeckende medizinische Versorgung

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47 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Elemente des regionalen VersorgungssystemsUntersuchungsregion: Vorpommern

Bedarf und Angebot sind regional unterschiedlich, deshalb werden pauschale Lösungsansätze nicht erfolg-reich sein. Nachhaltige Lösungsansätze müssen vielmehr auf der Basis regionaler Bedingungen entwickelt werden. Die unten stehende Grafik zeigt die regionale Verteilung wichtiger an der Versorgung beteiligter Partner am Bei-spiel der Region Vorpommern. Es wird deutlich, dass die Netze aller einzelnen Versorger regionale Lücken auf-weisen – diese sich aber gegenseitig in vielen Regionen ergänzen könnten. Traditionelle Abgrenzungen (Sektoren, Berufsgruppen, Tätigkeitsbereiche) müssen hierbei ebenso in Frage gestellt werden wie berufs- und standesrechtliche Pri-vilegien und Restriktionen, Zugangseinschränkungen zu spezifischen Qualifikationen, Vorbehaltstätigkeiten sowie Monopole.

Versorgungsangebote vernetzen

Wolgast

Karlsburg

Anklam

Gützkow

Heringsdorf

Vorpommern

Greifswald

Hausarztpraxen

Zahnarztpraxen

Apotheken

ambulante Pflegedienste

Quelle: Institut für Community Medicine, ����

Krankenhäuser

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48 Landarzt ade?

In mehreren Gesundheitsreformen wurden die Struktur-bedingungen des medizinischen Versorgungssystems flexibilisiert. Von besonderer Bedeutung für die ländliche Versorgung ist das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz. Dieses erlaubt u.a. die gleichzeitige Tätigkeit als Kranken-haus- und Vertragsarzt, die Gründung von Zweigpraxen und die Aufhebung der Altersbeschränkung für Kassen-ärzte in unterversorgten Regionen.

Verbesserte Versorgungstrukturen entwickeln

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49 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Wo ein ambulantes Leistungsangebot fehlt, kann dieses durch eine entsprechend ausgestattete Klinik erbracht werden – umgekehrt können kleinere Häuser, beispiels-weise durch Facharztkompetenz, aus dem niedergelasse-nen Bereich unterstützt werden.

Bei nicht Wiederbesetzung einzelner Arztsitze ermög-lichen Delegationsmodelle (AGnES-Konzept) den ver-bleibenden Ärzten, größere Patientenzahlen zu versorgen und können so zur hausärztlichen Versorgung einer Region beitragen (Pflegeweiterentwicklungsgesetz).

Die medizinische Versorgung muss als Teil der Regional-planung verstanden werden und erfordert die Koopera-tion von Städten, Gemeinden, Kreisen, regionalen Pla-nungsverbänden und weiteren beteiligten Institutionen.

Die Entwicklung kooperativer regionaler Versorgungs-strukturen sollte gezielt unterstützt werden, z.B. durch Regionalbudget-Modelle. Hier erfolgt die Verteilung des Volumens der gesetzlichen Krankenkassenversicherung – statt über Sektoren und Budgets – in vertraglich ver-einbarten regionalen, sektorübergreifenden, multidis-ziplinären Behandlungspfaden. Alle Pfade werden an-hand von patientenbezogenen Endpunkten evaluiert und ermöglichen die Untersuchung der bevölkerungs-bezogenen Wirksamkeit unter realen Bedingungen und dadurch die umfassende Nutzung von Effizienz-reserven. Regionalbudgets ermöglichen die Integration von pri märer und sekundärer individualisierter Prä-vention und innovativen Versorgungskonzepten wie Telemedizin und Telecare.

Eine arbeitsteilige Kooperation sichert die medizinische Versorgung auf dem Land. Pflege-dienste oder sogenannte Gemeindeschwestern können Ärzte in der Zuhause-Betreuung von Patienten unterstützen.

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50 Landarzt ade?

Um die medizinische Versorgung auf dem Land auch in Zukunft sicherzustellen, gilt es in folgenden Bereichen zu forschen:

· Weiterentwicklung von Delegation medizinischer Leistungen im AGnES-Konzept (Anwendungen in fach-ärztlichen Bereichen? Demenzversorgung ? Präventions-coaching?)

Gemeindeschwestern und „Apotheken auf Rädern“ sichern medizinische Versorgung

Gerade im Bereich Gesundheit stellen die Folgen des demografischen Wan-dels uns vor Herausforderungen, die Lebensqualität im ländlichen Raum zu erhalten. Aus meiner Sicht sind vor allem drei Aspekte besonders wichtig:

1. Ärzte sollten bei der zu Hause-Betreuung von Patienten durch qualifi-zierte Schwestern – z.B. der sogenannten Gemeindeschwester – unter-stützt werden. Diese sollte nicht bei einzelnen Ärzten angestellt sein, sondern als Mitarbeiterin des öffentlichen Gesundheitswesens allen Ärz-ten einer Region zur Seite stehen.

2. Hinsichtlich der Versorgung ländlicher Räume mit Medikamenten sollten die begonnenen Wege zur Flexibilisierung bei der Medikamentenversor-gung ausgebaut werden, z.B. durch mobile „Apotheken auf Rädern“ oder stärkere Nutzung von Versand- und Bringdiensten.

3. Rettungsdienste sind so auszustatten und zu unter-stützen, dass eine notfallmedizinische Versorgung auch in dünn besiedelten Regionen in einer ange-messenen Zeit erfolgen kann.

Daniela Ludwig MdBStellvertretende Vorsitzende der CSU-Landes gruppe im Deutschen Bundestag

Auftrag für die Zukunft

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51 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

· Weiterentwicklung von sektorübergreifenden, tele-medizinischen Konzepten zur Organisation und Unter-stützung der regionalen Versorgung, Entwicklung von Algorithmen zur Identifikation geeigneter Patienten, Online- und Offline-Monitoring, Adhärenz und Akzep-tanzmessungen

· Entwicklung von Methoden zur partizipativen Ent-scheidungsfindung zwischen Leistungserbringern und Patienten

· Priorisierung bei Multimorbidität: Welche Erkrankung(en) haben Priorität bei der Behandlung? Wie werden diese bestimmt?

· Weiterentwicklung des Konzeptes „Individualisierte Medizin“ speziell zugeschnitten auf die Randbedingun-gen in ländlichen Regionen

Die Vision einer regionalen Versorgung ist, dass alle Ak-teure zusammen effektiv, effizient und in hoher Qualität die Gesamtheit der notwendigen Leistungen erbringen. In der Praxis bedeutet das eine arbeitsteilige Kooperation vieler – idealerweise aller – Leistungserbringer einer Re-gion zur koordinierten Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Akteure sind hier sowohl die unmittelbaren Leistungserbringer (z.B. niedergelassene Haus- und Fachärzte, Pflegedienste, Kliniken) als auch Institutionen der Selbstverwaltung (Krankenkassen, kassenärztliche Vereinigungen) sowie weitere Institutionen und Interes-sengruppen im Gesundheitswesen. Auch Akteure außer-halb des Gesundheitswesens sind für die regionale Versorgung wichtige Partner. Beispiele sind regionale Planungsverbände, Landkreise und Kommunen.

Berufsgruppenübergreifende Kooperation, Delegation, strukturierte Arbeitsteilung in Behandlungspfaden und die sektorübergreifende Kompensation von Versorgungs-defiziten erfordern eine größere Durchlässigkeit der Professionsgrenzen. Dadurch wird die Qualifikation der

Vision einer arbeitsteiligen Kooperation vieler Leistungserbringer

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52 Landarzt ade?

Leistungserbringer zum entscheidenden Faktor. Wer vor Ort ist und qualifiziert ist, kann eine Leistung erbringen – und muss diese perspektivisch auch abrechnen dürfen.

Dieses kooperative und arbeitsteilige Paradigma ist Vor-aussetzung für eine flexible Aufgabenverteilung. So kann z.B. ein Apotheker Aufgaben in der Beratung zur opti-mierten Pharmakotherapie übernehmen, die Suchtinter-vention ein Hausarzt, Früherkennungs- und Präventions-leistungen ein Zahnarzt. Pflegedienste können delegierte ärztliche Leistungen ausführen und in Modellprojekten bestimmte Tätigkeiten auch in eigener Verantwortung übernehmen (sog. Substitution nach § 63c SGB V). Basis eines regionalen Versorgungsnetzwerks ist eine professi-onelle IT-Infrastruktur einschließlich regionaler Patien-tenakte und Heilberufsausweis.

Der Versorgungsforschung kommt in diesem Innovati-onsprozess eine zentrale Bedeutung zu. Praxisnahe Studiendesigns, valide Primärdaten und hohe methodi-sche Qualität ermöglichen eine belastbare Analyse der Wirksamkeit und der gesundheitsökonomischen Kosten einer komplexen Maßnahme. Die Kostenträger sollten einen transparenten und verbindlichen Kriterienkatalog vor legen. Werden alle Bedingungen nachweisbar erfüllt, sollten erfolgreiche Interventionen zeitnah in die Regel-versorgung überführt werden.

Durch konsequentes politisches Handeln entsteht der Raum, in dem die Herausforderung der zukünftigen medizinische Versorgung auf dem Land ihr ganz erheb-liches Innovationspotenzial entfalten kann.

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53 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Leben und Arbeiten auf dem Land Landflucht entgegenwirken, Perspektiven schaffen

Seit Jahrhunderten ziehen die Menschen dorthin, wo sich Arbeit befindet. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts arbeitete und lebte auf dem damaligen Reichsgebiet fast jeder zweite Erwerbstätige auf dem Land. Mit der Industria-lisierung änderte sich dies schlagartig und es setzte eine Bevölkerungswanderung hin zur Stadt ein. Dieser Trend blieb lange so, auch als zusehends der Dienstleistungssektor Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts an Bedeutung gewann. Laut der Erwerbstäti-genrechnung des Statistischen Bundesamts war 2010 nur noch jeder 48. oder zwei Prozent aller Erwerbstätigen im primären Wirtschafts-sektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) beschäftigt. Im produzierenden Gewerbe (sekundärer Bereich) arbeiteten dagegen 24

Prozent und im Dienstleistungssektor (tertiärer Bereich) 74 Prozent aller Erwerbstätigen.

Durch die Fokussierung auf den Dienstleistungssektor ergaben sich fortan mehr Möglichkeiten, sich dem Leben und Arbeiten auf dem Land wieder stärker zuwenden zu können. So zogen viele Menschen vor allem in den Speckgürtel größerer Städte, aber auch in den (periphe-ren) ländlichen Raum. Im Zuge dessen ist eine Infrastruk-tur für den täglichen Bedarf (Arzt, Supermarkt, Bäcker etc.) für die dort lebenden Menschen entstanden bzw. weiter gewachsen.

Max Straubinger MdBVorsitzender des Arbeitskreises Arbeit & Soziales der CSU-Landes-gruppe im Deutschen Bundestag

Page 56: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

54 Leben und Arbeiten auf dem Land

Mit dem Einzug des demografischen Wandels, der durch eine geringe durchschnittliche Kinderzahl je Frau, eine sinkende Geburtenzahl und eine steigende Lebenserwar-tung geprägt ist, setzte in den letzten Jahren in Deutsch-land eine völlig neue Bevölkerungsentwicklung ein. Ende 2009 lebten in Deutschland rund 81,8 Millionen Menschen. Bis zum Jahr 2050 sollen es nach aktuellen Schätzungen mindestens zwölf Millionen Menschen weniger sein.

Von dieser demografischen Entwicklung sind insbeson-dere ländliche Gebiete betroffen. Gerade junge Menschen verlassen die Dörfer und Kleinstädte, je kleiner die Orte und je weiter entfernt sie von größeren Städten liegen. Zum einen sind alte Arbeitsplätze, auch im Dienstleis-tungssektor, verloren gegangen. Neue entstehen jedoch überwiegend in den Metropolregionen, wie beispiels-weise München. Zum anderen ist auch oftmals das Pendeln zwischen Arbeitsstätte und Heimatort für viele Menschen zu aufwendig.

Um dieser Entwicklung Einhalt zu gewähren und die soge-nannte Landflucht weitestgehend zu verhindern, sind Lösungen auf vielen politischen Ebenen, gefragt. Nicht nur auf kommunaler Ebene, auch auf gesellschaftlicher Ebene sind Maßnahmen erforderlich. Anfang März 2012 hat sich hierzu die Arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ der Koalition aus CDU/CSU und FDP im Deut-schen Bundestag gebildet. Es wurde versucht, praktikable Lösungen herbeizuführen. Hauptziele für den Arbeits-markt sind die Erhaltung eines leistungsfähigen Fach-kräfteangebots und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies soll u.a. durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

· Um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern und das Wissen über die Chancen einer Ausbildung zu fördern, sind Maßnahmen zur Nachwuchswerbung und -sicherung in Mittelstand und Handwerk notwendig.

Demografischer Wandel: Junge Menschen verlassen die Dörfer

Regionale Vielfalt sichern – Lebensqualität steigern

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55 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

· Um die Beschäftigungssituation zu verbessern und die Erwerbsbeteiligung Älterer zu steigern, muss es ein Zusammenwirken von Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik geben. Alle müssen auf einen Bewusstseinswan-del in der Gesellschaft, bei Arbeitgebern und Beschäftig-ten hinwirken.

· Benachteiligte Gruppen am Arbeitsmarkt müssen unter-stützt werden, insbesondere durch die Beseitigung von Beschäftigungshemmnissen. Dafür müssen vorhandene dezentrale Entscheidungsspielräume beim Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumente gezielt genutzt werden, z.B. durch Mobilitätshilfen und eine Förderung des „lebenslangen Lernens“.

· Mittels eines „Demografie-Checks“ sollten die Länder und Kommunen die demografischen Potenziale vor Ort untersuchen, um gezielt Initiativen zur Gewinnung von Arbeitskräften und das Potenzial von älteren Arbeits-kräften im ländlichen Raum erkennen zu können.

Die Unionsfraktion empfiehlt den Gemeinden, kommunale Tages-mütter zu beschäftigen. So kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf dem Land verbessert werden.

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56 Leben und Arbeiten auf dem Land

· Da der demografische Wandel und der Bedarf an Fach-kräften regionale und branchenspezifische Unter-schiede aufweist, ist die Empfehlung an die verschiede-nen Partner vor Ort, regionale und branchenspezifische Handlungskonzepte zur Erhöhung des Fachkräftepoten-zials abzustimmen und gemeinsam umzusetzen. Dies betrifft vor allem Vertreter der Industrie- und Handels-kammern, Handwerkskammern, Agenturen für Arbeit, Hochschulen und Verwaltungen.

· Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wirbt für eine bessere Nutzung der Erstattungsmöglichkeit von Fahrtkosten für Sprachkursteilnehmer (Integrationskurse, Arbeits-marktintegration für Menschen mit Migrationshinter-grund) – gerade angesichts der Konzentration der Ange-bote in zentralen Orten.

· Die Unionsfraktion empfiehlt der Bundesregierung, die im Zuge der Überführung der Kraftfahrzeugsteuer von einer Landes- zur Bundessteuer notwendige Neu-ordnung der Behördenstruktur so vorzunehmen, dass möglichst viele Arbeitsplätze in ländlichen Regionen erhalten bleiben.

· Wir empfehlen den Kommunen, über eine kommunale Beschäftigung von Tagesmüttern zur Verbesserung in der Kindertagespflege und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beizutragen. Die Tätigkeit von Tages-müttern muss im häuslichen Umfeld durch weniger bürokratische Auflagen und Standards erleichtert wer-den (soweit dies dem Kindeswohl nicht entgegen steht).

· Es muss eine gemeinsame Strategie und Programme von Bundesregierung, Krankenkassen und Renten-versicherungsträgern zur Prävention und Gesundheits-vorsorge geben.

Es ist an uns, die regionale Vielfalt in Deutschland zu erhalten und an die nächste Generation weiter zu geben.

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57 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Strategien für die Daseinsvorsorge Interkommunale Zusammenarbeit unerlässlich

Wichtige Schwerpunkte zur Stärkung des ländlichen Raumes sind der Bereich der Daseinsvorsorge und der interkommunalen Zusammenarbeit.

Die ländliche Entwicklung erfordert komplexe Planungs-instrumente, die unterschiedlichste Fachbereiche inte-grieren. Das geht vom Baurecht über Wohnungsbaupro-gramme, Förderprogramme aller Art, Kinderbetreuung, Gesundheit und Pflege, über den gesamten Bildungs-bereich bis hin zur Freiwilligen Feuerwehr. Es geht aber auch um Infrastruktureinrichtungen wie Strom-, Wasser-ver- und Abwasserentsorgung sowie um die Kultur auf dem Land, die für das Lebensgefühl und das Heimat-

bewusstsein der Menschen eine wichtige Rolle spielt.

Kurzum, es geht um die wesentlich von der öffentlichen Hand mitgetragenen Rahmen-bedingungen für das Leben in den ländlichen Räumen. Dabei nehmen private und kommu-nale Anbieter jeweils ihre spezifischen Auf-gaben wahr, auch im Bereich der Daseins-vorsorge.

So empfehlen wir der Bundesregierung u.a., bei den Verhandlungen über die europäische Richtlinie zu Dienstleistungskonzessionen nicht über die Rechtsprechung des Europä-ischen Gerichtshofes hinauszugehen. Das hört sich zunächst recht bürokratisch an, je-doch wollen wir hier eine möglichst geringe

Peter Götz MdBVorsitzender der Arbeitsgemein-schaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

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58 Strategien für die Daseinsvorsorge

Regelungsintensität. Wichtig ist uns, dass den besonde-ren Belangen der Wasserversorgung in Deutschland auch in Brüssel Rechnung getragen wird. Wir wollen eindeutig sicherstellen, dass die staat liche Organisationshoheit und das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen nicht durch die Hintertür beseitigt werden. Schließlich haben CDU und CSU dafür auch auf europäischer Ebene immer wieder gekämpft.

Um die erstklassige Qualität der Wasserversorgung in Deutschland nicht zu gefährden, muss die kommunale Selbstversorgung bestehen bleiben.

Page 61: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

59 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Wir wollen uns das in Europa erfolgreich durchgesetzte Prinzip der Subsidiarität, das einen wichtigen Bestand-teil der kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland darstellt, nicht Stück für Stück unter dem Deckmantel scheinbaren Wettbewerbes entreißen lassen. Dieses unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung ist mit Inkrafttreten des neuen EU-Vertrags von Lissabon erst-malig im europäischen Primärrecht festgeschrieben. Als Bestandteil der nationalen Identität können damit die Kommunen auch zukünftig alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung regeln. Für die Städte, Gemeinden und Landkreise in Deutsch-land ist dies von herausragender Bedeutung.

Aus diesem Verständnis heraus beschloss auf Antrag der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) der Bun-desparteitag der CDU in Hannover folgerichtig, den von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienvorschlag zu den Dienstleistungskonzessionen abzulehnen bzw. weitreichende Bereichsausnahmen zu erwirken. Das ist uns deshalb so wichtig, weil Dienstleistungskonzessio-nen viele Leistungen der Daseinsvorsorge berühren. Dies betrifft z.B. Wasserver- und -entsorgung, Rettungs- und Gesundheitsdienstleistungen sowie soziale Dienst-leistungen.

Diese Dienstleistungen werden sowohl aufgrund ihrer Art als auch ihres Umfangs zum großen Teil vor Ort und nicht grenzüberschreitend erbracht. Außerdem sei klar-gestellt, dass schon heute die Vergabe von Dienstleis-tungskonzessionen keinen rechtsfreien Raum darstellt, in dem die Kommunen völlig frei agieren können. Die europäischen Regeln sehen vor, dass die Konzessions-vergaben unter Einhaltung der Grundsätze der Gleich-behandlung, Nichtdiskriminierung und Transparenz zu erfolgen haben.

Die im Entwurf der EU-Kommission vorgeschlagene europaweite Ausschreibungsverpflichtung könnte jedoch nicht nur zu einer erheblichen Einschränkung der kom-munalen Selbstverwaltung und Handlungsspielräume

Prinzip der Subsidiarität unabdingbar

Page 62: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

60 Strategien für die Daseinsvorsorge

führen, sondern de facto auch zu einer Liberalisierung insbesondere der Wasserversorgung in Deutschland. Dies könnte bewährte, sichere Strukturen zerstören.

Darüber hinaus greifen wir mit unserem Antrag „Zukunft für ländliche Räume – Regionale Vielfalt sichern und ausbauen“ viele weitere Themen auf. Wir wollen überört-liche Zusammenarbeit und Netzwerke von Kommunen unterstützen. Ziel ist die Kooperation beim Angebot von Infrastruktur und somit der Vermeidung kostenintensi-ver Doppelstrukturen.

Das Städtebauförderungsprogramm ‚Kleinere Städte und Gemeinden‘ unterstützt gezielt kleinere Städte und Ge-meinden in dünn besiedelten ländlichen Räumen bei der Bewältigung des demografischen Wandels und der Siche-rung der Daseinsvorsorge vor Ort. Diese Unterstützung trifft bundesweit auf breite Resonanz: Insgesamt werden mehr als 150 Gesamtmaßnahmen bzw. interkommunale Kooperationen mit mehr als 450 beteiligten Kommunen gefördert. Im aktuellen Haushaltsjahr 2012 stellt der Bund rund 44 Millionen Euro Bundesfinanzhilfen für das Programm bereit. In Niedersachsen wird dieses Pro-gramm seit 2011 in 29 interkommunalen Kooperationen sehr erfolgreich umgesetzt.

Im Bundeshaushalt 2013 ist uns eine Anhebung der Finanzhilfen des Bundes auf 55 Millionen Euro gelungen. Das stärkt die Städte und Gemeinden im ländlichen Raum. Darüber hinaus regen wir eine landkreisübergrei-fende Zusammenarbeit an. Wir wollen das Programm für kleinere Ortschaften niedrigschwelliger ausgestalten. Ziel ist es, damit die Lücke zwischen diesem Programm und der Förderung der Dorferneuerung zu schließen.

Wir wollen eine konsequente Einbeziehung der demo-grafischen Entwicklung, insbesondere im Bereich der Infrastruktur, durch einen sogenannten „Demografie-Check“. Dieser soll bei allen Förderprogrammen und Investitionsvorhaben zu nachhaltigen Förderentschei-

Überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke von Kommunen

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61 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

dungen und Förderzusagen führen. Wir setzen uns für eine konsequente Innenentwicklung vor Ausweisung neuer Baugebiete ein. Die erste Lesung zur Novelle des Bau gesetzbuches bzw. Bauplanungsrechts fand am 30.11.2012 im Bundestag statt. Die Weichen sind gut gestellt.

Die Stärkung des Ehrenamts und des kulturellen Lebens in den Städten, Gemeinden und Landkreisen sind uns wichtige Anliegen. Ende November 2012 wurde ein Gesetzentwurf vorgelegt, der dazu wesentlich beitragen wird. Wir sind auf einem guten Weg und müssen diesen auch in der nächsten Wahlperiode zielstrebig fortsetzen.

Page 64: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

62 Anhang

Anhang

Der demografische Wandel trifft insbesondere die ländlichen Räume. Deshalb haben die Fraktionen von CDU/CSU und FDP die Arbeits-gruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ eingesetzt. Die Abgeordneten erarbeiteten Lösungsvorschläge zur Stärkung der ländlichen Räume. Der Bundestag hat im November letzten Jahres 105 konkrete Vorschläge beschlossen, die die Koalition nun möglichst Schritt für Schritt umsetzen wird.

Page 65: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

63 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Mitglieder der Arbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“ der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Peter Götz MdB

· Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung · Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Karl Holmeier MdB

· Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung · Mitglied im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union

Ingbert Liebing MdB

· Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

· Mitglied im Ausschuss für Tourismus· Vorsitzender der Koalitionsarbeitsgruppe „Ländliche Räume, regionale Vielfalt“

Daniela Ludwig MdB

· Mitglied im Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung· Stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe· Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Parlamen tarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung

Wahlkreis 273Rastatt

www.goetzpeter.de

Wahlkreis 234 Schwandorf/Cham

www.holmeier.de

Wahlkreis 2Nordfriesland – Dithmarschen Nord

www.ingbert-liebing.de

Wahlkreis 223Rosenheim

www.daniela-ludwig.de

Page 66: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

64 Anhang

Andreas Mattfeldt MdB

· Mitglied im Haushaltsausschuss · Mitglied im Petitionsausschuss

Stephan Mayer MdB

· Mitglied im Innenausschuss· Mitglied im Sportausschuss· Vorsitzender des Unterausschusses Regionale Wirtschaftspolitik· Vorsitzender des Arbeitskreises Innen, Recht, Kommunal-politik, Sport und Ehrenamt, Kultur und Medien der CSU- Landesgruppe

Marlene Mortler MdB

· Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

· Mitglied im Ausschuss für Tourismus· Vorsitzende der Arbeitsgruppe Tourismus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Wahlkreis 35 Osterholz – Verden

www.andreas-mattfeldt.de

Wahlkreis 213Altötting

www.mayerstephan.de

Wahlkreis 246Roth

www.marlenemortler.de

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65 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Eckhardt Rehberg MdB

· Mitglied im Haushaltsausschuss· Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die maritime Wirtschaft

· Vorsitzender der Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Max Straubinger MdB

· Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales

· Mitglied im Ausschuss für Gesundheit· Vorsitzender des Arbeitskreises Arbeit und Soziales, Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend der CSU-Landesgruppe

Lena Strothmann MdB

· Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie· Vorsitzende der AG Handwerk im Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Wahlkreis 17Bad Doberan – Güstrow – Müritz

www.eckhardt-rehberg.de

Wahlkreis 230Rottal-Inn

www.max-straubinger.de

Wahlkreis 133Bielefeld

www.lena-strothmann.de

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66 Anhang

Deutscher Bundestag Drucksache 17/1165417. Wahlperiode 27.11.2012

Antragder Abgeordneten Ingbert Liebing, Max Straubinger, Peter Götz, Michael Grosse-Brömer, Karl Holmeier, Daniela Ludwig, Andreas Mattfeldt, Stephan Mayer, Marlene Mortler, Stefan Müller (Erlangen), Eckhardt Rehberg, Lena Strothmann, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Claudia Bögel, Dr. Edmund Geisen, Heinz-Peter Haustein, Sebastian Körber, Horst Meierhofer, Jörg van Essen, Rainer Brüderle und der Fraktion der FDP

Zukunft für ländliche Räume – Regionale Vielfalt sichern und ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland lebt in ländlichen Räumen. In ihren Landschaften, in ihren Dörfern, kleinen und mittleren Städten erleben sie Heimat, mit der sie eng verbun-den sind. Wir wollen den Menschen und insbesondere auch der jungen Generation Zukunftsperspektiven in ihrer ländlichen Heimat geben.

Die ländlichen Regionen in Deutschland sind vielfältig: Während viele Regionen für eine positive Entwicklung gut gerüstet sind, haben andere Teilräume große Schwierigkeiten, die Herausfor-derungen infolge des demografischen Wandels, der Globalisie-rung und europäischen Integration zu bewältigen. Dies gilt heute bereits für einige und eine wachsende Zahl weiterer länd-licher Regionen im Westen. Im Osten hat die Entwicklung früher und heftiger begonnen. Aber hier ist erkennbar, welche Heraus-forderungen auch auf andere ländliche Regionen im Westen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zukommen werden.

Page 69: Ländliche Räume, regionale Vielfalt

67 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

II. Der Deutsche Bundestag empfiehlt:

Für eine nachhaltige Entwicklung der ländlichen Räume hält der Deutsche Bundestag Maßnahmen in vier Handlungsfeldern für erforderlich, wobei generell gilt, dass dies im Rahmen der ver-fügbaren Haushaltsmittel umzusetzen ist. Der Deutsche Bun-destag sieht Bund, Länder, Landkreise, Städte und Gemeinden sowie nichtstaatliche Akteure in gemeinsamer Verantwortung im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen:

1. Verkehrs-, Kommunikations- und Energieinfrastruktur, 2. Wirtschaft und Arbeit, 3. sozialer Zusammenhalt, Betreuung, Gesundheit und Pflege, 4. integrierte ländliche Entwicklung.

1. Modernes Netz von Verkehrs-, Kommunikations- und Energieinfrastruktur

a) Telekommunikation

Zentrale Aufgabe ist die Verbesserung der Standortbedingun-gen des ländlichen Raums durch eine flächendeckend gleich-wertige Teilhabe von städtischen und ländlichen Regionen am schnellen Internet und der Verhinderung der digitalen Spaltung Deutschlands. Um die Ausbauziele der Bundesregierung zu er-reichen, ergeben sich folgende Schwerpunkte:

· zügige Umsetzung der im Rahmen der Novelle des Telekommu-nikationsgesetzes (TKG) neu geschaffenen investitionsfreund-lichen Regulierungsmaßnahmen (z. B. die Technik des Micro-trenchings, neue Möglichkeiten der Synergienutzung durch Mit-nutzung und Mitverlegung) durch alle Akteure auf allen Ebenen; Anpassung der Bauvorschriften der Länder zur Umsetzung der TKG-Novelle;

· personelle Aufstockung der Bundesnetzagentur mit dem Ziel, die Anträge der Telekommunikationsunternehmen auf Richt-funk-Genehmigungen zur Anbindung von Mobilfunkstationen unter anderem für den schnellen LTE-Ausbau schnell bearbeiten zu können. Prüfung eines beschleunigten Genehmigungsver-

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68 Anhang

fahrens analog zum Verkehrswegebeschleunigungsgesetz in Folge der Deutschen Einheit;

· bestehende KfW-Programme für Unternehmen und Kommunen sollten durch textliche Präzisierungen, öffentlichkeitswirksame Maßnahmen und eine erhöhte Transparenz besser für den Breit-bandausbau genutzt werden können.

· Gewährleistung, dass die Regulierungsvorgaben des TKG beim Zugang zu Kabelverzweigern und/oder Schaltverteilern einge-halten werden, auch dann, wenn bereits eine Grundversorgung im betreffenden Gebiet existiert;

· Erhöhung der Versorgungsauflagen zur vorrangigen Erschlie-ßung des ländlichen Raums bei der Versteigerung der digitalen Dividende II, um die Erschließung sehr dünn besiedelter Regio-nen mit Hochleistungsnetzen zu gewährleisten;

· Bereitstellung weiterer Funkfrequenzen (z. B. 700 MHz-Band) für die mobile Breitbandnutzung im Rahmen der Weltfunkkon-ferenz 2015;

· Prüfung, inwieweit analog zur Bundesrahmenregelung „Leer-rohre“ eine beihilferechtliche Rahmenregelung geschaffen wer-den kann, die es Kommunen in bestimmten Fällen erlaubt, den Breitbandausbau durch Schließung der Wirtschaftlichkeitslücke zu fördern;

· Prüfung, inwieweit das Breitbandbüro des Bundes zu einer res-sortübergreifenden Koordinierungsstelle weiterentwickelt wer-den kann;

· Fortsetzung der kontinuierlichen und umfassenden Information und Unterstützung der Kommunen durch das Breitbandbüro des Bundes;

· darauf hinzuwirken, dass alle interessierten Kommunen den Netzausbau in eigener finan zieller Verantwortung übernehmen können. Dabei sind Möglichkeiten für ein langfristig angelegtes, gemeinsames Infrastrukturförderprogramm zum flächende-ckenden Ausbau von hochleistungsfähigen Glasfasernetzen bzw. Aufstockung und Verstetigung des Breitband-Förderpro-grammes in der GAK zu erörtern. Dabei ist zu prüfen, welche

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69 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

Mittel über welchen Zeitraum von Bund, Ländern und Kommu-nen dafür erforderlich sind;

· Prüfung, ob eine Reduzierung der Ausbaukosten durch Öffnung der Breitband-Förderprogramme für mit Gewinnerzielungsab-sicht tätige kommunale Unternehmen, Bürgergesellschaften und andere Initiativen, die den Breitbandausbau vorantreiben, möglich ist;

· Zielsetzung, dass in den Verhandlungen über den zukünftigen mehrjährigen Finanzrahmen und der inhaltlichen Ausrichtung der EU-Kohäsionspolitik der Breitbandausbau auch künftig durch den europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ab 2014 förderfähig bleibt. Möglichst einfache Gestaltung der För-derbedingungen;

· Unterstützung der Einrichtung einer Connecting Europe Facility zur Förderung des Breitbandausbaus insbesondere im ländli-chen Raum;

· Unterstützung für die Bundesregierung, die sich auf europäi-scher Ebene weiterhin für investitionsfreundliche Regulierungs-vorgaben einsetzt und diese zügig in Deutschland umsetzt;

· bei Neubaugebieten ist sicherzustellen, dass der Anschluss an ein öffentliches Telekommunikationsnetz (Telefon/Telefax) tech-nologieoffen, aber für den Endkunden in der bisher gewohnten Qualität gewährleistet wird.

b) Verkehr

Zur Bewältigung des Verkehrsaufkommens, wegen veränderter Mobilitätsansprüche sowie zur besseren Erreichbarkeit sind in allen Bereichen Erhaltungs- und Ausbaumaßnahmen unter Be-achtung des Zieles einer umweltgerechten und altersspezifi-schen Mobilität erforderlich mit folgenden Schwerpunkten:

· besondere Berücksichtigung der Erschließungsfunktion von Bundesverkehrswegen und der ihr zugrundeliegenden Kosten-Nutzen-Rechnung für die ländlichen Räume. Schaffung einer ausreichenden Anbindung der ländlichen Räume an das überre-gionale Verkehrsnetz durch entsprechende Prioritätensetzung im Bundeshaushalt;

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70 Anhang

· der ÖPNV/SPNV ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Daseins-vorsorge. Um den Ländern, Kommunen und Verkehrsteilneh-mern die erforderliche Planungssicherheit zu geben, muss zwi-schen Bund und Ländern rechtzeitig Einvernehmen erzielt werden, in welcher Höhe die Finanzmittel für den Zeitraum 2014 bis 2019 zur Aufgabenerfüllung der Länder bzw. Kommu-nen angemessen und erforderlich sind. Dies gilt auch für die bisherigen Bundesleistungen für den kommunalen Straßenbau;

· zur Schaffung neuer Anreize für das Leben im ländlichen Raum durch Minderung des Standortnachteils ländlicher Regionen für die individuelle Mobilität durch konsequentere Nutzung durch die zuständigen Verkehrsbehörden der bereits heute zulässigen Ausnahmeregelungen für den Führerschein mit 16, wenn an-ders der Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht erreicht werden kann. Appell an die Länder, den Mopedführerschein mit 15 (Klasse AM) in Modellversuchen zu testen, wie vom Deutschen Bundestag mit Beschluss vom 7.7.2010 bereits angeregt;

· Unterstützung eines flächendeckenden ÖPNV durch die aktuelle Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Unbürokrati-sche Ausgestaltung alternativer Mobilitätsangebote (z. B. Rufbus, Bürgerbus, kombinierte Personen- und Gütertransporte);

· bei der Finanzierung schienengebundenen Personenverkehrs als Aufgabe der Daseinsvorsorge sind einwohnerschwache Re-gionen angemessen zu berücksichtigen;

· Einbindung von Elektromobilität in den schienengebundenen ÖPNV durch Bereitstellung von Ladestationen für Elektrofahr-zeuge an Bahnhöfen und im Bereich des straßengebundenen Nah- und Regionalverkehrs (z. B. Busse mit Batterie-, Hybrid-, Wasserstoff-, Brennstoffzellenantrieb);

· Berücksichtigung der Elektromobilität bei neuen Verkehrskon-zepten zur Mobilitätssicherung im ländlichen Raum (z. B. Ein-bindung von Miet-Elektroautos oder Elektrofahrrädern) und Stärkung der Querbeziehungen zu den Sektoren Bau (z. B. Plu-senergiehäuser mit Lademöglichkeiten für Fahrzeuge), Energie und Tourismus;

· Stärkung des Radverkehrs in ländlichen Regionen, insbeson-dere im Hinblick auf eine bedarfsgerechte Vernetzung.

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c) Energie

Zentrale Aufgabe ist es, eine in allen Regionen stets in ausrei-chender Menge verfügbare wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung sicherzustellen. Wir sehen folgende Hand-lungsschwerpunkte:

· zur größeren Identifikation der Bevölkerung mit dem Ausbau

der erneuerbaren Energien und zur Sicherung einer größeren Wertschöpfung in den ländlichen Regionen, Durchführung ei-ner Informationskampagne für die stärkere Nutzung von Betei-ligungsprojekten (z.B. Bürgerwindparks);

· Modellprojekte zur finanziellen Bürgerbeteiligung am Netzaus-bau;

· zur Beschleunigung des Netzausbaus Gewinnung von Partnern durch möglichst frühzeitige Beteiligung der Kommunen in der Netzausbauplanung;

· Akzeptanzsteigerung für den Leitungsausbau bei Grundeigen-tümern und anderen betroffenen Bürgern durch finanzielle An-reize, z. B. durch verschiedene Formen der finanziellen Bürger-beteiligung;

· der Ausbau erneuerbarer Energien und der Netzausbau erfor-dern aktuell einen hohen naturschutzrechtlichen Ausgleichsbe-darf, der zurzeit bundesweit sehr unterschiedlich geregelt ist und gleichzeitig einen Flächendruck auf die produzierende Landwirtschaft auslöst. Zur Lösung dieser Problematik und zur Kostenreduzierung sollen im Rahmen der Bundeskompensati-onsverordnung bundeseinheitliche Standards für den Vollzug der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung geschaffen wer-den. Diese Standards sollen folgende Schwerpunkte beinhalten: Erhöhte Rücksichtnahme auf agrarstrukturelle Belange und be-sonders geeignete Böden, breite Anwendung von landwirt-schaftlichen Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen sowie eine erleichterte Anrechnung von Entsiegelungsmaßnahmen und Wiedervernetzungsmaßnahmen als Ausgleichs- und Ersatz-maßnahmen. Ebenso sollen europarechtliche Spielräume bei der Bemessung des Ausgleichsmaßstabes insbesondere bei Ein-griffen in das Landschaftsbild genutzt werden und die ökologi-sche Aufwertung bereits stillgelegter Flächen Vorrang haben;

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72 Anhang

· zur Forcierung der energetischen Gebäudesanierung und Siche-rung von Wertschöpfung und Arbeit in ländlichen Räumen Empfehlung an die Länder, den bisherigen Widerstand im Bun-desrat gegen die steuerliche Förderung der Sanierung und Dämmung von Häusern aufzugeben;

· für einen umfassenden Ansatz bei der energetischen Erneue-rung von kleinen Städten im ländlichen Raum Aufnahme der Energieeinsparung und des Klimaschutzes in die integrierten Stadtentwicklungskonzepte, um energetische Potenziale vor Ort unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes optimal auszu-schöpfen und zugleich Belange der Baukultur besser zu berück-sichtigen.

2. Globale Märkte – lokale Arbeitsplätze

a) Wirtschaftliche Entwicklung

Ein zentraler Ansatz liegt in der Sicherstellung einer eigenständi-gen Entwicklung durch Fortentwicklung der Leistungs- und Wett-bewerbsfähigkeit der Regionen. Das wollen wir erreichen mit einer stärkeren Ausrichtung von Förderprogrammen auf länd-liche Räume und der Forcierung neuer Perspektiven wirtschaft-licher Entwicklung mit folgenden Schwerpunkten:

· Aktivierung der regionalen Potenziale durch Verstetigung der GRW und der GAK mit entsprechender Zweckbindung;

· Prüfung einer Differenzierung von Fördersätzen und Erarbei-tung alternativer privatwirtschaftlicher Co-Finanzierungs modelle für den Eigenanteil der Länder bzw. Kommunen in weiteren För-derprogrammen außerhalb der Gemeinschaftsaufgaben;

· Initiative auf europäischer Ebene zur geplanten Änderung der Leitlinien der Beihilfenpolitik, um der GRW einen möglichst breiten Spielraum bei der Ausgestaltung der Förder kulisse ab 2014 zu bewahren und die deutschen Grenzregionen wettbe-werbsfähig zu halten;

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73 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

· Aufforderung an die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass alle Regionen in Deutschland, die derzeit im Rahmen des Ziels „Konvergenz“ der EU-Strukturpolitik gefördert werden, im neuen Förderzeitraum ab 2014 eine ggf. zeitlich befristete und degressiv ausgestaltete Förderung in Höhe von zumindest 2/3 der Mittel der laufenden Förderperiode erhalten, um den be-sonderen strukturellen Problemen wirksam begegnen zu kön-nen und einen unvermittelten Abbruch der Förderung zu ver-meiden;

· stärkere Nutzung von Regionalbudgets zur Vernetzung von För-derprogrammen;

· Weiterentwicklung der GAK zu einem Förderinstrument für den ländlichen Raum;

· Sonderinvestitionsprogramm zur Anpassung der Infrastruktur-

einrichtungen an veränderte Demografie;

· stärkere Berücksichtigung unbarer Eigenleistungen in Förder-programmen und vereinfachte Verwaltungsverfahren durch Re-duzierung der Prüfkriterien für Kleinprojekte bis 10.000 Euro;

· Zugang finanzschwacher Kommunen zur EU-Förderung durch EU-rechtliche Ermöglichung der Aufbringung des Eigenanteils durch privaten Eigenanteil oder Bürgerfonds und durch natio-nale Erweiterung des Förderspektrums der nationalen Co-Fi-nanzierungsinstrumente (GRW und GAK) zur Ausschöpfung der europäischen Fördermöglichkeiten;

· um die Finanzierungsmöglichkeiten in den ländlichen Räumen zu sichern, Empfehlung an die Bundesregierung, Finanzauf-sicht, Banken und kommunale Spitzenverbände bei der Umset-zung der Vorschläge des Baseler Ausschusses für Bankenauf-sicht zur Reform der Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Kreditinstitute (Basel III) und der Novellierung der Eigenka-pital-Richtlinie der EU-Kommission (CRD IV-Regelwerk) die vor-handenen Prüf- und Revisionsmöglichkeiten des Regelwerks zu nutzen und regional agierende Banken nicht mit neuer Büro-kratie zu belasten;

· Empfehlung, den Zugang zu Bildungs- und Forschungskapazitäten auch im ländlichen Raum zu erhalten, Kooperationen von Wirt-

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schaft und Forschung zu fördern, um die Innovationsfähigkeit mittelständischer Unternehmen im ländlichen Raum zu stärken;

· um das Handwerk und vergleichbare Gewerbesektoren stärker im ländlichen Raum zu verankern, Überprüfung von Baupla-nungsrecht und Baunutzungsverordnung mit dem Ziel, das Mit-einander von Wohnen und Arbeiten einfacher zu ermöglichen;

· Abwendung zusätzlicher bürokratischer Auflagen für das Hand-werk auf dem Land, indem Ausnahmen von der geplanten Fahr-tenschreiberpflicht für Handwerkerfahrten voll ausgeschöpft werden (aktuelle Novellierung der EU-Verordnung über das EG-Kontrollgerät im Straßenverkehr);

· Förderung der Einrichtung von Städtepartnerschaften, die dem gegenseitigen wirtschaftlichen Aufschwung nutzen, Synergie-effekte entfachen und neue Arbeitsplätze schaffen können.

b) Zukunftsfähige Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft

· Die Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft als bedeutender Wirtschaftszweig und Fundament des ländlichen Raums wird gestärkt mit folgenden Schwerpunkten:

· zur Erleichterung der Nachwuchsgewinnung für landwirtschaft-liche Familienbetriebe Durchführung einer Imagekampagne „Pro Landwirtschaft“ durch das Bundesministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und eine ausrei-chende Junglandwirte-Förderung in der 2. Säule der Gemein-samen Agrarpolitik (GAP) ab 2014;

· verbesserte Förderung des Erwerbs landwirtschaftlicher Be-triebe durch Jung-Landwirte durch Erweiterung des Investiti-onsförderprogramms für den ländlichen Raum im Rahmen des ELER-Programms der EU und der Liquiditätsförderprogramme der Landwirtschaftlichen Rentenbank;

· zur Steigerung der gesellschaftlichen Bedeutung und Akzeptanz der Landwirtschaft in der Bevölkerung Empfehlung an die Län-der, im Rahmen der Bildungspolitik über Erzeugungsmethoden sowie über die ökonomischen und ökologischen Anforderun-gen, denen sich die Landwirtschaft stellen muss, aufzuklären;

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· Betonung der Nutzung des Rohstoffes Holz sowohl als Beitrag der Biomasse zur Energiewende als auch zur Wertschöpfung in den ländlichen Räumen durch stoffliche Nutzung des Rohstoffes Holz. Standortgerechte Baumartenwahl in Reaktion auf den Kli-mawandel sollten durch Absicherung notwendiger Forschungs-projekte gefördert werden. Keine weiteren Nutzungsverzichte für die Deutsche Forstwirtschaft. Sie ist mit ihrer nachhaltigen, naturnahen Bewirtschaftung weltweit vorbildlich. Experten prog-nostizieren einen Fehlbedarf an Biomasse in der EU für 2020. Biodiversitätsforderungen von 5 % Nutzungsverzicht bezogen auf die Gesamtfläche werden unter Berücksichtigung von Ein-schränkungen der forstlichen Bewirtschaftung bereits erreicht. Zwei Drittel der Waldfläche unterliegen bereits Schutzgebiets-auflagen;

· für eine nachhaltige Biomasseproduktion sowie zur Bereitstel-lung von Holz für die stoffliche Verwertung müssen die Rah-menbedingungen für die Anlage von Kurzumtriebsplantagen verbessert werden, z. B. durch eine Einstiegsförderung im Rah-men der GAK sowie durch eine Nutzung von Grünland mit ge-ringer Wertigkeit;

· Ausrichtung des Agrarinvestitionsförderprogramms (AFP) ab 2014 in Abstimmung mit den Ländern, um sowohl eine ausrei-chende Basisförderung über Förderzuschüsse als auch eine ver-stärkte Förderung für besonders tierartgerechte Investitionen zu sichern; um Baumaßnahmen tierartgerechter gestalten zu können, müssen die Anforderungen praxisgerecht und wirt-schaftlich darstellbar sein;

· Unterstützung der Bundesländer bei der Prüfung und Anpas-sung des Grundstücksverkehrsgesetzes im Sinne zukünftiger Nahrungsmittelsicherung, damit das Vorkaufsrecht des aktiven Land- und Forstwirtes vor Investoren und Grundstückskäufern weiter erleichtert wird;

· zur verstärkten Berücksichtigung ländlicher Räume als Standorte für Forschung und Wissenschaft, sollten im Einklang mit der ge-planten ELER-Verordnung im Rahmen der GAK-Konzepte wie In-novationspartnerschaften einbezogen werden, um neuen Ideen und Technologien direkt vor Ort auf den Höfen zu erproben.

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c) Wirtschaftsfaktor ländlicher Tourismus

Die überwiegend mittelständisch strukturierte Tourismusbran-che hat herausragende Bedeutung für strukturschwache Regio-nen. Die positive Entwicklung des ländlichen Tourismus wird unterstützt:

· Initiative zur Fortführung der Fördermöglichkeit für touristische Infrastruktur über EFRE auch nach 2013;

· besondere Anstrengungen, um das Tourismusangebot im ländli-chen Raum behinderten- und altersgerechter zu gestalten;

· zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des ländlichen Touris-mus mit Blick auf steigende Qualitätsanforderungen Erstellung von Handlungsempfehlungen und Praxisleitfäden in Auswer-tung des Projektes „Tourismusperspektiven in ländlichen Räu-men“;

· zur Saisonverlängerung und zur Schaffung von mehr Wert-schöpfung Empfehlung an die Länder zur Verlängerung des Sommerferienkorridors auf 90 Tage;

· Empfehlung an die Bundesregierung, die Förderung des Touris-mus im ländlichen Raum durch regelmäßige Abstimmungsge-spräche mit den zuständigen Landesministerien zu koordinie-ren, um eine bessere Abstimmung von Maßnahmen und Förderinstrumenten, wie z. B. der landtouristischen Qualitäts- und Vermarktungsinitiativen, und Erfahrungsaustausch bzw. bundesweite Vernetzung zu erreichen;

· Flexibilisierung der Richtlinie über die Ausschilderung touristi-scher Sehenswürdigkeiten an Bundesautobahnen;

· Durchführung und Begleitung von Produktinnovationswork-shops im Rahmen der Aufgaben der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) durch die DTZ für die touristischen Leistungs-anbieter in den ländlichen Räumen;

· Förderung des Fahrradtourismus in ländlichen Regionen, z. B. durch Ausbau und Erweiterung des „Radnetzes Deutschland“;

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77 Ländliche Räume, regionale Vielfalt

· Integration der Elektromobilität in Konzepte und Angebote für eine nachhaltige Mobilität in Tourismusregionen (z. B. Mietfahr-zeugsysteme).

d) Arbeitsmarkt

Die Erhaltung eines leistungsfähigen Fachkräfteangebots und die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem Arbeitsmarkt ist eine beschäftigungspolitische Kernaufgabe mit den Schwerpunkten:

· gemeinsame Strategie und Programme von Bundesregierung, Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern zur Prävention und Gesundheitsvorsorge;

· Empfehlung an die Kommunen, zur Verbesserung in der Kinder-tagespflege und Verstetigung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch kommunale Beschäf-tigung von Tagesmüttern beizutragen und ihre Tätigkeit im häuslichen Umfeld durch weniger bürokratische Auflagen und Standards zu erleichtern (soweit dies dem Kindeswohl nicht entgegen steht);

· Werben für eine bessere Nutzung der Erstattungsmöglichkeit von Fahrtkosten für Sprachkursteilnehmer (Integrationskurse, Arbeitsmarktintegration für Menschen mit Migrationshinter-grund) angesichts der Konzentration der Angebote in zentralen Orten;

· Empfehlung an die Bundesregierung, die im Zuge der Überfüh-rung der Kraftfahrzeugsteuer von einer Landes- zur Bundes-steuer notwendige Neuordnung der Behördenstruktur so vorzu-nehmen, dass möglichst viele Arbeitsplätze in ländlichen Regionen erhalten bleiben;

· um gezielt Initiativen zur Gewinnung von Arbeitskräften und das Potenzial von älteren Arbeitskräften im ländlichen Raum er-kennen zu können, Empfehlung an die Länder und Kommunen zur Untersuchung der demografischen Potenziale vor Ort durch „Demografie-Checks“;

· da der demografische Wandel und der Bedarf an Fachkräften re-gionale und branchenspezifische Unterschiede aufweist, Empfeh-

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lung an die verschiedenen Partner vor Ort, also Vertreter der In-dustrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Agenturen für Arbeit, Hochschulen und Verwaltung, regionale und bran-chenspezifische Handlungskonzepte zur Erhöhung des Fachkräf-tepotenzials abzustimmen und gemeinsam umzusetzen;

· Verbesserung der Beschäftigungssituation und Steigerung der Erwerbsbeteiligung Älterer insbesondere durch ein Zusammen-wirken von Wirtschaft und Gewerkschaften sowie die Politik durch Hinwirken auf einen Bewusstseinswandel in der Gesell-schaft, bei Arbeitgebern und Beschäftigten;

· um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern und das Wissen über die Chancen einer Ausbildung zu fördern, Maßnahmen zur Nachwuchswerbung und -sicherung in Mittelstand und Hand-werk;

· um die benachteiligten Gruppen am Arbeitsmarkt besonders zu unterstützen, insbesondere durch Beseitigung von Beschäfti-gungshemmnissen, im Wege der gezielten Nutzung vorhande-ner dezentraler Entscheidungsspielräume beim Einsatz arbeits-marktpolitischer Instrumente, z. B. durch Mobilitätshilfen und eine Förderung des „lebenslangen Lernens“.

3. Sozialer Zusammenhalt, Betreuung, Gesundheit und Pflege

Die Sicherstellung einer dauerhaft hohen Qualität ärztlicher und pflegerischer Versorgung und Arzneimittelversorgung der Be-völkerung sowie bei Betreuungsangeboten auch in ländlichen Räumen wollen wir mit folgenden Schwerpunkten erreichen:

· noch stärkere Nutzung der bereits heute vorhandenen Möglich-keit, dass Kommunen Räume für Zweitpraxen zur Verfügung stellen, auch mit Mehrfachnutzung von Fachärzten;

· stärkere Nutzung von Telemedizin;

· Appell an die Länder, gemeinsam mit den Hochschulen das Aus-wahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium so weiter zu entwickeln, dass die bestehenden gesetzlichen Möglichkei-

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ten, neben der Abiturnote weitere Kriterien zu berücksichtigen, stärker als bisher genutzt werden;

· Stärkung der ambulanten Pflege und insbesondere der Versor-gung von Menschen mit Demenz durch die Einführung eines Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der der konkreten Lebenssituation Pflegebedürftiger ausreichend gerecht wird;

· Möglichkeit für Hilfsorganisationen, ihre Fahrzeuge zur Beför-derung hilfebedürftiger Personen einzusetzen, soweit kein ÖPNV und keine gewerblichen Dienstleister zur Verfügung stehen, durch entsprechende Ergänzung des Personenbeförde-rungsgesetzes;

· Sicherstellung des weitgehend auf ehrenamtlichen Engagement fußenden Zivil- und Katastrophenschutzes in der europäischen Debatte zum Vergaberecht bzw. zu Dienstleistungskonzessio-nen durch Bereichsausnahmen für „Zivil- und Katastrophen-schutz sowie die alltägliche Gefahrenabwehr“;

· Zur Steigerung der Attraktivität ehrenamtlicher Betätigung Ver-besserung der steuerrechtlichen Förderung des Ehrenamtes und Gewinnung von Senioren für das Ehrenamt, etwa durch Ge-staltung der Hinzuverdienstregelung im Rentenrecht dergestalt, dass im Regelfall an kommunale Ehrenbeamte gezahlte Auf-wandsentschädigungen nicht zu einer Verringerung der Rente führen.

4. Integrierte ländliche Entwicklung

Die ländliche Entwicklung erfordert ein komplexes Planungsins-trument, das unterschiedlichste Fachbereiche integriert. Vom Baurecht über Wohnungsbauprogramme, Förderprogramme, Bildungseinrichtungen, Institutionen wie die Freiwilligen Feuer-wehren oder die Kultur auf dem Lande bis hin zu Infrastruktur-einrichtungen der Wasserver- und Abwasserentsorgung werden Rahmenbedingungen für das Leben in den ländlichen Räumen gesetzt. Dabei nehmen private und kommunale Anbieter jeweils ihre spezifischen Aufgaben, auch im Bereich der Daseinsvor-sorge wahr. Folgende bessere Rahmenbedingungen sind dafür notwendig:

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· Empfehlung an die Bundesregierung, bei den Verhandlungen über die europäische Dienstleistungsrichtlinie nicht über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hinauszuge-hen und eine möglichst geringe Regelungsintensität zu wahren sowie sich auf Fragen des angemessenen Rechtsschutzes und der Bekanntmachungspflichten zu konzentrieren. Es ist den Be-langen der Wasserversorgung in Deutschland Rechnung zu tragen. Dabei ist sicherzustellen, dass die staatliche Organisati-onshoheit, insbesondere das Selbstverwaltungsrecht der Kom-munen, gewahrt bleibt;

· zur Schaffung von infrastrukturellen Rahmenbedingungen für das Leben im Dorf Befreiung bzw. zeitlich befristete Aussetzung von Standardvorschriften, die der Anpassung von öffentlicher Infrastruktur oftmals entgegenstehen;

· Aufrechterhaltung einer bezahlbaren Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Aufrechterhaltung eines konse-quenten Trinkwasser- und Gewässerschutzes;

· zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und zum Erhalt der Nahversorgung erleichterte Nachfolgenutzung für aufzuge-bende militärische Liegenschaften durch Nutzung von Städte-bauförderprogrammen bzw. Anpassung der Förderrichtlinien im finanzverfassungsrechtlichen Rahmen und Nachnutzung von ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden durch Handwerksbe-triebe wie Bäcker, Fleischer und andere Dienstleister durch fle-xiblere Gestaltung des Baugesetzbuches (§ 35 BauGB);

· bestehende Förderprogramme so gestalten, dass diese den He-rausforderungen der demografischen Entwicklung und dem Grundsatz „Innen- vor Außenentwicklung“ entsprechen;

· konsequente Innenentwicklung vor Ausweisung neuer Bauge-biete;

· Förderinstrumentarien der Wohnungsbauförderung und des Baurechts von Städten an ländliche Räume anpassen;

· konsequente Einbeziehung demografischer Entwicklung insbe-sondere bei Infrastruktur durch „Demografie Check“ bei allen Förderprogrammen und Investitionsvorhaben – für nachhaltige Förderentscheidungen und Förderzusagen;

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· Förderung einer besseren Vernetzung der sozialen Infrastruktur mit dem Ziel der effektiveren Nutzung vorhandener Ressour-cen;

· Empfehlung an die Länder: Zum Erhalt eines flächendeckenden wohnortnahen Schulangebots Vermeidung von Schulschließun-gen zumindest für Grundschulen, jahrgangsübergreifende Gruppen bzw. Anerkennung erhöhten Stellenschlüssels für kleine Landschulen;

· Erhalt und Stärkung der kulturellen Infrastruktur und Verbesse-rung der Nutzungsmöglichkeiten, z. B. durch Verbesserung der Mobilität in ländlichen Regionen über den ÖPNV als Grundvor-aussetzung für die Teilhabe an Kultur und Empfehlung an die Länder bei der Vergabe öffentlicher Mittel, die Förderung kultu-reller Vielfalt und aktivierender Kulturarbeit genau so zu schät-zen wie kulturelle Spitzenförderung;

· differenzierte Angebote zur kulturellen Teilhabe und zur kultu-rellen Bildung als Basis für die aktive Mitgestaltung des gesell-schaftlichen Lebens erhalten und weiterentwickeln;

· Erhalt möglichst vieler Kinos - der oft einzigen Kulturinstitution auf dem Land - durch das Förderprogramm zur Digitalisierung der Kinos in Deutschland, welches der Bund zusammen mit den Ländern und der Filmwirtschaft auf den Weg gebracht hat;

· zur Förderung von Kenntnis, Wertschätzung und Weiterentwick-lung von Heimatkultur und Vielfalt heimatlicher Kultur in den ländlichen Regionen Entwicklung eines kulturellen Infrastruk-turplanes in interkommunaler Zusammenarbeit;

· Empfehlung an die Bundesregierung, die Mittel für die Städte-bauförderung als Instrument der nachhaltigen Entwicklung un-serer Städte und Gemeinden auf hohem Niveau zu verstetigen und für Planungssicherheit zu sorgen;

· Sicherstellung eines flächendeckenden Brandschutzes durch kommunale Freiwillige Feuerwehren durch verstärkte Koopera-tionen, Doppelmitgliedschaften am Wohn- und Arbeitsort, Nut-zung der Jugendfeuerwehren für die Nachwuchsgewinnung und Image- und Werbekampagne;

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· Sicherstellung eines flächendeckenden und weitgehend ehren-amtlich getragenen Zivil- und Katastrophenschutzes: Das ehren-amtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger in der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr bildet das Rückgrat des Bevölke-rungsschutzes in Deutschland. Das traditionell in den ländlichen Räumen starke Engagement bei den Freiwilligen Feuerwehren, der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und den Hilfs-organisationen muss erhalten und weiter gefördert werden, um nachhaltig die ehrenamtliche Basis des Bevölkerungsschutzes sicherzustellen;

· um selbständiges Wohnen und Mobilität im Alter zu ermögli-chen, soll das Förderprogramm „Altersgerecht Umbauen“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestärkt und dahingehend erweitert werden, dass auch zuvor öffentlich bzw. gewerblich genutzte Gebäude förderfähig werden;

· um überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke der Kommu-nen zu unterstützen mit dem Ziel der Kooperation beim Angebot von Infrastruktur und der Vermeidung kostenintensiver Doppel-strukturen, Empfehlung an die Bundesregierung, das Programm „Kleinere Städte und Gemeinden“ auf hohem Niveau zu versteti-gen und für eine landkreisübergreifende Zusammenarbeit zu erweitern, das Programm gerade für kleinere Ortschaften nied-rigschwelliger auszugestalten und die Lücke zwischen diesem Programm und der Förderung der Dorferneuerung zu schließen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den unter Ziffer II stehenden Katalog von Empfehlungen für Maßnahmen in Zuständigkeit des Bundes bzw. der jeweils ange-sprochenen Bundesressorts umzusetzen, soweit erforderlich durch den Entwurf für ein Artikelgesetz, das dem Deutschen Bundestag vorzulegen ist, wobei die Finanzierung über eine veränderte Prioritätensetzung innerhalb der zur Verfügung ste-henden Haushaltsmittel unter Berücksichtigung der Erforder-nisse zur Haushaltskonsolidierung im Rahmen des Finanzplans bis 2016 und unter Berücksichtigung des 1%-Ziels für den zu-künftigen mehrjährigen Finanzrahmen der EU erfolgen muss;

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2. für das möglichst nahtlose Ineinandergreifen der verschiedenen Aktivitäten die rahmensetzende Koordination in der Bundesre-gierung durch Aufwertung eines bestehenden Parlamentari-schen Staatssekretärs zum Koordinator für die ländlichen Räume zu stärken;

3. die Rahmenbedingungen für die Förderung von Selbstinitiative und bürgerlichem Engagement in ländlichen Räumen durch Einrichtung einer Bundesstiftung oder Akademie zu verbessern, z.B. durch Aufwertung der Deutschen Vernetzungsstelle ländli-che Räume (DVS) in Bonn.

Berlin, den 27. November 2012

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und FraktionRainer Brüderle und Fraktion

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HerausgeberCDU/CSU-Fraktion im Deutschen BundestagMichael Grosse-Brömer MdBStefan Müller MdBParlamentarische Geschäftsführer

KontaktPresse- und ÖffentlichkeitsarbeitPlatz der Republik 1 · 11011 Berlin T 030. 227-5 53 74 · F -5 01 [email protected]

GestaltungAdler & Schmidt Kommunikations-Design, Berlin

DruckRuksaldruck, Berlin Gedruckt auf Papier aus ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger Waldbewirtschaftung

BildnachweisUmschlag: Ute Grabowsky/photothek.net; S. 2: Martin Lengemann; S. 7: Deutscher Bundestag/Renate Blanke; S. 11: Fotolia/Christian Jung; S. 12: Henning Schacht; S. 15: Landkreis Ostholstein; S. 17: CDU/CSU-Bundestags-fraktion; S. 18: Fotolia/womue; S. 21: Eckhardt Rehberg; S. 25: Wolfgang Holm; S. 27: Karl Holmeier; S. 28: Kreisverwaltung Cochem-Zell; S. 31: Fotolia/stihl024; S. 33: DKB; S. 36: Bund Deutscher Landjugend; S. 39: Marlene Mortler; S. 40: Thüringer Tourismus GmbH; S. 42: dwif; S. 45: Institut für Community Medicine Greifswald; S. 48: Fotolia/Gina Sanders; S. 50: Daniela Ludwig; S. 53: Schneider; S. 55: Thomas Koehler/photothek; S. 57: Laurence Chaperon; S. 58: Fotolia/pixel-kraft; S. 62: Tobias Koch

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StandApril 2013

Impressum

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