LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES … · 2018. 10. 19. · 5. Betriebliche...

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- 2 - der Frau S. G., H. Str. 54, N., - Klägerin und Berufungsbeklagte - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. u. a., E. Str. 16, E., g e g e n die G. AG, vertr. d. d. Vorstand Dr. N. N., Dr. L. M., K. M. und Dr. T. S., I. str. 24, F., - Beklagte und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigte: Assessoren Dr. von N. u. a., i./Wirtschaftsvereinigung Großhandel - Außen- handel - Dienstleistungen Ruhrgebiet e. V., Rolandstr. 9, 45128 Essen, hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2010 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Hamacher als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Offermanns und Schwieca für R e c h t erkannt: 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsge- richts Essen vom 04.02.2010, Az.: 1 Ca 2378/09, wird zurück- gewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. 9 Sa 517/10 1 Ca 2378/09 Arbeitsgericht Essen Verkündet am 29. Oktober 2010 Lambertz Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit

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  • - 2 -

    der Frau S. G., H. Str. 54, N., - Klägerin und Berufungsbeklagte - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. u. a., E. Str. 16, E., g e g e n die G. AG, vertr. d. d. Vorstand Dr. N. N., Dr. L. M., K. M. und Dr. T. S., I. str.

    24, F., - Beklagte und Berufungsklägerin - Prozessbevollmächtigte: Assessoren Dr. von N. u. a.,

    i./Wirtschaftsvereinigung Großhandel - Außen-handel - Dienstleistungen Ruhrgebiet e. V.,

    Rolandstr. 9, 45128 Essen, hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 29.10.2010 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Hamacher als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Offermanns und Schwieca für R e c h t erkannt:

    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsge-richts Essen vom 04.02.2010, Az.: 1 Ca 2378/09, wird zurück-gewiesen.

    2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu

    tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

    9 Sa 517/10 1 Ca 2378/09 Arbeitsgericht Essen

    Verkündet am 29. Oktober 2010 Lambertz Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

    LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF

    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In dem Rechtsstreit

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    T a t b e s t a n d

    Die Klägerin macht die Zahlung einer Ruhegeldzuwendung geltend.

    Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen vom

    01.06.1970 bis zum 31.03.2005 tätig. Das Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt

    2.598 EUR. Seit dem 01.12.2007 bezieht die Klägerin Rente. Die Beklagte zahlt

    der Klägerin eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 41,32 EUR.

    Die Klägerin nahm ihre Tätigkeit am 01.06.1970 bei der Thyssen Stahlunion-

    Export GmbH als fremdsprachige Stenokorrespondentin auf. Zum 01.10.1972

    wechselte das Arbeitsverhältnis dann auf die Thyssen Stahlunion-Technik

    GmbH. Mit Wirkung zum 01.10.1974 wurde es auf die Thyssen Rheinstahl

    Technik GmbH (TRT) übergeleitet.

    Im Jahr 1977 übernahm die TRT Mitarbeiter anderer Gesellschaften. Zur Har-

    monisierung der Arbeitsbedingungen wurde eine paritätisch besetzte Kommis-

    sion eingesetzt, die in einem Schlussprotokoll vom 24.05.1977 (Bl 7 ff. d.A.) zu

    folgendem Ergebnis gekommen war:

    „... 8. Ruhestandszuwendungen bei Pensionseintritt

    Ausgangslage

    Bei TSU-T wurden folgende Ruhestandszuwendungen anstelle der Leistungen

    aus der betrieblichen Altersversorgung im 1., 2. und 3. Monat gezahlt:

    nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit 1 Monatsverdienst

    nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit 2 Monatsverdienste

    nach 30-jähriger Betriebszugehörigkeit 3 Monatsverdienste

    Bei Rex und RAnt nichts.

    Harmonisierung

    Aus Gründen der Vereinheitlichung der Regelungen im THU-Kreis wird für die

    TRT die vorgenannte TSU-T-Regelung übernommen.

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    ....

    10. Pensionsregelung ...“

    Die Betriebsparteien bei TRT schlossen unter dem 01.07.1977 eine Betriebs-

    vereinbarung (Bl. 18 d.A.), wonach das Verhandlungsergebnis der Harmonisie-

    rungskommission als Betriebsvereinbarung gilt.

    Das Arbeitsverhältnis ging dann mit Wirkung zum 01.04.1978 auf die Thyssen

    Handelsunion AG über. Unter dem 26.06.1985 erließ die Thyssen Handelsuni-

    on AG mit Wirkung zum 01.07.1985 eine Richtlinie (Bl. 27 ff. d.A.) mit folgen-

    dem Inhalt:

    „Mit Wirkung zum 01. Juli 1985 wird die bisherige Regelung des sogenannten

    Treuegeldes bei Eintritt in den Ruhestand für Mitarbeiter der Thyssen Handels-

    union AG mit Anspruch auf Leistungen nach der Werkspensionsordnung wie

    folgt geändert:

    1. Höhe der Ruhestandszuwendung

    Die Ruhestandszuwendung beträgt

    nach 15 vollendeten Dienstjahren das 1,5 fache eines Monatsbezugs

    nach 16 vollendeten Dienstjahren das 1,6 fache eines Monatsbezugs

    etc.

    nach 30 vollendeten Dienstjahren das 3,0 fache eines Monatsbezugs

    (max.)

    Als Dienstjahre gelten anrechnungsfähige Dienstzeiten im Sinne des § 4

    Ziffer 1 – 3 der Pensionsordnung vom 13.05.1985 mit der Maßgabe,

    dass nur vollständig zurückgelegte Dienstjahre zur Anrechnung gelan-

    gen. ...

    2. Anrechnung anderweitiger Leistungen

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    Die Ruhestandszuwendung wird den Mitarbeitern der Thyssen Handels-

    union AG bei Eintritt in den Ruhestand, d.h. mit Bezug einer Alters- oder

    unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente gezahlt. ...

    3. Übergangsregelung

    Mitarbeiter, die am 01. Juli 1985 mindestens 10 Dienstjahre im Sinne der

    Ziffer 1 dieser Richtlinie zurückgelegt haben und vor Vollendung von 15

    Dienstjahren in den Ruhestand treten, erhalten die Ruhestandszuwen-

    dung nach der bisherigen Regelung (1 Monatsbezug).“

    Die Pensionsordnung der Thyssen Handelsunion AG lautet auszugsweise (Bl.

    110 ff. d.A.);

    „§ 4 Anrechnungsfähige Dienstleistungen

    Als anrechnungsfähige Dienstzeit gelten alle Dienstjahre. In denen das Beleg-

    schaftsmitglied in einem Arbeitsverhältnis zur Thyssen Handelsunion AG oder

    zu einem Unternehmen, an dem die Thyssen Handelsunion AG direkt oder indi-

    rekt mehrheitlich beteiligt ist (einschließlich der Rechtsvorgängerinnen dieser

    Gesellschaften), ununterbrochen gestanden hat, ausgenommen die Zeit, in der

    noch keine mehrheitliche Beteiligung bestanden hat bzw. die Zeit, in der das

    Belegschaftsmitglied Pflichtmitglied der knappschaftlichen Rentenversicherung

    gewesen ist. ...“

    Unter dem 16.01.1996 erteilte die TRT im Namen der Thyssen Handelsunion

    AG der Klägerin ein Zwischenzeugnis (Bl. 219 d.A.). Das Arbeitsverhältnis ging

    mit Wirkung zum 01.06.1996 von der Thyssen Handelsunion AG auf die TRT

    über.

    Mit Wirkung zum 01.10.1999 bzw. 01.07.2000 wurde der Betriebsteil Projekt-

    management von TRT auf die Thyssen Rheinstahl Technik-N GmbH (TRT Neu)

    im Wege der Abspaltung übertragen. Unter dem 07.04.2000/15.06.2000

    schlossen der Betriebsrat sowie die Geschäftsführung der TRT eine Betriebs-

    vereinbarung/Interessenausgleich (Bl. 22 ff. d.A.), in der es auszugsweise wie

    folgt heißt:

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    “... Der Vorstand der Thyssen Krupp Materials & Services AG (IKMS) und die

    Geschäftsführung der Thyssen Rheinstahl Technik alt (TRT-alt) haben den Be-

    triebsrat über die Ausgliederung des gesamten Teilbetriebes Projektmanage-

    ment der TRT-alt und dessen Übertragung und Einbringung in die TRT-neu ge-

    gen Gewährung von Geschäftsanteilen der TRT-neu informiert. Diese Informa-

    tion wurde abgerundet durch die Vorlage des Ausgliederungs- und Übernahme-

    vertrages am 28.04.2000.

    Die G. AG (FS), Essen, erhält mit wirtschaftlicher Wirkung vom 01.10.1999 ei-

    nen 50%igen Anteil an der TRT-neu. ...

    2. Personelle Maßnahme

    Die Mitarbeiter/-innen der TRT-alt (siehe Anlage) werden von der TRT-neu mit

    ihrem vollen sozialen Besitzstand übernommen (0Übergang der Arbeitsverhält-

    nisse gem. § 613 a BGB).“

    In der Anlage 3 vom 29.05./05.06.2000 (Bl. 25) heißt es:

    „Wechselt ein Mitarbeiter aus der „Newco“ in den G.-Bereich, so nimmt er sei-

    nen Eintrittsstichtag in den Thyssen-Bereich mit. Für die betriebliche Altersver-

    sorgung wird dann seine Thyssen-Regelung geschlossen, die Pensionsrück-

    stellungen werden übertragen und ab Eintrittsdatum zählt die FS-

    Altersversorgung. ... Dies ist ein echter Vertrag zugunsten eines Dritten, näm-

    lich der betroffenen Mitarbeiter.“

    Diese Anlage ist von der Thyssen Krupp Materials & Services AG sowie der G.

    AG unterschrieben.

    Unter dem 29.06.2001 schlossen der Betriebsrat sowie die Geschäftsführung

    der TRT-Neu eine Betriebsvereinbarung/Interessenausgleich (Bl. 19 ff. d.A.),

    die auszugsweise wie folgt lautet:

    „..1. An der TRT-N GmbH sind die TRT GmbH und die G. AG zu je 50% betei-

    ligt. Auf die TRT-N wurden mit Ausgliederungs- und Übertragungsvertrag, beur-

    kundet am 18.05.2000 („Ausgliederungsvertrag“), ein Teil des Geschäftsbetrie-

    bes, der Teilbetrieb Projektmanagement, von der TRT im Wege der Ausgliede-

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    rung mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.10.1999 übertragen. Im Zusammen-

    hang mit den dort getroffenen wirtschaftlichen und personellen Maßnahmen

    wurde die Betriebsvereinbarung zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat

    der Thyssen Rheinstahl Technik GmbH vom 07.04.2000/15.06.2000 (Interes-

    senausgleich und Sozialplan) geschlossen.

    2. Ausgelöst durch die sich erheblich verschlechterte Geschäftslage der TRT-N

    haben die Gesellschafter der TRT-N Gespräche darüber aufgenommen und am

    28.05.2001 eine Änderungsvereinbarung unterzeichnet, nach der bestimmte

    Betriebsteile und einzelne Projekte der TRT-N auf die G. AG übertragen und die

    Gesellschaftsanteile der G. AG an der TRT-N wieder von der TRT übernommen

    werden. ...

    2. Personelle Maßnahmen

    a) Alle Mitarbeiter der TRT-N, die im Rahmen der oben genannten Maßnahmen

    (Übertragung der Betriebsteile Marine sowie technische Systeme und Kompo-

    nenten) zu der G. AG wechseln, werden gemäß § 613 a BGB übernommen. ...

    Mit Wirkung zum 01.08.2001 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.

    Die Parteien schlossen unter dem 11.07.2001 einen Arbeitsvertrag, in dem es

    auszugsweise heißt (Bl. 5 ff. d.A.):

    „Da Ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01. August 2001 auf die G. AG über-

    gehen wird, werden die inhaltlichen Regelungen des Arbeitsvertrages im Hin-

    blick auf den Interessenausgleich/Sozialplan vom 29.06.2001 wie folgt gefasst:

    ....

    8. Neben diesem Vertrag gilt die Konzern-Betriebsvereinbarung über die be-

    triebliche Alters- und Hinterbliebenenvorsorge der MAN AG, die bei unserer

    Personalabteilung eingesehen werden kann. Mit Eintritt in unser Unternehmen

    erwerben Sie eine unverfallbare Rentenanwartschaft, wobei für die Leistungs-

    berechnung die Dienstjahre ab 01.08.2001 zählen.

    9. Ferner gelten die gesetzlichen Bestimmungen und Tarifverträge des Groß-

    und Außenhandels NRW in der jeweils gültigen Fassung. ...

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    12. ...

    Ihre Vordienstzeiten im Thyssen-Konzern werden anerkannt, so dass Ihr theo-

    retisches Eintrittsdatum der 01.Juni 1970 ist.“

    Im Sozialplan vom 29.06.2001 (bl. 72 ff. d.A.) heißt es unter 1.1 und 5.:

    „Persönlicher Geltungsbereich

    ... Mitarbeitern, die zu G. AG wechseln und die zum Zeitpunkt des Übergangs

    des Arbeitsverhältnisses bereits eine unverfallbare Rentenanwartschaft erwor-

    ben haben, bleibt diese unverfallbare Rentenanwartschaft bei der G. AG erhal-

    ten.

    Ab Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die G. AG gelten für die betroffenen

    Mitarbeiter die „Konzern-Betriebsvereinbarung über die betriebliche Alters- und

    Hinterbliebenen-Vorsorge der MAN AG“, bzw. für Handelsbevollmächtigte die

    „Bedingungen für die betriebliche Alters- und Hinterbliebenen-Vorsorge der

    Führungskräfte in der MAN-Gruppe“ die bei der Personalabteilung der G. AG

    eingesehen werden können. ...

    Die anzuerkennenden Vordienstzeiten und das theoretische Eintrittsdatum ei-

    nes jeden einzelnen Arbeitnehmers ist in die zu treffende Individualvereinba-

    rung aufzunehmen.

    ...

    5. Betriebliche Altersversorgung

    Die ausscheidenden Mitarbeiter/-innen erhalten gem. § 1 BetrAVG eine zum

    Austrittsdatum aus der Thyssen Rheinstahl Technik – N GmbH errechnete un-

    verfallbare Anwartschaft gem. den Bestimmungen THU-Pensionsordnung bzw.

    nach der Versorgungsordnung Essener Verband.“

    Bei der Beklagten besteht eine Konzernbetriebsvereinbarung zur betrieblichen

    Alters- und Hinterbliebenenversorgung (Bl. 56 ff. d.A.). Dort heißt es unter 8.:

    „Sofern ein in Anlage 1 aufgeführtes Unternehmen durch Gesetz, Tarifvertrag

    oder auf andere Weise zu zusätzlichen oder erweiterten Leistungen der betrieb-

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    lichen Altersversorgung oder zu deren Finanzierung verpflichtet wird, bleibt die

    Anrechnung der sich hieraus ergebenden Leistungen auf die Ansprüche nach

    dieser Konzernbetriebsvereinbarung ausdrücklich vorbehalten.“

    Die Beklagte zahlte der Klägerin bei Beginn des Ruhestandes einen Betrag in

    Höhe von 1020,76 EUR (vgl. Anschreiben vom 07.01.2008 Bl. 64, 113 d.A.).

    Des Weiteren zahlte sie drei Monatsbeträge zu je 41,32 EUR (vgl. Anschreiben

    vom 07.01.2008 Bl. 65,112 d.A.).

    Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der Richtlinie von 1985 handele

    es sich um eine Gesamtzusage. Dieser Richtlinie entsprechend habe sie An-

    spruch auf Zahlung von drei Monatsgehälter als Treuegeld.

    Die Betriebsvereinbarung von 2000 betreffe nicht Mitarbeiter, die von der TRT

    in die TRT-Neu wechselten, sondern solche, die unmittelbar ihre Tätigkeit bei

    der Beklagten aufgenommen hätten.

    Der Sozialplan von 2001 führe nicht dazu, dass die Betriebsvereinbarung von

    1977 keine Gültigkeit mehr habe. Die Konzernbetriebsvereinbarung der Beklag-

    te habe die Regelung von 1977 nicht abgelöst. Lediglich die Pensionsordnung

    der Thyssen Handelsunion AG sei abgelöst worden. Die Betriebsvereinbarung

    von 1977 enthalte eine zusätzliche Regelung zu der Pensionsordnung. Die dort

    festgelegten Zahlungen sollten unabhängig – wenn auch unter Anrechnung –

    von den erworbenen Altersversorgungsansprüchen geleistet werden. Solche

    Zusatzregelungen seien durch die Regelungen bei der Beklagten nicht erfasst.

    Die Einmalzahlung könne nicht angerechnet werden. Sie beruhe auf Nr. 5.1.

    der Konzernbetriebsvereinbarung bei der Beklagten. Tarifvertragliche Aus-

    schlussfristen kämen nicht zur Anwendung.

    Die Klägerin hat unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.670,04 EUR brutto nebst 5 % Zinsen

    über dem Basiszinssatz seit dem 05.06.2009 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

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    Sie hat die Auffassung vertreten, die Betriebsvereinbarung entsprechend dem

    Harmonisierungsprotokoll habe keine Gültigkeit mehr. Der Interessenausgleich

    sowie der Sozialplan von 2001 seien umgesetzt worden, was unstrittig ist. Ent-

    sprechendes ergebe sich auch aus § 613 a BGB. Bei ihr habe zum Zeitpunkt

    der Übernahme eine Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersvorsorge be-

    standen, was unstrittig ist.

    Die tariflichen Verfallfristen seien anzuwenden, sofern es sich nicht um Alters-

    versorgungsleistungen handeln sollte. Zutreffend seien die Ruhestandzuwen-

    dungen aber als Altersversorgungsleistungen zu betrachten. Jedenfalls müsste

    sich die Klägerin die Zahlungen zu Beginn des Ruhestandes anrechnen lassen.

    Mit Urteil vom 04.02.2010 (Bl. 129 ff. d.A.) hat das ArbG Essen der Klage statt-

    gegeben. Das Urteil ist der Beklagten am 20.03.2010 zugestellt worden (Bl. 145

    d.A.). Die Berufung der Beklagten sowie die Berufungsbegründung – nach Ver-

    längerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.06.2010 (Bl. 156 d.A.)

    sind am 17.03.2010 (Bl. 147 d.A.) bzw. 02.06.2010 (Bl. 158) beim LAG einge-

    gangen.

    Die Beklagte meint, das Urteil sei unzutreffend. Das Harmonisierungsprotokoll

    erfasse nicht alle Mitarbeiter des Thyssen-Konzerns. Es treffe auch nicht zu,

    dass die Betriebsvereinbarung von 1977 durch die Richtlinie von 1985 abgeän-

    dert worden sei. Mitarbeiter der TRT seien nicht betroffen. Es handele sich auch

    nicht um eine Betriebsvereinbarung. Die Richtlinie habe auf das Arbeitsverhält-

    nis der Klägerin keine Anwendung gefunden. Jedenfalls sei die Richtlinie nach

    der Rückkehr zur TRT von der Betriebsvereinbarung wieder verdrängt worden.

    Die Betriebsvereinbarung wolle die Betriebstreue honorieren. Es gehe nicht um

    Treue zum Konzern. Die Betriebszugehörigkeit sei nur ein Tatbestandsmerk-

    mal. Der Erwerber eines Betriebes sei nicht gehindert, bei der Gewährung von

    Sozialleistungen danach zu unterscheiden, ob die betroffenen Mitarbeiter ihre

    Betriebstreue ihm oder dem früheren Betriebsinhaber erbracht haben. Die Klä-

    gerin sei nur ca. 8 Jahre bei der TRT beschäftigt gewesen. Die Betriebsverein-

    barung 1977 sehe eine Anrechnung von in anderen Unternehmen zurückgeleg-

    ter Dienstjahre gerade nicht vor. Dem stehe auch nicht entgegen, wenn etwa

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    die Thyssen Handelsunion AG lediglich formal Arbeitgeberin gewesen sei. Es

    habe sich nicht um bloße Umfirmierungen gehandelt.

    Die Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung sei durch die Be-

    triebsvereinbarung der MAN AG beim Übergang von der TRT-Neu abgelöst

    worden.

    Sie dürfe auch bestreiten, dass die Betriebsvereinbarung von 1977 im Arbeits-

    verhältnis der Klägerin mit der TRT-Neu Anwendung fand. Aus der Anlage 3 zur

    Betriebsvereinbarung von 2000 ergebe sich, dass bereits beim Betriebsüber-

    gang von der TRT auf die TRT-Neu abweichende Regelungen abgeschlossen

    worden seien. Die Betriebsvereinbarung 2000 betreffe auch die Klägerin. Im

    Sozialplan 2001 sei dann entsprechend geregelt, dass nur unverfallbare An-

    wartschaften erhalten bleiben sollten und die Altersversorgung Thyssen Krupp

    geschlossen werde. Die Betriebsparteien seien damals übereinstimmend davon

    ausgegangen, dass die betriebliche Altersversorgung der übergehenden Mitar-

    beiter beschränkt sei. Rückstellungen für Ruhestandzuwendungen seien nicht

    übertragen worden

    Ihr sei nicht bekannt, ob die Betriebsvereinbarung gekündigt oder ersetzt wor-

    den sei. Jedenfalls sei die Regelung mit Betriebsübergang auf sie mit Wirkung

    zum 01.08.2001 abgelöst worden. Bei betrieblicher Altersvorsorge handele es

    sich um eine einheitliche Zusage, auch wenn sie durch eine zusätzliche Be-

    triebsvereinbarung ausgestaltet sei. Die Ruhestandzuwendung werde in den

    ersten drei Monaten anstelle der Leistung der betrieblichen Altersversorgung

    gezahlt. Eine Abänderung sei daher grundsätzlich möglich.

    Besitzstand bedeute nicht, dass in der Folgezeit ein zusätzlicher Besitzstand

    erdient werden müsse. Der Besitzstand werde bereits gewahrt, wenn der Ar-

    beitnehmer auf Grundlage der Neuregelung zumindest die dem Besitzstand

    entsprechende Versorgungsleistung erhalte. Schließlich müssten ihre Leistun-

    gen in den ersten 3 Monaten Anrechnung finden.

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    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des ArbG Essen vom 04.02.2010 – 1 Ca

    2378/09 – die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Der Anwendbarkeit der Richtlinie 1985 stehe nicht entgegen, dass es sich um

    keine Betriebsvereinbarung handele. Es handele sich um eine Gesamtzusage.

    Diese finde unmittelbar Anwendung.

    Die Betriebsvereinbarung von 1977 sei nicht gekündigt und werde bei der TRT

    noch angewandt. Bei der TRT-Neu habe es keine abweichenden Regelungen

    zur betrieblichen Altersversorgung gegeben.

    Bei der Anlage 3 zur Betriebsvereinbarung 2000 handele es sich nicht um einen

    Vertrag zu Lasten Dritter. Zudem sei sie zwischen der Beklagten und der Thys-

    sen Krupp Materials an Services AG vereinbart worden.

    Im Sozialplan sei auch nicht die vollständige Schließung der Altersversorgung

    des Thyssen Konzerns geregelt. !978 sei sie formal Arbeitnehmerin der Thys-

    sen Handelsunion AG gewesen. 1996 sei sie dann wieder formal auf die TRT

    übergegangen. Die Richtlinie 1985 richte sich an alle Arbeitnehmer, die damals

    formal Mitarbeiter Thyssen Handelsunion AG gewesen seien. Die Pensionsord-

    nung vom 13.05.1985 sehe in § 4 vor, dass als anrechnungsfähige Dienstzeiten

    alle Dienstjahre gelten, in denen das Belegschaftsmitglied in einem Arbeitsver-

    hältnis zur Thyssen Handelsunion AG oder zu einem Unternehmen, an dem die

    Thyssen Handelsunion AG direkt oder indirekt mehrheitlich beteiligt sei, unun-

    terbrochen gestanden habe.

    Selbst bei einer Ablösung der Betriebsvereinbarung stünden die verdienten Be-

    sitzstände nicht zur Disposition. Auch der frühere Arbeitgeber hätte eine solche

    Dispositionsmöglichkeit nicht gehabt.

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Parteienschriftsätze

    sowie den gesamten weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

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    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Die zulässige Berufung ist unbegründet.

    A. Die Berufung ist zulässig.

    Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Be-

    schwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) sowie form- und

    fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG, §§

    519, 520 ZPO).

    B. Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht Essen hat der

    Klage zu Recht im vollen Umfang stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Be-

    klagte Anspruch auf Zahlung der Ruhestandzuwendung.

    I. Zutreffend ist das Arbeitsgericht Essen davon ausgegangen, dass es

    sich bei der streitgegenständlichen Ruhestandzuwendung um Leistungen der

    betrieblichen Altersversorgung handelt. Dies ist zwischen den Parteien in zwei-

    ter Instanz auch nicht (mehr) strittig. Auf die Darstellung der Entscheidungs-

    gründe wird insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und die Entschei-

    dungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Essen werden in Bezug genom-

    men.

    II. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der Ruhestandzuwendungen ge-

    mäß der Richtlinie vom 26.05.1985 in Verbindung mit §§ 611, 613 a Abs. 1

    BGB.

    1. Es kann dahinstehen, ob die Betriebsvereinbarung vom 01.07.1977 auf

    das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Anwendung kommt.

    a) Aufgrund der nunmehr in der Berufungsinstanz vorgelegten Arbeitsver-

    träge ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin zunächst im Jahr

    1974 das Arbeitsverhältnis mit der Rheinstahl AG Anlagentechnik begründet

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    hatte. Das Arbeitsverhältnis war mit Wirkung zum 01.10.1974 auf die Thyssen

    Rheinstahl Technik GmbH (TRT) übergeleitet worden. Erst mit Wirkung zum

    01.04.1978 war das Arbeitsverhältnis dann auf die Thyssen Handelsunion AG

    übergegangen. Dies hatte zur Folge, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der

    Betriebsvereinbarung am 01.07.1977 (Bl. 18 d. A.) das Arbeitsverhältnis den

    Betriebsnormen unterworfen war.

    b) Die Bindung des Arbeitsverhältnisses an die Betriebsnormen vom

    01.07.1977 wurde auch nicht durch den Übergang auf die Thyssen Handelsuni-

    on AG im Jahr 1978 aufgehoben. Vielmehr galten die Betriebsnormen jedenfalls

    individualrechtlich fort.

    Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB werden die Rechte und Pflichten, die durch

    eine Betriebsvereinbarung geregelt sind, Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwi-

    schen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer. Dies gilt dann nicht, wenn

    die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen einer

    anderen Betriebsvereinbarung geregelt werden.

    Für eine derartige anderweitige Regelung bei der Thyssen Handelsunion AG

    gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr gibt es Indizien, dass bei der Thyssen

    Handelsunion AG inhaltsgleiche Regelungen bestanden. So heißt es in dem

    Schlussprotokoll zur Harmonisierung unter Nr. 8, dass die Regelungen zu den

    Ruhestandzuwendungen im THU-Kreis übernommen werden. Die Richtlinie von

    1985 nimmt Bezug auf „die bisherige Regelung des sogenannten Treuegeldes“,

    die abgeändert werde. Nr. 3 der Richtlinie sieht eine Übergangsregelung für

    Mitarbeiter vor, die am 01.07.1985 bereits 10 Dienstjahre zurückgelegt hatten.

    Eine solche wäre nicht erforderlich gewesen, wenn es keine mit der Betriebs-

    vereinbarung von 1977 inhaltsgleiche Regelung gegeben hätte.

    2. Die Klägerin hat jedenfalls Anspruch auf Zahlung der Ruhestandzuwen-

    dung gemäß der Richtlinie über die Ruhestandzuwendungen für die Beleg-

    schaftsmitglieder der Thyssen Handelsunion AG vom 26.06.1985 in Verbindung

  • - 14 -

    - 15 -

    mit §§ 611, 613a BGB. Bei der Richtlinie handelt es sich um eine Gesamtzusa-

    ge, so dass deren Inhalt Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist.

    a) Eine Gesamtzusage liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig bekannt

    gibt, dass er jedem Arbeitnehmer, der die von ihm abstrakt festgelegten Vor-

    aussetzungen erfüllt, eine bestimmte Leistung gewährt (BAG, 18.05.2010 - 3

    AZR 102/08 - FA 2010, 346; BAG, 20.04.2010 - 3 AZR 509/08 - DB 2010, 2000;

    BAG, 04.06.2008 - 4 AZR 421/07 - NZA 2008, 1360). Es handelt sich dabei um

    eine nicht notwendig an einzelne Arbeitnehmer, sondern an die Belegschaft als

    Ganzes gerichtete Willenserklärung des Arbeitgebers, die durch die Arbeitneh-

    mer gemäß § 151 BGB durch die bloße Entgegennahme der Leistung und ohne

    ausdrückliche Erklärung angenommen wird (BAG, 04.06.2008 - 4 AZR 421/07 -

    NZA 2008, 1360). Der Arbeitnehmer erwirbt einen einzelvertraglichen Anspruch

    auf diese Leistung, wenn er die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraus-

    setzungen erfüllt, ohne dass es einer besonderen Erklärung der Annahme des

    in der Zusage enthaltenen Angebotes bedarf; eine ausdrückliche Annahme des

    in der Erklärung enthaltenen Antrags im Sinne von § 145 BGB wird also nicht

    erwartet (BAG, 20.04.2010 - 3 AZR 509/08 - DB 2010, 2000; BAG, 23.09.2009 -

    5 AZR 628/08 - AP Nr. 36 zu § 157 BGB; BAG, 04.06.2008 - 4 AZR 421/07 -

    NZA 2008, 1360). Deshalb werden Gesamtzusagen bereits dann wirksam,

    wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die

    den einzelnen Arbeitnehmer typischer Weise in die Lage versetzt, von der Er-

    klärung Kenntnis zu nehmen (BAG, 20.04.2010 - 3 AZR 509/08 - DB 2010,

    2000; BAG, 22.12.2009 - 3 AZR 136/08 - DB 2010, 1074; BAG, 11.12.2007 - 1

    AZR 953/06 - AP Nr. 37 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung).

    Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gemäß

    §§ 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln. Es han-

    delt sich um „typisierte Willenserklärungen“, die nach objektiven, vom Einzelfall

    unabhängigen Kriterien auszulegen sind. Maßgeblich ist der objektive Erklä-

    rungssinn aus der Sicht des Empfängers (BAG, 20.04.2010 - 3 AZR 509/08 -

    DB 2010, 2000; BAG, 18.05.2010 - 3 AZR 102/08 - FA 2010, 346). Typische

    Willenserklärungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ein-

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    - 16 -

    heitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern

    unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise

    verstanden werden. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Ver-

    tragspartner zu orientierende Auslegung typischer Willenserklärungen ist in ers-

    ter Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, so kommt es für die

    Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typi-

    scherweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen

    ist. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann

    das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte

    Ziel gelten (BAG, 18.05.2010 - 3 AZR 102/08 - FA 2010, 346).

    Die Verschlechterung der Leistung oder die Aufhebung der Leistungsverpflich-

    tung aus einer Gesamtzusage kann, abgesehen von kollektivrechtlichen Lö-

    sungsmöglichkeiten, nur nach vertraglichen Grundsätzen erfolgen, also vorran-

    gig durch übereinstimmende Willenserklärungen der Arbeitsvertragsparteien,

    die auch durch Ausspruch einer Änderungskündigung herbeigeführt worden

    sein können. Eine einseitige Änderungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber be-

    steht regelmäßig nur dann, wenn und soweit er sich einen Widerruf seiner Ge-

    samtzusage vorbehalten hat (BAG, 04.06.2008 - 4 AZR 421/07 - NZA 2008,

    1360; BAG, 23.09.2009 - 5 AZR 628/08 - AP Nr. 36 zu § 157 BGB; BAG,

    11.12.2007 - 1 AZR 953/06 - AP Nr. 37 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinba-

    rung; BAG, 11.12.2007 - 1 AZR 869/06 -).

    b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Richtlinie als eine Gesamtzu-

    sage der Thyssen Handelsunion AG auszulegen. Dies ergibt sich schon aus

    dem Wortlaut der Richtlinie. Die Richtlinie spricht selbst von einem „Anspruch

    auf Leistungen“. Bereits hieraus kann auf den für eine Gesamtzusage erforder-

    lichen Verpflichtungswillen des Arbeitgebers geschlossen werden. Anhaltspunk-

    te, die zu einem anderen Ergebnis der Auslegung führen könnten, sind nicht

    ersichtlich.

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    - 17 -

    3. Der Übergang des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 01.06.1996 auf

    die TRT hat auf die arbeitsvertraglichen Ansprüche der Klägerin keine Auswir-

    kungen gehabt. Dies ergibt sich bereits aus § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB.

    Entsprechendes gilt auch für den erneuten Übergang des Arbeitsverhältnisses

    von der TRT auf die TRT-Neu im Jahr 2000. Auch insoweit lag ein Betriebs-

    übergang gemäß § 613 a BGB vor. Hiervon gehen die Parteien übereinstim-

    mend aus. Entsprechendes ergibt sich auch aus der Betriebsvereinbarung der

    TRT und dem dort eingerichteten Betriebsrat vom 07.04./15.06.2000.

    4. Die Klägerin erfüllt auch die Anspruchsvoraussetzungen der vereinbarten

    Ruhestandzuwendung nach der Richtlinie von 1985. Die Klägerin ist mehr als

    15 Jahre im Betrieb tätig. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dabei

    nicht allein auf die Zugehörigkeit zur TRT abzustellen.

    a) Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich - wie nach Auffassung der Be-

    klagten - bei der Mindestbetriebszugehörigkeit von (10 bzw.) 15 Jahren um eine

    anspruchsausschließende Wartezeit handelt. Selbst wenn diese Annahme ge-

    rechtfertigt wäre, so lägen deren Voraussetzungen vor.

    aa) Eine Wartezeit ist die vom Arbeitgeber in seiner Versorgungszusage als

    Voraussetzung für einen Vollanspruch auf betriebliche Altersversorgung festge-

    legte Mindestbeschäftigungszeit (BAG, 24.02.2004 - 3 AZR 5/03 - NZA 2004,

    789). Die Unverfallbarkeitsfrist ist demgegenüber eine privatautonome Gestal-

    tung zu Lasten des Arbeitnehmers entzogene (§ 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG)

    gesetzlichen Festlegung der Mindestbeschäftigungszeit, die bis zu einem vor-

    zeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zurückgelegt sein muss, damit

    ein im Zweifel nach § 2 BetrAVG zu berechnender Teilrentenanspruch erwor-

    ben wird (BAG, 24.02.2004 - 3 AZR 5/03 - NZA 2004, 789).

    bb) Durch die Festlegung einer Wartezeit mit ausschließender Funktion wird

    privatautonom eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung für den Versorgungs-

    anspruch festgelegt, die dazu führt, dass Teile der Belegschaft von vornherein

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    - 18 -

    aus dem Versorgungswerk ausgenommen sind (BAG, 19.04.2005 - 3 AZR

    469/04 - NZA 2005, 840). Eine solche Regelung ist grundsätzlich - auch im

    Hinblick auf § 1 b Abs. 1 Satz 5 BetrAVG - zulässig (BAG, 19.04.2005 - 3 AZR

    469/04 - NZA 2005, 840; BAG, 19.04.2005 - 3 AZR 469/04 - NZA 2005, 840;

    BAG, 20.02.2001 - 3 AZR 21/00 - NZA 2002, 351). In § 1 b Abs. 1 Satz 2 und

    Satz 5 BetrAVG wird gesetzlich ausdrücklich eine Wartezeit als Voraussetzung

    für den Bezug von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung genannt. Auf

    diese Weise kann der Arbeitgeber das Versorgungsrisiko und damit die Kosten

    der Altersversorgung beschränken. Wartezeiten sind auch dann grundsätzlich

    zulässig, wenn sie bis spätestens zur Regelaltersgrenze zurückgelegt sein

    müssen, also wie ein Höchstaufnahmealter wirken (BAG, 19.04.2005 - 3 AZR

    469/04 - NZA 2005, 840).

    Die gesetzlichen Regelungen zur Unverfallbarkeit bestimmen hingegen, dass

    die vom Arbeitnehmer in Erwartung der Versorgungsleistung erbrachte Be-

    triebstreue und Arbeitsleistung nicht entschädigungslos bleiben dürfen, wenn

    seine Teilleistung einen bestimmten Umfang erreicht hat. Wer sich im Vertrauen

    und in der Erwartung, das Ruhegeld in versprochenem Umfang erwerben zu

    können, an den Betrieb gebunden hatte, dessen Vertrauen verdient Schutz,

    wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig endet. Dies kann jedoch nicht gleicherma-

    ßen für diejenigen gelten, die beim Eintritt in das Arbeitsverhältnis oder zum

    Zeitpunkt der erstmaligen Versorgungszusage die Voraussetzungen für die

    Versorgungsleistungen nicht mehr erfüllen können. Solche Arbeitnehmer wis-

    sen, dass sie für ihre künftige Betriebstreue keine Versorgung zu erwarten ha-

    ben, selbst wenn sie bis zur Altersgrenze im Betrieb verbleiben, da sie bis zu

    dieser Altersgrenze die Wartezeit nicht mehr in erforderlichen Dauer zurückle-

    gen können (BAG, 19.04.2005 - 3 AZR 469/04 - NZA 2005, 840; BAG,

    24.02.2004 - 3 AZR 5/03 - NZA 2004, 789).

    b) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin auch die Warte-

    zeit erfüllt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis mit der

    TRT (10 bzw.) 15 Jahre angedauert hatte. Entscheidend ist die Betriebszugehö-

  • - 18 -

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    rigkeit. Diese ist aber durch den mehrfachen Übergang des Arbeitsverhältnisses

    auf andere Arbeitgeber nicht unterbrochen worden.

    aa) Zwar ist ein Betriebserwerber nicht nach § 613 a BGB verpflichtet, bei

    der Berechnung von Versorgungsleistungen aufgrund einer eigenen Versor-

    gungszusage solche Beschäftigungszeiten anzurechnen, die von ihm über-

    nommene Arbeitnehmer bei einem früheren Betriebsinhaber zurückgelegt ha-

    ben (BAG, 19.04.2005 - 3 AZR 469/04 - NZA 2005, 840; BAG, 24.07.2001 - 3

    AZR 660/00 - NZA 2002, 495). Bei der Aufstellung von Berechnungsregeln ist

    der Arbeitgeber frei, Vorbeschäftigungszeiten als wertbildende Faktoren außer

    Ansatz zu lassen. Ebenso ist der Betriebsübernehmer im Fall einer qualifizier-

    ten Wartezeitregelung frei darin, den neu aufgenommenen Mitarbeitern zwar

    eine betriebliche Altersversorgung zu versprechen, diese jedoch von der Leis-

    tung einer Dienstzeit im eigenen Unternehmen abhängig zu machen und damit

    Mitarbeiter, die die Wartezeit nicht mehr erreichen können, von der Altersver-

    sorgung auszuschließen. Damit wird nicht in bereits zum Zeitpunkt des Be-

    triebsübergangs bestehende Besitzstände eingegriffen. Gegen den Schutz-

    zweck des § 613 a BGB wäre nur verstoßen, würden bereits erworbene Besitz-

    stände der übernommenen Arbeitnehmer berührt. Hingegen ergibt sich aus

    § 613 a BGB nicht, dass durch den Betriebsübergang neue Betriebsrentenan-

    sprüche der übernommenen Arbeitnehmer begründet werden (BAG,

    19.04.2005 - 3 AZR 469/04 - NZA 2005, 840).

    bb) § 613 a BGB ordnet für den Fall des Betriebsüberganges aber die Konti-

    nuität des Arbeitsverhältnisses trotz Arbeitgeberwechsels an. Der Arbeitnehmer

    soll also grundsätzlich nicht anders behandelt werden, als hätte sein Arbeits-

    verhältnis bei demselben Arbeitgeber fortbestanden (BAG, 24.07.2001 - 3 AZR

    660/00 - NZA 2002, 495). Bei einem Betriebsinhaberwechsel sind die Beschäf-

    tigungszeiten beim Veräußerer und beim Erwerber zusammen zu rechnen, so-

    weit die Unverfallbarkeit einer Versorgungsanwartschaft von der Dauer der Be-

    triebszugehörigkeit abhängt (BAG, 19.12.2000 - 3 AZR 451/99 - NZA 2002,

    615; LAG Hessen, 02.04.2003 - 8 Sa 1027/02). Dies gilt auch dann, wenn der

    Betriebserwerber keine Versorgungszusage erteilt hat. Betriebszugehörigkeit im

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    - 20 -

    Sinne der Unverfallbarkeitsregeln des § 1 BetrAVG ist die vom Arbeitnehmer

    erbrachte Betriebstreue, für die eine Altersversorgung als Gegenleistung ver-

    sprochen wird. Sie muss nicht von Anfang an und auch nicht notwendigerweise

    bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses von einer Versorgungszusage begleitet

    sein. Es genügt, dass von einer Versorgungszusage Betriebstreue entgolten

    werden soll. Ist dies der Fall, kann auch ein Wechsel in der Person des Arbeit-

    gebers die Betriebszugehörigkeit nicht unterbrechen. Auch für die spätere Ver-

    sorgungszusage des Betriebserwerbers sind die Dienstjahre beim Betriebsver-

    äußerer mitzuzählen. Entscheidend ist, dass das Arbeitsverhältnis durch den

    Betriebsinhaberwechsel rechtlich nicht unterbrochen wird (BAG, 19.12.2000 - 3

    AZR 451/99 - NZA 2002, 615).

    cc) Vor diesem Hintergrund ist zu erkennen, dass es nicht allein auf die Zu-

    gehörigkeit zur TRT ankommen kann. Die Zugehörigkeit zum jeweiligen Betrieb

    wird durch den Betriebsübergang und den Arbeitgeberwechsel nicht unterbro-

    chen. Entsprechendes ist von den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien auch

    erkannt und geregelt worden.

    Gemäß § 4 der Pensionsordnung der Thyssen Handelsunion AG sind alle

    Dienstjahre mitzuzählen, in denen das Belegschaftsmitglied in einem Arbeits-

    verhältnis mit Thyssen Handelsunion AG oder zu einem Unternehmen, an dem

    diese direkt oder indirekt mehrheitlich beteiligt ist, gestanden hat. Die Klägerin

    hat bereits erstinstanzlich (Schriftsatz vom 20.01.2010, Bl. 107 d.A.) vorgetra-

    gen, dass es sich bei ihren Arbeitgebern um eben solche Unternehmen mit

    mehrheitlicher Beteiligung der Thyssen Handelsunion AG gehandelt hat. Die-

    sem Vortrag ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

    dd) Nichts anderes hat zu gelten, wenn die Regelung in der Richtlinie von

    1985 als Wartezeit zu verstehen ist. Eine solche Qualifizierung hätte nur dann

    Auswirkungen, wenn zum Zeitpunkt der Versorgungszusage die Klägerin die

    Wartezeit bis zum voraussichtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, also dem

    Erreichen des Ruhestandes, nicht mehr hätte erfüllen können. Der vorliegende

    Sachverhalt ist ein anderer. Die Klägerin konnte in den Jahren 1977 bzw. 1985

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    durchaus Vertrauen darauf bilden, dass sie die Wartezeiten erfüllen wird. Im

    Übrigen hat sie die erforderliche Betriebstreue gezeigt. Sie ist dem Betrieb treu

    geblieben. Die durch die Betriebsübergänge erfolgten Arbeitgeberwechsel ha-

    ben daran nichts geändert.

    5. Der bereits erdiente Anspruch der Klägerin auf die Ruhestandzuwendun-

    gen ist auch nicht durch Ablösung der Betriebsvereinbarung von 1977 bzw. der

    Richtlinie von 1985 durch die Versorgungsordnung der Beklagten untergegan-

    gen.

    a) Gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB werden die Rechte und Pflich-

    ten aus einer Betriebsvereinbarung zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwi-

    schen dem Betriebsübernehmer und dem Arbeitnehmer, es sei denn, dass die

    Rechte und Pflichten beim neuen Inhaber durch Rechtsnormen einer anderen

    Betriebsvereinbarung geregelt werden.

    aa) Die Rechte und Pflichten aus einer Gesamtzusage haben – wie bereits

    aufgezeigt - arbeitsvertraglichen Charakter. Vertraglich geregelte Ansprüche

    von Arbeitnehmern können dann durch eine nachfolgende Betriebsvereinba-

    rung abgelöst werden, wenn sich der Arbeitgeber bei der Zusage einer Abände-

    rung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten hat. Ein solcher Änderungsvorbe-

    halt kann sich auch ohne ausdrückliche Formulierung aus den Gesamtumstän-

    den ergeben. Maßgeblich ist, ob für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass die

    Leistung in der Zukunft Abänderungen durch Betriebsvereinbarungen zugäng-

    lich sein soll (vgl. BAG, 21.04.2009 - 3 AZR 674/07 - NZA-RR 2009, 548).

    Ist eine arbeitsvertragliche Einheitsregelung betriebsvereinbarungsoffen, so

    bedeutet dies allerdings zunächst nur, dass eine ablösende Betriebsvereinba-

    rung ein geeignetes Regelungsmittel ist. Hieraus ergibt sich aber noch nicht,

    dass die Regelung auch wirksam ist. Die Betriebsvereinbarungsoffenheit er-

    möglicht den Betriebsparteien nicht, schrankenlos in durch Vertrag begründete

    Besitzstände der Arbeitnehmer einzugreifen (BAG, 21.04.2009 - 3 AZR 674/07 -

    NZA-RR 2009, 548). Die Ablösung ist vielmehr so zu behandeln wie die Ablö-

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    sung einer Betriebsvereinbarung und unterliegt daher derselben Inhaltskontrol-

    le. Die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit dürfen

    nicht verletzt werden.

    Diese Grundsätze hat das BAG, soweit Versorgungsanwartschaften betroffen

    sind, durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (BAG, 24.01.2006 - 3

    AZR 483/04 - NZA-RR 2007, 595; BAG, 21.04.2009 - 3 AZR 674/07 - NZA-RR

    2009, 548): Der bereits erdiente und nach den Grundsätzen des § 2 BetrAVG

    errechnete Teilbetrag darf nur in seltenen Ausnahmefällen gekürzt werden. Ein

    derartiger Eingriff setzt zwingende Gründe voraus. Die bereits zeitanteilig

    erdiente Quote eines variablen, dienstzeitabhängigen Berechnungsfaktors (so-

    genannte erdiente Dynamik) darf nur aus triftigen Gründen verringert werden.

    Die geringsten Anforderungen sind an Eingriffe in künftige und damit noch nicht

    erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse zu stellen. Dafür sind lediglich sach-

    lich-proportionale Gründe erforderlich. Das dreistufige Prüfungsschema ist eine

    Konkretisierung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnis-

    mäßigkeit. Das bedeutet, dass dort, wo das Vertrauen abweichend von einer

    typischen Fallgestaltung nicht schutzbedürftig ist, die Grundsätze des Vertrau-

    ensschutzes und der Verhältnismäßigkeit auch abweichend vom Prüfungs-

    schema Eingriffe zulassen können (BAG, 21.04.2009 - 3 AZR 674/07 - NZA-RR

    2009, 548).

    bb) Bei einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB soll der Arbeitnehmer

    grundsätzlich nicht anders behandelt werden, als hätte sein Arbeitsverhältnis

    bei demselben Arbeitgeber fortbestanden. Bei unverändertem Fortbestand des

    Arbeitsverhältnisses hätte der ursprüngliche Arbeitgeber nach den dargestellten

    Grundsätzen die Möglichkeit gehabt, die betriebliche Versorgungsregelung ab-

    zulösen. Dies gilt auch für die Gesamtzusage, unterstellt, diese wäre als be-

    triebsvereinbarungsoffen zu werten. Gilt im aufnehmenden Betrieb bereits eine

    Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung, so behandelt § 613 a

    Abs. 1 Satz 3 BGB den aufnehmenden Arbeitgeber so, als hätte er eine wirk-

    same ablösende Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Dies bedeutet aber

    nicht, dass der Gesetzgeber zugleich angeordnet hätte, dass die bis zum Ablö-

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    - 23 -

    sungsstichtag auf der Grundlage der bisherigen Versorgungsordnung erdienten

    Besitzstände zur Disposition der nach dem Betriebsübergang geltenden Be-

    triebsvereinbarung stünden. Eine solche Möglichkeit hätte der frühere Arbeitge-

    ber im weiterbestehenden Arbeitsverhältnis ebenfalls grundsätzlich nicht gehabt

    (BAG, 11.05.1999 - 3 AZR 21/98 - NZA 2000, 322; BAG, 24.07.2001 - 3 AZR

    660/00 - NZA 2002, 495). Wenn ein übernommener Arbeitnehmer sowohl im

    übernommenen als auch im auflösenden Betrieb eine Versorgungszusage auf

    der Grundlage einer Betriebsvereinbarung hatte, muss auch bei Anwendung

    des § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB der bis zum Ablösungsstichtag erdiente Besitz-

    stand aufrecht erhalten bleiben (BAG, 24.07.2001 - 3 AZR 660/00 - NZA 2002,

    495).

    b) Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass

    der von der Klägerin erdiente Besitzstand zum Zeitpunkt des Betriebsüber-

    gangs auf die Beklagte aufrecht erhalten bleibt. Die bei der Beklagten geltende

    Versorgungsordnung wirkt allenfalls wie eine ablösende Betriebsvereinbarung

    beim ursprünglichen Arbeitgeber.

    aa) Soweit die vorherigen Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung

    durch die Versorgungszusage bei der Beklagten für die Zukunft zuungunsten

    der Klägerin abgelöst worden sein sollten, bedarf es keiner Prüfung, ob die Ge-

    samtzusage betriebsvereinbarungsoffen ist und für eine Ablösung die erforderli-

    chen sachlich-proportionalen Gründe vorliegen. Nach dem Betriebsübergang

    2001 erdiente Versorgungsleistungen sind nicht Gegenstand des Verfahrens.

    bb) Eine Regelung, die in bereits erdiente Besitzstände eingreifen wollte, ist

    bereits nicht zu erkennen. Der Sozialplan von 2001 trifft hierzu keinerlei Rege-

    lungen. Auch Nr. 8 Abs. 4 der Konzernbetriebsvereinbarung bei der Beklagten

    ist keine Regelung, die in Besitzstände der Klägerin eingreift. Dies ergibt eine

    Auslegung der Konzernbetriebsvereinbarung gemäß §§ 133, 157 BGB.

    (1) Nr. 8 Abs. 4 der Konzernbetriebsvereinbarung bestimmt, dass sofern ein

    in Anlage 1 zur Konzernbetriebsvereinbarung aufgeführtes Unternehmen durch

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    - 24 -

    Gesetz, Tarifvertrag oder auf andere Weise zu zusätzlichen oder erweiterten

    Leistungen der betrieblichen Altersversorgung oder zu deren Finanzierung ver-

    pflichtet wird, die Anrechnung der sich hieraus ergebenden Leistungen auf die

    Ansprüche nach dieser Konzernbetriebsvereinbarung ausdrücklich vorbehalten

    bleibt. Die Beklagte hat im Termin am 29.10.2010 behauptet, sie ein solches

    Unternehmen i.S.d. der Nr. 8 Konzernbetriebsvereinbarung.

    (2) Betriebsvereinbarungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BAG

    (vgl. etwa BAG, 15.12.1998 – 1 AZR 332/98 – NZA 1999, 667; BAG,

    19.10.2005 – 7 AZR 32/05 – NZA 2006, 393; BAG, 14.11.2006 – 1 ABR 5/06 –

    NZA 2007, 458) wie Tarifverträge auszulegen. Entsprechend den Grundsätzen

    der Gesetzesauslegung ist dabei zunächst der Wortlaut maßgebend. Über den

    reinen Wortlaut hinaus ist sodann der wirkliche Wille der Betriebspartner und

    der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen,

    sofern sie im Sozialplan erkennbar zum Ausdruck gekommen sind. Zu beachten

    ist ferner der Gesamtzusammenhang der Regelung, weil daraus auf den wirkli-

    chen Willen der Betriebspartner geschlossen und so der Zweck der Regelung

    zutreffend ermittelt werden kann. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der

    Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren

    und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG, 15.05.2007 – 1

    AZR 370/06 – AP Nr. 188 zu § 112 BetrVG 1972; BAG, 19.10.2005 – 7 AZR

    32/05 – NZA 2006, 393).

    (3) Bereits der Wortlaut der Konzernbetriebsvereinbarung spricht dafür, dass

    lediglich Leistungen für denselben Zeitraum des Erdienens gemeint sind. Er-

    wähnt sind Leistungen die zusätzlich oder erweitert zu erbringen sind. Auch der

    Gesamtzusammenhang spricht für ein solches Auslegungsergebnis. In Nr. 8

    Abs. 3 der Konzernbetriebsvereinbarung findet sich eine Regelung, in der es

    um die Minderung der Versorgungsleistungen um die während der Dienstzeit

    erdienten Anwartschaften geht. Anhaltspunkte, die den Rückschluss auf einen

    beabsichtigten Eingriff in bereits erdiente Anwartschaften zurückliegender Zeit-

    räume zulassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere werden keine zwingenden

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    Gründe i.S.d. der aufgezeigten Rechtsprechung angeführt, so dass bereits eine

    gesetzeskonforme Auslegung zu diesem Ergebnis führt.

    (4) Im Ergebnis ist es so, dass sich die bis zum Betriebsübergang auf die Be-

    klagte erdienten Besitzstände nach der Versorgungszusage der früheren Ar-

    beitgeberin der Klägerin richten. Ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf

    die Beklagte richten sich mögliche Versorgungsansprüche allein nach der Ver-

    sorgungsordnung der Beklagten.

    6. Der Klägerin stehen die Ruhegeldzuwendungen auch in der geltend ge-

    machten Höhe zu.

    a) Da – wie aufgezeigt - die Dienstzeiten seit Beginn des Arbeitsverhältnis-

    ses im Jahr 1970 zu berücksichtigen sind, steht der Klägerin, der Gesamtbetrag

    zu. Die 30-jährige Betriebszugehörigkeit war bereits am 01.06.1970 erreicht.

    b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Einmalzahlung nicht an-

    zurechnen. Die Einmalzahlung stellt die gesamten von der Klägerin erdienten

    Versorgungsleistungen nach der Versorgungsordnung der Beklagten dar, also

    für den Zeitraum ab dem Betriebsübergang im Jahr 2001. Die Ruhegeldzuwen-

    dungen hat die Klägerin aber in dem Zeitraum zuvor, also bis 2001, erdient,

    ohne dass wirksam in diesen erdienten Besitzstand eingegriffen worden wäre,

    wie bereits dargestellt.

    7. Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 15 des Manteltarifver-

    trages für den Groß- und Außenhandel NRW vom 28.06.2007 verfallen. Zwi-

    schen den Parteien ist mittlerweile unstreitig, dass es sich bei den Ruhestand-

    zuwendungen um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handelt. Das

    Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Ausschussklauseln nicht auf die

    Versorgungsansprüche Anwendung finden. Insoweit wird auf die Entschei-

    dungsgründe des Arbeitsgerichts Bezug genommen und von einer Darstellung

    der Entscheidungsgründe nach § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

  • - 25 -

    C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG.

    D. Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht

    ersichtlich.

    R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :

    Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

    Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG

    verwiesen.

    Dr. Hamacher Dr. Offermanns Schwieca