Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch)...

6
Schwerpunktthemen 250 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4 1. Einleitung Die Druckgasfiltration nimmt mit all ihren Facetten, wie z.B. Druckluftfiltration, Erdgasfiltration, Prozessgasfiltration, Dicht- gasaufbereitung usw. in den industriellen Anwendungen einen breitgefächerten Rahmen ein. Abhängig von der jeweili- gen Anwendung spielen die verschiedenen Druckgasparameter wie Druckniveau, Volumenstrom, Lastwechsel, Druckgas- reinheit bezogen auf Partikel, Tropfen oder Dämpfe unterschiedlich gewichte- te Rollen. Der wesentliche Parameter ist jedoch in den meisten Fällen die Druck- gasreinheit. Zur Sicherstellung der geforderten Druckgasreinheit wird das komprimierte Gas mit Hilfe von Druckluftfiltern auf- bereitet, wobei je nach Filtrationsaufgabe Druckluftfilter unterschiedlicher Bauart zum Einsatz kommen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Auswahl der Druck- gasfilter ist deren Abscheidegrad, denn dieser gewährleistet den geforderten Reinheitsgrad. Der Energieaufwand zur Reinigung des Gases, bezifferbar über den Differenzdruck des Filters, bestimmt (bei sonst optimalen Bedingungen) wesent- lich die Betriebskosten der Druckgas- aufbereitung. Das Ziel aller Filterentwicklungen (im hier betrachteten Fall die Entwicklung und Auslegung von Druckgasfiltern) ist also die Realisierung des geforderten Abscheide- grades bei möglichst geringem Differenz- druck. Der für eine bestimmte Filtrations- aufgabe erforderliche Abscheidegrad wird durch die Auswahl des geeigneten Filter- mediums gewährleistet, wobei ein besse- rer Abscheidegrad üblicherweise durch einen höherer Differenzdruck „erkauft“ werden muss. Das ausgewählte Filtermedium bestimmt aber nur zum Teil den Differenzdruck eines Filters. Der u.U. sogar größere Anteil des Gesamtdifferenzdruckes ist an die Strömungsführung im Filtergehäuse und in der Filterpatrone gekoppelt. Sowohl die Absenkung des Differenz- druckes des Filtermediums bei gleich- bleibendem Abscheidegrad als auch die Optimierung der Strömungsführung ist und bleibt eine ständige Herausforderung bei der Auslegung von Filtrationsapparaten und in diesem Fall bei der Auslegung von Druckgasfiltern. Der messtechnische Nachweis einer erfolgreichen Optimierung ist im unte- ren Druckbereich, also bis etwa 20 bar, mit relativ geringem experimentellem Aufwand realisierbar. Beim Übergang in den Hochdruckbereich, also etwa bis 400 bar, wird die experimentelle Validierung erheblich schwieriger und kosteninten- siver. In der vorliegenden Arbeit wird eine Methode vorgestellt, mit der aus Differenzdruckmessungen im unteren Druckbereich auf die Gegebenheiten im Hochdruckbereich geschlossen werden kann. 2. Die Differenzdruckgleichung Die Forchheimer-Gleichung (nach Philipp Forchheimer /1/) beschreibt den Differenzdruck in einer Strömung. Die Gleichung erweitert das Darcy-Gesetz /2/, das nur den Differenzdruck aus der dyna- mischen Viskosität berücksichtigt, um einen Term für den turbulenten Anteil des Differenzdruckes. In differenzieller Form. lautet die Forchheimer-Gleichung: (1) mit: dP Druckänderung über der Strecke dx v Strömungsgeschwindigkeit des Fluids η dynamische Viskosität des strömen- den Fluids K 1 laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K2 turbulente Permeabilität (nicht-dar- cy‘sch) der durchströmten Einheit. Die beiden Koeffizienten K1 und K 2 werden meistens experimentell ermittelt und sind nur von der Geometrie der durch- strömten Einheit abhängig, nicht aber vom strömenden Fluid. Die Kehrwerte die- ser Permeabilitäten können auch als die jeweiligen Widerstandbeiwerte aufgefasst werden. Für K2 →∞ geht die Forchheimer-Glei- chung in das Darcy-Gesetz über. Nach Integration der Forchheimer- gleichung ergibt sich die Differenz- Laminare und turbulente Strömungskennwerte für die Differenzdruckauslegung von Gashochdruckfiltern W. Mölter-Siemens*, G. Fischer** Die Kennlinie des Differenzdruckes von Gashochdruckfiltern kann mit ausreichender Genauigkeit über die Forchheimer- gleichung beschrieben werden, wobei die laminaren und turbulenten Anteile im Wesentlichen dem Filtermedium zum einen und der Strömungsführung in Gehäuse und Patronenkörper zum anderen zu zuordnen sind. Innerhalb dieser Arbeit wurden die jeweiligen Permeabilitäten (Kehrwerte der Widerstandbeiwerte) als reine (fluidunabhängige) Strömungskennwerte der untersuchten Druckgasfilter ermittelt. Unter Anwendung dieser Kennwerte können Gashochdruckfilter auch für den Bereich hoher Drücke ausgelegt werden. Allerdings zeigen Messungen mit Öl als Modellfluid, dass die mit Luft ermittelten Permeabilitäten nicht ohne weiteres auf Öl übertragbar sind, bzw. dass die Differenzdruckauslegung von Gashochdruckfiltern über die Bewertung mit Öl nur bedingt anwendbar ist. *Dr.-Ing. Wolfgang Mölter-Siemens Senior Scientist Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. – IUTA Bliersheimerstr. 58 – 60 47229 Duisburg Tel.: 02065 / 418 - 400 [email protected] www.iuta.de ** Dipl.-Ing. Götz Fischer BOLL & KIRCH Filterbau GmbH Senior Engineer Abteilung Forschung und Entwicklung Siemensstr. 10-14 50170 Kerpen Tel.: 02273 / 562 – 0 Fax.: 02273 / 562 - 223 info@bollfilter.de www.bollfilter.com

Transcript of Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch)...

Page 1: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

250 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4

1. Einleitung

Die Druckgasfi ltration nimmt mit all

ihren Facetten, wie z.B. Druckluftfi ltration,

Erdgasfi ltration, Prozessgasfi ltration, Dicht -

gasaufbereitung usw. in den industriellen

Anwendungen einen breitgefächer ten

Rahmen ein. Abhängig von der je weili-

gen Anwendung spielen die verschie denen

Druckgas parameter wie Druck niveau,

Volumenstrom, Last wechsel, Druck gas-

reinheit bezogen auf Partikel, Tropfen

oder Dämpfe unterschiedlich gewichte-

te Rollen. Der wesentliche Parameter ist

jedoch in den meisten Fällen die Druck-

gasreinheit.

Zur Sicherstellung der geforderten

Druckgasreinheit wird das komprimierte

Gas mit Hilfe von Druckluftfi ltern auf-

bereitet, wobei je nach Filtrationsaufgabe

Druckluftfi lter unterschiedlicher Bauart

zum Einsatz kommen. Ein wesentlicher

Aspekt bei der Auswahl der Druck-

gasfi lter ist deren Abscheidegrad, denn

dieser gewährleistet den geforderten

Reinheitsgrad. Der Energieaufwand zur

Reinigung des Gases, bezifferbar über den

Differenzdruck des Filters, bestimmt (bei

sonst optimalen Bedingungen) wesent-

lich die Betriebskosten der Druck gas-

aufbereitung.

Das Ziel aller Filterentwicklungen (im

hier betrachteten Fall die Entwicklung und

Auslegung von Druckgasfi ltern) ist also

die Realisierung des geforderten Ab scheide -

grades bei möglichst geringem Differenz-

druck. Der für eine bestimmte Filtrations-

aufgabe erforderliche Ab scheide grad wird

durch die Auswahl des geeigneten Filter-

mediums gewährleistet, wobei ein besse-

rer Abscheidegrad üblicherweise durch

einen höherer Differenz druck „erkauft“

werden muss.

Das ausgewählte Filtermedium bestimmt

aber nur zum Teil den Differenzdruck

eines Filters. Der u.U. sogar größere

Anteil des Gesamtdifferenzdruckes ist an

die Strömungsführung im Filtergehäuse

und in der Filterpatrone gekoppelt.

Sowohl die Absenkung des Differenz-

druckes des Filtermediums bei gleich-

bleibendem Abscheidegrad als auch die

Optimierung der Strömungsführung ist

und bleibt eine ständige Herausforderung

bei der Auslegung von Filtrationsapparaten

und in diesem Fall bei der Auslegung von

Druckgasfi ltern.

Der messtechnische Nachweis einer

erfolgreichen Optimierung ist im unte-

ren Druckbereich, also bis etwa 20 bar,

mit relativ geringem experimentellem

Aufwand realisierbar. Beim Übergang in

den Hochdruckbereich, also etwa bis 400

bar, wird die experimentelle Validierung

erheblich schwieriger und kosteninten-

siver.

In der vorliegenden Arbeit wird

eine Methode vorgestellt, mit der aus

Differenzdruckmessungen im unteren

Druckbereich auf die Gegebenheiten im

Hochdruckbereich geschlossen werden

kann.

2. Die Differenzdruckgleichung

Die Forchheimer-Gleichung (nach

Philipp Forchheimer /1/) beschreibt den

Differenzdruck in einer Strömung. Die

Gleichung erweitert das Darcy-Gesetz /2/,

das nur den Differenzdruck aus der dyna-

mischen Viskosität berücksichtigt, um

einen Term für den turbulenten Anteil des

Differenzdruckes. In differenzieller Form.

lautet die Forchheimer-Gleichung:

(1)

mit:

dP Druckänderung über der Strecke dxv Strömungsgeschwindigkeit des

Fluids

η dynamische Viskosität des strömen-

den Fluids

K1 laminare Permeabilität(darcy‘sch)

der durchströmten Einheit

ρ Dichte des strömenden Fluids

K2 turbulente Permeabilität (nicht-dar-

cy‘sch) der durchströmten Einheit.

Die beiden Koeffi zienten K1 und K2

werden meistens experimentell ermittelt

und sind nur von der Geometrie der durch-

strömten Einheit abhängig, nicht aber vom

strömenden Fluid. Die Kehrwerte die-

ser Permeabilitäten können auch als die

jeweiligen Widerstandbeiwerte aufgefasst

werden.

Für K2→∞ geht die Forchheimer-Glei-

chung in das Darcy-Gesetz über.

Nach Integration der Forchheimer-

gleichung ergibt sich die Differenz-

Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die Differenzdruckauslegung von Gashochdruckfi lternW. Mölter-Siemens*, G. Fischer**

Die Kennlinie des Differenzdruckes von Gashochdruckfi ltern kann mit ausreichender Genauigkeit über die Forchheimer-

gleichung beschrieben werden, wobei die laminaren und turbulenten Anteile im Wesentlichen dem Filtermedium

zum einen und der Strömungsführung in Gehäuse und Patronenkörper zum anderen zu zuordnen sind. Innerhalb

dieser Arbeit wurden die jeweiligen Permeabilitäten (Kehrwerte der Widerstandbeiwerte) als reine (fl uidunabhängige)

Strömungskennwerte der untersuchten Druckgasfi lter ermittelt. Unter Anwendung dieser Kennwerte können

Gashochdruckfi lter auch für den Bereich hoher Drücke ausgelegt werden. Allerdings zeigen Messungen mit Öl als

Modellfl uid, dass die mit Luft ermittelten Permeabilitäten nicht ohne weiteres auf Öl übertragbar sind, bzw. dass die

Differenzdruckauslegung von Gashochdruckfi ltern über die Bewertung mit Öl nur bedingt anwendbar ist.

*Dr.-Ing. Wolfgang Mölter-SiemensSenior Scientist Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. – IUTABliersheimerstr. 58 – 6047229 DuisburgTel.: 02065 / 418 - [email protected]

**Dipl.-Ing. Götz FischerBOLL & KIRCH Filterbau GmbHSenior EngineerAbteilung Forschung und EntwicklungSiemensstr. 10-1450170 KerpenTel.: 02273 / 562 – 0Fax.: 02273 / 562 - 223info@bollfi lter.dewww.bollfi lter.com

Page 2: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4 251

druck gleichung, wobei die unterschied-

lichen Strecken x (abhängig von der

jeweiligen Geometrie) in die jeweiligen

Permeabilitäten (kl für den laminaren

Anteil und kt für den turbulenten Anteil)

übernommen wurden. Zudem ist dabei fol-

gendes zu beachten: In der hier betrachte-

ten Anwendung der Forchheimergleichung

auf Druckluftfi lter ist der laminare Beitrag

zum Druckverlust im Wesentlichen durch

die Strömung durch das Filtermedium und

der turbulente Beitrag im Wesentlichen

durch die Strömung durch Filtergehäuse

und Patronenkörper bestimmt. Die Be -

zugs fl ächen beider Strömungsanteile sind

deutlich unterschiedlich (laminar: Fläche

des Filtermediums; turbulent: Quer schnitts-

fl ächen der Gehäuse an schlüsse), also sind

die zugehörigen Strömungs geschwin-

digkeiten ebenfalls verschieden.

(2)

mit:

Δp Gesamtdifferenzdruck

kl Permeabilität bezogen auf laminare

Strömung

vl Geschwindigkeit bezogen auf die

laminare Strömung

kt Permeabilität bezogen auf turbulente

Strömung

vt Geschwindigkeit bezogen auf die tur-

bulente Strömung

Da die jeweiligen (effektiven) Ge -

schwin digkeiten zum einen deutlich ver-

schieden sein können und zum andern

experimentell nicht zugänglich sind, wer-

den diese Geschwindigkeiten über den

Betriebsvolumenstrom V·B substituiert. Der

Betriebsvolumenstrom ist wohl bekannt

und für die beiden Strömungsanteile

gleich. Die Kenntnis der jeweiligen cha-

rakteristischen Bezugsfl ächen ist daher

nicht nötig, vielmehr sind diese Flächen

geometrische Kenngrößen der jeweiligen

Komponenten und können somit in die

jeweiligen Permeabilitäten übernommen

werden.

Abb. 1: Beispielhafter Aufbau von Druckluftfi ltern und Druckluftfi lter in Betrieb (Fotos mit Erlaubnis).

Die weltweit führende Fachmesse für Brauch-, Trink- und Abwasser

2015MESSE 3. – 6. NOVEMBERA MSTERDA M • NL

ZAHLREICHE NEUE MESSEELEMENTE MIT FOKUS AUF DEN NEUESTEN BRANCHENTRENDS

Organisiert von Unterstützt vonTeil der

Informationen und Anmeldung auf aquatechtrade.com/Amsterdam

Page 3: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

252 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4

3. Anwendung der Differenz druckgleichung

auf Druck luftfi lter

Ein Druckluftfi lter (siehe Abbildung 1) ist aus mehreren

Komponenten aufgebaut. Ein Aufbau besteht im Normalfall aus

den Komponenten Druckluftfi ltergehäuse mit Düsen und Blenden

an den Luftein- und auslässen und den nötigen Luftumlenkungen,

Filterpatrone mit Stützkörper und ggf. Luftleitblechen und dem

eigentlichen Filterkörper (Filtermedium, Filtermittel).

Üblicherweise bezieht sich der laminare Anteil ausschließlich auf

die Strömung durch die meist aus dünnen Fasern (Faserdurchmesser

im μm Bereich) aufgebauten Filtermedien. Die Reynoldszahlen bei

der Durchströmung von Filtermedien liegen weit unter eins, so

dass die Annahme einer laminaren Strömung gerechtfertigt ist.

Die Durchströmung des Druckluftfi ltergehäuses (Rohrquerschnitte

im cm-Bereich), sowie durch den Filterpatronenkörper, kann im

Gegensatz dazu als turbulent angesehen werden.

Die strömungstechnische Charakterisierung von Druck-

luftfi ltern über die Erfassung von laminaren und turbulenten

Strömungskennwerten kann, je nach Aufgabenstellung, über zwei

unterschiedliche Betrachtungsweisen erfolgen. Diese sind zum

einen die Charakterisierung von Filterpatrone und Filtergehäuse

und zum anderen die Charakterisierung von laminarem und turbul-

entem Anteil, also der Charakterisierung der Strömung durch das

Filtermedium und der Strömung vom Einlass zum Filtermedium

und vom Filtermedium zum Auslass.

4. Ermittlung der Kennwerte zur Charakterisierung

des laminaren und turbulenten Anteils an

einem handelsüblichen Druckluftfi lter mit

Nennvolumenstrom von ca. 1400 Nm3/h.

Zur Ermittlung dieser Kennwerte werden die beiden tur-

bulenzbezogenen Permeabilitäten (Patrone und Gehäuse) über

nachstehende Rechenvorschrift zur Permeabilität bezogen auf

die Strömungsführung (kS) zusammengefasst (kM = laminare

Permeabilität). Damit erhält man für die Abhängigkeit des

Differenzdruckes vom Betriebsvolumenstrom nachstehendes

Polynom zweiten Grades mit den Koeffi zienten A und B.

(3)

Zur Ermittlung der Koeffi zienten A und B wurde in einem

Experiment der Differenzdruck an einem Druckluftfi lter mit neuer

Filterpatrone in Abhängigkeit vom Betriebsvolumenstrom bei 6

unterschiedlichen Drücken gemessen. Der Nennvolumenstrom des

Filters betrug 175 m3/h bei einem Druck von 8 bar (a=absolut).

Zusätzlich zum Druckniveau wurde jeweils die Temperatur des

Fluids (hier Luft) erfasst.

In Abbildung 2 sind die Ergebnisse der Messungen dargestellt.

Man erkennt den progressiven Verlauf aller 6 Kurven, wobei der

Differenzdruck bei gleichem Betriebsvolumenstrom mit zuneh-

mendem Druckniveau steigt.

Zur Ermittlung der Koeffi zienten A und B wurden alle sechs

Kurvenverläufe einer Polynomregression (Polynom zweiten Grades

mit Nulldurchgang) unterzogen. Die Ergebnisse dieser Regression

sind in Tabelle 1 eingetragen; der Regressionskoeffi zient R2 war

bei allen Kurven größer gleich 0,998.

Über die jeweiligen Viskositäten und Dichten wurden schließ-

lich aus den Koeffi zienten A und B die Permeabilitäten des

Filtermediums kM (laminar) und der Strömungsführung kS (tur-

bulent) berechnet. Es ergaben sich konstante Permeabilitäten als

Kennwerte für die Strömungsführung und für das Filtermedium,

unabhängig vom durchströmenden Fluid. Der Mittelwert für kS

beträgt 1,56 10-6 m4 bei einer relativen Abweichung von 4,2%,

der Mittelwert für kM beträgt 3,29 10-10 m2 bei einer relativen

Abweichung von 5,2%.Die beiden Strömungskennwerte für das

trockene Filtermedium und für die Strömungsführung können also

unabhängig vom Druck als konstant betrachtet werden.

Mit Hilfe dieser Strömungskennwerte wurden nun die einzelnen

Anteile (Medium und Strömungsführung) des untersuchten Filter für

das Druckniveau 5 bar(a) berechnet. Die Ergebnisse der Rechnung

sind in Abbildung 3 dargestellt. Zusätzlich zeigt die Graphik den

gemessenen Differenzdruck des leeren Gehäuses (ohne eingebautes

Filterelement). Man erkennt zum einen, dass bei Durchströmung

mit Nennvolumenstrom im Neuzustand der Differenzdruck der

Abb. 2: Differenzdruck an einer trockenen Filterpatrone im Gehäuse bei 6 verschiedenen Drücken.

Abb. 3: Differenzdruck gemessen und berechnet bei 5 bar (a).

Abb. 4: Filterelement von Boll & Kirch Filterbau GmbH

Page 4: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4 253

Strömungsführung deutlich dominiert und

zum anderen, dass durch Messung am

leeren Gehäuse der Differenzdruckanteil

der Strömungsführung unterschätzt

wird, bzw. das sich der Differenzdruck

an der Filterpatrone selbst (wie eingangs

erwähnt) nochmals in einen laminaren und

turbulenten Bereich aufteilen lässt. (Siehe

hierzu auch nächsten Abschnitt).

5. Anwendung der Vor gehens-

weise zu Ermittlung des

Medien-, des Filter element-

und des Gehäuseanteils

am Gesamtdifferenzdruck

in Abhängigkeit vom

Betriebsvolumenstrom.

Dazu wurden an einem Druckluftfi lter

anderer Bauart (siehe Abbildung 4) ähnli-

che Versuche durchgeführt und zusätzlich

der Differenzdruck am leeren Gehäuse

bei unterschiedlichen Druckniveaus auf-

genommen. Die Differenz des Druck-

verlustes mit eingebautem Filterelement

und am leeren Filtergehäuse liefert

dabei den Differenzdruck der durch

das Filterelement verursacht wird. Die

Versuche erfolgten an einem Prüfstand im

Hause BOLL & KIRCH Filterbau GmbH

bei 2 bar (a) und 6 bar (a), mit verdichteter

Luft als strömendes Fluid. Die Ergebnisse

der Messungen und Berechnungen sind

in Abbildung 5 und Abbildung 6 darge-

stellt. Die Graphiken zeigen die anteili-

gen Differenzdrücke in Abhängigkeit vom

Betriebsvolumenstrom.

Den Abbildungen ist zu entnehmen,

dass der Gesamt differenzdruck des unter -

suchten Filters bei gleichem Be triebs -

volumenstrom (gleiche Betriebs geschwin-

digkeit) mit zunehmendem Druckniveau

ansteigt. Dieser Anstieg ist eindeutig auf

den Anstieg des turbulenten Anteils, her-

vorgerufen durch das Gehäuse und das

eingebaute Filterelement, zurückzuführen.

Der laminare Anteil des Filterelementes

bleibt gleich und ist somit unabhängig

vom Betriebsdruck. Dies steht in vol-

lem Einklang mit den Überlegungen und

den Messergebnissen der vorherigen

Abschnittes, wodurch die Anwendbarkeit

der Forchheimergleichung bzw. die Vor-

gehensweise der Aufspaltung in einen dru-

ckunabhängigen viskosen laminaren Term

und einen druckabhängigen turbulenten

Anteil gerechtfertigt ist.

6. Überprüfung der Über trag -

barkeit der ermittelten

Strömungskennwerte auf

Fluide mit höherer Dichte und

höherer Viskosität.

Die Ermittlung der laminaren und tur-

bulenten Permeabilitäten wurden in den

vorherigen Abschnitten eingehend erläu-

tert und deren Gültigkeit für Luft im

Druckbereich zwischen 0 und 7 bar(ü)

mit Dichten zwischen 1,2 kg/m3 und

9,6 kg/m3 und einer Viskosität um 18 μPas

gezeigt. Es stellt sich nun die Frage

nach der Übertragbarkeit der ermittelten

Permeabilitäten auf Fluide mit deutlich

anderen Dichten und Viskositäten, insbe-

sondere im Hinblick auf Anwendungen

im Gashochdruckbereich von einigen

hundert bar. Dazu wurden bei BOLL

& KIRCH zunächst an einem weiteren

Filterelement die Permeabilitäten gegen-

über Luft in bekannter Weise ermittelt

und anschließend am selben Filterelement

die Versuche mit Öl als Fluid wieder-

holt. In Tabelle 2 sind die relevanten

Eigenschaften der Luft und des Öls auf-

gelistet. Die prozentualen Angaben zeigen

die Abweichungen vom absoluten Wert

bezogen auf den Mittelwert ermittelt mit

Luft bei 2, 4 und 6 bar (a). Entscheidend

für die Prüfung der Übertragbarkeit

ist, dass die Versuche bei gleichem

Betriebsvolumenstrom also bei gleicher

An- bzw. Durchströmgeschwindigkeit

durchgeführt werden konnten.

Man erkennt in Abbildung 7 aus dem

nahezu linearen Verlauf der Differenz-

druckkurve, dass beim Experiment mit

Öl als Fluid der laminare gegenüber dem

turbulenten Differenzdruckanteil deutlich

dominiert.

In Abbildung 8 ist die Differenz-

druckkurve sowohl von der Messung mit

Öl als auch die Differenzdruckkurve,

die aus den mittels Luft bestimmten

Konstanten berechnet worden ist, über

die Siebfl ächengeschwindigkeit verglei-

chend dargestellt. Es ist zu erkennen, dass

Tab. 1: Permeabilitäten in Abhängigkeit von Druck und Temperatur.

Abb. 5: Aufteilung des Differenzdruckes bei 2 bar (a) Abb. 6: Aufteilung des Differenzdruckes bei 6 bar (a)

Page 5: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

254 F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4

die berechnete Differenzdruckkurve für

Öl, gerechnet mit den Permeabilitäten

aus Luft, durchweg um einen konstan-

ten Faktor von etwa 2 höher liegt im

Vergleich zu den Messwerten.

Zur Bewertung und Beurteilung der

Ergebnisse sind in Tabelle 3 die Dichten,

die dynamischen Viskositäten und die

Reynoldszahlen aufgelistet.

Die Fluiddichten von Luft liegen laut

Tabelle 3 zwischen 2,38 und 9,54 kg/m3

und die von Öl bei 872 kg/m3, also um

einen Faktor zwischen 90 und 360 höher.

Die Viskosität des Öls liegt etwa um einen

Faktor von 2000 über der Viskosität der

Luft.

Zusätzlich sind die zugehörigen

Reynoldszahlen für eine bestimmte

Poren- bzw. Fasergeometrie in Tabelle

3 eingetragen. Man erkennt die deutli-

chen Unterschiede der Reynoldszahlen

der verschiedenen Systeme und es ist zu

vermuten, dass hierin die Ursache für

die Diskrepanz zwischen den berechne-

ten und gemessenen Permeabilitäten beim

Übergang von Luft als Fluid zu Öl als

Fluid zu suchen ist.

Diese Vermutung wird untermauert

durch verschiedene Arbeiten zur Thema

„Durchströmung von porösen Medien“

/3/, /4/, /5/, /6/. Insbesondere in der Arbeit

von Barree und Conway /3/ wird die

Abhängigkeit der Permeabilität von der

Reynoldszahl herausgearbeitet und durch

eigene Experimente belegt. In einer spä-

teren Arbeit von Lai /4/ wird dies durch

weitere Experimente bestätigt und auch

durch die Ergebnisse von ausgedehnten

numerischen Arbeiten untermauert. So

wird z.B. in Lai eine Graphik gezeigt, in

der eine Vielzahl von Messergebnissen

belegt, dass das Modell von Barree und

Conway sehr realitätsnah zu sein scheint.

Zudem ist dort ablesbar, dass die sog.

scheinbare Permeabilität etwa um den

Faktor 2 absinkt, wenn die Reynoldszahl

von 0,1 auf 1 (z.B. durch Erhöhung der

Strömungsgeschwindigkeit) vergrößert

wird. Dies steht tendenziell in Einklang

mit den hier gefundenen Werten. Die

Reynoldszahl bei der Messung mit Öl

betrug ca. 0,01, die Reynoldszahl bei der

Messung mit Luft im Bereich von ca.

0,07 und 0,3. Für die Hochrechnung des

Differenzdruckes auf die Durchströmung

mit Öl wurde also demnach eine zu gerin-

ge Permeabilität zu Grunde gelegt als dies

eigentlich der Fall ist. Die Konsequenz

war, dass der berechnete Differenzdruck

signifi kant über dem Differenzdruck lag,

der im Ölexperiment gemessen wurde.

Im vorliegenden Experiment war, wie in

der zugehörigen Abbildung 7 zu erkennen

ist, der laminare Anteil dominierend, was

diesen Effekt noch verstärkt hat. Eine

exakte Bewertung und Quantifi zierung

Tab. 3: Reynoldszahlen für Öl und für Luft (20°C) unter verschiedenen Drücken bei einer Strö mungs-geschwindigkeit von 0,1 m/s und für einen exemplarischen Faserdurchmesser von 5 μm.

Tab. 2: Vergleich der Konstanten von Messungen mit Luft und Öl

Abb. 8: Differenzdruck gegenüber Öl, gemessen und berechnet

Abb. 7: Differenzdruckkurve mit Öl

Page 6: Laminare und turbulente Strömungs kennwerte für die ... · laminare Permeabilität(darcy‘sch) der durchströmten Einheit ρ Dichte des strömenden Fluids K 2 turbulente Permeabilität

Schwerpunktthemen

F & S Filtrieren und Separieren Jahrgang 29 (2015) Nr. 4 255

war im Rahmen der Arbeit nicht mög-

lich, allerdings können die Ergebnisse

und die grundsätzlichen Überlegungen

in einer Folgestudie einer tiefergehen-

den Betrachtung, insbesondere durch den

Aufbau weiterer Detail-Experimente,

unterzogen werden.

7. Zusammenfassung

und Ausblick

Die Messung des Differenzdruckes

an einem Druckluftfi lter – bestehend

aus Filtergehäuse und Filterelement – in

Abhängigkeit vom Betriebsvolumenstrom

(ggf. bei unterschiedlichen Drücken)

ermöglicht die Bestimmung der laminaren

und turbulenten Permeabilitäten. Mit Hilfe

dieser Kenngrößen ist unter bestimmten

Voraussetzungen die Hochrechnung des

Differenzdruckes auf die Durchströmung

bei anderen Betriebsdrücken möglich.

Die Durchströmung der Filter mit ande-

rer Fluiden (z.B. Öl) als Ersatz für Druck-

luft bei sehr hohen Drücken (300 bar und

mehr) führt zu gewissen Unschärfen und ist

nur für eine Grobauslegung zulässig. Dies

ist dadurch bedingt, dass sich insbesonde-

re die Viskositäten der Fluide deutlich und

zwar um den Faktor 1000 unterscheiden.

Die Viskosität von komprimierter Luft

bei 500 bar beträgt ca. 37 μPas und die

des Öls ca. 35 mPas. Die Viskosität der

Luft bei Umgebungsdruck beträgt etwa

18 μPas. Also ist die Viskosität der kom-

primierten Luft tatsächlich nur um einen

Faktor von ca. 2 höher und liegt somit in

der gleichen Größenordnung. Der Einfl uss

der Reynoldszahl auf die Permeabilitäten

wurde über diverse Zitate belegt; eine

Quantifi zierung war jedoch nicht möglich.

Wie bereits erwähnt, hätte die Detail -

untersuchung der erwähnten Zusammen-

hänge den Rahmen dieser Arbeit über-

schritten. Die Weiterführung der Unter-

suchungen ist geplant, mit dem Ziel der

Ermittlung realitätsnaher Kenngrößen,

welche dann für die Auslegung von

Druckluftfi ltern im Hochdruckbereich zur

Verfügung stehen.

Danksagung

Das IGF-Vorhaben Nr.: 17992 N der

Forschungsvereinigung Institut für Energie-

und Umwelttechnik e.V. – IUTA, Bliersheimer

Straße 58 – 60, 47229 Duisburg, wird über die

AiF im Rahmen des Programms zur Förderung

der Industriellen Gemeinschaftsforschung

(IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft

und Energie aufgrund eines Beschlusses des

Deutschen Bundestages gefördert.

Literatur:

/1/ P. Forchheimer: Wasserbewegung durch Boden,

Zeitschrift des Vereines Deutscher Ingenieure, 45 edition,

(1901)

/2/ Darcy, H.P.G. 1856: The Public Fountains of the City

of Dijon (Les Fontainespubliques de la ville de Dijon), trans.

P. Bobeck. Dubuque, Iowa: Kendall Hunt Publishing Co.

(1 March 2004). ISBN 0-7575-0540-6. http://biosystems.

okstate.edu/darcy/FountainsTranslation.htm

/3/ R. D. Barree and M.W. Conway: Multiphase Non-Darcy

Flow in Proppant Packs,SPE Annual Technical Conference

and Exhibition, 11-14 November 2007, Anaheim,

California, U.S.A. 978-1-55563-148-2.

/4/ B. Lai, J.L. Miskimins and Y Wu, Non-Darcy Porous

Media Flow According to the Barree and Conway Model:

Laboratory and Numerical Modeling Studies. SPE Rocky

Mountain Petroleum Technology Conference, Denver,

Colorado, USA, 14-16 April 2009

/5/ R.D. Barree and M.W. Conway: Beyond Beta Factors:

A Complete Model forDarcy, Forchheimer, and Trans-

Forchheimer Flow in Porous Media. SPE AnnualTechnical

Conference and Exhibition, 26-29 September 2004,

Houston, Texas, USA.978-1-55563-151-2.

/6/ Vishal A. Jambhekar, Forchheimer Porous-

media Flow Models - Numerical Investigation

andComparisonwith Experimental Data 2011, Master’s

Thesis, Universität Stuttgart - Institut für Wasser- und

Umweltsystemmodellierung Lehrstuhl für Hydromechanik

und Hydrosystemmodellierung Prof. Dr.-Ing. Rainer Helmig