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Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt 10/2012 14. November 2012 LaG - Magazin

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Page 1: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

10201214 November 2012

LaG - Magazin

Inhaltsverzeichnis

Magazin vom 14112012 2

Zur Diskussion

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe4

bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo9

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens 12

Empfehlung Seminarbericht

bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn15

LaG-Material

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo19

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte21

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet22

Empfehlung Web

Chronik der Mauer24

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit25

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau26

Empfehlung Fachbuch

Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung28

LernortBildungsstraumlger

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins30

Empfehlung Comic

Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt32

Empfehlung Film

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo34

Podcast

Ein Grenzfall36

Empfehlung Zeitschrift

APuZ 50 Jahre Mauerbau37

Empfehlung App

Die Berliner Mauer39

Magazin vom 14112012 3

Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser

Ihnen liegt die aktuelle Ausgabe unseres LaG-Magazins vor dass sich mit unter-schiedlichen Aspekten der historisch-poli-tischen Bildung zur deutschen Teilung und zur Mauer befasst

Detlef Pech eroumlffnet das Feld mit seinen Er-oumlrterungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe Er weist in seinem Auf-satz sowohl auf Forschungsluumlcken hin als auch darauf dass Problematiken die bereits in den Anfangszeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust auftauchten sich bei dem Thema deutsche Zweistaatlichkeit erneut wiederfinden

Anna Kaminsky gibt einen historischen Uumlberblick zu den Motiven des Mauerbaus seitens des DDR-Regimes und weist auf die houmlchst unterschiedlichen Folgen fuumlr die Be-voumllkerung beider deutscher Staaten hin

Jeannette van Laak widmet sich Aspekten historischen Lernens in einem Oral His-tory-Projekt am Beispiel des uumlberregional weniger bekannten Notaufnahmelagers fuumlr Fluumlchtlinge aus der SBZDDR in Gieszligen

Ulrike Groszlig beschreibt ein zweiteiliges Se-minar in den Gedenkstaumltten Deutsche Tei-lung Marienborn und in der KZ Gedenkstaumltte Bergen-Belsen dass sich mittels biografi-scher Ansaumltze der houmlchst unterschiedlichen Geschichten des Nationalsozialismus und der DDR widmet

Die didaktischen Materialien zu dieser Aus-gabe hat Daniel Bernsen entwickelt

Wir bieten Ihnen am 28 November ab 1630 Uhr die Moumlglichkeit im Rahmen eines ein-stuumlndigen Videochats Daniel Bernsen Fra-gen zu Einsatzmoumlglichkeiten des Materials zu diskutieren Interessierte melden sich bitte bis zum 26 November an bei Ingolf Seidel (seidelagentur-bildungde)

In eigener Sache

Wir haben den Traumlgerverein unseres Bil-dungsportals wwwlernen-aus-der-ge-schichtede umbenannt Der neue Name lautet Agentur fuumlr Bildung ndash Geschichte Politik und Medien eV

Mit der Umbenennung moumlchten wir auch nach auszligen deutlich machen dass wir uumlber das Betreiben des Portals und die Heraus-gabe des LaG-Magazins verstaumlrkt weitere Projekte und auch Auftragsarbeiten ange-hen werden Damit einher geht auch eine sich im neuen Vereinsnamen andeutende Oumlffnung fuumlr ein breiteres Themenfeld und fuumlr Auftragsarbeiten wie beispielsweise Ta-gungsdokumentationen ua Sobald unsere neue Homepage des Vereins online ist wer-den wir daruumlber informieren

Bedingt durch die Schlieszligung des TU-Ge-baumludes in dem sich bisher unser Buumlro befand sind wir umgezogen Ein solcher Umzug kostet Geld und bringt erhoumlhte Mietzahlun-gen mit sich Beides ist nicht durch Foumlrde-rung abgedeckt Daher moumlchten wir sie wie-der einmal um Ihre Unterstuumltzung in Form von Spenden oder Foumlrdermitgliedschaften bitten

Ihre LaG-Redaktion

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 4

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe

Von Detlef Pech

A - Intro

Zeitgeschichte ist ein schwieriges Feld Es geht um Vergangenheit und damit nicht um die Analyse gegenwaumlrtiger gesellschaftlicher Entwicklungen die sich politisch analysie-ren lieszligen Doch zugleich geht es um Ver-gangenheit in der noch lebende Personen mit ihren Lebensentwuumlrfen und -verlaumlufen verstrickt sind was einem historisch-analy-tischen Zugriff im Weg steht

Wissenschaftliche erst recht didaktische Diskussionen um die Potenziale von Zeitge-schichte als eigenstaumlndige Momente des his-torischen Lernens lassen sich nur begrenzt aufzeigen - bezogen auf die Arbeit mit Kin-dern eigentlich gar nicht

Nichtsdestotrotz deutet sich in letzter Zeit ein weiteres Feld des zeitgeschichtlichen Lernens an das in der Arbeit mit Kindern aufgegriffen wird - und nicht nur die Struk-turen wie es sich etabliert sondern auch viele Fehler die gemacht wurden denen der Entwicklung zur Frage der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus aumlh-neln Das Aufgreifen der deutsch-deutschen Geschichte und der Wiedervereinigung

B - Zeitgeschichtliches Lernen am Beispiel der Frage der Thematisie-

rung von Holocaust und Nationalso-zialismus in der Arbeit mit Kindern

Seit Mitte der 1990er Jahre wird grund-schuldidaktisch uumlber Moumlglichkeiten und Potenziale der Thematisierung von Natio-nalsozialismus und Holocaust in der Arbeit mit Kindern diskutiert Eine Diskussion die zunaumlchst ohne Bezuumlge zu geschichtsdidakti-schen Positionen begann und sich (grund-schul-)paumldagogisch positionierte - wegwei-send hierfuumlr war Gertrud Becks Publikation in der Grundschulzeitschrift 1996 sowie der von Moysich und Heyl veroumlffentlichte Sam-melband 1998 Konzeptionell begruumlndete Weiterentwicklungen sowie geschichtsdi-daktische Bezuumlge etablierten sich insbeson-dere mit den Veroumlffentlichungen von Rita Rohrbach 2001 und Heike Deckert-Peace-man 2002 Seitdem hat sich die Diskussion konzeptionell als auch empirisch stark wei-terentwickelt Insbesondere die empirischen Arbeiten von Vera Hanfland Andrea Becher Alexandra Fluumlgel und Isabel Enzenbach ha-ben hierzu seit 2008 maszliggeblich beigetra-gen In ihnen wird nicht nur das Interesse von Kindern an zeithistorischen Momenten deutlich sondern auch vorhandene Wis-sensbestaumlnde die sich unabhaumlngig von einer gezielten systematischen schulischen The-matisierung entwickelt haben (insbesonde-re bei Becher) Daruumlber hinaus wird sowohl deutlich dass bereits Kinder das Sprechen uumlber Vergangenheit als gesellschaftliche Teilhabe verstehen (insbesondere bei Fluuml-gel) - als auch dass das unterrichtliche Auf-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 5

greifen von Aspekten zum Nationalsozialis-mus auch unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen in den Grundschulen laumlngst erfolgt (insbesondere bei Enzenbach)

Doch vermutlich haumltte sich die Frage nach den Moumlglichkeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust nicht so stark im fachlichen Diskurs etablieren koumln-nen wenn nicht auch in der Geschichtsdi-daktik Entwicklungen aufzuzeigen waumlren die anschlussfaumlhig zu dieser Diskussion sind

Hierbei geht es insbesondere darum dass zumindest in einigen Kompetenzmodellen die in den vergangenen Jahren bezogen auf das historische Lernen in der Geschichts-didaktik entwickelt wurden wie bspw das Modell der FUER-Arbeitsgruppe auch die Primarstufe miteinbezogen wird

Bedingung fuumlr diese Entwicklungen ist die Aufgabe einer Orientierung an entwick-lungspsychologischen Paradigmen die Kin-der als nicht faumlhig betrachteten kognitiv komplexe abstrakte Zusammenhaumlnge zu erfassen Mit den neueren Befunden die bspw von Elsbeth Stern vielfach zusam-mengefasst wurden geht einher dass Kin-dern dies durchaus moumlglich ist wenn das Thematisierte anschlussfaumlhig an Erfahrun-gen und Zugaumlnge von Kindern ist und sie es - so meine Formulierung - Erleben koumlnnen

Greift man diese Praumlmissen auf so kann dem zeitgeschichtlichen Lernen in der Pri-marstufe eine besondere Bedeutung zu-kommen Denn es greift Historisches auf das gegenstaumlndlich praumlsent ist bei dem die

Notwendigkeit von Deutungen und Rekons-truktion auch in Narrativen gegenwaumlrtig ist

Ob die Vermutung traumlgt dass im zeitge-schichtlichen Lernen im Primarbereich eine besondere Chance des Zugangs zum histori-schen Lernen liegt ist gegenwaumlrtig ungeklaumlrt Empirische Befunde liegen ebenso wenig vor wie eine Theorie des zeitgeschichtlichen Lernens in der Primarstufe

C - Zeitgeschichtliches Lernen Zum Stand der Thematisierung deutsch-deutscher Geschichte in der Arbeit

mit Kindern

Bezogen auf die Arbeit mit Kindern der Grundschule zu deutsch-deutscher Ge-schichte ist sowohl hinsichtlich didaktischer Vorschlaumlge als auch Forschungsbefunden so gut wie nichts aufzuzeigen So sind auch die Annahmen was die Geschichte der deut-schen Zweistaatlichkeit in der schulischen Behandlung von der Thematisierung von HolocaustNationalsozialismus unterschei-det allenfalls basierend auf Erfahrungen und Erzaumlhlungen aber keineswegs abgesi-chert Es kann vermutet werden dass die deutsch-deutsche Geschichte unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen be-reits haumlufiger aufgegriffen wird nicht zu-letzt aufgrund der Praumlsenz im familiaumlren Gedaumlchtnis insbesondere in den oumlstlichen Bundeslaumlndern und erst recht in Berlin denn die Geschichte des Heimatortes der Region laumlsst sich unabhaumlngig von der Wie-dervereinigung nur schwer thematisieren Dieses Argument gilt zwar ebenso fuumlr den Nationalsozialismus doch ist der Charakter

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 6

der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

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Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 2: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Inhaltsverzeichnis

Magazin vom 14112012 2

Zur Diskussion

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe4

bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo9

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens 12

Empfehlung Seminarbericht

bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn15

LaG-Material

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo19

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte21

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet22

Empfehlung Web

Chronik der Mauer24

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit25

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau26

Empfehlung Fachbuch

Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung28

LernortBildungsstraumlger

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins30

Empfehlung Comic

Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt32

Empfehlung Film

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo34

Podcast

Ein Grenzfall36

Empfehlung Zeitschrift

APuZ 50 Jahre Mauerbau37

Empfehlung App

Die Berliner Mauer39

Magazin vom 14112012 3

Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser

Ihnen liegt die aktuelle Ausgabe unseres LaG-Magazins vor dass sich mit unter-schiedlichen Aspekten der historisch-poli-tischen Bildung zur deutschen Teilung und zur Mauer befasst

Detlef Pech eroumlffnet das Feld mit seinen Er-oumlrterungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe Er weist in seinem Auf-satz sowohl auf Forschungsluumlcken hin als auch darauf dass Problematiken die bereits in den Anfangszeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust auftauchten sich bei dem Thema deutsche Zweistaatlichkeit erneut wiederfinden

Anna Kaminsky gibt einen historischen Uumlberblick zu den Motiven des Mauerbaus seitens des DDR-Regimes und weist auf die houmlchst unterschiedlichen Folgen fuumlr die Be-voumllkerung beider deutscher Staaten hin

Jeannette van Laak widmet sich Aspekten historischen Lernens in einem Oral His-tory-Projekt am Beispiel des uumlberregional weniger bekannten Notaufnahmelagers fuumlr Fluumlchtlinge aus der SBZDDR in Gieszligen

Ulrike Groszlig beschreibt ein zweiteiliges Se-minar in den Gedenkstaumltten Deutsche Tei-lung Marienborn und in der KZ Gedenkstaumltte Bergen-Belsen dass sich mittels biografi-scher Ansaumltze der houmlchst unterschiedlichen Geschichten des Nationalsozialismus und der DDR widmet

Die didaktischen Materialien zu dieser Aus-gabe hat Daniel Bernsen entwickelt

Wir bieten Ihnen am 28 November ab 1630 Uhr die Moumlglichkeit im Rahmen eines ein-stuumlndigen Videochats Daniel Bernsen Fra-gen zu Einsatzmoumlglichkeiten des Materials zu diskutieren Interessierte melden sich bitte bis zum 26 November an bei Ingolf Seidel (seidelagentur-bildungde)

In eigener Sache

Wir haben den Traumlgerverein unseres Bil-dungsportals wwwlernen-aus-der-ge-schichtede umbenannt Der neue Name lautet Agentur fuumlr Bildung ndash Geschichte Politik und Medien eV

Mit der Umbenennung moumlchten wir auch nach auszligen deutlich machen dass wir uumlber das Betreiben des Portals und die Heraus-gabe des LaG-Magazins verstaumlrkt weitere Projekte und auch Auftragsarbeiten ange-hen werden Damit einher geht auch eine sich im neuen Vereinsnamen andeutende Oumlffnung fuumlr ein breiteres Themenfeld und fuumlr Auftragsarbeiten wie beispielsweise Ta-gungsdokumentationen ua Sobald unsere neue Homepage des Vereins online ist wer-den wir daruumlber informieren

Bedingt durch die Schlieszligung des TU-Ge-baumludes in dem sich bisher unser Buumlro befand sind wir umgezogen Ein solcher Umzug kostet Geld und bringt erhoumlhte Mietzahlun-gen mit sich Beides ist nicht durch Foumlrde-rung abgedeckt Daher moumlchten wir sie wie-der einmal um Ihre Unterstuumltzung in Form von Spenden oder Foumlrdermitgliedschaften bitten

Ihre LaG-Redaktion

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 4

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe

Von Detlef Pech

A - Intro

Zeitgeschichte ist ein schwieriges Feld Es geht um Vergangenheit und damit nicht um die Analyse gegenwaumlrtiger gesellschaftlicher Entwicklungen die sich politisch analysie-ren lieszligen Doch zugleich geht es um Ver-gangenheit in der noch lebende Personen mit ihren Lebensentwuumlrfen und -verlaumlufen verstrickt sind was einem historisch-analy-tischen Zugriff im Weg steht

Wissenschaftliche erst recht didaktische Diskussionen um die Potenziale von Zeitge-schichte als eigenstaumlndige Momente des his-torischen Lernens lassen sich nur begrenzt aufzeigen - bezogen auf die Arbeit mit Kin-dern eigentlich gar nicht

Nichtsdestotrotz deutet sich in letzter Zeit ein weiteres Feld des zeitgeschichtlichen Lernens an das in der Arbeit mit Kindern aufgegriffen wird - und nicht nur die Struk-turen wie es sich etabliert sondern auch viele Fehler die gemacht wurden denen der Entwicklung zur Frage der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus aumlh-neln Das Aufgreifen der deutsch-deutschen Geschichte und der Wiedervereinigung

B - Zeitgeschichtliches Lernen am Beispiel der Frage der Thematisie-

rung von Holocaust und Nationalso-zialismus in der Arbeit mit Kindern

Seit Mitte der 1990er Jahre wird grund-schuldidaktisch uumlber Moumlglichkeiten und Potenziale der Thematisierung von Natio-nalsozialismus und Holocaust in der Arbeit mit Kindern diskutiert Eine Diskussion die zunaumlchst ohne Bezuumlge zu geschichtsdidakti-schen Positionen begann und sich (grund-schul-)paumldagogisch positionierte - wegwei-send hierfuumlr war Gertrud Becks Publikation in der Grundschulzeitschrift 1996 sowie der von Moysich und Heyl veroumlffentlichte Sam-melband 1998 Konzeptionell begruumlndete Weiterentwicklungen sowie geschichtsdi-daktische Bezuumlge etablierten sich insbeson-dere mit den Veroumlffentlichungen von Rita Rohrbach 2001 und Heike Deckert-Peace-man 2002 Seitdem hat sich die Diskussion konzeptionell als auch empirisch stark wei-terentwickelt Insbesondere die empirischen Arbeiten von Vera Hanfland Andrea Becher Alexandra Fluumlgel und Isabel Enzenbach ha-ben hierzu seit 2008 maszliggeblich beigetra-gen In ihnen wird nicht nur das Interesse von Kindern an zeithistorischen Momenten deutlich sondern auch vorhandene Wis-sensbestaumlnde die sich unabhaumlngig von einer gezielten systematischen schulischen The-matisierung entwickelt haben (insbesonde-re bei Becher) Daruumlber hinaus wird sowohl deutlich dass bereits Kinder das Sprechen uumlber Vergangenheit als gesellschaftliche Teilhabe verstehen (insbesondere bei Fluuml-gel) - als auch dass das unterrichtliche Auf-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 5

greifen von Aspekten zum Nationalsozialis-mus auch unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen in den Grundschulen laumlngst erfolgt (insbesondere bei Enzenbach)

Doch vermutlich haumltte sich die Frage nach den Moumlglichkeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust nicht so stark im fachlichen Diskurs etablieren koumln-nen wenn nicht auch in der Geschichtsdi-daktik Entwicklungen aufzuzeigen waumlren die anschlussfaumlhig zu dieser Diskussion sind

Hierbei geht es insbesondere darum dass zumindest in einigen Kompetenzmodellen die in den vergangenen Jahren bezogen auf das historische Lernen in der Geschichts-didaktik entwickelt wurden wie bspw das Modell der FUER-Arbeitsgruppe auch die Primarstufe miteinbezogen wird

Bedingung fuumlr diese Entwicklungen ist die Aufgabe einer Orientierung an entwick-lungspsychologischen Paradigmen die Kin-der als nicht faumlhig betrachteten kognitiv komplexe abstrakte Zusammenhaumlnge zu erfassen Mit den neueren Befunden die bspw von Elsbeth Stern vielfach zusam-mengefasst wurden geht einher dass Kin-dern dies durchaus moumlglich ist wenn das Thematisierte anschlussfaumlhig an Erfahrun-gen und Zugaumlnge von Kindern ist und sie es - so meine Formulierung - Erleben koumlnnen

Greift man diese Praumlmissen auf so kann dem zeitgeschichtlichen Lernen in der Pri-marstufe eine besondere Bedeutung zu-kommen Denn es greift Historisches auf das gegenstaumlndlich praumlsent ist bei dem die

Notwendigkeit von Deutungen und Rekons-truktion auch in Narrativen gegenwaumlrtig ist

Ob die Vermutung traumlgt dass im zeitge-schichtlichen Lernen im Primarbereich eine besondere Chance des Zugangs zum histori-schen Lernen liegt ist gegenwaumlrtig ungeklaumlrt Empirische Befunde liegen ebenso wenig vor wie eine Theorie des zeitgeschichtlichen Lernens in der Primarstufe

C - Zeitgeschichtliches Lernen Zum Stand der Thematisierung deutsch-deutscher Geschichte in der Arbeit

mit Kindern

Bezogen auf die Arbeit mit Kindern der Grundschule zu deutsch-deutscher Ge-schichte ist sowohl hinsichtlich didaktischer Vorschlaumlge als auch Forschungsbefunden so gut wie nichts aufzuzeigen So sind auch die Annahmen was die Geschichte der deut-schen Zweistaatlichkeit in der schulischen Behandlung von der Thematisierung von HolocaustNationalsozialismus unterschei-det allenfalls basierend auf Erfahrungen und Erzaumlhlungen aber keineswegs abgesi-chert Es kann vermutet werden dass die deutsch-deutsche Geschichte unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen be-reits haumlufiger aufgegriffen wird nicht zu-letzt aufgrund der Praumlsenz im familiaumlren Gedaumlchtnis insbesondere in den oumlstlichen Bundeslaumlndern und erst recht in Berlin denn die Geschichte des Heimatortes der Region laumlsst sich unabhaumlngig von der Wie-dervereinigung nur schwer thematisieren Dieses Argument gilt zwar ebenso fuumlr den Nationalsozialismus doch ist der Charakter

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 6

der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

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Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

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Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

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Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

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Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

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Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 3: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Magazin vom 14112012 3

Einleitung

Liebe Leserinnen und Leser

Ihnen liegt die aktuelle Ausgabe unseres LaG-Magazins vor dass sich mit unter-schiedlichen Aspekten der historisch-poli-tischen Bildung zur deutschen Teilung und zur Mauer befasst

Detlef Pech eroumlffnet das Feld mit seinen Er-oumlrterungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe Er weist in seinem Auf-satz sowohl auf Forschungsluumlcken hin als auch darauf dass Problematiken die bereits in den Anfangszeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust auftauchten sich bei dem Thema deutsche Zweistaatlichkeit erneut wiederfinden

Anna Kaminsky gibt einen historischen Uumlberblick zu den Motiven des Mauerbaus seitens des DDR-Regimes und weist auf die houmlchst unterschiedlichen Folgen fuumlr die Be-voumllkerung beider deutscher Staaten hin

Jeannette van Laak widmet sich Aspekten historischen Lernens in einem Oral His-tory-Projekt am Beispiel des uumlberregional weniger bekannten Notaufnahmelagers fuumlr Fluumlchtlinge aus der SBZDDR in Gieszligen

Ulrike Groszlig beschreibt ein zweiteiliges Se-minar in den Gedenkstaumltten Deutsche Tei-lung Marienborn und in der KZ Gedenkstaumltte Bergen-Belsen dass sich mittels biografi-scher Ansaumltze der houmlchst unterschiedlichen Geschichten des Nationalsozialismus und der DDR widmet

Die didaktischen Materialien zu dieser Aus-gabe hat Daniel Bernsen entwickelt

Wir bieten Ihnen am 28 November ab 1630 Uhr die Moumlglichkeit im Rahmen eines ein-stuumlndigen Videochats Daniel Bernsen Fra-gen zu Einsatzmoumlglichkeiten des Materials zu diskutieren Interessierte melden sich bitte bis zum 26 November an bei Ingolf Seidel (seidelagentur-bildungde)

In eigener Sache

Wir haben den Traumlgerverein unseres Bil-dungsportals wwwlernen-aus-der-ge-schichtede umbenannt Der neue Name lautet Agentur fuumlr Bildung ndash Geschichte Politik und Medien eV

Mit der Umbenennung moumlchten wir auch nach auszligen deutlich machen dass wir uumlber das Betreiben des Portals und die Heraus-gabe des LaG-Magazins verstaumlrkt weitere Projekte und auch Auftragsarbeiten ange-hen werden Damit einher geht auch eine sich im neuen Vereinsnamen andeutende Oumlffnung fuumlr ein breiteres Themenfeld und fuumlr Auftragsarbeiten wie beispielsweise Ta-gungsdokumentationen ua Sobald unsere neue Homepage des Vereins online ist wer-den wir daruumlber informieren

Bedingt durch die Schlieszligung des TU-Ge-baumludes in dem sich bisher unser Buumlro befand sind wir umgezogen Ein solcher Umzug kostet Geld und bringt erhoumlhte Mietzahlun-gen mit sich Beides ist nicht durch Foumlrde-rung abgedeckt Daher moumlchten wir sie wie-der einmal um Ihre Unterstuumltzung in Form von Spenden oder Foumlrdermitgliedschaften bitten

Ihre LaG-Redaktion

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 4

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe

Von Detlef Pech

A - Intro

Zeitgeschichte ist ein schwieriges Feld Es geht um Vergangenheit und damit nicht um die Analyse gegenwaumlrtiger gesellschaftlicher Entwicklungen die sich politisch analysie-ren lieszligen Doch zugleich geht es um Ver-gangenheit in der noch lebende Personen mit ihren Lebensentwuumlrfen und -verlaumlufen verstrickt sind was einem historisch-analy-tischen Zugriff im Weg steht

Wissenschaftliche erst recht didaktische Diskussionen um die Potenziale von Zeitge-schichte als eigenstaumlndige Momente des his-torischen Lernens lassen sich nur begrenzt aufzeigen - bezogen auf die Arbeit mit Kin-dern eigentlich gar nicht

Nichtsdestotrotz deutet sich in letzter Zeit ein weiteres Feld des zeitgeschichtlichen Lernens an das in der Arbeit mit Kindern aufgegriffen wird - und nicht nur die Struk-turen wie es sich etabliert sondern auch viele Fehler die gemacht wurden denen der Entwicklung zur Frage der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus aumlh-neln Das Aufgreifen der deutsch-deutschen Geschichte und der Wiedervereinigung

B - Zeitgeschichtliches Lernen am Beispiel der Frage der Thematisie-

rung von Holocaust und Nationalso-zialismus in der Arbeit mit Kindern

Seit Mitte der 1990er Jahre wird grund-schuldidaktisch uumlber Moumlglichkeiten und Potenziale der Thematisierung von Natio-nalsozialismus und Holocaust in der Arbeit mit Kindern diskutiert Eine Diskussion die zunaumlchst ohne Bezuumlge zu geschichtsdidakti-schen Positionen begann und sich (grund-schul-)paumldagogisch positionierte - wegwei-send hierfuumlr war Gertrud Becks Publikation in der Grundschulzeitschrift 1996 sowie der von Moysich und Heyl veroumlffentlichte Sam-melband 1998 Konzeptionell begruumlndete Weiterentwicklungen sowie geschichtsdi-daktische Bezuumlge etablierten sich insbeson-dere mit den Veroumlffentlichungen von Rita Rohrbach 2001 und Heike Deckert-Peace-man 2002 Seitdem hat sich die Diskussion konzeptionell als auch empirisch stark wei-terentwickelt Insbesondere die empirischen Arbeiten von Vera Hanfland Andrea Becher Alexandra Fluumlgel und Isabel Enzenbach ha-ben hierzu seit 2008 maszliggeblich beigetra-gen In ihnen wird nicht nur das Interesse von Kindern an zeithistorischen Momenten deutlich sondern auch vorhandene Wis-sensbestaumlnde die sich unabhaumlngig von einer gezielten systematischen schulischen The-matisierung entwickelt haben (insbesonde-re bei Becher) Daruumlber hinaus wird sowohl deutlich dass bereits Kinder das Sprechen uumlber Vergangenheit als gesellschaftliche Teilhabe verstehen (insbesondere bei Fluuml-gel) - als auch dass das unterrichtliche Auf-

Zur Diskussion

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greifen von Aspekten zum Nationalsozialis-mus auch unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen in den Grundschulen laumlngst erfolgt (insbesondere bei Enzenbach)

Doch vermutlich haumltte sich die Frage nach den Moumlglichkeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust nicht so stark im fachlichen Diskurs etablieren koumln-nen wenn nicht auch in der Geschichtsdi-daktik Entwicklungen aufzuzeigen waumlren die anschlussfaumlhig zu dieser Diskussion sind

Hierbei geht es insbesondere darum dass zumindest in einigen Kompetenzmodellen die in den vergangenen Jahren bezogen auf das historische Lernen in der Geschichts-didaktik entwickelt wurden wie bspw das Modell der FUER-Arbeitsgruppe auch die Primarstufe miteinbezogen wird

Bedingung fuumlr diese Entwicklungen ist die Aufgabe einer Orientierung an entwick-lungspsychologischen Paradigmen die Kin-der als nicht faumlhig betrachteten kognitiv komplexe abstrakte Zusammenhaumlnge zu erfassen Mit den neueren Befunden die bspw von Elsbeth Stern vielfach zusam-mengefasst wurden geht einher dass Kin-dern dies durchaus moumlglich ist wenn das Thematisierte anschlussfaumlhig an Erfahrun-gen und Zugaumlnge von Kindern ist und sie es - so meine Formulierung - Erleben koumlnnen

Greift man diese Praumlmissen auf so kann dem zeitgeschichtlichen Lernen in der Pri-marstufe eine besondere Bedeutung zu-kommen Denn es greift Historisches auf das gegenstaumlndlich praumlsent ist bei dem die

Notwendigkeit von Deutungen und Rekons-truktion auch in Narrativen gegenwaumlrtig ist

Ob die Vermutung traumlgt dass im zeitge-schichtlichen Lernen im Primarbereich eine besondere Chance des Zugangs zum histori-schen Lernen liegt ist gegenwaumlrtig ungeklaumlrt Empirische Befunde liegen ebenso wenig vor wie eine Theorie des zeitgeschichtlichen Lernens in der Primarstufe

C - Zeitgeschichtliches Lernen Zum Stand der Thematisierung deutsch-deutscher Geschichte in der Arbeit

mit Kindern

Bezogen auf die Arbeit mit Kindern der Grundschule zu deutsch-deutscher Ge-schichte ist sowohl hinsichtlich didaktischer Vorschlaumlge als auch Forschungsbefunden so gut wie nichts aufzuzeigen So sind auch die Annahmen was die Geschichte der deut-schen Zweistaatlichkeit in der schulischen Behandlung von der Thematisierung von HolocaustNationalsozialismus unterschei-det allenfalls basierend auf Erfahrungen und Erzaumlhlungen aber keineswegs abgesi-chert Es kann vermutet werden dass die deutsch-deutsche Geschichte unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen be-reits haumlufiger aufgegriffen wird nicht zu-letzt aufgrund der Praumlsenz im familiaumlren Gedaumlchtnis insbesondere in den oumlstlichen Bundeslaumlndern und erst recht in Berlin denn die Geschichte des Heimatortes der Region laumlsst sich unabhaumlngig von der Wie-dervereinigung nur schwer thematisieren Dieses Argument gilt zwar ebenso fuumlr den Nationalsozialismus doch ist der Charakter

Zur Diskussion

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der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

Zur Diskussion

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es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

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Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

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Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

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Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 4: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 4

Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe

Von Detlef Pech

A - Intro

Zeitgeschichte ist ein schwieriges Feld Es geht um Vergangenheit und damit nicht um die Analyse gegenwaumlrtiger gesellschaftlicher Entwicklungen die sich politisch analysie-ren lieszligen Doch zugleich geht es um Ver-gangenheit in der noch lebende Personen mit ihren Lebensentwuumlrfen und -verlaumlufen verstrickt sind was einem historisch-analy-tischen Zugriff im Weg steht

Wissenschaftliche erst recht didaktische Diskussionen um die Potenziale von Zeitge-schichte als eigenstaumlndige Momente des his-torischen Lernens lassen sich nur begrenzt aufzeigen - bezogen auf die Arbeit mit Kin-dern eigentlich gar nicht

Nichtsdestotrotz deutet sich in letzter Zeit ein weiteres Feld des zeitgeschichtlichen Lernens an das in der Arbeit mit Kindern aufgegriffen wird - und nicht nur die Struk-turen wie es sich etabliert sondern auch viele Fehler die gemacht wurden denen der Entwicklung zur Frage der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus aumlh-neln Das Aufgreifen der deutsch-deutschen Geschichte und der Wiedervereinigung

B - Zeitgeschichtliches Lernen am Beispiel der Frage der Thematisie-

rung von Holocaust und Nationalso-zialismus in der Arbeit mit Kindern

Seit Mitte der 1990er Jahre wird grund-schuldidaktisch uumlber Moumlglichkeiten und Potenziale der Thematisierung von Natio-nalsozialismus und Holocaust in der Arbeit mit Kindern diskutiert Eine Diskussion die zunaumlchst ohne Bezuumlge zu geschichtsdidakti-schen Positionen begann und sich (grund-schul-)paumldagogisch positionierte - wegwei-send hierfuumlr war Gertrud Becks Publikation in der Grundschulzeitschrift 1996 sowie der von Moysich und Heyl veroumlffentlichte Sam-melband 1998 Konzeptionell begruumlndete Weiterentwicklungen sowie geschichtsdi-daktische Bezuumlge etablierten sich insbeson-dere mit den Veroumlffentlichungen von Rita Rohrbach 2001 und Heike Deckert-Peace-man 2002 Seitdem hat sich die Diskussion konzeptionell als auch empirisch stark wei-terentwickelt Insbesondere die empirischen Arbeiten von Vera Hanfland Andrea Becher Alexandra Fluumlgel und Isabel Enzenbach ha-ben hierzu seit 2008 maszliggeblich beigetra-gen In ihnen wird nicht nur das Interesse von Kindern an zeithistorischen Momenten deutlich sondern auch vorhandene Wis-sensbestaumlnde die sich unabhaumlngig von einer gezielten systematischen schulischen The-matisierung entwickelt haben (insbesonde-re bei Becher) Daruumlber hinaus wird sowohl deutlich dass bereits Kinder das Sprechen uumlber Vergangenheit als gesellschaftliche Teilhabe verstehen (insbesondere bei Fluuml-gel) - als auch dass das unterrichtliche Auf-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 5

greifen von Aspekten zum Nationalsozialis-mus auch unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen in den Grundschulen laumlngst erfolgt (insbesondere bei Enzenbach)

Doch vermutlich haumltte sich die Frage nach den Moumlglichkeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust nicht so stark im fachlichen Diskurs etablieren koumln-nen wenn nicht auch in der Geschichtsdi-daktik Entwicklungen aufzuzeigen waumlren die anschlussfaumlhig zu dieser Diskussion sind

Hierbei geht es insbesondere darum dass zumindest in einigen Kompetenzmodellen die in den vergangenen Jahren bezogen auf das historische Lernen in der Geschichts-didaktik entwickelt wurden wie bspw das Modell der FUER-Arbeitsgruppe auch die Primarstufe miteinbezogen wird

Bedingung fuumlr diese Entwicklungen ist die Aufgabe einer Orientierung an entwick-lungspsychologischen Paradigmen die Kin-der als nicht faumlhig betrachteten kognitiv komplexe abstrakte Zusammenhaumlnge zu erfassen Mit den neueren Befunden die bspw von Elsbeth Stern vielfach zusam-mengefasst wurden geht einher dass Kin-dern dies durchaus moumlglich ist wenn das Thematisierte anschlussfaumlhig an Erfahrun-gen und Zugaumlnge von Kindern ist und sie es - so meine Formulierung - Erleben koumlnnen

Greift man diese Praumlmissen auf so kann dem zeitgeschichtlichen Lernen in der Pri-marstufe eine besondere Bedeutung zu-kommen Denn es greift Historisches auf das gegenstaumlndlich praumlsent ist bei dem die

Notwendigkeit von Deutungen und Rekons-truktion auch in Narrativen gegenwaumlrtig ist

Ob die Vermutung traumlgt dass im zeitge-schichtlichen Lernen im Primarbereich eine besondere Chance des Zugangs zum histori-schen Lernen liegt ist gegenwaumlrtig ungeklaumlrt Empirische Befunde liegen ebenso wenig vor wie eine Theorie des zeitgeschichtlichen Lernens in der Primarstufe

C - Zeitgeschichtliches Lernen Zum Stand der Thematisierung deutsch-deutscher Geschichte in der Arbeit

mit Kindern

Bezogen auf die Arbeit mit Kindern der Grundschule zu deutsch-deutscher Ge-schichte ist sowohl hinsichtlich didaktischer Vorschlaumlge als auch Forschungsbefunden so gut wie nichts aufzuzeigen So sind auch die Annahmen was die Geschichte der deut-schen Zweistaatlichkeit in der schulischen Behandlung von der Thematisierung von HolocaustNationalsozialismus unterschei-det allenfalls basierend auf Erfahrungen und Erzaumlhlungen aber keineswegs abgesi-chert Es kann vermutet werden dass die deutsch-deutsche Geschichte unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen be-reits haumlufiger aufgegriffen wird nicht zu-letzt aufgrund der Praumlsenz im familiaumlren Gedaumlchtnis insbesondere in den oumlstlichen Bundeslaumlndern und erst recht in Berlin denn die Geschichte des Heimatortes der Region laumlsst sich unabhaumlngig von der Wie-dervereinigung nur schwer thematisieren Dieses Argument gilt zwar ebenso fuumlr den Nationalsozialismus doch ist der Charakter

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 6

der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

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Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 5: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 5

greifen von Aspekten zum Nationalsozialis-mus auch unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen in den Grundschulen laumlngst erfolgt (insbesondere bei Enzenbach)

Doch vermutlich haumltte sich die Frage nach den Moumlglichkeiten der Thematisierung von Nationalsozialismus und Holocaust nicht so stark im fachlichen Diskurs etablieren koumln-nen wenn nicht auch in der Geschichtsdi-daktik Entwicklungen aufzuzeigen waumlren die anschlussfaumlhig zu dieser Diskussion sind

Hierbei geht es insbesondere darum dass zumindest in einigen Kompetenzmodellen die in den vergangenen Jahren bezogen auf das historische Lernen in der Geschichts-didaktik entwickelt wurden wie bspw das Modell der FUER-Arbeitsgruppe auch die Primarstufe miteinbezogen wird

Bedingung fuumlr diese Entwicklungen ist die Aufgabe einer Orientierung an entwick-lungspsychologischen Paradigmen die Kin-der als nicht faumlhig betrachteten kognitiv komplexe abstrakte Zusammenhaumlnge zu erfassen Mit den neueren Befunden die bspw von Elsbeth Stern vielfach zusam-mengefasst wurden geht einher dass Kin-dern dies durchaus moumlglich ist wenn das Thematisierte anschlussfaumlhig an Erfahrun-gen und Zugaumlnge von Kindern ist und sie es - so meine Formulierung - Erleben koumlnnen

Greift man diese Praumlmissen auf so kann dem zeitgeschichtlichen Lernen in der Pri-marstufe eine besondere Bedeutung zu-kommen Denn es greift Historisches auf das gegenstaumlndlich praumlsent ist bei dem die

Notwendigkeit von Deutungen und Rekons-truktion auch in Narrativen gegenwaumlrtig ist

Ob die Vermutung traumlgt dass im zeitge-schichtlichen Lernen im Primarbereich eine besondere Chance des Zugangs zum histori-schen Lernen liegt ist gegenwaumlrtig ungeklaumlrt Empirische Befunde liegen ebenso wenig vor wie eine Theorie des zeitgeschichtlichen Lernens in der Primarstufe

C - Zeitgeschichtliches Lernen Zum Stand der Thematisierung deutsch-deutscher Geschichte in der Arbeit

mit Kindern

Bezogen auf die Arbeit mit Kindern der Grundschule zu deutsch-deutscher Ge-schichte ist sowohl hinsichtlich didaktischer Vorschlaumlge als auch Forschungsbefunden so gut wie nichts aufzuzeigen So sind auch die Annahmen was die Geschichte der deut-schen Zweistaatlichkeit in der schulischen Behandlung von der Thematisierung von HolocaustNationalsozialismus unterschei-det allenfalls basierend auf Erfahrungen und Erzaumlhlungen aber keineswegs abgesi-chert Es kann vermutet werden dass die deutsch-deutsche Geschichte unabhaumlngig von der Verankerung in Lehrplaumlnen be-reits haumlufiger aufgegriffen wird nicht zu-letzt aufgrund der Praumlsenz im familiaumlren Gedaumlchtnis insbesondere in den oumlstlichen Bundeslaumlndern und erst recht in Berlin denn die Geschichte des Heimatortes der Region laumlsst sich unabhaumlngig von der Wie-dervereinigung nur schwer thematisieren Dieses Argument gilt zwar ebenso fuumlr den Nationalsozialismus doch ist der Charakter

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 6

der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

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Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

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Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

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Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 6: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 6

der Erzaumlhlung zweifellos anders gelagert da er insbesondere nicht mit dem Grauen der Verbrechen verbunden ist Doch eben dieser vielleicht weniger sperrige Charakter birgt - ohne systematische didaktische Aufberei-tung - die Gefahr des Moralisierens in sich bspw indem die DDR als eine banale Nega-tivfolie der Bundesrepublik gedeutet wird

Schaut man nuumlchtern auf jenes was bereits vorliegt fuumlr eine Thematisierung der deut-schen Teilung in der Arbeit mit Kindern so sind dies Fragmente die weder systema-tisch noch konzeptionell entwickelt wurden

Zum einen liegen einige Kinderbuumlcher wie Kordons bdquoFlaschenpostldquo vor Zu diesem wurden von der Bundesstiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur auch einige Ma-terialien fuumlr die schulische Arbeit veroumlffent-licht Auch im Bereich der Bilderbuumlcher gibt es erste Publikationen bspw das bdquoWende-bilderbuchldquo Aus sachunterrichtsdidakti-scher oder geschichtsdidaktischer Perspek-tive sind diese Veroumlffentlichungen indes bislang nicht diskutiert worden

Auch von Seiten der Museen und Gedenk-staumltten sind Initiativen fuumlr Kinder aufzu-zeigen Hervorzuheben ist dabei sicher die Ausstellung bdquoSag was war die DDRldquo die ab dem April 2009 im FEZ in Berlin gezeigt wurde und den ersten Versuch darstellte eine Ausstellung zur DDR explizit an Kinder zu adressieren Ob der ehemalige Pionier-palast fuumlr eine solche Ausstellung tatsaumlch-lich der richtige Ort war sei dahingestellt - bemerkenswert indes dass der Ort der Ausstellung selber in der Ausstellung un-

bearbeitet blieb Womoumlglich haumltte dieser grundsaumltzlich spannenden Ausstellung eine staumlrkere Orientierung an didaktischen Posi-tionen gut getan - vielleicht waumlre dann das bdquoVerkleidenldquo mit Pionieruniformen nicht so kommentarlos ein Bestandteil der Ausstel-lung geworden

Auch in einigen Gedenkstaumltten insbeson-dere der Gedenkstaumltte Berliner Mauer gibt es laumlngst Angebote explizit fuumlr Kinder In-wieweit diese mittlerweile systematisch evaluiert wurden ist mir nicht bekannt - nichtsdestotrotz waumlren hier Kooperatio-nen zwischen Gedenkstaumlttenpaumldagogik und Didaktik wie sie sich im Rahmen diverser Tagungen hinsichtlich der Thematisierung von Holocaust und Nationalsozialismus in der Arbeit mit Kindern in den letzten Jahren andeuteten zweifellos gewinnbringend und weiterfuumlhrend

Die beiden Beispiele stehen fuumlr Entwicklun-gen die es auch hinsichtlich der Themati-sierung von Holocaust und Nationalsozi-alismus in der Arbeit mit Kindern gab In diesem Bereich wurden zB bereits Mitte der 1980er Jahre erste (Bilder-)Buumlcher fuumlr Kinder publiziert waumlhrend die explizite grundschulpaumldagogische Diskussion erst zehn Jahre spaumlter begann und erst in aller-juumlngster Zeit mit empirischen Befunden und Konkretionen vorangebracht werden konn-te

Aus der Grundschulpaumldagogik als wissen-schaftlicher Disziplin sind kaum Publika-tionen zur Frage der deutsch-deutschen Geschichte zu verzeichnen Immerhin gibt

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 7: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 7

es erste Forschungsarbeiten die sich zB mit den Wahrnehmungen von Lehrkraumlften aus Ost und West (Silke Pfeiffer) oder den Lehrplaumlnen des Heimatkundeunterrichts in der DDR (Johannes Jung) auseinanderset-zen oder mit allgemeineren Fragestellungen zur heutigen Wahrnehmung von aumllteren Schuumllerinnen in den Arbeiten von Sabi-ne Moumlller In der didaktischen Forschung dem Bereich von Unterricht oder Vorstel-lungen Deutungen von Kindern liegt so gut wie nichts vor Eine allererste Annaumlherung ist im Schwerpunktheft bdquoAls es Deutschland zwei Mal gabldquo der Zeitschrift bdquoGrundschuleldquo in 2010 angedeutet

Selbst wenn diese Zusammenstellung nicht vollstaumlndig ist genuumlgt sie um das fragmen-tarische der bisherigen Entwicklung sicht-bar zu machen Zugespitzt Nicht einmal die Potenziale einer moumlglichen Thematisierung sind bislang diskutiert geschweige denn ge-klaumlrt

D - Outro Bildungspotenziale

Der Sachunterricht jenes Schulfach in dem in der Grundschule der gesamte Bereich der Sozial- und Naturwissenschaften verortet ist umfasst als Bildungsauftrag Kinder zu unterstuumltzen bei ihrer Orientierung in der Welt Es soll Modelle und Methoden sinn-voll erfahrbar machen tragfaumlhiges Wissen anbieten damit sich Kinder ihre Umwelt erschlieszligen koumlnnen wie es Joachim Kahlert formuliert Aus dieser Aufgabe kann die Be-deutung der Auseinandersetzung mit Zeit-geschichte recht einfach argumentiert wer-den denn wie sollte eine Orientierung in der

heutigen Gesellschaft in Deutschland gelin-gen wie kann die Verfasstheit des Staates in dem wir leben verstaumlndlich werden ohne Kenntnisse um die juumlngste Vergangenheit dieses Landes und ihre Wirkungen auf das Leben von Menschen

Literatur

Becher Andrea Die Zeit des Holocaust in Vorstel-

lungen von Grundschulkindern Eine empirische

Untersuchung im Kontext von Holocaust Education

Oldenburg 2009

Deckert-Peacemann Heike Holocaust als Thema fuumlr

Grundschulkinder Frankfurt aM 2002

Enzenbach Isabel Klischees im fruumlhen historischen

Lernen Juumldische Geschichte und Gegenwart Na-

tionalsozialismus und Judenfeindschaft im Grund-

schulunterricht Berlin 2011

Fluumlgel Alexandra bdquoKinder koumlnnen das auch schon

mal wissen und nicht nur dass alles schoumln istldquo Nati-

onalsozialismus und Holocaust im Spiegel kindlicher

Reflexions- und Kommunikationsprozesse Opladen

2009

Glaumlser EvaBecher Andrea Kompetenzorientierung

im historischen Lernen ndash eine Analyse schriftlicher

Lernaufgaben in Schulbuumlchern In Giest Hartmut

Heran-Doumlrr EvaArchie Carmen (Hrsg) Lernen

und Lehren im Sachunterricht Bad Heilbrunn 2012

S 143-150

Hanfland Vera Holocaust ndash ein Thema fuumlr die

Grundschule Eine empirische Untersuchung zum

Geschichtsbewusstsein von Viertklaumlsslern Muumlnster

2008

Jung Johannes Der Heimatkundeunterricht in der

DDR Die Entwicklung des Faches in den unteren

vier Jahrgangsstufen der Polytechnischen Oberschu-

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

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Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

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Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

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Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

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Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

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Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

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Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

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Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

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Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 8: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 8

le zwischen 1945 und 1989 Bad Heilbrunn 2011

Kahlert Joachim Der Sachunterricht und seine Di-

daktik Bad Heilbrunn 2002

Moysich Juumlrgen Heyl Matthias (Hrsg) Der Holo-

caust ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschu-

le Kongress Internationale Tagung bdquoDer Holocaust

- ein Thema fuumlr Kindergarten und Grundschuleldquo

(Hamburg 1997) Hamburg 1998 S 120-141

Koumlrber AndreasSchreiber WaltraudSchoumlner Ale-

xander (Hrsg) Kompetenzen historischen Denkens

Ein Struktur-Modell als Beitrag zur Kompetenzori-

entierung in der Geschichtsdidaktik 2 Auflage Neu-

ried 2010

Luumlcke MartinSturm Michael Stiefschwestern

Zum Verhaumlltnis von Zeitgeschichte und Geschichtsdi-

daktik In Barricelli Michele Hornig Julia (Hrsg)

Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotainmentldquo Zeitgeschich-

te in Unterricht und Gesellschaft heute Frankfurt

aM 2008 S 27-41

Moumlller Sabine Eine Fuszlignote des Geschichtsbewusst-

seins Wie Schuumller in Westdeutschland Sinn aus der

DDR-Geschichte machen Barricelli Michele Hor-

nig Julia (Hrsg) Aufklaumlrung Bildung bdquoHistotain-

mentldquo Zeitgeschichte in Unterricht und Gesellschaft

heute Frankfurt aM 2008 S 175-188

Pech DetlefWulfmeyer Meike Wie war es damals

Zeitgeschichte als Bereich des historischen Lernens

in der Grundschule In Grundschule H78 2010 S

6-9

Pech Detlef Sachunterricht und fruumlhes historisches

Lernen uumlber juumldische Geschichte Nationalsozialis-

mus und den Holocaust ndash Entwicklung einer Dis-

kussion In Enzenbach Isabel Pech Detlef Klaumltte

Christina (Hrsg) Kinder und Zeitgeschichte Juumldi-

sche Geschichte und Gegenwart Nationalsozialismus

und Antisemitismus (= 8 Beiheft von widerstreit-sa-

chunterrichtde) Berlin 2012 S 13-24

Pfeiffer Silke Schule und Sachunterricht in Ost- und

Westdeutschland Baltmannsweiler 2006

Reeken Dietmar von Zeitgeschichte geschichts-

didaktisch In Zeitschrift fuumlr Geschichtsdidaktik 7

(2008) S 94-113

Rohrbach Rita Nationalsozialismus als Thema im

fruumlhen historischen Lernen Erfahrungen und Unter-

richtsmaterialien In Bergmann KlausRohrbach

Rita (Hrsg) (2001) Kinder entdecken Geschichte

Schwalbach 2001 S 298-365

Stern Elsbeth Wie abstrakt lernt das Grundschul-

kind Neuere Ergebnisse der entwicklungspsycholo-

gischen Forschung In Petillon Hanns (Hrsg) In-

dividuelles und soziales Lernen in der Grundschule

ndash Kinderperspektive und paumldagogische Konzepte

Opladen 2002 S 27-42

Uumlber den Autor

Detlef Pech Professor fuumlr Grundschulpaumldagogik mit dem Schwerpunkt Sachunterricht an der

Humboldt-Universitaumlt zu Berlin Arbeitsschwer-punkt Politisch-historische Bildung mitvon

Kindern insbesondere gesellschaftliche Zu-sammenhaumlnge und Problemstellungen aus der

Perspektive von Kindern

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

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bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 9: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 9

bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo

Von Anna Kaminsky

In einem nach dem Mauerfall vom 9 No-vember 1989 erzaumlhlten Witz sagt ein Ost-deutscher zu einem Westdeutschen bdquoWir haben immer nach Westen geblicktldquo Darauf entgegnet der Westdeutsche bdquoWir auchldquo

Dies beschreibt anschaulich wie unter-schiedlich sich die langen Jahrzehnte der deutschen Teilung die nicht erst mit dem Mauerbau vom 13 August 1961 begann in beiden deutschen Staaten auf das Leben der Menschen auswirkten Bereits 1952 neun Jahre vor dem Mauerbau lieszlig die SED-Fuumlhrung die innerdeutsche Grenze abrie-geln Tausende Menschen werden aus dem Sperrgebiet entlang der Grenze uumlber Nacht zwangsausgesiedelt da sie als bdquounzuverlaumls-sigldquo eingestuft werden Hunderte Familien verlieren uumlber Nacht ihre Heimat und ihr Hab und Gut

Damit verbleibt als letztes Schlupfloch fuumlr eine Flucht in den Westen nur noch Berlin wo die Sektorengrenzen zum Westteil der Stadt noch offen sind Bis zum 13 August 1961 fliehen insgesamt 35 Millionen Men-schen aus der DDR Ihre Beweggruumlnde die DDR zu verlassen sind vielfaumlltig Sie rei-chen von sehr persoumlnlichen Gruumlnden wie dem Wunsch mit der im Westen lebenden Familie zusammen sein zu koumlnnen bis hin zu dezidiert politischen Motivationen Laumlngst ist den Menschen in der DDR klar dass sie in einer Diktatur leben in der Willkuumlr und Terrormaszlignahmen zur Einschuumlchterung

der Bevoumllkerung an der Tagesordnung sind Offene als feindlich eingestufte Meinungs-aumluszligerungen ja selbst das Erzaumlhlen von politischen Witzen kann zu langen Haft-strafen fuumlhren Hinzu kommen vielfaumlltige Schikanen und Einschraumlnkungen bei der Ausbildung und im Berufsleben Von Pres-se- Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder freien Wahlen nicht zu reden Auch haben die Bemuumlhungen der kommunisti-schen Fuumlhrung den Lebensstandard zu ver-bessern nur wenig Erfolg Den im Westen erblickten Moumlglichkeiten der freien Lebens-gestaltung in allen Bereichen hat die SED nur wenig entgegenzusetzen Nach der blu-tigen Niederschlagung des Volksaufstands vom 17 Juni 1953 ist vielen Menschen klar dass es demokratische Aumlnderungen nicht oder nur zu einem sehr hohen Preis geben wird Immer wenn die DDR-Fuumlhrung die Repressionen gegen bestimmte Gruppen oder Bevoumllkerungsteile verstaumlrkt steigen die Fluumlchtlingszahlen massiv an wie bspw Ende der 1950er Jahre als Bauern und der Mit-telstand enteignet und Christen bekaumlmpft werden

Auch nach der Schlieszligung der innerdeut-schen Grenze engt die DDR-Fuumlhrung die bestehenden Reisemoumlglichkeiten weiter ein Seit 1957 ist bereits der Versuch strafbar die DDR unerlaubt zu verlassen Immer oumlf-ter werden die erforderlichen Reisegeneh-migungen von den DDR-Behoumlrden nicht ausgestellt weil an der Ruumlckkehr der An-tragsteller gezweifelt wird Es sind vor allem junge gut ausgebildete Frauen und Maumln-ner die den Arbeiter-und-Bauernstaat fuumlr

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

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Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 10: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 10

immer verlassen Die SED spricht von kri-minellen Abwerbestrategien des Westens Tatsaumlchlich sehen die Fluumlchtlinge in der Parteidiktatur keine Perspektive Im ersten Halbjahr 1961 spitzt sich die Situation wei-ter zu Trotz vielfaumlltiger Kontrollen Schika-nen und nicht zuletzt drakonischer Strafen gegenuumlber Fluchtwilligen versuchen im-mer mehr Menschen die DDR zu verlassen Sind es im Juni 1961 noch 600 Menschen pro Tag steigt diese Zahl im Juli auf uumlber 1000 Fluumlchtlinge pro Tag an Waumlhrend der damalige Staatschef der DDR Walter Ul-bricht noch am 15 Juni 1961 vor der Welt-presse erklaumlrt bdquoNiemand hat die Absicht eine Mauer zu errichtenldquo findet im Hinter-grund ein zaumlhes Ringen zwischen Ost-Ber-lin und Moskau statt Schlieszliglich kann sich Ulbricht mit seiner Forderung durchsetzen das West-Berlin-Problem ein fuumlr alle Mal zu loumlsen Am 13 August 1961 wird in Berlin die Mauer gebaut Sie wird mit ihren 160 Kilo-metern Laumlnge ihrem tief gestaffelten Uumlber-wachungssystem mit Hunderten Wachtuumlr-men Stacheldrahtzaumlunen und Tausenden unuumlbersteigbaren 320 Meter hohen Beton-elementen mehr als 28 lange Jahre stehen Familien und Freundschaften zerreiszligen Le-ben zerstoumlren Mit dem Mauerbau werden Millionen Menschen in der DDR quasi uumlber Nacht zu Gefangenen im eigenen Land ge-macht

Kaum jemand kann sich im August 1961 vorstellen dass das Ost-Berliner Regime tatsaumlchlich plant die einstige deutsche Hauptstadt mit einer unuumlberwindlichen Grenze dauerhaft zu teilen Bis 1989 verlie-

ren mindestens 126 Menschen bei Flucht-versuchen ihr Leben Noch im Februar 1989 findet der erst 20-jaumlhrige Chris Gueffroy als letztes Opfer dieser unmenschlichen Gren-ze den Tod Zehntausende werden bei der Vorbereitung zur Flucht bereits im Vorfeld verhaftet und inhaftiert Tausende Fluumlcht-linge die es bis in die Naumlhe der hermetisch abgeriegelten Grenze schaffen werden bei Fluchtversuchen angeschossen und kom-men schwer verletzt in die Gefaumlngnisse wo sie ihre Versuche dem Leben in der DDR zu entkommen mit langen Haftstrafen abbuuml-szligen muumlssen

Fuumlr Millionen Menschen in der DDR be-stimmen Mauer und Grenze das Leben ganz elementar Fluchtversuche sind lebensge-faumlhrlich und bereits Fluchtgedanken oder -plaumlne werden hart bestraft Viele Familien die durch Mauer und Grenze getrennt sind koumlnnen sich bis zum Mauerfall nur sehen wenn den im Westen lebenden Angehoumlrigen die Einreise in die DDR durch die DDR-Be-houmlrden erlaubt wird Eine Reise aus der DDR in den Westen ist uumlber lange Jahre nicht moumlglich Erst in den spaumlten siebziger und achtziger Jahren beginnt die DDR hier Zu-gestaumlndnisse zu machen Selbst bei Krank-heiten oder Todesfaumlllen oder zu freudigen Anlaumlssen wie Hochzeiten oder Geburtstagen gestattet die DDR ihren Buumlrgerinnen und Buumlrgern nur selten in den Westen zu reisen Zu groszlig ist die Angst die Menschen koumlnnten die Chance zur Flucht nutzen Wenn ein Fa-milienmitglied reisen darf wird streng da-rauf geachtet dass Ehepartner oder Kinder als Geiseln in der DDR zuruumlckbleiben

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Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

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Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

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Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

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Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

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Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

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Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

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Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 11: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 11

Waumlhrend der Westen fuumlr viele Menschen in der DDR waumlhrend der langen Jahre der Teilung ein Sehnsuchtsort bleibt und mit dem Leben im Westen persoumlnliche und po-litische Freiheit verbunden wird geraumlt fuumlr viele Menschen im Westen das Schicksal der Deutschen hinter der Mauer aus dem Blick Das Leben geht im Westen trotz der Mauer sehr gut weiter Wer keine Familienangehouml-rigen in der DDR hat weiszlig oft nichts mehr von den fuumlr viele bedruumlckenden Erfahrun-gen die das Leben hinter der Mauer bestim-men Man orientiert sich nach Westen Hier versperren keine unuumlberwindliche Grenze keine Angst einfloumlszligenden Grenzbeamten keine kleinen und groszligen Schikanen bei Reisen den Weg in die Welt Paris London die Toskana ndash Reisen in alle Weltgegenden werden fuumlr die Buumlrger in der alten Bundes-republik normal Fuumlr die Lebenswelt hinter der Mauer schwindet das Interesse je laumlnger die Teilung anhaumllt Noch im Fruumlhsommer 1989 sind uumlber 90 der Menschen im Wes-ten uumlberzeugt davon dass sie den Fall der Mauer nicht mehr erleben werden Gluumlckli-cherweise haben sie sich ebenso getaumluscht wie Erich Honecker der ebenfalls im Som-mer 1989 noch behauptete die Mauer wer-de auch in 50 oder 100 Jahren noch stehen

Uumlber die Autorin

Dr Anna Kaminsky ist Geschaumlftsfuumlhrerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der

SED-Diktatur

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 12: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 12

Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Not-aufnahmelager Gieszligens

Von Jeannette van Laak

Uumlber den Mauerbau im Jahr 1961 wurde be-reits fast alles gesagt - ebenso wie zahlreiche Lernkonzepte hierzu erprobt wurden Fuumlr viele Bundesbuumlrgerinnen und erst recht fuumlr Heranwachsende fand der Mauerbau in Berlin statt und wirkte sich nur mittel-bar auf den Rest der Republik aus Am Bei-spiel des Notaufnahmelagers Gieszligen soll im Folgenden gezeigt werden dass auch in gewoumlhnlichen deutschen Staumldten fernab der innerdeutschen Grenze deutsch-deutsche Geschichte stattgefunden hat und dass diese Geschichte entdeckt werden will

Die Geschichte der Notaufnahmelager

194950 wurden in der Bundesrepublik Notaufnahmelager eingerichtet um die SBZ-DDR-Fluumlchtlinge in die Bundesrepu-blik aufzunehmen Zwar sah es die junge Bundesrepublik gern wenn die Menschen in der SBZDDR sbquomit den Fuumlszligen abstimm-tersquo zugleich befuumlrchtete sie aber dass die SBZ-Fluumlchtlinge die sozialen Kassen zu sehr belasten Deshalb erlieszlig die Bundesregie-rung 1950 das Notaufnahmegesetz und be-stimmte die Fluumlchtlingslager in Uelzen und Gieszligen das Notaufnahmeverfahren durch-zufuumlhren 1953 kam noch Berlin-Marien-felde hinzu weil seit Mai 1952 die meisten SBZ-Fluumlchtlinge aufgrund der Grenzsiche-rung uumlber Berlin flohen Notaufnahme fand wer nachweisen konnte dass er in der SBZ

DDR politisch verfolgt wurde oder ihm dort Gefahr fuumlr Leib und Leben drohte wie es in der Verwaltungssprache hieszlig

Das Gieszligener Lager war das kleinste der drei Notaufnahmelager weshalb es auch nach dem Mauerbau bestehen blieb Bis 1989 hatten hier alle DDR-Buumlrgerinnen formal ihre Aufnahme in die Bundesrepub-lik zu beantragen entweder persoumlnlich oder schriftlich Viele blieben zwischen ein und drei Tagen im Lager bevor sie in ein Uumlber-gangswohnheim oder zu ihren Verwandten zogen Damit war das Notaufnahmelager eine Fluumlchtlingseinrichtung die 40 Jahre lang existierte und der ein ganz eigener An-teil am deutsch-deutschen Verhaumlltnis zuge-schrieben werden kann

Fragt man heutige Gieszligenerinnen nach dem Lager so antworten diese bdquoDas hatte mit uns nichts zu tun Das war eine Ein-richtung des Bundesldquo Auch in der Stadt selbst erinnert nichts an das Lager Das ist ein interessanter Befund kann doch die Geschichte des Notaufnahmelagers als eine bundesdeutsche Erfolgsgeschichte im besten Sinne verstanden werden Noch im SommerHerbst 1989 leisteten hier sowohl der Bund als auch das Land Hessen und die Stadt Gieszligen auszligergewoumlhnliches hinsicht-lich der Unterbringung Versorgung und Weiterleitung Eine Welle der Solidaritaumlt ging durch das Land die ihren Ausdruck etwa darin fand dass hessische Buumlrgerin-nen mit DDR-Uumlbersiedlerinnen Weihnach-ten feierten nachdem die Mauer gefallen war Damit ist das Spannungsfeld umrissen

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

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Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 13: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 13

auf der einen Seite Abwehr und Desinteres-se gegenuumlber einer solchen Einrichtung und auf der anderen Seite Hilfsbereitschaft und Solidaritaumlt mit Fremden Zwischen diesen beiden Polen wirkte das Fluumlchtlingslager fuumlr DDR-Uumlbersiedlerinnen das in den ver-gangenen zwanzig Jahren in Vergessenheit geraten war ndash ein noch zu bergender Schatz der Zeitgeschichte

Oral History-Projekt von Studieren-den Herausforderungen der Arbeit

im Feld

2008 begann eine Gruppe von Geschichts-studentinnen der Justus-Liebig-Univer-sitaumlt Gieszligen mit der sbquoBergungrsquo Dabei inte-ressierten uns die Erfahrungen derjenigen die hier aufgenommen worden waren also ehemaliger DDR-Buumlrgerinnen Und welche Interaktionen zwischen Lager und Stadt er-innert werden Aus diesem Interesse leite-ten sich methodische Uumlberlegungen ab wie kann Oral History erprobt werden Indem die Erfahrungen anderer studiert oder in-dem Personen selbstaumlndig interviewt wer-den Und wie findet man gespraumlchsbereite Zeitgenossinnen Uumlber einen Zeitungsbe-richt in den lokalen Medien (Gieszligener An-zeiger vom 5 Dezember 2009 S 17) durch Gespraumlche im Bekanntenkreis uumlber unser Projekt und durch Vermittlungen der Pres-sestelle der Universitaumlt fand schlieszliglich je-der Studierende einen Interviewpartner

In einer zweiten Phase erfolgte eine Auswer-tung der vielfaumlltigen Erfahrungsgeschich-ten Die Interview-Erfahrungen der Studie-renden gingen weit uumlber die Erwartungen

hinaus Zwar waren im Vorfeld moumlgliche Schwierigkeiten diskutiert worden doch in der konkreten Situation taten sich ande-re Probleme auf Eine Gespraumlchspartnerin wollte keine digitale Tonaufzeichnung wes-halb sich die Studentin zu einer spontanen Mitschrift entschloss und anschlieszligend ein Gespraumlchsprotokoll anfertigte Einem ande-ren ging die Tonaufzeichnung beim Uumlber-spielen von einem Geraumlt auf das andere ver-loren Eine Gespraumlchspartnerin wollte den Studierenden nicht wieder gehen lassen Ein weiteres Gespraumlch wurde durch wieder-holtes Telefonieren gestoumlrt Stolz waren die Studierenden daruumlber dass es ihnen gelun-gen war ein Vertrauensverhaumlltnis aufzu-bauen Im Prozess des laumlngeren Erzaumlhlens wurden tatsaumlchlich Erinnerungen an Episo-den frei gesetzt werden die uumlber stereotype Erzaumlhlungen - etwa einer Abenteuer oder Widerstandsgeschichte ndash hinausgingen und eine weiterfuumlhrende Auswertung der Erfah-rungsgeschichte ermoumlglichten Das erstaun-te sowohl die Studierenden als auch die Interviewten und aumluszligerte sich etwa in Aus-sagen wie bdquoDas hatte ich gar nicht erzaumlhlen wollenldquo oder bdquoDaran hab ich gar nicht mehr gedachtldquo

Parallel dazu bargen die Erfahrungen der Interviewpartner zum Notaufnahmelager Uumlberraschendes Trotz beengter Wohnver-haumlltnisse oder den langen Wartzeiten zwi-schen den Behoumlrdengaumlngen wird vor allem Positives erinnert die Unterbringung war gut die Versorgung ebenfalls Die Mitarbei-terinnen der Einrichtung waren freundlich und hilfsbereit

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

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Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 14: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Zur Diskussion

Magazin vom 14112012 14

Die Erfahrungen uumlber erste Begegnungen mit einer bundesdeutschen Stadt waren ambivalent Das Lichtermeer der Rekla-me beeindruckte und schuumlchterte die Neu-ankoumlmmlinge gleichzeitig ein ebenso die Auslagen in den Kaufhaumlusern Freundliche Fragen der Verkaumluferinnen ob man helfen koumlnne wurden abgewehrt Die Interviewten erzaumlhlten von ihrer Furcht dass sie allein schon wegen ihrer Kleidung damals sofort als Zonies erkennbar gewesen seien Uumlber ihr weiteres Leben in der Bundesrepublik er-zaumlhlten die Ehemaligen dass sie sich schnell um Wohnung und Arbeit kuumlmmerten dass sie sich ein Haumluschen bauten undoder die Welt bereisten Sie versuchten sich also rasch in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren und beklagten meist nur den ho-hen buumlrokratischen Aufwand der fuumlr Sozial-leistung und anderes betrieben wurde

Fazit

Wie koumlnnen die hier skizzierten Ergebnis-se validiert werden Um diese Erfahrungen der Zeitgenossen breiter zu diskutieren ist es wichtig Personen zu befragen die mit den DDRlern Kontakt hatten etwa die Mit-arbeiterinnen des Notaufnahmelagers oder die des Notaufnahmeverfahrens Auch Gie-szligener Buumlrgerinnen werden kuumlnftig als Ge-spraumlchspartner herangezogen Auszligerdem bietet es sich an mit den Archivalien zum Notaufnahmelager im Stadtarchiv zu arbei-ten Dort gibt es etwa eine Akte die Dank-schreiben der Fluumlchtlinge beinhaltet Der Vergleich mit den positiven Erinnerungen der Fluumlchtlinge an das Lager verdeutlicht die Wirkmaumlchtigkeit dieser Erfahrungen Da-

mit kann auch den Kritikerinnen der Oral History begegnet werden die nur zu gern den subjektiven Charakter der Erinnerung problematisieren Der oben skizzierte Span-nungsbogen zwischen Abwehr und Desin-teresse auf der einen und Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit auf der anderen Seite wird damit nicht aufgehoben aber das Da-zwischen kann facettenreich erzaumlhlt werden

Uumlber die Autorin

Dr Jeannette van Laak war zwischen 2008 und 2012 als Lehrkraft am Lehrstuhl fuumlr Didaktik der Geschichte der Justus-Liebig-Universitaumlt

Gieszligen taumltig und erforscht nun als wissenschaft-liche Mitarbeiterin am Lehrstuhl fuumlr Neuere

Geschichte die Geschichte des Notaufnahmelagers Gieszligen

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 15: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 15

bdquoUnrechtssysteme in Deutsch-landldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Von Ulrike Groszlig

Um Schuumllerinnen und Schuumller an Themen des NS-Unrechtssystems von 1933 bis 1945 und des geteilten Deutschlands von 1945 bis 1989 heranzufuumlhren sind Gedenkstaumltten wichtige auszligerschulische Lernorte Das Ein-binden von Zeitzeugen und die Umsetzung in kuumlnstlerischen Workshops im Rahmen einer Projektwoche bietet fuumlr die Jugendli-chen die Moumlglichkeit sich intensiv mit die-sen Themen auseinanderzusetzen

Im Jahr 2001 wurde von der Gedenkstaumlt-te Bergen-Belsen (Stiftung niedersaumlchsi-sche Gedenkstaumltten) und der Gedenkstaumlt-te Deutsche Teilung Marienborn (Stiftung Gedenkstaumltten Sachsen-Anhalt) unter dem Titel bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo ein zweiteiliges Schuumllerprojekt fuumlr Real- und Sekundarschuumllerinnen der Klassenstufen 9 und 10 entwickelt Es findet seitdem einmal jaumlhrlich mit Schuumllerinnen und Schuumllern der Oberschule Walsrode (Niedersachsen) und der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode (Sachsen-Anhalt) statt In diesem Beitrag wird das paumldagogische Konzept des Semi-nars vorgestellt und auf die zuletzt stattge-fundenen Seminareinheiten eingegangen fuumlr diesen Beitrag wird besonders auf den Projektteil in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn im November 2011 ein-gegangen

Seminarteil 1 in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen

Jeweils im Fruumlhjahr fahren die Schuumllerin-nen und Schuumller der 9 Klassen zum ersten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Ber-gen-Belsen Seit 2011 wird das Seminar mit einem uumlberarbeiteten und erweiterten kon-zeptionellen Ansatz durchgefuumlhrt Die An-satzpunkte sind dabei RechtUnrecht eine systemische Perspektive sowie der Bezug auf Grund- und Menschenrechte Die Schuumllerinnen lernen zunaumlchst unter paumldagogischer Anleitung den historischen Ort des fruumlheren Kriegsgefangenen- und Konzentrationsla-gers kennen arbeiten in vier bis fuumlnf Work-shops und praumlsentieren die Ergebnisse Beim Seminar 2011 arbeiteten die Jugend-lichen in einem Workshop an der Frage wie sich Staat und Gesellschaft unter der NS-Herrschaft zum Unrechtssystem entwickel-ten Hier wurde im Rahmen einer interakti-ven Praumlsentation mit allen Schuumllerninnen das bdquoNetz der Unrechtssystemeldquo gesponnen An Beispielbiografien von Lagerinsassen wurde in einem zweiten Workshop mit den Schuumllerinnen daran gearbeitet herauszu-finden wann und mit welchen Begruumlndun-gen die Personen ins KZ Bergen-Belsen ka-men und welches Recht dabei in Unrecht umgekehrt wurde In einem weiteren Work-shop bearbeiteten Schuumllerinnen das Thema der Lagergerichte welche von Haumlftlingen in Bergen-Belsen selbst gehalten wurden und gingen dabei der Frage nach wie und war-um diese Gerichtsbarkeit entstand und ob es in einem Unrechtssystem wie Bergen-Bel-sen uumlberhaupt Rechtsprechung geben kann

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

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Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 16: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 16

In einem vierten Workshop entwickelten die Jugendlichen mit theaterpaumldagogischen Methoden Standbilder die sich mit den Wirkprinzipien auseinandersetzten die Tauml-terinnen dazu bewegt haben so und nicht anders zu handeln indem sie grundlegende Rechte negierten und nach dem Recht des Staumlrkeren handelten Im fuumlnften Workshop widmeten sich die Schuumllerinnen der Frage was RechtUnrecht in politischen Systemen bedeutet und welche Rolle der Mensch da-bei spielt Im Mittelpunkt standen dabei die Teilnehmerinnen mit ihrem Verstaumlndnis und ihrer Wahrnehmung von Recht sowie Uumlberlegungen zu individuellen Handlungs-moumlglichkeiten gegen Unrecht Beim Semi-nar im Fruumlhjahr 2011 stellte Arieh Koretz ein Uumlberlebender des KZ Bergen-Belsen im Rahmen einer Zeitzeugengespraumlchs sein bdquoTagebuch eines Jugendlichenldquo vor

Seminarteil 2 in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

Im Herbst jeden Jahres fahren dieselben Ju-gendlichen nun in der 10-Klasse zum zwei-ten Teil des Seminars in die Gedenkstaumltte Marienborn um sich mit der SED-Diktatur auseinanderzusetzen Gemeinsam mit Ge-denkstaumlttenpaumldagoginnen Teamerinnen mit groszliger paumldagogischer Erfahrung und Zeitzeugen arbeiten sie ihre Erkenntnisse in den Workshops Fotografie Video kuumlnstle-rische Gestaltung und Theater auf und prauml-sentieren die Ergebnisse Der langjaumlhrige paumldagogische Mitarbeiter der Gedenkstaumltte Rainer Potratz hat diesen Seminarteil ent-wickelt Das bewaumlhrte Grundkonzept konn-te nun auch von neuen Mitarbeiterinnen

mit eigenen Ideen ausgestaltet werden

bdquoLeben in Grenzenldquo war das Thema des Se-minars bdquoUnrechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn im November 2011 Die Schuumllerinnen lernten fuumlnf Zeitzeuginnen mit jahrelanger Erfah-rung in der politischen Bildungsarbeit und deren unterschiedliche Biografien kennen Sie beschaumlftigten sich mit der Entstehung der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten dem Leben im Sperrgebiet den Motiven fuumlr gelungene Fluchten und mit politischer Haft als Folge von gescheiter-ten Fluchtversuchen und Ausreiseantraumlgen aus der DDR Die Zeitzeuginnen hatten viel Gespraumlchsbereitschaft mitgebracht und standen den 40 Schuumllerinnen an mehre-ren historischen Orten zur Verfuumlgung ndash in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marien-born der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magde-burg (ehemalige Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums fuumlr Staatssicherheit (MfS) fuumlr den Bezirk Magdeburg) und am Grenz-denkmal Houmltensleben dem wohl am besten und umfassendsten erhaltenen Zeugnis der innerdeutschen Grenzbefestigung

Melanie Kollatzsch war mit 84 Jahren die weitaus aumllteste Zeitzeugin Sie stand fuumlr ein ausfuumlhrliches Gespraumlch in der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg zur Verfuumlgung er-lebte die Teilnehmerinnen bei der Praumlsen-tation des 2007 entstandenen Dokumentar-films von Blende 39 zu ihrem Haftschicksal bdquoGesicht zur Wand ndash 15 Jahre politische Haft in der SBZ und DDRldquo und diskutierte mit ihnen Melanie Kollatzsch wurde 1947 als 19-Jaumlhrige von einem sowjetischen Militaumlr-

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 17: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 17

tribunal in Halle (Saale) wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Arbeitslager verur-teilt Im Film schildert sie ihre Erinnerun-gen an die Nachkriegszeit die gruumlne Grenze an Gewalt Lagerhaft Einzelhaft Ohnmacht und Widerstand Einige Schuumllerinnen ver-arbeiteten im Workshop Kunst geleitet von Kunstpaumldagogin Christiane Heinlein diese Haftmotive in Bildern

Roswitha Knoppek versuchte gemeinsam mit ihrem Bruder Anfang der 1970er Jah-re aus den fuumlr sie erdruumlckenden politischen Verhaumlltnissen in der DDR zu fluumlchten Die Flucht uumlber Ungarn nach Oumlsterreich miss-lang beide wurden in Magdeburg inhaftiert und nach einem Jahr von der Bundesrepub-lik freigekauft Ihr Schicksal beschaumlftigte die Schuumllerinnen im Workshop Theater Unter der Anleitung des Psychologen und Theater-paumldagogen Thomas Seyde verbanden sie in ihrer Praumlsentation eigene Erfahrungen von Unfreiheit und Eingeschraumlnktsein mit den Fluchtmotiven der Zeitzeugin sowie der Er-zaumlhlung von Friedrich Christian Delius bdquoDer Spaziergang von Rostock nach Syrakusldquo Diese beruht auf einem wahren Vorgang Dem Rostocker Klaus Muumlller (in der Erzaumlh-lung Paul Gompitz) gelang in den 1980er Jahren von den Italien-Reiseberichten Jo-hann Gottfried Seumes aus dem 19 Jahr-hundert angeregt eine Flucht aus der DDR eine Reise nach Syrakus und die Ruumlckkehr

Wolfgang Bischoff erlebte 1951 als kleiner Junge die Verhaftung seines Vaters durch sowjetische Militaumlrs ndash und erfuhr erst in den 1990er Jahren von der Verurteilung und Hinrichtung seines Vaters als angeb-

lichem Spion in Moskau Als 16-Jaumlhriger protestierte er gegen die politisch motivierte Verhaftung eines Schulfreundes Damit war fuumlr ihn der weitere Besuch der Erweiterten Oberschule nicht mehr moumlglich Als junger Familienvater hielt er die politische und be-rufliche Einschraumlnkung nicht mehr aus Die Familie stellte 1976 einen Ausreiseantrag Dies fuumlhrte zu 2 Jahren Haft fuumlr Wolfgang Bischoff beim MfS in Magdeburg und im Strafvollzug in Cottbus schlieszliglich zu sei-nem Freikauf und zur Ausreise der Familie in die Bundesrepublik Die Schuumllerinnen interessierten sich beim Besuch in Magde-burg besonders fuumlr die damaligen Verhoumlr-methoden Sie stellten im Workshop Video anhand ausgewaumlhlter Verhoumlrprotokolle aus den Stasi-Akten von Herrn Bischoff eine Verhoumlr-Situation nach Der Workshop wur-de von den jungen Filmemacherinnen von Blende 39 Eva Volkmann und Peter Braumlunig geleitet die uumlber die Arbeit am Dokumen-tarfilm uumlber Melanie Kollatzsch und mit vie-len Zeitzeugeninterviews fuumlr die neue Dau-erausstellung der Gedenkstaumltte Moritzplatz Magdeburg ndash auch mit Wolfgang Bischoff ndash mit dem Thema vertraut sind

Der vierte Zeitzeuge Hermann Proumlhl be-richtete den Jugendlichen am Grenzdenk-mal Houmltensleben ca 20 km suumldlich von Marienborn von seiner Zeit bei den Grenz-truppen 196768 und zeigte ihnen die klei-ne Bruumlcke uumlber einen Grenzbach die er ge-meinsam mit einem weiteren Grenzsoldaten 1968 bei der Fahnenflucht in die Bundes-republik uumlberquerte Er unterstuumltzte in der Woche den Workshop Fotografie geleitet

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

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Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 18: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Seminarbericht

Magazin vom 14112012 18

von Rita May in dem die Schuumllerinnen eine Praumlsentation ihrer Eindruumlcke von den bau-lichen Relikten der ehemaligen Grenzuumlber-gangsstelle Marienborn zusammenstellten

Von Achim Walther dem Chronisten und Vorsitzenden des Grenzdenkmalvereines Houmltensleben eV erhielten die Schuumllerin-nen einen Einblick in das Leben im Sperrge-biet bis 1989 Die Kunst-Gruppe setzte Ein-druumlcke dieses Besuches in Bilder um die die Sperranlagen und das bdquoeingesperrte Dorfldquo zeigen

Derzeit wird das diesjaumlhrige Seminar bdquoUn-rechtssysteme in Deutschland Teil 2ldquo in der Gedenkstaumltte Marienborn vorbereitet das im November 2012 stattfinden soll Erneut wird es unterstuumltzt von der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Sachsen-Anhalt und der Stiftung Rechtsstaat Sachsen-Anhalt eV

Uumlber die Autorin

Ulrike Groszlig arbeitet als Museumspaumldagogin in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung Marienborn

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 19: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

LaG-Material

Magazin vom 14112012 19

bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell im-mer wieder auf Grenzenldquo

Leben mit der Mauer - Deutschland und Berlin geteilt

Von Daniel Bernsen

Das Zitat im Titel stammt von einem Ju-gendlichen in einer Reportage des SFB-Magazins bdquoKontrasteldquo vom 7 April 1987 (1) und meint nicht nur die physische Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten sondern bezieht sich insbesondere auf die eng gesteckten Grenzen erlaubten und kon-formen Verhaltens in der DDR

Waumlhrend in der DDR im Laufe der 1980er Jahre die Mauer und die verordnete Enge zunehmend in Frage gestellt wurde hatte sich im Westen eine Normalitaumlt eingestellt in der viele die Existenz zweier deutscher Staaten und eine militaumlrisch hoch geruumlstete Grenze zwischen ihnen auch interna-tional als Selbstverstaumlndlichkeit hinnah-men Damit ging auch ein wachsendes Desinteresse am oumlstlichen Nachbarn ein-her waumlhrend sich das Interesse am West-en wandelte und mit der Zeit weniger an der gemeinsamen Nation als an bdquoKonsum Information Reisenldquo manifestierte (2) Zur Geschichte der Mauer und zur Thema-tisierung der deutsch-deutschen Grenzen im Geschichtsunterricht liegen bereits zahl-reiche Veroumlffentlichungen auch online vor Diese beinhalten zum Teil hervorragend aufbereitete Unterrichtsvorschlaumlge und -materialien und koumlnnen als PDF herun-tergeladen werden oder bieten interaktive Lernangebote Beispielhaft seien einige An-

gebote der Bundeszentrale fuumlr politische Bil-dung (BpB) sowie der Fernsehsender ZDF MDR und RBB genannt

bull httpchronik-der-mauerde

bull httpwwwgeheimsache-mauerde

bull httpwwwrbb-onlinedemauermau-erindexhtml

bull httpwwwmdrdedamalseure-ge-schichtethemengrenzerfahrungenin-dexhtml

bull httpinteraktivphoenixdemauerin-dexhtm

Der Fokus der verschiedenen Angebote ist jeweils aumlhnlich Er liegt auf dem Bau der Mauer und Grenze ihrem Aufbau und sicherheitstechnischen Funktion den Fluchtversuchen und Opfern In dem Web-portal bdquoEure Geschichte Schulprojekt zur DDRldquo das gemeinsam von MDR und dem Geschichtslehrerverband Deutschlands er-stellt wurde sind unter dem Menuumlpunkt bdquoGrenzerfahrungenldquo folgende Thema abruf-bar

bull Der Ausbau der Grenzsicherungsanla-gen der DDR

bull Leben im Sperrgebiet und Zwangsum-siedlungen

bull Grenzuumlbergaumlnge Transitwege und Rei-seproblematik

bull Fluchtgeschichten und Fluchtschicksale

bull Opfer der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer

bull Strafrechtliche Aufarbeitung

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

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Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

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Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

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Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 20: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

LaG-Material

Magazin vom 14112012 20

Methodisch stellen viele der Lernangebote videografierte Zeitzeugenaussagen in den Mittelpunkt Bei einem unlaumlngst so gut und intensiv bearbeiteten Thema ist es weder moumlglich noch sinnvoll das Rad neu zu erfin-den Daher versucht dieser Beitrag aus der Fuumllle des vorhandenen und teilweise aufbe-reiteten Materials eine moumlgliche konkrete Unterrichtseinheit zu skizzieren die in der vorgeschlagenen Form durchgefuumlhrt werden aber auch als Ausgangspunkt zur Variation und Anpassung an die jeweilige Lerngruppe und den eigenen Unterricht di-enen kann

Die vollstaumlndigen Materialien finden Sie auf bdquoLernen aus der Geschichteldquo zum Download

Endnoten

(1) Beitrag vom 7 April 1987 Spontan leben ndash Ju-

gend in Jena httpwwwbpbdemediathek366

spontan-leben

(2) Kleszligmann (2005 29)

Uumlber den Autor

Daniel Bernsen StD ist Regionaler Fachberater fuumlr Geschichte an Gymnasien und integrierten

Gesamtschulen im Schulaufsichtsbezirk Ko-blenz und Lehrer fuumlr Geschichte Franzoumlsisch amp Spanisch am Eichendorf-Gymnasium Koblenz Er betreibt auszligerdem den Blog bdquoMedien im Ge-schichtsunterrichtldquo httpgeschichtsunterricht

wordpresscomimpressum

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 21: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 21

Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte

Nachdem am 13 August 1961 ab ein Uhr morgens zwischen Ost- und Westdeutsch-land kein Grenzuumlbergang mehr moumlglich war begann der Bau der Berliner Mauer Dieser Mauerbau gilt als Resultat der Auseinander-setzungen des Kalten Krieges und den Kon-flikten zwischen den Supermaumlchten Ob sich die Entscheidung zum Mauerbau aufgrund von innenpolitischen oder wegen auszligen-politischen Entscheidungen durchgesetzt hat bleibt bis heute eine der Forschungs-kontroversen

Vor diesem Hintergrund werden in dem Un-terrichtsmaterial bdquoDie Berliner Mauerldquo her-ausgegeben von Sarah Bornhorst und Elena Demke unterschiedliche Themen Fragen und Kontexte rund um den Bau der Mauer erlaumlutert

Das Material

Das Unterrichtsmaterial welches zu ei-nem Groszligteil aus Quellen besteht richtet sich vor allem an Schuumllerinnen die bere-its gut mit Quellen umgehen koumlnnen Von unterschiedlichen Autorinnen werden im Material sieben verschiedene Themen un-ter folgenden Aspekten behandelt bdquoDer Mauerbauldquo bdquoFolgen des Mauerbaus fuumlr Herrschaft und Gesellschaft in der DDRldquo bdquoDas Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer bdquoFlucht in Berlinldquo bdquoMauer und All-tagsleben in Berlinldquo bdquoZur internationalen Bedeutung der Mauerldquo und bdquoDer Mauer-fallldquo Jedes Thema schlieszligt eine inhaltliche Einfuumlhrung in den Gegenstand ein Darauf

folgt verschiedenes Quellenmaterial Vor allem sind diese in Form von Gespraumlch-sauszuumlgen Bildern und Karikaturen vor-zufinden In manchen Kapiteln wird auf Statistiken Zeitungsartikel geografische Karten oder architektonische Schemazeich-nungen des Grenzstreifens zuruumlckgegriffen Zudem werden die Quellen erlaumlutert Da-bei fehlt es nicht an einer Auswahl von Be-griffen und Abkuumlrzungen aus dem Alltag des DDR-Jargons Fester Aufgabenstel-lungen fuumlr die Schuumllerinnen werden nicht angeboten dafuumlr schlieszligt jedes Thema mit Hinweisen fuumlr die Lehrkraft wie mit dem Material gearbeitet werden kann ab Darin ist eine Beschreibung welche Sachverhalte durch das entsprechende Kapitel mit Hilfe der Quellenanalyse erarbeitet werden koumln-nen enthalten Des Weiteren werden Tipps fuumlr die Anregung einer weiteren Kontextu-alisierung gegeben Auf diese Art und Weise koumlnnen Lehrerinnen sowie Multiplikatorinnen eigenstaumlndig Quellen mit denen gear-beitet werden soll aussuchen Dazu koumlnnen Aufgabenstellungen formuliert werden Das Material bietet den Schuumllerinnen so die Moumlglichkeit den Umgang mit unterschiedli-chen Quellen zu lernen

Methodenreflexion

Fuumlr Lehrerinnen und andere Multiplika-torinnen wird daruumlber hinaus eine meth-odische Reflexion zu den unterschiedlichen Formen von Quellen angeboten Hier kom-men verschiedene Autorinnen zu Wort die nicht nur die Besonderheit einer bestim-mten Quellengattung der DDR-Geschichte hervorheben sondern auch aufbereiten wie

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 22: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 22

Schuumllerinnen an diese Quellen herange-fuumlhrt werden koumlnnen um mit ihnen zu ar-beiten

Wem die zahlreichen Informationen des Unterrichtsmaterials nicht ausreichen wird am Ende des Materials eine kommentierte Zusammenstellung von weiteren Materi-alien und Websites zum Kontextwissen zur Verfuumlgung gestellt Diese sind ebenfalls nach den Themen die sich im Buch finden sortiert

Das Material kann uumlber die Stiftung Berliner Mauer oder die Gedenkstaumltte Berliner Mau-er bezogen werden

Sarah Bornhorst Elena Demke (Hrsg) Die Berli-

ner Mauer Quellen Fragen Kontexte Berlin 2011

Herausgegeben im Auftrag des Berliner Landesbe-

auftragten fuumlr die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR der Stiftung Berliner

Mauer und des Landesinstituts fuumlr Schule und Medi-

en Berlin-Brandenburg

Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet

Eine Unterrichtseinheit auf wwwlehrer-onlinede befasst sich mit dem Leben im Grenzgebiet waumlhrend der Teilung Deutsch-lands Diese richtet sich an Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundarstufe II ist aber auch fuumlr die 10 Klasse geeignet und kann ihm Geschichts- Deutsch- Politik- und Geographie-Unterricht eingesetzt werden Es werden das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner im sogenannten Sperrgebiet zur Westgrenze der DDR sowie die Zwang-sumsiedlungen aus eben diesem Gebiet thematisiert Mittels des Unterrichtsmate-rials koumlnnen auch faumlcheruumlbergreifend die wirtschaftlichen sozialen und ethischen Aspekte der Teilung Deutschlands eroumlrtert werden Neben der Recherche zu Zeitzeuginnen koumlnnen die Schuumllerinnen mit Hilfe einer Computeranimation der Grenzanla-gen deren Verlauf und Aufbau nachvollzie-hen

Didaktik

Das Unterrichtsmaterial ist in fuumlnf Mod-ule untergliedert und kann der Vorberei-tung eines Besuches im Grenzlandmuseum Eichsfeld dienen Die Jugendlichen arbeiten groumlszligtenteils in Partner- und Teamarbeit und muumlssen vor allem fuumlr die Recherche auf verschiedene Internetseiten zuruumlckgreifen so dass einige Computer optimal fuumlr die Ar-beit mit diesem Material sind Das Material beinhaltet des weiteren Grafiken und Bilder

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 23: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Unterrichtsmaterial

Magazin vom 14112012 23

Inhalt

Das Modul 1 befasst sich grundlegend mit der innerdeutschen Grenze und dient den Schuumllerinnen zum Einstieg in die The-matik Neben den Zwangsumsiedlungen in Modul 2 steht vor allem der Alltag der Menschen im Grenzgebiet in den Modulen 3 bis 5 im Vordergrund Bei einer Inter-netrecherche setzen sich die Jugendlichen mit dem Leben im Sperrgebiet anhand von Zeitzeuginnen-Berichten auseinander Um die Quellen kritisch einzuordnen soll im Plenum oder auch in einem Forum der Lernplattform lo-net2 uumlber das Internet als bdquoErinnerungsortldquo diskutiert werden Die Veraumlnderungen der Besuchsregelungen aus dem Jahr 1973 innerhalb des sogenannten Kleinen Grenzverkehrs durch den Grundla-genvertrag werden anhand eines originalen RIAS-Berichtes uumlber die Bautaumltigkeit an der Grenzuumlbergangsstelle DuderstadtWorbis vom 24 Maumlrz 1973 und eines erlaumluternden Videos des Bundesgrenzschutzes aus den 1970er Jahren verdeutlicht Im Modul 5 werden die wirtschaftlichen Entwicklungen entlang des Grenzgebietes eroumlrtert und diese Regionen in der Gegenwart untersucht So sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilung fuumlr die Menschen in den grenz-nahen Gebieten aufgezeigt werden

Die Schuumllerinnen werden in jedem Mod-ul angeregt uumlber das erlangte Wissen im lo-net2-Forum zu diskutieren und so ihre Erkenntnisse mit den Mitschuumllerinnen zu teilen Auszligerdem werden zu jeder Thematik Vertiefungsmoumlglichkeiten fuumlr den Besuch im Grenzlandmuseum Eichsfeld aufgefuumlhrt

Weiterfuumlhrende Informationen fuumlr Lehrerinnen und Schuumllerinnen koumlnnen in einer Link- und Literaturliste abgerufen werden

Weitere Internetseiten mit Unterrichtshin-weisen und ndashmaterialien zur innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer befinden sich auf der Webseite der Landeszentrale fuumlr politische Bildung Baden-Wuumlrttemberg

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 24

Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

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Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 24: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Web

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Chronik der Mauer

Das Zentrum fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam eV die Bundeszentrale fuumlr poli-tische Bildung und Deutschlandradio haben gemeinsam die Internetseite wwwchron-ik-der-mauerde entwickelt Die Webseite versammelt eine Fuumllle an Informationen Materialien Fotos O-Toumlne und Videos vor allem zur Berliner Mauer aber auch zum geteilten Deutschland im Allgemeinen Die Chronologie und Biografien der Todesopfer an der Berliner Mauer stehen auch auf Eng-lisch zur Verfuumlgung

Chronik

Unter dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo koumlnnen die Ursachen der Verlauf des Mau-erbaus und die Folgen fuumlr die Bevoumllkerung Berlins chronologisch entlang der Jahre 1961 bis 1990 nachgelesen werden Zu je-dem Jahr und den einzelnen Monaten sind Informationen zusammengetragen wor-den Ergaumlnzt werden diese durch passende Tonmitschnitte Videos und Fotos Die hier zusammengetragenen Informationen koumln-nen zum Nachschlagen einzelner Ereignisse und Vorgaumlnge dienen und die multimedi-alen Ergaumlnzungen geben einen passenden audiovisuellen Eindruck

Grenze

Bei dem Punkt bdquoGrenzeldquo sind auf einer Karte diejenigen Orte eingezeichnet von denen Fotografien der Berliner Mauer angefertigt durch DDR-Grenztruppen vorhanden sind Die Fotografin Dajana Marquardt hat zudem diese Plaumltze 15 Jahre spaumlter aufgesucht und

vergleichende Fotografien angefertigt Eine weitere Karte sammelt fotografische Auf-nahmen von Hans-Hermann Hertle Hilde Kroll und Dajana Marquardt die Mauer-reste in Berlin zeigen

Opfer der Mauer

Unter diesem Navigationspunkt werden die aktuellen Forschungsergebnisse eines gemeinsamen Projektes des Zentrums fuumlr Zeithistorische Forschung Potsdam und der Gedenkstaumltte Berliner Mauer zu den Todesopfern an der Berliner Mauer zusam-mengetragen Ziel des Projektes war es die genauen Todeszahlen zu ermitteln sowie die Todesumstaumlnde und Lebensgeschichten die-ser Menschen zu dokumentieren Insgesa-mt wurden 136 biografische Erzaumlhlungen zusammengetragen die auf der Internet-seite chronologisch nach dem Todesjahr sortiert sind Eine Suche anhand der Namen oder anderer Daten ist nicht moumlglich

Material

Auf der Webseite sind verschiedene Do-kumente Videos O-Toumlne Literaturtipps und Statistiken unter dem Punkt bdquoMate-rialldquo zusammengetragen So werden kurze Spielfilme zum Mauerbau und Mauerfall sowie zum Leben mit der Mauer vorgestellt Auszligerdem gibt es eine Zusammenstellung von Dokumentarfilmen zur Geschichte der Mauer und dem friedlichen Umbruch Ne-ben Autorentexten der Bundeszentrale fuumlr politische Bildung befinden sich aber auch Abschriften von Original-Dokumenten und Literaturhinweise auf der Internetseite Die Fotografien O-Toumlne und Videos koumln-

Empfehlung Web

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nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

Empfehlung Web

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beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

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(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

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getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

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fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

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Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

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Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

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Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 25: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 25

nen einzeln aufgerufen werden und sind den jeweiligen Jahreszahlen zugeordnet Das umfangreiche Material zur Chronik der Mauer wird ergaumlnzt durch ein Personenver-zeichnis ein Abkuumlrzungsverzeichnis und Statistiken so dass es verschiedene Wege gibt sich der Geschichte zu naumlhern

Lernen

Um die zusammengetragenen Informa-tionen und Materialien in der schulischen und auszligerschulischen Bildungsarbeit ein-setzen zu koumlnnen aber auch um sich selb-staumlndig mit der Geschichte der Berliner Mauer auseinanderzusetzen sind eine Guided Tour und Arbeitsblaumltter fuumlr Schuumll-erinnen der Sekundarstufe und der Grund-schule entwickelt worden Die Guided-Tour fasst 15 Aspekte der Webseite zum Beispiel zu Mauerbau Flucht und den politischen Entwicklungen kurz zusammen und zeigt multimediale Eindruumlcke zu den jeweiligen Themen Zusammen mit Prof Dr Bettina Alavi und Holger Meeh von der Paumldago-gischen Hochschule Heidelberg sind fuumlr die Schuumllerinnen und Schuumller der Sekundar-stufe 13 Arbeitsblaumltter entstanden die als PDF abrufbar sind Fuumlr Grundschuumllerin-nen stehen weitere zehn Arbeitsblaumltter und dazugehoumlrige Hinweise fuumlr die Lehrerin-nen die in Zusammenarbeit mit Svenja Lis-sau entstanden sind zum Download bereit

Fazit

Die hier vorgestellte Internetseite wwwchronik-der-mauerde umfasst eine der groumlszligten Dokumentensammlungen zur Ber-liner Mauer die einer vielfaumlltigen quellen-

basierten Arbeit dienen Durch die umfan-greiche Chronologie sind Ereignisse und Informationen zusammengetragen die ein-en Einstieg in die Ursachen und Folgen des Mauerbaus ermoumlglichen Anhand einer Viel-zahl von Videos Fotos und O-Toumlnen werden die Informationen visualisiert und mithilfe von Arbeitsblaumlttern auch fuumlr den Unterricht einsetzbar

Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit

Das Dossier der Bundeszentrale fuumlr politi-sche Bildung versammelt Material zur Tei-lung Deutschlands von 1945 bis 1989 Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Jahr 1961 als die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenzanlagen be-gann Neben wissenschaftlichen Texten zu wichtigen politischen Entwicklungen und Entscheidungen sind Audio-Slideshows zu kleineren Orten entlang der innerdeutschen Grenze Zeitleisten eine Interviewreihe und ein Quiz zu finden

Inhalt

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Teilung Deutschland erfolgt an-hand von fuumlnf Oberthemen Geteilte Wirk-lichkeit Geschichte der Mauer Die friedli-che Revolution Der Weg zur Einheit Nach 1989 Dort koumlnnen Artikel zur allgemeinen Geschichte der DDR oder der Deutschland-politik der Bundesrepublik gelesen werden aber es werden auch einzelne Zeitabschnitte wie die 1950er Jahre und das Jahr 1968 in

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Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

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wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

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Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

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bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

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APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 26: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 26

beiden Teilen Deutschlands analysiert Al-lein zur Berliner Mauer wurden elf Artikel zum Beispiel zum politischen Umfeld des Mauerbaus dem Schieszligbefehl und zur Er-innerung an dieses Bauwerk veroumlffentlicht Zudem finden sich hier auch Abschriften po-litischer Erklaumlrungen von Konrad Adenau-er am 13 August 1961 und von Willy Brandt am 10 November 1989 Bei dem Oberthe-ma zur friedlichen Revolution befinden sich auch zwei Videos ein Interview mit Guumln-ter Schabowski 1989 Mitglied des DDR-Politbuumlros der damals die Oumlffnung der Grenzen bekannt gab sowie ein Interview mit dem Historiker Hans-Hermann Hert-le der sich zu den Gruumlnden des Mauerfalls aumluszligert Besonders hervorzuheben sind Bei-traumlge zum Umgang mit der Vergangenheit und der Entwicklung bestimmter Orte nach 1989 So beschreibt beispielsweise Annet-te Leo die verschiedenen Vermittlungsfor-men zur DDR im Museum Rainer Geiszligler den Wandel in der Sozialstruktur Rohland Schuknecht uumlber die Abwicklung der DDR-Wirtschaft und Katharina Gajdukowa uumlber Opfer-Taumlter-Gespraumlche

Grenzland

Dedeleben Kuumlhlungsborn Mackenrode Sonneberg ndash sind nur einige der Orte die vom Grenzverlauf durch Deutschland be-troffen waren In 26 Audio-Slideshows wer-den Menschen zu ihrem Leben in der Naumlhe der Grenze befragt und bauliche Uumlberreste gezeigt Die Audio-Beitraumlge geben persoumlnli-che Ansichten uumlber die Grenze und die da-mit verbundenen Probleme wieder Durch die Bilder wird die gegenwaumlrtige Situation

an diesen Orten visualisiert

Fazit

Das Dossier versammelt verschiedene Themen und Perspektiven auf die Teilung Deutschlands Es beinhaltet zum einen Uumlberblicksdarstellungen und zum ande-ren Beitraumlge zu speziellen Fragestellungen Durch die Einbettung von Links und Inhal-ten der Webseite wwwchronik-der-mauerde als Zeitleiste und durch die Audio-Slide-shows zu Orten der Grenzregion werden die Erkenntnisse individualisiert und visuali-siert Diese Webseite eignet sich vor allem fuumlr eine Hintergrundrecherche zur Teilung Deutschlands und Berlins

Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau

Der Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR

Das Deutsche Rundfunkarchiv (DRA) biete eine umfangreiche Sammlung von Video- und Audiozitaten Bildern und Dokumen-ten zum Thema Mauerbau 1961 im Houmlrfunk und Fernsehen der DDR Mit Hilfe von un-terschiedlichen Quellen kann verfolgt wer-den wie sich der Mauerbau vom 13 bis zum 19August auf die Berichterstattung der DDR ausgewirkt hat Dabei werden sowohl die unterschiedlichen Fernseh- als auch die Rundfunkprogramme aufgefuumlhrt Neben der Abbildung des geplanten und gesen-deten Programms in Funk und Fernsehen

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

Die Rubrik bdquoAktuelle Politikldquo bietet zudem die Moumlglichkeit das Tagesgeschehen der beiden Nachrichtenformate Funk und Fern-sehen vom 13 bis zum 19 August zu ver-folgen Durch unterschiedliche Beispiele werden wichtige Meldungen bezuumlglich des Mauerbaus ausgewaumlhlt Somit kann ruumlckbli-ckend verfolgt werden wie damals uumlber den Mauerbau berichtet wurde Das DRA bietet die Moumlglichkeit bestimmte Sendungen als bdquoArchivnachweisldquo zu bestellen

Die Bestellung der Dateien muss beim Deut-schen Rundfunk Archiv erfolgen Allerdings gelten fuumlr die Verwendung der Dateien rechtlichen Bestimmungen Die Einwilli-gung des DRA zur oumlffentlichen Wiedergabe zum Beispiel auf Veranstaltungen und im Unterricht ist in jedem Fall notwendig Fuumlr den Einsatz der Videos und Audiodokumen-te im Unterricht gibt es ermaumlszligigte Preise Eine private Wiedergabe im familiaumlren Rah-men ist immer moumlglich

Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 27: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Web

Magazin vom 14112012 27

wird auszligerdem in die verschiedenen Fern-seh- und Houmlrfunksenderubriken wie bdquoAk-tuelle Politikldquo bdquoUnterhaltungldquo bdquoFilm- und Fernsehspieleldquo bdquoMusikldquo bdquoKinder- und Ju-gendsendungenldquo und bdquoKulturldquo unterteilt

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Leben mit der Mauer

Eine laumlngerer Zeitabschnitt wird auf der Sei-te vom Rundfunk Berlin-Brandenburg unter dem Titel bdquoLeben mit der Mauerldquo behandelt Auf dieser Seite werden die Ereignisse im Berliner Westen und Osten von 1961 dem Jahr in dem die Mauer gebaut wurde bis 1989 dem Jahr des Mauerfalls erlaumlutert Dabei wird auf Fotografien Fernsehauf-

nahmen sowie Zeitzeugengespraumlche zuruumlck-gegriffen Auszliger den Ereignissen bezuumlglich des Mauerbaus wird zudem auf unter-schiedliche Orte in diesem Zusammenhang eingegangen Auch die Geschichten ver-schiedener Menschen werden gezeigt und es wird gefragt wie sie das Leben mit der Mau-er wahrgenommen haben

Die Besonderheit der Seite ist die Moumlglich-keit durch eine Online-Karte verfolgen zu koumlnnen an welchen Orten die Ereignisse stattgefunden haben Daher bieten sich die Inhalte vor allem fuumlr einen lokalen Bezug der allgemeinen Geschichte fuumlr den Unter-richt in Berlin und Brandenburg an

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Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

Ein weiterer Schwerpunkt des vorliegen-den Bandes liegt auf der Berliner Mauer als Grenzanlage So eroumlrtert Gerhard Saumllter die Sperranlagen die die Mauer unuumlberwind-bar machten und Winfried Heinemann bes-chreibt die Rolle der Grenzpolizei bei der Si-cherung der deutsch-deutschen Grenze Zu diesem Abschnitt sind auch Beitraumlge zur ge-sellschaftlichen Verpflichtung der Fluchtve-rhinderung (Gerhard Saumllter) und gegluumlckten Fluchten (Maria Nooke) zuzuordnen

Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 28: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 28

(Elena Demke) Die Autorin geht hier vor al-lem auf die Bezeichnung sbquoantifaschistischer Schutzwallrsquo von Seiten der SED-Regierung ein und deren Nutzung fuumlr propagandist-ische Zwecke Ebenso thematisiert sie den Begriff sbquoUlbrichts KZrsquo der die Mauer in bild-haften Darstellungen in Westdeutschland mit den nationalsozialistischen Konzentra-tionslagern verglich

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Die Erinnerung an die Berliner Mauer leitet Clemens Vollnhals mit seinem Beitrag uumlber die strafrechtliche Ahndung der Gewalt an der innerdeutschen Grenze ein Die folgen-den Artikel beschaumlftigen sich mit einzel-nen Aspekten der Aufarbeitung der Mau-ergeschichte und deren Bedeutung fuumlr die heutige Erinnerungskultur zu diesem Teil der deutschen Geschichte Einen Uumlberblick dazu gibt Sebastian Richter indem er ver-schiedene Mauerdeutungen beschreibt und die Veraumlnderungen durch den Wahlkampf im Jahr 2001 eroumlrtert bdquoWie eine Kompass-nadel verwies das Jahr 2001 auf die neuen Selbstverstaumlndlichkeiten in der oumlffentlichen Mauer-Erinnerung Sie zeigte auf das Ver-brechen der Mauer und den allen Parteien

Die Mauer ndash Errichtung Uumlber-windung Erinnerung

Von Annemarie Huumlhne

Klaus-Dietmar Henke der Herausgeber des vorliegenden Buches ist Vorsitzender des Beirats der Gedenkstaumltte Berliner Mauer und Professor fuumlr Zeitgeschichte an der TU Dresden Er versammelt in diesem Band Forschungsergebnisse und Einschaumltzungen zu wichtigen Aspekten der Mauergeschich-te und ihrer Praumlsentation in einer Gedenk-staumltte So beginnt der Sammelband mit dem Beitrag Henkes zu einer Uumlberblicksgeschich-te der Berliner Mauer Er geht dabei auf die ikonografische Wirkung des Bauwerkes vor und nach dem Fall ein Daneben beschreibt der Autor die historische Entwicklung Ber-lins nach 1945 bis zum Bau der Mauer am 13 August 1961

Einzelne historisch-politische Aspekte grei-fen auch die folgenden Autorinnen und Au-toren auf So thematisiert Michael Lemke beispielsweise die Berlin-Krise von 1958 bis 1963 als eine Bedingung des Mauer-baus Dabei hinterfragt er die auszligenpoli-tischen und innenpolitischen Bedingungen und deren Wechselwirkungen als Ursachen fuumlr den Konflikt und auch fuumlr den Bau der Mauer Weitere Artikel beschaumlftigen sich unter anderem mit der Rolle Walter Ul-brichts beim Mauerbau (Manfred Wilke) den Geheimdiensten der USA der Bundes-republik Deutschland und der DDR im Zeitraum des Mauerbaus (Daniela Muumlnkel) und der Benutzung des Mauermotivs fuumlr westdeutsche und ostdeutsche Propaganda

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Magazin vom 14112012 29

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Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

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Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 29: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Fachbuch

Magazin vom 14112012 29

getrotzten Willen das staatliche Gedenken entsprechend zu gestaltenldquo (S265) Weitere Aspekte der Erinnerungskulturen behandeln die Mauer in der Literatur (Doris Lieber-mann) im Spielfilm (Annette Dorgerloh) in Malerei und Grafik (Anke Kuhrmann) in der sbquoMauerkunstrsquo (Lutz Henke) und dem Umgang mit Mauerrelikten (Axel Klausmei-er Leo Schmidt)

Eine Vielzahl der Autorinnen und Autoren gehoumlrt zum Umfeld der Gedenkstaumltte Ber-liner Mauer Dieser Ort wird in den letz-ten Beitraumlgen des Sammelbandes in seiner Entwicklung und seinem konzeptionellen Aufbau beschrieben Zudem folgen unter an-derem Artikel zur Berliner Stadtentwicklung nach dem Mauerfall (Guumlnter Schlusche) der Mauer als politische Metapher (Marion De-tjen) und zur Ikonisierung der Mauer auszliger-halb Deutschlands (Ronny Heidenreich)

Insgesamt zeigen die Beitraumlge verschiedene Aspekte der politischen Geschichte des Mauerbaus Perspektiven auf Grenze und Flucht den erinnerungspolitischen Umgang und dabei vor allem die Entwicklung der Gedenkstaumltte Berliner Mauer Dieses um-fangreiche Buch kann aufgrund seiner the-matischen Breite und der Behandlung von Einzelaspekten als Standardwerk der wis-senschaftlichen Beschaumlftigung mit der Ber-liner Mauer gesehen werden

Klaus-Dietmar Henke (Hg) Die Mauer Errichtung

Uumlberwindung Erinnerung Dtv Taschenbuchverlag

Muumlnchen (2011) 2490euro

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 30: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Magazin vom 14112012 30

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins

Fast 1400 KM Laumlnge hatte die innerdeut-sche Grenze und 431 KM Laumlnge die Berliner Mauer In der Naumlhe der Sperranlagen leb-te eine Vielzahl von Menschen in Ost- und Westdeutschland deren Erfahrungen und Erinnerungen an vielen dieser Orte noch im-mer praumlsent sind An einigen Plaumltzen entwi-ckelten sich in den letzten Jahren Gedenk-staumltten und Museen exemplarisch fuumlr diese sollen die Gedenkstaumltte Berliner Mauer und das Grenzlandmuseum Eichsfeld vorgestellt werden

Gedenkstaumltte Berliner Mauer

Die Gedenkstaumltte Berliner Mauer befindet sich an der Bernauer Straszlige in Berlin Di-rekt an der Straszlige verlief der Grenzverlauf ndash eine Straszligenseite gehoumlrte zu West-Berlin die andere zu Ost-Berlin Einige Haumluser-fronten wurden direkt in die Mauerbefesti-gung eingebunden so dass viele Bewohnerinnen dieser Haumluser im August 1961 sich spontan entschlossen haben uumlber die noch nicht zugemauerten Fenster zu fluumlchten Auch das ikonografische Bild des uumlber einen Stacheldraht springenden Grenzsoldaten Conrad Schumann entstand an diesem Ort Die DDR-Regierung baute den Mauerstrei-fen immer weiter aus und sprengte im Jahr 1985 die im Grenzstreifen stehende Versoumlh-nungskirche Doch die Bernauer Straszlige ist auch ein historischer Erinnerungsort an die Uumlberwindung der Teilung denn hier wurde im Juni 1990 mit dem offiziellen Abriss der Berliner Mauer begonnen

Heute befindet sich die Gedenkstaumltte Berli-ner Mauer auf beiden Seiten der Bernauer Straszlige Auf der ehemals West-Berliner Seite steht ein Besucherzentrum und Dokumen-tationszentrum mit einer Ausstellung zum Mauerbau 1961 Auszligerdem gehoumlrt zu dem Dokumentationszentrum ein Aussichts-turm von dem aus die Besucherinnen und Besucher einen Blick auf einen rekonstru-ierten Grenzstreifen werfen koumlnnen Der ehemalige Mauerstreifen ist heute als Denk-mal gestaltet

Die Gedenkstaumltte bietet ein paumldagogisches Programm fuumlr Kinder Jugendliche und Er-wachsene an Es gibt spezielle Fuumlhrung fuumlr Kinder von 8 bis 12 Jahren Projekttage und ein Audioguide fuumlr einen Houmlrspaziergang Jugendliche ab 12 Jahren koumlnnen sich ne-ben der Erkundung der Ausstellung und des Open-Air-Denkmals auch durch einen film-analytischen Workshop oder eine fotografi-sche Spuren mit der Geschichte der Teilung auseinandersetzen Fuumlr Lehrerinnen und Lehrer werden Fortbildungen Arbeitsblaumlt-ter fuumlr die Arbeit mit der Ausstellung und eine paumldagogische Handreichung angebo-ten

Grenzlandmuseum Eichsfeld

Zwischen den Doumlrfern Gerblingerode im Westen und Teistungen im Osten wurde 1973 auf Basis des Grundlagenvertrages ein kleiner Grenzverkehr eingerichtet den bis 1989 fast sechs Millionen Reisende als Grenzuumlbergang nutzten Das 1995 eroumlff-nete Grenzlandmuseum Eichsfeld hat seit 2010 eine komplett uumlberarbeitete Dauer-

Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
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Magazin vom 14112012 31

Vorstellung BildungstraumlgerLernorte

ausstellung die sich teilweise in den Origi-nalraumlumen des Verwaltungsgebaumludes des Grenzuumlbergangs befindet Die angegliederte Bildungsstaumltte befasst sich mit drei Schwer-punkten Aufarbeitung der DDR-Vergan-genheit Demokratie in Deutschland sowie Oumlkologie und Umwelt Zu diesen Themen werden Seminare fuumlr Schuumllerinnen und Schuumller angeboten Lehrerinnen und Lehrer koumlnnen zudem Lehrerfortbildungen besu-chen Fuumlr die Arbeit zum geteilten Deutsch-land im Unterricht hat das Museum Mate-rialien herausgebracht Auszligerdem ist das Grenzlandmuseum in ein Unterrichtsmate-rial von Lehrer-Online eingebunden das in einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte vorgestellt wird

In einem weiteren Beitrag auf Lernen aus der Geschichte wird die Gedenkstaumltte Deut-sche Teilung in Marienborn von der Autorin Ulrike Groszlig vorgestellt

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

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Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

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Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
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Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 32

Comicgeschichte(n) zur deut-schen Teilung Berlin Geteilte Stadt

Von Ingolf Seidel

Mit dem Comic bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo von Susanne Buddenberg und Thomas Hensel-er wurde das Genre der Bildgeschichten die Geschichte(n) erzaumlhlen um einen Band bereichert der in fuumlnf Erzaumlhlungen das Werden Bestehen und Vergehen der Berlin-er Mauer anhand von realen Personen und Geschehnissen erzaumlhlt

Die beiden Autorinnen haben Zeitzeugin-nen interviewt und ihre Geschichten aus den Jahren zwischen 1961 und 1989 aufgezeich-net Es sind Geschichten wie die von Regi-na Zywietz die in Ostberlin wohnt und im Westen zur Schule geht weil ihr als Tochter eines Pfarrers der Besuch einer Oberschule im sogenannten Arbeiter ndash und Bauern-staat verwehrt worden war Urploumltzlich ist am 13 August 1961 ihr Schulweg durch die Abriegelung der bis dahin durchlaumlssigen Grenze versperrt Die gemeinsame Hilfe eines Mitschuumllers und von Lehrkraumlften er-moumlglichen der jungen Frau die Flucht

In einem anderen Kapitel lernt man Detlef Matthes aus Biesenthal in der Naumlhe von Berlin kennen Schon als Junge ist er von dem weiszligen Fleck den West-Berlin fuumlr die Buumlrgerinnen der DDR darstellte faszini-ert Mittels seines Fotoapparats dokumenti-ert er illegal Ansichten der Mauer und des Grenzregimes aus der Ostperspektive Die Aufnahmen kann er nur heimlich zuhause entwickeln Als zu Pfingsten 1987 aus Anlass

der 750-Jahrfeier der Stadtgruumlndung vor dem in West-Berlin liegendem Reichstag das bdquoKonzert for Berlinldquo stattfindet vers-ammeln sich auch jenseits der Mauer die Jugendlichen um David Bowie New Model Army den Eurhythmics und anderen Pop-idolen zu lauschen Die Staatsmacht reagiert repressiv und nimmt 158 Jugendliche fest Unter ihnen befindet sich Detlef Matthes der auch in dieser Situation fotografiert hat Matthes hat relatives Gluumlck Zwar muss er zur Untersuchungshaft in das Gefaumlngnis der Staatssicherheit in Hohenschoumlnhausen wird aber im Zuge einer Amnestie freigelas-sen Seinem anschlieszligenden Ausreisantrag wird stattgegeben und Matthes kann ausrei-sen

Auch von jenen die weniger Gluumlck bei dem Versuch hatten das von Staats wegen ab-gekapselte Land zu verlassen ist die Rede So in der Geschichte von Ursula Malchow die uumlber den Tod von Ernst Mundt berichtet der am 4 September 1962 auf dem Sophien-Friedhof an der Bernauer Straszlige erschossen wird

Die fuumlnf Geschichten werden von Texten des Historikers Dr Christian Halbrock (BStU) eingerahmt Die Zeichnungen sind bis auf den colorierten Einband in Schwarz-Weiszlig gehalten Damit treffen Budenberg und Henseler sicherlich in erster Linie die Erin-nerungen und Perspektiven derer die den zweiten deutschen Staat als Besucherinnen kennengelernt haben Die Zeichnungen sind ausgesprochen genau und tragen zum do-kumentarischen Eindruck beim Lesen bei Gleichzeitig beschraumlnkt die Art der Strich-

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

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Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 33: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung Comic

Magazin vom 14112012 33

fuumlhrung und das strikte Einhalten der Pan-els die Dynamik der Bilder wodurch die Ge-schichten etwas houmllzern wirken Der etwas strenge Formalismus der Zeichnungen mag dem Umstand geschuldet sein dass bdquoBerlin Geteilte Stadtldquo sichtlich in paumldagogischer Absicht konzipiert wurde Trotzdem laumlsst sich der Band mit Gewinn lesen und stellt fuumlr den Einsatz im Oberstufenunterricht eine Bereicherung dar Die Bundesstif-tung Aufarbeitung hat mit ihrer Foumlrderung des Projekts sicherlich dazu beigetragen den Einsatz des Mediums Comic im Unter-richt zu befoumlrdern Die Kombination von Zeitzeugenerzaumlhlungen und gezeichneten Bildgeschichten entspricht zeitgemaumlszligen Ansaumltzen der Geschichtsvermittlung Fuumlr einen wirklich multiperspektivischen An-satz wuumlrde man sich allerdings noch weitere Geschichten wuumlnschen die von denjenigen berichten die sei es aus Uumlberzeugung Res-ignation Opportunismus oder aus Furcht in der DDR geblieben sind und das System der Parteiendiktatur mittrugen

Susanne BuddenbergThomas Henseler Berlin Ge-

teilte Stadt avant-verlag Berlin (2012) 1495euro

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

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Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
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Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 34

bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo

Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo wird von der Bundess-tiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angeboten und beschreibt die Entwicklung des Dorfes Groszligbuschla welches sich im Grenzgebiet befand

Vom Dorf zur Sperrzone

Das Dorf Groszligburschla befindet sich in Thuumlringen und grenzt an das hessische Dorf Holdra Obwohl Holdra geografisch geseh-en oumlstlicher als Groszligburschla liegt war es nicht in das Staatsbegiet der DDR eingeglie-dert Nach 1945 gehoumlrt diese Gegend noch zu einer bdquoDemarkationsgrenzeldquo Es ist fuumlr die Bewohnerinnen noch moumlglich sich frei zu bewegen Ab 1945 nehmen viele Buumlrgerinnen diesen Umstand zum Anlass die DDR zu verlassen

Erst ab Anfang der 1950er Jahren wurde Groszligburschla eine Ost-Insel im Westen zur Sperrzone erklaumlrt In einer umstaumlndli-chen Operation mussten 8000 Menschen durch Zwangsumsiedlungen die Sperrzone verlassen Dennoch war auch noch Ende der 1950er Jahre die Uumlberquerung der Demar-kationsgrenze problemlos moumlglich Zwar war die Grenze bewacht doch die Bewegung in beide Richtungen ist noch nicht verboten

Erst mit dem Mauerbau ab August 1961 wird die Grenze zum Sperrgebiet unter totaler Kontrolle Mit dem Aufbau eines doppelten Stacheldrahts und Streckmetallzaumlunen wird das Hinuumlberwechseln zu der anderen Seite

nicht mehr moumlglich So kommt es Ende 1961 zur zweiten Umsiedlungswelle der bdquoAk-tion Kornblumeldquo Davon ist auch das Dorf Groszligburschla betroffen ist Wiederum die Grenzziehung hat zur Konsequenz dass viele Verwandtschaften getrennt werden

Folgen einer Flucht

Inmitten dieses Grenzdorfes entscheidet sich Reinhard Muumlller zu fliehen Durch die raumlumliche Naumlhe zum Westen bestand schon lange der Wunsch in die Bundesrepublik zu gelangen Nachdem der damals 19-Jaumlhrige Abends zufaumlllig einen seiner Lehrer traf und sich mit ihm gestritten hatte fasste Reinhard Muumlller am 30 Juni 1979 den Entschluss spontan in den Westen zu fliehen Es gelang ihm unentdeckt die Werra zu passieren und im Westen anzukommen Dort blieb er bis zum Mauerfall

Fuumlr die Familie Muumlller hatte dieser Fall eine erhoumlhte Aufmerksamkeit bei der Stasi zur Folge Fuumlr sie galt besonders hohe Fluchtge-fahr da ihr Sohn bereits in den Westen ge-flohen ist Obwohl ihnen nahegelegt wurde das Gebiet zu verlassen blieben sie in Groszlig-burschla Eine Beobachtung von fuumlnf Stasi-Spitzeln waren die Auswirkung ihrer Ver-weigerung aus Groszligburschla wegzuziehen Schlieszliglich wurde der Vater zuerst ins Stasi-Gefaumlngnis gesteckt und danach wurden die Habseligkeiten der Familie gepackt um sie nach Mecklenburg-Vorpommern zwang-sumzusiedeln Insgesamt waren bis zur Grenzoumlffnung zwanzig weitere Personen von einer solchen Zwangsumsiedlung betroffen

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
Page 35: LaG - Magazin - Lernen aus der Geschichtelernen-aus-der-geschichte.de/.../attach/...mauer_0.pdf · deutsch-deutsche Geschichte unabhängig von der Verankerung in Lehrplänen be-reits

Empfehlung FilmDVD

Magazin vom 14112011 35

Ruumlckkehr

Interessant ist dass das Dorf obwohl es in der DDR lag der Partei zum Trotz alte Tra-ditionen bewahrte Der Vereinsname des Gesangsvereins durfte beibehalten werden obwohl er sich auf eine Jahreszahl aus dem 19 Jahrhundert bezog neben der Jugend-weihe wurden Braumluche wie die Konfirmation noch gepflegt Ein gluumlckliches Ende nimmt der Film nicht nur weil die Familie Muumlller nach 28 Jahren durch den Fall der Mauer ihren Sohn wieder trifft sondern auch weil zuvor die Familie Muumlller aufgrund eines Re-visionsverfahrens erwirkt hat dass sie im Jahre 1988 nach Groszligburschla in ihr Haus zuruumlckkehren darf

Der Film erzaumlhlt auf bewegende Art und Weise welche Folgen der Mauerbau fuumlr die Bewohnerinnen Groszligburschlas und die Nachbardoumlrfer hatte Mit Hilfe von zahl-reichen Zeitzeuginnen aus Groszligburschla Heldra und Altenburschla historischer Vid-eoaufnahme und die Ablichtung weiterer originaler Dokumente werden die Schick-sale der Buumlrgerinnen illustriert

Weiterer Film

Auch die Dokumentation bdquoUumlber die Zonen-grenze hinwegldquo behandelt das Leben an der Grenze zwischen 1954 und 1989 Der Film-chronist FJ Schneider haumllt darin den Gren-zverlauf von der Ostsee bis zur Tschecho-slowakei fest

Beide Filme koumlnnen fuumlr die schulische sowie auszligerschulische Bildung genutzt werden Die DVD bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo enthaumllt zudem umfan-

greiches Begleitmaterial fuumlr die Schule Die Filme sind direkt uumlber die Homepage der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur zu beziehen und werden fuumlr 750 Euro Schutzgebuumlhr plus Versandkosten ver-schickt

Magazin vom 14112012 36

Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

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Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
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Empfehlung Podcast

Ein Grenzfall

In dem Podcast der Bundesstiftung zur Au-farbeitung der SED-Dikatur hat die Auto-rin Heike Ott durch zahlreiche Gespraumlche die spannende Biografie der Bruumlder Juumlrgen und Roberto Resch rekonstruiert Sie sind gemeinsam mit einem Freund aus der DDR geflohen Der Podcast beinhaltet einige Zeitzeugengespraumlche Darin sind die ver-schiedenen Familienmitgliedern und Per-sonen die von der Flucht betroffen waren zu houmlren

Nachdem die Gebruumlder am 3 Maumlrz 1984 erfolgreich die Grenze am Thuumlringer Wald uumlberquert haben hatte dies schwere Fol-gen fuumlr die zuruumlckgebliebenen Ehefrauen Sie sind ins Gefaumlngnis gesteckt worden Auch nach ihrer Freilassung wurden sie weiterhin bewacht Dies erschwerte eine geplante Ausreise der Frauen Ein baldiges Zusammenkommen der getrennten Ehe-leute schien aussichtslos Bis Juumlrgen Resch sich dazu entscheidet ein weiteres Mal die Grenze zu uumlberqueren um seine Frau und das gemeinsame Kind abzuholen Doch eine wiederholte Flucht gelingt nicht

Fuumlr den Einsatz des Podcast im Unterricht steht ein Unterrichtsmaterial fuumlr die Ge-staltung einer Doppelstunde zur Verfuumlgung Darin koumlnnen Ursachen und Folgen einer Flucht aus der DDR behandelt werden

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

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Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

dem Navigationspunkt bdquoChronikldquo Informa-tionen zu wichtigen Ereignissen abgerufen werden Diese beinhalten Audio- und Vi-deomitschnitte sowie Dokumente die von der Webseite wwwchronik-der-mauerde entnommen sind

Die App bdquoDie Berliner Mauerldquo kann kosten-los im iTunes-App-Store fuumlr iPhones und bei GooglePlay fuumlr Smartphones mit Andro-id-Betriebssystem heruntergeladen werden

I M P R E S S U M

Agentur fuumlr Bildung - Geschichte Politik und Medien eVBuumllowstr 9010783 Berlinhttpwwwlernen-aus-der-geschichtede

Projektkoordination Birgit MarzinkaWebredaktion Ingolf Seidel Annemarie Huumlhne und Mara Puškarević

Das mehrsprachige Webportal wird seit 2004 gefoumlrdert durch die Stiftung bdquoErinnerung Verantwortung und Zukunftldquo Berlin Die vorliegende Ausgabe unseres Magazins wird durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefoumlrdert Die Beitraumlge dieses Magazins koumlnnen fuumlr nichtkommerzielle Bildungszwecke unter Nennung der Autorindes Autors und der Textquelle genutzt werden

Unser naumlchstes Magazin erscheint am 12122012 und traumlgt den Titel bdquoErster Weltkrieg individuelle und gesellschaftliche Bruumlcheldquo

  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
  • bdquoWir haben immer nach Westen geblickthellipldquo
  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
  • Uumlberschrift APuZ 50 Jahre MauerbauAnnemarie Huumlhne
  • Die Berliner Mauer
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Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 37

APuZ 50 Jahre Mauerbau

Annemarie Huumlhne

Am 13 August 1961 begannen die Machtha-benden in der DDR die Grenzen des Landes zu schlieszligen Bestand bis dahin ein Transfer zwischen beiden Teilen Berlins war nun die Stadt geteilt Stacheldraht Ziegelmauer und spaumlter fast unuumlberwindbare Sperranlagen kennzeichneten die Berliner Mauer sowie die innerdeutsche Grenze Bis 1989 wurden die maumlchtigen Grenzanlagen immer weiter ausgebaut an der allein in Berlin mindes-tens 136 Menschen ums Leben kamen Das SED-Regime titulierte das Bauwerk als bdquoan-tifaschistischen Schutzwallldquo der der Frie-denssicherung diene Eigentliches Ziel des Mauerbaus war die Massenabwanderung aus der DDR zu beenden und dadurch die eigene Macht zu sichern Das vorliegende Heft der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeit-geschichteldquo versammelte 50 Jahre nach der Grenzziehung in Deutschland verschiedene Perspektiven Forschungen und Erinnerun-gen an dieses Ereignis

Der Autor Guumlnter Kunert berichtet in seinem Beitrag uumlber persoumlnliche Eindruumlcke und Hoffnungen in Berlin am Tag des Mauer-baus 1961 Seine Beschreibungen zeigen bei-spielhaft Gefuumlhle Ostberliner-Buumlrgerinnen und -Buumlrger die im August 1961 eine klare Abriegelung des Landes noch fuumlr unwahr-scheinlich hielten In den weiteren Artikeln sind Ausschnitte aus dem aktuellen For-schungsstand praumlsentiert So fasst Hope M Harrison seine Erkenntnisse aus der Durch-sicht von Akten in Berlin und Moskau zum

Bau der Mauer zusammen Dabei steht vor allem das Verhaumlltnis von Nikita Chruscht-schow und Walter Ulbricht im Vordergrund das besonders durch den unbedingten Wil-len Ulbrichts den Fluumlchtlingsstrom zu stop-pen charakterisiert wird Die sowjetische Fuumlhrung widersetzte sich jahrelang seinem Draumlngen da eine bdquoGrenzziehung einer Ka-pitulation gleichkaumlme und ihnen selbst und der sozialistischen Sache erheblich schaden wuumlrde (S8) Gerhard Wettigs Beitrag rich-tet das Augenmerk vielmehr auf die Politik Nikita Chruschtschows Der Autor bezieht sich auf die Entwicklungen seit dem ersten Berlin-Ultimatum im November 1958

Schieszligbefehl

Hans-Hermann Hertle befasst sich in sei-nem Text bdquoGrenzverletzer sind festzuneh-men oder zu vernichtenldquo mit dem Schieszlig-befehl an der Grenze Dieser war neben den maumlchtigen Sperranlagen und der engen Staffelung der Grenzpatrouille ein wich-tiger Eckpfeiler fuumlr die Abriegelung des Landes Guumlnter Littfin der erste und Chris Gueffroy der letzte an der Berliner Mauer erschossene Fluumlchtling sind heute bekannt Doch welche Geschichten erzaumlhlen die wei-teren Todesopfer Welche Aussagen trafen die Grenztruppen uumlber die Todesumstaumln-de Der Autor geht diesen Fragen in seinem Artikel nach Die SED-Fuumlhrung teilte den Familienangehoumlrigen oft nur den Tod aber nicht die Umstaumlnde mit Es wurden zudem falsche Todesumstaumlnde konstruiert und die Angehoumlrigen zum Schweigen gezwungen

Empfehlung Zeitschrift

Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

Die vorliegende Ausgabe der Zeitschrift bdquoAus Politik und Zeitgeschichteldquo ist leider vergriffen kann aber als PDF bei der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung herunter-geladen werden

Empfehlung App

Magazin vom 14112012 39

Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

Eine Erkundung des ehemaligen Todesstrei-fens erfolgt uumlber 50 ausgewaumlhlte Stationen die auf einer Karte eingezeichnet sind Bei jeder Station sind kurze Informationen Bil-der und teilweise Originaldokumente sowie Audio- und Videomitschnitte abzurufen Auszligerdem wird zu jeder Station eine indi-viduelle Route mit oumlffentlichen Verkehrs-mitteln oder zu Fuszlig ermittelt Zentrales Ele-ment der App sind die drei vorgegebenen Touren vom Checkpoint Charlie zum Pots-damer Platz vom Checkpoint Charlie zum Brandenburger Tor und vom Hauptbahnhof bis in die Liesenstraszlige Zusaumltzlich kann der bdquoEntdeckermodusldquo aktiviert werden der die Nutzerinnen und Nutzer auf Stationen in ihrer Naumlhe hinweist so dass die Orte direkt aufgesucht werden koumlnnen Auf einer eige-nen Erkundungstour koumlnnen zudem indi-viduelle Routen festgelegt und gespeichert werden Neben der ortsgebundenen An-naumlherung an die Geschichte koumlnnen unter

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  • Zeitgeschichte Deutschland Kinder ndash Annaumlherungen zum zeitgeschichtlichen Lernen in der Primarstufe
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  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
  • bdquoEs gab kein Niemandsland ndash ein Dorf im Sperrgebietldquo
  • Ein Grenzfall
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Magazin vom 14112012 38

Folgen

In einem weiteren Artikel beschaumlftigt sich Daniela Muumlnkel mit der Rolle des Ministeri-ums fuumlr Staatssicherheit (MfS) beim Bau der Mauer Erich Mielke Minister fuumlr Staatssi-cherheit sah den Mauerbau als Chance die Stellung des MfS innerhalb des DDR-Macht-gefuumlges auszubauen In der ersten Nacht der Grenzschlieszligung uumlbernahmen Stasi-Mit-arbeiter vor allem die Unterbrechung des Berliner oumlffentlichen Personennahverkehrs Andreas Koumltzing beschaumlftigt sich in seinem Beitrag mit der anscheinenden Oumlffnung der Kulturpolitik nach 1961 Es entstanden DEFA-Filme zum Leben der Menschen in der DDR und gesellschaftskritische Romane konnten veroumlffentlicht werden Im Mittel-punkt des Artikels steht der Film bdquoDeutsch-land Endstation Ostldquo von Frank Buyen Der Film zeigt neben ideologiekonformen Inter-views und Aussagen auch kritische Stim-men von Ostberlinerinnen

Erinnerung

Im Artikel von Dirk Schindelbeck werden die Bilder der Mauer im kollektiven Ge-daumlchtnis erfragt Bei diesen Bildern handelt es sich vor allem emotional aufgeladene Aufnahmen von der bewaffneten Abriege-lung des Brandenburger Tores der Sprung des Grenzsoldaten Conrad Schumanns uumlber Stacheldraht und Bilder von verkno-teten Bettlaken die an der Bernauer Straszlige der Flucht dienten Diese Fotografien sind Schluumlsselbilder zum Mauerbau Gleichzei-tig sind dies auch manipulierte Bilder mit propagandistischer Wirkung Schindelbeck

zeigt verschiedene Formen der Nutzung der Mauer fuumlr die Propaganda in Ost und West Der abschlieszligende Beitrag von Sibylle Frank richtet einen Blick auf die Berliner Geden-klandschaft Fuumlr die Autorin vollzieht sich in Deutschland ein regelrechter Geschichts-boom der sich vor allem durch die Etablie-rung von privaten Museen aumluszligert Demge-genuumlber steht das Zweifeln von Politik und Wissenschaft gegenuumlber diesen Formen der Geschichtsvermittlung Beispielhaft be-schreibt die Autorin die Entwicklungen am Checkpoint Charlie in Berlin an dem sich besonders viele private touristische Ge-schichts-Angebote befinden

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Die Berliner Mauer

Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

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  • Historisches Lernen zum Mauerbau am Beispiel des Notaufnahmelager Gieszligens
  • bdquoUnrechtssysteme in Deutschlandldquo in der Gedenkstaumltte Bergen-Belsen und in der Gedenkstaumltte Deutsche Teilung MarienbornVon Ulrike Groszlig
  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
  • Die Berliner Mauer Quellen - Fragen - Kontexte
  • Die deutsche Teilung Leben im Grenzgebiet
  • Chronik der Mauer
  • Deutsche Teilung ndash Deutsche Einheit
  • Audio- Bild- und Videomaterial rund um den Mauerbau
  • Die Mauer ndash Errichtung Uumlberwindung Erinnerung
  • Lernorte zur Teilung Deutschlands und Berlins
  • Comicgeschichte(n) zur deutschen Teilung Berlin Geteilte Stadt
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  • Ein Grenzfall
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Wo stand eigentlich die Mauer die von 1961 bis 1989 Berlin teilte Heute wird der Mau-erverlauf durch Pflastersteine im Boden ge-kennzeichnet ndash Reste der Mauer gibt es ver-streut in der Stadt zu sehen Mit Hilfe der App bdquoDie Berliner Mauerldquo koumlnnen eine Viel-zahl an Orten entlang der ehemaligen Mau-er aufgesucht werden Die App wurde zum 50 Jahrestag des Mauerbaus von der Bun-deszentrale fuumlr politische Bildung in Zusam-menarbeit mit dem Zentrum fuumlr Zeithistori-sche Forschung und dem Deutschlandradio entwickelt

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  • bdquoMan stoumlszligt eben zu schnell immer wieder auf Grenzenldquo
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