Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht...

26
Datum: Gericht: Spruchkörper: Entscheidungsart: Aktenzeichen: Tenor: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20 KLs 32/14 Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt. Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten. Gründe: I. Einleitung Die Staatsanwaltschaft betreibt (bzw. betrieb; nach Kenntnis der Kammer wurde eine Anzahl von Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt) gegen eine höhere Anzahl von Ärzten Ermittlungs- bzw. Strafverfahren wegen des Vorwurfs des Abrechnungsbetruges. Die betroffenen Ärzte sind oder waren Gesellschafter der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Sie stellten ihren Patienten unter anderen sogenannten M III-Leistungen als eigene Leistungen gemäß § 4 Abs. 2 GoÄ in Rechnung. Von den in der GoÄ normierten zahlreichen Gebührentatbeständen zu Abschnitt M-III wurde allerdings nur ein kleiner Teil (23) erbracht. Sogenannte Notfallparamater befanden sich nicht darunter. In dem vorliegenden Verfahren (und auch den anderen Verfahren) geht es ausschließlich um die Berechnung von M III-Leistungen als eigene Leistungen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem hiesigen Angeschuldigten mit der Anklageschrift vom 04.09.2014 gewerbsmäßigen Betrug in 367 Fällen vor und beantragt, das Hauptverfahren zu eröffnen. Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen abzulehnen (§ 204 StPO), da ein hinreichender Tatverdacht nicht besteht. II. Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2... 1 von 26 30.12.2015 12:05

Transcript of Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht...

Page 1: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

Datum:

Gericht:

Spruchkörper:

Entscheidungsart:

Aktenzeichen:

Tenor:

1

23

4

5

6

7

8

9

1011

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14

09.10.2015

Landgericht Düsseldorf

20. Strafkammer

Beschluss

20 KLs 32/14

Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird aus rechtlichen und austatsächlichen Gründen abgelehnt.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigenAuslagen des Angeschuldigten.

Gründe:

I. Einleitung

Die Staatsanwaltschaft betreibt (bzw. betrieb; nach Kenntnis der Kammer wurde eineAnzahl von Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt) gegen eine höhereAnzahl von Ärzten Ermittlungs- bzw. Strafverfahren wegen des Vorwurfs desAbrechnungsbetruges.

Die betroffenen Ärzte sind oder waren Gesellschafter der ärztlichen ApparategemeinschaftE. Sie stellten ihren Patienten unter anderen sogenannten M III-Leistungen als eigeneLeistungen gemäß § 4 Abs. 2 GoÄ in Rechnung.

Von den in der GoÄ normierten zahlreichen Gebührentatbeständen zu Abschnitt M-IIIwurde allerdings nur ein kleiner Teil (23) erbracht. Sogenannte Notfallparamater befandensich nicht darunter.

In dem vorliegenden Verfahren (und auch den anderen Verfahren) geht es ausschließlichum die Berechnung von M III-Leistungen als eigene Leistungen.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem hiesigen Angeschuldigten mit der Anklageschrift vom04.09.2014 gewerbsmäßigen Betrug in 367 Fällen vor und beantragt, das Hauptverfahrenzu eröffnen.

Die Eröffnung des Hauptverfahrens war aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründenabzulehnen (§ 204 StPO), da ein hinreichender Tatverdacht nicht besteht.

II.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

1 von 26 30.12.2015 12:05

Page 2: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

Herangehensweise der Kammer

1.Nach Erhalt der Akten und erstem Lesen der Anklageschrift sowie einem zum damaligenZeitpunkt noch rudimentären Studium des übrigen Akteninhalts stellte sich das Verfahrenso dar, dass zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung divergierende Auffassungen inBezug auf die Auslegung einiger Vorschriften der GoÄ bestanden/bestehen.

Die Vorschriften der GoÄ waren zum damaligen Zeitpunkt für alle Kammermitgliedermangels vorheriger dienstlicher Befassung mit dem ärztlichen Abrechnungsrechtweitgehend „Neuland“.

Die Kammer hat es daher für richtig gehalten, sich den Regelungsgehalt – natürlich mitBlick auf den hiesigen Sachverhalt und natürlich auch mit dem Blick des Strafrechtlers –zunächst anhand des Wortlauts der Vorschriften zu erschließen und sich dabei bewusstzunächst nicht vorab eingehender mit Ansichten anderer beschäftigt.

2.Die Auseinandersetzung der Kammer mit den Regelungen der GoÄ hat ihrenNiederschlag in dem Vermerk vom 30.03.2015 gefunden. In den Vermerk sind allerdingsauch die von der Kammer für wesentlich erachteten Aspekte des konkreten Falleseingeflossen, die nachfolgend bereits der besseren Verständlichkeit wegen nichtherausgefiltert wurden.

Der Vermerk hatte folgenden Inhalt/Wortlaut (die Nummerierung des Vermerks wird hierbeibehalten, zur besseren Kenntlichkeit wird allerdings eine andere Schriftart verwendet):

„I. Vorbemerkungen

a)…

Der Angeschuldigte, der neben einer größeren Anzahl anderer Ärzte Mitglied(Gesellschafter) der ärztlichen Apparategemeinschaft E. Mitte GbR ist, hat nicht in Abredegestellt, die in der Anklageschrift benannten Abrechnungen erstellt und dafür Gebührengeltend gemacht zu haben. In seinen Praxisräumen in E. hält der Angeschuldigte keineApparate für die Laboruntersuchung von sogenannten M III-Leistungen vor. Er verfügt inseinen Praxisräumen allerdings über eine Zentrifuge, die z.B. bei der Entnahme von Blutauch eingesetzt wird, bevor das zu untersuchende Material dann in die Räume derApparategemeinschaft (deren Gesellschafter der Angeschuldigte ist, was ihn zur eigenenNutzung der Räume, Gerätschaften und des Personals befugt) transportiert wird.

Unstreitig ist auch, dass die jeweiligen Patienten die insoweit geltend gemachtenGebühren gezahlt haben, wobei nicht ersichtlich ist, dass die Patienten die gezahltenBeträge nicht von ihren Versicherungen bzw. der Beihilfe erstattet bekommen haben.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass die den Gebühren zugrundeliegenden Laborleistungenmedizinisch nicht veranlasst oder fehlerhaft waren, besteht nicht.

b)Rechtlich bewertet die Staatsanwaltschaft das, was der Angeschuldigte gemacht hat, alsBetrug (§ 263 StGB) zum Nachteil der jeweiligen Patienten. Sie vertritt die Auffassung,dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für eine Liquidation der in Rede stehendenM III-Leistungen als eigene Leistungen nicht erfüllt habe, sie deshalb nicht habe inRechnung stellen dürfen und dass er dies (mit zumindest bedingtem Vorsatz) auch

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

2 von 26 30.12.2015 12:05

Page 3: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

24

25

26

27

28

29

30

31

gewusst habe.

Die Verteidigung ist der Auffassung, dass der Angeschuldigte die Voraussetzungen für dieLiquidation der M III-Leistungen als eigene Leistung erfüllt habe. Daneben ist sie derAnsicht, dass der Betrugstatbestand auch dann nicht erfüllt wäre, wenn man dazu käme,die Voraussetzungen für die Liquidation als eigene Leistung als nicht erfüllt anzusehen.

c)Wie sich aus den Ausführungen unter a) und b) ergibt, „steht und fällt“ die Beurteilung,ob ein hinreichender Tatverdacht zu bejahen ist oder nicht, angesichts des praktischfeststehenden Sachverhalts vorliegend mit der rechtlichen Subsumtion.

Die rechtliche Subsumtion ist Aufgabe der Rechtsanwender. Sie hat sich an den jeweilseinschlägigen Gesetzen und Verordnungen zu orientieren, wobei das erste undvornehmliche Kriterium der Wortlaut der jeweiligen Vorschriften ist. Meinungen undAnsichten Dritter, beispielsweise der Bundesärztekammer, können bei der Auslegung vonGesetzestexten zwar gegebenenfalls hilfreich sein; sie entfalten aber wederVerbindlichkeit, noch vermögen sie die Subsumtion anhand der konkreten Vorschriftendurch die nach dem Gesetz dazu berufenen Rechtsanwender zu ersetzen.

Gleiches gilt sinngemäß beispielsweise auch für die Zuschrift des Geschäftsführers desBerufsverbandes E. M. e.V. an die Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 23.01.2009 (Bl. 3 ff.d.A.), die zum Teil rechtliche Bewertungen enthält, die im Verordnungswortlaut keineStütze finden und die aus der Sicht der Kammer nur dadurch zu erklären sind, dass dieLaborärzte bezüglich der Verteilung der Gebühren im Wettbewerb mit Ärzten stehen, dieLaborleistungen nicht durch Fremdlabore durchführen lassen und sie als eigeneLeistungen abrechnen.

d)Erhellend für die Bewertung des hier in Rede stehenden Falles waren und sind dieAuszüge aus dem deutschen Ärzteblatt, die sich auf Bl. 48 bis 51 d.A. befinden, dadadurch deutlich wird, auf welcher Grundlage und mit welcher Intention es zu der ab 1996geltenden Fassung der hier in Rede stehenden Rechtsvorschriften gekommen ist.

Alleiniger Hintergrund der hier maßgeblichen Neuregelung war, dass derVerordnungsgeber (Gesetzgeber) vorgeschlagen hatte, Laborleistungen (zumindestweitgehend) nicht mehr als ärztliche Leistungen zu honorieren, sondern die Abrechnungals Kosten- bzw. Auslagenersatz zu gestalten. Damit sollte der Ärzteschaft ein finanziellerAnreiz genommen werden, der dadurch (zumindest) hätte bestehen können, dass ein Arztauch Laborleistungen, die er nicht selbst erbracht hatte, sondern die durch ein Fremdlabordurchgeführt wurden, als eigene ärztliche Leistung abrechnen konnte (dies ließ die alteFassung von § 4 GoÄ zu). Der Hintergrund hierfür war wiederum offenbar die Befürchtung,dass pekuniäre Aspekte Ärzte dazu veranlassen könnten, Laborleistungen zu beauftragen,die sie als Eigenerbringer aus medizinischer Sicht möglicherweise als nicht notwendigbzw. verzichtbar qualifiziert hätten.

Um „das Labor“ weiterhin als Abrechnungsposition für ärztliche Leistungen zu erhalten,kam aus der Ärzteschaft (Bundesärztekammer) ein Gegenvorschlag, der dann (ohneÄnderung) in die neue Verordnung übernommen wurde.

Es wird damit deutlich, dass die Neuregelung allein auf finanziellen Erwägungen beruhteund nicht auf dem Gedanken, damit medizinische Qualität zu verbessern. DieNeuregelung ist damit letztlich nichts anderes als ein Vehikel, das einem einzigen Zweckdient: „Das Labor“ gebührentatbestandlich für die Ärzteschaft zu erhalten. Eine qualitativ-medizinische Begründung dafür gab es nicht.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

3 von 26 30.12.2015 12:05

Page 4: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

32

33

34

35

36

37

38

39

40

e)Für den Fall, dass es das Ziel der Neuregelung gewesen sein sollte, Ärzte, die nichtvornehmlich auf die Erbringung von Laborleistungen spezialisiert sind, aber als Mitgliedvon Apparategemeinschaften bzw. Laborgemeinschaften Laborleistungen erbringen, vonder Abrechenbarkeit von M III- und M IV-Leistungen grundsätzlich auszuschließen, istauszuführen, dass ein solches Ziel in dem Wortlaut der Neuregelung keinen Niederschlaggefunden hat. Aus den im Vergleich zur alten Regelung vorgenommenen Änderungenkönnen lediglich Schlüsse in Bezug auf die Intention der Neuregelung gezogen werden,wobei sich grundsätzlich die Frage stellt, inwieweit bestimmte Schlüsse zutreffend bzw.zwingend sind oder nicht. Dies gilt insbesondere für Schlüsse bzw. Ansichten, die imWortlaut der Neuregelung und auch in der Regelungssystematik der GoÄ keine Stützefinden.

Anhand der bereits erwähnten Auszüge aus dem deutschen Ärzteblatt wird deutlich, dassdie Auseinandersetzungen innerhalb der Ärzteschaft um die Auslegung der Neuregelungseitens der Bundesärztekammer von dem Motiv getragen waren, eine erneute politischeDebatte bezüglich der Vergütung für Laborleistungen zu verhindern, um die Vergütung alsärztliche Leistung zu erhalten.

Wenn dann in der Folge der Neuregelung auch qualitative medizinische Aspekteherangezogen wurden, um die von der Bundesärztekammer für opportun gehalteneAuslegung einer rein gebührenrechtlichen Regelung zu stabilisieren, mag dies unter demAspekt der Zielerreichung (Vermeidung einer erneuten politischen Diskussion um „dasLabor“; Erhalt der Abrechenbarkeit als ärztliche Leistung) nachvollziehbar sein. Gleichwohlwirkt es aufgesetzt, wenn die eigene Auslegung einer rein unter gebührenrechtlichenGesichtspunkten geschaffenen Regelung im Nachhinein mittels Vermischung mitmedizinischen Aspekten begründet wird.

Deutlich wird dies u.a. an dem Argument, dass durch den Transport Veränderungen anden Proben erfolgen könnten, weshalb bei der Eingangsbegutachtung der Arzt anwesendoder zumindest unmittelbar erreichbar sein müsse. Dies ist ein qualitativ-medizinischerAspekt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man hinterher die Behauptung aufstellt,es handele sich um einen gebührenrechtlichen Aspekt.

Im Übrigen erfolgt ein Transport auch zum spezialisierten Fremdlabor. Indes dürfte sichauch dort die Eingangsbegutachtung in aller Regel auf eine Sichtkontrolle beschränken,die auch dort nicht notwendig ein Arzt vornehmen muss. Derartiges verlangt das Gesetz(die Verordnung) an keiner Stelle.

Eine Ansicht, die im Wortlaut und in der Regelungssystematik einer Verordnung keineStütze findet, wird im Übrigen weder durch häufige Wiederholung noch durch „Kleidung inandere Gewänder“ zwingender, da sie eben nicht auf einer Subsumtion der konkretenVorschriften basiert, sondern immer eine außerhalb des Regelungsgehalts der Vorschriftenliegende Ansicht bleibt. Zwingend werden könnte eine solche Ansicht erst dann, wennman die Vorschriften so verändert, dass die Ansicht in ihr zum Ausdruck kommt.

Eine Veränderung „der Laborvorschriften“ will die Bundesärztekammer aus den bereitsgenannten Gründen aber gerade vermeiden.

f)Soweit seitens der Staatsanwaltschaft ausgeführt wird, dass die Laborleistung„systemimmanent“ in den Räumlichkeiten des Labors beginne und dort auch ende, ist dieszumindest sprachlich nicht korrekt.

Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M bestimmt, dass die in den

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

4 von 26 30.12.2015 12:05

Page 5: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

41

42

43

44

45

46

47

48

49

Abschnitten M I bis M IV genannten Gebührentatbestände die Schritte von derEingangsbegutachtung des bereits entnommenen Probenmaterials bis zurBefunderstellung umfassen.

Die in den Abschnitten M I bis M IV aufgeführten Gebührentatbestände weisen keineGebühren für die Probenentnahme am bzw. bei dem Patienten auf. Gleichwohl enthaltendie allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M (Laboratoriumsuntersuchungen) unterZiffer 4. Regelungen zur Berechnungsfähigkeit von Blutentnahmen und die Einbringungvon Testsubstanzen. Die Gebühren dafür sind (zumindest nach dem Verständnis derKammer) in Abschnitt C der Anlage zum Gebührenverzeichnis aufgeführt.

Wenn aber in Abschnitt M unter dem Oberbegriff Laboratoriumsuntersuchungen dieAbrechenbarkeit der Probenentnahme extra aufgeführt wird, wird auch insoweit deutlich,dass die Laborleistung nicht notwendig erst im Labor beginnt.

Die Erfüllung der einzelnen Gebührentatbestände der Abschnitte M II bis M IV im Sinneder Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M setzt allerdings regelmäßigLaborräumlichkeiten mit entsprechenden Geräten voraus (Abschnitt M I hingegen nicht),womit allerdings keine zwingende bzw. abschließende Aussage darüber getroffen ist, dassdie Erstellung des ärztlichen Laborbefundes (was auch immer man konkret darunter zuverstehen haben sollte) notwendig in den Laborräumlichkeiten stattfinden muss (so findenM I-Untersuchungen außerhalb von Laborräumlichkeiten statt; und auch für sie gilt nachder Regelungssystematik Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M; undauch für M II- bis M IV-Untersuchungen ist der Norm nicht zu entnehmen, dass dieErstellung des ärztlichen Laborbefundes zwingend in den Laborräumen stattzufinden hat).

Systemimmanent ist damit, dass Leistungen, die nicht unter den Gebührentatbeständendes Abschnitts M abschließend geregelt sind, dann abgerechnet werden können, wenn esaußerhalb der Abschnitte M I bis M IV dafür einen Gebührentatbestand gibt (z.B. für dieProbenentnahme).

II. Die hier relevanten Regelungen der GoÄ

Wie schon unter I. e) angesprochen liegt ein Kernproblem des vorliegenden Verfahrensdarin, dass die Bewertungen, die die Staatsanwaltschaft vornimmt, hinsichtlich desRegelungsgehalts der relevanten GoÄ-Vorschriften in erster Linie auf Ansichten fußen, diedie Bundesärztekammer nach der Neureglung „des Labors“ in verschiedenenPublikationen immer wieder (und zwar immer wieder mit der Intention, eine erneuteDiskussion um „das Labor“ zu vermeiden) verbreitet hat.

Es mag sogar sein, dass man bei der Bundesärztekammer vor der Neuregelung „desLabors“ gedacht hat, dass sich die Ärzteschaft an die (erst) im Nachgang verbreiteteAnsicht halten wird und dass sich an die Neuregelung keine Diskussion innerhalb derÄrzteschaft über die Auslegung anschließen würde (ob dies so war, ist der Kammerallerdings nicht bekannt).

Wenn sich dann allerdings herausstellt, dass sich mit dem Wortlaut der Neuregelung inAnbetracht der Regelungssystematik der GoÄ das möglicherweise ursprünglich gewolltenicht begründen lässt, kann man den Wortlaut und den Regelungsgehalt auch nicht durchpermanentes Wiederholen der Ansicht korrigieren; hierzu bedürfte es der Änderung desWortlauts und des Regelungsgehalts. Das aber will man gerade nicht.

a)Festzuhalten ist zunächst nochmals, dass es sich bei den Bestimmungen der GoÄ um

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

5 von 26 30.12.2015 12:05

Page 6: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

50

51

52

53

54

55

56

57

58

59

60

61

gebührenrechtliche Bestimmungen handelt. Das folgt bereits aus dem unter § 1 GoÄnormierten Anwendungsbereich (und dies sieht zutreffend auch die Staatsanwaltschaft so,so dass im Folgenden nur am Rande auf qualitative medizinische Gesichtspunkteeinzugehen sein wird).

Dass mit Ausnahme von Leistungen, die über das Maß einer medizinisch notwendigenärztlichen Versorgung hinausgehen (für die Berechnung solcher Leistungen bedarf es desVerlangens des Zahlungspflichtigen), nur solche Leistungen berechnet werden dürfen, dienach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine medizinisch notwendige ärztlicheVersorgung erforderlich sind (§ 1 Abs. 2 GoÄ), definiert nicht die Regeln der ärztlichenKunst, sondern bestimmt, dass deren Einhaltung (die sich aus dem Berufsbild und dendamit verbundenen Aufgaben und Pflichten ergibt) Voraussetzung für dieBerechnungsfähigkeit der Leistungen ist (hinzukommen muss für dieBerechnungsfähigkeit, wie gesagt und wie normiert, dass es sich um eine medizinischnotwendige ärztliche Versorgung handelt).

§ 1 GoÄ wurde zum 01.01.1996 nicht geändert.

b)Auch § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ wurden zum 01.01.1996 nicht geändert.

§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ hat nach wie vor folgenden Wortlaut: „Der Arzt kann Gebühren nurfür selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unterseiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen).“

§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ gilt für die gesamte GoÄ und nicht lediglich für Laborleistungen.

§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ besagt nichts darüber, bei welchen der tausenden vonGebührenziffern der abrechnende Arzt in welchem Umfang persönlich tätig sein muss. Erstrecht besagt die unverändert gebliebene Regelung diesbezüglich nichts in Bezug aufLaborleistungen.

Das gilt namentlich auch in Bezug auf die Behauptung, dass man insoweit die Kriterien fürdie Abrechnung habe verschärfen wollen. Man hat die Kriterien mit § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄnicht verschärft. Die Vorschrift ist unverändert geblieben. Sie besagt nichts darüber,welche Teile von Laborleistungen ein Arzt persönlich erbringen muss. Sie besagt für sichgesehen nicht einmal, dass der abrechende Arzt überhaupt einen Teil selbst erbringenmuss, sondern lässt (für sich gesehen) seine Aufsicht nach fachlicher Weisungausreichen.

c)Der Begriff der Aufsicht findet auch in anderen Rechtsgebieten Verwendung (imZivilrecht zumeist unter dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung; im öffentlichen Rechtzumeist unter dem Aspekt der behördlichen Rechtsaufsicht oder Fachaufsicht und derDienstaufsicht).

Wie eine Aufsicht gestaltet sein muss, damit der Aufsichtspflichtige der Aufsichtspflichtgerecht wird (bzw. genügt oder noch genügt), lässt sich nicht generell beantworten.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Aufsicht dann den Anforderungen genügt, wennsie so geführt wird, dass

(1.)bei üblichem Verlauf sichergestellt ist, dass kein Schaden (oder im Vertragsrecht keineSchlechterfüllung) eintritt;

und

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

6 von 26 30.12.2015 12:05

Page 7: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

62

63

64

65

66

67

68

69

70

71

72

73

74

(2.)dann, wenn eine Abweichung vom üblichen Verlauf eintritt, mit der nach der Erfahrungim zu beaufsichtigenden Bereich mit zumindest einer gewissen Wahrscheinlichkeit zurechnen ist, ein Eingreifen gewährleistet ist, bei dessen Fehlen die Entstehung einesSchadens oder die Vertiefung bzw. Perpetuierung eines Schadens (oderSchlechterfüllung) zu besorgen ist.

Je eher der Eintritt eines Schadens nach der Erfahrung zu besorgen ist, desto höher sinddie qualitativen Anforderungen an die Ausgestaltung der Aufsicht.

Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb gebührenrechtlich „Aufsicht“ etwasgrundsätzlich anderes bedeuten sollte als im qualitativen Bereich. Für eine diesbezüglicheUnterscheidung lässt sich der GoÄ nichts entnehmen.

d)Geändert zum 01.01.1996 haben sich allerdings § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ und Abschnitt Mder Anlage zur GoÄ.

Anders als unter der früheren Regelung darf gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ein Arzt, derdie Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht erfüllt (eigene Leistung, was nichtgleichzusetzen ist mit persönlicher Leistung), nur noch fremdärztliche M II-Leistungen wieeigene abrechnen, nicht mehr aber fremdärztliche M III- und M IV-Leistungen.

Nicht weniger aber auch nicht mehr besagt die Neufassung von § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ.Sie besagt insbesondere nichts darüber, welche Arbeitsschritte im Labor ein abrechnenderArzt (ganz gleich, ob spezialisierter Labormediziner oder nicht) in Person erbringen muss.Das gilt sowohl für qualitative als auch für gebührenrechtliche Aspekte.

Es entspricht auch nicht der Regelungssystematik der GoÄ, diesbezüglich Vorgaben zumachen.

Mit einer einzigen Ausnahme setzt sich dies insoweit auch in Abschnitt M der Anlage zurGoÄ fort. Diese Ausnahme findet sich in der Verwendung des Attributs „ärztlich“ in Ziffer 1.der allgemeinen Bestimmungen der Anlage M. Dort heißt es: „Die Gebühren fürLaboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts M umfassen die Eingangsbegutachtung desProbenmaterials, die Probenvorbereitung, die Durchführung der Untersuchung(einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) sowie die Erstellungdes daraus resultierenden ärztlichen Befunds.“

Dem Wortlaut von Ziffer 1. ist zu entnehmen, dass für die dort genannten Arbeitsschrittekeine anderen Gebühren erhoben werden dürfen als in Abschnitt M bestimmt ist; nichtweniger, aber auch nicht mehr (zur Bedeutung des Attributs „ärztlich“ siehe unten).

Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M der Anlage zumGebührenverzeichnis besagt etwas zu der Frage, welcher Arzt abrechnungsbefugt ist,wenn Untersuchungsmaterial an einen anderen Arzt wegen der Durchführung vonLaboruntersuchungen der Abschnitte M III und/oder M IV versendet wird.

Die Vorschrift enthält für diese Fälle eine Regelung über die Abrechnungsbefugniszwischen mehreren Ärzten. Da sich eine solche Regelung bereits aus § 4 Abs. 2 Satz 1GoÄ und dem Umkehrschluss aus § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ ergibt, stellt sich die Frage nachder Sinnhaftigkeit der Formulierung in Ziffer 3. (die als solche eigentlich überflüssig ist).

Aus der Sicht der Kammer sollte letztlich nur noch einmal der Unterschied zu der früherenRegelung verdeutlicht werden.

e)Auffällig ist allerdings im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ, dass in Ziffer 3. der

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

7 von 26 30.12.2015 12:05

Page 8: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

75

76

77

78

79

80

81

82

allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M nicht etwa der Begriff der eigenen Leistung(selbst oder unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung) verwendet, sondern allein dieSelbsterbringung genannt wird.

Die Frage, die sich daran anknüpft, ist, ob es sich insoweit um einen gewolltenSystembruch im Vergleich zu § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ handelt oder lediglich um eineFormulierungsnachlässigkeit.

Da Ziffer 3. ausweislich des Wortlauts nur die Fälle des Weiterversandes an einen anderenArzt benennt, nicht aber die Erbringung der Laborleistung durch den Arzt, der nicht aneinen anderen Arzt versendet, würden sich die Laborärzte, an die dasUntersuchungsmaterial versendet wurde, wohl „bedanken“, wenn man die Wortwahlinsoweit als Einschränkung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ begreifen würde. Dies würdenämlich bedeuten, dass Laborärzte (und zwar nur Laborärzte, an die dasUntersuchungsmaterial versendet wurde) die gesamten in Ziffer 1. der allgemeinenBestimmungen des Abschnitts M bezeichneten Schritte persönlich erbringen müssten, umsie auch berechnen zu dürfen. Für Ärzte, an die versendet wurde, entfiele damit dieMöglichkeit, dass auch nur Teile der Leistung (lediglich) unter ihrer Aufsicht nach fachlicherWeisung erbracht werden könnte, während dem nicht versendenden Arzt dieseMöglichkeit erhalten bliebe.

Die Wortwahl in Ziffer 3. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M beruht nachAuffassung der Kammer daher insoweit auf einer Formulierungsnachlässigkeit.

f)Die Vorschriften der GoÄ nebst Anlage besagen für die hier in Rede stehendeProblematik nichts darüber, dass sich der Arzt, der M III-Leistungen als eigene Leistungberechnen will, ständig in den Räumlichkeiten aufhalten muss, in denen dieLaboruntersuchungen im engeren Sinne stattfinden. Sie besagen auch nichts darüber,innerhalb welcher Zeitspanne ein solcher Arzt dann, wenn er während des Verlaufs derUntersuchungen gerufen werden sollte, in den Laborräumlichkeiten erscheinen könnenmuss. Sie besagen gleichfalls nicht, dass eine telefonische Erreichbarkeit nichtausreichend sein kann.

Das gilt gerade auch für Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M derAnlage.

g)Unter gebührenrechtlichen Aspekten ist allerdings zu diskutieren, welche Bedeutungdem Umstand zukommt, dass unter Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu AbschnittM der Anlage zur Gebührenordnung (Ziffer 1. gilt für alle Laborgebühren und nicht lediglichfür M III- und M IV-Gebühren) der Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befunds“verwendet wird (und nicht lediglich des „daraus resultierenden Befunds“).

Im Hinblick auf den dargestellten Hintergrund der Neuregelung (mit dem Ziel, „das Labor“als Gebührentatbestand zu erhalten) ist es nicht unwahrscheinlich, dass mit der Wortwahl(zunächst aber möglicherweise auch lediglich) unterstrichen werden sollte, dass „dasLabor“ weiterhin eine ärztliche Leistung ist, obwohl qualitative Gesichtspunkte dieszumindest nicht generell erfordern. Letzteres ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 MTAG.Dort sind die Tätigkeiten aufgelistet, für die es der Erlaubnis der Tätigkeit als medizinisch-technische Assistentin/medizinisch-technischer Assistent bedarf. Dazu gehörtbeispielsweise die Durchführung von Untersuchungsgängen in der morphologischenHämatologie, Immunhämatologie und Hämostaseologie einschließlich Ergebniserstellung,Qualitäts- und Plausibilitätskontrolle.

Anstelle des Wortes Ergebniserstellung träte in Abschnitt M der GoÄ lediglich das Wort

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

8 von 26 30.12.2015 12:05

Page 9: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

83

84

85

86

87

88

89

90

91

92

Befunderstellung.

Dass das Attribut „ärztlich“ an jener Stelle (Ziffer 1. zur Anlage M) verwendet wird,entspricht – wie dargelegt - nicht der grundsätzlichen Regelungssystematik der GoÄ, diei.d.R. nämlich gerade keine Vorgaben dazu normiert, welche Leistungen ein Arzt in Personselbst zu erbringen hat.

Zu konstatieren ist allerdings, dass es sich bei dem Attribut „ärztlich“ in Abschnitt M derGoÄ um den einzigen Teil der Neuregelung handelt, aus dem sich Folgerungen in Bezugauf Delegierbarkeit ableiten lassen könnten (der Konjunktiv ist an dieser Stelle bewusstgewählt). Zu betonen ist dabei wiederum, dass sich das Attribut „ärztlich“ nicht lediglich aufBefunde bei M III- und M IV-Leistungen bezieht, sondern auch auf M I- und MII-Leistungen.

Angesichts der „systemfremden“ Verwendung ist zu klären, ob das Attribut „ärztlich“ einegewollte normative Eingrenzung des in § 4 Abs. 2 Satz 1 genannten Begriffs der eigenenLeistung darstellen sollte (um die Laborleistungen als ärztliche Gebühren zu erhalten undzu rechtfertigen).

Falls man die Verwendung des Attributs „ärztlich“ (zwingend) so verstehen müsste, wärefür die Berechnungsfähigkeit der Laborgebühren dann grundsätzlich zu fordern, dass derliquidierende Arzt in Person den aus den Untersuchungen resultierenden Befund erstellenmuss.

Das würde dann aber für jeden Arzt gelten müssen; auch für den spezialisierten Laborarzt.

Angesichts der zahlreichen in Abschnitt M aufgeführten Gebührenziffern und angesichtsfortschreitender Technisierung und Automatisierung im Laborbereich wäre es aus der Sichtder Kammer indes abwegig, bei solchen Laboruntersuchungen, die praktisch komplettdurch die Technik „erledigt“ werden, zu verlangen, dass der Arzt die von der Technikerledigten Schritte manuell wiederholt, um abrechnen zu dürfen. Die Kammer hat auchkeine Hinweise dazu gefunden, die zwingend darauf hindeuten würden, dass dieFormulierung (bevor sie amtlich wurde) bewusst als (eine systemfremde) normativeEingrenzung der dargestellten Art gewählt wurde.

Vielmehr könnte die Wortwahl („umfassen“) darauf hindeuten, dass lediglich gemeint war,dass die aufgeführten Schritte von den jeweiligen Gebührenziffern des Abschnittes M„umfasst“ sein sollen und dafür keine anderen Gebühren geltend gemacht werden können(dazu siehe auch oben d)). Hierauf deutet auch Satz 2 der Ziffer 1. zu Anlage hin.

Dieser hat folgenden Wortlaut: „Mit den Gebühren für die berechnungsfähigen(Unterstreichung durch die Kammer) Leistungen sind außer den Kosten - mit Ausnahmeder Versand- und Portokosten sowie der Kosten für Pharmaka im Zusammenhang mitFunktionstesten - auch die Beurteilung, die obligatorische Befunddokumentation, dieBefundmitteilung sowie der einfache Befundbericht abgegolten.“

Der medizinische Laie dürfte in der Regel davon ausgehen, dass die Erstellung des ausden technischen Abläufen („daraus“) „resultierenden ärztlichen Befunds“ (Ziffer 1. Satz 1)selbstverständlich beispielsweise „die Beurteilung“ und den „Befundbericht“ beinhaltet. AusZiffer 1. Satz 2 könnte jedoch zu schließen sein, dass das nicht der Fall ist, weil dort dieseBegriffe gesondert erwähnt werden, was überflüssig wäre, wenn sie gleichsamautomatisch dem Begriff der Befunderstellung unterfielen.

Angesichts des Textes bleibt vollkommen diffus, was denn nun mit Befunderstellung

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

9 von 26 30.12.2015 12:05

Page 10: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

93

94

95

96

97

98

99

konkret gemeint gewesen sein soll (die Beurteilung und der Befundbericht scheinen nichtdamit gemeint zu sein, weil sie dann nicht extra hätten erwähnt werden müssen).

Gerade dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – strafrechtlich relevantes Verhaltenvorgeworfen wird, ist bei der Auslegung von Vorschriften, die zumindest in Teilbereichenmehr Fragen aufwerfen als sie klar zu beantworten, äußerste Vorsicht geboten. WennAuslegungsfragen ungeklärt bleiben bzw. sich anhand des Gesetzes- bzw.Verordnungstextes und der Regelungssystematik nicht eindeutig (und zwingend)beantworten lassen, kann im Strafrecht nicht einfach die für einen Beschuldigtenungünstige Auslegung zu Grunde gelegt werden.

Insgesamt wäre die Auslegung, dass das Attribut „ärztlich“ eine gewollte normativeEinschränkung für die Entstehung einer Laborgebühr sein könnte, zwar möglich, aberbereits angesichts der Bandbreite der Laborgebührenziffern und der ungeklärtenBedeutung einiger Begrifflichkeiten indes in keiner Weise zwingend. Genausogut kannbeispielsweise argumentiert werden, dass das Attribut „ärztlich“ gleichsam überschießendverwendet wurde, um den Erhalt des Charakters „des Labors“ als GoÄ-Gebühr zuunterstreichen (zu der Möglichkeit der Zufälligkeit der Wortwahl siehe auch oben e)).

Anzumerken ist, dass bei Unterstellung einer (wie dargelegt nicht zwingenden) Auslegungvon „ärztlich“ als normative Eingrenzung des Begriffs der eigenen Leistung aus demWortlaut von Ziffer 1. der allgemeinen Bestimmungen zu Anlage M im Umkehrschlussdann aber (gerade auch) unter gebührenrechtlichen Gesichtspunkten zu folgern wäre,dass es in den genannten Bereichen der Eingangsbegutachtung des Probenmaterials, derProbenvorbereitung und der Durchführung der Untersuchung (einschließlich dererforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) nicht der persönlichenLeistungserbringung durch den Arzt bedarf, um die Gebühr zu rechtfertigen, sondern – dainsoweit der Begriff „ärztlich“ nicht verwendet wird – seine Aufsicht nach fachlicherWeisung ausreicht (zumal eine/ein MTLA unter qualitativen Aspekten diese Tätigkeitenzumindest hinsichtlich einer ganzen Anzahl von Untersuchungen auch ohne ärztlicheAufsicht zu erbringen ausgebildet und befugt ist; für einfachere Tätigkeiten im Labor, wieeinfache klinisch-chemische Analysen und einfache qualitative und semiquantitativeUntersuchungen von Körperflüssigkeiten, Ausscheidungen und Blut bedarf es nicht einmalder MTLA-Erlaubnis).

h)Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Anforderungen, die dieStaatsanwaltschaft in Bezug auf die Abrechnungsbefugnis für M III-Leistungen aufstellt(nämlich mit Ausnahme des rein technischen Ablaufs im Analysegerät eine persönlicheLeistungserbringung bzw. quasi permanente persönliche Überwachung durch den Arzt), inden Regelungen der GoÄ keine (bzw. auch bei besonderer Beachtung des Attributs„ärztlich“ keine zwingende) Entsprechung finden.

Die dargestellte Fassung der GoÄ ist im Ergebnis eine „Krücke“ gewesen, die dazu diente,den Gesetzgeber davon abzuhalten, „das Labor“ aus den Gebührentatbeständen der GoÄauszugliedern, nicht weniger aber auch nicht mehr.

Unmissverständlich ist gebührenrechtlich lediglich geregelt, dass dann, wenn ein andererArzt mit Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und M IV beauftragt wird, allein dieserbeauftragte Arzt gegenüber dem Patienten abrechnen darf. Das ist der Kern derNeuregelung, die damit auch ihren Zweck erfüllt (nämlich die Abrechnung von M III- und/oder M IV-Leistungen, die ein anderer Arzt erbracht hat durch den auftraggebenden Arztzu verhindern).

Keine Neuregelung ist für die Fälle getroffen worden, in denen kein anderer Arzt mit

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

10 von 26 30.12.2015 12:05

Page 11: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

100

101

102

103

104

105

106

107

Laboruntersuchungen gemäß den Abschnitten M III und M IV beauftragt wurde, sondernder behandelnde Arzt diese Untersuchungen in Eigenregie durchführt. Für dieAbrechnungsbefugnis in solchen Fällen gelten die allgemeinen Regelungen der GoÄ, diesich einer (zwingenden) Regelung dessen enthalten, was ein Arzt persönlich erbringenmuss (und was nicht), um abrechnungsbefugt zu sein.

Anders ausgedrückt normiert die Neuregelung, dass es Geld (hier =Abrechnungsbefugnis) ohne eigene Leistung (sondern für Fremdleistung) nur noch für MII-Gebührentatbestände geben kann, während es im Übrigen Geld nur noch für eigeneLeistungen gibt. Diese lassen sich im Unterschied zu der Beauftragung einesFremdlaborarztes dadurch charakterisieren, dass der abrechnende Arzt die Laborleistungselbst oder so erbringt, dass das gebührenrechtliche Merkmal der Aufsicht nach fachlicherWeisung erfüllt ist.

Bei der Beauftragung eines Fremdlabors erbringt der behandelnde (und das Laborbeauftragende) Arzt die M III oder M IV-Leistung nämlich niemals selbst; sie wird auchnicht unter seiner Aufsicht erbracht, sondern unter Aufsicht des beauftragten Arztes(soweit dieser nicht selbst tätig ist), weshalb allein dieser abrechnungsbefugt ist.

An dem dargestellten Kern der Neuregelung, die im Vergleich zur vorherigen Regelung nurdie Abrechnungsbefugnis für fremderbrachte M III- und/oder M IV-Leistungen entfallenlässt, wird deutlich, dass es für gebührenrechtliche Subsumtion insoweit (zumindestnahezu) ausschließlich darauf ankommt, ob die Voraussetzungen des unverändertgebliebenen § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ erfüllt sind oder nicht.

III. Die Aufsicht nach fachlicher Weisung

Da die GoÄ eine gebührenrechtliche Regelung ist, ist das Merkmal der „Aufsicht nachfachlicher Weisung“ davon geprägt, dass bei einer nach GoÄ in Rechnung gestelltenLeistung zum Ausdruck kommen muss, dass es sich um eine eigene Leistung des Arzteshandelt (auch wenn er diese nicht in Person erbracht hat).

Es gibt eine Reihe von Tätigkeiten, die in der GoÄ normiert sind, die regelmäßig aber mehroder weniger durch ausgebildete nichtärztliche Fachkräfte durchgeführt werden, ohnedass der Arzt, der hinterher die Rechnung stellt, ständig diese Mitarbeiter mittelsAugenschein beaufsichtigt.

Im Arbeitsalltag beispielsweise einer gut frequentierten allgemeinmedizinischen Praxis istdies bereits faktisch unmöglich. Der Arzt nimmt die Sprechstunde wahr, während seineAssistenten in der gleichen Zeit (in anderen Räumen) delegierte Aufgaben übernehmen. Inder Regel zweifelt dennoch niemand die Rechnungsstellungsbefugnis des Arztes an, wenndie delegierte Leistung nach GoÄ abgerechnet wird.

Für derartige Zweifel gibt es letztlich auch keinen durchgreifenden Grund, wenn dieLeistung ordnungsgemäß erbracht wurde, da der Hintergrund für die Abrechnung alsärztliche Leistung dann darin liegt, dass der Arzt durch die sorgfältige Auswahl seinerAssistenten und die Einweisung dafür Sorge getragen hat, dass die Leistungordnungsgemäß erbracht wurde. Spricht dann in der Folge der Umstand, dass es keineAuffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt, dafür, dass die Assistenten die ihnenübertragenen Aufgaben regelmäßig ordnungsgemäß erbringen, wäre es letztlich absurd,nur wegen der Vergütung als ärztliche Leistung eine besonders hohe Kontrolldichte undbesonders hohe Kontrollpräsenz zu fordern. Die anfängliche Auswahl und die Einweisungdurch den Arzt wirken vielmehr als ein Teil der gebührentatbestandlichen Aufsicht fort und

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

11 von 26 30.12.2015 12:05

Page 12: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

108

109

110

111

112

113

114

die Beobachtung dessen, dass es eben keine Auffälligkeiten oder gar Beschwerden gibt,ist die Weiterführung der Aufsicht. Misslingt etwas oder ergibt sich ein Problem, greift derArzt ein (entweder direkt am noch anwesenden Patienten oder durch eine neueverbesserte Einweisung). Läuft alles ordnungsgemäß ab, nimmt er die Aufsicht praktisch„en passant“ wahr, da er als Schluss daraus (mittelbar) mitbekommt, dass nichts „schiefgeht“ und er deshalb keine Veranlassung hat einzugreifen.

Damit ist dann sowohl unter qualitativen Gesichtspunkten als auch untergebührentatbestandlichen Gesichtspunkten das die Gebühr rechtfertigende Merkmal derAufsicht nach fachlicher Weisung (en passant) erfüllt. Die Verantwortung für den Patientendelegiert der Arzt nicht; er trägt sie weiterhin persönlich.

Es ist nicht ersichtlich, weshalb für den Laborbereich, für den derselbe in § 4 GoÄ(gebührenrechtlich) normierte Begriff der Aufsicht nach fachlicher Weisung gilt, andereMaßstäbe anzulegen sein sollten. Im Gegenteil: Im Labor ist unter dem qualitativ-medizinischen Gesichtspunkt des Patientenschutzes bei vielen Untersuchungen dasBedürfnis eines ärztlichen Eingreifens noch einmal deutlich seltener zu erwarten als beiVorgängen, die direkt am Patienten stattfinden (diese Ansicht lässt sich im Übrigen auchauf § 9 MTAG stützen).

Die gebührenrechtliche Merkmalserfüllung erfordert somit keine ständige und nicht einmaleine häufige Anwesenheit in den Laborräumlichkeiten. Derartiges lässt sich der GoÄ nichtentnehmen. Die Erreichbarkeit des Arztes reicht aus (was unter qualitativenGesichtspunkten umso mehr Anspruch auf Richtigkeit hat, je weniger der Arzt wegen derAutomatisierung eingreifen kann und je eher ein Eingreifen auch durch geschultesPersonal – medizinisch-technische Assistenten - gleichwertig erfolgen kann).

Die Forderung, dass der Arzt vor Ort sein müsse, um gegebenenfalls bei auftauchendenProblemen eingreifen zu können, ist gebührenrechtlich unter dem Prüfungsgesichtspunktder Aufsicht gerade im Laborbereich nicht relevant. Eine solche Forderung dreht sich umqualitative Gesichtspunkte der Aufsicht. An deren Erfüllung bestehen vorliegend indesebenfalls keine Zweifel. Ist der Befund verwertbar vorhanden und „passt“ er zu derveranlassten Untersuchung, spricht das dafür, dass die Geräte ordnungsgemäßfunktionieren, ordnungsgemäß durch geschultes und eingewiesenes Personal bedientwurden und dass die Arbeitsabläufe eingehalten wurden.

Wenn dann noch hinzukommt, dass die Befunde zur sonstigen Anamnese passen, es alsoinsoweit keine Rückläufe ins Labor (oder keine Veranlassung für solche Rückläufe) gibt,kann ein Arzt (ob beauftragter Laborarzt oder sonstiger Arzt) auch unter – beimgebührenrechtlichen Merkmal der Aufsicht nicht relevanten –Qualitätsmerkmalen davonausgehen, dass auch de lege artis gearbeitet wurde. Seine ständige oder auch nur häufigeAnwesenheit im Labor ist auch unter diesem Aspekt nicht zu fordern, um die Gebührauszulösen. Die anderen Ansichten verkennen, dass gerade im Laborbereich regelmäßigbesonders gut geschultes nichtärztliches Personal zur Verfügung steht.

Zu erörtern ist angesichts des Wortlauts von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ aber des Weiteren,welche Anforderungen sich für die Rechnungsstellungsbefugnis daraus ergeben könnten,dass die Formulierung „unter seiner Aufsicht“ lautet (die Unterstreichung wurde diesseitsvorgenommen).

Die Erörterungsbedürftigkeit dieses Gesichtspunkts ergibt sich zwangsläufig, wenn sichÄrzte, von denen ein jeder für sich liquidationsberechtigt ist (z.B. Praxisgemeinschaftenoder auch Labor- bzw. Apparategemeinschaften oder auch mehrere Laborärzte eines

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

12 von 26 30.12.2015 12:05

Page 13: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

115

116

117

118

119

120

121

122

123

124

125

größeren Labors, von denen jeder grundsätzlich liquidationsberechtigt wäre oder ist),Personal „teilen“.

Der Gesichtspunkt, dass es möglicherweise sogar der Qualität dient, wenn mehrere Ärztedas nichtärztliche Personal beaufsichtigen, hat bei der Prüfung der formal nach demGebührenrecht zu beurteilenden Liquidationsberechtigung unter dem Aspekt der Aufsichtaußer Betracht zu bleiben.

Zu fordern ist, dass der die Rechnung stellende Arzt bei dem Vorgang, der die Gebührauslöst, seine Pflicht zur Aufsicht nach fachlicher Weisung erfüllt hat (soweit er dieLeistung nicht selbst erbracht hat).

Ein Arzt, der in eine bereits bestehende Laborgemeinschaft eintritt, trifft dort auf bereitsvorhandenes Personal, vorhandene Geräte und vorhandene Arbeitsabläufe. Gleiches giltfür einen reinen Laborarzt, der in eine bereits bestehende Laborpraxis eintritt.

Das Gesetz (bzw. die Rechtsverordnung und die Rechtsordnung, zu der auch dieBerufsausübungsfreiheit gehört) normiert nicht, dass das nicht zulässig ist. Ein solcherArzt kann sich notwendig nur durch die anfängliche Sichtung der vorhandenenArbeitsabläufe (bei denen er auch sieht, wie das Personal agiert) und der vorhandenenGeräte Kenntnis verschaffen. Tut er dies und nimmt er dann bei den Vorgängen, die er inRechnung stellt, Kenntnis von den Ergebnissen, die die Kontrolle dessen, was zuvorgeschehen ist, ermöglichen, erfüllt er damit en passant (s.o.) das gebührenrechtlicheMerkmal der Aufsicht, zumal er, wenn er die Befunderstellung (oder die Validierung) in denLaborräumlichkeiten vornimmt, bei jedem Aufsuchen des Labors die Möglichkeit zumAugenschein der Arbeitserbringung und der Geräte hat.

Zugleich überprüft er damit, dass die Qualitätsstandards erfüllt wurden.

IV. Rechtsprechung

a)Der BGH (BGHSt 57, 95 ff.) hat Anfang 2012 ein Urteil des Landgerichts Münchenweitgehend bestätigt, mit welchem ein Arzt wegen Abrechnungsbetruges verurteilt wurde.

Der dort zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich vom vorliegenden wesentlichu.a. dadurch, dass dort ein (anderer) Laborarzt mit den M III-Leistungen beauftragt wurdeund diese für den dortigen Angeklagten durchführte, der die Leistungen dann aber selbstin Rechnung stellte, während im vorliegenden Fall kein (anderer) Laborarzt beauftragtwurde.

In den Gründen der zitierten Entscheidung des BGH wird u.a. aus dem Urteil derVorinstanz (LG München) wie folgt zitiert: „Laborleistungen der Klassen M III und M IV(Speziallaborleistungen) konnte der Angeklagte nur von einem hierzu befähigten undeinzig gegenüber dem Patienten liquidationsberechtigen Laborarzt (Speziallabor)erbringen lassen.“

Der Kammer sind die Einzelheiten, die zu dieser Feststellung geführt haben, nichtbekannt. Es ist allerdings festzuhalten, dass in der GoÄ nebst Anlagen an keiner Stellenormiert ist, dass nur ein ausdrücklich (nur) als (befähigter) Laborarzt tätiger Arzt die M III-und M IV-Untersuchungen erbringen darf. Falls das Landgericht München dies generellgemeint haben sollte, wäre jenes Urteil nach Auffassung der Kammer insoweit nicht vonden Regelungen der GoÄ gedeckt (und somit falsch).

Der Begriff „Speziallabor“ wird in den der Kammer vorliegenden Fassungen der GoÄ und

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

13 von 26 30.12.2015 12:05

Page 14: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

126

127

128

129

130

131

132

133

134

der Anlage M auch nicht verwendet. Dass damit unzweifelhaft die M III- und MIV-Leistungen gemeint sind, ändert daran nichts. Die Kammer hält dies für erwähnenswert,weil vorliegend die Staatsanwaltschaft wiederholt ausführt, dass der Begriff der „Validation“in der GoÄ nicht verwendet wird, sie aber gleichzeitig den dort ebenfalls nichtauftauchenden Begriff „Speziallabor“ verwendet.

Um es nochmals zu verdeutlichen: Nach der alten Fassung der GoÄ durfte der Arzt, dereinen anderen Arzt mit der Durchführung von Laboruntersuchungen im Sinne der AnlageM beauftragte, die Gebühren dafür selbst in Rechnung stellen, auch wenn es sich um MIII- und M IV-Leistungen handelte. Nach der seit 1996 geltenden Fassung der GoÄ ist dieSelbstberechnung fremdärztlicher Leistungen nur noch für M II-Leistungen zulässig.

Fehlt es hingegen an der Beauftragung eines Fremdarztes, kann es im Ergebnis auch nureinen Arzt geben, dem die Gebühr zustehen kann. Sie steht ihm dann zu, wenn die in § 1Abs. 2 Satz 1 und § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ genannten Merkmale erfüllt sind (Ausnahmegemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄ: M II-Leistungen).

Eine besondere Befähigung zur Erbringung von Laborleistungen wird für M III- und MIV-Leistungen an keiner Stelle der GoÄ gesondert normiert. Die GoÄ normiertGebührentatbestände, die erfüllt sein müssen, um abrechnen zu dürfen. Eine besondereZulassung als Laborarzt, um M III- und M IV-Leistungen abrechnen zu dürfen, wird nichtgefordert.

Die Entscheidung BGHSt 57, 95 ff. ist juristisch nachvollziehbar begründet. Wie aus derEntscheidung deutlich wird, bedurfte es allerdings einiger juristischer Begründung, um denBetrugsvorsatz des dortigen Arztes als gegeben anzusehen. Das gilt insbesonderehinsichtlich der Frage des Vorsatzes in Bezug auf die Tatbestandsmerkmale derIrrtumserregung und der Nachteilszufügung.

Bezüglich jenes Falles steht außer Frage, dass der dortige Angeklagte nach denFeststellungen (insoweit nach den Feststellungen letztlich mit direktem Vorsatz) wusste,dass er seinen Patienten selbst keine M III-Leistungen berechnen durfte (da diese ein vonihm beauftragter Arzt erbracht hatte) und dass er in seiner Person insoweit keinenZahlungsanspruch gegenüber den Patienten hatte.

Der Vorsatz hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der Irrtumserregung und derNachteilszufügung wird in jenem Fall damit begründet, dass der Patient eine richtigeRechnung erwarte und davon ausgehe, dass der Arzt mit der Rechnung konkludenterkläre, dass er nach der GoÄ zur Abrechnung in eigener Person befugt sei. Dies sei vomVorsatz des dortigen Angeklagten umfasst gewesen, der die schadensbegründendenUmstände, nämlich die Vergütung selbst nicht beanspruchen zu können, auch gekannthabe.

Angeknüpft wird insoweit allein an die Rechnungsstellung bzw. den Moment derRechnungsstellung (und in Bezug auf den Patienten auf den Moment desRechnungserhalts bzw. der Bezahlung).

Zu beanstanden ist dies unter juristischen Aspekten bereits deshalb nicht, weil die GoÄ dieVoraussetzungen für die Befugnis zur Rechnungsstellung regelt.

Gleichwohl stellt sich losgelöst von dem dortigen Fall die Frage, ob sich ein Patient, dereine erbrachte Leistung bezahlt, tatsächlich eine Vorstellung davon macht, welcher Arztdie Rechnung stellen durfte.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

14 von 26 30.12.2015 12:05

Page 15: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

135

136

137

138

139

140

141

142

143

144

145

Wenn er eine qualitativ (und hinsichtlich der Kosten) gleichwertige Leistung erhalten hat,wird es dem Patienten erst einmal egal sein, welcher Arzt die Rechnung stellt. Oft genugweiß der Patient in Fällen, in denen ein beauftragter Laborarzt die Leistung berechnet, biszum Erhalt der Rechnung des Fremdlabors nicht einmal, welches Labor durch „seinen“Arzt beauftragt wurde.

Wenn man diesem Patienten bei Berechnung der Fremdleistung durch „seinen“ Arzt undZahlung an diesen dann sagt, dass „sein“ Arzt gegen ihn insoweit keinenZahlungsanspruch hatte und dass er deshalb insoweit gar nichts hätte bezahlen müssen,wird dieser Patient (wenn er nicht vom „Fach“ ist) voraussichtlich erst einmal sagen, dasser das nicht gewusst habe.

Das, was der Patient dann weiter bekundet (und tut oder nicht tut), wird - neben derkonkreten Fragestellung - davon abhängen, wie er zu seinem Arzt steht.

Denkbar ist, dass er bekundet, dass er sein Geld zurück haben möchte, weil er über dieRechnungsstellungsbefugnis getäuscht worden sei.

Wenn man ihm allerdings sagt, dass er bei korrektem Verlauf das Labor in gleicher Höhehätte bezahlen müssen, ist auch denkbar, dass er sagt, dass er dann, wenn er dasgewusst hätte, „seinen“ Arzt bezahlt hätte, weil er aufgrund der Zahlung an „seinen“ Arztdavon ausgehen durfte, jedenfalls vom Labor nicht auch noch in Anspruch genommen zuwerden und der „Rest“ ihn nicht interessiere.

Erfährt der Patient in dem zuletzt gewählten Beispiel erst im Nachhinein von denUmständen, wären objektiv immer noch eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung, durchdie der Schaden im Zeitpunkt der Verfügung auch nicht unmittelbar kompensiert wird und -abgestellt auf den Zeitpunkt der Rechnungsstellung - juristisch immer noch ein Vorsatz desArztes zu begründen, obwohl derjenige, dessen Vermögen es unmittelbar betrifft, imNachhinein sagt, dass es ihm egal gewesen wäre.

Die „Kompensationsfrage“, die sich bei nicht-juristischer Betrachtung des vom BGHbehandelten Sachverhalts stellt, ist die, wie es zu beurteilen ist, wenn der Arzt dieVorstellung hatte, dass der Patient nicht geschädigt wird, weil er die Laborleistung erhaltenhat, die (allerdings von einem anderen Arzt erbrachte) Gegenleistung also vor derRechnungsstellung und vor Bezahlung erfolgt ist.

Dazu hat der BGH in der zitierten Entscheidung ausgeführt, dass dies nicht denBetrugsvorsatz entfallen lasse, weil derjenige, der sich aufgrund eines ihm (in seinerPerson) nicht zustehenden aber (mittels Täuschung darüber) geltend gemachtenZahlungsanspruchs bereichere, wisse oder zumindest billigend in Kauf nehme, dass derZahlende (an ihn) rechtsgrundlos leiste und dadurch in Höhe des Gezahlten geschädigtsei.

b)Wie bereits dargelegt unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt jedoch wesentlichvon jenem, den der BGH zu beurteilen hatte.

Neben dem Umstand, dass in dem „BGH-Fall“ der dortige Arzt auch in anders gelagertenFällen betrügerisch agierte (u.a. auch in kollusivem Zusammenwirken mit Patienten)unterscheidet sich der von der Anklage der Staatsanwaltschaft Wuppertal umfassteSachverhalt von dem BGH-Fall vor allem dadurch, dass hier weder formal noch faktischein anderer Arzt beauftragt wurde, der die M III-Laborleistungen hätte berechnen dürfen.

Die Durchführung der M III- und /oder M IV-Laborleistungen durch einen anderen Arzt bei

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

15 von 26 30.12.2015 12:05

Page 16: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

146

147

148

149

150

151

152

153

gleichzeitiger Rechnungsstellung durch den beauftragenden Arzt ist aber das, was dieNeuregelung der GoÄ verhindern wollte. Nicht verhindern wollte die Neuregelung, dass einArzt, der die M III-Leistungen oder bestimmte unter dem Abschnitt M III aufgeführteLaborleistungen als eigene Leistung erbringt, diese auch abrechnen darf.

Vorliegend bleibt die Staatsanwaltschaft letztlich eine nachvollziehbare Erklärung dafürschuldig, wessen Leistung der Angeschuldigte abgerechnet hat, wenn nicht seine eigene(dass eine ordnungsgemäß verwendbare Laborleistung erbracht wurde, steht dabei außerFrage). Schlüssig bliebe die Ansicht der Staatsanwaltschaft nur, wenn überhaupt keineabrechenbare Leistung erbracht worden wäre. Das hieße in Anbetracht der hierunzweifelhaft erbrachten verwertbaren und damit auch werthaltigen Leistung (die Kammerwüsste auch nicht, was ein beauftragter Laborarzt bei den konkreten Untersuchungen mitden konkreten technischen Geräten zwingend anders gemacht hätte als derAngeschuldigte), dass es niemanden gäbe, der sie abrechnen dürfte (da hier keinbeauftragter anderer Arzt tätig gewesen ist).

Ein solches Ergebnis mutet bereits für sich gesehen seltsam an. Die Staatsanwaltschaftgelangt aber zu einem solchen Ergebnis; und dies – wie dargelegt – auf der Grundlagevon Ansichten, die in der GoÄ entweder keine oder (Stichwort „ärztlich“) zumindest keineauch nur annähernd zwingende Stütze finden.

Die Ansicht des Angeschuldigten, zur Abrechnung der in Rechnung gestellten MIII-Leistungen befugt gewesen zu sein, steht in Anbetracht der von ihm dargestelltenSchritte der Leistungserbringung (als zum Teil selbst erbracht und zum Teil unter seinerAufsicht erbrachte eigene Leistung) nicht nur nicht im Widerspruch zu den Regelungen derGoÄ, sie wird – anders als Teile der Ansichten der Bundesärztekammer - vom Wortlautdieser Regelungen und der Regelungssystematik sogar gestützt (zu den Auffälligkeitender „Logins“ wird im übernächsten Unterpunkt Stellung genommen).

c)Anders als in dem unter IV. a) dargestellten „BGH-Fall“ wurde vorliegend auch nicht überTatsachen getäuscht. In dem „BGH-Fall“ war klar, dass der dortige Arzt nicht zurAbrechnung der M III-Leistungen befugt war, weil diese durch einen von ihm beauftragtenanderen Arzt durchgeführt wurden. Er hat bewusst gegen eine in der GoÄ deutlichnormierte Regelung verstoßen und somit über seine unstreitig nicht gegebeneRechnungsstellungsbefugnis (dies ist die Tatsache) getäuscht.

Wenn man an dieser Stelle den unter mehreren Aspekten erörterungsbedürftigen Punktder Login-Auffälligkeiten (dazu unten V.) (erst einmal) ausblendet, wäre festzuhalten, dasses vorliegend keinen anderen Arzt gab, der die Leistung erbracht hat. Der Angeschuldigtehat jedenfalls dann nicht über seine Rechnungsstellungsbefugnis getäuscht, wennzugrunde gelegt wird, dass er die Validierung der Befundergebnisse selbst vorgenommenhat. Mit der Rechnungsstellung hat er (jedenfalls in diesem Fall) lediglich seine Ansichtzum Ausdruck gebracht, die Leistungsmerkmale, die eine Abrechnung als eigene Leistungerlauben, erfüllt zu haben. Wie die Kammer unter b) dargelegt hat, war diese Ansicht alssolche keineswegs abwegig, sondern gerade angesichts der GoÄ-Regelungen vertretbar.

Jedenfalls lag in dem Vertreten dieser Ansicht in diesem Fall keine Täuschung überTatsachen. Eines Eingehens auf weitere Aspekte bei der Subsumtion desBetrugstatbestandes bedarf es unter diesem Aspekt daher an dieser Stelle nicht.

V. Validierung

Ein Aspekt, der aus der Sicht der Kammer bei der Frage der Befugnis zur Abrechnung der

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

16 von 26 30.12.2015 12:05

Page 17: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

154

155

156

157

158

159

160

161

162

163

164

165

166

167

M III-Leistungen als eigene Leistung der ausführlicheren Erörterung bedarf, ist angesichtsder Login-Auffälligkeiten (Bl. 127 ff. d.A.) der der Validierung der Befundergebnisse.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass bei den Fällen, in denen es zu diesen Login-Auffälligkeiten gekommen ist, entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeitenwar, um die Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten desgesondert verfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., derdies dann für seine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.

Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mitDr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu denLaborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.

Bei dem dargestellten Aspekt ist eine Erörterungsbedürftigkeit sowohl im rechtlichenBereich als auch im tatsächlichen Bereich gegeben.

a)Die Kammer hat sich insoweit zunächst mit dem Punkt beschäftigt, was unter Validierungzu verstehen ist und in welchem Verhältnis der in der GoÄ nicht verwendete Begriff derValidierung zu dem verwendeten Begriff des „daraus resultierenden ärztlichen Befundes“steht.

Zu der Frage, ob es sich bei der Verwendung der Begrifflichkeit des „daraus resultierendenärztlichen Befundes“ um eine normative Begrenzung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ(Fragestellung: Selbsterbringung wegen der Wortwahl in Ziffer 1. zu Anlage M erforderlichoder Delegierbarkeit unter Aufsicht für die Abrechnungsbefugnis ausreichend?) handeltoder nicht, hat die Kammer bereits Ausführungen gemacht (siehe oben II. g)).

Sie sieht keinen Anlass, von diesen Ausführungen abzuweichen. Selbst, wenn mandanach die Validierung mit dem Begriff der Befunderstellung gleichsetzen würde, wäre ausZiffer 1. zu Anlage M nicht zwingend zu folgern, dass die Validierung durch einen Arztvorgenommen werden muss, um befugterweise eine Rechnung für M III- und/oder MIV-Leistungen stellen zu dürfen.

Die Validierung ist indes auch mit der Befunderstellung nicht gleichzusetzen, wie sich auszahlreichen im Internet zu findenden Publikationen ergibt.

Genannt seien insoweit beispielhaft folgend Fundstellen:

- http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/zentralinstitut_fuer_klinische_chemie_und_laboratoriumsdiagnostik_id71/dateien/lehre/eVL_PostA_131104.pdf

- http://www.bnld.de/sammlung-bilder-files-links/CL%2006%2034_2%20Biol%20Validation.PDF

- http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/AA%20Validation%20und%20Freigabe%20V003.pdf

- http://www.krankenhauslabor.de/RiliBaek/VA%20Postanalytik%20V009.pdf

- http://www.dvta.de/media/der_verband/weiterbildung/2006_validation.pdf

Die genannten Publikationen verhalten sich nicht zu gebührenrechtlichen Aspekten derValidierung. Aus ihnen ergibt sich indes, dass man üblicherweise zunächst einen Befund

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

17 von 26 30.12.2015 12:05

Page 18: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

168

169

170

171

172

173

174

175

vorliegen haben muss, den man dann validieren kann. Nach den von der Verteidigungdargestellten Abläufen ist es so, dass dieser Befund (die Darstellung der Prüfergebnisseder konkreten Untersuchung) durch die eingesetzten Geräte automatisch erstellt wird.Dass es absurd wäre, für die Abrechnungsbefugnis zu verlangen, dass der Arzt (oder einMitarbeiter) dieses manuell wiederholt, hat die Kammer bereits dargelegt. Auch einbeauftragter Laborarzt würde dies bei einem identischen Untersuchungsauftrag und demEinsatz identischer Geräte nicht tun. Er würde, wenn er es in Person erbringen wollte (wasals solches auch für ihn nach der GoÄ kein zwingendes Erfordernis für dieAbrechnungsbefugnis wäre), nach dem Geräteeinsatz nichts anderes tun als derAngeschuldigte, nämlich die Ergebnisse validieren.

Angesichts der unter II. g) aufgeworfenen Fragen zu den in Ziffer 1. zur Anlage Mverwendeten Begrifflichkeiten wäre es für die Vervollständigung des Bildes grundsätzlichzu begrüßen, wenn die Verteidigung noch darstellen würde, wie es nach der Validierungam Computer im Hinblick auf den jeweiligen Patienten (mit dem die Laborergebnisse inder Regel zu besprechen sein werden) weitergeht.

Werden die Daten aus dem Validierungscomputer in die Praxis des Angeschuldigtenübertragen oder werden sie in den Laborräumlichkeiten durch den Angeschuldigtenunmittelbar nach Validierung ausgedruckt oder sorgt das nichtärztliche Personal im Laborfür einen Ausdruck (Verschriftung), der dann zu der Praxis des Angeschuldigten geschicktwird?

Hilfreich wäre es diesbezüglich auch, wenn der Ablauf hinsichtlich der gebührenmäßigenErfassung für den Angeschuldigten bis zur Rechnungsstellung zumindest kurz dargelegtwerden würde.

b)Nach den Ausführungen unter V. a) ist die Frage berechtigt, ob die Validierunggebührenrechtlich überhaupt relevant sein kann.

Diese Frage wäre trotz der Ausführungen unter V. a) für den vorliegenden Sachverhaltbejahend zu beantworten, wenn die Annahme der Staatsanwaltschaft, dass derAngeschuldigte nicht immer selbst validiert hat, als bewiesen anzusehen wäre.

Die Relevanz ergäbe sich dann nämlich daraus, dass dann der Subsumtionspunkt derAufsicht nach fachlicher Weisung betroffen wäre. Es ist also zu prüfen, ob undgegebenenfalls wie sich die „verdächtigen“ Logins auf den Subsumtionspunkt der Aufsichtnach fachlicher Weisung auswirken.

Zur Verdeutlichung ist auszuführen, dass die Validierung als medizinischer odertechnischer Vorgang auch außerhalb der Räume der Laborgemeinschaft stattfindenkönnte, ohne ihren Wert für die medizinische oder technische Untersuchung zu verlieren.Bei – wie vorliegend – ausgelagerten Laborräumlichkeiten kommt der Validierung aber diezusätzliche Funktion zu, dass der Arzt die Laborräumlichkeiten aufsuchen muss, um zuvalidieren, und sie damit „en passant“ gerade auch diesbezüglich derAufsichtswahrnehmung dient.

Die Kammer hält es bei der Prüfung grundsätzlich für richtig, auf die jeweilige einzelneRechnung abzustellen. Zu klären wäre damit die Frage, ob der Angeschuldigte, der beiSelbstvalidierung befugt wäre, die M III-Leistungen als eigene Leistung abzurechnen, daer mittels der Validierung en passant (siehe oben) auch die Aufsicht wahrnimmt, dieBefugnis zur Abrechnung dadurch verlieren könnte, dass er die Validierung in denLaborräumlichkeiten nicht vornimmt und somit möglicherweise das Kriterium der Aufsicht

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

18 von 26 30.12.2015 12:05

Page 19: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

176

177

178

179

180

181

182

183

184

185

nach fachlicher Weisung nicht mehr hinreichend erfüllt und die Laborleistung dadurch denCharakter als eigene Leistung verlöre und wie die Leistung durch ein Fremdlaboranzusehen wäre.

Der Verständlichkeit halber sei an dieser Stelle nochmals ausgeführt, was die GoÄ nachihrem Wortlaut und der Regelungssystematik hinsichtlich der Rechnungsstellungsbefugnisin den Laborbereichen M III und M IV normiert und was nicht:

Der Arzt (ganz gleich ob beauftragter Laborarzt oder ein behandelnder Arzt, der keinFremdlabor beauftragt), der Laborleistungen der in Abschnitt M III und/oder M IV selbsterbringt oder sie unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbringen lässt, darf dieseLeistungen auch in Rechnung stellen. Mischformen erfüllen die Befugnis auch.

Dazu, wie die Aufsicht zu gestalten ist, lassen sich der GoÄ keine konkreten Vorgabenentnehmen. Gleiches gilt sinngemäß für die Frage, ob der abrechnende Arzt wenigstenseinen Teil der Laborleistung in Person erbringen muss. Die Ansicht derBundesärztekammer hierzu findet weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematik derGoÄ eine Stütze.

Der Arzt, der Laborleistungen nach den Abschnitten M III und/oder M IV abrechnet, mussüber Laborräumlichkeiten, die erforderlichen Geräte und (wenn er nicht alles selbsterbringt) das Personal zur Bedienung der Geräte verfügen (können). Dass sich mehrereÄrzte Laborräumlichkeiten, Laborgerätschaften und Personal teilen, verbietet die GoÄnicht. Der abrechnende Arzt muss allerdings – soweit er die Leistungen nicht selbsterbringt – das Abrechnungsmerkmal der eigenen Leistung erfüllen (Aufsicht nachfachlicher Weisung).

Diese Merkmale sind bei Beauftragung eines Fremdlabors nicht erfüllt. Der Arzt, der einFremdlabor beauftragt, verfügt nicht über Laborräumlichkeiten, nicht über dieerforderlichen Geräte und nicht über Personal zur Bedienung der Geräte. Damit einemsolchen Arzt der Anreiz fehlt, ausufernd Laborleistungen zu beauftragen, um damit ohneeigenen Aufwand Geld zu verdienen, ist die Abrechnungsfiktion in § 4 Abs. 2 Satz 2 GoÄauf die Leistungen nach Abschnitt M II begrenzt worden.

Das ist hinsichtlich der Abrechnungsbefugnis im Laborbereich der Gehalt der Verordnung;nicht weniger aber auch nicht mehr.

Es zeigt sich, dass der Regelungsgehalt als solcher durchaus einfach strukturiert ist.

Man benötigt weder Gutachten noch lange Kommentierungen, um diesenRegelungsgehalt zu verstehen. Es wäre auch kaum vorstellbar, dass derVerordnungsgeber eine Vorschrift über die Abrechnungsbefugnis für das Labor hätteschaffen wollen, die ohne juristischen Beistand nicht mehr im Einzelnen nachzuvollziehenund anzuwenden ist.

Dies vorangestellt ist auszuführen, dass die Kammer derzeit zu der Bewertung gelangt,dass auch dann, wenn bewiesen wäre, dass der Angeschuldigte bei der einen oderanderen Rechnung nicht zuvor selbst validiert hat, der Charakter der Laborleistung alseigene Leistung des Angeschuldigten nicht verloren ginge.

Die Aufsicht wäre in dem jeweils betroffenen einzelnen Vorgang zwar nicht (jedesmal) enpassant mittels der Validierung wahrgenommen worden. Derartiges ist für die Erfüllung desMerkmals der Aufsicht im Hinblick auf den einzelnen Vorgang aber auch nicht erforderlich,

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

19 von 26 30.12.2015 12:05

Page 20: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

186

187

188

189

190

191

192

wenn durch Umstände, die außerhalb des jeweiligen einzelnen Vorgangs liegen, dieAnnahme begründet ist, dass die Aufsicht insgesamt ausreichend ist (und sich somit auchauf den Einzelfall auswirkt, in dem der Angeschuldigte nicht persönlich validiert hat). Aufdie Ausführungen unter III. wird Bezug genommen.

Hinzu kommt, dass auf Bl. 127 ff für einen Zeitraum von etwa eineinhalb Jahren 59verdächtige Logins aufgelistet werden. Im selben Zeitraum sind aber weit mehr als doppeltso viele Rechnungen gestellt worden (siehe Anklage). Das hieße selbst dann, wenn mandie 59 Logins zu Lasten des Angeschuldigten als nicht durch ihn vorgenommen ansähe, erin mehr als mindestens 60 oder 70 Fällen zur Validierung im Labor war, was dann dennocheine hohe Kontrolldichte (Aufsichtsdichte) belegt.

Der Angeschuldigte hat auch kein Fremdlabor beauftragt. Er ist Mitgesellschafter derApparategemeinschaft. Damit stehen ihm für seine Leistungen Räume, Geräte undMitarbeiter so zur Verfügung als ob er alleiniger Gesellschafter wäre. Für die Erbringungder Laborleistungen ist niemand „dazwischengeschaltet“. Die Gebühren „bezahlen“ ebenauch das Vorhalten von Räumen, Geräten und Personal. Dass sich mehrere Ärzte auswirtschaftlichen Gründen für die Tragung der Vorhaltekosten zusammenschließen, schließtdie GoÄ gerade nicht aus. Auch bei größeren spezialisierten Laboren, die von mehrerenreinen Laborärzten betrieben werden, ist es im Ergebnis nicht anders. Die Zahl derzusammengeschlossenen Ärzte, die bei der Apparategemeinschaft hoch ist, wird durch dieGoÄ nicht begrenzt.

c)In Bezug auf den tatsächlichen Bereich ist auszuführen, dass man bei jeder einzelnenRechnung bzw. bei jedem einzelnen „verdächtigen“ Login feststellen müsste, dass sichnicht der Angeschuldigte, sondern Dr. Krause zur Validierung der Ergebnisse für diePatienten des Angeschuldigten eingeloggt hat. In einem Verfahren gegen Dr. L. müssteman die umgekehrte Feststellung treffen.

Wie diese Feststellung getroffen werden sollte bzw. könnte, erschließt sich der Kammerderzeit nicht, so dass nach derzeitiger Beurteilung zum einen die Möglichkeit, dass derAngeschuldigte und der gesondert verfolgte Dr. L. gemeinsam vor Ort waren, zumindestfür einen Teil der Logins bestehen bliebe und – soweit man dazu käme, dass sich nur einervon ihnen für beide eingeloggt haben sollte - im Übrigen nicht aufzuklären sein dürfte,welcher von beiden dies war. Das sich damit kein Nachweis zu Lasten desAngeschuldigten führen ließe, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Hinzu kommt, dass es in dem Labor drei Validierungsbildschirme gibt. Man müsstegegebenenfalls abgleichen, wieviele Logins in den hier in Rede stehenden Zeitabschnittendurch andere Ärzte stattgefunden haben (die zu klärende Frage wäre dann, ob entwederder Angeschuldigte oder Dr. L. mit ihren Logins hätten warten müssen) und ob sich dereine von beiden stets ausgeloggt hat, bevor sich der andere einloggte. Die Auslogzeitensind der Liste nicht zu entnehmen.

VI.

Die Staatsanwaltschaft hat vorliegend mehrfach geäußert, dass sich der Angeschuldigtebewusst in eine rechtliche Grauzone begeben habe. Mit Ausnahme der dargestelltenFormulierungen in den Ziffern 1. und 3. der Anlage M, die aber auf die Frage derAbrechnungsbefugnis keinen (bzw. – Stichwort „ärztlich“ - zumindest keinen zwingenden)Einfluss haben, bieten weder der Wortlaut der GoÄ noch deren Regelungssystematikinsoweit indes eine Grauzone. Das, was die Staatsanwaltschaft mit Grauzone meint, istletztlich nur durch die verbreiteten (und in der Folge weiterverbreiteten) Ansichten der

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

20 von 26 30.12.2015 12:05

Page 21: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

193

194

195

196

197

198

199

200

201

202

Bundesärztekammer entstanden, die weder im Wortlaut noch in der Regelungssystematikder GoÄ eine Stütze finden und die erkennbar (nur) dem Zweck dienen, eine erneuteDiskussion um „das Labor“ zu verhindern.

Diese Ansichten sind in Folge der Weiterverbreitung offenbar zu einer Art „Selbstläufer“geworden, der vor allem für die Beschäftigung von Juristen gesorgt hat, die unnötiggewesen wäre, wenn man sich hier wie da an dem Verordnungstext und derRegelungssystematik orientiert hätte.

Wenn man etwas anderes will als insoweit in der GoÄ geregelt ist, muss man die GoÄinsoweit ändern (was aber wegen der damit verbundenen neuen Diskussion um „dasLabor“ die Bundesärztekammer gerade nicht möchte).“

III.

Die Kammer hält an ihrer Auffassung fest, dass eine am Wortlaut einer Vorschriftorientierte Auslegung grundsätzlich auch dann nicht falsch, sondern vertretbar ist, wennsie einer (überwiegend vertretenen) anderen Auslegung nicht entspricht.

Gerade dann, wenn sich aus der Auslegung einer Vorschrift, die originär nicht zum Bereichdes Strafrechts gehört, strafrechtliche Konsequenzen ergeben sollen, ist grundsätzlichZurückhaltung bei der Qualifizierung geboten, ob ein an einer bestimmten Auslegungorientiertes Verhalten, das (zumindest) dem Wortlaut der Vorschrift nicht zuwiderläuft,dennoch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen soll oder muss.

Aus den Akten des Ursprungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wuppertal – 85 Js 46/10– ist insoweit eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Saarbrücken. zu erwähnen, die vonden dortigen Verteidigern zur Akte gereicht wurde (dort Bl. 642). Aus dem längerzurückliegenden Verfahren der Staatsanwaltschaft Saarbrücken (33 Js 319/97) ist ein Zitataus der Einstellungsverfügung angebracht worden. Es heißt dort: „Die Ansichten derBeschuldigten werden jedoch so lange im Strafprozess hinzunehmen sein, wie sie sichnachvollziehbar auf Ansichten von Fachleuten oder Gerichten stützen können. Somitdürfen zivilrechtliche Beurteilungskriterien nicht unbesehen ins Strafrecht übertragenwerden. Das hat zur Folge, dass die gebührenrechtliche und die strafrechtliche Bewertungdesselben Verhaltens auseinanderfallen können. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahrenist insbesondere nicht geeignet, medizinische oder gebührenrechtliche Zweifelsfragen zuklären.“

Diese von der Kammer nicht für grundsätzlich falsch erachtete Ansicht spiegelt sich auchin dem Beschluss der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf vom28.04.2015 (1 AR 13/15; Ausdruck auf Bl. 636 ff. der hiesigen Akte) wieder.

Mit jenem Beschluss hat die Strafkammer die Zustimmung zu einer beabsichtigtenEinstellung des Verfahrens (es handelte sich dort um die gleiche Materie wie imvorliegenden Verfahren) gemäß § 153a StPO mit der Begründung abgelehnt, dass keinhinreichender Tatverdacht bestehe.

In dem Beschluss vom 28.08.2015 (1 AR 22/15; Ausdruck auf Bl. 642 ff. der hiesigen Akte)hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf ihre Auffassung wiederholt.

Auf beide Beschlüsse der 1. großen Strafkammer wird in vollem Umfang Bezuggenommen. Dies gilt auch für die dortigen Ausführungen zu einem denkbarenUnterlassungsdelikt, die die Kammer ebenfalls teilt.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

21 von 26 30.12.2015 12:05

Page 22: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

203

204

205

206

207

208

209

210

211

212

213

Das Landgericht Köln hat sich in dem (freisprechenden) Urteil vom 11.02.2015 (118 KLs9/13) unter anderem mit der rechtlichen Problematik im Hinblick auf die Aufsichtspflichtauseinandergesetzt und es – nach einer kurzen Darstellung der dazu vertretenenAuffassungen – für erforderlich erachtet, „dass der abrechnende Arzt während desgesamten Untersuchungsvorgangs entweder im Labor selbst oder in dessen unmittelbarerNähe anwesend“ sei.

Es folgen dann Ausführungen (Seite 35 des zitierten Urteils), die sich in erster Linie zuqualitativ-medizinischen Aspekten verhalten (z.B. unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in denAnalysevorgang durch den Arzt).

Dazu ist auszuführen, dass so etwas bei hochtechnisierten und hochautomatisiertenLaboruntersuchungen praktisch nicht vorkommen kann. Ein Eingriff in denMaschinenablauf birgt – sofern er überhaupt möglich ist – gerade die Gefahr einerErgebnisverfälschung.

Auf Seite 36 des zitierten Urteils hat das Landgerichts Köln. dies dann auch thematisiertund in Bezug auf „Black-Box-Verfahren“ ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob „dieAusübung der Aufsicht technisch und medizinisch erforderlich und sinnvoll“ sei.

Bei dem im vorliegenden Verfahren gegebenen M-III-Untersuchungen handelt es sichindes um solche, die dem „Black-Box-Bereich“ zuzuordnen sind. In der Laborgemeinschaftwird nur ein kleiner Teil der in der GOÄ normierten M-III-Untersuchungen durchgeführt undgerade nicht das ganze Spektrum abgedeckt. Bei anderen Laborleistungen mag dieAnwesenheit des Arztes unter qualitativ-medizinischen Gesichtspunkten geboten sein, beiden hier in Rede stehenden Laborleistungen ist sie es unter qualitativ-medizinischenGesichtspunkten nicht.

Daran zeigt sich allerdings insoweit die Problematik der Neuregelung, die insoweit geradekeine Differenzierung vornimmt.

Das Landgericht Köln hat ausgeführt, dass die Laborleistung durch die Anwesenheit desArztes in den Laborräumlichkeiten oder in deren unmittelbarer räumlicher Nähe ein„persönliches Gepräge“ erhalte (was – so versteht die Kammer jenes Urteil – auch für„Black-Box-Verfahren“ gelte).

Der Kammer fällt es indes schwer, einem „Black-Box-Verfahren“ ohne Weiteres einpersönliches ärztliches Gepräge beizumessen (mit Ausnahme der medizinischenValidierung).

Das „persönliche Gepräge“ besteht bei „Black-Box-Verfahren“ letztlich in reiner(körperlicher) Anwesenheit im Labor bzw. unmittelbarer (körperlicher) Nähe zum Labor(ganz gleich, was der Arzt dabei tut oder zu tun hat und ganz gleich, ob er überhauptetwas tut oder tun muss).

Der Verordnungsgeber mag bzw. wird (angesichts der Intention, dem Arzt, der fürDurchführung der Laborleistungen ein Fremdlabor beauftragt, dafür keinen finanziellenAnreiz zu geben) dabei im Blick gehabt haben, dass ein Arzt für Leistungen, die er alseigene abrechnen möchte, grundsätzlich Zeit aufwenden soll, innerhalb derer er nichtanderweitig tätig werden kann.

Bei „Black-Box-Verfahren“ tendiert aber – wenn geschulte, nichtärztliche Mitarbeiter dieGeräte bedienen – die dafür aufgewendete ärztliche Zeit (mit Ausnahme der

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

22 von 26 30.12.2015 12:05

Page 23: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

214

215

216

217

218

219

220

medizinischen Validierung) gegen Null.

Das ist gerade auch in einem größeren (reinen) Labor so. Wenn ein größeres Labor voneiner höheren Anzahl niedergelassener Mediziner mit der Durchführung von M-III-Leistungen beauftragt wird und neben Untersuchungen, die qualitativ-medizinisch dieAnwesenheit des Arztes erfordern, auch in größerer Zahl „Black-Box-Verfahren“ mit einergrößeren Anzahl der dafür erforderlichen Geräte durchführt, die von geschultemnichtärztlichen Personal bedient werden, fehlt es bei dem einzelnen „Black-Box-Verfahren“nicht nur an einem persönlichen ärztlichen Gepräge, der Laborarzt kann dann auch geradeaußerhalb der „Black-Box-Verfahren“ zeitgleich andere Laboruntersuchungen durchführenund damit „Geld verdienen“. Die „Überwachung“ der im „Black-Box-Bereich“ tätigennichtärztlichen Mitarbeiter durch den Arzt steht dann unter gebührenrechtlichen Aspektenletztlich zunächst auch nur „auf dem Papier“.

Im Vergleich dazu ist der Zeitaufwand für die Vornahme der medizinischen Validierungeiner „Black-Box-Untersuchung“ für einen niedergelassenen Arzt, der zum Validieren seinePraxisräume verlassen muss und dann zu den Räumen der Apparategemeinschaft fährt,sogar höher.

Das Landgericht Köln, dessen Ansicht die Kammer im Ergebnis für ebenfalls vertretbarhält, hat im Übrigen nicht explizit ausgeführt, dass die anderen Auffassungen unvertretbarseien (und sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit dem Wortlaut und derRegelungssystematik der GoÄ auseinandergesetzt, was allerdings angesichts der ausanderen Gründen freisprechenden Entscheidung in dem dortigen Fall auch nicht nötigwar).

Richtig ist, dass die in der Apparategemeinschaft zusammengeschlossenen Ärzte mit denin Rede stehenden „Black-Box-Untersuchungen“ eigene Umsätze und eigene Gewinnegenerieren, während sie (die Möglichkeit berufsrechtlich untersagter verdeckter Kick-Back-Zahlungen durch ein beauftragtes Labor einmal außer Acht gelassen) bei Beauftragungeines Fremdlabors insoweit „neutral“ agieren würden.

Allerdings hat der einzelne Arzt der Apparategemeinschaft – anders als bei Beauftragungeines Fremdlabors – auch eigene Kosten für die Apparate und das nicht-ärztliche Personal(die allerdings auf mehrere Schultern verteilt werden, deren Anzahl umso größer ist, jemehr Ärzte Gesellschafter sind). Daneben hat der einzelne Arzt, wenn er dieLaborräumlichkeiten zum medizinischen Validieren aufsucht, auch (s.o.) einen nichtunerheblichen zeitlichen Aufwand. Der Arzt der Apparategemeinschaft kauft somit nicht„billig“ durch andere Ärzte erbrachte Laborleistungen ein und stellt diese ohne eigenenAufwand gehabt zu haben in Rechnung. Er hat einen erhöhten Aufwand im Vergleich zurBeauftragung eines Fremdlabors.

Die Kammer sieht aus den gesamthaft genannten Gründen keinen Anlass, der wedergegen den Wortlaut noch gegen die Regelungssystematik der GOÄ verstoßendendargelegten möglichen Auslegung des Merkmals „unter seiner Aufsicht nach fachlicherWeisung“ in Bezug auf die hier in Rede stehenden M-III-Leistungen (die nur einen kleinenTeil der normierten M-III-Leistungen betreffen) die Vertretbarkeit abzusprechen.

Wenn der Verordnungsgeber die von den Mitgliedern der ärztlichen Apparategemeinschaftgewählte Struktur hätte unterbinden wollen, hätten die diesbezüglich mal mehr, malweniger intensiv geführten Diskussionen um die Auslegung von § 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ fürden Laborbereich gerade angesichts des rasanten technischen Fortschritts ausreichendAnlass für eine Klarstellung in Abschnitt M sein können. Die Einfügung eines

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

23 von 26 30.12.2015 12:05

Page 24: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

221

222

223

224

225

226

227

228

229

230

(wohlformulierten) Satzes hätte genügt. Geschehen ist das in nunmehr mehr als 19 Jahrennicht. Insbesondere wurde – wie dargelegt - die Regelungssystematik der GoÄ nichtverändert, weshalb§ 4 Abs. 2 Satz 1 GoÄ nicht für den einen Gebührenbereich auf dieeine Weise und für einen anderen Gebührenbereich auf eine andere Weise ausgelegtwerden kann. Je patientenferner, je automatisierter und je weniger fehlergeneigt einegebührenauslösende Aktion ist, desto eher kann diese auf geschultes nichtärztlichesPersonal delegiert werden und desto weniger bedarf es sowohl gebührenrechtlich als auchqualitativ-medizinisch einer permanenten Aufsicht im Sinne eines permanenten räumlichenZurverfügungstehens des Arztes.

Des Weiteren ist auszuführen, dass auch den privaten Versicherern die Diskussion nichtunbekannt geblieben sein dürfte. Erstattet wurden die betroffenen Rechnungspositionengleichwohl.

Die Kammer hielte es für rechtlich in erheblicher Weise bedenklich, außerhalb desStrafrechts liegende Rechtsnormen, über deren Auslegung keine einhellige Meinungbesteht und bezüglich derer sowohl die eine als auch die andere Meinung mit jeweilssachlichen und nicht offenkundig abwegigen Argumenten als nicht unvertretbar zuqualifizieren ist, über die „Hintertür“ des Strafrechts einer abschließenden Auslegungzuzuführen.

Die Kammer sieht sich dabei in Übereinstimmung mit der Staatsanwaltschaft Saarbrückenund der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf (s.o.).

Im Hinblick auf § 263 StGB fehlt es insoweit aus den dargelegten Gründen auchgrundsätzlich an einer Täuschung über Tatsachen (es sei denn, die Täuschung liegt ineinem anderen Bereich) durch die – wie hier – anwaltlich (rechtlich) zur Auslegungberatenen Ärzte.

Eine vertretbare Rechtsansicht ist keine Tatsache i.S.d. Betrugstatbestandes, sonderneine Rechtsansicht. Bei Kenntnis, dass man nicht abrechnen darf, weil man weiß, dassman die Abrechnungsvoraussetzungen mit (tatsächlicher und rechtlicher) Sicherheit nichterfüllt hat (BGH-Fall, s.o.), vertritt man keine Rechtsansicht, sondern täuscht mit derRechnungsstellung über die Tatsache, dass man keine Abrechnungsbefugnis hat.

Ist man der (vertretbaren) Ansicht abrechnen zu dürfen, täuscht man auch nicht über dieseAnsicht, sondern tut mit der Rechnungsstellung gerade diese Ansicht kund.

Des Eingehens auf weitere rechtliche Gesichtspunkte im Zusammenhang mit demTatbestand des § 263 StGB (z.B. zur inneren Tatseite einschließlich der Prüfung einesVerbotsirrtums) bedarf es aus den dargelegten Gründen nicht.

IV. Besonderheiten des hiesigen Verfahrens

1.Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass aufgrund von Login-Auffälligkeiten derVerdacht bestehe, dass entweder der Angeschuldigte in den Laborräumlichkeiten war, umdie Validierung der Laborergebnisse für seine Patienten und die Patienten des gesondertverfolgten Dr. L. vorzunehmen, oder aber der gesondert verfolgte Dr. L., der dies dann fürseine Patienten und die Patienten des Angeschuldigten getan habe.

Der Angeschuldigte hat diesbezüglich über seine Verteidiger vortragen lassen, dass er mitDr. L. eine Praxisgemeinschaft unterhalte und mit diesem des Öfteren gemeinsam zu denLaborräumlichkeiten gefahren sei, was die zeitnahen Logins erkläre.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

24 von 26 30.12.2015 12:05

Page 25: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

231

232

233

234

235

236

237

238

239

240

241

Aus dem Ausgangsverfahren ist der Kammer bekannt, dass dort eine Ärztin die Räumeder Apparategemeinschaft aufgesucht hat, um Validierungen für mehrere andere Ärztevorzunehmen.

Die Kammer muss an dieser Stelle nicht entscheiden, ob für die dort betroffenen Ärztedeshalb davon auszugehen ist, dass diese (oder einzelne von ihnen) ihre Aufsichtspflichtgezielt in einer Weise vernachlässigt haben, aus der sich dann im Weiteren wegenNichterfüllung dieses Gebühren-Merkmals auch die Erfüllung des Betrugstatbestandesergeben könnte.

Für den hier gegebenen Fall verbleibt es bei den diesbezüglichen Ausführungen in demVermerk vom 30.03.2015.

Die weiteren Ermittlungen haben keine Erkenntnisse erbracht, die im tatsächlichen Bereichden Verdacht der Staatsanwaltschaft für den jeweils konkreten einzelnen Fall alsbeweisbar erscheinen lassen. Im Übrigen hat die Zeugin C. bekundet, dass derAngeschuldigte und Dr. L. „immer“ oder „fast immer“ gemeinsam mit dem Auto zu denRäumen der Apparategemeinschaft gefahren seien. Die Zeugin N. hat dies sinngemäßweitgehend bestätigt.

Ein hinreichender Tatverdacht ist somit unter diesem Aspekt auch weiterhin nichtbegründet. Es ist nicht ersichtlich, durch welche Umstände der Vortrag desAngeschuldigten zu widerlegen sein könnte.

2.Mit der Stellungnahme vom 06.05.2015 (Bl. 464 d.A. ff.) hat die Staatsanwaltschaft diegegen den Angeschuldigten erhobenen Betrugsvorwürfe auch darauf gestützt, dass erkein Facharzt sei und deshalb im Laborbereich keine fachlichen Weisungen erteilen könnebzw. dürfe.

Die Verteidigung hat dazu mit Schriftsatz vom 22.06.2015 (Bl. 520 d.A. ff.) sehr ausführlichargumentativ Stellung genommen.

Die Kammer kommt in der rechtlichen Bewertung zu denselben Ergebnissen wie dieVerteidigung. Aus den von der Verteidigung dargelegten Gründen würde es zumindest ander Feststellbarkeit eines Betrugsvorsatzes fehlen (wenn nicht die Prüfung bereits vorheraus den von der Verteidigung dargelegten Gründen zu beenden wäre).

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher an dieser Stelle auf den Inhalt desSchriftsatzes vom 22.06.2015 Bezug genommen (nicht notwendig allerdings auf jedwededort getroffene Wort- bzw. Formulierungswahl).

Ergänzend ist anzuführen, dass kein Fall bekannt ist, in welchem ein Versicherer demPatienten die Erstattung der in Rechnung gestellten M-III-Leistungen verweigert hat undsomit denknotwenig auch kein Fall, in dem ein Versicherer auf eine fehlende ärztlicheQualifikation des Angeschuldigten verwiesen hätte; dies bei einer vieljährigen Tätigkeit desAngeschuldigten, der bereits ausweislich des von ihm verwendeten Briefkopfs keinFacharzt ist.

Die Bundesärztekammer hat zudem im Jahr 2000 in Bezug auf die Befugnis zur Erteilungfachlicher Weisungen im Laborbereich im Sinne einer Besitzstandswahrung für zuvor imLaborbereich tätige Ärzte die Approbation ausreichen lassen (siehe Bl. 48 d.A.). Sie hat indiesem Zusammenhang zwar erneut ihrer Auffassung Ausdruck verliehen, dass „dieMitgliedschaft in einer Laborgemeinschaft“ nicht ausreiche. Über jenen Punkt bestanden

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

25 von 26 30.12.2015 12:05

Page 26: Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 - aerzte-owl.de¼sseldorf.pdf · 9 10 11 Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 09.10.2015 Landgericht Düsseldorf 20. Strafkammer Beschluss 20

242

243

244

und bestehen aber gerade die dargestellten unterschiedlichen Auffassungen. Es ist für dieKammer auch nicht unmittelbar ersichtlich, inwieweit die Besitzstandswahrung in einemnotwendigen oder gar zwingenden Zusammenhang mit dem Merkmal der Eignung zurErteilung fachlicher Weisungen stehen soll. Auf der Hand liegt aus bereitsangesprochenen Gründen lediglich der Wille, insoweit eine Verknüpfung herzustellen.Nähme man den Meinungsstreit aus, bliebe die Besitzstandswahrung, was wiederumzumindest im vorliegenden Fall ein weiteres Argument dafür sein kann, dass es unter demAspekt der nicht gegebenen Facharztausbildung an einem Betrugsvorsatz zum Zeitpunktder Rechnungsstellungen fehlte.

V.

Aus den dargelegten Gründen fehlt es an einem hinreichenden Tatverdacht.

Die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen folgt aus § 467 Abs.1StPO.

Landgericht Düsseldorf, 20 KLs 32/14 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/duesseldorf/lg_duesseldorf/j2015/2...

26 von 26 30.12.2015 12:05