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109 12.06 gitarre & bass 108 Es gibt so viele Vorurteile. Eins besagt, dass exklusive E-Gitarren nur aus USA kommen können. Falsch. Schon seit 25 Jahren werden auch in Süd-Frankreich erstklassige Instrumente gefertigt: Der Name Lâg steht seit Anfang der 80er Jahre für hochwertige Gitarren aus außergewöhnlichen, schönen Hölzern. ROCK CHIC Lâg-Guitars sind in Bédarieux, in der Nähe von Montpellier, zu Hause. Michel Chavarria, Gründer und Mastermind des französischen Instrumentenbauers, hat Lâg in Südfrankreich gegründet, zu Erfolg und Ansehen gebracht, seine Firma aber auch mit viel persönlichem Einsatz trotz aller Rückschläge immer wieder vor dem Unter- gang bewahrt. Seit 2002, als Gerard Garnier, Inhaber der französischen Vertriebsunterneh- men Algam und Camac (die fast alle wichtigen Produkte in Frank- reich vertreten) als Lebensretter die Firma übernahm, geht es rapide bergauf. Michel, mittlerweile Gene- ral Manager, leitet die Produktion der französischen Custom-Shop-Produktion, designed alle Lâg- Instrumente, koordiniert und kontrolliert die Produktion der seit einiger Zeit in China gebauten Serien-Gitarren, und ist für den Einkauf der wichtigen Hölzer für Fernost und Frankreich zuständig – eine Sache, in der er mit Herz und Seele aufgeht und für die nur die schönsten und besten Stücke aufkauft. historie Michel Chavarria war ursprünglich Musiker, Gitarrist und Sänger der Band Madrigal aus Toulouse. Als 1977 sein Großvater starb, hinterließ er Michel eine wunderschöne Werkstatt, in der vorher Lederwaren herge- stellt worden waren. Spontan entschloss sich der Erbe mit seinem Freund Daniel, einem Violinisten, der gerade bei einem Gei- genbauer in England in die Geheimnisse die- ses klassischen Instrumentes eingeweiht worden war, dort eine Werkstatt für Repara- turen zu eröffnen: Daniel für die Geigen, Michel für die Gitarren. Bis 1980 hielten sich die beiden damit über Wasser, dann ent- standen auch die ersten eigenen Gitarren- modelle, zuerst aus vorhandenen Teilen zusammengesetzt, bald aber schon mit eigenen Designs. Weil der Kundenkreis aber immer weiter auseinanderdriftete, da die vornehmen Musiker von der Oper Toulouse, dort die langhaarigen Rock-Musiker, trennte man sich und Michel arbeitete alleine weiter. 1982 wurde zum Wendepunkt. Einige Freunde aus seiner Band kamen als Aushilfen in die Werkstatt – und blieben. Der Psycho- loge Fred Garcia, den Michel bei den Schwangerschaftskursen seiner Frau ken- nenlernt, schmeißt seinen ursprünglichen Job und steigt kurz entschlossen bei ihm ein und sie gründen die Firma Lâg. Man zieht um in eine größere Werkstatt, wo jetzt schon vier Leute arbeiten und Custom-Shop- Instrumente bauen; nicht mehr als drei bis vier im Monat. Als Michel dann kurz darauf bei einer Clinic den berühmten französischen Gitarristen Marcel Dadi kennenlernt (der ja leider 1996 bei dem tragischen Absturz der TWA- Maschine bei New York ums Leben kam), ordert dieser spontan für sein Musikgeschäft in Paris zehn Lâg-Instrumente. Die Gitarren sorgten in der Hauptstadt für großes Aufse- hen, es folgten erste Berichte in Magazinen und so wurde aus einer kleinen Werkstatt plötzlich ein Herstellungsbetrieb. Die Firma wuchs, und schon im ersten Jahr buchte Lâg einen Stand auf der Musikmesse in Frankfurt, wo man bis 1999 ununterbro- chen ausstellte, und jetzt, nach ein paar Jah- ren Pause, auch wieder vertreten ist. Export und Vertrieb lagen, bis auf einige Ausnahmen in den Anfangsjahren, immer in den eigenen Händen, und man konnte die Produktion auf 60 bis 80 Instrumente pro Monat hochschrauben. 1993 gab sich die Gelegenheit, aus Toulouse 200 km weiter nach Bédarieux umzuziehen, weil dort nach dem Stilllegen von Silbermi- nen staatliche Förderungsmaßnahmen Hilfe in Aussicht stellten. Sein langjähriger Partner Fred wollte in seiner Heimat bleiben und ver- ließ die Firma; 1995 trennte sich Michel Chavarria dann auch von seinem langjähri- gen Mitarbeiter Bruno Bianchi, der für ihn den Vertrieb organisiert hatte. Music Connection, eine französische Vertriebs- firma, stieg bei Lâg mit ein, und bis 2002 wurde dann auch der Export weiter gesteigert. Aber auch Music Connection war nicht von Glück begleitet, und der Konkurs dieser Firma hätte Lâg fast das Genick gebrochen. Zum Glück aber war der bereits genannte Gerard Garnier zu Stelle, der gerade den Ver- trieb von Gibson in Frankreich abgegeben hatte, und Lâg übernahm. Zunächst mehr aus Sympathie, denn er wollte verhindern, dass dieses französische Produkt stirbt. Und so wurde 2002, nach 20 Jahren, ein neuer Anfang gemacht. Guitars Lag Zu Besuch in Bédarieux bei Michel Chavarria, Lâg- Günder & General Manager ^

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Es g ibt so v ie le Vorur te i le . E ins besagt , dass exklus ive

E-Gi tarren nur aus U SA kommen können. Fa lsch. Schon sei t 25 Jahren werden auch in

Süd-Frankreich erstk lass ige Instrumente gefer t igt : Der Name Lâg steht se i t Anfang

der 80er Jahre für hochwer t ige Gi tarren aus außergewöhnl ichen, schönen Hölzern.

R O C K C H I C

Lâg-Guitars sind in Bédarieux, in der Nähevon Montpellier, zu Hause. MichelChavarria, Gründer und Mastermind desfranzösischen Instrumentenbauers, hat Lâgin Südfrankreich gegründet, zu Erfolg undAnsehen gebracht, seine Firma aber auchmit viel persönlichem Einsatz trotz allerRückschläge immer wieder vor dem Unter-

gang bewahrt. Seit2002, als GerardGarnier, Inhaberder französischenVertriebsunterneh-men Algam undCamac (die fastalle wichtigenProdukte in Frank-reich vertreten) alsLebensretter dieFirma übernahm,geht es rapidebergauf. Michel,mittlerweile Gene-ral Manager, leitet die Produktion derf r a n z ö s i s c h e n

Custom-Shop-Produktion, designed alle Lâg-Instrumente, koordiniert und kontrolliert dieProduktion der seit einiger Zeit in Chinagebauten Serien-Gitarren, und ist für denEinkauf der wichtigen Hölzer für Fernost undFrankreich zuständig – eine Sache, in der ermit Herz und Seele aufgeht und für die nurdie schönsten und besten Stücke aufkauft.

h i s t o r i e

Michel Chavarria war ursprünglich Musiker,Gitarrist und Sänger der Band Madrigal aus

Toulouse. Als 1977 sein Großvater starb,hinterließ er Michel eine wunderschöneWerkstatt, in der vorher Lederwaren herge-stellt worden waren. Spontan entschlosssich der Erbe mit seinem Freund Daniel,einem Violinisten, der gerade bei einem Gei-genbauer in England in die Geheimnisse die-ses klassischen Instrumentes eingeweihtworden war, dort eine Werkstatt für Repara-turen zu eröffnen: Daniel für die Geigen,Michel für die Gitarren. Bis 1980 hielten sichdie beiden damit über Wasser, dann ent-standen auch die ersten eigenen Gitarren-modelle, zuerst aus vorhandenen Teilenzusammengesetzt, bald aber schon miteigenen Designs. Weil der Kundenkreis aberimmer weiter auseinanderdriftete, da dievornehmen Musiker von der Oper Toulouse,dort die langhaarigen Rock-Musiker, trennteman sich und Michel arbeitete alleine weiter.1982 wurde zum Wendepunkt. EinigeFreunde aus seiner Band kamen als Aushilfenin die Werkstatt – und blieben. Der Psycho-loge Fred Garcia, den Michel bei denSchwangerschaftskursen seiner Frau ken-nenlernt, schmeißt seinen ursprünglichenJob und steigt kurz entschlossen bei ihm einund sie gründen die Firma Lâg. Man ziehtum in eine größere Werkstatt, wo jetzt schonvier Leute arbeiten und Custom-Shop-Instrumente bauen; nicht mehr als drei bisvier im Monat.Als Michel dann kurz darauf bei einer Clinicden berühmten französischen GitarristenMarcel Dadi kennenlernt (der ja leider 1996bei dem tragischen Absturz der TWA-Maschine bei New York ums Leben kam),ordert dieser spontan für sein Musikgeschäftin Paris zehn Lâg-Instrumente. Die Gitarren

sorgten in der Hauptstadt für großes Aufse-hen, es folgten erste Berichte in Magazinenund so wurde aus einer kleinen Werkstattplötzlich ein Herstellungsbetrieb.Die Firma wuchs, und schon im ersten Jahrbuchte Lâg einen Stand auf der Musikmessein Frankfurt, wo man bis 1999 ununterbro-chen ausstellte, und jetzt, nach ein paar Jah-ren Pause, auch wieder vertreten ist.Export und Vertrieb lagen, bis auf einigeAusnahmen in den Anfangsjahren, immer inden eigenen Händen, und man konnte dieProduktion auf 60 bis 80 Instrumente proMonat hochschrauben.1993 gab sich die Gelegenheit, aus Toulouse200 km weiter nach Bédarieux umzuziehen,weil dort nach dem Stilllegen von Silbermi-nen staatliche Förderungsmaßnahmen Hilfein Aussicht stellten. Sein langjähriger PartnerFred wollte in seiner Heimat bleiben und ver-ließ die Firma; 1995 trennte sich MichelChavarria dann auch von seinem langjähri-gen Mitarbeiter Bruno Bianchi, der für ihnden Vertrieb organisiert hatte. MusicConnection, eine französische Vertriebs-firma, stieg bei Lâg mit ein, und bis 2002wurde dann auch der Export weitergesteigert. Aber auch Music Connection war nicht vonGlück begleitet, und der Konkurs dieserFirma hätte Lâg fast das Genick gebrochen.Zum Glück aber war der bereits genannteGerard Garnier zu Stelle, der gerade den Ver-trieb von Gibson in Frankreich abgegebenhatte, und Lâg übernahm. Zunächst mehraus Sympathie, denn er wollte verhindern,dass dieses französische Produkt stirbt. Undso wurde 2002, nach 20 Jahren, ein neuerAnfang gemacht.

GuitarsLagZ u B e s u c h i n B é d a r i e u x b e i

Michel Chavarria, Lâg-

Günder & General Manager

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Mittlerweile ist Gerard Feuer und Flammefür Lâg und er versucht mit allen Mitteln undaller Kraft, diese Marke zu fördern. Im letz-ten Jahr konnte der erfahrene VertriebsmannRitty van Straaten gewonnen werden, der 20Jahre für Gibson gearbeitet hatte. Er organi-siert nun den weltweiten Vertrieb und küm-mert sich ums Marketing, ist ein Teil desTeams und hilft auch bei der Umsetzung vonIdeen. Ein tolles Team, wie Michel findet:„Gerard, Ritty und ich, wir sind wie die dreiMusketiere!“

L a g o d e r L â g

Wer diese französischen Gitarrenmarkeschon länger beobachtet, dem wird auffal-len sein, dass in der Zwischenzeit aus demursprünglichen „Lag“ nun „Lâg“ gewordenist. Die erste Werkstatt lag in der RueLâganne, der Name Lâg stammt von einerBurg in der Nähe von Toulouse; dort war dieReligion Cathare verbreitet, die in derRegion Occitania, dem im Mittelalter Bor-deaux, Katalanien und das Piemontangehörten, zu Hause war. Lâg ist ein gutklingender Name, aber wie so viele Unter-nehmer in den 80ern, wollte auch Michelseiner Firma einen internationalen Charaktergeben, und so ließ er den Akzent einfachunter den Tisch fallen.Gerard Garnier, ist Franzose durch unddurch. Ich habe mit ihm zusammen 1998 ineiner Hotellobby in Nashville während einerNAMM-Show das WM-Endspiel Brasiliengegen Frankreich gesehen, dass die Franzo-sen 3:0 gewannen. Gerard hatte gewonnen!Er reanimierte auch das ursprüngliche Logowieder, mit dem kleinen Dach auf dem a:Lâg! Das gleiche gilt für das Friedens-Sym-bol des Cathare, La Croix du Languedoc,dass Michel schon immer in seinem Schrift-verkehr verwandte, das aber nun auf jedemInstrument zu finden ist. Back to the roots,wie der Franzose sagt.

h e u t e

In Bédarieux arbeiten heute elf Mitarbeiter,die in dem kleinen Lâg-Workshop mit 550qm ca. 1000 Instrumente pro Jahr fertigen,wahlweise die Topinstrumente der dreiSerien Jet, Arkane und Roxane, oderCustom-Shop-Modelle. Außerdem werdenhier alle Prototypen und Farbmuster für diechinesische Produktion hergestellt, wasmehr und mehr Zeit in Anspruch nimmt.Denn es werden nicht nur E-Gitarren, son-dern auch akustische Instrumente in Chinagefertigt. Langfristig hat man auch vor, inFrankreich hochpreisige Akustik-Modelle zufertigen – aber das ist noch Zukunftsmusik.Viel wichtiger ist es im Moment, die Pro-duktion in China (z. Z. werden dort ca.

100.000 Instrumente pro Jahr gefertigt) aus-zuweiten, um der immer größer werdendenNachfrage gerecht zu werden. Lâg arbeitetmit zwei Fabriken zusammen, die zum Glückin der selben Stadt sind. An der Fabrik fürakustische Instrumente ist Lâg (Algam) mitt-lerweile beteiligt, und auch der E-Gitarren-Hersteller wird demnächst eine eigene,exklusive Halle nur für Lâg-Instrumentebeziehen. Nach einigen schlechten Erfah-rungen der Anfangszeit, hat sich Lâg mitt-lerweile alle Details der eigenen Instrumentepatentieren lassen, und immer noch fahrenMichel oder Guillaume zur Endabnahme indie Fabriken, bevor die Container verpacktwerden. Aber auch das wird sich nunändern, da Lâg den jungen Chinesen Andyeingestellt hat, der nicht nur fließendEnglish spricht, Gitarrist, Bassist und Com-puter-Experte ist, sondern auch noch vorOrt wohnt und nun die tägliche Kontrolleder Fabriken übernehmen wird.Michel: „ Wir wollen die Qualität hochbrin-gen! Aber immer noch sind wir mit kleinenDetails unzufrieden. Andere namhafte Her-steller kümmern sich meiner Meinung nachnicht genügend darum, doch sie habeneinen guten Name und darüber verkaufensie. Wir können uns das nicht erlauben: Wirhaben keine andere Wahl, wir müssen 100%perfekt sein, und das bei einem guten even-

tuell noch niedrigeren Verkaufspreis.Das haben die Chinesen anfangs nichtverstanden. Aber sie lernen. Außerdemwollen wir den Spirit von unserer Werk-statt in Bédarieux nach China bringen “Drei Lâg-E-Gitarrenserien werden zurZeit produziert: Jet, Arkane und Roxane,der Zusatz „Master“ sagt, dass sie imfranzösischen Workshop produziertwerden.Die akustischen Gitarren werden in denvier Serien Spring, Summer, Autumn

und Winter unterteilt, in jeder gibt es dannDreadnought-, (Baby-) Jumbo- und Classic-Nylon-Modelle, sowie jeweils einige Son-dermodelle mit Cutaway und Pickup-Bestückung.

p r o d u k t i o n

Holz ist der wichtigste Bestandteil einer E-Gitarre. Aber nur gut gelagertes undgetrocknetes Holz bildet eine Basis für edleInstrumente. Michel: „Wir kaufen das Holz,afrikanisches Mahagoni für die Bodies undkanadisches Ahorn für die Hälse, fast immerin ganzen Baumstämmen, wir sägen es inkleine Stücke, dann lassen wir diese ein paarWochen im Workshop ruhen und erstdanach werden sie auf die richtige Größegeschnitten. Danach lassen wir das Holz solange liegen wie eben möglich, abermindestens ein Jahr. Wir haben sehr heißeund trockene Sommer hier, deswegen arbei-ten wir oft mit geöffneten Türen, so dass dasHolz noch besser trocknen kann. Es hatzunächst einen Feuchtigkeitsgehalt von 15%, nach einem Jahr nur noch 11 %, danachgeht’s für einen Monat in einen Trocken-raum, der noch mal die Feuchtigkeit auf 6 %reduziert, und danach wieder in den Work-shop, damit das Holz sich stabilisieren kann.Die Hälse lassen wir noch länger, insgesamt

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Mahagoni-Planken werden bis

zu einem Jahr im Workshop

gelagert

CNC-Fräsen können drei Bodies

gleicheitig bearbeiten

Zwischen Mahagoni und Ahorn-Decke ist

ein schwarz eingefärbtes Furnier, das

später ein schönes Holz-Binding ergibt.

text: dieter roesberg

fotos: dieter roesberg, w.w.

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acht Wochen im Workshop ruhen. Und zwi-schen jedem Arbeitsschritt gönnen wirihnen nochmals Pausen, damit sie sich set-zen können. Wir bieten ja eine lebenslangeGarantie, und da darf nichts passieren. Esdarf sich nicht verdrehen order vertwisten.“Alle Hälse werden deswegen mit zweizusätzlichen Titanium-Schienen verstärkt,die rechts und links neben dem beidseitigjustierbaren Stahlstab eingesetzt sind. Beiden chinesischen Instrumenten gibt es dieseVerstärkung auch, dort verwendet man abernicht das teuere Edelmetall sondern Palisan-der-Stücke. Eine Lâg-Erfindung ist diezusätzliche Arretierung der Hals-Korpus-Ver-bindung bei geschraubten Hälsen: Einekleine Titanium-Schiene im Halsfuß greift ineine in der Halstasche gefräste Nut. Der Halskann sich nicht mehr seitlich bewegen. Auchdiese Spezialität wird in der chinesischenProduktion übernommen, und auch da mitPalisander-Streifen.Auch eine kleine Produktion, wie die inSüdfrankreich, kommt heute nicht mehrohne CNC-Fräse aus, die viele Schritte inder Produktion übernimmt und so für eineungeheuere Präzision sorgt. Trotzdem,oder vielleicht auch deswegen, kann jeder

der Mitarbeiter im Workshop jeden Arbeits-schritt ausführen, und quasi selbständig einInstrument herstellen. Dennoch hat jederseine ganz besondere Qualifikation: Olivierist der Spezialist für Hälse. So erhalten dievorgefertigten Halsrohlinge per Hand inmehreren Arbeitsschritten das endgültige(leicht asymmetrische) Profil, jeder Hals istsomit individuell und doch unglaublichexakt. Guillaume ist die rechte Hand von Michel. Erkümmert sich um die Lagerung der Hölzer,überwacht die Produktion, kann bei jedemArbeitsschritt aushelfen und übernimmtauch die Qualitätskontrolle, wenn Michelmal wieder in China weilt. Und auch dortmuss Guillaume nun auch ab und zu denChef vertreten. Sebastian ist der Spezialist für Lackierungen.Lâg verwendet Polyurethan-Lacke, die voneinem deutschen Hersteller, bei dem auchMercedes und Audi kaufen, geliefert wer-

den. Jedes Instrument erhält nach dem Fül-len der Poren bis zu fünf hauchdünne Lack-schichten, die Sebastian in der Temperatur-kontrollierten Kabine per Hand aufträgt.Zwischen den einzelnen Schichten müssendie Instrumente ruhen, damit die Lackegenügend aushärten können. Nach der letz-ten Lackschicht werden die Instrumentekurzfristig auf ungefähr 45 Grad Celsiuserwärmt, danach ruhen sie nochmals ca.zehn Tage im Workshop, bevor der Spezia-list Eric mit dem endgültigen Schleifen undPolieren beginnen kann.Das gesamte Innenleben der Lâg-Instru-mente wird mit Graphit-Lack beschichtet,die einzelnen Teile werden mit Kabel mit-einander verbunden, damit die Abschir-mung auch wirklich funktioniert.In der Endkontrolle ist Madame Michelle dieletzte Instanz, die alle Instrumente überprüftund sowohl mit Tageslicht als auch mitkünstlichem Licht alle Details checkt, bevor

sie dann Pickups und Schaltung, Hardwareund Saiten montiert. Zu guter Letzt über-nimmt David das endgültige Setup: JedesInstrument wird gespielt und getestet, umdanach nochmals eine Woche in der Werk-statt zu ruhen, bevor es dann, nach demallerletzten Check von Guillaume oderMichel, seine „Papiere“ erhält.Die seit dem 01. Juli 2006 gültige R.O.H.S.-Norm hat auch vor Gitarrenherstellernnicht halt gemacht. Nicht nur dass manjetzt bleifrei löten muss, auch alle Zuliefe-

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Lâg-Spezialität: Wunderschön gemaserte Hölzer,

passend dazu jeweils Furniere, so dass die

Kopfplatten den Bodies angepasst werden können.

Lâg-Erfindung: Fräsung für

Spannstab und Titanium-Stäbe

Hals-Rohlinge, die mal wieder

Ruhepause haben.

Die Griffbretter müssen lange lagern

Die Lâg-Akustik-Serie mit den Modellen Spring,

Summer, Autumn und Winter.

GuitarsLag^

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rer müssen nun gewährleisten, dass ihre Pro-dukte den neuen Richtlinien entsprechen.Eine unglaublich bürokratische und aufwän-

dige Vorbereitung war notwendig,um von den Lieferanten wie Gotoh,Schaller und Wilkinson, DiMarzio,

Seymour Duncan undEMG die nötigen Unter-lagen zu beschaffen, dienachweisen, dass keineSchadstoffe in ihren Pro-dukten enthalten sind.Michel pflegte schon vonAnfang an einen gutenKontakt mit seinen Liefe-ranten. Seymour Duncanlernte er bereits 1981beim Besuch der Frank-furter Messe kennen, alser freundlich um zehnPickups nachfragte undSeymour nur antwor-

tete: „Du bistGitarrenbauer? Cool! Dubrauchst Pickups? Cool!Ich schicke dir welche.“Cool! Mit Rob Turnervon EMG und LarryDiMarzio ist Michelebenfalls gut befreun-

det, außerdem teilt er seinHobby mit ihnen: Alle dreisind leidenschaftliche Foto-grafen. Natürlich ist die Zusammen-arbeit in der letzten Zeitintensiviert worden, schließ-lich werden auch die chinesi-schen Instrumente aus-schließlich mit Pickups ausden USA bestückt, und dakommen dann für alle auf

einmal doch sehr interessante Stück-zahlen zustande. Das wiederum hilft,wenn man dann mal Sonderwünschebei Bestellungen für den französischenWorkshop hat.Für das 25 Anniversary Modell Roxane z.B. brauchte man bei Lâg mattiertePickup-Kappen mit speziell vergoldetenPole-Pieces. Kein Problem. Alle Metall-teile sollen mit einem speziellenAntique-Gold-Finish versehen werden.Ein großes Problem, denn Gotoh ist derexklusive Hersteller dieser Beschich-tung, produziert aber nicht alle Teile,die Lâg benötigt .... Letztendlich aberdann doch kein Problem, denn Gotoh

willigte ein, eine Sonderproduktion zu ferti-gen, und außerdem weitere benötigte Teilewie z. B. alle Schrauben, Toggle-Switch,Pickup-Rähmchen, die Lâg anfertigen ließ,zu beschichten. Langfristige Freundschaftenzahlen sich also doch aus. ■

g i t a r r e & b a s s 1 2 . 0 6 111

Links: per Hand

arbeitet Olivier das

Halsprofil heraus

Lâg Roxane Anniversary, Arkane 200 und Jet 100.

Sebastian lackiert alle

Lâg-Instrumente.

Nach dem Lackieren müssen

die Gitarren zehn Tage

trocknen.

Michelle und

David bei der

Endkontrolle

i n t e r n e t

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