Landtag von Baden-Württemberg...europäisches Pathos. Eine Regierungserklärung zu diesem Thema ist...

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I Landtag von Baden-Württemberg Plenarprotokoll 15 / 13 28. 09. 2011 Stuttgart, Mittwoch, 28. September 2011 • Haus des Landtags Beginn: 13:59 Uhr Schluss: 19:33 Uhr 13. Sitzung 15. Wahlperiode INHALT Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Eröffnung .................................... 481 Mitteilungen des Präsidenten ..................... 486 Glückwünsche zum Geburtstag der Abg. Johannes Stober und Guido Wolf .......................... 486 Umbesetzungen in verschiedenen Ausschüssen ....... 486 1. Regierungserklärung – Euro dauerhaft stabili- sieren – Mitwirkung der Länder wahrnehmen und Aussprache ............................ 481 Minister Peter Friedrich ...................... 481 Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU .............. 486 Abg. Josef Frey GRÜNE ..................... 490 Abg. Peter Hofelich SPD ..................... 492 Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP .......... 495 2. Aktuelle Debatte – Grün-rote Schulmodelle schaffen Schüler zweiter Klasse – beantragt von der Fraktion der CDU........................ 498 Abg. Georg Wacker CDU ................ 498, 509 Abg. Sandra Boser GRÜNE............... 499, 510 Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD ............ 502, 511 Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP ............ 503, 512 Ministerin Gabriele Warminski-Leitheußer ....... 505 3. Aktuelle Debatte – Gute Arbeit in Baden-Würt- temberg durch Tariftreue, Mindestlöhne und Ausbildung für jeden Schulabgänger – bean- tragt von der Fraktion der SPD ................ 512 Abg. Rainer Hinderer SPD................ 513, 520 Abg. Karl Klein CDU ................... 514, 520 Abg. Alexander Schoch GRÜNE ............... 516 Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP.......... 517 Ministerin Katrin Altpeter .................... 518 4. a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Lan- desregierung – Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertragli- chen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 (S-21-Kündigungsgesetz) Drucksache 15/496 Beschlussempfehlung und Bericht des Ständi- gen Ausschusses – Drucksache 15/528 b) Antrag der Fraktion der CDU und Stellung- nahme des Staatsministeriums – Volksabstim- mung Stuttgart 21 – Bevölkerung ehrlich und objektiv informieren – Drucksache 15/508 ................................. 520 Abg. Peter Hauk CDU ....................... 520 Abg. Daniel Renkonen GRÜNE ............... 524 Abg. Claus Schmiedel SPD ................... 528 Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP ............. 531 Minister Winfried Hermann ................... 533 Minister Rainer Stickelberger ................. 536 Beschluss ................................. 537 Abg. Volker Schebesta CDU (zur Abstimmung) . . . 537 Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP (zur Ab- stimmung) ................................ 538 Abg. Christoph Bayer SPD (zur Abstimmung) .... 539 Abg. Claus Schmiedel SPD (zur Abstimmung) .... 539 Abg. Edith Sitzmann GRÜNE (zur Abstimmung) . . 540 5. Wahl der Mitglieder des Medienrats der Lan- desanstalt für Kommunikation ............... 540 6. Wahl von beratenden Mitgliedern und deren Verhinderungsstellvertretern im Stiftungsrat des Zentrums für Kunst und Medientechnolo- gie Karlsruhe (ZKM) ....................... 540 Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich- net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.

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LandtagvonBaden-Württemberg

Plenarprotokoll15/13 28.09.2011

Stuttgart,Mittwoch,28.September2011•HausdesLandtags

Beginn:13:59Uhr Schluss:19:33Uhr

13.Sitzung 15.Wahlperiode

I N HA L T

Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

Eröffnung .................................... 481

MitteilungendesPräsidenten..................... 486

Glückwünsche zum Geburtstag derAbg. JohannesStoberundGuidoWolf.......................... 486

UmbesetzungeninverschiedenenAusschüssen....... 486

1.Regierungserklärung –Eurodauerhaft stabili-sieren–MitwirkungderLänderwahrnehmenundAussprache ............................ 481

MinisterPeterFriedrich...................... 481Abg.Dr.WolfgangReinhartCDU.............. 486Abg.JosefFreyGRÜNE..................... 490Abg.PeterHofelichSPD..................... 492Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP.......... 495

2.Aktuelle Debatte – Grün-rote SchulmodelleschaffenSchülerzweiterKlasse–beantragtvonderFraktionderCDU........................ 498

Abg.GeorgWackerCDU ................ 498,509Abg.SandraBoserGRÜNE............... 499,510Abg.Dr.StefanFulst-BleiSPD............502,511Abg.Dr.TimmKernFDP/DVP............ 503,512MinisterinGabrieleWarminski-Leitheußer....... 505

3.AktuelleDebatte–GuteArbeitinBaden-Würt-tembergdurchTariftreue,MindestlöhneundAusbildung für jedenSchulabgänger – bean-tragtvonderFraktionderSPD ................ 512

Abg.RainerHindererSPD................ 513,520Abg.KarlKleinCDU ................... 514,520Abg.AlexanderSchochGRÜNE............... 516Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP.......... 517MinisterinKatrinAltpeter.................... 518

4.a)ZweiteBeratungdesGesetzentwurfsderLan-desregierung –Gesetz über dieAusübungvonKündigungsrechtenbei den vertragli-chenVereinbarungen fürdasBahnprojektStuttgart 21 (S-21-Kündigungsgesetz) –Drucksache15/496

BeschlussempfehlungundBerichtdesStändi-genAusschusses–Drucksache15/528

b)Antrag der Fraktion der CDU und Stellung-nahmedesStaatsministeriums–Volksabstim-mung Stuttgart 21 – Bevölkerung ehrlichund objektiv informieren – Drucksache15/508 ................................. 520

Abg.PeterHaukCDU....................... 520Abg.DanielRenkonenGRÜNE ............... 524Abg.ClausSchmiedelSPD................... 528Abg.JochenHaußmannFDP/DVP............. 531MinisterWinfriedHermann................... 533MinisterRainerStickelberger ................. 536

Beschluss................................. 537

Abg.VolkerSchebestaCDU(zurAbstimmung)... 537Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP (zurAb-stimmung) ................................ 538Abg.ChristophBayerSPD(zurAbstimmung).... 539Abg.ClausSchmiedelSPD(zurAbstimmung).... 539Abg.EdithSitzmannGRÜNE(zurAbstimmung).. 540

5.WahlderMitgliederdesMedienratsderLan-desanstaltfürKommunikation............... 540

6.Wahl vonberatendenMitgliedernundderenVerhinderungsstellvertretern imStiftungsratdesZentrumsfürKunstundMedientechnolo-gieKarlsruhe(ZKM)....................... 540

Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich- net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

7.Nachwahl eines Mitglieds des AufsichtsratsderBaden-WürttembergStiftunggGmbH..... 540Abg.WinfriedMackCDU(zurAbstimmung)..... 541

NächsteSitzung ............................... 541

Anlage1VorschlagderFraktionderCDU–Umbesetzung imAusschussfürVerkehrundInfrastruktur

VorschlagderFraktionderSPD–UmbesetzungenimEuropaausschuss............................... 542

Anlage2Wahlvorschlag der Fraktion derCDU, der FraktionGRÜNEundderFraktionderSPD–WahlderMit-

gliederdesMedienratsderLandesanstaltfürKommu-nikation...................................... 543

Anlage3Wahlvorschlag der Fraktion derCDU, der FraktionGRÜNEundderFraktionderSPD–Wahlvonbera-tendenMitgliedernundderenVerhinderungsstellver-tretern imStiftungsrat desZentrums fürKunst undMedientechnologieKarlsruhe(ZKM) .............. 544

Anlage4WahlvorschlagderFraktionGRÜNE–Nachwahlei-nesMitglieds desAufsichtsrats derBaden-Württem-bergStiftunggGmbH........................... 545

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

Protokoll

über die 13. Sitzung vom 28. September 2011

Beginn: 13:59 Uhr

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler: LiebeKolleginnenundKollegen,bittenehmenSiePlatz.Icheröffnedie13.Sitzungdes15.LandtagsvonBaden-WürttembergundrufeTages-ordnungspunkt 1auf:

Regierungserklärung – Euro dauerhaft stabilisieren – Mit-wirkung der Länder wahrnehmen

und Aussprache

IcherteileHerrnMinisterfürBundesrat,Europaundinterna-tionaleAngelegenheitenPeterFriedrichdasWort.

Minister für Bundesrat, Europa und internationale Ange-legenheiten Peter Friedrich:HerrPräsident,meineDamenundHerrenAbgeordnete!EsisteinNovum,dasseineRegie-rungserklärungalleinzueinemeuropäischenThemaerfolgt.SiemögendarinvielleichtdenStellenwerterkennen,dendieLandesregierungdemThemaEuropainsgesamtbeimisst.

(Abg.HelmutWalterRüeckCDU:DassiehtmananderBeteiligungderLandesregierung!)

IchmöchtedenLandtagheuteimVorfelddermorgigenBe-fassungdesDeutschenBundestags undderBefassungdesBundesratsamFreitag,dem30.September,überdieHaltungderLandesregierungzudenanstehendengesetzlichenMaß-nahmenzurBekämpfungderStaatsschuldenkriseinderEu-ropäischenUnionunterrichten.EntscheidendistfürdieRe-gierung,einenöffentlichenundeinenpolitischenDialogimLandüberdiesesbeidenBürgerinnenundBürgernsehrkon-troverseThemazuerreichen.DabeigehtesheutewenigerumeuropäischesPathos.EineRegierungserklärung zu diesemThemaisteherharteundtrockeneKost.Aberichdenke,da-fürsindSiegerüstet.Eswärefalsch,andenDetails,dieindie-semFallentscheidendseinkönnen,vorbeizugehen.

Miristwichtig,dasswirheutenichtnurüberdenEuroundtechnischeRettungsmaßnahmensprechen,sonderndasThe-maindengesamteuropäischenKontexteinordnen,indenesgehört.EsgehtlängstnichtmehrnurumdenEuro,sondernumdenErhaltunddenZusammenhaltderEuropäischenUni-on.

DerStellenwertdieserFragefordertdahervonuns,unsunse-rer europapolitischen Tugenden bewusst zu werden. DerLandtaghatmitdemGesetzüberdieBeteiligungdesLand-tagsinAngelegenheitenderEuropäischenUnionvomMärz2011deutlichgemacht,dasserandereuropapolitischenDis-kussionstärkermitwirkenwill.Ichhabedeshalbbereitsam16.September2011denEuropaausschussbeieineminformel-

lenGesprächmündlichumfassend informiert. JetztgehtesderRegierungdarum,unsnichtaufUnterrichtungspflichtenzurückzuziehen,sonderneinepolitischeDiskussionübersol-chegrundsätzlichenThemenfelderauchhierimLandtagvonBaden-Württemberganzustoßen.

Der Euro ist das sichtbarste und greifbarste Zeichen für unser gemeinsames Schicksal und zugleich unser stärks-tes Instrument.

MitdiesenWortenhatesderPräsidentdesEuropäischenRa-tes,HermanVanRompuy,aufdenPunktgebracht.

Ichhabebereitsgesagt,dassdasSchicksaldesEuronichtvomSchicksalderEUalsGanzeszutrennenist.Andersgesagt:EsgehtumdieFrage,obdasvereinteEuropa,dasseit1958ei-nenRaumvonDemokratie,Rechtsstaatlichkeit,Wohlstand,SicherheitundFriedengeschaffenhat,sofortbesteht.Dasal-lesstehtaufdemSpiel,wennwirüberdieZukunftdesEuroreden.DieEinigungEuropaswollen,dürfenundkönnenwirnichternsthaftinfragestellen.VorallemdürfenwirdasPar-kettjetztnichtdenEuroskeptikernüberlassen,alldenen,dienurzugerneinenAnlasssuchen,EuropaschlechtzuredenunddieSolidaritätunterdenMitgliedsstaatenzuvergiften.

DaseuropäischeProjektstehtangesichtsumgreifenderEU-feindlicherTendenzenaneinemScheidepunkt.IcherinnereindiesemZusammenhangnurandiemahnendenWortedespolnischenPräsidentenTuskvordemEuropäischenParlamentzuBeginnderpolnischenEU-Ratspräsidentschaft.Tatsäch-lichbesteht aktuell ein enormesGefahrenpotenzial ausderVerbindungvon Islamophobie,NationalismusundEuropa-feindlichkeit,dassichauchimErfolgvonParteienwieden„WahrenFinnen“,den„Schwedendemokraten“,derösterrei-chischenFPÖoderWildersʼPVVindenNiederlandenprägt.DieanhaltendeKrisebeiderRettungvon„Euroschuldenstaa-ten“drohtdenKonsensfürdasGemeinschaftsprojektEuro-paaufzubrechen.DieGrundfreiheiten imBinnenmarktwieetwadieReisefreiheitwerdenderzeitineinzelnenMitglieds-staateninfragegestellt.

DieseTendenzentreffenaufeineweitverbreiteteEuropamü-digkeit,weilvieles,wasunserstdaseuropäischeProjekter-möglichthat,inzwischenGottseiDankselbstverständlichge-worden ist.Aberwas unswieSelbstverständlichkeiten er-scheint,mussimmerwiederneuerarbeitetwerden.

Wirmüssenunszurückbesinnen.EuropahatimmerdiePoli-tikderkleinenSchrittegemacht.Dasziehtsichdurchdiege-samteEntwicklungderEuropäischenUnion.AberjedeKrisehatEuropawiedereinStücknachvorngebracht.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Peter Friedrich)

Soistesauchjetzt.Ichbinfestdavonüberzeugt,dassEuro-padieseKriseüberstehenwird.Aberwirwerdensienurüber-stehen,wennwirbereitsind,mehrEuropazuwagen.DannwirddieEUgestärktausdieserKrisehervorgehen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Abereinesistauchklar:Daswirdunsnurgelingen,wennwirgemeinsamandieKraftdereuropäischenIdeeglauben.

DieseBotschaftmüssenwirandieBürgerinnenundBürgerherantragen.OhnedieEinbindungindieEuropäischeUnionhättenBaden-WürttembergundDeutschlandihrenWohlstandnichterarbeitenkönnen.WirmüssenauchdasBewusstseindafürschärfen,dasswirohneEUundEurounserenWohlstandnichterhaltenkönnen.DassunsdiesmitderAusreichungvonGarantienauchverpflichtet,Risikeneinzugehen,müssenwirdenBürgerinnenundBürgernoffenundehrlichsagen.

Wennichabersehe,wieknappdieBundesregierungselbstdieGesetzgebungsorgane,denDeutschenBundestagundvoral-lemdenBundesrat,hält,wasInformationenundErklärungenangeht,kannichnursagen:DiesistnichtderWeg,umAk-zeptanzzuerlangen.BisheutehatdieBundesregierungdemBundesratnichteinmaldieDokumentezumjetztzuverab-schiedendenEFSFzugeleitet,obwohlwiramFreitagimBun-desratdarüberentscheidensollen.

Wasnochschwererwiegt:DieBundesregierunghatesauchversäumt,derÖffentlichkeitdieMaßnahmenzuerklären.Die-sekompliziertenMaßnahmensindnichtselbsterklärend,undjenseitsderreinenInformationwurdeauchniemalserklärt,warumdiesfürDeutschlandgutundrichtigist.

Ichsageganzklar:Wir–Deutschland–sindZahlmeisterderEU;dasstimmt.WirsindaberauchdergrößteProfiteurderEU.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

EsistdaherinunseremureigenstenInteresse,dassNotlei-dendeStaatennichtfallengelassenwerden.

Aber selbst diese einfachenBotschaften kommen bei denMenschennichtan.StattdessenherrschtKonfusionüberdenKursderKoalitionimBundunddieHaltungDeutschlandszurEurorettung.

Daistesnichtverwunderlich,wenneineVielzahlderBürge-rinnenundBürgerndenRettungsschirmablehnen.Nachak-tuellenUmfragensindungefährdreiViertelderBürgerinnenundBürgergegendieAusweitungdesEuro-Rettungsschirms;nur19%unterstützensie.DieseAblehnungziehtsichquerdurchallepolitischenLager.Dasmussunsalarmieren.

WirmüssendenMenschendahereinumsandereMalklarsa-gen:Ja,wirgehenRisikenein;eskannvielGeldkosten,aberdiese Investition lohnt sich, um die EU und damit auchDeutschlandausderKrise,inderwirmitdrinstecken,heraus-zubekommen.DasGeldistgutangelegt.

ImÜbrigenwaresschonimmereineKonstantedeutscherEu-ropapolitik,aufdiegroßenVorteile,diedieEUDeutschlandbringt,mitentsprechendenVerpflichtungendergrößtenVolks-wirtschaftzuantworten.Damitsindwirgutgefahren.

MeineDamenundHerren,diegemeinsameWährunghatseitihrerEinführungzueinemregelrechtenExportboominner-

halbderEurozonegeführt.Geradediebaden-württembergi-scheWirtschaftmitihrermittelständischgeprägtenUnterneh-mensstrukturlebtvomungehindertengrenzüberschreitendenAustauschvonGütern,DienstleistungenundIdeen.Soexpor-tiertendieUnternehmeninunseremLandalleinimJahr2010WarenimWertvongut103Milliarden€nachEuropa.DassindzweiDritteldesgesamtenbaden-württembergischenAu-ßenhandels.60Milliarden€entfielenaufExporteindieEu-rozone.Dasheißt,40%allerbaden-württembergischenEx-portefindeninnerhalbderEurozonestatt.

Waswäreausderbaden-württembergischenWirtschaftinderjüngstenFinanz-undStaatsschuldenkriseohnedenEuroge-worden?Waswürdeaktuellpassieren,wennwirdieD-Marknoch hätten?Da lohnt sich einBlick in die angrenzendeSchweiz,umzuerkennen:OhnedenEurohätteeseinedeut-licheAufwertungdernationalenWährungmitnegativenEf-fektenfürunsereExportwirtschaftgegeben.

GanzandersistdieaktuelleSituationjetzt,dawirdenEurohaben.DerEuroistfürDeutschlandsogaretwasunterbewer-tet,wasdazubeiträgt,dassdiedeutscheWirtschaftbesseralsvieleandereVolkswirtschaftenausderKrisegekommenist.

Ich darf daran erinnern, dass dieWirtschaft zuZeiten derD-MarkbisweilenunterAufwertungsdruck stand.Schwan-kungenundSpannungenimeuropäischenWährungsgefügewarenanderTagesordnung,undExporteureundImporteuremusstensichgegenWechselkursrisikenabsichern.Planungs-sicherheitwarnichtgegeben.IchnennenurdieAnfangderNeunzigerjahre daraus resultierendeKrise der baden-würt-tembergischenAutomobil-undMaschinenbauer.Diedamali-geWährungskrisehatunsereExportesoverteuertunddamitauchdieProduktionsstandorteeinemverstärkenKosten-undWettbewerbsdruck ausgesetzt, dass StandortverlagerungennachOsteuropadieFolgewaren.SeitderEinführungderge-meinsamenWährunghabendeutscheUnternehmenvieleMil-liarden Euro gespart, weilAbsicherungsgeschäfte gegenFremdwährungsrisikenundWährungsschwankungenwegge-fallen sind.Darüberhinaus entfielenTransaktionskosten inzweistelligerMilliardenhöhe.

DerEuronutztabernichtnurunseremExport.DieBundes-republikalssichererAnlagehafenkannsichderzeitandenKa-pitalmärktengünstiger refinanzieren als je zuvor, zumTeilzumNulltarif.EinBeispiel:Am15.SeptemberverkauftederBundbeiriesigerNachfrageStaatsanleihenvonüber5Milli-arden€undmusstedafürgeradeeinmal0,51%Zinsenbie-ten.InternationaleAnlegernehmenzurzeitsogarNegativren-diteninKauf,nurdamitihrGeldsicherinvestiertist.DankderniedrigenZinszahlungensinktauchdaseigeneHaushalts-defizit.DasmussauchindieserDebattegesagtwerden.

NacheinerStudiederstaatlichenKreditanstaltfürWiederauf-bauvomJuli2011hatdieMitgliedschaftDeutschlandsinderWährungsunionaufgrunddergenanntenVorteilealleinindenletztenbeiden Jahrender deutschenVolkswirtschaft 50bis60Milliarden€anWohlstandsgewinnengarantiert.Dasent-sprichteinemWachstumsimpulsvon2bis2,5Prozentpunk-ten.DassindevidenteVorteile,diewirinDeutschlanddurchdenEurohaben,unddeswegenistesunserureigenstesInter-esse,denEurozusichern.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Peter Friedrich)

DeswegensindauchalleÜberlegungen,dieaufeinenAustrittodereineAusgrenzungGriechenlandsausderEurozoneab-stellen,verfehlt.ZunächstgiltdieVertragslage,dieohnehinnureinenfreiwilligenAustrittausderEUalsGanzemermög-licht,nichtaberausdemEuroraum.AberauchökonomischwäreeinAustrittodereineAusgrenzungGriechenlandsins-gesamt eine teureAngelegenheit für dieEurozone.LeiderwurdeausderdiesbezüglichenStellungnahmevonEU-Kom-missarOettingernurderVorschlagderBeflaggungzitiert.DerrichtigeTeilseinerÄußerungwar,dasseinAustrittGriechen-landsEuropaspaltenwürdeundderEindruckentstünde,dassdieEUnichteinmalinderLageist,einvergleichsweiseklei-nesLandzustabilisieren.Ichergänze:EsgehtumeinLand,dasgeradeeinmal2%derWirtschaftskraftderEUausmacht.

MeineDamenundHerren,worumgehtesnunamFreitagimBundesratkonkret?EsgehtumdiesogenannteEuropäischeFinanzstabilisierungsfazilität–kurzEFSF.SieistalsprivateZweckgesellschaftorganisiert.SiekanngegenstrengeAufla-genKrediteanEurostaatenvergeben,wenndieNotlageeinesEurostaatsdenganzenEuroraumgefährdet.DieLänderderEurogruppegarantierenfürdieMittelderEFSFinHöhevon120%ihrerKapitalanteilebeiderEZB.DamithatdieEFSFeinFinanzvolumenvon440Milliarden€.Deutschlandgaran-tiertdavongemäßdemKapitalschlüssel211Milliarden€.

ImGegensatzzumbisherigenRettungsschirmsolldieEFSFüber zusätzliche Instrumente verfügen.NebenderVergabevonDarlehenanMitgliedsstaatenzurRekapitalisierungvonBankenkanndieEFSFnunmehrauchStaatsanleihenandenPrimär- undSekundärmärkten aufkaufen und vorsorglicheKreditlinienzurVerfügungstellen.SieistbefristetbisMitte2013undsolldanndurchdenEuropäischenStabilitätsmecha-nismusalsdauerhafteEinrichtungabgelöstwerden.DazuwirdvoraussichtlichAnfang2012dieentsprechendeGesetzgebunginDeutschlanderfolgen.

DiejetztzubeschließendeErtüchtigungderEFSFistnotwen-digundrichtig.Esgehtauchnichtdarum,dasssichdieLän-derhiereineBlockadepositionerarbeitenwollen.Ohnedie-senerweitertenRettungsschirmdrohenunkalkulierbareFol-genfürdieEuropäischeUnionunddiegemeinsameWährung.DasistübrigensnichtnurunsereEinschätzung.DieVerbän-dederWirtschaft,dieGewerkschaften,diemeistenParteienunddieWissenschaftteilendieseEinschätzung.DasInstru-mentermöglichtes,kurzfristigSicherheitenundDarlehenzurVerfügungzustellen,umNotleidendeStaatenzuunterstüt-zenundihnenZeitzugeben,Anpassungsmaßnahmenvorzu-nehmen.Dabeiistesrichtig,dassdieEFSFdarüberhinausverstärktvorsorglicheKreditlinieneinräumenkann,damitesnichtdazukommt,dasswirerstdanngerufenwerden,wenndasKindschonindenBrunnengefallenist.

AuchandereMaßnahmenwieAnkäufevonStaatsanleihenandenPrimär-undSekundärmärktensindbeiderEFSFdeutlichbesseraufgehobenalsbeiderEZB,diediesebereitsinerheb-lichemUmfangdurchgeführthatundjetztselbstzumAkteurimMarktgewordenist,anstattSchiedsrichterzusein.

DieEntscheidungüberdieEinrichtungunddieparlamentari-scheAusgestaltungdiesesInstrumentsstehtnunan.DerBun-destagwirdmorgenentscheiden,derBundesratamFreitag.AllenBeteiligtenistklar:DieEFSFisteinNotfallinstrument.Diesesmussschnellundgegebenenfallsauchvertraulichein-

gesetztwerdenkönnen.AnkündigungenmöglicherMaßnah-mensollennichtinSpekulationenmünden.

Aber,meineDamenundHerren,auchinKrisenzeitenistaufeinenordentlichenAblaufderVerfahrenzwischendenVer-fassungsorganenzuachten–ichmöchtefastsagen:geradeinKrisenzeiten.Deshalb:Auch die edelste und beste Sacherechtfertigtesnicht,dassdieBundesländeraufihreeuropa-politischeVerantwortungundaufihreRechteverzichten.EsgehtnichtalleinumdieLegalitätvonMaßnahmen,esgehtauchumderenLegitimation.DieimmerstärkereVerlagerungvonEntscheidungsgewaltundEntscheidungsmachtandieEx-ekutiveüberVertragskonstruktionen,wiesiehiervorgenom-menwurdenundwiewirsiebeidiesemGesetzesvorhabener-leben,halteichzunehmendfürproblematisch.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Ichhabeesvorhinschongesagt:DerBundesratwurdezukei-nemZeitpunktüberdenEntwurfdesEFSF-Vertragsunter-richtet.EsgabzukeinemZeitpunktauchnurdenVersuch,denBundesratüberdiehochkomplexeundhochtechnischeArbeitderEFSFzuunterrichten.Gleichzeitigsolleruntermaxima-lerFristverkürzungaufeinenTagamFreitagdasGesetzmitbeschließen.

WenndiesesInstrumentersteinmalinKraftist,sollesgera-desoweitergehen.DieBundesregierungsiehtkeineNotwen-digkeit,denBundesratbzw.dieBundesländerüberdieMaß-nahmenderEFSFzuunterrichten.

IchhabedeshalbalsVorsitzenderdesBundesratsausschussesfürEU-AngelegenheitensowohlgegenüberderBundesregie-rungalsauchgegenüberdemHaushalts-unddemEuropaaus-schussfrühzeitigaufdieRechtedesBundesratsgedrängtunddiesamletztenFreitagimBundesratauchnocheinmaldeut-lichgemacht.

IchwillandieserStelleauchsagen:Wiesollenwir,dieRe-gierung,denLandtagzutreffendüberEuropaangelegenheitenunterrichten,wenndieBundesregierungesnichtfürnötighält,dieLänderdementsprechendzuinformieren?Dokumente,diewirnichthaben,könnenwirauchnichtweiterleiten.

NachunsererLesart–dieswurdeinderAnhörungimBun-destageindrucksvollbestätigt–handeltessichbeiderEFSFnichtumeinereinintergouvernementaleVerabredung,son-dernumeinEU-VorhabengemäßArtikel23desGrundgeset-zes.DasbedeutetnachdemGesetzeswortlaut,dassderBun-desratüberalleMaßnahmenrechtzeitigundumfassendzuun-terrichtenist.WasnütztunseinArtikel23,derdenLändernRechtezubilligt,wenndieLänderinsobedeutsamenAnge-legenheitenüberhauptnichtzumZugekommen?

LeiderhabensowohldieBundesregierungalsauchdasBun-desfinanzministeriumbestritten,dasshierArtikel23geltensoll.SchließlichseidieEFSFnureineprivateZweckgesell-schaft.Dabeiistdocheinesklar:DerEintrittdesHaftungs-falls,denwirallenichterhoffen,nämlichdieAusreichungvonGarantien über 211Milliarden€,würde selbstverständlichauchdieLändermitbetreffen.Niemandkanndochdavonaus-gehen,dassbeieiner solchenHaushaltsnotlage,die sich indiesemFallfürdenBundergebenwürdeunddiewirallenichtwünschen,dieLänderungeschorendavonkämen.Wernicht

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Peter Friedrich)

glaubhaftdenErnstfallbedenkt,derwirddenMärktennie-malsdeutlichmachenkönnen,dasserauchbereitist,dievol-leHaftungzuübernehmen,dieerdortzusichert.

WirhabenunsereForderungeninmehrerenVerhandlungsrun-dendeutlichgemachtundauchimBundesratinderletztenWochenocheinmalmitallen16LänderneineentsprechendeEntschließunggefasst.BeimKampffürdieLänderrechtehatsichdieZusammenarbeit vonBaden-Württemberg,BayernundBerlinbewährt.DamitwarenauchfastalleParteienein-gebunden,Baden-WürttembergalsVorsitzenderdesEU-Aus-schussesimBundesrat,BerlinalsVorsitzenderderEuropami-nisterkonferenzundBayernalsSprecherderB-Länder.

WirkennenderzeitnurdiehierzugefassteBeschlussempfeh-lungdesHaushaltsausschussesdesBundestags,derdemBun-desratjetztimmerhinUnterrichtungsrechteindieserFragege-währt.DasistschoneinErfolgfürdieLänder,aberwirkön-nendamitnichtzufriedensein.SolltendiejetztvorgesehenenUnterrichtungsrechteabgestuftkommen,wirddiesnichtaufunsereZustimmungtreffen.AusunsererSichtgeltengleicheUnterrichtungsrechtefürBundestagundBundesrat.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

DerMinisterpräsidentwirddaherübermorgenimBundesratnocheinmaldeutlichmachen:DieLänderwerden,ebenweilsiesichihrereuropäischenVerantwortungbewusstsind,kei-nenBlankoscheckunterschreiben.WirsindinVerhandlungenmitderBundesregierung,umnochvorderSondersitzungdesBundesratsamFreitagzueinerLösungzukommen.Ichap-pelliereandieserStellenocheinmalandieAbgeordnetendesDeutschenBundestags,einepraktikableLösungzusuchen,diedieRechtedesBundesratsentsprechendwürdigt.

DieMaßnahmenderEFSFbringenzunächsteinmalZeit,umdenStaaten–insbesondereGriechenland,aberauchanderen–Gelegenheitzugeben, ihreStaatsfinanzeninOrdnungzubringen.ImFalleGriechenlandsistdasbishernichtwirklichgelungen, denn die europäischeNothilfe fürGriechenlandstehtinWahrheitnuraufeinemBein.ManhättedenHilfspa-keteneineGläubigerbeteiligunghinzufügenmüssen,dieih-renNamenverdient.Außerdem istbisherunterblieben,einechtesWachstumsprogrammfürdasLandvorzustellen.

BeianderenLänderngreifendieMaßnahmendeutlichbesser.SchautmanIrlandoderPortugalan,sostelltmanfest,dassdieMaßnahmendurchausgewirkthabenunddieRestruktu-rierungvorangeht.

Gleichwohlstelltsich,wennsichdieSituationandenFinanz-märktenweiterhinschlechtentwickelt–wieesmomentanzu-mindestdenAnscheinhat–,dieFrage,obdieEFSFbeiihrerErrichtunggroßgenugistbzw.obsieinWahrheitnichtbe-reitszuspätkommt.

BeiderAusstattungderEFSFistdieFrage,wenndieEFSFstarkindenAnkaufvonAnleiheneinsteigenwill,obdervor-gesehenefinanzielleRahmendafürüberhauptausreicht.DieEZBwirdbisMitteOktoberbereitsAnleihenfür200Milli-arden€aufgekaufthaben,eineSumme,aufdiesichauchdieEFSFeinstellenmüsste.KommissionspräsidentBarrosohatdaherdenVorschlageingebracht,dieEFSFweiteraufzusto-cken,offenbarbiszueinerGrößenordnung,dieentsprechen-

deHilfenfürItalienoderSpanienermöglichensollte.Aberwirsolltenheutebedenken–auchimHinblickaufdieRedevonKommissionspräsidentBarrosovor demEuropäischenParlament–,dasszunächstkeineDebatteübereineAufsto-ckungderEFSF,sondernersteinmalderenGenehmigungan-steht.

WirwerdenallerdingsweiterüberdieFrageredenmüssen,obdieKlammerderEFSFausreicht,umdemAusmaßderKri-segerechtzuwerden.KommtdieEFSFnichtoderistmanda-mitnichtausreichendhandlungsfähig,dannwirdGriechen-landzahlungsunfähig,undeineungeordneteInsolvenzwäredieFolge.DamitwäreaucheinZerfalldesEuroraumsnichtmehrauszuschließen.

DieimmerwiedervorgetrageneAussage,dasswirkeineHaf-tungs-undkeineTransferunionwollten,istinWahrheiteineFluchtvorderlängsteingetretenenRealitätundeinStückweitauchFeigheitvordenBürgerinnenundBürgern. InnerhalbderEUhabenwirlängsteinenHaftungsverbund.DieEZBhatbereitsAnleihenimUmfangvon153Milliarden€aufgekauft,umdieMärktezuberuhigen.WenndieseAnleihennichtzu-rückgezahltwerdenkönnen,haftendieEuroländermitihrenEinlagenbeiderEZB.Dasheißt,dassDeutschlandmit27%haftet.

NunwirddieEFSFdieseAufgabeübernehmen.Hierbeigiltdasselbe.Wennnichtzurückgezahltwerdenkann,haftenalleEurostaaten.Wichtigist,dasswirdenMenschenkeinenSandindieAugenstreuen,sondernihnenerklären,warumdieseMaßnahmen richtig sind,welcheKonsequenzen sie habenkönnenundwarumesderrichtigeWegist,sieauchzuschul-tern.

GleichwohlbleibtalldaszunächstnureineFeuerwehrmaß-nahme, umdie aktuelleKrise in denGriff zu bekommen.WichtigeralsdiereineKrisenbewältigungistaberdieFrage,warum es zu dieserKrise kommen konnte.Wir brauchengrundsätzlicheundstrukturelleSchritte,umeineneueArchi-tekturEuropasundderFinanzsystemezuerreichen.

AusderSichtderLandesregierungwäreesdaherkonsequent,dieMöglichkeit derEinführunggemeinsamer europäischerAnleihen, sogenannterEurobonds, ernsthaft zu prüfen. SokönntenmithilfekonditionierterGemeinschaftsanleihenAn-steckungsgefahren undSpekulationengegen einzelneMit-gliedsstaatendeutlichvermindertwerden.EingemeinsamerAnleihemarktkönnteeinwichtigesInstrumentzurStabilisie-rungderEurozonewerden.DamitkönntederEuroinZeiten,indenendasVertrauenindenDollarabnimmt,zueinerRe-servewährungaufsteigen.

IchbegrüßedeshalbdieAnkündigenvonKommissionspräsi-dentBarroso,dassBrüsselvertieftindiePrüfungderMög-lichkeitenzurEinführungvonEurobondseinsteigenundVor-schlägehierzuvorlegenwill.

Dabeimussaberauchklarsein,dassjedesModellvonEuro-bondsstriktenBedingungengenügenmuss.Eurobondsdür-fennurdenTeilderStaatsschuldenabdecken,derauchdenStabilitätskriterienentspricht.Damitbestündefürdiebetrof-fenenStaatenweiterhineinAnreiz,ihreVerschuldungzurück-zuführenundnachhaltigeStrukturreformenschnellundöko-nomisch tragbarumzusetzen.Wirsprechenalso imPrinzip

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voneinerTeilkaskoversicherungfürNotleidendeEurostaa-ten.ImGegenzugfürdieInanspruchnahmeeuropäischerSo-lidaritätmüssensichdieStaaten,dievondenEurobondspro-fitierenwollen,natürlichaucheinestärkereEinflussnahmederEUgefallenlassen.

Deswegenisteswichtig,dasswirunsnichtnuraufdieKon-solidierungderStaatsfinanzenkonzentrieren, sondern auchaufdasWachstum.InjedemFallistesnotwendig,dassdiebetroffenenLänderzurKonsolidierungangehaltenwerden.FürGriechenlandheißtdasganzkonkret,dassdortendlichein funktionierenderSteuervollzugaufgebautwird.Gleich-zeitigmüssenwiraberverhindern,dassdiebetroffenenStaa-tenkaputtgespartundumjedewirtschaftlichePerspektivege-brachtwerden.

Esklingtparadox,abergleichwohlgilt:Das,wasverhinderthätte,indiejetzigeSituationzugeraten,verhindertunterUm-ständenauch,derSituationwiederzuentkommen,weileszuspäteingesetztwird.AllzustrikteSparauflagendürfennichtdieWachstumschancen zerstören.DieLändermüssen eineChancezurEntwicklungerhalten.Deswegenistessinnvoll,übereinenMarshallplanfürGriechenlandnachzudenken,wieesauchBertholdHuberinderheutigenAusgabederFAZfor-dert.Esistwichtig,dasssichdieeuropäischeSolidaritätnichtnurinSparanstrengungenausdrückt,zudenendieseLänderangehaltensind.VielmehrmüssendieLänderdieChanceer-halten,sicheineZukunftzuerarbeiten.InvestitioneninZu-kunftstechnologien,BildungundForschungsinddabeiunab-dingbar.WirwollenaucheineWachstumsunionundnichtnureinereineKonsolidierungsunion.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.PeterHaukCDU:AberdieKonsolidierungistdieVoraus-

setzungfürWachstum!)

–KonsolidierungundWachstumgehörenzusammen.Konso-lidierungführtnichtvonalleinzuWachstum.OhneWachs-tumwirdesauchnichtmöglichsein, inGriechenlandeineKonsolidierungzuerreichen,HerrHauk.

Deswegenistklar,dassdieFragenichtnurimnationalenRah-menentschiedenwerdenmuss.VielmehristdieFrage,wiewirdiegesamteArchitekturaufeineandereStufesetzenkön-nen.OhneeinescharfeRegulierungderFinanzmärktewer-denwirdauerhaftenKrisennichtentkommen.

Esgehtdarum,dasswireinSystemderFinanzmärktebekom-men,beidemdeutlichwird,dassdieStaateninderLagesind,dieMärkteundihreExzessezuregeln.EinzentralesElementhierfüristeineFinanztransaktionssteuer,wiesieKommissi-onspräsidentBarrosoauchheuteinseinerRedeimEuropäi-schenParlamentvorgeschlagenhat.

DieMärkteentscheidennachihrenSpekulationskalkülen.Ge-sellschaftlicheoderwirtschaftlicheKonsequenzeninteressie-rennicht.DiesemüssendannhinterherdieStaatenunddamitdieSteuerzahlerübernehmen.DiePrivatisierungderGewin-neunddieSozialisierungderVerlustekönnenkeinModellsein.DeshalbmüssendieMarktteilnehmerdurcheineFinanz-transaktionssteuermitindieVerantwortunggenommenwer-den.Damitwirdgewährleistet,dassderFinanzsektordauer-hafteinenstrukturellenBeitragleistet.

(VereinzeltBeifall)

Denndiejenigen,diemeinen,dassdieMärkteimstandesei-en,zuentscheiden,sindauchdiejenigen,diealsErstesnachdenStaatenrufen,wenndieMärkteUnheilangerichtethaben.DeswegenbrauchenwireineBeteiligungderFinanzmärkte.

(BeifallbeiderSPDsowieAbgeordnetenderCDUundderGrünen)

IchhabedeshalbauchimRahmenderDiskussionüberdenmehrjährigenFinanzrahmenderEuropäischenUniondenVor-schlagderKommissionunterstützt,eineFinanztransaktions-steuereinzuführen.Ichbegrüße,dassdieKommissionAnfangOktoberhierzuoffizielleinenVorschlagaufdenTischlegenwill.Esistschön,dassauchdieBundesregierungdasunter-stütztundeineeuropaweiteFinanztransaktionssteuerbefür-wortet.

(Abg.PeterHaukCDU:Betriebenhat,HerrFried-rich!)

SiemussnundienochzauderndenMitgliedsstaatenunddieZaudererindeneigenenReihendavonüberzeugen,dassEu-ropahiergemeinsamundentschlossenvorangehenmuss.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

EingutesZeichenistdieheutigeVerabschiedungvoninsge-samtsechsRichtlinienundVerordnungen,demsogenanntenSixpack,imEuropäischenParlamentzurReformdesStabili-tätspakts.DiesisteinentscheidenderSchrittzurkontrollier-tengemeinsameneuropäischenWirtschafts-undFinanzpoli-tik.WirtschaftspolitischeSteuerungdurchdieKommissionmitSanktionsrecht,einSchuldenbegrenzungsplan,unabhän-gigeStatistikämter,ÜberwachungderLeistungsbilanzenderLänder–alldassindSchrittezumehrGemeinsamkeitinderWirtschafts-undFinanzpolitik.

AberdasreichtausunsererSichtnichtaus.DieKernaufgabe,vorderwirheutestehen,istdieSchaffungeinereuropäischenWirtschafts-undFinanzregierung.DiederzeitigeKrisezeigt,dasseineeinheitlicheWährungohneeinegemeinsameWirt-schafts- undFinanzpolitik derMitgliedsstaaten aufDauernichtfunktionierenkann.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünenundderSPD)

Esmüssenzukünftigauchfinanz-undwirtschaftspolitischeGestaltungsmöglichkeitenandieEUabgegebenwerden,sonstwirdderGeburtsfehlerderWirtschafts-undWährungsunion,nämlicheinegemeinsameWährungohnegemeinsameWirt-schafts-undFinanzpolitik,wiederholt.DergegenseitigeUnter-bietungswettbewerbbeiSteuernundAbgaben,derdieStaats-schuldenkrisemaßgeblichmitvorangetriebenhat,würdesonstvonNeuembeginnen.

Dasgiltumsomehr,wenndasInstrumentderEurobondstat-sächlichkommt.EskanndannnichtmehralleinSachederMitgliedsstaatensein,welcheWirtschafts-undFinanzpolitiksiebetreiben.WennihreStaatshaushalteausdemRuderge-raten,sinddieanderenEuroländerdavonmassivbetroffen.Wirkommenohneeinandernichtaus.Hierwirdderreformier-teStabilitätspaktdieEuropäischeUnionaufdemWegzuei-nergemeinsamenWirtschaftsregierungbereitseinengroßenSchritt voranbringen.Auchder „Euro-Plus-Pakt“, der jetztverabredetwurde–allerdingsauf freiwilligerBasis–, legt

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Grundlagendafür.UmausderKriseherauszukommen,brau-chenwir letztlichverbindlicheRegelungen imBereichderWirtschafts-,Finanz-undBeschäftigungspolitik.

Dabeiwirdesbesonderswichtigsein,dassdiesolidarischenHilfenimEuroraumaufdemPrinzipderGerechtigkeitbasie-ren.DeshalbistauchdieVereinbarungvonEckpunkteninderSteuerpolitikunabdingbar.DiegroßenUnterschiedebeiderBesteuerungvonUnternehmen,KapitalerträgenundEinkom-menindenEU-StaatenundauchdermangelhafteVollzugvonSteuernsindnichtmehrtragbar,dasieunsvonderGemein-samkeitweiterentfernen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünenundderSPD)

DaherbegrüßenwirdieBemühungenzurVereinheitlichungderBemessungsgrundlagensowiezurEinführungvonEU-weitenMindeststeuersätzeninderEU.LetztendlichmussaberdieEUselbstnochhandlungsfähigerwerden.Dieskönntege-lingen,wenndieEUeineweiterewesentlicheEinnahmequel-leinFormeinerEU-Steuererhält.Ichhabediesbereitsvor-hinausgeführt.

EsgehtinjedemFallumeinMehranEuropa.AuchdieBun-desregierunghatsichmitderAnkündigungeinereuropäischenWirtschaftsregierungaufdiesenWeggemacht.Es ist aller-dingsnichthinnehmbar,dassdieBehandlungdieserFragenunddiegesamteSteuerungausschließlichdurchdieRegie-rungenderMitgliedsstaatenerfolgen.WirsehenbereitsjetztanderKonstruktionderEFSFundinderFolgedesESMdiefehlerhafteEntwicklung, dasswir keine parlamentarischeRückbindung,keineEinbindungvonEU-Institutionen,keineBeteiligungdesEuropäischenParlamentsund–diesistzu-mindestheutigerStand–auchkeineBeteiligungderLänderundderLänderparlamentebeidieseneuropäischenMaßnah-menhaben.

DeshalbistunsereForderung,dassdieEU-KommissionhiereinestärkereRollealsWirtschaftsregierungübernimmtunddieseMaßnahmenunterEinbindungdesEuropäischenParla-mentsunddernationalenParlamentestattfinden,damitdie-sesMehranEuropaaucheinMehrandemokratischemEuro-paist.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

MeineDamenundHerren,zumSchwurwirdesbeimEuro-päischenStabilitätsmechanismuskommen.SeineVerabschie-dungEndedesJahresgehtnurmitZustimmungdesBundes-rats.Bei einempermanentenKrisenmechanismuswie demESMmussderBundesrat über ausreichendeMitwirkungs-rechteverfügen.SolltedieBundesregierungdiesverweigern,dannhalteichdenGangnachKarlsruhefürunausweichlich.Wenn die Bundesregierung den Bundesländern nicht dieRechtelässt,dieihnenzustehen,dannläuftsiesehendenAu-gesindennächstenVerfassungsstreit.

JetztistdieStundeEuropas.Wirmüssenallesdafürtun,dassderEuroraumundEuropanichtvondenMärktenangegriffenwerden.Jetztgiltes,denBeweisanzutreten,dassdieDemo-kratiestärkeristalsdieMärkte.WerjetztdemEgoismusdesAugenblicks huldigt undvergisst, dass die dauerhafteEnt-wicklungEuropasnurdurcheinehöhereStufeeuropäischerIntegrationzuerreichenist,derwirdauchinZukunftkeinde-mokratischesEuropaerreichen.

HerrBarrosohatrecht:EuropastehtamScheideweg,obwirinnationaleInteressenzerfallenunddenMärktendiegrößtezivilisatorischeLeistungnachdemZweitenWeltkriegunter-ordnenoderobwirdieErfolgsgeschichtevonWachstumdurchSolidaritätinEuropafortsetzen.

WirwolleneineEuropäischeUnion,diedurchSoliditätinSo-lidaritätunserenWohlstandnachhaltigsichert.Baden-Würt-tembergwarimmereineKeimzelleEuropas.Diessetzenwirfort.

HerzlichenDank.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:GuteRede!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:BevorichdenAbge-ordnetendasWortzurAusspracheerteile,möchteichnochFolgendesbekanntmachen:

KrankgemeldetistFrauAbg.RitaHaller-Haid.

AusdienstlichenGründenhatsichHerrMinisterRainerSti-ckelbergerbis15:00Uhrentschuldigt.

MeineDamenundHerren,heutehabendieHerrenKollegenStoberundWolfGeburtstag.IchgratuliereihnenimNamendesganzenHausesundwünscheihnenallesGute.

(BeifallbeiallenFraktionen)

MeineDamenundHerren,aufIhrenTischenfindenSieeinenVorschlagderFraktionderCDUundderFraktionderSPDfürUmbesetzungeninverschiedenenAusschüssen(Anlage 1).Ichstellefest,dassSiedenvorgeschlagenenUmbesetzungenzustimmen.

WirkommenjetztzurAusspracheüberdieRegierungserklä-rung.DasPräsidiumhathierfüreineRedezeitvon15Minu-tenjeFraktionfestgelegt,wobeigestaffelteRedezeitengel-ten.

FürdieCDU-Fraktionerteile ichHerrnAbg.ProfessorDr.ReinhartdasWort.

Abg. Dr. Wolfgang ReinhartCDU:HerrPräsident,verehr-teKolleginnenundKollegen!Wirfeiernheutedas60-Jahr-JubiläumdesBundesverfassungsgerichts.DasBundesverfas-sungsgerichtverfügtübereinehoheAutorität;esgenießtgro-ßeAnerkennung,undeshatauchwichtigeUrteilezuEuropaundzurIntegrationsfreundlichkeitgefällt.Deshalbistes,glau-beich,gut,dasswirgeradedenheutigenTagfürdieseAus-sprachegewählthabenundeineRegierungserklärungdazuhörenkonnten;dennaktuelleralsandiesemTagkönntenwirnichtsein.

ZumZweitenwurdevorhinbekanntgegeben,dassinBaden-Württembergmit6,5%dashöchsteWachstuminDeutsch-landimerstenHalbjahrbilanziertwordenist.DasistunsereAbschlussbilanz.

(Beifall beiAbgeordnetenderCDUundderFDP/DVP–ZurufdesAbg.Dr.StefanScheffoldCDU)

DasistaucheinVerdienstEuropas.Ichglaube,esistauchei-neguteMesslatte,anderwirgeradeineinemLand,dasim-

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merExportweltmeisterwar,dieBedeutungEuropasablesenkönnen;daraufwurdehingewiesen.WirhabeneinBruttoin-landsproduktvon360Milliarden€proJahr.150bis160Mil-liarden€werdenimExporterzielt,undzwar107Milliarden€imExportindieEUunddavon60Milliarden€imExportindieLänderderEurozone.AllerdingsistdieserAnteilimVer-hältnisnichtgestiegen.VielmehristderExportindieSchwel-lenländergestiegen.

WirhabennatürlichauchdeshalbErfolg,weildiebaden-würt-tembergischeWirtschaftstarkist,weil imBereichdesMa-schinenbaus,desFahrzeugbaus,derElektrotechnikgroßeEr-folgeerzieltwerden.DassinddieProdukte.Insoweithabenwir,glaubeich,eineguteAusgangsbasis,umgeradeaneinemsolchenGeburtstagwieheuteauchüberdenStolzdiesesLan-deszusprechenundzubetonen,dassesnebenEuroundEu-ropavorallemdieexzellentenProdukteunsererFlaggschiffeundWeltmarktführer sind, die unsWachstumundWettbe-werbsfähigkeitbescheren.

HelmutKohlhateskürzlichaufdenPunktgebracht.Ersag-te:

Die größte strategische Herausforderung für Europa ist derzeit Europa selbst.

Ichbinüberzeugt,dass,wennwiraufdieletzten60Jahrezu-rückblicken, gerade einLandwieBaden-WürttembergmitStolzdaraufverweisenkann,dassesimmereinLandinderMitteEuropaswar,mitgroßemwirtschaftlichemErfolg,einLandimHerzenEuropas,unddasswirdiesesEuropamitBa-den-Württembergauchmitgestaltethaben.WirhabenesschonmitLotharSpäthgestaltet,dereinEuropaderRegionenmitkonzipierthat,mitErwinTeufel,derimeuropäischenVerfas-sungskonventmitfederführendwar,

(Abg.ClausSchmiedelSPD:AllesGeschichte!)

undauchmitGüntherOettinger,derheuteerfolgreicherEU-Kommissarist.MitdenRegierungenunterMappusundOet-tingerhabenwirdieDonauraumstrategieinitiiert.Siewarun-sereErfindungundIdee.Wirhabensiesicherlichaucherfolg-reichaufdenWeggebracht.IchselbsthabezuDonaukonfe-renzennachBrüsseleingeladenundwarBerichterstatterimAusschussderRegionenderEuropäischenUnioninBrüssel.EsgibtvielZusammenarbeitamHochrheinundamBoden-see.

Baden-WürttembergisteinLandundMotorEuropas.Dieletz-ten60JahrestandenwirimmerfürEuropa.Deshalbwillichauchvorab sagen:DieCDU-Fraktion steht fürEuropa, siestehtfürdenEuro,undsiestehtauchalsEuropaparteizuEu-ropa.Daswillichvorwegschicken.

(BeifallbeiderCDU)

AberindiesenTagenmussmanauchdieSorgen,dieunsbe-wegen,artikulieren.MeineDamenundHerren, ichglaube,mandarfimDuktusderRegierungserklärungnichtnursagen:„WirsindeuphorischfürEuropa“unddieThemen,diemitRisikenverbundensind,einfachausblenden.WennwirdieBürgermitnehmenwollen–daswirdzuRechtgefordert–,dannmüssenwirauchoffenundtransparentüberdieHeraus-forderungenundRisikensprechen,diemitdiesemWegver-bundensind.Deshalb,glaubeich,mussmanesernstnehmen–dazuwurdenichtsgesagt–,wennwichtigePersonenderEu-

ropäischenZentralbankoderfrüherderDeutschenBundes-bank,wieOtmarIssing,heutedaraufhinweisenundsagen:Griechenlandwirdesnichtschaffenkönnen.Daskannmannichteinfachausblenden,sondernmussesehrlichansprechen,beimNamennennen,undnichtmitLyrikdarüberhinwegge-hen.

Deshalb,HerrMinister,möchteichIhnenvorabsagen:DieMitwirkungsrechteüberdenBundesratgestehenwirIhnenalsForderungzu;daunterstützenwirSie.SiestehenIhnenzu.FürdieseRechtehabeauchichimmergekämpft.Ichfinde,esistdasguteRechtderLänderunddesOrgansBundesrat,dasssieunterrichtetwerden.DashalteichfüreineNotwendigkeit,eineSelbstverständlichkeit.DahabenSieunsaufIhrerSeite.

(BeifallbeiderCDUsowieAbgeordnetenderGrü-nen,derSPDundderFDP/DVP)

Hiergehtesdarum,wiewirdenHerausforderungenbeimThe-maEurobegegnen,wiewirdiesenThemenbegegnen,denenwirjetztausgeliefertsind.GlaubenSieselbst,dassGriechen-landalleszahlenkann,wasimMomentansteht?DasistdochdieentscheidendeFrage.DerPunktwardoch,dasswirbeimPakt––

(Abg.ClausSchmiedelSPD:WasglaubenSiedenn?Rausdamit!Nichtimmerdarüberhinwegreden!)

–HerrKollegeSchmiedel,ichkommegleichaufdasProb-lem,daswirhaben,aufdiesenPunktzusprechen.Esgabei-neneuropäischenStabilitäts-undWachstumspakt,undesgibtihnnoch immer.DasEuropaparlamenthatheute,genauandiesemTag,zuRechtdieVerschärfungdiesesPaktsbeschlos-sen.Dasunterstützenwir.AberesgibtnatürlicheinProblem,daswir in diesemZusammenhangnicht vergessendürfen.DennderWachstumspakthatteeineGeschäftsgrundlage.DaswarenzumeinendieNo-Bail-Out-KlauselundzumZweitenauchdieKriterienvonMaastricht.Jetztmüssenwirnatürlichsagen:Esistebendiedamaligerot-grüneRegierung,dieei-neMitverantwortungdafürträgt,

(Abg.ClausSchmiedelSPD:UnddieSchwarzenimEuropaparlament!)

dasstrotzallerWarnungen–auchderWarnungenderEZB–GriechenlanddamalsindieEuropäischeWährungsunionauf-genommenwurde.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:WashatdenndieCDUimEuropaparlamentgemacht?)

Heutewissenwir,dassesfalschwar.Dasmussmaneinfachsagen.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP)

Deshalb,glaubeich,dürfenwirnichtsolockerdarüberhin-weggehen, sondernmüssendiesauchehrlichundernsthaftbeimNamennennen.DieBedenkenmussmanernstnehmen;dennauchdieEntwicklungeninGriechenlandsinddasEr-gebniseinerjahrzehntelangen,vonunterschiedlichenRegie-rungengepflegtenPolitikdesSchuldenmachens.ImGrundegenommenweißderjenige,derindieserFragetieferanaly-siert,dasswirandemPunktangekommensind,

(Abg.Claus Schmiedel SPDmeldet sich. –Abg.ClausSchmiedelSPD:Frage!)

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andemdieSchuldenmachereieinEndehabenmuss.Wirha-benkeineEurokrise,wirhabeneineStaatsschuldenkrise.DasistdasProblem,überdaswirunsunterhaltenmüssen.

(BeifallbeiderCDU–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:HerrKollegeDr.Rein-hart,gestattenSieeineZwischenfragedesHerrnAbg.Schmie-del?

Abg. Dr. Wolfgang ReinhartCDU:Natürlich.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Natürlich.–HerrKol-legeSchmiedel,bitte.

Abg. Claus SchmiedelSPD:HerrKollegeReinhart,Sieha-bengeradekritisiert,dassdierot-grüneBundesregierungderAufnahmeGriechenlands in dieEurozone zugestimmthat.KönnenSieunserklären,weshalbauchdieCDUimEuropa-parlamentgenaudieserAufnahmezugestimmthat?

Abg. Dr. Wolfgang ReinhartCDU:HerrKollegeSchmie-del,genaudasistderPunkt.Wirwollenzumeinenkeineneu-ropäischenSuperstaat.ZumanderenmüssenwirauchausderSichtdesNationalstaatsunddesLandesVerantwortungwahr-nehmen–so,wieesübrigensdasBundesverfassungsgerichtgesagthat.Warumsageichdas?

(ZurufdesAbg.ClausSchmiedelSPD)

Verträgemüsseneingehaltenwerden.DasProblemistdoch–dawillichzitieren––

(ZurufdesAbg.ClausSchmiedelSPD)

EingroßerEuropäer,WalterHallstein,hateinmalgesagt:

An die Stelle der Macht und ihrer Manipulierung, an die Stelle des Gleichgewichts der Kräfte, des Hegemoniestre-bens und des Spiels der Allianzen tritt zum ersten Mal die Herrschaft des Rechts.

DeshalbmussdieHerrschaftdesRechtsauchdasobersteGe-botsein.DeshalbdürfenRechtenichtverletztwerden.DasgiltauchfürPakteundVereinbarungen.DarinliegtdieProb-lematik.

InsoweitteileichaucheinenweiterenPunktnicht,derhierausgeführtwurde.HierwurdealsAllheilmittelu.a.dieEin-führungvonEurobondsdargelegt.MeineDamenundHerren,washabenwiraufdiesemWegimGrundevoruns?SindEu-robondseinetragfähigeundnachhaltigeLösung?DasistdochdieFrage.

WirallekennendieDiskussion.KollegeKretschmannnahmdamalsanjederSitzungderFöderalismuskommissionIIteil;auchichhabedamalsanjederSitzungteilgenommen.Wirha-benheutezuRechtgehört,dassderLänderfinanzausgleicheingroßesProblem ist.Wirwissen,dassderLänderfinanzaus-gleichungerechtist.

Deshalbsindwirdavonüberzeugt:EswäredergleicheFeh-lerwiebeimLänderfinanzausgleich.EswärenfalscheAnrei-ze,wennwireineCuvéeausZinsender17LänderderEuro-

zonebildeten.DamitwürdenwirFehlanreizesetzen.DeshalbistmeineFraktion–unddiegesamteUnion–gegendieEin-führungvonEurobonds.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP)

DieGefahrliegtdarin,dasswirfalscheAnreizesetzenwür-den.WirwürdendasSchuldenmachenvereinfachen.DamitgehtesumdasPrinzipderSelbstverantwortung.DasmussimVordergrundstehen.DeshalbdürfenkeinedauerhaftenTrans-ferleistungenzulasteneinigerwenigerLeistungsträgereinge-führtwerden.

WirwolleneineStabilitätsunion,aberkeinereineHaftungs-undTransferunion.ZuSolidaritätmussimmerauchSoliditätgehören.DasistderentscheidendePunkt,umdenesunsgeht,wennwirüberöffentlicheHaushalteauchderLänderinderEuropäischenUnionundderEurozonesprechen.

Deshalb teile ich IhreMeinung,dassverschärftbeobachtetwerdenmussunddassüberwachtwerdenmuss.WirbrauchendorteinMehranEuropa,wowirAufsichtundKontrolleein-führen.DennnurmitAufsichtundKontrolleauchgegenüberdenen,dieVerstößeverüben,werdenwiraufdemrichtigenWegsein.

WirmüssenauchimmereinesvorAugenhaben:WennwirjetztbeispielsweiseEurobondseinführenwürden,müsstenwirgegenwärtigbundesweit–dagibt esHochrechnungenvonnamhaftenWissenschaftlernundvonBanken–30Milliar-den€mehrbezahlen.DamitkämenaufdasLandBaden-Würt-tembergjährlich1Milliarde€mehranZinsenzu.DaskannnichtunserWegsein.Daswollenwirnicht.

(BeifallbeiderCDUunddesAbg.AndreasGlückFDP/DVP)

Deshalbgiltes,denGeistdesStabilitäts-undWachstumspaktsauchmitLebenzuerfüllen.Deshalbbrauchenwirjetztrich-tigeWeichenstellungenundKorrekturenbeimStabilitäts-undWachstumspakt.

EineweitereWeichenstellung,umVertrauenzugewinnen–darumgehtes–,istdieEinführungvonSchuldenbremsen,so,wiewirdasinDeutschlandmitderFöderalismuskommissi-onIIgemachthaben.DieseKommissionstanddamalsinderletztenSitzungknappvordemScheitern.Unser damaligerMinisterpräsidentOettingerhattedenVorsitzinne.WirhattennurnocheineMöglichkeit,überhaupteinenKompromisszufinden,umdieVerfassungsänderungdarzustellen,nämlichdie,einegespalteneVerschuldungsregelindieVerfassungaufzu-nehmen,biszumJahr2020fürdieLänderundbiszumJahr2016–miteinemRechtaufeineVerschuldungvonjährlich0,35%–fürdenBund.

DieseSchuldenbremseistheutezumVorbildinganzEuropageworden.Wirunterstützendas,weilwirsieselbstinitiierthaben.DieSchuldenbremsemusseingeführtwerden,weilnurdadurchdieSolidität, vonder ich spreche,wieder erreichtwerdenkann.DaswichtigsteKapital,dasmanbraucht,istVer-trauen.DerAusspruchvonRobertBosch„Vertrauenverlo-ren,allesverloren“giltinsbesondereindiesemZusammen-hang.

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MeineDamenundHerren,dieEntwicklungenwerdennichtinwenigenMonatenzukorrigierensein.DeshalbbrauchenwirKonzeptionen,aberauchklareHaltungenfürdieZukunft.

IchhabevorhinbereitsdenExportangesprochen.Beispiels-weisederWertderExportenachItalienliegtnochimmerüberdemWertderExportenachChina.DeshalbmussauchbeiderEFSFundbeimESM,dernochkommt––Wirhattenübri-gens imMai 2010, alswir den erstenRettungsschirmbe-schlossen hatten,weil dieKrise keine andereMöglichkeitmehrzuließ, immergesagt:Esisteinmalig,es istbefristet,undesistbedingt.

JetzthabenwirerneutüberweitereMechanismenzusprechen.Wennmandarüberspricht,dannmussaucheinesbetontwer-den:DasMessermussinZukunftbeiVerstößennichtnurei-nenKnauf,sondernaucheineSchneidehaben.Andersausge-drückt:DerStabilitätspaktbrauchtauchZähne.Dasheißt,esmüssenSanktionenmöglichsein,wenngegendieVorgabendesStabilitätspaktsverstoßenwird.

(BeifallbeiAbgeordnetenderCDU)

Ansonstenmussgeradejetztdaraufgeachtetwerden,dasseskeineLeistungohneGegenleistunggibtunddasseinRegel-werkerlassenwird,dasvorallemdieHilfezurSelbsthilfeor-ganisiertunddaskeineFehlanreize,sondernAnreizeschafft.DashalteichindiesemZusammenhangfüreinenganzent-scheidendenPunkt.Dazugehörtauch,dassGriechenlandsei-ne15Milliarden€ausdemEU-Haushaltabrufenkann,wasbisherbeidenStrukturfondsnichtgeschehenist.

MeineDamenundHerren,ProfessorFranz,derVorsitzendedesSachverständigenrats, hat heute öffentlich gesagt, dassauchderSachverständigenratweiterhinderMeinungist,dassmanLösungenfürTeilvergleichebraucht.Dashalteauchichfürrichtig;dennmanmussderRealitätinsAugeschauen.Ermeinte,beiderWahlzwischenPestundCholerasolltemansichlieberfürdieCholeraentscheiden.DamitsprachersichfüreineklareFormulierungvonRegelnfürStaatsinsolvenzenaus,diewirjetztauchfordernmüssen.

MeineDamenundHerren,ichmöchtenochmalsbetonen,dasswirindiesemParlamentdafürgekämpfthaben,dassdiePar-lamentarierüberdasGesetzüberdieBeteiligungdesLand-tagsinAngelegenheitenderEuropäischenUnionbeteiligt,in-formiertundunterrichtetwerden.DeshalbbegrüßeichheutezumeinendieUnterrichtung.ZumanderenverbindeichdiesmitderForderung,dassdasvorderESM-VerabschiedungimkommendenJahrgeschieht;denndamitsindnochwesentli-chereFragenverbundenalsjetzt,dadieersteHilfeimGrun-degenommenmitdemSchirmderzeitnurprolongiertundausgeweitetwird,aberbefristetbleibt.

MeineDamenundHerren,ichbindavonüberzeugt,dassesdarumgehenmuss,unsereBürgeraufrichtigundtransparentzuinformieren.DeshalbmöchteichauchunsereGrundsätzezusammenfassen,diemeinesErachtensimMomentwichtigsind–getreudemMotto,dassmanRisikennichtausblendet,sondernehrlichbeimNamennennt–:

DieLösungderSchuldenkrisekannnichtineinerpermanen-tenAusweitungvonHilfspaketenzusuchensein.DieSchul-denkrisekannnurnachhaltigundohneSchadenfürEuropa

überwundenwerden,wennjederMitgliedsstaatzunächstein-malselbstfürseineSchuldenhaftet.Dasheißt,auchfürHilfs-maßnahmenmussgelten:Hilfskreditegibtesnur,wennesimGegenzugzuverlässlichenKonsolidierungsmaßnahmenderEmpfängerländerkommt.DabeiistdieSchuldentragfähigkeitdesbetreffendenLandesganzentscheidend.EinegeordneteUmschuldungmuss ebenfalls inBetracht gezogenwerdenkönnen.

AlleSchritteinRichtungeinerHaftungs-undTransferunion,wiedieerwähnteEinführungvonEurobonds,haltenwirfürnichtsinnvollundfürnichttragfähig.Wirbegrüßen,dassdasBundesverfassungsgericht indiesemZusammenhangGren-zengesetzthat;denngemeinsameAnleihenuntergrabendieHaushaltsdisziplininEuropa.SiebelohnenLändermitunso-liderFinanzpolitik undbestrafenLändermit soliderHaus-haltspolitik.GemeinsameeuropäischeAnleihensetzenzudemdiedisziplinierendeWirkungderZinsspreadsaufdenFinanz-märktenaußerKraft.Eurobondssinddeshalbungerecht,weilsieLastenausFehlernandererEurostaatenvorallemDeutsch-landaufbürdenundunserLandüberjedesvertretbareMaßhi-nausbelastenwürden.

(BeifallbeiderCDUunddesAbg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP)

Deshalbwillichauchsagen:WirwollendieBürgermitneh-men;dasmüssenwirbeimThemaHaftungauch.AndernfallshätteichdieSorge,dasswirdieEuroskepsisehernochbeflü-geln.WirwollenkeineEuroskepsis.GeradedeshalbmüssenwirsehrsorgfältigundsehrverantwortungsvollmitdiesemThemaumgehen.

Esgehtauchdarum,allesdaranzusetzen,dieUnabhängigkeitderEuropäischenZentralbanksicherzustellen.DeshalbteileichnichtdiehiergeäußerteAuffassung:WeildieEZBbereitsfür 153Milliarden€haftet, habenwir ohnehin schon eineTransfer-undHaftungsunion,unddaherkönnenwirnunufer-losweiterhaften.DiesenFolgeschlussdürfenwirsonichtzie-hen.Wirmüssenunsvielmehreherdamitbefassen,obdasrechtmäßigwarundobdassoweitergehendarf.WasistdieAufgabederEuropäischenZentralbank?IhreAufgabeistvor-rangig,Stabilitätzugewährleisten.Daranmüssenwirstetser-innern,meineDamenundHerren.

(BeifallbeiderCDUunddesAbg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP)

Deshalbmüssenwirmitdem„EuropäischenSemester“auchEntscheidungenwiedem„Sixpack“,dererwähntwurde,vor-beugen.

Eineswillichabschließendnochzitieren:Lincolnhateinmalgesagt:

Ihr macht die Schwachen nicht stark, indem ihr die Star-ken schwach macht.

DieseDiskussionbetrifftimMomentganzbesondersdie17LänderderEurozone.Eskannnichtsein,dasswirauchsei-tensEuropadiejenigen,dieleistungsfähigsind,einschränkenwollen.DennsiesindimGrundegenommendieZugpferde,dieMotorenunddiejenigen,dieEuropatragenundnachvornbringen.DeshalblautetunsereAuffassung:Wirbrauchenei-nenSchuldenabbau.Wirbrauchenauchden„Euro-Plus-Pakt“,

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undwirbrauchenSchuldenbremsenundSolidität.Vorallemgehtesdarum:EskommtnichtzuSchuldenkrisen,wennesRegelungengibt,dieaucheingehaltenwerden.Deshalbbrau-chenwirvorallemdieEinhaltungderRegelungen,dieseitdemStabilitätspaktexistieren.

RegelungenzueinemeuropäischenBundesstaatkönnenüb-rigensinDeutschlandnurgetroffenwerden,wenndasVolkdarüberabstimmt.EtwasanderesgibtdieVerfassungnichther.

Deshalbsindwirallegutberaten,meineDamenundHerren,indiesenTagenzudifferenzieren,aberauchzubetonen:WirstehenzuEuropa,undwirstehenzumEuro.Wirwollendie-sesEuropa,wirwollenSolidarität,aberwirfordernauchSo-lidität,undwirfordernvorallem,dasswirdiegroßeIdee,die-sesgroßeGeschenkEuropa,dasswirinderlängstenFriedens-zeitdermodernenGeschichtelebenkönnenunddürfen,nichtaufsSpielsetzen,indemwirjetztsogroßzügigundleichtfer-tigmitderBewältigungdieserEurokriseumgehen.VielmehrdürfenwirgeradeimSinnederAkzeptanzEuropas–auchimHinblickaufkünftigeGenerationen–auchDeutschlandnichtüberfordern.

HerzlichenDank.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieFraktionGRÜ-NEerteileichHerrnAbg.FreydasWort.

(Abg.KarlZimmermannCDU:Dagibteszweierlei:DieeinenmitKrawatteunddieanderenohne!)

Abg. Josef FreyGRÜNE:HerrPräsident,liebeKolleginnenundKollegen, sehr geehrteDamen undHerren!ZunächstmöchteichHerrnMinisterFriedrichausdrücklichfürdievor-wärtsgerichtete,klarePerspektivedanken,dieerEuropa inseinerRedegegebenhatunddieichmiraufanderenpoliti-schenEbenenebensowünschenwürde.

DieMitgliedsstaatenderEUmüssengeradeineinerZeitderglobalenVerschuldungs-,Wirtschafts-,Finanz-undVertrau-enskriseentschlossenhandeln,miteinerStimmesprechenundsolidarischzueinanderstehen.DaswarindieserRededeut-lichzuspüren.EsgabaucheineklareDefinition,wasSolida-ritätist.

MeineDamenundHerren,zuAnfangmöchteichIhneneinZitatauseinerBroschüredergrünenEuropafraktionausdemJahr1998vorstellen:

Mit dem Maastricht-Vertrag hat sich die Europäische Union zum Aufbau einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion verpflichtet. Auf eine verbindliche euro-päische Wirtschaftspolitik verzichtet der Vertrag jedoch weitgehend. Doch nur, wenn mit gemeinsamer Wirt-schaftspolitik annähernd ähnliche Arbeits-, Lebens- und Umweltbedingungen für die Menschen in Europa geschaf-fen werden, kann eine europäische Währung auch zu ge-meinsamem Wohlstand führen. Es fehlt eine Institution, die als demokratisches Gegengewicht zur Europäischen Zentralbank eine koordinierende europäische Wirtschafts-politik für Umwelt, Arbeit und sozialen Zusammenhalt ge-stalten kann. Die Währungsunion und der Stabilitäts- und Wachstumspakt von Dublin stehen für ein Politikverständ-nis, in dem nur die Geldwertstabilität zählt.

Waswirvor13JahrenalsRahmenbedingungenfürdieWäh-rungsuniongeforderthaben,stehtheuteinEuropaparteiüber-greifendaufderAgenda.DenndiePraxishatgezeigt:EineWährungsunionohnegemeinsameWirtschafts-undFinanz-politikkannnichtdauerhaftfunktionieren.

WaswirangesichtsderaktuellenKrisebrauchen,isteinkla-resBekenntniszumehreuropäischerIntegration,demTatenfolgenmüssen.Wirmüssenzumeinendafürsorgen,dassdiebestehendenVerträgeundPakteeingehaltenwerdenunddassbeiVerstoßnatürlichSanktionengreifen.DafürbrauchenwirkeineMesserundkeinePest-undCholeradrohungen.

(BeifallbeidenGrünen)

ZumanderenwerdenweitereAnpassungendereuropäischenVerträgenotwendigsein.WirGrünensetzenunsfüreinestär-kereverbindlicheKoordinierungdernationalenHaushalts-,Wirtschafts-, Finanz- undSozialpolitiken auf europäischerEbeneein.WichtigeBausteineeinereuropäischenWirtschafts-regierungsinddieHarmonisierungvonSteuersätzen sowiesozialeMindeststandardsinallenEU-Staaten.WennUnter-nehmenundKapital überGrenzenhinweg agieren, dürfenSteuerpolitik und sozialeAbsicherung nicht an nationalenGrenzenhaltmachen.

DieEuropäischeUnionmussihreWettbewerbsfähigkeitalsGanzesstärken.HierfürsindgemeinsameInvestitionenindieTransformationderWirtschafthinzueinemnachhaltigenundsozialenEuropabesonderswichtig.

Kurz-undmittelfristigmüssenwirjedochInstrumenteentwi-ckelnundumsetzen,mitdenenwirhochverschuldetenEuro-staatenhelfenundFinanzmärktedauerhaftberuhigen,undwirallemüssenausderStaatsverschuldungaussteigen.Diebis-herigenMaßnahmenzurRettungdesEuroundauchdiezö-gerlicheHaltungderBundesregierunghabenbekannterma-ßen zu keinerBeruhigungderFinanzmärkte geführt,HerrReinhart.

MeineDamenundHerren,wirhabeneinVermittlungs-undeinAkzeptanzproblembei denBürgerinnen undBürgern.DennnurwenigeExpertendurchdringennochdiehochkom-plexenDetailsderEurorettung.DieEuro-undFinanzmarkt-krisehatsichdeshalblängstzueinerVertrauenskriseausge-wachsen.DieKrisenursachenmüssenwirdeswegengenauanalysieren,umausdenKonstruktionsfehlernderWährungs-unionundderFreizügigkeitdesKapitalsneuzulernen.Da-beistehennichtnurGriechenland,Portugal,Italien,BelgienoderSpanienamPranger,sondernauchwirselbst.

DiegrößteAufmerksamkeitmussderReformdesStabilitäts-undWachstumspaktsgelten.WirbraucheneineneueStabili-tätskulturinEuropa.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

DazubrauchtEuropaanersterStelleeineKoordinationderFinanz-undHaushaltspolitiken,dieübermäßigeVerschuldungvermeidet.DieMitgliedsstaatenmüssensolidewirtschaften;daranführtkeinWegvorbei.

WirunterstützenhierausdrücklichdieVorschlägederEuropä-ischenKommissionzurStärkungdesStabilitäts-undWachs-tumspakts.Esistnotwendig,dassderStandderGesamtver-

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schuldungunddieAußenhandelsbilanzüberwachtwerden.AllerdingswardieKonzentrationaufdas3-%-KriteriumbeiderNeuverschuldungeinIrrweg.EinStaat,dessenNeuver-schuldungbeiunter3%desBIPliegt,kanntrotzdemfinanz-politischaufderschiefenBahnseinundsichimHinblickaufEuropadestruktivverhalten.Deshalbistesrichtig,dassdieKommissionnundiefinanzpolitischeLageineinemLanderstdannabschließendbeurteilt,wennsiesicheinGesamtbildge-machthat.

DerWegzueinergesundenWirtschafts-undWährungsunionführtüberstarke,wettbewerbsfähigeMitgliedsstaaten.HiermüssenalleihreAufgabenmachen,nichtnurdieimSüden,sondernauchdieimNorden.Dasheißtkonkret:DieEuropä-ischeKommissionhat inZukunftaucheinAugedaraufzuwerfen,dasseinLandnichtdauerhaftmehrWareneinführt,alsesausführt,undumgekehrt.DieAußenhandelsungleich-gewichte inEuropamüssen abgemildertwerden.Dabei istklar:NiemandwillexportstarkeundwettbewerbsfähigeStaa-tenschwächen.Aberobessinnvollist,dassesnunausdrück-lichdieSchwachenseinsollen,dieSchwacheretten,wageichzubezweifeln,HerrReinhart.

DieStärkederexportstarkenNationendarfjedochnichtmitLohndumpingundSchuldenfinanzierungerkauftwerden.Al-lemüssenihreHausaufgabenmachen.Dasbedeutet,dassauchDeutschlandseineHausaufgabenmachenmuss.DieStärkungderBinnennachfrageunddasEndekünstlicherLohnzurück-haltungaufKostenunsererneuenNachbarnmüsseneinEn-dehaben.

MeineDamenundHerren,derRettungsschirmEFSF,überdenBundestagundBundesratindieserWocheentscheiden,ist kein reinerAkt derNächstenliebe.Wir übernehmen alswirtschaftsstärkstesEU-MitgliedimmerhineinViertelderGa-rantien.DasliegtaberauchimureigenendeutschenInteres-se; denndie politischenundwirtschaftlichenKosten einesScheiternsdesEurowärengeradefürDeutschlandnichtnurinmonetärerHinsichtdesaströs.DieVorteiledesEurosindfürunsenorm–siewurdenvonEuropaministerFriedrichzumTeilbereitserwähnt–:WirprofitierenwiekeinanderesLandvomEU-Binnenmarkt,undderLöwenanteilunsererbaden-württembergischenExportegehtnachwievorinseuropäischeAusland.ImJahr2010bliebenzweiDrittelunsererGesamt-ausfuhreninEuropa,davon53%inderEuropäischenUnion,38%inderEurozone.

DieEuropäischeUnionansichstehtfürFrieden,SicherheitundSolidaritätgenausowiefürDemokratieundRechtsstaat-lichkeit. Sie hat ihreMitgliedsstaaten von derBedrohungdurchaggressivenNationalismusundKriegbefreit.SiehatautoritäreRegimeundDiktatureninEuropaüberwunden.Sieermöglicht eine neuartigeZusammenarbeit in immermehrGesellschafts-undPolitikbereicheninnerhalbderEUundmitihrenNachbarn.WollenwirdasaufsSpielsetzen?

Wenn es inZukunft also darauf ankommt, dieHaushalts-,Wirtschafts-, Finanz- undSozialpolitiken auf europäischerEbenestärkerzukoordinieren,dannmussdieseffizientundverbindlichorganisiertunddemokratischlegitimiertwerden.Ichbinfroh,hierauchvonHerrnReinharteineindeutigesVo-tumfürmehrBeteiligungdesBundesratsfeststellenzukön-nen.

DerGeburtsfehlerdesEuro,dasstrotzWährungsunionjederMitgliedsstaatinderEurozoneseineeigeneWirtschafts-,Fi-nanz-,Haushalts-undSozialpolitikbetreibtundinderFolgedieVolkswirtschaften auseinanderdrifteten,muss korrigiertwerden.DeswegensetzenwirunsfüreineeuropäischeWirt-schaftsregierungein,diegewisseLeitplankenindengenann-tenPolitikfeldernvorgibtundgegenLänder,diedagegenver-stoßen,auchSanktionenverhängenkann.DabeibinichhierfürpazifistischereMethodenalsdie,jemandemdasMesserandenHalszusetzen.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

WichtigfürdasFunktionierenist,dasseineeuropäischeWirt-schaftsregierungdemokratischlegitimiert ist.Eineeuropäi-scheWirtschaftsregierung,wiesieKanzlerinMerkelunddemfranzösischenPräsidentenSarkozyvorschwebt, ist letztlichundemokratisch,dasiealleinaufAbmachungenzwischendennationalenRegierungensetztunddieParlamenteaußenvorlässt.Stattdessensprechenwirunsdafüraus,dassdieWirt-schaftsregierungbeiderEuropäischenKommissionangesie-deltundvonihrkoordiniertwird,weildieKommissionalssupranationaleeuropäischeInstitutiondasWohlallerEU-Mit-gliedsstaatenimBlickhat.

DamitdieEU imBereichderHaushalts-,Wirtschafts-,Fi-nanz-undSozialpolitikmehrKompetenzenwahrnehmenkannundgleichzeitig dasEuropäischeParlament gestärktwird,werdenlangfristigauchÄnderungenderEuropäischenVer-trägenötigsein.DieseVertragsänderungenmüssenausunse-rerSichtvoneinemhierfüreingesetztenVerfassungskonventerarbeitetwerden.DennnursoisteinegrößtmöglicheTrans-parenzgewährleistet.

MeineDamenundHerren,wirallewollen,dassdieEurokri-semöglichst schnellbeendetwirdundderEuroundsomitauchdieEuropäischeUnionstabilisiertwerden.Dafürbrau-chenwireinenbreiterenLösungsansatz:denRettungsschirm,dieumfassendeBeteiligungprivaterGläubiger,eineeuropa-weiteFinanztransaktionssteuerundweitereInstrumente.WirGrünenhabenunsvonAnfanganfürstarkeundumfassendeInformations-undBeteiligungsrechtedesBundestagseinge-setztundeinenfunktionsfähigenRettungsschirmeingefordert.EsbedurfteerstdesBVG-Urteilsvom7.September2011,umdeutlichzumachen,dassdieRegierungsfraktionenindiesenFragenderBeteiligungdesDeutschenBundestagsineuropä-ischenAngelegenheitennacharbeitenmüssen.

NebendemBundestagwirkenauchdieLänderüberdenBun-desratinAngelegenheitenderEUmit.DergrünenLandtags-fraktiongehtesdarum,überwichtigeMaßnahmendesEuro-Rettungsschirmsunterrichtetzuwerden.DerLandtagistüberdasGesetzüberdieBeteiligungdesLandtagsinAngelegen-heitenderEuropäischenUnion,daswirimvergangenenMärzverabschiedethaben,informiertundbeteiligt.WirdankendemMinisterauchdafür,dasserunshierimSeptemberinformierthat.WirwerdendieseBeteiligungvonseitendesEuropaaus-schussesjenachFallundBedarfaufLandesebenenutzenundüberdenBundesratdieEuropapolitikaktivmitgestalten.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

DerEuro-RettungsschirmalsvorübergehendesNotfallinstru-ment soll spätestens imJahr2013durchdenEuropäischen

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Stabilitätsmechanismusersetztwerden.ErsollEU-StaatenimKrisenfall dauerhaftweiterhelfen – nicht unbegrenzt, abernachhaltig.DieBundesregierunghatsichmonatelangöffent-lichalsGegnereinesdauerhaftenRettungschirmsdargestelltund hat behauptet, eineVerlängerung desEuro-Rettungs-schirmswürdeesmitihrnichtgeben.LetztendlichmusstedieKanzlerinaberwiesooftindieserKrisenachgeben,weilsievondenvorauszusehendenEntwicklungenüberholtwurde.DieBundesregierungmussnunendlichmiteinerStimmeundohnePolemiksprechen

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD–Zuruf:Bravo!)

undmit entschlossenenSchrittendievonuns aufgezeigtenMaßnahmenergreifen.

WirGrünenwollen denStabilitätsmechanismus perspekti-vischineineneuropäischenWährungsfondsüberführen,derklareRegelnfürFinanznotfälleschafftundspekulativeWet-ten gegen dieEurostaaten unterbindet.Wir sehen in demschonerwähntenBVG-Urteilvom7.SeptembereinenRah-men,derauchdieMöglichkeitenfürEurobondsabsteckt.Wirmeinen,dassEurobondsunterbestimmtenBedingungenei-nenBeitragzurdauerhaftenStabilisierungdesEuro leistenkönnen.Vielhängtallerdingsdavonab,wiesieausgestaltetwerden.DafordereichHerrnReinhartauf,konstruktivmit-zuarbeitenundnichtdanachzusuchen,wiemansieverhin-dernkann.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

SelbstwennnureineGruppevonLänderndieEinführungvonEurobondsforcierenunddieseeinführenwürde,würdendie-seBondsdengrößtenAnleihemarktinEuropadarstellenunddemnachbevorzugtwerden.Werdortnichtmitmachte,liefedannGefahr,vondenInvestorenbestraftzuwerden.DahermüssenwirdiesvorbehaltlosprüfenunddierichtigenLeit-plankenfürdieseBondssetzen.

Griechenlandhatsich,meineDamenundHerren,umdieKre-dithilfeüberhauptzubekommen,zurUmsetzungeineshartenAnpassungsprogrammsverpflichtenmüssen.WeitereTran-chenderFinanzhilfewerdennurausgezahlt,wenndieBedin-gungenvonGriechenlanderfülltwerden.WirbrauchendafürkeineMesser,undesgehtauchnichtumdieEntscheidungzwischenPestundCholera,HerrReinhart.Esistaberauchausgesprochenwichtig,dassMaßnahmenzurHaushaltskon-solidierungmaßvollundsozialverträglichgestaltetwerden.

ImEinsatzvonbishernichtabgerufenenMitteln,z.B.ausdemEuropäischenStrukturfonds,bestehtausunsererSichtei-newirkungsvolleMöglichkeit,InvestitionenininnovativeIn-frastrukturmaßnahmenindenArbeitsmarkt,inBildungunderneuerbareEnergienzutätigenundperspektivischauchnach-haltigesWachstumzugenerieren.Hiermüssenwirdenbe-drohtenStaatenbeideroftfehlendenKomplementärfinanzie-rungentgegenkommen.

DieLastenderHaushaltskonsolidierungmüssenwiraufalleSchulternverteilen.Wirschlagendeshalbvor,dassdieEuro-pa-2020-ZielemitihrenSchwerpunktenArmutsbekämpfung,KlimaschutzundBildunggenausoverbindlichwerdenwiedieVorgabenandieMitgliedsstaatenzurSenkungihrerSchul-

den.DieLageindenKrisenstaatenverdeutlicht,dassSparenalleinnichtausderKriseführt,sondernGeneralstreikspro-voziert,diedensozialenFriedengefährden.InvestitionenindieSchlüsselsektorenderStrategieEuropa2020undsozialeBalancesinddringendangesagt.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Zuruf:Bra-vo!)

Einekonservativ-liberaleMehrheitlehntdiesenVorschlagderGleichrangigkeitvonEuropa-2020-ZielenundDefizitkriteri-enjedochbislangabundverhindertdamiteinenachhaltigeReformzureffektivenLösungdieserKrise.Ichbittedeswe-gendieLandesregierung,sichamFreitaginBerlinundnatür-lichdarüberhinausfürdenbeschriebenenganzheitlichenAn-satzeinzusetzenundsichnachhaltigfürEuropazuengagie-ren,damitwirmitZuversichtindieZukunftgehenkönnen,miteinemgemeinsamenEuropaundeinemstarkenEuro.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Zuruf:Bra-vo!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieSPD-FraktionerteileichHerrnAbg.HofelichdasWort.

Abg. Peter HofelichSPD:SehrgeehrterHerrPräsident,Kol-leginnenundKollegen!Ichdarffürdieheuteleidernichtan-wesendeKolleginRitaHaller-HaideinpaarSätzezurPositi-onderSPD-FraktionbeidieserwichtigenDebatteäußern.Ichfreuemich,dassdieheutigeDebattealsEuropadebatteunterEinbezugderÖffentlichkeitindiesemHohenHausstattfin-det.Ichhabemirvorgenommen,einigeFragenzubeantwor-tenbzw.dieseFragenmiteinigenKommentarenzuversehen.

DieersteFragelautet:WaserwartendieBürgerunseresLan-desindieserParlamentsdebatteheuteeigentlichvonuns?DiesisteinewichtigeFrage,wennmanweiß,wiedieEinstellungderBevölkerungist,wiederTenorunsererDebatte istunddassesdazwischenLückengibt.Deswegendenkeich,dassdieErwartungshaltungderBevölkerungfürunseinenwich-tigenAspektdarstellt,überdenmannachdenkensollte.

Ichglaube,dassdieBevölkerungvonunserwartet,dasswirdiePositionenaufdenTischlegen.Aberichglaubenicht,dassdieBevölkerungvonunserwartet,dasswiralternativlosPo-litikenvorschlagen.DieEinigungEuropas–sowichtigderEinflussderEurokriseaufdaseuropäischeProjektauchist–darfnichtpraktischaufknebelndeWeisemitderKrisedesEuroverbundenwerden.WirbrauchenkeinenDruckumdesDruckswillen,sondernwirbrauchenindieserSituationeinepolitischeFührunginunseremLand,undwirbrauchenmehrdavon,KolleginnenundKollegen.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

DasZweite,waserwartetwird,ist,dassmanandieserStelleeinpaareigeneEinsichtenhat.DiewichtigsteEinsichtist–mankanndasüberalllesen;mankanndazudie„Zeit“oderanderegutePublikationenaufschlagen–:Wirmüssenklarsa-gen,dassesnichtsowar,dassmitderAufgabederD-MarkundderEinführungdesEurodiepolitischeUnionmitgekom-menwäre.Dasistnichtso.

JetztgibtesdieSituation,beidersichdasGanzevonhintenaufdröselt.DennbestimmteInstrumentestehennichtzurVer-

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fügung.Weil das so ist, kommenwir hinterher immermitHilfskonstruktionen.Dasbemerkenalle,auchdieMenschen.SiesehenüberhauptnichtdielangeLinie,nichtdasZiel,nichtdenvorhandenenrotenFaden.ImGegenteil:Siewerdenzu-sätzlichmitWortenwie„Sixpack“,die99%derBevölkerungnichtverstehen,zugemüllt.

(Abg.ClausSchmiedelSPDundAbg.HelmutWal-terRüeckCDU:Doch!)

–EinigeverstehendiesenBegriff,insbesonderediejenigen,dieTankstellenbenutzen.

(VereinzeltHeiterkeit)

AberTatsache ist, dass diemeistenMenschenmit solchenWortennichtsehrvielanfangenkönnen.Dasbedeutetauch,dassdiedemokratischeEinflussnahme,diealleindurchdasVerstehenderDebattevorhandenistunddieüberdieParla-mentehinausreicht,schwieriggeworden ist.DieMenschenhörendieWorte,bildensichihreMeinung,aberdieseMei-nunghatsehrwenigdamitzutun,wiederpolitischeDiskursin dieserRepublik gestaltetwird.Dasmuss aufhören.WirbraucheneinZusammengehenvonpolitischemDiskursindenParlamentenunddem,wasdieBürgerschaftempfindet.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

Dazugehörtauch–HerrKollegeReinhart,wirsetzenunsdagrundsätzlichproduktivauseinander–unsereeigeneEinsicht.AbrahamLincolnhattevonAmerikaausvor150Jahrensi-cherlich einengutenEinblick inEuropa.AberTatsache istauch,dasswirheutefeststellenmüssen,dassineineminter-dependentenEuropadieSummevonsubjektivwahrgenom-menenEigenverantwortlichkeitenderLändernochkeineEi-genverantwortlichkeitfürEuropakonzipiert.Deswegenbrau-chenwireineSituation,inderwireineeuropäischeVerant-wortlichkeitlebenundtatsächlichauchinderPolitikprakti-zieren.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.ClausSchmiedelSPD:Sehrrichtig!–ZurufdesAbg.Dr.

Hans-UlrichRülkeFDP/DVP)

–HerrKollegeRülkeentspanntsich.Ichhoffe,dassSiehin-terherzustimmendeKommentareäußern.

Weildassoist,denkeich,dasswirfürdieOrientierungderBevölkerungeinfacheinpaarMeilensteine,einpaarWegmar-kenbrauchen.Dabeimussmansagen,dassdieseinnächsterZeitvorhandenundnachvollziehbarseinmüssen.SieliegenbeidieserDebatteunddem,wasmanindieserRepublikheu-tealsvernünftigansieht,auchaufdemTisch.

DasErsteist:WirbrauchendieErtüchtigungdesRettungs-fondsEFSF.IndieserErtüchtigungmussaucheineÜberfüh-rungzumESMgeregeltsein.

DerzweitePunktist:WirsolltendieRollederEuropäischenZentralbank,derEZB,wiederzurückführen,undwirsolltenklären,wasnotwendigist,damitdieseneutralistundStabili-tätgarantiert.

DerdrittePunktist:WirmüssendiedemokratischeMitwir-kungderParlamenteinallenPhasensichern.Diesgiltnicht

nurinderheutigenFinanzierungssituation.WirmüssendieMitwirkungderParlamenteheuteweitestgehendsichern,weildieKommissionselbsteineExekutiveist,diekeinerweiterendemokratischenKontrolleunterliegt.Deswegenmussdiesge-stärktwerden.

DerviertePunktist:Wirmüssendaraufabheben,dasswir–dasistnichtnachrangig,nurweilesderviertePunktist–überdieGriechenlandhilfe redenmüssenunddarüber,wasüberdasFinanziellehinauswirklichnotwendigist.Auchdasistet-was,wasimKonsenserfolgensollte.

DasFünfteist,dasswirindenStaateninderTat,HerrKolle-ge,dieSchuldenbremsenmitverankernsollten.Wirsolltensagen:DieSchuldenbremseistinallenLänderneinGebotderZeit.

EinletzterPunkt,derzeitlichnichtnachrangig,aberalssechs-terPunktaufzuzählenist,ist,dasswirauchmitEurobondsinderLagesind,ausdemstarkenDeutschlandherauseinewei-tereStabilisierungfürEuropazuleisten.Dashateineneinfa-chenGrund–daswillichausmeinerSichtsagen–:NatürlichentstehtmitEurobondseineriesigeBelastungfürEuropaundmüssenwir,wieSieesgeschilderthaben,einenBeitragleis-ten,denwirohneEurobondsvielleichtnichtleistenmüssten.

EsgibtaberbeiEurobondsauchandereFunktionen.MeineFraukamgesternzumirundsagte,siehabesich„Report“an-geschaut:SchonKleinanlegerspekuliertengegendenEurousw.DieLeutehörenundlesendasdoch.DeswegensindfürmichdieEurobondsnichtderalleinigeWeg,keinAllheilmit-tel,abersieeröffnenunsdieChance,dieAutoritätderNatio-nalökonomieüberEinzelinteressenwiederherzustellen.Dar-umgehtes.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

Deswegenmeineich,mansolltedieEinführungvonEuro-bondskonstruktivprüfen.

IchkommezumeinerzweitenFrage,nämlichderFrage,wel-cheMöglichkeitendesEinflussesaufdenRettungsschirmwiralsParlamentarierhabenkönnen.NatürlichverfahrenwirbeiderAusgestaltungderMitwirkungsrechteaufdemWeg,wieihnauchHerrMinisterFriedrichvorgeschlagenhat.Ichfreuemichauch,dassesimBundestaggelungenist–ichhöre,auchdurcheinenhartenEinsatzderSPD-Fraktion–,dortdiepar-lamentarischenRechteauchimProzederedeutlichauszuwei-ten.

WirhabenaucheineKulturimLandtagvonBaden-Württem-berg,dasswirunsdafürinteressieren,wasimBundesratineuropäischenAngelegenheitengeschieht.IchbegrüßedeshalbdieheutevonallengemachteAnkündigung.Überhauptbrau-chenwir–ichhabeesgesagt–einedemokratischeKontrol-le,dieweitergehtalsdiebisherige.AuchkönnenwirbeidenGrößenordnungen,umdieesgeht–derMinisterhatesgesagt–, davon ausgehen, dass dann,wenn etwas schiefläuft, dieLänderaufjedenFallbetroffenseinwerden.Soisteseben.DasgehörtzurDarstellungderHaushaltssituationnachau-ßen.

IchmöchtezudenMöglichkeitendesEinflussesaufdiejet-zigeSituationauchaufdieFinanzwirtschaftverweisen.Aberesgibtetwas,woraufmanjetztebenauchabhebenmuss.Wir

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hofelich)

braucheninEuropanämlicheineeuropäischgedachteWirt-schaftspolitik.DasisteinSchritt,denbishereinigenichtge-henwollten;erkommtdannauchmitBegriffenwiedemvondereuropäischenWirtschaftsregierungschrittweise.

EsistausmeinerSichtfalsch,dasswirkeineharmonisierteSteuerpolitikinEuropahaben,dasswirkeinenKorridorfürKörperschaftsteuersätzehaben,dasswirkeineHarmonisie-rungbeidenSteuerpolitikenhaben.DarüberwurdeindiesemHausauchkontroversdiskutiert.Ichfinde,diePlausibilität,dasssoetwasnotwendigwird,rücktimmernäher.

Richtig ist:WirbrauchenSozialstandards inEuropa,damitkeinDumpingaufunfaireWeiseerfolgt.Richtigistauch:WirbrauchenkraftvolleTechnologieprogrammeinEuropa.

IchhabekeinProblemdamit,dasssichdieserKontinentin20,30oder40JahrenmitChinaoderIndienmessenmussunddassdieserKontinent auchwirtschaftspolitischgemeinsamauftritt.LiebeKolleginnenundKollegen,ichhaltedassogarfürnotwendig.

(BeifallbeiderSPD)

DamitkommeichzumeinerdrittenFrage:WiebewertenwirdieAktionenderBundesregierungzumjetzigenZeitpunkt?IchwillandieserStellesagen–ichbinjaauchVorsitzenderdesEuropaausschusses–:Esgehtnichtdarum,dasswirunshier auseinanderdividieren, dasswir denAkteuren–HerrnSchäubleoderwemauchimmerinBerlin–einenMangelanErnsthaftigkeitkonstatierenwollten.Dasistnichtso.DieFra-geist:WelcheSpurwirdgezogen,waswirdgemacht,undwaswirdamnächstenTaggemacht?Ichweißnatürlich,HerrKol-legeReinhart,vonderAufweichungderMaastricht-Kriteri-en.NatürlichhabenSierecht.EsgiltimmerdasLiedvonWil-lyMillowitsch:WirsindallekleineSünderlein.

(Heiterkeit)

Ja,daswarimmerso.AberesgibtinderjetzigenSituationei-nes,wasmichärgert:Mankanneinmaletwasfalschansetzen,aberdasssicheineganzeReiheSchrittfürSchrittüberdieletztenzweiJahredurchsetzt––Ichkannnurauszugsweisesagen:FrauMerkelwurde imFebruar 2010gefragt, ob esdeutscheMilliardenhilfengebenwird.Antwort:„Dasistaus-drücklichnichtderFall.“Am7.Mai2010beschließtderDeut-scheBundestagaufAntragderBundesregierung,dass sichDeutschlandmit22,4Milliarden€amerstenRettungspaketfürGriechenlandbeteiligt.DasgehtsoweiterbishinzuderFrage,obesdennnotwendigist,eineVerlängerungdesRet-tungsschirmsmitDeutschlandzumachen.Dawirdam28.Sep-tember2010gegenüber „Spiegelonline“Neingesagt.Tat-sächlichbeschließenam24.März2011dieStaats-undRe-gierungschefsnatürlicheineAusweitungderGriechenland-hilfe.

Eswirdgefragt:„BrauchenwireineFinanztransaktionssteu-er?“Dannwirdgesagt:„Jawohl,wirschaueneinmalumdieEcke.Daskönnteschonsein.“ImBundestagpassiertüber-hauptnichts,bisheuteHerrBarrosoankündigt:„Selbstver-ständlichmachenwirdas,undwirwollen,dassnebenderBür-gerschaftjetztauchdieBrancheihrenBeitragerbringt.“

EsistimmereineArtHinterherlaufen.DiesesHinterherlau-fenverstörtnichtnurmich,esverstörtdieLeute.Siesehen

nicht,dasshiereineOrientierunggegebenwird.Siesehennur,dassreagiertwird,abernicht,dassagiertwird.Dasistschlecht,KolleginnenundKollegen.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen–ZurufvonderSPD:Bravo!)

Deswegensageicheinfach:MansollteEinflussdaraufneh-men– ichhabediePunktegenannt–,dass ineinerklarenMarschtabelleaufgezeigtwird,wasjetztinDeutschlandfürEuropaundgemeinsammitEuropagemachtwird.

IchkommezumeinerviertenFrage:WiehelfenwirdenGrie-chenkonkret?Mankannaucheinmaldarüberreden,wasda-rüberhinausgetanwerdenkann.Ichweiß,dassBaden-Würt-tembergnichtderNabelderWeltist.AberunserLandhatei-nelangeTradition,undwirkönnensagen:WirlebenineinemwirtschaftsstarkenundsozialstarkenLand.

(Abg.DieterHillebrandCDU:Genau!)

Deswegenmeineich,mansollteauchvonBaden-Württem-bergausversuchen,mitdenMöglichkeiten,diewirhaben–daschaueichzurRegierung–,denGriechenkonkretzuhel-fen.

IchwilleinenPunktnennen–ichkommenachhernochein-maldaraufzurück–,wiewirdenGriechenwirklichhelfenkönnen.

(ZurufdesAbg.DieterHillebrandCDU)

IchhabeheuteMorgenmitjemandemgesprochen,deroftinGriechenlandistundalsDeutscherMeinungendazuhat,diesehrdifferenziertsind.Ichfinde,dassmandenGriechenauchhelfenkann–dasistaucheinStückweiteinBlickindenSpie-gelderletzten20JahreundaufdieDiskussionseitderMau-eröffnung–,indemmandasBewusstseinweckt,dasseinVer-ständnisvonStaat,beidemesnurdaraufankommt,etwaszunehmenundnichtzugeben,amEndedenStaatselbsterodiert.DasGebenundNehmenimStaatistetwas,wasinGriechen-land–beiallerSympathiefürunsereFreunde,vondenGast-stättenbishinzudenUrlaubsregionen–nichtgutgelaufenist.

(Abg.DieterHillebrandCDU:Soistes!)

Deswegengehtes inEuropa insgesamtumdieprinzipielleFrage,wiedieseeuropäischenGesellschaftenzumStaatste-hen.WirhatteninEuropaundtransatlantischindenletzten20JahrenehereineDemolierungdesStaates.Deswegenhatmanches,waswirjetztinGriechenlandausbaden,auchdamitzu tun,wiemanindeneuropäischenGesellschaften insge-samtmitderFrage,was„Staat“ist,umgegangenist.

Ichwillnicht,dass sichder starkeStaatüberall einmischt.Aber ichwill,dassderStaatkeinefremdeInstanzist,keinStaat,demmanalsSteuerbürgeroderalswasauchimmeret-wasvorzuenthaltenhat.WirbrauchenwiederdasVerständ-nis,dassmandemStaatetwasgibt,weilmanvonihmauchetwasbekommt.DasistderGrundsatz,denmaninGriechen-landundauchananderenPlätzenwiederstärkerhochhaltenmüsste.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünensowiederAbg.ArnulfFreiherrvonEybundDieter

HillebrandCDU)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hofelich)

IchwillzuGriechenlandauchsagen,dassmansichnatürlichdarüberGedankenmachenmuss,wiediewirtschaftlicheHil-feaussieht.Ichleseauch,dassmeineeigeneFraktioninBer-lin denAufbau einer industriellenSubstanz fordert.DazumussaberaucheineindustrielleSubstanzvorhandensein,dieweiterentwickeltwerdenkann.Ganzsoeinfachwirdesnichtwerden.

DeswegenbrauchenwireinenProzess,beidemwirdieStär-keninGriechenlandstärken.Dazumüssenwirzunächstfra-gen:WassinddieStärken,diemaninderjetzigenSituationtatsächlichstärkenkann?DieAuflageeinesProgrammsfürRaumfahrttechnologiewürde vermutlich nicht denDurch-bruchfürGriechenlandbringen.EherwürdendieMittelver-sickern.DeswegenistdieFrage–dassolltemanwirklichein-malintellektuellsauberreflektieren–,wiemanmitdem,wasinGriechenlandheutevorhandenistundsinnvollerweiseauf-gebautwerdenkann,tatsächlichWachstuminduzierenkann.

DasDritteist–davonbinichüberzeugt–,dasswirauchVer-waltungskompetenz ausBaden-Württemberg und anderenLändernexportierenkönnen.Ichwürdemichfreuen,wennFinanzämterinGriechenlandindenPunkten,indenensievonunsVerwaltungshilfebekommenkönnen,entsprechendeHil-fenerhaltenwürden.Warumnicht?Ichmeine,dassdiesge-radeunterdemStichwort„FunktionierenderStaat“nichtsoschlechtwäre.

AmEndedieserRatschlägemöchteichsagen:Nachallem,wasmansiehtundhört,brauchendieGriechenvorallemei-negewisseZurückhaltungundnichteindonnerndesEingrei-fen.SiebrauchenvorallemauchRespektundZuwendung.Ichfinde,damitsolltenwirGriechenlandauchhelfen,Kolle-ginnenundKollegen.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen)

DamitkommeichzurfünftenundletztenFrage:WassinddieLehren,diemaninBaden-Württemberg,inganzDeutschlandunddarüberhinausausderSituationziehensollte?Ichwillnocheinmalaufdaszurückkommen,wasichvorhinzumThe-maStaatgesagthabe.MeinGroßvater,EugenFunk,Werk-zeugmacherbeiderWürttembergischenMetallwarenfabrikinGeislingen, hatmanchmal,wenn etwas schieflief, gesagt:„DassderStaatsoetwaszulässt!“Erinnertsichjemanddar-an,indenletztenzehnJahrendenSatzgehörtzuhaben:„DassderStaatsoetwaszulässt,darfeigentlichnichtsein“?Ichfin-de,wennmanhört,washeuteindenDebattengesagtwird,dannstelltmanfest,dasswirwiedernäherandieserDenk-weisesind.

Ichfinde,inderWeltwirtschaftgehtesnichtumwenigerFrei-heitfürunternehmerischeTätigkeit,sonderndarum,dasswirwiederOrdnungschaffen.EsgibtzuwenigOrdnungindie-serWeltwirtschaft,KolleginnenundKollegen.Deswegenistesnotwendig,dassesauchInstrumentewieetwaeineFinanz-transaktionssteuergibt.

Deswegenisteswichtig,dasswir–wieesKollegeFreyge-sagthat–auchStandardseinführen,mitdenenwirunsAuto-ritätverschaffen.Deswegenkannessein,dassdieG-8-bzw.dieG-9-Staatennichtmehrallesabdecken,sonderndassdieG-20-Staatenwichtigerwerden.Grundsätzlichgilt,dasswirindiesemgesamtenGemengeinderLageseinmüssen,wie-

dereineWirtschaftsordnungaufzustellen,beiderallewissen,welcheRollensiehaben.

Letztendlichgehtesdarum,dassdieMenschendiereineHe-gemoniedesÖkonomischeninihremLebennichtwollen.Sieschauensichabendsumca.22:38UhrinderARDFrauAn-jaKohlan.Dannhörensie:„dieMärkte“.

(Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:Weristdenndas?)

–SieisteinesehrinteressanteBerichterstatterinvonderBör-se.Ichdachte,siewäreIhreFavoritin.

(BeifallbeiAbgeordnetenderSPDundderGrünen–Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:Dabinich

nochnichtzuHause!)

DannhörensieFrauAnjaKohlan.Siesprichtdannvon„denMärkten“.WersindeigentlichdieMärkte?Odersiesprichtdavon,dassdieMärktenervösseien.Weristnervös?Odersiesprichtdavon,dassmanaufdemParkettFolgendesflüstere.Weristeigentlich„dasParkett“?ManstelltsichschonfastBertoltBrechtvor:„FrageneineslesendenArbeiters“.Weristdaseigentlich,derdasgemachthat?

Deswegenfindeich,dassmanwiederzueinerSituationkom-menmuss,indermanfragt–soschwierigdasauchgewor-denist,weildasKapitalnichtmehrsoleichtalsjemandmitZylinderhutundZigarrepersonalisierbarist–:Weristeigent-lichverantwortlichfürdas,wasgeradepassiert?Tatsacheist,dassmandarüberredenmuss,welcheRhetorikdreiJahrenachderPleitevonLehmanBrothersindiesemLandwiederein-gerissenist,obwohlwiralleunsgeschworenhaben,dasswirdasnichtmehrwollen.

Ichfinde,dasswirdaalsParlamentariergemeinsamgefordertsind,esnichtmehrzuzulassen,dassmitSpracheFremdherr-schaftüberdemokratischeProzesseausgeübtwird.DasisteinProblem,vordemwirstehen.Deswegensageich:Kollegin-nenundKollegen,andiesemPunktmüssenwirunseinigen.DiePolitikistgefordert,nichtsozusagenDominanzauszu-üben,sondernindieserSituationauchOrientierungzugeben.DenndasistunsereAufgabeüberGriechenlandhinaus.

VielenDank.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünensowieAbgeord-netenderCDUundderFDP/DVP)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieFraktionderFDP/DVPerteileichHerrnAbg.Dr.RülkedasWort.

Abg. Dr. Hans-Ulrich RülkeFDP/DVP:HerrPräsident,lie-beKolleginnenundKollegen!ZunächstherzlichenDankandieLandesregierungfürdieDebatteüberdiesesThema.Ichglaube,dasseswichtigundnotwendigist,auchimLandtagvonBaden-WürttembergüberdiesesThemazureden,weilesnatürlichdieMitwirkungsrechtedesBundesratsberührtundauchdieMenschenindiesemLandinteressiert.

AllerdingshabenSie,HerrKollegeHofelich,geradeeinbiss-chendenAnscheinerweckt,alsseies,wennmansichdieseKriseanschaut,eineKrisederMärkte,unddieLösungseieinMehranStaat.

(Abg.PeterHofelichSPD:Dashabe ichnichtge-sagt!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Hans-Ulrich Rülke)

„DassderStaatdaszulässt!“WassollderStaattun?Mankannsicher,wennmandieLehman-Kriseerwähnt–dashabenSiegetan–,zudemErgebniskommen,derMarkthabeversagt.Aberichglaube,beidieserKriseistrelativklar,werversagthat,nämlichStaatenundRegierungen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderFDP/DVP)

Deshalbkann,glaubeich,dieLösungdieserKrisenichtsein:WirbraucheneinMehranStaat.WirbrauchensicherPolitikundpolitischeLösungen.Aberichglaube,esistdiefalscheAntwortaufdieseKrise,zusagen:„DerStaatistgut.WennmandenStaatabsolutsetzt,kannsoetwasnichtpassieren.“DenndieseKrise isteindeutigeineSchuldenkrise,diesichdurchdasVersagenvonRegierungenundStaatenzumTeilüberJahrzehnteergebenhat.Ichglaube,darankannesandie-serStellekeinenZweifelgeben.

Wirstimmen,HerrMinisterFriedrich,mitdenmeistenIhrerSchlussfolgerungenüberein.Natürlichbekennenwirunsein-deutigdazu:DerBundesratmussinformiertwerden.Natür-lichmussderBundesratauchgefragtwerden,insbesonderewennesumdenESMgeht.WirunterstützenSiedabei,diesinBerlinvorzutragen,auchwenndieBundesregierung–auchwennsievonmeinerParteimitgetragenwird–dieLänderbeidiesenMitwirkungsrechtenausbremsenmöchte.

Wirhabenunsauchdagegengewehrt,dassdieBundesregie-rungzumTeildenVersuchunternommenhat,denDeutschenBundestagnichtinausreichendemMaßmitzunehmen.Wennwir fordern, denBundestagmitzunehmen,muss eindeutigauchderBundesratmitgenommenwerden.Dennwirbrau-chenauchdieentsprechendeAkzeptanzindenLändernundinderBevölkerung.

SelbstverständlichwillniemandeineRückkehrzurD-Mark.IndiesemHausbekennensich,glaubeich,alleeindeutigzumEuro.WirmüssenunsdieFragestellen:WiekönnenwirdenEuro stützen,wie könnenwir denEuro zukunftsfähigma-chen?EsmagUnterschiedebeiderAntwortaufdieFragege-ben:WieführtderWegdorthin?Aberichglaube,zwischenunsbestehtKonsensinderZielsetzung.

DiedeutscheVolkswirtschafthatvomEuroenormprofitiert.DasgiltfürBaden-WürttembergalsexportorientiertesBun-deslandmitderWirtschaftsstruktur,wiesiehierbesteht,ganzbesonders.DeshalbbrauchenwirdenEuro.WirbrauchenEu-ropa.

DaswareinwesentlicherBeitrag,denEuropazumFriedenaufunseremKontinentgeleistethat.Ichbrauchedasnichtal-leszuwiederholen.Dasistevident.

Ichglaube,manmussauchdeutlichmachen,dassdasGewichtEuropas,dasGewichtderEuropäischenUnion,dasGewichtderStaatenundletztlichauchdasGewichtunseresBundes-landsBaden-Württemberg–so,wiedieStaatenstrukturdes21.Jahrhundertsseinwird–ganzeindeutigvonEuropaab-hängenwird.WirbraucheneineinigesEuropa,dasmiteinerStimmespricht.Andernfallswerdenwir inderStaatenweltdes21.JahrhundertskeinhinreichendesGewichthaben.

WirbrauchenWachstum,umdieSchuldenkrisebewältigenzukönnen.WirbrauchenauchWachstumbeiuns,diewirin

einemstarkenLandleben.KollegeReinharthatdieZahlenvorhingenannt.Wirbekennenunsdazu,dassunserLandalsProfiteurdesEuroundalsdasjenigeLand,dasinEuropabe-sondersstarkist,aucheinehöhereLasttragenmuss,wennesdarumgeht,solcheKrisenzubewältigen.

Eskannnichtdarumgehen,zusagen:„WirkassierennurdieBenefitsderWährungsunion,aberwennesumdasTragenvonLastengeht,stehlenwirunsdavon.“UnserLandmusssichnatürlichdazubekennen,auchdieLastenmitzuschultern–alsdiegrößteVolkswirtschaftinEuropaohnehin.

DeshalbbekennenwirunsauchzudervorläufigenKonstruk-tionderEFSF.Deshalbglaubeichauch,dasskeinWegdaranvorbeiführenwird,morgendieFortschreibungderEFSFinBerlinzubeschließen.Dennesistnotwendig,denEurozusi-chern.Esistauchnotwendig,soweitesgeht,Spekulantenab-zuschrecken.

Dennochglaubeichnicht,dassmansagenkann,dieEFSF–so,wiedieKonstruktionvorliegt–seidasGelbevomEi.Ichglaubenicht,dassmansagenkann,niemanddürfediesenWegkritisieren.Schongarnicht,meineDamenundHerren,glau-beich,dassesrichtigist,jeden,derdieEFSFkritischhinter-fragt, ineinenationalpopulistischeEckezurücken.Das istmitSicherheitfalsch.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

Deshalbistauchnichtjeder,derübereinegeordneteInsol-venzvonStaatenwieGriechenlandnachdenkt,eindumpferRechtspopulist–beispielsweiseProfessorBurghofheuteoderProfessorIssing,dervonHerrnKollegenReinhartschonzi-tiertwordenist.

EsgibtmitgutenGründenauchandereLösungen.Esgibtgu-teGründedafür,dieEFSFjetztnichtdauerhaftfortzuschrei-ben,ihrnichtauchnocheineHebelwirkungzuzubilligen,so-dasswirletztlichnichtmitSummeninBillionenhöheimmerweiterbürgen.Diejenigen,dieüberunsolideHaushaltever-fügenundunsolidewirtschaften,dürfensichnichtdaraufver-lassenkönnen,dassanderefürsieeinstehen.DaswirdnichtderdauerhafteWegsein.

WederwirddurchRettungsschirmenochdurchwirklichenSchuldenabbaudieSituationindenKrisenländernverbessert,nochwurdedieseKrisebishereingedämmt.SelbstnachderAufstockungderEFSFlägeihrGarantievolumen„nur“bei440Milliarden€.DasreichtvielleichtfürkleinereLänderwieGriechenland,dessenAnteilamBruttoinlandsproduktderEu-ropäischenUnion2%ausmacht,aberganzsichernichtfürItalienundSpanien.DeshalbführenwirdieseDiskussionüberdieHebelwirkung.FürdieRefinanzierungdieserLändermüss-temittelfristig eineVerschuldung von 2,5Billionen € bis3Billionen€umgeschlagenwerden.

DieszuleistensindwederdieEFSFnochderdauerhafteEuro-päischeStabilisierungsmechanismus imstande.Folglichdro-henbeieinerAusweitungderKrisehorrendeVerlustefürdendeutschenSteuerzahler–bishinzurjeweiligenObergrenze.DaslöstwederdieKrise,nochkannesinunseremInteressesein,diesimmerweiterauszuweiten–mitimmergrößeremHaftungsvolumen.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Hans-Ulrich Rülke)

ZudembleibtmitBlickaufdieVerteilungsgerechtigkeither-vorzuheben,dasssichetwa70%desbetroffenenKapitalsvonBankenundFinanzinvestorenimBesitzvonvielleicht5%reichenIndividuenaufderWeltbefinden.DerRettungsschirminfolgederÜbernahmevonVerlustendieserkleinenVermö-genselitebedeutetletztlicheineUmverteilungzugunstendie-serInvestorenundzuungunstendesdurchschnittlichenSteu-erzahlers.Daskanneigentlichniemandwollen.

(BeifallbeiderFDP/DVP)

MeineDamenundHerren,deshalbkannesnichtfalschsein,überAlternativennachzudenken.Schauenwirunseinmaldie-seAlternativeninderGeschichtean.RusslandwarvoretwazehnJahren insolventundhatheuteetwadieHälfteseinerSchuldenzurückbezahlt.FürdieUkrainegiltinetwadasGlei-che.Pakistan undEcuador haben jeweils etwa70% ihrerStaatsschuldenzurückbezahlt.UruguayunddieDominikani-scheRepublik haben in denvergangenen Jahren zwischen86%und98%ihrerSchuldenzurückbezahlt.EsgibtalsoBeispieleinderjüngerenGeschichte,diezeigen,dasseinege-ordnete–dasbetoneich–InsolvenzdurchauseineAlternati-vezuimmerneuenRettungsschirmengewesenist.

Ichhabeschonerwähnt,dassdiegriechischeVolkswirtschaftmiteinemAnteilvon2%zumBruttoinlandsproduktderEu-ropäischenUnionbeiträgt.EsgibteineReihevonseriösenIn-stitutenundExperten–hierzugehörenauchProfessorBurg-hofundProfessorIssing–,diedavonausgehen,dassbeideut-schenBankenVerlusteinHöhevonetwa20Milliarden€zuverkraftenwären.Dassindwenigerals10%der253Milliar-den€,diezuverbürgensichderDeutscheBundestagjetztan-schickt.

MeineDamenundHerren,dassindAlternativen.ÜberdieseAlternativenmussmanerstensdiskutierendürfen.ZweitensmüssendieseAlternativendanngegebenenfallsindendauer-haftenStabilisierungsmechanismuseinfließen.WerzurKas-segebetenwird,dermussauchmitbestimmendürfen.DasgiltsowohlfürdenBundesratalsauchfürdiedeutschenSteuer-zahlerinsgesamt.ManmussaußerdemdasRechthaben,aufFehlentwicklungenhinzuweisen.Dasheißt:HilfenkünftignurgegenklareAuflagen.

Insofernkommenwir indiesemHauszuunterschiedlichenAnalysen.IchsageinallerDeutlichkeit,dassauchwirunsmitderEinführungvonEurobondsschwertun,weildieserSchrittschnurstracksindieTransferunionführt.EsbestehtnatürlichdieGefahr,dasssichirgendwannderFokusderSpekulantenaufDeutschlandrichtet.Wennmandavonausgeht,dassderdeutsche Steuerzahler imWege vonEurobonds für großeVolkswirtschaftenwievielleichtItalienherhaltenmuss,dannsagendieseSpekulantenirgendwann,dassdieDeutschendasnichtschaffen.DamitziehenwirdiePfeileaufuns.

InsoferndürfenwirkeinenWegeinschlagen,andessenEndesichalleSchuldenmacheraufDeutschlandverlassen.Dassda-rauseinereinigendeWirkungerwächst,istimMomentnichtzuerkennen,sonderndasGegenteilistderFall.HerrKollegeHofelich,SiehabenzutreffenddenWegbeschrieben,wiemanzunächstversuchthat,soetwaszuvermeiden,unddannfest-gestellthat,dassmandochstützenmuss.

Dannhatmanfestgestellt:Das,wasmananStützungsmittelnbewilligthat,reichtnicht.Dannmussteständigaufgestockt

werden.Dassprichtdochdafür,dassesnichtderSteinderWeisenseinkann,immerweiterzustützenunddaraufzuhof-fen,dassdiebetreffendenLänderirgendwanndieKurvekrie-gen.OffensichtlichkriegensiedieKurvenicht,unddeshalbmussman über andereAlternativen nachdenken.Deshalbmussman,glaubeich,wennmandiesenStabilitätsmechanis-musmacht,auchdieanderenMöglichkeiteneinbauen.

(BeifallbeiderFDP/DVP)

WirkönnengernübereineFinanztransaktionssteuerdiskutie-ren.Wirsindnichtgrundsätzlichdagegen.Dochsiemussebenauchwirken.EsmachtkeinenSinn,zusagen:„WirführenmiteinigenwenigenLänderneineFinanztransaktionssteuerein–vielleichtbestenfallsinderEurozone–undlassenGroßbri-tannienaußenvor“;denndasEinzige,waswirdamiterrei-chen,isteinemassiveSchädigungdesStandortsFrankfurtzu-gunstenvonLondon.DaskannnichtdieLösungsein.

WennSiesagen,HerrKollegeHofelich:„HerrBarrosohatverkündet, dieFinanztransaktionssteuer kommt“,muss ichentgegnen,mitVerlaub:Verkündenkannmanviel.

(HeiterkeitdesAbg.Dr.WolfgangReinhartCDU)

HerrBarrosowirdwohlkaumimWegedesErlasseseinesol-cheFinanztransaktionssteuerimplementierenkönnen.DafürbedarfesdespolitischenWillensallerinEuropa.WennalleinEuropadazubereitsind,

(Abg.Dr.WolfgangReinhartCDU:Sehrrichtig!)

werdenauchwir–dassageichIhnenzu–diesenSchrittun-terstützen,aberebennichtisoliertundnichtohneGroßbritan-nien.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

HerrMinisterFriedrich,vonIhnenwurdeinIhrerRegierungs-erklärungrichtigangesprochen,dassvielesvondem,wasmangemachthat–beispielsweiseinIrlandundinPortugal–,ge-griffenhat,aberinGriechenlandoffensichtlichnicht.DeshalbbrauchenwirkünftigInstrumente,dieebenauchinsolchenFällenwiederSituationinGriechenlandgreifen.DerESMmuss ein verlässliches, einwirksames Instrumentwerden.WennSie,HerrHofelich, jetzt richtig beschrieben haben,welchtastendenWeg–daswillichgarnichtbestreiten–dieBundesregierungbeiderBekämpfungdieserKriseeinschla-genmusste,sprichtdasdochdafür,dassdienotwendigenIn-strumente,diemaneigentlichbrauchte,nochnichtvorhandensind.Deshalbmüssenwirdarübernachdenken:Wassinddierichtigen,wassinddiewirksamenInstrumente?

Ich glaube schon, dasswir dieseSchuldenkrise inEuropanichtbekommenhätten,wennmanganzeinfachdenVertragvonMaastrichteingehaltenhätte.

(ZurufvonderFDP/DVP:Sehrrichtig!)

UnserProblemistdoch,dasswirbeimVertragvonMaastrichtzwarganzeindeutigdefinierteKriterienbeschlossenhaben–beispielsweisedieBegrenzungderNeuverschuldungauf3%desBruttoinlandsproduktsproJahroderdieObergrenzefürdieGesamtverschuldungvon60%desBruttoinlandsprodukts–,dassmandiesejedochvonvornhereinnichteingehaltenhat

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unddassman–Siehabenesjazugegeben–dieseKriterienseitensderRegierungSchröder/FischervorknappzehnJah-renaufgeweichthatunddiedeutscheBundesregierungda-malszusammenmitFrankreichbeschlossenhat:Dashaltenwirjetzteinfachnichtmehrein.DashatteeineverheerendePräzedenzwirkungaufandereStaateninEuropa.

Gleichesgiltdafür,dassmanGriechenlandmiteinerange-kündigtenGesamtverschuldunginHöhevon60%desBrut-toinlandsprodukts–mittlerweilesindsiebei160%–aufge-nommenhat.ManhatalsoimGrundemutwilligdieKriteri-en desVertrags vonMaastricht verletzt unddadurchdieseSchuldenkrisepolitischverursacht.GenaudaswarderFeh-ler.HättemandieKriteriendesVertragsvonMaastrichtein-gehalten,hättenwirdieseKrisesonicht.AuchdasgehörtzurWahrheit.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

Deshalbmussmandarübernachdenken:Wastutmaninsol-chenFällenwiebeiGriechenland?Deshalbmusseslegitimsein,übereine–ichbetonees–geordneteInsolvenz,übersoetwaswieSchuldenschnitteund–ichsagedasinallerDeut-lichkeit–imäußerstenFallauchüberdieFrageeinesAus-trittsausderWährungsunionnachzudenken,abernurimäu-ßerstenFall.Wirwollendasnicht,abermankanndasnichtgrundsätzlichausschließen,wennwirdieWährungsunionunddamitdenEuroauchinZukunftschützenwollen.

InderGriechenland-Krisewirddeutlich,dassderdeutscheSteu-erzahlernichtganzzuUnrechtbefürchtet,dassdemschlechtenGeld immermehrgutesGeldhinterhergeworfenwird, unddasswirimGegenzugverlangen:DieGriechensollenimmerweitersparen.AllmählichhabeichdenEindruck,dalässtBrü-ninggrüßen.Diesollenimmerweitersparen,gleitenimmerweiterindieRezessionab,undwirversuchen,dasdurchim-merweitereMilliarden aufzufangen.Das ist offensichtlichnichtderrichtigeWeg.

Deshalbempfehleich,übersoetwasnachzudenken,wieesjetztauchRolandBergervorgeschlagenhat:beispielsweiseeineTreuhand-HoldingzuschaffeneinerseitsmitdemZielderEntschuldungundandererseitsmitdemZiel,dergriechi-schenWirtschaftunddemgriechischenStaatwiederMöglich-keitenzurVerfügungzustellen,umwirtschaftlichzuwach-sen.Denndas ist dasZiel, unddas kann ebennicht alleindurcheineEFSFunddadurch,dassmanimmerneueSparauf-lagenbeschließtunddieLöchermitimmerneuenMilliarden–vornehmlichdesdeutschenSteuerzahlers–stopft,erreichtwerden.

Insofern,glaubeich,müssenwirdarübernachdenken,wiewirwirksammitsolchenKrisenumgehen.DadarfesnatürlichkeineDenkverbotegeben.Ichhoffeaufeinenweiterhinkri-tisch-konstruktivenDialog.

VielenDank.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:LiebeKolleginnenundKollegen,mirliegenkeineweiterenWortmeldungenvor.

DamitsinddieRegierungserklärungunddieAusspracheda-rüber–Punkt1–abgeschlossen.

IchrufePunkt 2derTagesordnungauf:

Aktuelle Debatte – Grün-rote Schulmodelle schaffen Schü-ler zweiter Klasse – beantragt von der Fraktion der CDU

LiebeKolleginnenundKollegen,dasPräsidiumhatfürdieAktuelleDebatteeineGesamtredezeitvon40Minutenfest-gelegt.DaraufwirddieRedezeitderRegierungnichtange-rechnet.FürdieeinleitendenErklärungenderFraktionenundfürdieRednerinderzweitenRundegiltjeweilseineRede-zeitvonfünfMinuten.IchdarfdieMitgliederderLandesre-gierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenenRede-zeitrahmenzuhalten.

Schließlichdarfichnochauf§60Abs.4derGeschäftsord-nunghinweisen,wonachimRahmenderAktuellenDebattedieAusspracheinfreierRedezuführenist.

Für dieCDU-Fraktion erteile ichHerrnAbg.Wacker dasWort.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Er hat einenHaufenZetteldabei!)

Abg. Georg WackerCDU:SehrgeehrterHerrPräsident,mei-neDamenundHerren!DerBildungsmonitor2011haterstvorwenigenWochenbekanntgegeben,dasssichBaden-Württem-bergmitseinemdifferenziertenBildungssystemnachwievoraufeinemsehrgutenWegbefindet.Wirbefindenunsvoral-lemaufeinemsehrgutenWegzumehrBildungsgerechtigkeitundzuwenigerBildungsarmut.DieZahlderSchulabbrecheristweitergesunken.WirhabenweiterhineinendeutlichenZu-wachsbeiderZahlderHochschulzugangsberechtigten,vorallemandenberuflichenSchulen.Dasbelegtauch,dassderZusammenhangzwischensozialerHerkunftundBildungser-folginBaden-Württembergdeutlichreduziertwird.UndwirhabenanunserenSchulendeutschlandweitdieniedrigsteWie-derholerquote.

MeineDamenundHerren,dasdifferenzierteBildungssysteminBaden-WürttembergproduziertalsokeineBildungsverlie-rer,sonderneröffnetBildungsschancen.

(ZurufdesAbg.WalterHeilerSPD)

SelbstdasKultusministeriumhatdiesgeradeindiesemZu-sammenhangvorwenigenWochendurchausanerkannt, in-demSie,FrauMinisterin,davongesprochenhaben,dasssichdasbaden-württembergischeBildungssystemandernationa-lenSpitzebefindet.Nurderjenige,dersichandernationalenSpitzebefindet,kannauchdieinternationaleSpitzeerreichen.DeswegenfordernwirSieauf:StärkenSieunserebestehen-denBildungsgänge imdifferenziertenBildungswesen, undlassenSieabvoneinemSystemwechsel.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–Abg.ClausSchmiedelSPD:DasistFrauMer-kel,diedenSystemwechselwill!FrauSchavanwilldenSystemwechsel! Ihrhabtdoch inFreiburg ap-plaudiert! –Zuruf vonderSPD:FrauMerkel und

FrauSchavansindhierangesagt!)

–HerrKollegeSchmiedel,mitderAbschaffungderverbind-lichenGrundschulempfehlunghabenSiebereitsdenersten

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Georg Wacker)

SchrittindieWegegeleitet.NurvordergründiggingesIhnenumdieEinführungdesElternwahlrechts.IhrZielistes,dassnachundnachimmerwenigerSchülerdieHauptschulenunddieWerkrealschulenbesuchenunddassSiedamitPlatzschaf-fenfürIhreneueSchulart.Sieignorieren,dassderExperten-rat„HerkunftundBildungserfolg“dieAbschaffungderver-bindlichenGrundschulempfehlungdeswegenkritisierte,weildadurchderZusammenhangzwischensozialerHerkunftundBildungserfolgverschärftundnichtentspanntwird.

FrauMinisterin,SieweisenimmeraufRheinland-Pfalzhin.Siesagenimmerwieder,dortgäbeesnurgeringeAuswirkun-gen.DasGegenteilistderFall.DorthatdieLandesregierungdieverbindlicheGrundschulempfehlungabgeschafftmitdemZiel,dasseinegeräuschloseSteuerungermöglichtwird,umeineÄnderungderSchulstrukturindieWegezuleiten.DieÜbergangszahlenbelegendieseindeutig.

NunzurFragederGerechtigkeitimHinblickaufdieRessour-cen:UrsprünglichhattenSiedieAbsicht,6400neueStelleneinzurichten.NachwenigenTagenwurdedieserVorschlageinkassiert.JetztwollenSiedenKlassenteilerandenGemein-schaftsschulenauf28senken.AufdereinenSeitesagenSie,dieweitereSenkungdesKlassenteilersseipädagogischnichtzielführend.AufderanderenSeiteaberwollenSiedenGe-meinschaftsschuleneineSenkungdesKlassenteilerszugeste-hen.Dasistungerechtgegenüberdenanderenweiterführen-denSchulen,meineDamenundHerren,dieeinehervorragen-depädagogischeArbeitleisten.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.Fried-lindeGurr-HirschCDU:Undunlogisch!)

Weiter behauptenSie, dass in unseremdifferenziertenBil-dungssystemsogenanntehomogeneLerngruppenunterrich-tetwürden.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:SoeinQuatsch!)

Wirwissen,dassdieHeterogenitätgeradeinunserendiffe-renziertenBildungsgängen, vor allemandenRealschulen,aberauchandenGymnasien,zunimmt.InsbesonderedieRe-alschulenerbringeneinegroßeintegrativeLeistung.Sie,FrauMinisterin,würdigendieRealschulennicht,Siebeachtensienichteinmal.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Siewillsiejagarnichtmehr!)

DeswegenfordernwirSieauf:UnterstützenSiedieRealschu-lenbeiihrerbesondersintegrativenArbeit.

(Beifall–ZurufdesAbg.SiegfriedLehmannGRÜ-NE)

ZumSchlussnocheines:GerechtigkeithatauchetwasmitQualitätzutun.SieprophezeieneineSchulemitparadiesi-schenVerhältnissen,tundiesaberohnejeglicheVorlageei-nesKonzepts.DieStärkeunsererdifferenziertenBildungs-gängeliegtjedochdarin,dassalleweiterführendenSchular-tenihrenSchülerinnenundSchülernbesondereProfileanbie-ten,dieesihnenmöglichmachen,sichgeradeauchinpersön-licherHinsichtinbesonderemMaßzuentwickeln.ErklärenSieuns,FrauMinisterin,wiesichineinereinzügigenGemein-schaftsschuleeinesolcheProfilvielfaltüberhauptentwickeln

kann.DieshatetwasmitQualitätzutun.DiesenqualitativenBedürfnissenderSchülerinnenundSchülerkönnenSieinein-zügigenGemeinschaftsschulenüberhauptnichtRechnungtra-gen.

(BeifallbeiderCDU–Abg.DieterHillebrandCDU:Nivellierung!)

MeineDamenundHerren,etwasstimmtunsbesondersbe-denklich:SieladenzueinemKongressam6.OktoberinLud-wigsburgein;dortwollenSieüberIhreneueSchulformin-formieren.DasistzunächsteinmalIhrgutesRecht.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:SchöneStadt!MeineStadt!–Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:„MeineStadt“!–Abg.NicoleRazaviCDU:Dasklingtjawie„MeinBahnhof“!–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:

„MeineStadt,meinLand“!)

–WirlebendochnichtmehrimZeitalterdesFeudalismus,HerrKollegeSchmiedel.

(Zurufe)

WennmansichdenEinladungstextgenauanschaut,wirdklar–dasmusseinemschonaufstoßen–:Siesprechendavon,dassIhreneueSchule,diesogenannteGemeinschaftsschule,demZweckdient,dassSchülerinnenundSchüler„arbeiten,spie-lenundlachen“sollen.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Genau!)

Manmuss sichdaseinmalaufderZungezergehen lassen.MeineDamenundHerren,unterstellenSiedenndenanderenSchularten,dassdortnichtgelachtwird,dassdortnichtgear-beitetwirdunddassdortauchnichtgespieltwird?

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–Abg.HelmutWalterRüeckundAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo! –Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:BeiIhnenhabendieSchülernichts

zulachen!)

HörenSieauf,weiterführendeSchulen,diehervorragendepä-dagogischeArbeitleisten,zustigmatisieren.

VielenDank.

(BeifallbeiderCDU–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:Eine sehr guteRede! –Abg.Karl-Wilhelm

RöhmCDU:Bravo!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler: FürdieFraktionGRÜ-NEerteileichFrauAbg.BoserdasWort.

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE: Jetzt kommt In-halt!)

Abg. Sandra BoserGRÜNE:SehrgeehrterHerrPräsident,liebeKolleginnenundKollegen,meineDamenundHerren!HerrKollegeWacker,vielenDank,dassSiedenBildungsmo-nitoraufgegriffenhaben.Ichhätteihnhierjetztnichtange-sprochen,aberereignetsichsehrgutalsEinleitung.DennwelcheErkenntnishatderBildungsmonitornebenderTatsa-che,dassBaden-WürttembergnachSachsenundThüringenaufdemdrittenPlatzgelandetist,nocherbracht?Dasistdie

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Sandra Boser)

ganzklareAussage,dasswirimHinblickaufdieChancenge-rechtigkeitunddieBetreuungsangeboteeinenenormenNach-holbedarfhaben

(LebhafterBeifallbeidenGrünenundderSPD)

unddassdieScherezwischendenen,dieLeistungenerbrin-gen,unddenen,diebeidiesemSchulsystemdurchdasRasterfallen,immerweiterauseinandergeht.Inkaumeinemande-renBundeslandbestehteinesogroßeAbhängigkeitzwischendersozialenHerkunftunddemBildungserfolgwieinBaden-Württemberg.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Das ist genauso!)

DasdreigliedrigeSchulsystemträgthierzuleiderinbesonde-rerWeisebei.DenndurchdiefrüheSelektionderKindernichtnurnachLeistung,sondernauchnachsozialerHerkunftbe-fördertesdiesinbesonderemMaß.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

DieEinführungderWerkrealschulehatdieseSituationnichtverbessert,sondernnochweiterverschärft.

(Abg.CharlotteSchneidewind-HartnagelGRÜNE:Jawohl!)

DennmitderEinführungderWerkrealschuleisteineabsurdeKonkurrenzsituationzwischenHauptschulenundWerkreal-schulenentstanden,diedieSchülerundSchülerinnennochweiterunterteilt.

FürunsGrüneisteseinederwichtigstengesellschaftlichenAufgaben,dafürzusorgen,dassdieKinderundJugendlichenunabhängigvonHerkunftoderGeschlechtdenbestmöglichenBildungserfolghaben.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FrauKolleginBoser,gestattenSieeineZwischenfragedesHerrnAbg.Wacker?

Abg. Sandra BoserGRÜNE:AmEndemeinerRede,bitte.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:AmEndeIhrerRede.SindSieeinverstanden?–Gut.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Schlussfrage!)

Abg. Sandra BoserGRÜNE:Wirsindunsnachdem,wasdasdreigliedrigeSchulsystemmomentanaufweist,natürlichvölligklardarüber,dasswirauchVerbesserungenbeidenbe-stehendenSchulartenbrauchen.DieseVerbesserungenwer-denwirangehen.

WirwollenmitderEinführungderGemeinschaftsschuleeinschulischesAngebotstarten,dasstattauszusortierendemin-dividuellenBildungswegeinesKindesgerechtwird,dasdasKindimmerwiederfördertundfordert.EineSchulefüralle,dieesdenKindernermöglicht,ihreigenesLerntempozuver-folgen,eineSchule,diedenBegabungenundEntwicklungenjedeseinzelnenKindesgerechtwird,hatdiegrößteAussichtaufErfolgbeidieserHerausforderung,jedemKinddenbest-möglichenschulischenAbschlusszuermöglichen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

DabeiwerdenimÜbrigenauchdieAnforderungenderWirt-schaftaufgegriffen,dieimmerwiederbemängelt,dassesdenJugendlichen anEigenständigkeit undTeamfähigkeit fehlt.DurchLerngruppen,indenendieSchülerinnenundSchülerimmerwiederneueRollenbekommen–malalsLehrendeundmalalsLernende–,erfahrensiedieFähigkeitunddieNot-wendigkeit,sichinGruppenzurechtzufinden,sichzubehaup-tenundsichauszutauschen.Dennmiteinanderzulernenheißtauchvoneinanderzulernen.Dabeiistesnatürlichunabding-bar,dasswirausGründenderVergleichbarkeitundalsver-lässlichenRahmendieBildungsstandardsalsGrundlagefürdieInhaltenehmen,diewirandenSchulenweitergeben.

EswirddabeiaberauchunsereAufgabesein,zuprüfen,wel-chesWisseninderheutigenGesellschaftwichtigist.DiesenneuenAnforderungenmüssenwirauchRechnungtragen.Da-herwirdesnichtausbleiben,dasswirauchdieBildungsplä-neneubetrachten.Dabeimussgewährleistetwerden,dassdieKinderundJugendlichenaufdieHerausforderungenderZu-kunftgutvorbereitetwerden,indemsiebeispielsweisewich-tigeKompetenzenimBereichdernachhaltigenEntwicklungerfahren.DazugehörenKenntnisseübereinennachhaltigen,ressourcenschonendenUmgangmitderUmwelt,aberauchvertiefteKenntnisseübersozialeundwirtschaftlicheKompo-nentenderNachhaltigkeit.

(BeifallbeidenGrünen,derSPDundderFDP/DVP)

HinzukommendiegesteigertenAnforderungenimBereichderMedien,weshalbdasThemaMedienkompetenzimschu-lischenAlltagfächerübergreifendmehrRaumbekommensoll.

Wiewichtigesdabeiaberauchist,dassdieSchulenichtnureinLern-,sondernaucheinLebensortist,wirdimmerwiederinStudienundVorträgenbestätigt.DenndieKinderundJu-gendlichenbenötigenfüreinenerfolgreichenSchulalltagnichtnurPhasendesFaktenlernens,sondernauchPhasen,indenensiesichbewegen,musizieren,neueDingeausprobierenodersichauchentspannenkönnen.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:UnddasgibtesandenSchulenheutenicht?SoeinQuatsch!)

DieZeitdafüristandenmeistenSchulenleidernichtgege-ben.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ich ladeSieein,ichkannesIhnenzeigen!AnwasfüreineSchulege-

henSiedenn?)

NichtnurLernangebote,sondernauchFreizeitangebotesindfüreineSchule,dieerfolgreicharbeitenwill,einwichtigerBestandteil.GanztagsschulenleistenaucheinenerheblichenBeitragzurErhöhungderChancengerechtigkeit.Dieshatüb-rigensgeradeerstdieBertelsmannStiftungbestätigt,diebeimThemaIntegrationdasFehlenvonGanztagsschulenalseinenwichtigenFaktordafürherausgestellthat,dassBaden-Würt-temberghiernichtsoweitistwieandereBundesländer.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD–Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:Hört,hört!–Abg.VolkerSchebestaCDU:WirhabendiehöchsteZahlvonGanztagsschulen unddie niedrigstenKlassen-

stärken!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Sandra Boser)

EinweitererwichtigerErfolgsfaktoristeineguteZusammen-arbeitzwischenSchule,LehrkräftenundEltern.Einegutfunk-tionierendeErziehungspartnerschaftzwischenSchuleundEl-ternhausisteinewichtigeBasis,diedenKindernundJugend-lichenbeiderOrientierungaufihremBildungswegundaufihremWeginsspätereBerufslebenhilft.

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

Dabeidürfenwirnichtverkennen,dassesinBaden-Württem-berginzwischeneinenausgeprägtenFachkräftemangelgibt,der durchdas bestehendeSchulsystemoffensichtlich nichtaufgefangenwerdenkonnte.

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:Hört,hört!)

HiermüssenwiraktivwerdenundbislangungenutztePoten-zialedurchfrüheundguteFörderungvorallemderSprach-kompetenzenbeiunserenKindernundJugendlichenerschlie-ßenundnutzen.

(Abg.PeterHaukCDU:Bildungshaus!)

MeinesehrgeehrtenDamenundHerren,wasdiegrün-roteKoalitionhierimBereichderBildungvorhat,istkeinQuan-tensprungundauchkeineRevolution.VielmehristeslängstüberfälligeSacharbeit.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:FührenSieesdochverpflich-

tendein!)

DiesewurdeindiesemLandbishereklatantverschlafen.DasistzumNachteilvielerSchulabbrecherundSchulabgänger,dieesheutenochschwererhabenalsindenvergangenenJah-ren,sichaufeinemunruhigenArbeitsmarktzurechtzufinden.

DochBildungistfürunszuallererstaucheinWertansich.Je-desKindundjederJugendlichesolltedieMöglichkeithaben,seineTalentefreizuentfalten.WirwerdenunsdenAnforde-rungenunddengeändertenAnsprüchenderGesellschaftstel-lenundinstetigemDialogmitdenBeteiligtenvorOrtLö-sungsstrategienerarbeitenundumsetzen.DennnurwennmanBildungauchalsetwasbegreift,wasnichtstatischist,son-dernaucheinemWandelunterworfen ist,beidemsichdieRahmenbedingungenändernkönnenundbeidemdieWissen-schaftneueErkenntnissemitaufdenWeggibt,kannmanei-neGesellschaftweiterentwickeln.Esbringtnichts,starranal-ten Ideologien festzuhalten und etwas zu verteidigen,wasschonlangenichtmehrderLebenswirklichkeitsowiedenBe-dürfnissenderGesellschaftundderMenschenentspricht.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.ClausSchmiedelSPD:Sehrgut!–Abg.Karl-WilhelmRöhm

CDU:SiekommendochmitaltenIdeologien!)

LiebeKolleginnenundKollegenvonderCDU,PabloPicas-sohateinmaletwasgesagt,wassehrgutzuIhrerHaltunginderBildungspolitikpasst.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Gutzuhören!)

Die meiste Zeit wird damit vergeudet, festzuhalten, was man schon längst verloren hat.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:WirverlierengeradedasguteBil-dungssystem!–ZurufdesAbg.ClausSchmiedelSPD)

StellenSiesichdenVeränderungenundhörenSieauf IhreKollegenindenanderenBundesländern,dielängsterkannthaben,dassdieBildungslandschaftVeränderungenbraucht,anstatt ständigSchreckgespenster heraufzubeschwören undIhreimmergleichenVorwürfezuäußern.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:DassmüssenSiemireinmalvorlegen!)

VerwendenSieIhreEnergiedarauf,diewichtigenVerände-rungenmitzutragenundanzuerkennen.DennZukunftsfähig-keit,WeitsichtundNachhaltigkeitsindnebenderChancen-gerechtigkeitdieKriterien,andenensichunserBildungssys-temundunsereGesellschaftindenkommendenJahrenwer-denmessenlassenmüssen.

VielenDank.

(AnhaltenderBeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:Jetztwissenwirnochimmernichtvielmehralsvorher!–ZurufdesAbg.

Karl-WilhelmRöhmCDU)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:GestattenSiejetztei-neNachfrage?

Abg. Sandra BoserGRÜNE:Ja.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Bitte,HerrAbg.Wa-cker.

Abg. Georg WackerCDU:SehrgeehrteFrauKolleginBo-ser,ichnehmenocheinmalBezugaufdenAnfangIhrerRe-de.StimmenSiemirzuoder–anders,ergänzendgefragt–istIhnenbekannt,

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Wasdennjetzt?)

dassdieOECDbei ihren internationalenVergleichsstudiendasberuflicheBildungssysteminBaden-Württembergnichtberücksichtigt?IstIhnenbekannt,dassdagegenderBildungs-monitor2011,dervomInstitutderdeutschenWirtschaft inAuftraggegebenwordenist,dasberuflicheSchulwesenmiteinbezieht?DaraufbasierendwirddieErkenntnisgezogen,dasssichderZusammenhangzwischensozialerHerkunftundBildungserfolginDeutschland,insbesondereinBaden-Würt-temberg,ausdrücklichverbesserthat,geradeweilwireinauf-stiegsorientiertesBildungssystemhaben.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Vom letzten auf denvorletztenPlatz!–Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:WaswarjetztdieFrage?–GegenrufdesAbg.Volker

SchebestaCDU:Obsiezustimmt!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Bitte, FrauKolleginBoser.

Abg. Sandra BoserGRÜNE:DieFragehabeichjetztauchnichterkannt,aberichantwortegerndarauf.

(VereinzeltHeiterkeit –Zurufe: StimmenSie ihmzu?)

–Nein,ichstimmenichtzu.Ichkanndazusagen,dasswirbeispielsweisebeidenÜbergängenimBereichderberuflichenBildungbeidenJugendlicheninzwischeneinensehrgroßen

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Sandra Boser)

Mangelhaben.40%derJugendlichenbeginnennichtdirektnachderSchuleeineAusbildung.WirhabendaeinensehrgroßenNachholbedarf.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Wo?SprechenSievonBaden-Württemberg?Dasistdochvölligdane-

ben!–Unruhe)

–DasistaufBaden-Württembergbezogen.

(Unruhe–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:DarfichdieRednerinersteinmaldieFragebeantwortenlassen?

(Abg.VolkerSchebestaCDU:NormalerweiseisternurbeimThemaStuttgart21so!–Abg.KlausHerr-

mannCDU:Daraufwartenwirdoch!)

Bitte,FrauKollegin.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Unruhe)

LiebeKolleginnenundKollegen,esgehtdarum,dasseineFragegestelltwurde.DannhatmandurchZwischenrufedieAntwortaufdieFragegarnichtverstanden.LassenSiedieKollegindochersteinmaldieFragebeantworten.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Jetzt,FrauKollegin.

Abg. Sandra BoserGRÜNE:NachherstehtnochdasThema„ÜbergängebeiderberuflichenBildung“an.DieAktuelleDe-battedazuwurdevonderSPDbeantragt.

InBaden-WürttemberggibtesdiesenMangel.TrotzdesFach-kräftemangels gelingt es uns nicht, die Jugendlichen einerAusbildungzuzuführen;ganzimGegenteil.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:SchaffenandereLän-derdasbesser?)

–AnderenLänderngelingtdiesbesser,ja.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünenundderSPD–Abg.Volker SchebestaCDU:Welchen? –Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Wo?–Abg.PeterHauk

CDU:Was?)

–IchwerdeIhnendieAntwortzukommenlassen.

(Abg.PeterHaukCDU:FrauBoser,PolitikbeginntmitderWirklichkeit!WelchesLandistbesser?–Ge-genrufdesAbg.ClausSchmiedelSPD:Dierot-grünregierten!–GegenrufdesAbg.Karl-WilhelmRöhm

CDU:Was,bitte?)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:HerrKollegeHauk,möchtenSieeineFragestellen?

(Abg.PeterHaukCDU:Nein!Dashatsicherledigt!)

–Nein?–FrauKolleginBoser,SiehabennochdasWort.

Abg. Sandra BoserGRÜNE:IchwerdeIhnengerndieAnt-wortzukommenlassen.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:„DieseFragebeant-

worteichIhnenschriftlich“!–Unruhe)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:DasWort erteile ichHerrnAbg.Dr.StefanFulst-BleifürdieSPD-Fraktion.

Abg. Dr. Stefan Fulst-BleiSPD:SehrgeehrterHerrPräsi-dent,meinesehrgeehrtenDamenundHerren!Esmachtre-gelmäßigimmerwiederSpaß,hierzusein.

(Heiterkeit)

AlleinderTiteldieserDebattekannnuralsderhilfloseVer-suchderOppositionangesehenwerden,eineüberJahrzehnteaufgebauteVerantwortungslosigkeitgegenüberjungenMen-scheninunseremLandabzudrücken.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–ZurufevonderCDU–Unruhe)

Siewarendiejenigen,meineDamenundHerreninderOppo-sition,dieüberJahrzehnteeinSchulsystemgeschaffenhaben,indemwieinkeinemanderennachGeldbeutelundBildungs-hintergrundderElternselektiertwird.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–ZurufevonderCDU)

NehmenwireinpaarBeispieleausderPraxis.Siewarenes,die dieBaden-Württemberger zuSpitzenreitern inSachenNachhilfekostengemachthaben:durchschnittlich131€proElternhaus undMonat!Ein türkischerFreundhatmir bei-spielsweisebeiHausbesuchenamRandeerzählt,dasserak-tuelljedenMonat200€fürseinKindbezahlt,HerrWacker,weil es auf einemGymnasium ist und er ihmnicht helfenkann.WasfrüherindenSchulenerledigtwurde,istaktuellnämlichnurnochdurchNachhilfezugewährleisten.UnderhatschonheuteAngst,waspassiert,wenneinmalseinzwei-tesKinddasGymnasiumbesucht.

(ZurufevonderCDU)

IhrePolitikhatdazugeführt,dassbeispielsweiseinderKlas-semeinesSohnesnatürlichdasKindeinerALG-II-Beziehe-rinalsErstesdieSchuleverlassenmusste,weilsiedieNach-hilfenichtleistenkonnte.

SiehabenElternAngstgemacht.SohatbeispielsweiseeinBe-kanntermeineFrauimFrühjahrunglücklichgefragt,waserdennmachensolle:SeinKindhabenämlicheineGymnasial-empfehlung erhalten, er aber habe nur denHauptschulab-schluss.ErkönneseinemKinddochüberhauptnichthelfen.

IhrePolitikhat schließlichdafürgesorgt,dassLehrerG-8-Stoffunterrichten,aberkeineentsprechendenFortbildungenerhalten.

(WiderspruchbeiderCDU–ZurufdesAbg.VolkerSchebestaCDU)

DaserzählteeinDeutschlehrerimRahmeneinerPodiumsdis-kussiondesGesamtelternbeiratsinMannheim.DasistdieRe-alitätnach57JahrenCDU-Bildungspolitik.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.VolkerSchebestaCDU:SolangegibtesnochgarkeinG8!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Stefan Fulst-Blei)

BildungerfolgtbeiIhneninAbhängigkeitvomGeldbeutel,MigrantenkinderundsozialSchwachesindinderSackgasse,undElternhabenAngstdavor,ihreKinderaufsGymnasiumzuschicken.DieListeließesichnochbeliebigfortschreiben:Haupt-undWerkrealschulenunterDruck,übervolleRealschu-lenineinerSandwich-Situation,StreichungvonFörderstun-denfürdieSchwachen–dasistdieErblast,diewirvonIh-nenübernommenhaben.DasistdieKehrseiteeinesschein-barenPISA-ErfolgsunseresBundeslands:knallharteSelekti-on.UndausgerechnetSiestellensichheutehierhinundma-leneinBildvonZweiklassigkeitandieWand.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Das,wasSie vorhaben, ist

Drittklassigkeit!)

IhreSchulpolitikhatdocheinVierklassensystemvonderFör-derschule bis zumGymnasiumaufgebaut.Diese grün-roteLandesregierungwirdeinegerechteBildungspolitikdagegen-setzen.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.VolkerSchebestaCDU:Einklassengesellschaft!)

WirwerdenmitderGemeinschaftsschuleeinModellentwi-ckeln,inwelchemdieindividuelleFörderungdesKindesimMittelpunktsteht.WirwerdenGymnasienmitzweiGeschwin-digkeitenzulassen.

(ZurufvonderCDU:Einheitsbrei!)

WirwerdenHauptschuleneinePerspektivegebenundReal-schulenunterstützen.WirgebenElterneinstärkeresMitspra-cherechtbeiderAuswahlderSekundarschuleundstellenda-bei qualifizierte und verantwortungsvolleBeratung sicher.UndwirwerdendieLehreraus-und-weiterbildungneujus-tieren.Dashatnichtsmit„zweiterKlasse“àlaCDUzutun,sondernimGegenteil:WirhabendiealteschwarzeDampflokabgekoppeltund lösen füralleSchülereinenErste-Klasse-FahrscheinineinemmodernenBildungssystem.

Danke.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–ZurufevonderCDU:Sehrkonkret,allessehrkonkret!–Abg.VolkerSchebestaCDU:Jetztwissenwir,wasdieRe-gierungbeschließenwill!–Abg.Karl-WilhelmRöhm

CDU:OhHerr,vergibihnen!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:DasWortfürdieFrak-tionderFDP/DVPerteileichHerrnAbg.Dr.Kern.

(Unruhe–GlockedesPräsidenten)

–LiebeKolleginnenundKollegen,ichbittedochumRuheundAufmerksamkeitfürdieRedner.

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:HerrPräsident,liebeKol-leginnenundKollegen,meinesehrgeehrtenDamenundHer-ren!FüreinenLiberalenlautetdieallesentscheidendeFrageinderBildungspolitik:WielassensichdurchBildungmög-lichstvieleChancenfürdenEinzelneneröffnen?AufdiesesZielwerdenwirunshiervermutlichüberalleParteigrenzenhinwegverständigenkönnen.WoransichdieGeisterjedoch

scheiden,istdieFrage,aufwelchemWegzusätzlicheChan-ceneröffnetwerdenkönnenundentstehen.

DieLandesregierungplant nun, eineGemeinschaftsschuleeinzuführen,indereskeineKlassenmehr,sondernbuntge-mischteLerngruppengebensoll.

(ZurufvonderCDU:Einheitsbrei!)

SchülermitHauptschul-,Realschul-undGymnasialempfeh-lungsitzenhierzusammen,undderLehrerbzw.dieLehrerinunterrichtetsynchronnachdreiBildungsstandards,ebende-nenfürHauptschule,RealschuleundGymnasium.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Genau!HerrZel-lermacht sicher einmal exemplarischvor,wiedasgeht!–ZurufevonderSPD,u.a.:KeineAhnung!–

Unruhe)

–HörenSiedocheinmalzu!EswirdSiefreuen,wasichjetztsage.–MeineDamenundHerren,daskannfunktionieren,z.B. bei gut vorbereitetenArbeitsblättern imRahmenvonFreiarbeit.Aberwieverhältessich,wennderLehrerdochein-maletwasanderTafelerklärenmuss?SpätestenshierstößtdieBinnendifferenzierunganihreGrenzenundriskiert,so-wohl die stärkeren als auchdie schwächerenSchüler ebennichtmitzunehmen.

(ZurufvonderSPD:Nichtsverstanden!)

Ichmöchtenichtfalschverstandenwerden.Esgibtzweifels-ohneeineVielzahlvonKonzepten,LehrkräftenundSchulenauchinunseremLand,diemitheterogenenLerngruppenher-vorragendumzugehenverstehen.DieseKonzeptebereichernselbstverständlichdieAngebotsvielfaltundgebenwertvolleImpulsefürunserSchulwesen.

Ihnenaber,liebeKolleginnenundKollegenvonGrün-Rot–dashabenwirgeradeebengehört–,

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja!)

gehtesumetwasganzanderes.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Völligrichtig!)

Siemeinen,manmüsseeinfachnuralleSchülereinesJahr-gangs in eineLerngruppe pferchen, dannwürden sich dieChancenschonmehroderwenigervonalleingleichverteilen.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!)

MeineBefürchtungist:WennSiesichaufdiesemIrrglaubenausruhenundkeinezusätzlichenAnstrengungenunternehmen,umjedeneinzelnenSchülerseinenFähigkeitenundNeigun-gengemäßzufördern,werdenalle,vorallemaberdieSchwä-cheren,dieLeidtragendensein.

(ZurufvonderCDU:Soistes!)

Deshalbistesvölligunverständlichundauchunverantwort-lich,dassIhreKoalitionbeiderneuenWerkrealschuledieKo-operationmitdenBerufsfachschuleninKlasse10kippenwill.DabeihättegeradediesdenWerkrealschuleneineechteBe-rufsorientierungermöglichtundderenSchülernrealeChan-

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Timm Kern)

cenaufeinenAusbildungsplatzundspäteraufeinenArbeits-platzgegeben.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!)

DieFDP/DVP-Fraktionsiehtineinemdifferenziertgeglieder-ten,vielfältigenundzugleichdurchlässigenSchulwesendenbestenWeg,umdasinderLandesverfassungverankerteRechteines jeden jungenMenschen – ich zitiere ausArtikel 11Abs.1–„aufeineseinerBegabungentsprechendeErziehungundAusbildung“zuverwirklichenundjedemeinemöglichstindividuelleFörderungzukommenzulassen.

InnereundäußereDifferenzierung,dieDifferenzierunginner-halbeinerSchülergruppeunddieDifferenzierungvonGrup-pennachFähigkeitenundNeigungengehörennachunsererAuffassungzusammenundsindzweiSeitenderselbenMe-daille.Deshalbistesschlichtnichtglaubwürdig,zumZweckderverbessertenBinnendifferenzierungdieäußereDifferen-zierungabzuschaffen,wieesdasWunschzielvonGrün-Rotist.

DieEinführungderGemeinschaftsschulebedeuteteinenAn-griffaufdievielfältigenBildungsangebote inBaden-Würt-temberg.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:DasEndederRe-alschule!)

NichtohneGrund–dasnehmenwirimGegensatzzuIhnenernst–beklagendieLehrerinnenundLehrerandenberufli-chenSchulen,dassdieaktuelleBildungspolitikderLandes-regierungdemberuflichenSchulwesendasWasserabgrabenkönnte.

(ZurufvonderSPD:„Könnte“!)

DasbetrifftdiedortnochimmerunzureichendeLehrerversor-gung,aberauchdieKonkurrenzinGestaltderGemeinschafts-schule.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Diegibtesdochnochgarnicht!–ZurufdesAbg.SiegfriedLehmannGRÜ-

NE)

Nebenbeibemerkt:EsgibtmitdenberuflichenGymnasienbereitseineneunjährigeAlternativezumachtjährigenGym-nasium.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja!)

AlsobestehtwedereineNotwendigkeitfüreinewieauchim-mer gearteteTeilrückkehr zuG 9 noch für eineGemein-schaftsschulemitdreijährigerOberstufe.

(Beifall beiAbgeordneten der FDP/DVP und derCDU–Zuruf vondenGrünen:Themaverfehlt! –

GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:HerrKollegeDr.Kern,gestattenSieeineZwischenfragedesHerrnAbg.Lehmann?

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:AmEndegern.

Sinnvollererscheintesda,dieknappenRessourcendesBil-dungsbereichszunächstfürdieBeseitigungdesstrukturellenUnterrichtsdefizitsandenberuflichenSchulenzuverwenden,

stattkostenträchtigeneueundvorallemunnötigeBaustellenaufzumachen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderFDP/DVP)

AproposRessourcen: Ichbefürchte, dassdieneueGemein-schaftsschuledurcheineeinseitigePrivilegierungdieserSchul-artgegenüberallenanderenSchulartendurchgesetztwerdensoll.ErsteHinweisedarauffindensichindenEckpunkten,diewirheutelesenkonnten.FürdieGemeinschaftsschulegiltderKlassenteilervon28,fürdieübrigenweiterführendenSchul-artenbleibteswohlbeieinemKlassenteilervon30.DenndieLandesregierunghatsichoffenbarklammheimlichvomall-gemeinenZieleinesKlassenteilersvon28verabschiedet.

AuchhatdieGemeinschaftsschulebeimGanztagsschulaus-bauwohlVorfahrt.

SchließlichsprichtderKoalitionsvertragvoneinemInnova-tionspool.Auchhieristzubefürchten,dassdieservorallemfürdiejenigenInnovationenzurVerfügungsteht,dieinsvor-gegebeneWeltbildpassen.EinesolcheWahlfreiheit,diedieLandesregierungpropagiert,

(ZurufvonderSPD:EinWeltbildwieinSchleswig-Holstein!)

istallesanderealseineechteWahlfreiheit.VielmehrwerdengezieltungleicheAusgangsvoraussetzungengeschaffen,wennfürdieGemeinschaftsschulemehrRessourcenproSchülerzurVerfügungstehenalsfürdieanderenSchularten.

BeinähererBetrachtungerscheintdergrün-roteBürgerdialoggarsehramgoldenenZügelgeführt.DennwäreesderLan-desregierungtatsächlichummehrMitsprachedervorOrtamBildungswesenBeteiligtengegangen,hätteeszahlreicheMög-lichkeitengegeben,beispielsweisemehrKompetenzenindieEigenverantwortungderSchulenzudelegieren.Dochdavonwarbisherleidernichtszumerken.

Zweifellosistnichtssogut,dassmanesnichtnochbesserma-chenkönnte.Weiterentwickelnundoptimierensindhierge-fragt,abernichtTotalumbauundAuf-den-Kopf-Stellen.Las-senwirdieanunseremBildungswesenBeteiligten–Lehre-rinnenundLehrer,Schüler,Eltern,Schulleitungen,Schulträ-gerundweitere–docheinfacheinmalihreArbeitmachen,

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Richtig!)

ohnesieständigmitimmerneuenVorhaben–seienesauchnochsogutgemeinte–zubehelligen.

(BeifallbeiderFDP/DVP)

Trauenwir ihnen zu, dass sie ihreGeschicke selbst in dieHandnehmenkönnen,undstärkenwirihreMöglichkeiten,eigenverantwortlich zu entscheiden.Bildungspolitik solltesichdaraufkonzentrierenundzugleichdaraufbeschränken,verlässlicheRahmenbedingungenzuschaffen.Kurzgesagt:WirbrauchenmehrBildungundetwaswenigerPolitikinderBildungspolitik.

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:1,8%!–ZurufvonderSPD:Was?)

VielenDank.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

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Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:JetztkommtnochdieFragedesHerrnAbg.Lehmann.

Abg. Siegfried LehmannGRÜNE:HerrDr.Kern,istIhneneigentlichbekannt,werfürdasstrukturelleUnterrichtsdefizitvonüber4%andenberuflichenSchulenindenvergangenenJahrendieVerantwortunggetragenhatundweresinüberzehnJahrennichtgeschaffthat,diesesDefizitabzubauen?

Ist Ihnenauchbekannt,dassdasdreigliedrigeSchulsystembeiverschiedenenAusbildungsgängenineineSackgasseführt?EinBeispieldafürist,dassesnacheinemmittlerenBildungs-abschlussnichtgewährleistetist,aufeinberuflichesGymna-siumwechselnzukönnen.WerträgtdafürdieVerantwortung?

(VereinzeltBeifallbeidenGrünen–Abg.AndreasStochSPD:Werträgtsie?)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Bitte,HerrAbg.Dr.Kern.

Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP:Selbstverständlich,HerrKollegeLehmann,istmirdieVerantwortungbekannt.Aberwennwirnichtendlichaufhören,inderGegenwartundfürdieZukunftzuarbeiten,undimmernuraufanderezurückzei-gen,hilftdasnichtweiter.DasistdasErste.

(BeifallbeiAbgeordnetenderFDP/DVP–LachenbeiderSPDunddenGrünen)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler: EineweitereFrage,HerrAbg.Poreski.

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:IchwolltenochdiezweiteFragebeantworten.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:DieAntwort auf diezweiteFrage,bitte.

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:AuchbeiderzweitenFra-gebinichderMeinung,dasswirnichtmitSchuldzuweisun-gen,sondernnurgemeinsamimDialogweiterkommen.AberSie drückendieGemeinschaftsschulemit derBrechstangedurch.DashalteichfürdenfalschenWeg.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:NochhabenSiedieChancemitzumachen!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler: EineweitereFrage,HerrAbg.Poreski.

Abg. Thomas PoreskiGRÜNE:HerrKollegeDr.Kern,SiehabenineinerfrüherenDebattezugestanden,dassandereLän-dermitGemeinschaftsschulsystemenzumTeilhervorragen-deErgebnisseerzielen.

(Abg. FriedlindeGurr-HirschCDU:Welche?Diekenneichgarnicht!)

Ich frageSie:WarumwollenSieverbieten,dass sichEltern,Schulträger,Gemeindendafürentscheiden,eineGemeinschafts-schuleeinzurichten?WashatdasmitderBürgerfreundlich-keitundmitderFreiheitzutun,dieSiepropagieren?DasistdochderPunkt.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:Mit1,8%hateszutun!–Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Wosind

dieerfolgreichenLänder?)

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:NennenSiemirbittedieseerfolgreichenBundesländer.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Schleswig-Holstein!–GegenrufdesAbg.VolkerSchebestaCDU:HabendiebessereErgebnissealswir,HerrSchmiedel?)

KolleginBoserhatdochselbstgesagt,dasswirbeiderBil-dungspolitik––

(Unruhe–GlockedesPräsidenten–Abg.ThomasPoreskiGRÜNE:Darfichdaserläutern?)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:LiebeKolleginnenundKollegen,HerrAbg.Dr.KernsolldieFragebeantworten.

(Abg.ThomasPoreskiGRÜNE:Daswäreschön!)

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:Danke,HerrPräsident.–KolleginBoserhatdochvorhingesagt–dasistsehrrichtig–,dassBaden-WürttembergmitseinemBildungssystemimmeraufdenMedaillenrängen landet–malaufPlatz1,malaufPlatz2undmalaufPlatz3.Wennichrichtiginformiertbin,

(ZurufderAbg.MuhteremArasGRÜNE)

sindSachsenoderBayernnebenBaden-WürttembergaufdenerstenPlätzenzufinden.WerregiertindiesenLändern?DassinddochnichtdieSPDoderdieGrünen.

(BeifallbeiderFDP/DVPundderCDU–Abg.Vol-kerSchebestaCDU:UndalleohneGemeinschafts-

schule!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:GestattenSienochei-neZusatzfrage?

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:EsgibtnocheinezweiteRunde.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:AlsogestattenSiesienicht.

(Abg.ThomasPoreskiGRÜNE:Ichwürdegernei-neweitereFragestellen!)

–WennderRedneresnichtmöchte,dürfenSiekeineweite-reFragestellen.

(Abg.ThomasPoreskiGRÜNE:Achso!Dashabeichjetztverstanden!)

FürdieLandesregierungerteileichFrauMinisterinfürKul-tus,JugendundSportWarminski-LeitheußerdasWort.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:EsistnocheinDrei-vierteljahrZeitbiszumnächstenSchuljahr!)

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:HerrPräsident,meinesehrverehrtenDa-menundHerren!

Die Gemeinschaftsschule ist das Gegenteil einer Einheits-schule für alle.

(Beifall bei denGrünenundderSPD–Zuruf desAbg.VolkerSchebestaCDU)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Ministerin Gabriele Warminski-Leitheußer)

Denn die Schülerinnen und Schüler werden ihren unter-schiedlichen Begabungen und Leistungen gemäß geför-dert.

(ZurufevonderCDU)

Da die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Bil-dungsgängen so lange wie möglich erhalten bleibt, haben auch schulische Spätentwickler die Chance, sich weiter-zuentwickeln und den höchstmöglichen Abschluss anzu-streben.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Wiegehtdasdennein-zügig?)

Ichkannmirvorstellen,dassSiedieseSätzefreuen.Siekönn-tenvonmirstammen–dasgebeichzu–;siestammenabernichtvonmir.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Hatsichjetztjemandgefreut?)

WissenSie,werdasgesagthat?FrauAnnegretKramp-Kar-renbauer,dieCDU-LandesvorsitzendeundMinisterpräsiden-tindesSaarlands.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.TanjaGönnerCDU:SiedürfeneinenLandkreisnichtmit

demLandBaden-Württembergvergleichen!)

–DashabenjetztSiegesagt.SiewerdensichaufdemPartei-tagtreffen.Dabinicheinmalgespannt.

(Beifall bei denGrünenundderSPD–Zuruf derAbg.TanjaGönnerCDU)

DieseFrauhatverstanden,wassichinderRealitätveränderthat.DieGesellschafthatsichverändert.EntsprechendhabensichauchdieAnforderungenandasBildungssystemverän-dert.DieseFrauhatdasverstanden,dieBundesbildungsmi-nisterinübrigensauch.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:DiehatabernichtsvoneinerGemeinschaftsschuleerzählt!)

Ichmussganzehrlichsagen:Ichfreuemichdarüber,dasssichdieseErkenntnisselangsam,abersicherweiterverbreitetha-ben.Und:AuchdieBürgermeisterinnenundBürgermeisterindiesemLandhabenesverstanden.DasistnämlichderGrunddafür–HerrWackerhatesgeradeangesprochen–,dasswirfürdieInformationsveranstaltungam6.Oktobermittlerwei-le1200Anmeldungenhaben–1200!–,meineDamenundHerren.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:Diewollenendlicheinmalanfan-

gen!Bisherkriegensieauchnichtszuhören!)

DenndieGemeinschaftsschuleisteinZukunftsmodell

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Weilniemandweiß,wassieeigentlichseinsoll!–Unruhe–Glockedes

Präsidenten)

undwirddieBildungspolitikindiesemLandweitervorantrei-ben.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:AberSiekönnendemHohenHaussagen,wasSiedorterzählenwollen!)

Baden-Württemberg istgut;das istüberhauptkeineFrage.AberBaden-Württembergkannbesserwerden.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

DenndieOECD-StudiebesagtauchFolgendes:DeutschlandunddamitauchBaden-WürttembergfallenbeimAnteilvonHochqualifizierteniminternationalenVergleichimmerwei-terzurück.

(ZurufvonderCDU:Was?)

MeineDamenundHerren,Hochqualifiziertesindalldiejeni-gen,diemindestensdasAbiturhaben.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:DagibteseinenRück-gang?InabsolutenZahlen,klar!–GegenrufderAbg.AndreaLindlohrGRÜNE:ImVergleich!Zuhören!)

–Genau, im internationalenVergleich.AuchwennSiedasnichtwahrhabenwollen:DasisteineSituation,diewirunsinBaden-Württembergnichtleistenwollen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:WennesdieOECDgesagthat,sinddieBerufskollegs und die beruflichenGymnasien

nichtdabei!)

Wirsindgutberaten,unserBildungssystemdemanzupassen–undzwarvorsichtig–,

(Abg.VolkerSchebestaCDU:ErklärenSieeinmalderOECD,wasberuflicheSchulensind!Dannkön-

nenwirweiterreden!)

wassichlangsam,abersicherinunsererGesellschaftabbil-det–übrigensnichtalsSystemwechsel;darauflegeichgro-ßenWert.

(Abg.GeorgWackerCDU:Natürlich!)

DasistIhreArtvonBildungspolitikgewesen,

(Abg.GeorgWackerCDU:Nein!IhreStrategie!)

vonobenherabverordnet,amSchachbrettorganisiert.

(Abg.GeorgWackerCDU:IhreStrategie!)

Wirmachenesanders.

(BeifallderAbg.AndreaLindlohrGRÜNE)

Wirerlauben,wirlassenzu,wirgebenRahmenbedingungenvor,wirgebenAnreize.DamitlassenwirpädagogischeKre-ativitätzu,dieSieüberJahrzehntehinwegeingemauertha-ben.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–LachenbeiAbgeordnetenderCDU–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FrauMinisterin,gestat-tenSieeineZwischenfrage

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

–jetztbinichgeradedran,HerrKollege–

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja,Siesindvormirdran,HerrPräsident!DasistinOrdnung!)

desHerrnAbg.Hauk?

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:Bittesehr.

Abg. Peter HaukCDU:FrauMinisterin,SiehabengeradedieOECD-Studiezitiertunddaraufhingewiesen,dassderAn-teilderHochqualifizierten–damithabenSiedieAbiturientengemeint– zurückgehe.StimmenSiemir zu,dass indieserOECD-StudiederAnteilderAbiturientenandenberuflichenGymnasiengarnichtenthaltenist?

(ZurufvonderCDU:Aha!–Abg.Dr.FriedrichBullin-gerFDP/DVP:Dasweißsiegarnicht!)

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:Wenndassowäre,würdemichdassehrwundern.

(LebhafteUnruhebeiderCDU)

Dasändertabernichtsdaran––

(Abg.Volker SchebestaCDU:Anwas ändert dasnichts?Jetztwirdesspannend!–Abg.PeterHaukCDU:40%derAbiturientensindnichtenthalten!–Abg.VolkerSchebestaCDU:50%derZugangsbe-rechtigungen!–UnruhebeiderCDU–Glockedes

Präsidenten)

– Ich habe Ihnen doch gerade gesagt, dass dieseZahl fürDeutschlandermitteltwordenistunddassBaden-Württem-bergdamitautomatischmitbetroffenist.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Mitdembestenberuf-lichenSchulwesen!–ZurufdesAbg.Karl-Wilhelm

RöhmCDU)

HerrPräsident,dieHerrenwollenmirnichtzuhören.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Doch!)

–DannlassenSiemichdocheinfachausreden.

(GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FrauMinisterin,gestat-tenSieeineweitereZwischenfrage?

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:Selbstverständlich.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Bitte,KollegeWacker.

Abg. Georg WackerCDU:FrauMinisterin, ist Ihnenbe-kannt,dassgeradedieOECDdasberuflicheBildungssystembeiinternationalenVergleichsstudienüberhauptnichtberück-sichtigtunddassIhreAmtsvorgängersowohlimRahmenderKultusministerkonferenzalsauchgegenüberderOECDge-naudiesmehrfachmonierthabenundimmerwiedereinab-schlägigerBescheidseitensderOECDeingegangenist?IstIhnenbekannt,dassdasKultusministeriuminfrüherenJah-renbereitsmehrfachaufdiesenMissstandhingewiesenhat?

(Abg.VolkerSchebestaCDU:UndsindSiebereit,sichauchdafüreinzusetzen?)

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:Dasistmirnichtbekannt.DeshalbwirdesZeit,dasswir inderKultusministerkonferenzordentlichDampfmachen.

(Lachen undBeifall bei der CDU –Abg.VolkerSchebestaCDU:JetztlesenSieesersteinmal,unddannredenwirweiter!–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:LiebeKolleginnenundKollegen,essprichtdieFrauMinisterin.

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:MeinesehrverehrtenDamenundHer-ren,dasändertnichtsdaran,

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

dassdieKommunenoffensichtlichverstandenhaben,worumesgeht.IchmöchteSieganzherzlichbitten,sichgenauanzu-schauen,waseigentlichlosistimLand.

(Abg.Volker SchebestaCDU:Dann sagenSie esdocheinmal!Siesollenjetzteinmalkonkretwerden!)

Das Interesse an einemmöglichst hohen SchulabschlussnimmtbeidenElternsowiebeidenSchülerinnenundSchü-lernzu.Faktist,dassdieSchülerzahlenweiterzurückgehen.Faktist,dasswireineAntwortaufdieseFragenformulieren,indemwirdenKommunendieMöglichkeitgeben,Gemein-schaftsschulenzuerrichten.

DieGemeinschaftsschule–dasistderKerndesProgramms–stelltdieindividuelleFörderungindenMittelpunktdespä-dagogischenKonzepts.

(ZurufdesAbg.KarlZimmermannCDU–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FrauMinisterin,gestat-tenSieeineweitereZwischenfragedesHerrnKollegenHauk?

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:Ichglaube,esistbesser,wennichdasanden

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Anjemandenwei-terleite!–Abg.VolkerSchebestaCDU:AndenStaats-

sekretärweitergebe!–HeiterkeitbeiderCDU)

Schlussschiebe.SohabeichvielleichtdieGelegenheit, imZusammenhangauszuführen.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Gut.DannlassenSiealsobiszumEndeIhrerRedekeineZwischenfragenmehrzu?

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer: Nein.

(Oh-RufevonderCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:AberdasmitdemEinmauernmüssenSiemir

nocheinmalerklären!)

–ZumEinmauern:SiehabensichpädagogischeKonzepte,dieschonvorlangerZeitgeschriebenwordensindunddiewirgenehmigenwerden,nochnichteinmalangehört.DasistFakt.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Ministerin Gabriele Warminski-Leitheußer)

Siehabensogetan,alsobesnureineAntwortgäbe,nämlicheineFörderungimdreigliedrigenSchulsystem.Wirwissen,dassdasnichtstimmt.WirwerdendieseModellezulassen.DasInteressedaranistriesengroß.AuchdasInformationsin-teresseistriesengroß;

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Dasabervorallem!)

dennwirhabenmittlerweile200Interessensbekundungen.Wirgehendavonaus,dassetwa30Schulensoweitseinwerden,dasssiezumkommendenSchuljahrstartenkönnen.

Siewerdenerleben,dassdieseSchulensehrgutfunktionie-ren.DieseSchulenwendeninderTatinnovativepädagogi-scheKonzeptean.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:EswirdzumSchlussabgerechnet,wennmandasErgebnissieht!)

–Eben.DaskannmaninBaden-Württembergmessen.Dasistwunderbar.Siewerdensehen,dassdasgutfunktioniert.ImÜbrigengibtesseit25JahrenModellversucheanSchuleninBaden-Württemberg,dieintegriertarbeiten.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:AlsodochGesamt-schule!)

DassinddiesogenanntenSchulenbesondererArt.HerrWa-ckerkenntzumindesteineSchuledieserArtausseinerNach-barschaft,nämlichdieIntegrierteGesamtschuleMannheim-Herzogenried.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:AlsodochGesamt-schule!)

–HörenSiemirzu!EineGemeinschaftsschuleistsogarmehralseineGesamtschule,weilsienämlichvollständigvonderKlasse5biszurKlasse10integriert.HerrWacker,Sieken-nendas.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:IhrStabsstellenleiterhat immer bestritten, dass das eineGesamtschule

sei!)

56%derAbiturientendesvorletztenAbiturjahrgangsderGe-samtschuleMannheim-HerzogenriedhatteninderKlasse5keineGymnasialempfehlung,sindaberimLaufederSchul-zeitsogefördertwordenundhabensichsoentwickelt,dasssiedasAbiturgeschaffthaben,undzwarohnedieSchulezuwechseln.Daraufkommtesan,HerrWacker.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:Warumkommtesdaraufan?)

–WeiljederSchulwechseleinenBruchbedeutet.

JetztkommenwirzurUnterrichtsversorgung.Meinesehrver-ehrtenDamenundHerrenvonderOpposition:Angesichtsdessen,wasichanAltlastenimBildungsbereich,dieeszude-ckengilt,vorgefundenhabe,mussichsagen:Ichhättenichtvermutet,dassmansowirtschaftet.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

IhreBildungsoffensive ist über denHaushalt 2012 hinausnichtweiterausfinanziert.Dassind223Millionen€.Jetztstel-lenSiesichhierhin––

(Abg.VolkerSchebestaCDU:DasistetwasNeues!)

Dasallesmussichhinbekommen,dasallesmussichfinan-zieren.

(Oh-Rufe von derCDU–Abg.Volker SchebestaCDU:DasnenntmanRegierungsverantwortung!)

–SiehabendenEindruckerweckt,alshättenSiefürallesge-sorgt,alshättenSieallesfinanziert.DasGegenteilistderFall.

(Beifall bei denGrünenundderSPD–Zuruf desAbg.PeterHaukCDU)

WiehabenSiedennallIhreSonderprojekteimBildungsbe-reichfinanziert?Siehabensiefinanziert,indemSieLehrer-stellengestrichenhaben.SohabenSiedasfinanziert.

(Abg.PeterHaukCDU:Dasistdochgarnichtwahr!)

DamithabenSiedieUnterrichtsversorgungweitergefährdet.

Deshalb istBaden-WürttembergheuteeinBundesland,dasimBereichderKrankheitsreserveamunterenRandsteht.WirwerdendieKrankheitsreserveschrittweiseaufbauen.Wirwer-dendafürsorgen,dassdieSchulenmehrPlanungssicherheitbekommenunddasswenigerUnterrichtausfällt.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Dashörenwirseitei-nemhalbenJahr!KönnenSieeinmalkonkretwer-

den?)

Wirwerdendafürsorgen,dassschrittweise––

(Abg.PeterHaukCDU:Wiesiehtesdennaus?Siesagen immerdasGleiche, aber eswirdnicht kon-

kret!)

–Daswirdsehrkonkret.WartenSiedocheinfacheinmaldieHaushaltsberatungenab.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Daraufsindwirge-spannt!)

DieKrankheitsreservewird schrittweise auf denBundes-durchschnittvon2,5%angehoben,inSchrittenvon200Stel-lenproJahr.

UmesjetztnocheinmalaufdenPunktzubringen,meineDa-menundHerren:

(HeiterkeitdesAbg.WinfriedMackCDU)

InderBildungspolitikkommtesnatürlichdaraufan,dassmandas,wasgutfunktioniert,arbeitenlässt.Dasistdochüber-haupt keineFrage.Niemandwill etwas zerstören,wasgutfunktioniert.AberwennmanwirklichEntwicklungzulassenmöchte–wirmüssenimBildungsbereichEntwicklungzulas-sen,weilsichdieGesellschaftverändert–,dannmüssenwirebenauchsolcheEntwicklungsräumeschaffen.DieGemein-schaftsschuleisteinsolcherEntwicklungsraum.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Ministerin Gabriele Warminski-Leitheußer)

Ichbinganzsicher,dassjedeMengeKommunen,jedeMen-geSchulen,jedeMengeLehrerinnenundLehrerdieseChan-ceergreifenwerden.IndiesemSinnwerdenwirLernkulturundBildungindiesemLandweiterverbessern.

IchdankeIhnenfürIhreAufmerksamkeitbishierher.

Ichglaube,eswarnocheineFrageoffen.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:Ja.EsgibtzweiFra-gen,einevonHerrnAbg.HaukundeineweiterevonHerrnAbg.Röhm.

Abg. Peter HaukCDU:FrauMinisterin,nachdemSiederOECDDampfmachenwollen,wieSiegesagthaben:SindSiedannauchbereit,IhreAussagezurückzunehmen,dassinBa-den-WürttembergderAnteilderHochqualifiziertenzurück-gehe?

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer: Ichhabegesagt–umesnocheinmaldeutlichzusagen–:

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Ja!)

DieOECDhatfestgestellt,dassDeutschland–unddamitauchBaden-Württemberg–iminternationalenVergleichbezüglichdesAnteilsderHochqualifiziertenimmerweiterzurückfällt.Dashabeichgesagt.AberwennSiedieseFrageschonsosug-gestivstellen,dannwürdeichnatürlichnocheinmalüberprü-fen,obdasauchfürBaden-Württembergzutrifft.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Prima!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:EineweitereZusatzfra-ge,HerrAbg.Röhm.

Abg. Karl-Wilhelm RöhmCDU:FrauMinisterin,SiehabendieGrundschulempfehlungabgeschafft–daskannmandurch-austun–,undSiehabenuns,denSchulleitungen,diefroheBotschaftzukommenlassen,dasswirdanndieohnehinhete-rogenenGruppendurchindividuelleFörderungzusammen-führensollen.JetztmeinekonkreteFrage,auchimAuftragvielerKollegenimLand:MitwievielenzusätzlichenLehrer-stellenkannichimkommendenSchuljahrrechnen,damitichdas höhereMaß anHeterogenität kindgerecht aufarbeitenkann?KönntenSievielleichtfüreinedreizügigeSchulesa-gen,mitwievielenzusätzlichenKollegenichrechnendarf?DaswärefürmicheinegroßeBeruhigung.

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:BevorichIhreFragejetztbeantworte,würdemichnatürlichinteressieren,wieSiedasschonbisherhinbekommen;denndieHeterogenitätderGruppenandenGymnasienhatohnehinschonzugenommen.Woranichden-ke,isteineErhöhungderZahlderPoolstundenvonzehnaufzwölfStunden.Dasistetwas,wasSiebereitshättentunkön-nen,waswirumsetzenwerden.Denneskommtdaraufan,dieGymnasieninderTatinihremAuftragderindividuellenFör-derungweiterzustärken,ebenweildieZusammensetzungderSchülerschaftimmerheterogenerwird.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Siehelfenmirda-beipersönlich?)

–Natürlich,klar.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:KeineweiterenFragen?–HerrAbg.ZimmermannhatnocheineFrage.

Abg. Karl ZimmermannCDU:FrauMinisterin,triffteszu,dassSie,wieicheinemTeilderPresseentnehmenkonnte,ge-sagthabensollen:„BeieinemWechselvonderGemeinschafts-schule auf dasGymnasiummuss auf demGymnasiumdiezehnteKlassewiederholtwerden“?

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FrauMinisterin.

Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Gabriele War-minski-Leitheußer:WenneineGemeinschaftsschulekeineSekundarstufeIIanbietet,wirdderÜbergangnatürlichsosein,dassdannderentsprechendeSchüler,dieentsprechendeSchü-lerin,wennsieaneinGymnasiumwechseln, indiedortigeOberstufe kommen.Das ist bei einemG-8-Gymnasium–wennnicht in einG-9-Gymnasiumgewechseltwird – dieKlasse10.Dasbedeutetnicht,dassdieKlasse10wiederholtwerdenmuss,sondernistdieFolgedessen,dassmandana-türlichsynchronisierenmuss.DenndieGemeinschaftsschulebietetjavomGrundsatzher–siebildetauchentsprechendaus–dasAbiturinneunJahrenan.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:EsgibtdochdieelfteKlasseinderGemeinschaftsschule!)

Dasbedeutet,dassdanninderKlasse10desG-8-Gymnasi-umsdieBausteine,dieinderbisherigenSchullaufbahnnochnichtenthaltenwaren,natürlichnachgearbeitetwerdenmüs-sen.Dasistvölligklar.DennderBildungsganganderGe-meinschaftschuleistaufeinG-9-Abiturausgerichtet.

(Abg.PeterHaukCDU:AlsoWiederholung!)

–KeineWiederholung.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:ZweimalKlas-se10istWiederholung!)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:IstdieFragebeantwor-tet?KeineweiterenFragen?–VielenDank,FrauMinisterin.

WirkommenjetztzurzweitenRunde.FürdieCDU-FraktionerteileichdasWortHerrnAbg.Wacker.

Abg. Georg WackerCDU:SehrgeehrterHerrPräsident,lie-beKolleginnen undKollegen!EinigewenigeFragen undKlarstellungenmöchteichdochvorbringen.

Zunächsteinmal,FrauMinisterin,sagenSie–dasistschonstarkerTobak –, dassLehrerinnen undLehrer an unserenSchulenpädagogischeingemauertwerden.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Völligrichtig!)

WirallehierindiesemHauswissenundhabenauchgemein-sameingefordert,dassSchulenundLehrkräftemehrpädago-gischenFreiraumbrauchen, um ihre pädagogischen IdeenauchzurEntfaltungbringenzukönnen.DieBildungsplanre-formdesJahres2004,sehrgeehrteFrauMinisterin–deswe-genwäreesauchratsam,sichdarüberzuinformieren,wasindenletztenJahrenaufdenWeggebrachtwurde–,hatfürdieSchuleneinSchulcurriculumvorgesehen,durchdasdieSchu-lendieMöglichkeitenunddieChancehaben, ihre eigenen

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Georg Wacker)

Profilezuentwickeln.DeswegenistderBegriffdesEinmau-ernsvölligdaneben–umdasinallerDeutlichkeitzusagen.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!)

AufeinZweitesmöchteichSieauchhinweisen,unddamitsprecheichdievonIhnengenannteGesamtschuleinMann-heim-Herzogenriedan:EsistkeinWunder,wenndort52%amEndedie allgemeineHochschulreife erreichen.Warum?ZumindestdieÜbergangszahlenausdemSchuljahr2008/2009,dieichsehrgutimGedächtnishaben,zeigen:Wenn50%derKindermitGymnasialempfehlungdieseSchulartbesuchen,dannsind52%sogarrechtwenig–umdasauchdeutlichzusagen.

(Abg.HelenHebererSPD:Siewissendoch,dassdasnichtstimmt!Dasistunglaublich!)

EsistkeinepädagogischeKunst,dieKindermitGymnasial-empfehlungamEndezurallgemeinenHochschulreifezufüh-ren.AuchdieszurKlarstellung.

EinevorletzteBemerkung:SiehabendasBeispielSaarlandangesprochen.Wirallewissen,dassKoalitionenauchzuKom-promissenführen.EswaraucheinpolitischerKompromiss,dassdortdieGemeinschaftsschuleeingeführtwird.NurgibteszweiwesentlicheUnterschiede,FrauMinisterin,dieSiebe-herzigenmüssen:SiewollenIhreGemeinschaftsschuleHalsüberKopfeinführen,ohnedassSieeinepädagogischekon-zeptionelleVorbereitungpräsentieren,währendimSaarlandindiesenTageneinSchulgesetzverabschiedetwird

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Soistes!)

mitdetailliertenpädagogischenRegelungenfürdieGemein-schaftsschulen,sodassdieSchuleneinJahrVorlaufhaben,umsichaufdieseSituationeinzustellen.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:UndunsereSchulenwartenbisApril!)

Davonkann inBaden-Württemberg überhaupt keineRedesein,unddasistverantwortungslos.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–Abg.VolkerSchebestaCDU:UnsereSchulen

sollenbisAprilwarten!)

ErstabAprilistdasAntragsverfahrennachIhrenVorstellun-genüberhauptmöglich.

EineletzteBemerkungkannichmirauchnichtverkneifen:

(Abg.SandraBoserGRÜNE:Schade!)

IndenKoalitionsverhandlungenimSaarlandhatmanzumin-desteinesbewirkt–dasistdiespannendeStellschraube,beiderSiesagen,daließenSienichtmitsichreden–:EsfindenDifferenzierungen statt,Bildungsdifferenzierungen entlangder traditionellenBildungsgänge.AuchdassolltenSiesichanschauen.

UnserPlädoyerlautet:WirsollteneineWeiterentwicklungun-seresdifferenziertenSchulsystemsvornehmenunddafürsor-gen,dassdifferenzierteBildungsgängeauchinZukunfteine

Chancehaben.DenndassindletztlichdiepassgenauenAn-gebote,dieunsereKinderundJugendlichenauchinZukunftbrauchen.SolangeSiediesablehnen,solangewerdenwirindieserFrageunserenentschiedenenWiderstandankündigen.

VielenDank.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–GlockedesPräsidenten)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:HerrKollege,gestattenSienochzweiNachfragen?KollegePoreskiundKollegeLeh-mannhabensichgemeldet.

Abg. Georg WackerCDU:Ichmöchte indiesemFallnurnocheineFragezulassen,HerrPräsident.

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:NurnocheineFrage.Bitte,HerrKollegePoreski.

Abg. Thomas PoreskiGRÜNE:HerrKollegeWacker,habeichSieinsofernrichtigverstanden,alsSie,wenndieVoraus-setzungenetwasanderswären,alsSiesieinBaden-Württem-bergsehen,garnichtsgegendieEinführungeinerGemein-schaftsschulehätten?Wenndaszutrifft,wärenalldieBeden-ken,dieSiehierdrohendalsTeufelandieWandmalen,umihnhinterhergenüsslichwiederauszutreiben,obsolet.

(BeifallbeidenGrünen)

Abg. Georg WackerCDU:Nein.Umesganzdeutlichzusa-gen–ichbinIhnen,HerrKollege,fürdieseFragesehrdank-bar–:Ichhabedaraufhingewiesen,dassinderdortigenKo-alitionsvereinbarungdieGemeinschaftsschuleeinenKompro-missdarstellt.

(Abg.DanielAndreasLedeAbalGRÜNE:Beiunsdochauch!)

DiedortigeCDUhatimWegeeinesKompromissesdurchge-setzt,dassdifferenzierteBildungsgängeinnerhalbdieserGe-meinschaftsschuleangebotenwerden.DasistnichtderWeg,denwirfavorisieren.WirfavorisierenvielmehrdieWeiterent-wicklungunseresdifferenziertenBildungssystemsentlangderbestehendenAngebote.

VielenDankfürdieFrage.SiegabmirGelegenheit,diesnocheinmalklarzustellen.

(BeifallbeiderCDU–ZurufevondenGrünen)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieRednerinderzweitenRundewerdendieRedezeiten,diebereitsdurchFra-geninAnspruchgenommenwurden,abgezogen.FrauKolle-ginBoserhatdementsprechendnocheineRestredezeitvoneinerMinuteund35Sekunden,HerrKollegeDr.KernhatzweiMinutenund20Sekunden.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Sierechnenaberschnell,HerrPräsident!–GegenrufderAbg.Fried-lindeGurr-HirschCDU:EristdurchStuttgart21ge-

übt!)

Abg. Sandra BoserGRÜNE:Ichmöchtenochmalsdaraufhinweisen,dassdieGemeinschaftsschuleeinAngebotist,dasdenKommunenunddenSchulträgerngemachtwird,undkei-

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Sandra Boser)

neSchulform,dieanirgendwelchenStandortenvonobenhe-rabverordnetwird.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Diewollen endlicheinmalihreFragenbeantwortetbekommen!)

DassdasInteresseanderGemeinschaftsschulesehrhochist,zeigendievonderMinisterinbereitsgenanntenAnmeldezah-len.DieGesellschaftistindiesemBereichschonvielweiteralsSie,liebeKolleginnenundKollegenvonderCDUundderFDP/DVP;auchdasbelegendieseZahlen.

Eswärewünschenswertgewesen,wennimVorfeldderEin-führungandererSchulmodellewiebeispielsweisederWerk-realschuleoderdesG8eineebensobreiteDiskussionmitGe-meindenundSchulträgern,mitdenKommunenunddenLeh-rerngeführtwordenwäre,anstatteinfachSchulmodelleneuzuverordnen,diekeineAkzeptanzvorOrthaben.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:WelcheGespräche sind denn nicht geführtworden?–Abg.VolkerSchebestaCDU:SiewarennochnichtimLandtag,alswirdasberatenhaben!)

–Ichglaube,mankanndieDiskussionvorOrtauchdannver-folgen,wennmannichtselbstimLandtagsitzt.EsgibtsehrgutinformierteBürgerinnenundBürger,diesichauchaußer-halbdiesesPlenumsüberdieLandespolitikinformieren,sehrgeehrterHerrSchebesta.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:WirhabeneinDrei-vierteljahrvorEinführungderWerkrealschulemehrgewusst alsSie jetzt kurz vorEinführungderGe-

meinschaftsschule!)

VielenDank.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieSPD-FraktionerteileichHerrnAbg.Dr.Fulst-BleidasWort.

Abg. Dr. Stefan Fulst-BleiSPD:KolleginnenundKollegen,zweiKlarstellungenundzweiZitate.

Punkt1:HerrKollegeWacker,33%allerAbiturientendesletztenIGMH-JahrgangsinMannheimwarenmiteinerHaupt-schulempfehlungaufdieseSchulegekommen.DieseTatsa-chebelegtnocheinmaldenErfolgdieserSchule.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:50%allerHochschul-zugangsberechtigungeninBaden-Württembergwer-denanberuflichenSchulenerworbenundnichtüberdasGymnasium!Dasistdochkeinbesondershoher

Prozentsatz!)

–IchladeSiegernein,sichdieSituationinMannheimein-malanzuschauen.DieIGMHisteinErfolgsmodell,undzwarinsbesondere,seitdemSiedasG8inderbekanntenArtundWeiseeingeführthaben.Wirhabenmittlerweiledoppelt sovieleAnmeldungenfürdieseSchule,wiewirannehmenkön-nen,undmüssenvieleInteressentenabweisen.

Punkt2:EhrlichgesagtsindSiederLetzte,vondemichdenVorhaltakzeptierenwürde,wirhätteneinezukurzeVorlauf-zeit.IchdarfIhneneinessagen:IchhabevoreinigenJahrenalsBerufsschullehreraneinerkaufmännischenSchuleerstin

denSommerferienerfahren,dasseineUmstellungdesLehr-plansimBereichIndustriekaufleuteaufLernfelddidaktiker-folgtist.

(Abg.GeorgWackerCDU:Dasistetwasvölligan-deres!–ZurufdesAbg.KarlZimmermannCDU)

–Dasistüberhauptnichtsanderes.WirhabenerstindenFe-rien erfahren, dasswir ein völlig neuesSystemanwendenmüssen.DaswarIhrePolitikdesUmgangsmitderLehrer-schaftbeiderFrage,wievielVorlaufzeitmanbraucht.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:WowarenSiedagerade?DaswarseitAprilbekannt!)

WirführeneineDiskussionineinemZeitraum,derlangge-nugist,undwirsindsehroptimistisch,dasswirdieBetroffe-nenauchsolidevorbereiten.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:AbApril!)

DasisteineanderehandwerklicheQualität,alsichsiealsLeh-rerunterIhrerRegierungerlebthabe.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.VolkerSchebestaCDU:AbAprilbisSeptember2012!)

DesWeiterennochzweiZitate.ZuersteinZitatausder„Stutt-garterZeitung“ vom12. September zumThemaGemein-schaftsschule:

Die Gemeinschaftsschule findet eine hohe Akzeptanz im Land. Die Kommunen sehen in ihr die Chance, ihren Schulstandort attraktiver zu machen. Zweitens sind die Eltern froh darüber, dass sie sich bei der Wahl einer Schulart für ihr Kind nicht allzu früh festlegen müssen. Und drittens sind auch die Lehrkräfte zufrieden. Das Spektrum der Schülerlandschaft ist breiter geworden, und viele sehen darin eine Herausforderung zur pädagogi-schen Weiterentwicklung der Schule.

DieseAussagestammtvonEkkehardKlug,FDP-Schulminis-terimschwarz-gelbregiertenSchleswig-Holstein.

(BeifallbeiderSPD–ZurufdesAbg.VolkerSchebes-taCDU)

DaszweiteZitatstammtausder„Zeit“vomAugustdiesesJahres:

Es war schon mal leichter, Opposition zu sein. Georg Wa-cker muss ein wenig ausholen, wenn er erklären will, wa-rum die grün-rote Landesregierung schlecht für Baden-Württembergs Schulen sei. Also zunächst einmal, setzt er an, sei da recht wenig Konkretes, was die Neuen bislang verlauten ließen – ...

(Abg.GeorgWackerCDU:Ja!)

Pause. Nun ja, sagt Wacker und zögert kurz. Wahrschein-lich merkt er selbst, dass das ein bisschen dünn klingt.

(Abg.GeorgWackerCDU:Nein!)

Doch auch Kritik an der Regierung üben muss man erst lernen, ...

Soweitdie„Zeit“unddie„StuttgarterZeitung“.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:FürdieFDP/DVP-Frakti-onerteileichHerrnAbg.Dr.KerndasWort.

Abg. Dr. Timm KernFDP/DVP:FrauMinisterin,SiehabendiehohenAnmeldezahlenfürdieInformationsveranstaltunghervorgehobenunddasalsetwasPositivesdargestellt.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:BeieuchgabesdieseInformationsveranstaltungengarnicht!Dasist

derUnterschied!)

Miristklar,warumsichsovieleMenschenfürdieseInforma-tionsveranstaltungeninteressieren;dennvonderSpitzedesMinisteriumshabensiebishernichtsKonkretesdazuerfah-ren.

(BeifallbeiderFDP/DVPundderCDU)

IneinigenanderenBundesländernhabenverschiedenePartei-enindenletztenMonatensogenannteSchulfriedengeschlos-sen.DawarenstetsauchVertreterIhrerParteien,vonSPDundGrünen,dabei.JedenfallshattesichwohlbeiallenBetei-ligtenendlichdieEinsichtdurchgesetzt,dasseinSchulkampfumdieFrage,wermitseinerSchulideologiegeradeOberwas-serhat,herzlichwenigmitderSicherungundEntwicklungvonQualitätinSchuleundUnterrichtzutunhat.ImGegen-teil:NichtseltenverstellteineIdeologiedebattedenBlickaufdasWesentliche.

(Abg.ThomasPoreskiGRÜNE:Dawaren immerGemeinschaftsschulendabei!)

DeshalbkannichSie,meineDamenundHerrenvonGrün-Rot, nur auffordern, den sinnlosenSchulkampf inBaden-Württembergerstgarnichtzubeginnen,

(Abg.JörgFritzGRÜNE:Moment!Wer?)

indemSiedasBildungssystemradikalumkrempeln.

EinletzterPunkt:WarumgehenwirLiberalenbeiIhrerBil-dungspolitiknichtmit?MankönntejazuderMeinunggelan-gen:SolldieneueLandesregierunghalteinmalihrebildungs-politischenSteckenpferdeausprobieren.Nein,wirgehenbeiIhrerBildungspolitiknichtmit,

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Siekönnennichtmit!)

weildieseBildungspolitikindievölligfalscheRichtunggeht.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

SiewollendieverbindlicheGrundschulempfehlungabschaf-fen,ohneAlternativenzuprüfen

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:Stimmt doch garnicht!)

undohnefürdiezuerwartendenSchülerströmeaufbestimm-teSchulartenVorsorgezutreffen.SiewollendasWiederho-leneinerKlasseabschaffen,dasausmeinerSichtaucheinmalhilfreichundimInteressedesbetroffenenSchülersseinkann.EinespannendeInformationfüralleSchülerinnenundSchü-ler:Egal,wasfüreineLeistunggebrachtwird:Eswirdnicht

wiederholt.AuchdieNotengebungwirdhierunddainZwei-felgezogen.

LiebeKolleginnenundKollegenvonGrün-Rot,auchwennSieessichvielleichtnurschwervorstellenkönnen:Diemeis-tenSchülerinunseremLandsindleistungsbereitundwollensowohlgefördertalsauchgefordertwerden.

(Beifall beiderFDP/DVPsowieAbgeordnetenderCDU,derGrünenundderSPD–ZurufvonderCDU:Sehr richtig!–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja-

wohl!Bravo!)

BeiIhrenbildungspolitischenMaßnahmenkannmandenEin-druckgewinnen,dassSiesichimBildungswesengrundsätz-lichvomLeistungsgedankenverabschiedenwollen.

(ZurufvonderSPD:Oje!)

IchmöchteesandieserStelleeinmalganzdeutlichausspre-chen:FürunsLiberalesinddieFörderungderLeistungsbe-reitschaft und derAppell an dieLeistungsbereitschaft beiSchülernkeineKörperverletzung,sondernzentraleAufgabenschulischerBildung.

(ZurufderAbg.BeateBöhlenGRÜNE:1,8%!)

–MehrfälltIhnendazunichtein?

VerlassenSiedeshalbIhrebildungspolitischenIrrwege,undlassenSieunsgemeinsamüberlegen,wiewirunserbestehen-desvielfältigesBildungssystemzumWohleunsererSchüle-rinnenundSchülerverbessernkönnen.

VielenDank.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

Stellv. Präsident Wolfgang Drexler:LiebeKolleginnenundKollegen,mirliegenkeineweiterenWortmeldungenvor.Da-mitistTagesordnungspunkt2abgeschlossen.

IchrufeTagesordnungspunkt 3auf:

Aktuelle Debatte – Gute Arbeit in Baden-Württemberg durch Tariftreue, Mindestlöhne und Ausbildung für jeden Schulabgänger – beantragt von der Fraktion der SPD

Ichweisedaraufhin,dassimPräsidiumfestgelegtwurde,dassdieGesamtredezeitbeidieserAktuellenDebatte40Minutenbeträgt.DaraufwirddieRedezeitderRegierungnichtange-rechnet.FürdieeinleitendenErklärungengilteineRedezeitvonjeweilsfünfMinuten.InderzweitenRundestehennocheinmalfünfMinutenRedezeitjeFraktionzurVerfügung.

Ichmöchtenocheinmalauf§60Abs.4derGeschäftsordnungverweisen.IchappelliereanSie, imRahmenderAktuellenDebattedieAusspracheinfreierRedezuführen.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:Ganzfrei!–Abg.Pe-terHaukCDU:Sehrgut,HerrPräsident!)

Allerdingsweiseichdaraufhin,dassneugewählteAbgeord-neteesnatürlichschwererhabenalsAbgeordnete,diedemLandtagbereits länger angehören.DassAbgeordnete noch

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Stellv. Präsident Wolfgang Drexler)

nach15JahrenZugehörigkeitzumLandtagihreRedeable-sen,dasgibtesaberauch.

(Heiterkeit–VereinzeltBeifall–Abg.VolkerSchebes-taCDU:Binichfroh,dassicherstseitzehnJahrenda-beibin!–Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP:Da

habeichnochzehnJahreZeit!)

FürdieeinleitendenErklärungenderSPD-FraktionerteileichHerrnAbg.HindererdasWort.

Abg. Rainer HindererSPD:HerrPräsident,ichbinIhnendankbar,dassichmeinenRedezettelmitansRednerpultbrin-gendarf.

MeineDamenundHerren!DievonderSPD-Fraktionbean-tragteAktuelleDebattelenktdenBlickdarauf,dassdasThe-ma„GuteArbeit“nichtandenWerkstorenderUnternehmenundBetriebeimLandendet.ArbeitsmarktpolitikistnichtnureineAufgabedesBundesundderAgenturfürArbeit.Nein,fürguteArbeitzusorgenistaucheineAufgabederLandes-politik.

(BeifallbeiderSPD)

DieSPD-FraktionstelltsichdieserVerpflichtungundmachtdasJahr2012zumJahrder„GutenArbeit“inBaden-Würt-temberg.Darauf setzenwir einenSchwerpunkt in unsererFraktionsarbeit.DievorherigeLandesregierunghatdieAr-beitsmarktpolitiksträflichvernachlässigt.

(Oh-RufevonderCDU)

MeineDamenundHerren,esreichtnichtaus,sichinderWirt-schaftskraftunsererUnternehmenzusonnen.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Wermachtdenndasgerade?)

DiesestellenwirüberhauptnichtinAbrede.WirwissenumdieLeistungsfähigkeitderUnternehmenundBetriebesowiederArbeitnehmerinnenundArbeitnehmerinBaden-Württem-berg.

Wirwissenaberauch–davorverschließenwirnichtdieAu-gen–,dasssichdieLangzeitarbeitslosigkeittrotzdergutenKonjunkturverfestigt.Über70000MenschenimLandsinddavonbetroffen.60%derArbeitslosenerhaltenmittlerweilenureineGrundsicherung.AuchdieserAnteilverfestigtsich.

WirverschließenauchnichtdieAugendavor,dassinBaden-Württembergüber25000jungeMenschenunter25JahrenArbeitsuchen.ImletztenSchuljahrhabensichetwa12000SchülerinnenundSchüler imBerufsvorbereitungsjahroderimBerufseinstiegsjahrbefunden,weilsiekeinenAusbildungs-vertraginderTaschehatten.7000jungeMenschenwurdenindenberufsvorbereitendenMaßnahmenderArbeitsverwal-tungqualifiziert.

DerWerdegangvon40%derSchülereinesHauptschuljahr-gangsmündetnichtdirektineineAusbildung.Fast20%–dasistjederFünfte–werdenüberhauptnieeineAusbildungmachen.DassindjungeMenschen,dieeinebesserePerspek-tivebrauchen,jungeMenschen,dieeinenAusbildungsplatzundeineberuflicheZukunftverdienthaben.Dasistfüruns

SozialdemokratenGrundgenug,demThemaArbeitdeutlichmehrAufmerksamkeitzuschenken,alsesdievorherigeLan-desregierungindenletztenzehnJahrengetanhat.

(BeifallbeiderSPD)

Wirwollen,meineDamenundHerren,dassdieMenschenindiesemLand,diearbeitengehen,aucheineguteundeinesi-chereArbeithaben.DeswegenwerdenwirUnternehmenundBeschäftigtemiteinemTariftreuegesetzschützen.Damitstär-kenwirdieWettbewerbschancenderUnternehmen,diean-ständigeTariflöhnezahlen.DieZeitfüreinTariftreuegesetzistüberfällig.DieneuenMehrheitsverhältnisseindiesemPar-lamentermöglichendiesendlich.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

Wirwollenauch,dassdievielenMenschen,dieinprekärenArbeitsverhältnissenverhaftet sind, einemenschenwürdigeArbeiterhalten.DeshalbwollenwirdieLeiharbeitzurück-drängenundsieaufdieSituationenbegrenzen,fürdiesiege-dachtwar,nämlichdasAbfangenvonAuftragsspitzen.Esdarfnichtsein,dassmitLeiharbeitbreitangelegtesLohndumpingbetriebenwird.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen)

Esdarfnichtsein,dass45000MenscheninBaden-Württem-bergeinerversicherungspflichtigenArbeitnachkommenundtrotzdemergänzendaufArbeitslosengeldIIangewiesensind.DasbelastetdieSozialkassenundistderfleißigarbeitendenFrauenundMännerinunseremLandunwürdig.

(BeifallbeiderSPD)

DeshalbsetzenwirunsfürdengesetzlichenMindestlohnein.AuchbeidiesemThemahabenwirmittlerweileeinenVerbün-deteninderCDU,zumindest inBerlin.Wirsindgespannt,wielangeSiehierimLandbrauchen,bisSiedieNotwendig-keitdesMindestlohnsbegreifenundinIhrerParteidiesesThe-mazumindestdenkreifmachen.OderwollenSiesichauchhier,wieinderBildungspolitik,indieSelbstisolationmanö-vrieren?

MeineDamenundHerren,beimThema„GuteArbeit“istfürunswichtig,dasswirdenMenschen,dietrotzguterArbeits-marktlagekeineArbeithaben,deutlichbessereIntegrations-chancenverschaffen.WirwollenjedemSchulabgängereineAusbildungermöglichen.Deshalbsetzenwirunsim„Bünd-nisfürAusbildung“beiderWirtschaftdafürein,dassausrei-chendAusbildungsplätzezurVerfügunggestelltwerden,auchumdenzukünftigenFachkräftebedarfzusichern.

FürJugendliche,derenWeg–auswelchenGründenauchim-mer–nichtineineregulärebetrieblicheAusbildungmündet,müssenwirverstärkteinegeförderteAusbildunganbieten.DagibteserprobteunderfolgreicheModelle,z.B.inderassis-tiertenAusbildung fürBildungsschwachemitFörderunter-richt, fürZugewandertemitSprachförderungundElternar-beit,fürjungeMütterinTeilzeit,umdieVereinbarkeitvonBerufundFamilieherstellenzukönnen.UmdieseModelleindieFlächezubringen,istjederEuro,denwirindieAus-bildungjungerMenschenstecken,richtiginvestiertunder-spartunsinderFolgehoheSozialausgaben.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Rainer Hinderer)

Nichtzuletzt,meineDamenundHerren,giltes,dieIntegra-tionvonLangzeitarbeitslosenundarbeitsmarktfernenPerso-nengruppendeutlichzuverbessern.Das istdieZielgruppe,diedieBundesregierung in ihrerArbeitsmarktpolitikvölligabgeschriebenhat.

AmletztenFreitaghatderBundestagmitdenStimmenvonSchwarz-GelbgegenheftigenWiderstandderSPDundzahl-reicherArbeitsmarktpartnerdasGesetzzurVerbesserungderEingliederungschancenamArbeitsmarktverabschiedet.SchonderTiteldiesesGesetzesisteinHohn.DiesesogenannteIns-trumentenreformüberwindetnichtdieSpaltungamArbeits-markt,sonderngießtlediglichdasSpardiktatdesBundesfi-nanzministersinGesetzesform.ArbeitsmarktferneMenschenwerdenweiterausgegrenzt,undzahlreichesozialeBeschäfti-gungsbetriebesind–auchbeiunsimLand–inihrerExistenzgefährdet.

Deshalbmachenwirunsdafürstark,dasstrotzdermassivenKürzungenimBund–immerhin1,3Milliarden€werdeninBaden-WürttembergbisinsJahr2015inderaktivenArbeits-marktpolitikfehlen–dierestlichenMittelzielgerichtetfürdieArbeitsmarktintegrationeingesetztwerden.Wichtigistuns,die öffentlich geförderteBeschäftigung zu entwickeln undendlicheinensozialenArbeitsmarktinBaden-Württembergzurealisieren.

MeineDamenundHerren,eswäredochlogisch,dassFinanz-mittel,diebisheralspassiveLeistungenausbezahltwerden,aktiviertwerdenund alsZuschuss für sozialversicherungs-pflichtigeArbeitineinensozialenArbeitsmarktfließen.

(BeifallderAbg.EdithSitzmannGRÜNE–Abg.Dr.ReinhardLöfflerCDU:FrenetischerBeifall!)

DazubrauchenwirdieArbeitsverwaltungalsPartner,unddes-halbistinsbesondereauchderBundesgesetzgebergefragt.BisinBerlinallerdingsetwasBewegunginsSpielkommt,könn-teBaden-WürttembergalsModellstandortentwickeltwerden,andemdieRegionaldirektiongemeinsammitderLandesre-gierungdiesenPassiv-Aktiv-Transfererprobt.Esistallemalbesser,ArbeitanstattArbeitslosigkeitmitöffentlichenMittelnzufördern.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

UmdiegenanntenVorhabenundweiterearbeitsmarktpoliti-scheNotwendigkeitenvoranzubringen,habenwirunsmitdenGrünenimKoalitionsvertragaufeinLandesarbeitsmarktpro-grammverständigt.

(ZurufvonderCDU:Oh!)

DasLandhattebisherkaumeigeneGestaltungsmöglichkei-teninderArbeitsmarktpolitik.DeraltenLandesregierungwardiesoffensichtlichauchnichtwichtig.Deshalbwollenwir,wieandereBundesländerauch,miteigenenMittelnlandes-spezifischeMaßnahmenzurArbeitsmarktintegrationaufdenWegbringen.UnserZiellautet:GuteArbeitinBaden-Würt-tembergfüralle,fürdieQualifiziertenundLeistungsfähigen,aberauchfürbeeinträchtigteundbenachteiligteMenschen.

BeidenZukunftsaufgabenderdringenderforderlichenFach-kräftesicherungund-entwicklungundeinergelingendenAr-beitsmarktintegrationtreffensichbeimThema„GuteArbeit“

dieWirtschaftspolitikunddieSozialpolitik–zweiSeitenei-nerMedaille,derwirzudeutlichmehrGlanzverhelfenwol-len.

VielenDankfürdieAufmerksamkeit.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

Präsident Willi Stächele:FürdieFraktionderCDUsprichtnunHerrKollegeKlein.Bitteschön.

Abg. Karl KleinCDU:HerrPräsident,liebeKolleginnenundKollegen,meinesehrgeehrtenDamenundHerren!DieSPD-FraktionbringtinderheutigenAktuellenDebatteeinThemaindasPlenumein,dasfürdieCDU-FraktionschonimmervongroßerWichtigkeitwar,dasichalsSelbstverständlichkeiteineraktivenPolitikdesLandesanseheunddasauchderPo-litikdervonderCDUgeführtenLandesregierungindenletz-tenJahrenentspricht.

(BeifallbeiderCDU)

GuteArbeitfürmöglichstvieleaufderBasisvonzwischendenTarifpartnernvereinbartenTarifenundLöhnen,einge-rechter und zumindest zumLebensunterhalt ausreichenderLohnundvorallemeineguteundqualifizierteAusbildungfürdiejungenMenscheninunseremLandwarenunsereDevise,unddashabenwirmeinerAnsichtnachaucherreicht.

Allerdings–hierbestehteinUnterschied–habenwirnichtnachdemMotto„DerStaatkannundweißallesbesser“ge-handelt,sondernwirhabendieverfassungsrechtlichgewähr-teTarifautonomiegestärkt,wirhabensierespektiert,undwirhabensie,wodiesnotwendigwar,auchentsprechendgeför-dert.

(Beifall bei derCDUund desAbg.Dr. FriedrichBullingerFDP/DVP)

WirvertrauenunseremHandwerk,wirvertrauenunseremMit-telstand,undwirvertrauenunserenDienstleistern.WirstellendieseBranchennichtunterdenGeneralverdachtdesLohndum-pings,wasSieeventuellmitdemvonIhnengeplantenTarif-treuegesetzbeabsichtigen.WirsetzenauchweiterhinaufGe-sprächeundVereinbarungenmitdenArbeitgebernunddenArbeitnehmern.

WirhabenindenletztenJahren–dasmöchteichunterstrei-chen–einweltweitanerkanntesBildungs-undBerufsausbil-dungssystemgeschaffenunddiesesdenBedürfnisseneinersichimmerschnellerveränderndenArbeitsweltangepasst.

(BeifallbeiderCDU)

DabeihabenwirnachhaltigeunddurchZahlenbelegbareEr-folgeerzielt,andenenwirdannauchdiegrün-roteLandesre-gierungmessenwerden.WirwerdeneinsehrwachesAugedaraufhaben,wohinGrün-RotdiesesLandhierführenwird.

MeinesehrgeehrtenDamenundHerren,inBaden-Württem-bergfindet guteArbeit auf derGrundlage eines tariflichenLohnesstatt.Mit4,1%habenwirdiezweitniedrigsteArbeits-losenquoteallerBundesländerhinterBayern;dieSPD-geführ-tenBundesländerfolgenmiteinemrespektablenAbstand.MiteinemausgezeichnetenWertvon2,4%habenwirdienied-

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rigste Jugendarbeitslosenquote inDeutschlandundeuropa-weit.

(Beifall bei derCDUund desAbg.Dr. FriedrichBullingerFDP/DVP)

NiemandhierindiesemSaalkannbehaupten,dasswirinun-seremLandnennenswerteKorruptionsproblemehätten.WirbekämpfenDumpinglöhneundunsauberenWettbewerbaufderGrundlagederbereitsvorhandenenGesetze.Dabeisindwir,meineich,aucherfolgreich.

(Beifall bei derCDUund desAbg.Dr. FriedrichBullingerFDP/DVP)

AufderBasisdesbereitsvorhandenensehrhohenBeschäfti-gungsniveausfindeteinweitererBeschäftigungsaufbauinBa-den-Württembergstatt.

Baden-Württemberg ist dasFlächenlandmit demhöchstenverfügbarenEinkommen jeEinwohner.Deshalb habendieBaden-WürttembergerauchdasgeringsteArmutsrisiko.Fest-zustellenist,dassdieBruttolöhnederzeitGottseiDankwie-derkräftigansteigen.Dasheißt,derAufschwungkommtauchbeidenBürgerninBaden-Württembergan.

(Beifall bei derCDUund desAbg.Dr. FriedrichBullingerFDP/DVP)

GeradeinderKrisehabendochdieArbeitgeberunddieAr-beitnehmeringanzherausragenderWeisezusammengearbei-tetundunserallerVertrauengerechtfertigt.Daswar,wieichmeine,eineSternstundederMitbestimmung,daswarauchei-neSternstundeunserersozialenMarktwirtschaft.

(VereinzeltBeifall)

Ichbinfestdavonüberzeugt,dassdieArbeitnehmerunddieArbeitgeberumdieseshoheGut,daswirbeiunshaben,wis-sen.SiestehendeshalbzurTarifautonomieundzurTariftreue.

(Beifall beiAbgeordnetenderCDUundderFDP/DVP)

Deshalb,meinesehrgeehrtenDamenundHerren,brauchenwirkeineweiterenGesetze,weshalbwirauchdenimJanuarvonderSPD-FraktioneingebrachtenGesetzentwurffüreinTariftreuegesetzabgelehnthaben–u.a.,weilwirdarineinenhohenBürokratieaufwandundKostensteigerungengesehenhaben.VorallemhattesichauchdieFragegestellt,obesüber-hauptmiteuropäischemRechtvereinbarist.

(ZurufdesAbg.WalterHeilerSPD)

JederMensch,derarbeitet–dasmöchteichjetztunterstrei-chen–,solltevondiesemEinkommenseinenLebensunterhaltbestreitenkönnen.DarübersindwirunshierindiesemRaumwohlalleeinig.DieFrageistnur,obwirdafüreinenflächen-deckendenundüber alleBranchengehenden einheitlichenMindestlohnbrauchen.AuchhierhaltenwiresnachwievorfürdenbesserenWeg,individuelleundflexibleLösungenzusuchen.WirsolltendabeiaufdieverfassungsrechtlicheTarif-autonomieachten.Wirsolltensierespektierenundauchstär-ken,weildies–ganzlapidarausgedrückt–Ausdruckderso-zialenMarktwirtschaftimLandBaden-Württembergist.

DeshalbhabenwirdenbranchenspezifischenMindestlöhnenzugestimmt,aufdiesichdieTarifpartnerfestgelegthaben,wiez.B.letztensbeiderPflege.Wirhabendiesmiteingeführtundentsprechendunterstützt.DamitwillichfürdieCDU-Frakti-onhierimLandtagfeststellen,dasswirnichtgrundsätzlichgegenMindestlöhnesind.

(ZurufvonderSPD:Bravo!)

AllerdingssolltendieTarifvertragsparteienbzw.dieSpitzen-organisationendabeidieFederführunghabenundnichtüber-gangenwerden.DiesgiltauchfürdieBranchen,indenenesderzeitkeinefestenTarifbindungengibt.Mindestlöhnesoll-tendort,wosienotwendigsind,individuellgestaltetwerden.SiesolltenmöglichsteinvernehmlichfestgelegtwerdenundnichtausgesetzlichdiktiertenRegelungenbestehen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderCDUunddesAbg.Dr.UlrichGollFDP/DVP–Abg.HelmutWalterRüeck

CDU:Sehrgut!)

ÄhnlichesgiltauchfürdenBereichderLeiharbeit,derange-sprochenwurde.WirwollendiesesInstrumentgrundsätzlicherhalten.DenngeradeinderFinanz-undWirtschaftskrisehatsichdochgezeigt,dassdiesesInstrumentsehrwirksamwar.Wirwollennicht–dassageichhierandieserStelleunmiss-verständlich–,dassdiesesInstrumentmissbrauchtwird,dasszunehmendStammbelegschaften durchLeiharbeiter ersetztwerden.

(BeifallbeiAbgeordnetenderCDU)

Wirsindbereit–dasmussichsagen–,mitallenBeteiligtenüberKonzeptezusprechen,umLeiharbeitaufdaszurückzu-führen,wassieeigentlichseinsoll.DieLeiharbeitsollfürAr-beitnehmereineBrückeindenallgemeinenArbeitsmarktundgleichzeitig fürArbeitgeber einFlexibilisierungsinstrumentsein.

Dasvonderfrüheren,CDU-geführtenLandesregierungmitderWirtschaft, denGewerkschaften, denArbeitsagenturenunddenKommuneninsLebengerufeneAusbildungsbündniswareinvollerErfolg.Geradeimwirtschaftlichsehrschwie-rigenJahr2009wurdenrund76000Ausbildungsverträgege-schlossen.IndiesemJahrgibtesinBaden-Württembergerst-malsmehrAusbildungsstellenalsBewerber.Wichtigsinddes-halbdieWeiterentwicklungundIntensivierungdesexternenAusbildungsmanagementsundvorallemdieweitereVerbes-serungvonBildungundAusbildung.DahilftkeinRechtsan-spruchaufeinenAusbildungsplatz,meinesehrgeehrtenDa-menundHerren,sondernnurdieBefähigungzurAusbildung.

(BeifallbeiAbgeordnetenderCDUunddesAbg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP)

WirmüssenVorsorgetreffen,umzuerreichen,dassdieQuo-tederSchulabbrecherweitersinkt.WirmüssenVorsorgetref-fen,damitdieAbsolventenvorallemausbildungsfähigsind.Wirmüssen auch dahin gehendVorsorge treffen, dass derStaatbeispielsweiseüberdieArbeitsagenturenzielgerichteteHilfenzurHerstellungderAusbildungsfähigkeitzurVerfü-gungstellt.

EinZielmussauchsein,meinesehrgeehrtenDamenundHer-ren,denAnteilvonrund15%einesJahrgangs,diederzeitnochkeinenBerufsabschlusshaben,weiterzureduzieren.

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AberwennmandieseZieleerreichenunddieseZahlenver-bessernwill, darfmannicht ein gutes und bewährtesBil-dungs-undAusbildungssystemverwässern.MandarfesvorallemnichtverallgemeinernundauchnichtzurBeliebigkeitwerdenlassen.Dazuallerdingsistdiegrün-roteLandesregie-rungmitihrerreinideologischgeprägtenEinheitsschuleaufdembestenWeg.

(Abg.BeateBöhlenGRÜNE:Oje!)

VielmehrsolltedasderzeitigeBildungs-undAusbildungssys-temzielgerichtetundvorallemzukunftsorientiertweiterent-wickeltwerden.DennnurdiesbietetBaden-WürttembergdieGewährdafür,dassweiterhineinguterundgerechterLohnbezahltwirdsowieweiterhinguteArbeitgeleistetwirdundvorallemeineguteundhöchstqualifizierteAusbildunginun-seremLandfürallejungenMenschenerfolgt.

HerzlichenDank.

(Beifall bei derCDUund desAbg.Dr. FriedrichBullingerFDP/DVP)

Präsident Willi Stächele:FürdieFraktionGRÜNEsprichtnunHerrKollegeSchoch.

Abg. Alexander SchochGRÜNE:HerrPräsident,meinesehrgeehrtenDamenundHerren!WirhabenvonHerrnAbg.Kleingeradegehört,dasseigentlichmehroderwenigerallesinOrd-nungsei.Ichdenke,dasistleiderGottesnichtso.WirhabenzwareineleistungsfähigeundflorierendeWirtschaft,wirha-benbeiunsaberauchsehrvieleDefizite.Zumeinen–darü-berhabenwirheuteschondiskutiert–habenwirDefiziteimBildungssystem,zumanderenbeiderAusbildungunddenAr-beitsbedingungen.AusdiesemGrundführenwirheutedieseAktuelleDebattemitdemTitel„GuteArbeitinBaden-Würt-tembergdurchTariftreue,MindestlöhneundAusbildungfürjedenSchulabgänger“.

IchmöchteSiemiteinemvielleichtetwasprovozierendenVer-gleichkonfrontieren.WirAbgeordnetenerhaltenjaAbgeord-netenbezüge.DerenHöheberuhtaufentsprechendenRege-lungen,diesichderLandtaggibt.DieseBezügebekommenwiralsgewählteVertreterinnenundVertreterausbezahlt.Sieermöglichenesuns,ohneexistenzielleNötehierherzukom-menundunsererArbeitnachzugehen.WirverwaltendieSteu-ergelderderBürgerinnenundBürgerundversuchen, dieseMittelzumWohlderBürgerinnenundBürgereinzusetzen.

(ZurufvonderCDU:Hoffentlich!)

Wirregelnbisherjedochnicht,dassdenMenschen,diemitihrenSteuernauchzuunserenBezügenbeitragen,inunseremLandLöhnebezahltwerden,vondenensielebenkönnen.Da-heristesmeinerMeinungnachnichtnachvollziehbar,dassesinunseremLandauchUnternehmengibt,dieDumpinglöhnebezahlenunddurchunserePolitikauchnochdafürbelohntwerden.

SehrgeehrteDamenundHerren,unfaireLöhnesindeinedergrößtenBedrohungendessozialenFriedensunddessozialenZusammenlebens.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

Arbeitmussexistenzsicherndvergütetwerden.DieBundes-regierungunterstütztjedochmitihrerderzeitigenPolitikdieAusweitungdesNiedriglohnsektors.1,3MillionenErwerbs-tätigeverdienensowenig,dasssieihrEinkommendurchLeis-tungenderGrundsicherungaufstockenmüssen.DiesbetrifftauchErwerbstätigeinBaden-Württemberg.

DerzeitisteinFünftelallerBeschäftigtenimNiedriglohnsek-tortätig.DerAnstiegderZahlderMinijobberinDeutschlandauf7,3Millionenzeigtzudem,dassvieleMenschenmehre-renJobsnachgehenmüssen,umfinanziellüberdieRundenzukommen.DasistfastjedervierteBeschäftigte,unddassind45%mehralsnochvorzehnJahren.EingesetzlicherMin-destlohnwürdedieseEntwicklungendlichstoppen.DennfürimmermehrMenschenreichtihrLohnnichtzumLebenaus.

Über30%dersogenanntenAufstockerverdieneneinenStun-denlohnvonwenigerals4,50€.DerAnteilderBeschäftigtenimNiedriglohnsektorinBaden-Württembergliegtbei20%.JederZweite,derausdemHartz-IV-SysteminBeschäftigungwechselt,verdientwenigerals7,50€inderStunde.

StattArbeitfürallebeifairemLohnnahmprekärebzw.un-gesicherteBeschäftigungzu.NachwievoristdieLeiharbeits-brancheeineNiedriglohnbranche,dieZukunftsperspektivenaufzeigt–abernichtfürdieArbeitnehmer,sondernimmernurfürdieLeiharbeitnehmerbranche.

JederAchteisttrotzVollbeschäftigungzusätzlichaufHartzIVangewiesen.TarifstandardswurdenausgehöhltundStamm-belegschaftendurchHire-and-fire-Beschäftigteersetzt.AlleRisikenderFlexibilisierungtragenausschließlichdieBeschäf-tigten,währenddieArbeitgebersichihrerVerantwortungent-ziehen.

SehrgeehrteDamenundHerren,dieseEntwicklungträgtda-zubei,dassderSozialstaatimmermehrzueinemBedürftig-keitsstaatwird.UmdemAusfransendesArbeitsmarktsnachunteneinenRiegelvorzuschieben,brauchenwirgutesGeldfürguteArbeit,mindestensaberexistenzsicherndeMindest-löhne.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

SehrgeehrteDamenundHerren,unverzichtbarerBestandteilimöffentlichenBeschaffungswesenmussdieGewährleistungeinerordentlichenBezahlungsein,umLohn-undSozialdum-pingbeiöffentlichenAufträgenzuunterbinden.Esmussver-hindertwerden,dassUnternehmenbeiderAusführungöffent-licherAufträgeuntertariflichentlohnteBeschäftigteeinsetzenund sich damit ungerechtfertigteWettbewerbsvorteile ver-schaffen.

EinederartigePraxishatnichtnurunsozialeFolgenfürdieBeschäftigten.Sie gefährdet auch in erheblichemMaßdieWettbewerbsposition derjenigenUnternehmen, die tarifge-bundeneArbeitsplätzeanbieten.Dasistnichtnachvollzieh-bar.Einem solchenVerdrängungswettbewerb aufgrunddermassivenWettbewerbsverzerrungenkönnensichleiderinsbe-sonderemittelständischeUnternehmenoftmals nur schwerentziehen.Siemüssenentsprechendreagieren.

SehrgeehrteDamenundHerren,nurdurcheinenMindest-lohnundeinTariftreuegesetzkannverhindertwerden,dassArbeitskräftevonArbeitgebernausgebeutetwerdenundwett-

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bewerbsverzerrendeLöhneauchnochmitöffentlichenGel-dernausgeglichenwerden.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

„GleicherLohnfürgleicheArbeit“istnichtnureinSlogan.EsisteinGrundsatzinternationalvereinbarterArbeitsbedin-gungen.PrekäreBeschäftigungsverhältnissemüssenwiederunterdenSchutzvonTarifverträgenundSozialversicherun-gengestelltwerden.

Arbeitmusssichwiederlohnen.DieserrichtigenAussage,dieleiderimmerwiedermissbräuchlichvonbestimmtenPartei-enundPolitikernbenutztwordenist,müssendierichtigenAt-tributezugeordnetwerden:guteArbeit,fairerLohn,gleicherLohnfürgleicheArbeit.

SehrgeehrteDamenundHerren,wirmeinenesernstmitdemSchutzvorLohnarmut.Wirwollen,dassArmuttrotzArbeiteinEndehat,undwerdendeshalbzusammenmitderSPDeinTariftreuegesetzaufdenWegbringen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

EinsolchesGesetzwirddaraufabzielen,durchdenEinsatzvonArbeitskräften zu sozialverträglichenArbeitsbedingun-geneinenfairenWettbewerbzugewährleistenunddurchdieBerücksichtigungqualitativerAnforderungen hochwertige,nachhaltigeundamGemeinwohlorientierteLeistungenfürdieöffentlicheHandzugenerieren.

DieVergabeentscheidungenöffentlicherAuftraggeberwerdenunterBerücksichtigungverschiedenstergesellschaftlicherundpolitischerAspektegetroffen.DurchdieEinbeziehungsozia-lerKriterienebensowievonAspektendesUmweltschutzesundderGleichstellungimVergabeverfahrensolleinsolchesGesetzdeshalbauchdazubeitragen,denVorbildcharakterderöffentlichenHandimInteressewichtigerGemeinwohlbelan-gewieSozialverträglichkeit,Ausbildung, Integration,Um-weltschutz,aberz.B.auchEnergieeffizienzundInnovationzustärken.EinsolchesGesetzkannsichauchpositivaufdenAusbildungsmarktauswirken,dadieAttraktivitätvonAusbil-dungsplätzenauchvonderFragederZukunftsfähigkeiteinessolchenBerufsabhängt.

GeradejungeMenschenstellensichdieFragen:Kannichmitdem,wasichindiesemBerufverdiene–außerdassermirSpaßmacht–,meinenUnterhaltsichern?Kannichauchmei-neFamiliedavonernähren?OdereinJugendlicher–eventu-ell,weilerleistungsgemindertist–stelltsichdieFragen:Be-kommeichüberhaupteineentsprechendeFörderung,wennichleistungsgemindertbin?HabeichüberhaupteineChance,amArbeitsmarkteineberuflichePerspektivezubekommen?

MeineDamenundHerrenvonderOpposition,ichhoffe,wirhaben IhnenunsereArgumente für dieNotwendigkeit vonMindestarbeitsbedingungenverständlichmachenkönnen,da-mitSieinnaherZukunftdembaden-württembergischenTa-riftreuegesetzzustimmenkönnen.Nicht„Geizistgeil“istun-serMotto,sondernLohngerechtigkeit,QualitätundguteAr-beit.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

Präsident Willi Stächele:FürdieFDP/DVPsprichtjetztHerrKollegeDr.Bullinger.

Abg. Dr. Friedrich BullingerFDP/DVP:SehrgeehrterHerrPräsident,meinesehrgeehrtenDamenundHerren,werteKol-leginnenundKollegen!WasKollegeKleinvonderCDUhierausgeführthat,daskannichuneingeschränktfürrichtiger-klären,undichkannihmzustimmen.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–Abg.ClausSchmiedelSPD:Ichhabeschonimmergewusst,dassdieFDPderWurmfortsatzder

CDUist!)

–StichwortWurmfortsatz:IhremedizinischenKenntnissehin-sichtlichdesWurmfortsatzessolltenSie,glaubeich,einmalirgendwoüberprüfenlassen.

MeineDamenundHerren,ichwerdedeshalbhiernocheini-geandereGedankenhinzufügen.Das,wasichgeradevonIh-nen,demwertenKollegenderGrünen,gehörthabe,könntedenEindruckerwecken:JedenAugenblickbrichtdasElendaus;imBundeslandBaden-Württembergistesganzschlimm.WarumwerdenwirvonanderenBundesländernsobeneidet,undwarumziehensovieleMenschenzuuns?Dochnichtdes-halb,weileshiersoelendwäre,sonderndeshalb,weilwirhierhervorragende,attraktiveArbeitsplätzehabenundaucheineganzordentlicheBezahlungfürdieLeistungen,dieun-sereMitbürgerinnenundMitbürgeramArbeitsmarkterbrin-gen.

MeineDamenundHerren,wiedereinmalbefassenwirunsheute mit dem SPD-Dauerbrennerthema Tariftreuegesetz&Co.WirhabenbereitsimJahr2007unterderDrucksachen-nummer14/849übereinenEntwurffüreinTariftreuegesetzdiskutiert;imVorfeldderLandtagswahlgabeserneuteinenGesetzentwurfhierzu.DamalshabenSie,meineDamenundHerren, denGesetzentwurf eingebracht.Die letzteDebattehierzufandam2.März2011statt.SiesindheuteinderRe-gierung.Deshalbhätteicheigentlicherwartet,dasseinGe-setzentwurfvorliegt,ausdemsichauchkonkretergibt,wasSiewollen,stattdasswirhiereineAktuelleDebattemitir-gendwelchenHinweisenführen.

Michwürdevor allem interessieren,wieSie zumeuropäi-schenRechtstehenundwiederGesetzentwurf,denSiepla-nen,dannausschaut,dassermiteuropäischemRechtkonformist.IchweisedazuaufdasRüffert-UrteildesEuropäischenGerichtshofshin.Michinteressiertauch,obeinsolcherGe-setzentwurf,wennereuroparechtskonformwäre,mehralsei-nebloßedeklaratorischeWirkungentfaltenwürde.

Übrigensistder1.Mai2011mitderEinführungderArbeit-nehmerfreizügigkeitverstrichen,ohnedassganzeHordenausdemOstenunserLandüberflutethätten,wiediesmancheGe-werkschafteroderauchSPD-PolitikerbefürchtethabenundwieSieesandieWandgemalthaben.

BeimgesetzlichenMindestlohngiltfürunsunverändert,dassdiePolitiknichtfürdieLohnfindunggeeignetist,sonderndassdiesinersterLinieSachederTarifpartneristundauchblei-bensoll.

SiebringenheuteeinenaltenrotenLadenhüternamens„Flä-chendeckenderundbranchenübergreifenderMindestlohnvon

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Friedrich Bullinger)

8,50€“.ImGesetzzurModernisierungdesVergaberechtsvom20.April2009gibtesschonsehrvieleguteund,wieichglau-be,auchausreichendeBeispiele.Dortstehtschonheute–ichzitiere–:

Für die Auftragsausführung können zusätzliche Anforde-rungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbeson-dere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte be-treffen, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbe-schreibung ergeben. Andere oder weiter gehende Anfor-derungen dürfen an Auftragnehmer nur gestellt werden, wenn dies durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist.

HierwollenSieansetzen.

DochstattnurimGesetzzulesen,hättenSieaucheinmalei-nenBlickindieHandreichung„DieBerücksichtigungsozia-lerBelangeimVergaberecht“werfensollen.Ichzitiereauchhieraus:

Auf der Grundlage der Vergaberechtsreform kann nun ... sowohl die Beachtung grundlegender Sozialstandards bei Lieferleistungen aus Entwicklungs- und Schwellenländern als auch die Einhaltung von allgemein verbindlichen Min-destlöhnen bei in Deutschland auszuführenden Dienst-leistungen gefordert werden.

AllgemeinverbindlicheMindestlöhnebestehenaufgrunddesArbeitnehmerentsendegesetzesunddesMindestarbeitsbedin-gungsgesetzes.

Einesmöchteichdochnocherwähnen.DasLandhatbereitsdurchMinisterratsbeschlussvom21.Juli1997–ichwieder-hole:1997–eineStammpersonalklauseleingeführt.DanachdürfenbeiHochbau-undStraßenbauaufträgendesLandesnursolcheUnternehmenberücksichtigtwerden,diemindestens70%derBauleistungmiteigenemStammpersonalerbringen.DieseUnternehmenmüssensichauchverpflichten,gegebe-nenfallsnursolcheNachunternehmerzuberücksichtigen,diedieseAnforderungenebenfallserfüllen.DasStammpersonalmussdemöffentlichenAuftraggeberdiesauchvorabnach-weisen.DieseListemussbeiRazziendenMitarbeiterndesHauptzollamts,alsoderFinanzkontrolleimHinblickaufdieSchwarzarbeit,ausgehändigtwerden.

MitdiesereigentlichprimärmitZuverlässigkeitsaspektenbe-gründetenvertraglichenVerpflichtungwirdeinerzunehmen-denBeschäftigungvonArbeitskräftenausBilliglohnländernaufdenBaustellendesLandesentgegengewirktunddashei-mischeHandwerkbzw.Baugewerbegeschützt.–SoweitdasBeispielausdemBaubereich.

WasnunIhreForderungenbezüglichderAusbildungfürje-denSchulabgängeranbelangt,darfichaufdiesoebengeführ-teAktuelleDebattezurBildunghinweisen.

DaswichtigereThema,meineDamenundHerren,wirdvorallembeiunsderFacharbeitermangelsein.Ichglaube,nichtfehlendeLehrstellen,sondernfehlendeLehrlinge,nichtfeh-lendeStudienplätze,sondernwenigerHochschulabsolventen,insbesondereimnatur-undingenieurwissenschaftlichenBe-reich,sinddasThema.DerdemografischeWandelwirdhier

sehrvielesverändernunddas,wasSievorhaben,aucherle-digen.

MiteinemTariftreuegesetzstellenSie,meineDamenundHer-renvonderSPD,einesunterBeweis:SiesindundbleibendieParteiderStaatsdemokratie.

(LachenderAbg.HelenHebererSPD)

SiewollendieEinrichtungeinerServicestellebeimRegie-rungspräsidiumStuttgartsowiedieBildungeinerKommissi-onzurÜberprüfungderHöhedesMindestlohns.DamitsindSieauchTreibervonmassivemBürokratieaufbaustattBüro-kratieabbau. Sie engen damit auch die freienBerufe, dasHandwerkunddenMittelstanderheblichein.

DieseArbeitgeber,meineDamenundHerren,brauchenguteMitarbeiter.SiebrauchenqualifizierteMitarbeiterundnichtnochmehrVorschriften–so,wieSieesvorhaben.MitIhrenAbsichtenunterdemStichwort„GuteArbeit“sorgenSieeherfürwenigerArbeitundwerdenvorallemdenSchwächerenhinsichtlichihrerWiedereinstiegs-undAufstiegschancenkei-nenGefallentun.

MeineDamenundHerren,ichbedankemichfürIhrZuhören.

(BeifallbeiderFDP/DVPundderCDU)

Präsident Willi Stächele:FürdieRegierungsprichtnundieMinisterinfürArbeitundSozialordnung,Familie,FrauenundSenioren.

Ministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frau-en und Senioren Katrin Altpeter:HerrPräsident,liebeKol-leginnenundKollegen,meinesehrgeehrtenDamenundHer-ren!GuteArbeitsorgtfürTeilhabe,undguteArbeitsorgtda-mitauchfüreingutesLeben.DeshalbhatsichdieneueLan-desregierungzumZielgesetzt,Baden-WürttembergzueinemMusterlandfürguteArbeitzumachen.IchmöchteandieserStellebemerken:AlsichdasMinisteriumfürArbeitundSo-zialordnung,Familie,FrauenundSeniorenübernommenha-be,habeichallesMöglichevorgefunden,aberkeineaktiveArbeitsmarktpolitik.Dies,meineDamenundHerren,werdenwirändern.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.KlausHerrmannCDU:DiewarimWirtschaftsministerium

angesiedelt!)

IchmöchteeinpaarZahlennennen.DerArbeitsmarktinBa-den-Württemberg hat sich erfreulicherweise positiv entwi-ckelt.AberderAufschwunggehtleideranimmermehrMen-schenvorbei.SowarenimletztenJahrinunseremLandrund230000Menschenarbeitslos.70000davonwarenLangzeit-arbeitslose,und27000vondiesenwarenseitüberzweiJah-renarbeitslos.7000dieserschonlängereZeitarbeitslosge-meldetenMenschenhattengesundheitlicheEinschränkungen,undfast12000–HerrKlein,hörenSiezu;diessageichinErwiderungauf IhreAusführungenvonvorhin–verfügtennichtübereineabgeschlosseneBerufsausbildung.

Ichdenke,andieserStellewirddeutlich,wodieHerausfor-derungenliegen,denenwirunsinderZukunftstellenmüs-sen.Deswegensageichnocheinmal:WirwolleneineaktiveArbeitsmarktpolitik,undwirwollenguteArbeitfürmehrTeil-habederMenschen.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Ministerin Katrin Altpeter)

Dasbedeutetzunächsteinmal,OrdnungaufdemArbeitsmarktzuschaffen,undzwardahingehend,dassUnternehmen,dieihrenBeschäftigtenTariflöhnezahlen,imWettbewerbnichtbenachteiligtwerden.DeshalbbrauchenwireinTariftreuege-setz,dassicherstellt,dassöffentlicheAufgabendesLandesundderKommunennuranUnternehmenvergebenwerden,dieihrenBeschäftigtenauchTariflöhnezahlen.

(ZurufvonderCDU:Dasmachenwirschon!)

–WennSiesagen,dasallesgescheheschonheute,dannkön-nenSiedocheigentlichnichtsgegeneinTariftreuegesetzha-ben.DenndannbrauchenSiesichzumindestandieserStelleüberhauptkeineSorgenzumachen,undallesbekommtnochseinengesetzlichenRahmen,

(Abg.Günther-MartinPauliCDU:MehrBürokratiebringtnichtmehrArbeit!)

unddannistesgut.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünenundderSPD)

EinweitererPunkt–errichtetsichallerdingsandenBund–istdieflächendeckendeEinführunggesetzlicherMindestlöh-ne,umfüreinenfairenWettbewerbzusorgen.Denneskannnichtsein,dassesteilweiseLöhnegibt,diesoniedrigsind,dassdieArbeitnehmerdavonnichtlebenkönnen.Esgibtei-nehoheZahlvonMenschenimLand,dieaufstockendeLeis-tungenbeziehenmüssen,obwohlsieeinerordentlichenTä-tigkeitnachgehen.DazukannichBeispielenennen.DasistdurchausnichtnurinBranchenderFall,dieirgendwoganzuntenangesiedeltsind,sonderndasgiltauchfürsozialeBe-rufe.AlleinerziehendeArbeitnehmerimsozialenBereichmitzweiKindernkönneninderRegionStuttgartauchdannnichtvonihremGehalt leben,wennsieeinerTeilzeittätigkeit imUmfangvon80%nachgehen.Siesindgezwungen,aufsto-ckendeLeistungeninAnspruchzunehmen.

EinganzwichtigerweitererPunktimHinblickaufdieOrd-nungaufdemArbeitsmarktist:DieLeiharbeitmusswiederzudemgemachtwerden,was sieursprünglicheinmal seinsollte, nämlich ein zeitlich begrenztesMittel zurÜberbrü-ckunggroßerAuftragsschwankungen.Leiharbeitdarfnichtdazuführen,dassganzeStammbelegschaftenausgewechseltunddurchLeiharbeiterundLeiharbeiterinnenersetztwerden.VorallemdarfLeiharbeit,meinesehrgeehrtenDamenundHerren,nichtzuLohndumpingführen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Deshalbwerdenwir imHinblickaufdieBundespolitikge-meinsammitanderenLändernentsprechendeInitiativener-greifen.DasTariftreuegesetzwirdfederführendvomMinis-teriumfürFinanzenundWirtschaftaufdenWeggebracht.

(Abg.Günther-MartinPauliCDU:UndwasmachenSieselbst?)

–Dazukommeichnoch.Nurlangsam.HabenSieeinbiss-chenGeduld.

IchmöchtenochaufeinenanderenPunkteingehen,vondemvorhinauchschondieRedewar.Eswurdegesagt,fürdieAr-beitsmarktpolitikseienhauptsächlichderBundunddieBun-desagenturzuständig.Wenndassoist,dassderBundindie-semMaßfürdieArbeitsmarktpolitikzuständigist,möchteich

ihndochauffordern,seinerVerantwortunggerechtzuwerdenundnichtdaszutun,wasgeschehenist:MitdemGesetzzurVerbesserung derEingliederungschancen amArbeitsmarktsindKürzungenvorgenommenworden.

IchfordereSieauf,dazuaufzurufen,dasseinabsoluterWan-delamaktivenArbeitsmarktgeschiehtunddassletztlich,ins-besondere fürLangzeitarbeitslose,dieAbkehrvomPrinzip„FördernundFordern“eingeleitetwird.Gefördertwirdnäm-lichnachderInstrumentenreformdesBundesüberhauptnichtmehr,sonderneswirdineineEckegeschoben,undTeilhabewirdverweigert.GeradeMenschen,andenenderAufschwungamArbeitsmarktbishervorbeigegangenist,wirddadurchdieChancegenommen,wiederZugangzurErwerbsarbeitzufin-den.

WirsindderAuffassung,dasseinesozialverantwortlichePo-litikdenMenschenauchPerspektivenbietenmuss.DeshalbwerdenwireinArbeitsmarktprogrammaufdenWegbringenunddurcheinensozialenMarktdenMenschen,dieschonlan-gearbeitslossind,wiederChancenfürdieTeilhabeamEr-werbslebeneröffnen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünenundderSPD)

DabeiwirdesumdasSchließenvonLückenbeidenarbeits-marktpolitischenInstrumentengehen.Dazusageichdeutlich:Eskannnichtsein,dasswirdieAufgabenübernehmen,dieimBundnichtodernichtmehrgemachtwerden.TrotzdemistesunsauchangesichtsdesFachkräftemangelsnichtnurinderZukunft,sondernauchschoninderGegenwartwichtig,dasswirfördern,dasswirdieMenschen,woesgeht,amArbeits-marktteilhabenlassen.DeswegenwerdenwirdieInstrumen-teandenStellenweiterentwickeln,andenenessinnvollundzweckmäßigist.

WirwollenmehrereElemente einbauen.WirwollendurchnachhaltigeUnterstützungundBetreuunginAus-undWei-terbildungmehrChancen für dieBenachteiligten schaffen.WirwollenJugendliche,dieProblemehabenunddeshalbofteineAusbildungnichtzumAbschlussbringenkönnen,inten-sivinallenBelangenihresLebensbegleiten,sodassesihnenermöglichtwird,eineAusbildungzubeendenundinihremBeruftätigzuwerden.

WirwollendeshalbdieassistierteAusbildung,dieesimLandbereitsmodellhaftgibt,ausweitenundalseinwichtigesEle-mentweiterführen.

(Abg.Günther-MartinPauliCDU:Wenigstensdas!)

–Washeißtdas?–MeinesehrgeehrtenDamenundHerren,ichdarfmitErlaubnisdesPräsidentenzitieren:

Auch in Zukunft wird die Gesellschaft dadurch geprägt sein, dass die Erwerbsarbeit für die meisten Menschen den bei Weitem wichtigsten Zugang zu eigener Lebens-vorsorge und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben schafft. In einer solchen Gesellschaft wird der Anspruch der Menschen auf Lebens-, Entfaltungs- und Beteiligungs-chancen zu einem Menschenrecht auf Arbeit. Wenngleich dieses ethisch begründete Anrecht auf Erwerbsarbeit nicht zu einem individuell einklagbaren Anspruch werden kann, verpflichtet es die Träger der Wirtschafts-, Arbeits-markt-, Tarif- und Sozialpolitik, größtmögliche Anstren-gungen zu unternehmen, um die Beteiligung an der Er-werbsarbeit zu gewährleisten.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Ministerin Katrin Altpeter)

MeinesehrgeehrtenDamenundHerren,diesesZitatstammtausdemnochimmerhochaktuellenWortdesRatesderEvan-gelischenKircheinDeutschlandundderDeutschenBischofs-konferenzvon1997.

DieLandesregierunggreiftdiesesWortbeimThema„GuteArbeit“auf.WirwollenBrückenbauen,umdieSpaltungzuüberwinden,umgesellschaftlicheTeilhabezugewährleisten.WirsehendiesalseinewichtigeZukunftsaufgabe,fürdiewirauchbereitseinmüssen,einigeszustemmen.

HerzlichenDank.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Präsident Willi Stächele:DasWorterteileichHerrnAbg.Hinderer.ErhatnocheineMinuteRedezeit.

Abg. Rainer HindererSPD:HerrPräsident,meineDamenundHerren!IchmöchtemichganzherzlichbeiFrauMinis-terinAltpeterbedanken,dasssiedasThema„GuteArbeit“soengagiertaufgreiftundeinLandesarbeitsmarktprogramminAussichtstellt.

Siehabengesagt,SiehätteninIhremHauskeineaktiveAr-beitsmarktpolitikvorgefunden.SiemüssendiesbezüglichweitindenKellerhinuntersteigen,weildiearbeitsmarktpolitischenProgrammeimJahr2000beerdigtwurden.EsgabdasPro-gramm„Jugend–Arbeit–Zukunft“undeinProgrammfürLangzeitarbeitslose.DamitwurdenvieleMenscheninArbeitgebracht.DieRegierungvonCDUundFDP/DVPhatdieseProgrammebereitsimJahr2000indenKellergebracht.

Ansonstenhöre ich,HerrKollegeKlein,vielÜbereinstim-mungbeiderAnalysederProblemeamArbeitsmarkt.Siewol-len, dass dasEinkommendenLebensunterhalt sichert. Siewollen denMissbrauchbei derLeiharbeit bekämpfen.SiewollendieAusbildungsfähigkeitjungerMenschenverbessern.AllerdingsvermisseichdiepolitischenKonsequenzen,wennes darumgeht, dieseEinsichten inGesetze umzuwandeln.Deshalb fordere ichSie auf:StimmenSie demexistenzsi-cherndenMindestlohnzu,stimmenSieunseremTariftreuege-setzzu,undmachenSiesichdortfürdiegeförderteAusbil-dungstark,wodieWirtschaftnichtgenügendAusbildungs-plätzezurVerfügungstellt.

VielenDank.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen)

Präsident Willi Stächele:EsliegteineweitereWortmeldungvonHerrnAbg.Kleinvor.Erhatnoch20SekundenRedezeit.

Abg. Karl KleinCDU:HerrKollegeHinderer,eigentlichha-beichnichtsmehrsagenwollen,aberichwillIhnennochei-nesmitgeben:EineguteWirtschaftspolitikisteigentlichdiebesteSozial-undvorallemauchArbeitsmarktpolitik.

(BeifallbeiderCDU–Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP:Soistes!)

EsgabeinmaleinenBundeskanzlervonderSPD,dergesagthat,ertretezurück,wennunterseinerRegierungeinegewis-seQuotebeiderArbeitslosigkeitnichtunterschrittenwerde.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:6%!)

ImHinblickaufdieJugendarbeitslosigkeitunddieArbeitslo-senquoteinsgesamtlegenwirdiesenLevelinBaden-Würt-tembergan.Wirnehmenan,dassdasauchvonIhnensoge-sehenwird.

LiebeFrauMinisterinAltpeter,einesmöchteichIhnenmit-geben;dazukönnenSieauchdieOberbürgermeisterinnenundOberbürgermeistermitZugehörigkeitzurSPDfragen:In20JahrenhabeichbeiAusschreibungenbishereinenFallerlebt,beidemwireinAngebotzurückgewiesenhaben,weilderTa-riflohnnichteingehaltenwurde.AnsonstenstelltdasbeiunskeinProblemdar.

(ZurufvonderSPD:Abereskommtvor!)

WirkönnendiesmitbestehendengesetzlichenRegelungenlösen.AufgrunddessenbrauchenwirdafürkeinzusätzlichesGesetz.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP)

Präsident Willi Stächele:LiebeKolleginnenundKollegen,es liegenkeineweiterenWortmeldungenvor.Damit istdieAktuelleDebattebeendet.

IchrufePunkt 4derTagesordnungauf:

a) Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregie-rung – Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrech-ten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahn-projekt Stuttgart 21 (S-21-Kündigungsgesetz) – Druck-sache 15/496

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus-schusses – Drucksache 15/528

Berichterstatter: Abg. Bernd Hitzler

b) Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Staatsministeriums – Volksabstimmung Stuttgart 21 – Bevölkerung ehrlich und objektiv informieren – Druck-sache 15/508

MeineDamenundHerren,dasPräsidiumhatfürdieAllge-meineAusspracheeineRedezeitvonzehnMinutenjeFrakti-onfestgelegt,wobeigestaffelteRedezeitengelten.

InderAllgemeinenAusspracheerteileichdemVorsitzendender Fraktion derCDU,HerrnAbg.Hauk, dasWort.Bitteschön.

Abg. Peter HaukCDU:HerrPräsident,meinesehrverehr-tenDamenundHerren!IndenletztenWochenhabenwirsehrintensivüber dieKostendesBahnprojektsS21diskutiert.Letztlichwurden auch jedeMenge Irrmeldungengestreut.Aberwirwissen,derKostenrahmenwirdeingehalten:4,1Mil-liarden€.DerPufferistnachwievorvorhanden.Esgibtkei-neKostensteigerungen.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Oh-RufevondenGrünen)

Ichzitiere:

Bei Stuttgart 21 sind nach derzeitigem Kenntnisstand kei-ne Kostensteigerungen zu erwarten.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hauk)

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Achtung,Achtung!–Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVPzudenGrü-nen:Zuhören!–ZurufvondenGrünen:Wennman

dieAugenzumacht,siehtmannichts!)

BeidiesemZitathandeltessichumeineAussagederLandes-regierung,dieunterzeichnetistvonWinfriedHermann,demMinisterfürVerkehrundInfrastruktur.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Unruhe)

DieseAussagewurdeaufAnfrageeinesGrünen-KollegenzueinemZeitpunktgetroffen,alsderGesetzentwurfbereitsvor-handenwar.ZunächsteinmalzitierenSieAussagenvonWirt-schaftsprüfungsgesellschaftenvomNovember2010.

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:November2010?)

–November2010.Aberdann,KollegeSchwarz,sagtdieLan-desregierungimletztenAbsatzderStellungnahmezuZiffer2desAntragsDrucksache15/272:

Der Landesregierung liegen darüber keine aktuellen Kos-tenberechnungen der DB Netz AG vor.

SiehatsichausdrücklichaufdieWirtschaftsgutachten–üb-rigens,einerderGutachterwarauchvondenGrünenodervondenStuttgart-21-Gegnernbenannt–bezogen.

MeineDamenundHerren,damitfälltIhreBegründungderKostensteigerung,dieSieimmeralsmöglichenKündigungs-grundgesehenhaben,insichzusammen.Siehabenvorhinge-genAussagenvonmirinterveniert.WendenSiesichindieserFrageanIhrenVerkehrsminister.

MeinesehrverehrtenDamenundHerren,manfragtsichdannzuRecht,wiedieselbeLandesregierunginderBegründungzumvorliegendenGesetzEndeJulioderAnfangAugust,al-sozurgleichenZeit,alszudiesemAntragStellunggenom-menwurde–daswaram8.August–,zuderAussagekommt:

In Kenntnis der inzwischen bekannten Kostensteigerun-gen ...

Irgendjemandlügthier.

(Zurufe von denGrünen –Abg. FriedlindeGurr-HirschCDU:Wer?)

Siesageneinerseits:„InKenntnisderinzwischenbekanntenKostensteigerungen...“AndererseitssagenSie:„DerLandes-regierungliegenkeineKostenberechnungenvor“undverwei-senaufdieWirtschaftsgutachten,diekeineAnhaltspunktege-ben.SiesolltendenWidersprucheinfachaufklären,auchdenWiderspruchbezüglichdeszeitlichenZusammenhangs.DasisteineganzentscheidendeFrage.

(BeifallbeiAbgeordnetenderCDU)

Wirfragennatürlich,welchenSinndasKündigungsgesetzderneuenLandesregierungnochhat.

DieStellungnahmedesVerkehrsministeriumszurEinhaltungdesKostenrahmensistzwischenzeitlichaberauchdurchFak-tenabgesichertworden,denndieBahnAGhat inzwischenübereinViertelderVergaben–bisEnde2011werdenesso-

garüberdieHälftederVergabensein–durchgeführt.Darun-terfallendannauchdiegroßenTunnelbauwerke.Besonderssiewären imHinblickaufKostensteigerungeneher risiko-reichgewesen.

WoistjetztdieKostensteigerung?Esgibtsienicht.

(LachenbeidenGrünen)

Esgibtsienicht.Daswirdnurbehauptet.DieaktuellePres-semitteilungdesVerkehrsministersbehaupteterneut,dassessiegibt.EsgibthierfürderzeitkeineAnhaltspunkte.DieseAussagestimmt.DieAussagestimmteam8.August,undsiestimmtauchheute,am28.September.Ichkannnatürlichgutverstehen, dass das demgrünenTeil derLandesregierungüberhauptnichtpasst,denndasArgumentationsgebäudebrichtzusammen.Zurückbleiben dieTrümmer, die derMinisternachherwahrscheinlichwiederwortreichkaschierenwird.Ichbingespannt,welchesMärchenSieunsheutewiedererzäh-len.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–ZurufvondenGrünen)

Meine sehrverehrtenDamenundHerren, IhreFantasie zuS21undzurVerdrehungderFaktenscheintgrenzenloszusein.AktuellesBeispiel:SieerzählenderPresse,dieBahnpla-neihrenAusstiegundberechneimHintergrundschonmögli-cheAusstiegskostenein.DassessichinWirklichkeitaberumdieSchadensersatzsummehandelt, die unsereBürgerinnenundBürgerbezahlenmüssten,wenndasLandvertragsbrüchigwird,daspasstnatürlichnichtinIhrWeltbild.DeshalbwirdflugseineneueGeschichteerfunden.

EspasstdeshalbnichtinIhrWeltbild,HerrMinisterHermann,weilSiedadurch Ihr einzigverbleibendesSchreckgespenstbegrabenmüssten.AusgangspunktIhrerGesetzesbegründungsindnämlichimmerdiesogenanntenvermeintlichenKosten-steigerungenbeiS21.SiedienenausIhrerSichtalsVorwand,überhaupteinKündigungsgesetz,dasrechtlichbarjederMög-lichkeit ist,zu rechtfertigen.AngesichtsdernunbekanntenFaktenmüsstenSieeigentlichIhrenBegründungstextinwe-sentlichenTeilenändern.

Umes denMenschen inBaden-Württembergnoch einmaldeutlichzusagen:EsgehtbeidergeplantenVolksabstimmungnichtumeineGrundsatzentscheidungfürodergegenStutt-gart21.Esgehtam27.Novemberdarum,obdasLandver-tragsbrüchigwirdundeineKündigunganstrebt,woesüber-hauptkeinKündigungsrechtgibt.Esgehtdarum,obesindie-semLandnochVerlässlichkeitundeineBasisfürVertrauenin bestehendeVerträge imBaurecht und inGerichtsurteilegibt.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Jawohl!)

EsgehtamEndedarum,obwir1,7Milliarden€–manchesprechensogarschonvon2,5Milliarden€–fürnichtsbezah-lenwollen.824Millionen€kostetderBauvonStuttgart21dasLandBaden-Württemberg.Bis zu 2,5Milliarden € anSteuergeldernwürdenwirfürdenAusstiegdesLandesausStuttgart21bezahlenmüssen,undwirhättennichts.

(Abg.DanielRenkonenGRÜNE:WoherwissenSiedenndas?)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hauk)

WirhätteneinenaltenBahnhof,wirhättenalteGleise,wirwäreninternationalabgehängt.DieRegionalverkehrewärenauchabgehängt.Wirhättennichts.DasistdieWahrheit.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–ZurufevondenGrünen)

InIhrerGesetzesbegründungsprechenSiedavon,dasssichdieFragenachdemKosten-Nutzen-Verhältnisneustelle.Viel-leichtsolltenSiesichwenigerdieFragenachdemKosten-Nutzen-VerhältnisvonStuttgart21stellenalsvielmehrnachdemvonIhnen,HerrHermann,alsVerkehrsminister.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–ZurufvonderCDU:Bravo!)

NurbetretenesSchweigendazu,mitwelchenMittelnmögli-cheAlternativtrassen anwelchenStellen überhaupt gebautwerdensollen.SiestreuendenMenschenSandindieAugenübermöglicheAlternativen,zudenenkeinePläne,schongarkeineMachbarkeitsstudienundkeinePlanfeststellungsverfah-ren,

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:SchongarkeineKosten!)

geschweigedenneineFinanzierungvorliegen.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja!–Abg.Muhte-remArasGRÜNE: Ich sage nur: Flughafenanbin-

dung!)

DieBürgerinnenundBürgerindiesemLandhabenaber,wennsieindieserFrageentscheidensollen,einAnrechtdarauf,zuwissen,worumeseigentlichgehtundwelcheFolgendasGan-zefürsiehat.Siemüssenwissen,welcheKostenzusätzlichzudenSchadensersatzsummenvonbisherwohl2,5Milliar-den€ausdemProjektnochhinzukommen,etwaKostenfürdieGleissanierung,KostenfürdieSanierungdesBahnhofs-gebäudes,Kosten fürmöglicheoberirdischeAlternativstre-cken,KostenfürneueTunnel,Kostenfürdendannvölligun-geklärtenAnschlussderNeubaustrecke.

DieMenschenmüssenwissen,mitwelchenVerzögerungensierechnenmüssen,wenndasProjektnichtkommt.Siemüs-senwissen,dassesmindestensfünf,sieben,achtJahrebiszurPlanungdauert,dassdieFinanzierungeinerAlternativelängstnichtgesichertistundwahrscheinlichniegesichertwird,weildieAlternativstreckeschonsteht.DaswarjaderGrund,wes-halbwirunsüberhauptanderNeubaustreckebeteiligen:weildieAlternativstreckeFrankfurt–Würzburg–Nürnberg–Mün-chenbereitssteht.

(Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP:Richtig!)

DasistdochderganzentscheidendePunkt.

DieBahnreisenden,auchdiePendler,müssenwissen,wasesfürsiebedeutet,wenninmehrjährigerArbeitdasGleisvor-felddesStuttgarterHauptbahnhofsimlaufendenBetriebsa-niertwürde.DieMenschenimNeckartalmüssenwissen,dassnachdemWillenderGrüneneinedortgeplanteEisenbahn-brückeüberihreKöpfehinweggeht

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:SoeinQuatsch!)

unddieZügedarüberdonnern.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Das istdieneueKultur!–GegenrufderAbg.FriedlindeGurr-HirschCDU:DasistdieKulturdesÜberfahrens!–Gegen-rufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Genau!)

MeinesehrgeehrtenDamenundHerren, irgendwowerdenSiebauenmüssen.Obüberirdischoderunterirdisch–irgend-wowerdendieBauarbeitenstattfindenmüssen,wennSiesichzurNeubaustreckebekennen.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Ja!)

AlldieseFragenundvieleanderelassenSieaberganzbe-wusstoffen.Sieversäumenes,denMenschenallewirklichnotwendigenFaktenzuliefern.SieredenimmernurvonZu-hörenundvonTransparenz.

WirhabeneinklaresJazurVolksabstimmunggegeben,weilwirderMeinungsind,dasskeinGerichtüberdieKündigungvonStuttgart21entscheidenkann,dasskeinGerichtüberdieHeimlichkeitenentscheidenkann,

(ZurufderAbg.MuhteremArasGRÜNE)

diedergrüneVerkehrsministerunddergrüneTeilderLan-desregierungrundumdiesesGesetzmachen,dasskeinGe-richtüberIhrRechtsverständnis–auchüberIhrVerfassungs-verständnis–undkeinGerichtüberIhrenUmgangmitdenMenschenimLand,HerrMinister,entscheidenkann.DieseEntscheidungkönnennurdieMenschenindiesemLandtref-fen.Wirwerdenallesdafürtun,dassdieMenschentatsäch-licherfahren,worumesbeidieserVolksabstimmunggeht.

JetztsindauchSie,HerrMinisterpräsident,amZug.SagenwenigstensSiedenMenschen,worumesbeiderVolksabstim-munggeht.MachenwenigstensSiedieFolgendeutlich.Sa-genSie,dassihnenbeieinemAusstiegdesLandestiefindieTaschengegriffenwird.SagenSiedenMenschen,dassBa-den-Württembergverkehrstechnisch abgehängtwird,wennS21nichtkommt,

(Oh-RufevondenGrünen)

unddasshiervermutlichdienächsten25Jahregarnichtspas-sierenwird.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVPsowieaufderZuhörertribüne)

SagenSiedenMenschen,dasswirbeieinemAusstiegbiszu2,5Milliarden€bezahlenunddieProjektpartnervielleichtauchohneunsweiterbauen;rechtlichbestehtdieseMöglich-keitja.

SagenSiedenMenschen,dasssichdieRegionalverkehrevonTübingen,vonReutlingen,vonSingen,vonHeilbronn,vonUlm,vonAalenetc.ebennichtbeschleunigen,dassdasLandnichtengerzusammenrückt,sondernweiterabgehängtbleibt.

(LachenbeiAbgeordnetenderGrünen)

SagenSiedenMenschen,dasssienachIhrenVorstellungennurdeshalbzuWortkommen,weildieRegierungamEnde

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hauk)

nicht inderLage ist,eineEntscheidungzu treffen.Das istdochderwahreGrundfürdieseVolksabstimmung.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–ZurufvonderCDU:Soistes!–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:

Bravo!)

SagenSiedenMenschen,dasseseineErfindungderSozial-demokratenwar,diewegenihrerEntscheidungsunfähigkeiteinenWegzurVolksabstimmunggesuchthaben.SagenSiedenMenschen,wieselbstinIhreneigenenAnträgenunddenStellungnahmenderLandesregierungzulesenist,dassesei-nenoffenenDissens in dieserKoalition gibt unddassSie,wennmansowill,alsAuswegdasVolkeinStückweitmiss-brauchenwollen,umdiesenDissensamEndezulösen.Ge-naudasistdieWahrheit.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.An-dreasSchwarzGRÜNE:Falsch! –Abg. SiegfriedLehmannGRÜNEmeldetsich.–GlockedesPräsi-

denten)

AberbishersagenSienichts.

Präsident Willi Stächele:HerrKollegeHauk,gestattenSieeineZwischenfrage?

Abg. Peter HaukCDU:Ichwürdegernfortfahren;vielleichtamEndemeinerRede.

Präsident Willi Stächele:DannwirddieZwischenfrageamEndederRedegestellt.

Abg. Peter HaukCDU:Derzeit,HerrMinisterpräsident,sa-genSiegarnichts.SiesprechennichtmitdemParlament.SiesprechendarüberauchnichtmitdenBürgerinnenundBür-gern–jedenfallsistdavonnichtsinderZeitungzulesen.

(Abg.EdithSitzmannGRÜNE:WoherwissenSiedasdenn?–Abg.ClausSchmiedelSPD:Na,na,na!)

SiehoffenimmerhinaufeinWunder.

(Abg. FriedlindeGurr-HirschCDU:Nach so vielPapstwirdesschonklappen!)

Dasistganzordentlich.

WirwollenaberheutevonIhnen,HerrMinisterpräsident,aucheineklarePositionhören.Wirwollenwissen,obSiedasEr-gebnis derVolksabstimmunguneingeschränkt akzeptieren.Wirwollen,dassSiedenMenschenendlichreinenWeinein-schenken.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP)

Wirwollenwissen,obSiesichaufderBasisdesDemokra-tieprinzips–aufdieserBasissindSieauchgewähltworden–auchzuRechtundVerfassungbekennenundaucheinErgeb-nis akzeptierenwürden, das IhrenVorstellungennicht ent-spricht.WastunSie,wenneineMehrheitderBevölkerungge-genIhrGesetzeswerkstimmt?WastunSie,wenndasnötigeZustimmungsquorumnichterreichtwird?DerzeituntersagenSieesIhremKoalitionspartner,seinePositionzuS21vorderVolksabstimmungkundzutun.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Was?–Abg.AndreasStochSPD:Dassehenwirnichtso!–Abg.Dr.Fried-richBullingerFDP/DVP:Sehrpeinlich!–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDUzurSPD:EinenMaulkorbhabtihrbekommen!–Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:DiePolitikdesZumauerns!–ZurufderAbg.Edith

SitzmannGRÜNE)

DaswareinMachtwortdesMinisterpräsidenten;sowaresüberallzulesen.Ichkannnurdaszitieren,wasinderZeitungsteht.DerSPD-Landesvorstandhatsichdemauchgebeugt.IhrePartei,HerrMinisterpräsident,bekenntsichdagegenöf-fentlichzueinemBündnis,u.a.mitdenextremistischenLin-ken.

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–ZurufvonderCDU:Soistes!)

DannsagenSienochentschuldigend,dasseinichtsoproble-matisch;dennesseieinePartei,dienichtimLandtagvertre-tenist.

(LachenbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.An-dreasSchwarzGRÜNE:Soistes!–Abg.JörgFritzGRÜNE:Worüberwirallemiteinanderfrohsind!)

MeinesehrverehrtenDamenundHerren,dakannichnursa-gen:WennSie,dieSieaufderBasisdesDemokratieprinzipsgewähltwordensindundindiesesAmtgekommensind,einBündnismitanderengesellschaftlichenGruppierungenundunterParteien,diemiteinerhohenZustimmungsquotevonderBevölkerungindiesenLandtaggewähltwordensind,nichtakzeptieren,wohlabereinBündnismitextremistischenPar-teien,dienichtimLandtagvertretensind,dannfrageichSie:WoistIhrDemokratieverständnis?

(BeifallbeiderCDUundderFDP/DVP)

VorgesternerklärtendiePartnerimBündnisgegenS21–so-garIhrLandesvorsitzender–beieinerPressekonferenz,dassmandieSituationneubewertenmüsse,wenndasQuorumnichterreichtwerde.Manchesprechenauchdavon,dassderProtestweitergehenwerde,egal,wiedieAbstimmungaus-geht.

WenndasGesetzheuteabgelehntwirdundwirdannaufAn-trag einerMinderheit imParlament – vielleicht auch einerMehrheit;dasweißichnicht–ineineVolksabstimmungein-treten,

(Zurufe derAbg.AndreaLindlohr undEdithSitz-mannGRÜNE)

danntunwirdiesnachunserengeltendenGesetzenundent-langunsererVerfassung.JetzthabenSie,HerrMinisterpräsi-dent,dieChance,IhrePositionzudenebengestelltenFragendarzulegen.

Sie sprechen inderSummevonKündigungen,woeskeinKündigungsrechtgibt.Wohldeshalb ist inderGesetzesbe-gründungzulesen:

Der Regelungsgehalt des Gesetzentwurfs verzichtet be-wusst darauf, einen konkreten Kündigungsgrund festzu-legen.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Peter Hauk)

MeineDamenundHerren,dasistdieKlarheit,WahrheitundTransparenz,diezumindestdieGrünenbeimRegierungsan-tritt immer verkündet haben:DieBürgerinnenundBürgerwerdengar nicht auf einenbestehendenKündigungsgrundverwiesen,inderHoffnung,dasssieamEndegarnichtgenauwissen,worübersieeigentlichabstimmen,weilSiestetssug-gerieren,dassesumdieFrage„Stuttgart21,jaodernein?“geht.Letztendlichläuftesdochdaraufhinaus,dassdieMen-schendieHandzumVertragsbruchhebensollen.

(Abg.UlrichMüllerCDU:Soistes!)

MeineDamenundHerren,wirwerdendieZeitbiszurVolks-abstimmungnutzen.Wirwerdensienutzen,umTransparenzzuschaffenundaucheinStückweitfürmehrDemokratiezusorgen.

(Oh-RufevondenGrünen–Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:Aha!–Abg.MuhteremArasGRÜNE:Wir

helfengern!)

SiewerdendieZeitnutzen,umzuprovozieren.SiewerdendieZeitnutzen,umdieMenschenzuprovozieren.

(ZurufvondenGrünen:DasmachtdochdieCDU!–Abg.EdithSitzmannGRÜNE:WirwerdenmitAr-

gumentenüberzeugen,HerrKollege!)

SiewerdendieZeitnutzen,umneueGerüchte,falscheTatsa-chenundSchauermärchenindieWeltzusetzen,umdenMen-schenSandindieAugenzustreuen.Siesindnichtdaraufaus,dieSituationzubefrieden,sonderndarauf,neueWutundKra-walle zu produzieren.DerKern,weshalbwir uns für dieVolksabstimmungausgesprochenhaben,weshalbwirdenWegmitgehen, liegtdarin, dassdieseKoalitionnicht fähig seinwird,diesesLandunddiesesProjektS21amEndezubefrie-den.VielmehrwirdinderTat–sosehenwirdasauch–nurdasVolkdasThemabefriedenkönnen.AberSiesollteninderFragedergrundsätzlichenundunbeschränktenAnerkennungauchdes verfassungsrechtlichenErgebnisses einer solchenVolksabstimmungbereitsheuteeinenklarenBeitragdazuleis-ten.

(Beifall bei derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–ZurufdesAbg.JörgFritzGRÜNE)

MeinesehrverehrtenDamenundHerren,wirwerdenklarsa-gen:ZudiesemGesetzkannesnachdemWeg,wieeszustan-dekam–derInhaltistbedenklich–,letztlichnureinklaresNeingeben.EskannnureinNeingebenzudiesemWeg,zumVertragsbruch,

(ZurufvondenGrünen–HeiterkeitbeiAbgeordne-tenderGrünen)

zudengrünenTarnmanövern,zumAusstiegausStuttgart21undzuIhremKündigungsgesetz.

DeshalbbittenwirallewahlberechtigtenMenscheninBaden-Württemberg:NutzenSieIhrStimmrecht.GehenSieam27.No-vemberzurAbstimmung,undsorgenSieandiesemTagmitIhrerStimmefüreineklareEntscheidung.

(AnhaltenderlebhafterBeifallbeiderCDUundderFDP/DVP–Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:MitihremNein!–Abg.SiegfriedLehmannGRÜNEsteht

aneinemSaalmikrofon.)

Präsident Willi Stächele:MeineDamenundHerren, eineFrageistjetztnichtmehrzugelassen.

(Abg.SiegfriedLehmannGRÜNE:Dashaterdochvorhinzugesagt!„AmEnde“!)

–AberesistdiefreieEntscheidungdesRedners,inwieweitereineFragenochzulässt.KollegeLehmann,ichbittedaszubeachten.

WirfahreninderDebattefort.

(Abg.KlausHerrmannCDUzudenGrünen:EuerMinisterlässtesdochauchnichtzu!–ZurufderAbg.

TanjaGönnerCDU–Unruhe)

–BittekeineDebattedarüber.Esistjetztentschieden.

FürdieFraktionGRÜNEhatnunKollegeRenkonendasWort.

(Abg.Dr.BernhardLasottaCDU:Erkannjetztallesfragen!–ZurufdesAbg.KlausHerrmannCDU)

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:SehrgeehrterHerrPräsi-dent,verehrteKolleginnenundKollegen!Ichkammirgera-devorwieineinemLandestheaterundnichtwieimLandtag,HerrHauk.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.KlausHerrmannCDU:Wegeneuch!)

DaswareinebühnenreifeVorstellungvonIgnoranz

(Abg.Dr.DietrichBirkCDU:BleibenSieseriös,bit-te!)

undHaarspalterei.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Haarspalterei!–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:DieWahrheittut

weh,HerrKollege!)

–SieverdrehendieWahrheitdieganzeZeit,undSiekönnendieWahrheitnichtakzeptieren.

(Lachen beiAbgeordneten derCDU–Abg.KarlKleinCDU:SoeinSchrott!–ZurufdesAbg.Helmut

WalterRüeckCDU)

DieCDU-FraktionkuschtvorderDeutschenBahnAG,unddasschondieganzeZeit.

(BeifallbeidenGrünen–LachenbeiderCDU–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:Unglaublich!Siema-chensichselbstlächerlich!–Abg.VolkerSchebestaCDU:WirhabenRespektvorBeschlüssenundVer-

trägen!)

Siehabendiesergrün-rotenLandesregierungmitStuttgart21eingewaltigesEiinsNestgelegt.Dasmussmaneinmalganzklarsagen.JetztlenkenSievonIhremeigenenProblemab.

(LachenbeiAbgeordnetenderCDU–Abg.VolkerSchebestaCDU:SiehabendocheinProblem!–Zu-

rufdesAbg.AndreasGlückFDP/DVP)

ZumThemaBürgerbeteiligungwillichnursovielsagen:DieCDUhatdieBürgerbeteiligungjahrelangnichtzugelassenund

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dasQuorumfürdieVolksabstimmung,fürdassichSPDundGrüneeingesetzthaben,nichtentsprechendgesenkt.MeineDamenundHerren,dasmussdocheinmalgesagtsein.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:DieGrünenha-bendochdagegengestimmt!–ZurufderAbg.Fried-

lindeGurr-HirschCDU)

DenndieKatzeistjetztausdemSack.

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

DerKostendeckelvon4,526Milliarden€wirdentgegenal-lenvollmundigenBeteuerungenderDeutschenBahnnichtmehrzuhaltensein.DasistdieBotschaft,dieheutehiervomLandtagausgeht.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufevonderCDU)

WirGrünenhabenhiervorimmergewarntundsindaufeineMauerdesSchweigensgestoßen,dieSievonderCDUunter-stützthaben.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:Oje!)

MitRechentrickshatderVorstandderDeutschenBahnim-merwiederversucht,dieKostennachuntenzudrücken.Pro-jektrisikenwurdennichtbeziffert,teilweiseausgegliedertodererstgarnichterwähnt.

(Abg.Dr.BernhardLasottaCDU:Was sagtHerrDrexlerdazu?)

SostellenwirunseinevertrauensvolleZusammenarbeitmiteinemProjektpartnernichtvor.

(LachenbeiderCDU–GlockedesPräsidenten)

Präsident Willi Stächele:GestattenSieeineZwischenfrage?

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:Nein,ichlassekeineZwi-schenfragezu.

(ZurufevondenGrünen,u.a.Abg.BrigitteLösch:AmEnde!)

–AmEndemeinerRede.

Präsident Willi Stächele:AmEndeIhrerRede.SietreffendieabschließendeEntscheidungüberdieZulassungderFra-geamEndeIhrerRede.

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:MeineDamenundHerren,esistdaheranderZeit,dasswirheutedieNotbremseziehenundsofortausdemProjektStuttgart21aussteigen,

(Abg.KlausHerrmannCDU:2Milliarden€Kosten!–ZurufderAbg.TanjaGönnerCDU)

umeinengrößerenwirtschaftlichenSchadenzuvermeiden.

(Beifall bei denGrünen –Zuruf desAbg.VolkerSchebestaCDU)

–HerrSchebesta,ichwerdeIhnennocherklären,warumwirheuteaussteigenmüssen.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:DasstehtabernichtimGesetz,wasSieda erzählen!–ZurufderAbg.

TanjaGönnerCDU)

Wirwollenkeine930,6Millionen€ineinemgigantischenIm-mobilienprojekt vergraben,währendwir gleichzeitig nichtwissen,inwelchenBereichenunseresLandesetatswirsparensollen.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Sageinmal!Wenhabtihrdawiederhinausgeschickt?–WeitereZurufevon

derCDU)

BesondersschwerwiegtfürunsereFraktion,dassdieDBAGdenbaden-württembergischenLandtagvordemAbschlussderFinanzierungsvereinbarung imApril 2009über diewahrenKosten imUnklaren gelassen hat.Das ist der eigentlicheSkandal,meineDamenundHerren.

(Beifall bei denGrünen –Abg.Volker SchebestaCDU:UndwasmachenSiemit IhremGesetzent-

wurf?)

MehrkosteninHöhevonrund1Milliarde€wurdenoffenbareinfachverschwiegen.BisheutehatsichderVorstandsvorsit-zendederDBAG,HerrDr.RüdigerGrube,nichtzudiesemVorwurfgeäußert,geschweigedenndiesenentkräftet.AlleindiesesVorgehenrechtfertigtdiefristloseKündigungderFi-nanzierungsvereinbarung.

(BeifallbeidenGrünen–LachenbeiderCDU–Abg.VolkerSchebestaCDU:AufwelcherRechtsgrundla-ge?WostehtdasimVertrag?–ZurufvonderCDU:

SoeinQuatsch!)

DeshalbmüssenwirgarnichtmehrüberAusstiegskostendis-kutieren,HerrHauk;denndiesefallenbeimWegfallderGe-schäftsgrundlagegarnichtmehran.Siewissendochselbst,dassbeimWegfallderGeschäftsgrundlagedasVerwaltungs-verfahrensgesetzgilt.Damit ist einevertraglicheRegelungnichtmöglich.

(BeifallbeidenGrünen)

DiesesVerhaltenvonHerrnDr.GrubehatwederetwasmitehrbarenkaufmännischenGrundsätzennochmiteineroffe-nenInformationspolitikgegenüberdemParlamentdiesesLan-deszutun.

(BeifallbeidenGrünen)

DiesisteinschwererSchlaggegendieDemokratie.Daskon-terkariertdenGrundsatzderKostenwahrheitundKostenklar-heit.ZudemwirddieKontrollfunktiondesParlamentsausge-hebelt.Darumgehtesdoch,meineDamenundHerren.

(BeifallbeidenGrünen)

BedauerlicherweisehatHerrGrubebislangkeineEinsichtge-zeigt,dieZusammenarbeitmitderLandesregierungunddemLandtagzuverbessern.EragiertvielmehrnachdemPrinzip„Augenzuunddurch“.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Daniel Renkonen)

EinAuskunftsersuchendesVerkehrsministeriums,eineListeder121Kostenrisikenvorzulegen,diemittlerweileimInter-netkursiert,

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Vonwemwohl?)

wurdebislangabgelehnt.BisheutehabenwederderVerkehrs-ministernochderMinisterpräsidentdesLandesBaden-Würt-tembergAuskunftüberdiewahrenKostenrisikenbekommen.DasistdochdereigentlicheSkandal.DaskönnenSiedochnichtignorieren.

(BeifallbeidenGrünen)

StattdessenkommtdieWahrheitimmerscheibchenweiseansLicht,sowiejüngstinderSitzungdesLenkungskreises,alsdieBahnerstmalsKostensteigerungenvon370Millionen€eingeräumthat,ohnesieallerdingskonkretzubeziffern.

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

–DamüssenSienichtmich,sonderndenKoalitionspartnerfragen.

(ZurufevonderCDU)

EinGroßteilder121Risikopositionen–wienichtrealisierteEinsparpotenzialeoderdasGrundwasserrisikoimTunnelDen-kendorf – sindvonderBahnbis heute nicht beziffert, ge-schweigedennandiskutiertworden.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:SowieSie gehtmandochmiteinemKoalitionspartnernichtum!–

ZurufderAbg.TanjaGönnerCDU)

DafürwurdenMehrausgabeninHöhevon80Millionen€ausdemSchlichtungsverfahrenfürdaszweiteGleiszumFlugha-fen,dieSignalisierung,dieBaumverpflanzungenundfürdenStegeinfachausgeklammert.DashatnichtsmehrmitKos-tentransparenzundKostenwahrheitzutun.

(BeifallbeidenGrünen)

AußerdemkanndieBahnnichteinmalmehrrechnen;

(ZurufdesAbg.Karl-WilhelmRöhmCDU)

dennbeidenaktualisiertenGesamtkostenvon4,088Milliar-den€,diedieBahnseitJahrenvorsichherschiebt,hatmaneinfachdenInflationsausgleichweggelassen.DasmachtfürdieJahre2009bis2011nachunserenBerechnungenZusatz-kostenvon123Millionen€aus.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Weristjetzt„uns“?–Abg.PeterHaukCDU:JedeVerzögerung15Millio-nen€!–ZurufdesAbg.Dr.FriedrichBullingerFDP/

DVP)

–WirredenhierdochgarnichtüberK21.SiesindineinemganzanderenFilm,HerrBullinger.

(HeiterkeitundBeifallbeidenGrünen–Abg.Hel-mutWalterRüeckCDU:Mirscheint,Siesindsogarim falschenKino! –Abg.VolkerSchebestaCDU:GroßesKinoistdasjedenfallsnicht!–WeitereZuru-

fevonderCDU)

DesWeiterenwurdendieAusgabenfürdenAusbaueinzelnerBahnhöfeentlangderMurrbahnnochgarnichtbeziffert.DaswarabereineVoraussetzungfürdenangeblichbestandenenSMA-Test.DieseNachrüstungenwerdennotwendig,umdieimFahrplanfestgelegteZahlvon49ZügeninderStundezuerreichen.

KeinWortauchzudengemäßDB-RisikopapierbestehendenRisikenvon130Millionen€wegenerhöhterTransport-undDeponiekosten.DavonhabenwirbekanntlichnichtvonderDBselbst,sondernausdemInterneterfahren.

AlleindurchdenBauderGroßenWendlingerKurvefälltmehrAbbruch-undAushubmaterialan.Wirwolltenwissen,wieviel,undvorallem,waseskostet.Denneinesistauchklar:DieLandkreiseinderRegionStuttgarthabenbereitsfixeEnt-sorgungsverträgemiteinerMengendeckelungabgeschlossen.Ichweißnicht:WosolldasMaterialhin?

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Machenwirei-nenneuenBerg!)

StattneuerAntwortentauchenalsoimmermehrFragenauf,undwirstoßenleideroftmalsweiterhinaufeisernesSchwei-gen.AuchaufeinnachvollziehbaresBrandschutzkonzeptfürNotfälleimBahntunnelwartenwirnochheute.AussagederDB:WennderZugbrennt,fährterhaltbrennendwiederausdemTunnelheraus.

(Abg.PeterHaukCDU:Also,jetztaber!)

FürunsGrüneistklar,dassesfürdieseMehrkostenkeinege-sonderteFinanzierungsvereinbarunggebenwird.Dassagenwirganzklar.SiemüssenalleinvonderDeutschenBahnge-tragenwerden.

(BeifallbeidenGrünen)

ImKoalitionsvertraghabenwirmitdenSozialdemokratenei-nenKostendeckelvon4,526Milliarden€vereinbart,unddergilt.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.PeterHaukCDU:DaswardiealteLandesregierung!)

Bleibtfestzuhalten:S21bringtwenigerBahnverkehrfürmehrGeld.DasProjektistaucheinSinnbilddafür,wieandenIn-teressenderBürgerinnenundBürgersowieandenParlamen-tenvorbeigearbeitetwordenist.

(UnruhebeiderCDU)

Stuttgart 21 ist ein gesellschaftlicher Spaltpilz geworden.HierzuhatdieDeutscheBahndurchihreVerschleierungspo-litikentscheidendmitbeigetragen.

(BeifallbeidenGrünen)

DiewahrenFaktenkamenimmererstdurchMedienberichteansTageslicht.Deshalbistespervers–dasmussichschonsagen–,demVerkehrsministerdesLandesBaden-Württem-bergvorzuwerfen,ertreffekeineklarenAussagenzuKosten.ErbekommtsievonderBahndochgarnicht.

(Beifall bei denGrünen –Abg.Volker SchebestaCDU:Doch,triffter!ErtriffteineganzklareAussa-

ge!ErhateineklareAussagegemacht!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Daniel Renkonen)

WennderMinisterpräsidentdesLandesBaden-WürttembergdieSprechklauselziehtundalsAntwortbekommt:„DasistSachederProjektpartner;diemüssensicheinigen“,dannistdaseineUnverschämtheit.Dasmussmaneinmalganzklarsagen.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufdesAbg.KlausHerr-mannCDU)

JetztzumStresstest.Auchdawurdegeschummelt.Auseiner„guten“Betriebsqualitätwurdeplötzlicheine„wirtschaftlichoptimale“Betriebsqualität,damitmaninderSpitzenstunde49ZügeindenTiefbahnhofpressenkann.StattVerspätungenabzubauenwerdensiemitgeschleppt.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Ichhabegedacht,dasErgebnisderSchlichtungwerdeakzeptiert!)

BesondersdrastischsinddieAuswirkungenaufdasS-Bahn-SysteminderRegionStuttgart,dasdurchdenWegfalleinesZufahrtsgleiseskünftiganseinerLeistungsgrenzebetriebenwird.VerspätungenimSystemsindlautSMA-Auditvorpro-grammiert,wasHunderttausendevonPendlernzuspürenbe-kommen.DakönnenwirdiesesProjektdochnichtallenErns-tesweiterbetreiben.WoistdannderFahrzeitgewinn,undwoistderVerspätungsabbau?GenaudasistdieMogelpackung,aufdieSie,dieCDU-Fraktion,hereingefallensind.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Wiegut,dassSiekritisch sind!–Zurufder

Abg.TanjaGönnerCDU)

WirGrünenbleibendabei:S21isteinMilliardengrab,zumal95%derKostenrisikenerstabdemJahr2013auftreten.WirbrauchenkeineGeisterbahn,sonderneineZukunftsbahn,dieeineumweltfreundlicheMobilitätgarantiert.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:WirbrauchenvorallemkeineGeisterfahrer!)

MitetwaderHälftedesGeldesfürS21könntenwirzahlrei-cheBahnprojektewiedieElektrifizierungderSüdbahnvonUlmnachFriedrichshafen,

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Klar!)

denAusbauderRheintalbahn

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Fahrradwege!Al-lesmöglich!)

oderwichtige Stadtbahnprojekte inLudwigsburg oder imZabergäuvorantreiben.

(UnruhebeiderCDU)

DiesesMonsterprojektverhindertdenAusbaudesÖPNVinBaden-Württemberg.

(BeifallbeidenGrünen–LachenbeiderCDU)

DeshalbsagenwirGrünenJazumKündigungsgesetzundzumErhaltdesKopfbahnhofsundNeinzuS21.

IndiesemSinn:Obenbleiben!

(LebhafterBeifallbeidenGrünen–Abg.Dr.Bern-hardLasottaCDU:WarumsindSiesoverbittert?–Heiterkeit–BeifallbeiAbgeordnetenderCDU)

–Ichwürdenichtsagen,ichwäreverbittert,sondernichsa-ge:MirwirdschwarzvorAugen.

(HeiterkeitundBeifallbeidenGrünen–ZurufdesAbg.HelmutWalterRüeckCDU)

Wir–meineFraktion–möchtennocheinemAbgeordnetenbzw.einemMinisterganzbesondersdanken,unddasistHerrStickelberger,derJustizministerdesLandesBaden-Württem-berg.

(Unruhe)

HerrStickelberger,Siewissen,dassesinIhrerFraktion,viel-leichtauchinIhrerParteidurchausunterschiedlicheMeinun-genzudiesemProjektgibt.

(UnruhebeiderCDU–Abg.VolkerSchebestaCDU:Daswirdimmerbesser!Schön!Weitermachen!)

AberdasKündigungsgesetz,dasSieundIhreMitarbeiterimJustizministeriumausgearbeitethaben,verdientunserenRe-spekt.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:HerrStickelbergerhatauchunserenRespekt!)

JetztnochandieehemaligenKoalitionärevonSchwarz-Gelb–aus„DieGrenzenderAufklärung“vonErichKästner–:

Ob Sonnenschein, ob Sterngefunkel: Im Tunnel bleibt es immer dunkel.

(Heiterkeit undBeifall beidenGrünen–Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:NichtnurimTunnel!–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Genau!–Glocke

desPräsidenten)

Präsident Willi Stächele:KollegeRenkonen,gestattenSienocheineNachfragevonFrauKolleginRazavi?–Bitteschön.

Abg. Nicole RazaviCDU:HerrRenkonen,vorwegeineBe-merkung:DaswareineweiterederSuggestivreden,diewirhiervonIhnenundIhrerFraktionschonmehrfachgehörtha-ben.

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:DankefürdasKompliment.

Abg. Nicole RazaviCDU:AberichmöchteIhnendreiFra-genstellen,umIhnendieMöglichkeitzugeben,indreiPunk-tenzumindestetwaskonkreterzuwerden.

Erstens:Siehaben,wieschonmehrfachzuvor,auchheutebe-hauptet,derKostenrahmenvon4,5Milliarden€wäreüber-schritten.VielleichtkönnenSieunsdafüreinpaarBelegenen-nen,undzwarganzkonkreteBelege,stattzuschwadronierenundSuggestivbehauptungenaufzustellen.

Zweitens:WelcheBelegehabenSiefürdenvonIhnenmehr-fach zitiertenWegfall derGeschäftsgrundlage?Auch bittekonkret!

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Nicole Razavi)

Drittens:Sie betonenhier imHaus,wiewichtig IhnendieTransparenzunddieOffenheitgegenüberdemParlamentsei-en.WarumhabenSiedannverhindert,dassauchdieMen-schenindenGenussdieserOffenheitundTransparenzkom-menundinderBegründungderGesetzesvorlageaucheineklareAussagezudenAusstiegskostenenthaltenist?

(BeifallbeiderCDU–Abg.KlausHerrmannCDU:GuteFrage!)

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:FrauKollegin,dieFragenhabeichinmeinerRedeeigentlichallebeantwortet.

(BeifallbeidenGrünen–LachenbeiderCDU–Abg.VolkerSchebestaCDU:AberSiekönnenesjaviel-leichtwiederholen!Wiewär’s?–ZurufdesAbg.Hel-mutWalterRüeckCDU–WeitereZurufevonder

CDU–Unruhe–GlockedesPräsidenten)

Präsident Willi Stächele:Ichbitte,demRednerdieGelegen-heitzurBeantwortungderFragenzugeben.–Bitteschön.

(Abg.MuhteremArasGRÜNEzurCDU:Siemüs-senauchzuhören!)

Abg. Daniel RenkonenGRÜNE:DerWegfallderGeschäfts-grundlageziehtinderRegelkeineAusstiegskostennachsich,weileinefristloseKündigungergeht.

(Beifall bei denGrünen –Abg.Volker SchebestaCDU:AlleJuristenwundernsich!)

DasisteinespannendeFrage,FrauKollegin.WenneinLan-desparlament nicht über diewahrenKosten informiert ist,dannmussman,glaubeich,keinJuristsein,umzuwissen,wasdasheißt.

(BeifallbeidenGrünen)

HiergehtesnichtumeinpaarCent,hiergehtesum1Milli-arde€.

(Abg.ThomasBlenkeCDU:Schlimmergeht’snim-mer!–WeitereZurufevonderCDU)

ZuderRisikopositionmüssenSieHerrnDr.Grube fragen,dennerlegtsiejanichtoffen.

(ZurufvonderCDU:DasbehauptenSie!)

IchhabeIhnenerstensgesagt,130Millionen€sindindeminternenDB-PapiervonHanyAzeralleinfürzusätzlicheTrans-port-undEntsorgungskostenvorgesehen.DiesezusätzlichenTransport-undEntsorgungskostenwerdendurchdieForde-rungenausdemSMA-Auditfällig.

ZweitenssindvieleNachforderungennochgarnichtbeziffert,

(ZurufvonderCDU:Ja,wieauch?)

nämlichdieSignalisierungundderErhaltderGäubahn.

(Abg.WolfgangDrexlerSPD:DieGäubahnhabenwirausgeschlossen!)

DassindZusatzkosten,dieaufdieBahnzukommenunddenGesamtkostenhinzugerechnetwerden.

DasThemaInflationsausgleichhabeichgenannt.AuchdagibtesZusatzkosten.

Siekönnenesalsodrehenundwenden,wieSiewollen:

(Abg.DieterHillebrandCDU:Manmuss einfachHerrnDrexlerfragen!)

SiewerdendenKostendeckelnichteinhalten.

Dankeschön.

(BeifallbeidenGrünen)

Präsident Willi Stächele:FürdieFraktionderSPDsprichtnunderFraktionsvorsitzende,KollegeSchmiedel.Bitteschön.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Jetztkannerseinezu-rückhaltendeRedewiederweglegen!)

Abg. Claus SchmiedelSPD:HerrPräsident,liebeKollegin-nenundKollegen!Heutehatsichwiedereinmalgezeigt,dassdieunterschiedlicheBetrachtungderKosteneinganzwesent-licherGesichtspunktbeiderFrageist:StehtmanzudemPro-jekt,oderistmangegendasProjekt?

Jetzthabeichgedacht,wirmachen,damitmandaWahrheitundKlarheit hineinbringt, nun einen öffentlichenZahlen-check.

(DerRednerpräsentierteinengroßenTaschenrech-ner.–Heiterkeit–Abg.KlausHerrmannCDU:Kön-

nenSienichtkopfrechnen,HerrSchmiedel?)

DasisteinextraordinäresDesign,aberdarinverbirgtsicheingewöhnlicherRechner.

(VereinzeltBeifall–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Istderüberhaupterlaubt?)

Eristnichtmanipuliert.Rechnenwiralsoeinmal.HerrHaukhatgesagt,esgebekeineKostensteigerung.Wirlesendage-genjetztineinerPressemitteilungausdemVerkehrsministe-riumüberdasErgebnisderheutigenSitzung,

(Abg.TanjaGönnerCDU:Oh!–Abg.Dr.Hans-Ul-richRülkeFDP/DVP:Schonjetzt?)

dieKostenobergrenzevon4,5Milliarden€seischonfaster-reicht.MachenwiralsodenZahlencheckmitdiesemRech-ner.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:DeristfürSenio-ren!DerhatsogroßeZahlen!–Abg.Dr.Hans-Ul-richRülkeFDP/DVP:KönnenSiedenüberhauptbe-

dienen?)

WirhabendenBetragvon3,766Milliarden€anBaukostenundPlanungskosten.Wiraddierennundas,wasdieBahninderletztenSitzungdesLenkungskreisesganzoffenundtrans-parentvorgelegthat:erwarteteProjektmehrkostenundVerga-berisikenvon370Millionen€.Wirmüssenalsoauf„plus“drücken:

(Heiterkeit–BeifallbeiAbgeordnetenderSPD,derCDUundderFDP/DVP)

plus370.Wirsindjetztbei4,136Milliarden€.

(Abg.PeterHaukCDU:Klar!4,1Milliarden€!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Claus Schmiedel)

Das sinddieKosten, dieRisiken, dieVergaberisiken.Ein-schließlichderMehrkostensindes4,136Milliarden€.JetztkommtdasMinus.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Manmerkt,dassSieWirtschaft studierthaben!–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:SiekönnenaneinerGemeinschaftsschu-leunterrichten!–LebhafteHeiterkeit–Beifallbeider

SPD,derCDUundderFDP/DVP)

–HerrKollege,fürSiewäreesgutgewesen,SiehätteneineGemeinschaftsschulebesucht.

(Heiterkeit–VereinzeltBeifall–Zurufe)

DenndortwirdsozialeKompetenzgelehrt.Manschreitnichtimmerdazwischen.

(Beifall bei der SPD–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:DasregelnwirspäteruntervierAugen!)

JetztkommenwireinmalvomThemaSchuleab.Dasstörtge-rade.

DieRechnungergibteinenRestrisikopuffervon390Millio-nen€.DasisteineeinfacheRechnung.DerZahlenchecker-gibt390Millionen€.WirsindalsonichtanderGrenze.Wirhaben390Millionen€,unddazukommtnochderBetragfürVergaberisikeninHöhevon130Millionen€.WirsindalsomitnichtenanderKostenobergrenze,unddasbeieinemSta-tus,beidem50%realeVergabepreisesind

(Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP:Hört,hört!)

und90%derTunnelerfasstsind.

(LebhafterBeifall bei derSPD, derCDUundderFDP/DVP–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!SiesolltendasaberwegenderGruppenheterogenität

nocheinmalerklären!)

JetztkommtdasArgumentgegendiesenZahlencheck:Ja,ja.AberwirwissenjaausErfahrung,dassdieKostensteigerungimmerersthinterhersichtbarwird,dann,wenndasProjektabgeschlossenist.Dazusagenwir:WirhabeneinSystemderFestpreisvergabe,beidemdasBaupreisrisikoaufdenAuftrag-nehmer übergeht.DieUnternehmenhabendies anfänglichheftigkritisiert,undeinigevonihnenhabenauchgesagt:Wirmachendanichtmit.Daswurdesointerpretiert,dasssieAngstvordemBauenhätten.SiehabenaberkeineAngstvordemBauen,sondernsiesagen:FüreinUnternehmen,dasbewussteinRisikoeingeht,istdasnichtganzohne.

DasBaupreisrisikogehtalsoaufdasUnternehmenüber.Des-halbkönnenwirauchsichersein,dassdas,wasvergebenist,gilt.DasistderStandheute.

Jetzt gibt es einMissverständnis –man darf nicht immergleichvonLügesprechen;

(Abg.HelmutWalterRüeckCDU:Nein!–Abg.Dr.FriedrichBullinger FDP/DVP:Halt verrechnet! –Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Esgibthaltunter-

schiedlicheLerngeschwindigkeiten!)

esgibtmanchmaleinfachMissverständnisse–:Dashaupt-sächlicheMissverständnis ist,dassder Inflationspuffervon322Millionen€vergessenwurde.

InsgesamthabenwireinenKostensteigerungspuffervon760Millionen€.Davonsindjetzt370Millionen€aufgebraucht.WirhabendieHälftevergeben,dieHälftedesRisikopuffersistaufgebraucht,aber90%derTunnelsindschonabgedeckt.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:WasfolgernSieda-raus?)

Deshalbhabenwir,meineich,guteGründe,anzunehmen,dassderKostenrahmeneingehaltenwird.

(LebhafterBeifall bei derSPD, derCDUundderFDP/DVP–Zurufe:Sehrgut!–Abg.Dr.Hans-Ul-richRülkeFDP/DVP:HabenSiedasschoneinmal

HerrnHermannvorgerechnet?)

Jetzthabenwirgehört:DieWeichedort,Grundwasser,Den-kendorfundandereDinge,alldasbergenocheingroßesRi-siko.DieBahnhabehierzunichtsgesagt,dieBahnhabehierunddortgemogelt.DazumöchteicheineFragestellen:MitwemwürdenSiedennbauen,wennwirK21bauenwürden?

(Heiterkeit–AnhaltenderBeifallbeiderSPD,derCDUundderFDP/DVP)

Mankann–dashabeichimmergesagt–andereBewertungs-maßstäbezugrundelegen.Mankannsagen:DasProjektistangesichtsdessen,wasesbringt,insgesamtzuteuer.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:Augenzuunddurch!)

WirsindandererMeinung.Fürunsbringtesschonlängstdas,waseskostet.DassindaberunterschiedlicheBewertungen.

IchwürdedasProjektnichtsoruntermachen.Eskannnäm-lichganzgutsein,dasswireszusammenbauen.

(HeiterkeitundBeifallbeiderSPD,derCDUundAbgeordnetenderFDP/DVP–Abg.EdithSitzmann

GRÜNE:Wiewahr!)

DawirunsereKoalitionfortsetzenwollenundfortsetzenwer-den,kanndassein.DasVolkentscheidet.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:Aufeinmal!–Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:DieBahnbautdoch,nicht

wir!)

–Gut,politischmitbauen.WirnehmennichtdieSchaufelindieHand;dasistschonklar.

(Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:Hoffentlichnicht!)

DamitsindwirbeiderVolksabstimmungundderFrage:Wo-rumhandeltessichdabei?EshandeltsichumeineVolksab-stimmungaufderGrundlageunsererVerfassung.Dazumussichsagen,HerrKollegeHauk:Siemüssensichentscheiden.WennSiewollen,dasssichvieleandieserVolksabstimmungbeteiligen,danndürfenSienichtsotun,alsseidieseineganzschrägeNummerundeineganzübleAngelegenheit,

(ZurufvonderCDU:Istesaber!)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Claus Schmiedel)

sonderndannmüssenSiesagen:„Jawohl,dasVolkhatdasWort.Wirsinddafür;undjetztgehtbitteabstimmen.“DasistdierichtigeEinstellung.

(BeifallbeiAbgeordnetenderSPD–Abg.Karl-Wil-helmRöhmCDU:Dassagenwir!)

ImÜbrigen:Wennessowäre,dassallesrechtlicheinwand-freiwäre––Wirsagenjagarnicht,dassesrechtlicheinwand-freiist.DerJustizministerhatdargelegt,dassdasNeulandist.WennmanNeulandbetritt,kannmannichthundertprozentigsichersein.AberSiekönnenauchnichthundertprozentigsi-chersein,dassesrechtlich„verkrampft“ist,daszutun.SonsthättenSiedochgeklagt.Sieklagendochdeshalbnicht,weilSiebefürchten,eineNiederlagezuerleiden.DasistderPunkt.

(BeifallbeiderSPDunddenGrünen–Abg.PeterHaukCDU:Wirklagendeshalbnicht,weilSie es

nichtaufdieReihekriegen!)

ZudieserAbstimmungdesVolkesgehörenRegeln.DieseRe-gelngibtdieVerfassungvor.DasistnichtirgendeineUmfra-ge–sonstbrauchtenwirnämlichnicht8Millionen€indieHandzunehmenundvieleTausendMenschenaneinemSonn-tagzubeschäftigen,sondernkönntenunsaufbestehendeUm-fragenstützen.EsistvielmehreinGesetzgebungsvorgang.So,wiewirunsereRegelnfürGesetzehaben,sogiltauchfürdasVolkalsGesetzgeberdieRegelderVerfassung.DieseschreibtnuneinmaleinQuorumvor.

NungibtesLeute,diedasWahlsystemungerechtfinden.Aberwenngewähltist,müssensiedieWahltrotzdemanerkennenundakzeptieren.

(Beifall beiAbgeordnetenderCDUundderFDP/DVP)

AuchwirfindendasQuorumhoch.Wirhabenversucht,eszusenken.Aberesistnuneinmalda,undesistdieGrundlagederAbstimmungüberdasGesetz.DasisteinGesetzgebungs-vorgang,nichteineirgendwiegearteteMeinungsbildung.

Deshalbbinichausgesprochendankbar,dassderMinisterprä-sidentmehrfachdieseRegelbetonthatundgesagthat:WirstimmenabaufderGrundlagedesGesetzes.

(ZurufvonderCDU:Dashaternichtgesagt!)

AuchbeiBeckmannimFernsehenhatergesagt:„Ichdenke,wirmüssenirgendwannaucheinmalaufhörenkönnen,wenndasletzteWortgesprochenist.“UnddasletzteWortsprichtdasVolk.

SostehtesauchinunsererKoalitionsvereinbarung.„ZielderVolksabstimmung“–soheißtesdarin–„istes,zueinemab-schließendenundbefriedendenUrteilüberStuttgart21zuge-langen.“„Abschließend“heißt,dasssiedasletzteUrteilist,nichtdasvorletzte.DasletzteUrteilwirdbeiderVolksabstim-munggesprochen,unddasmussmanauchsosagen.DennnurdannsinddieBürgerinnenundBürgermotivierthinzugehen,wennsiesagen:IchgebemeineStimmeab,unddiezählt.Diewirdhinterhernichtinterpretiert,sonderndieStimme,diedaabgegebenwird,zähltimRahmenderRegelungenderVer-fassung.

(BeifallbeiderSPDundderCDUsowieAbgeord-netenderFDP/DVP)

Deshalb ist es auchkontraproduktiv–dasmöchte ichhierwirklichsagen;dieBündnisseformierensich–,wennvonei-nemSprecherdesBündnisses,dasfürdenAusstiegwirbt,be-reitsbeiderVorstellungdesBündnissesgesagtwird:„Werwill,dassRuheimKartonist,musshingehenundseinKreuzbeimJamachen.“

Ichfinde,esistwirklichkeinangemessenerUmgangmitei-nerVolksabstimmung,wennmansignalisiert:„Wennihrsoabstimmt,wiewirwollen,danngibtesRuhe;wennihrnichtsoabstimmt,danngehtesweitermitdemRabatz.“DasistkeinangemessenerUmgang.

(LebhafterBeifall bei derSPD, derCDUundderFDP/DVP–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!

Bravo!)

WirmüssenjetztaneinerStelle,anderwir–daraufkönnenwirwirklichstolzsein–alsgrün-roteKoalition––

(Abg.KarlZimmermannCDU:Achwas!)

–Wirsinddaraufstolz;Entschuldigung.EsgibtKoalitionen,indenenheftigsteMeinungsverschiedenheitenvorhandensindunddieversuchen,diesezuvertuschen:durchFormelkom-promisse, durchAufschieben, durchAussitzenoderÄhnli-ches.

(Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:DurchVolks-abstimmungen!–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:

Ihrnicht?)

EsgibtvielesolcherKoalitionen.WirhabenunserenDissensbenanntundklarbeschrieben.WirrespektierendiejeweiligeAuffassung,undwir lösendenDissensdurcheineAbstim-mungdurchdasVolk.DieseistbeidiesemVorgangangemes-sen.DennesgibtkaumeinanderesThemainBaden-Würt-temberg,dasbisindieFamilienhineinsokontroversdisku-tiertwird.DabeiistdieAbstimmungdurchdasVolkdierich-tigeLösung,dasrichtigeErgebnis.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen)

WennwirdieseVolksabstimmungnuneinleiten,dannwollenwirauchweitergehen;wirhoffen,dasswirnachdieserAb-stimmungzueinemrealistischerenQuorumkommenundesmehrVolksabstimmungeninBaden-Württemberggebenwird.Diessolltejetztnichtdadurchbelastetwerden,dassmanei-neVolksabstimmungvonvornhereinalseinVerhinderungs-instrumentansieht,alseinInstrument,dasnurzurVerhinde-rungtaugt.

Esgehtnichtan,dassman,wennbeieinerVolksabstimmungnichtdasErgebnisherauskommt,dasmanwill,einfachwei-termacht.VielmehrgebietetesderRespektvorderEntschei-dungdesVolkes,dasssichallehinterherdaranhaltenundjetztdafürwerben:guteArgumente,

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:SagenSiedasFrauDahlbender!)

RespektvoreineranderenAuffassung.WirwartendieEnt-scheidungab,unddanachwirddieEntscheidungumgesetzt.

DasQuorumisthoch.Daswissenwir.Abermanmusssehen,dassetwainItalieneinQuorumvon50%gilt.DieMenschen

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Claus Schmiedel)

dort regensichüberBerlusconiauf,unddortwurdediesesQuorumerreicht.Dasheißt,beieinemThema,beidemdieMenschenmitgehen,istsoetwasmöglich.Deshalbsageich:BeidiesemThemaistnochüberhauptnichtsgegessen.Eini-gehabengesagt,wirSozialdemokratenseienruhig.Nein,wirsindüberhauptnichtruhig!

(LebhafterBeifallbeiderSPDundderCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!–ZurufdesAbg.

KlausHerrmannCDU)

WennesfürdieVolksabstimmungeineausreichendeUnter-stützunggibt,wenndieRegierungdieserzustimmt,dannwer-denwirnatürlichfürdieBeteiligungbeidieserVolksabstim-mungwerben.Denndaranwirdsichauchzeigen,obdasBe-dürfnisnachmehrMitbestimmung,wiewirbehaupten,vor-handenistoderobesbloßerfundenist.Wirwerbendafür.Je-derwirddannfürseineSeitewerben. Ichglaube, ichhabedeutlichgemacht,dassichdiebesserenArgumentebeimirse-he.Ichrespektiere,dassanderediesfürsichauchsosehen.

(Heiterkeit–BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Bravo!)

Aberwennmanesrespektvollmiteinanderangeht,liebeKol-leginnenundKollegen,dannkönnenwirallenurgewinnen.

HerzlichenDank.

(BeifallbeiderSPD,derCDUundderFDP/DVPso-wieAbgeordnetenderGrünen)

Präsident Willi Stächele:KolleginnenundKollegen,icher-teilefürdieFraktionderFDP/DVPdemKollegenHaußmanndasWort.

Abg. Jochen HaußmannFDP/DVP:SehrgeehrterHerrPrä-sident,liebeKolleginnenundKollegen,meinesehrgeehrtenDamenundHerren!HerrKollegeSchmiedel,RespektvorIh-rerRedeundRespektvorIhrenRechenkünsten.

(Abg.KlausHerrmannCDU:DerRechnerkommtinsHausderGeschichte!–GegenrufdesAbg.Tho-masBlenkeCDU:NebendenBauzaun!–Heiterkeit)

Mankannauchschnell rechnen,ohneschlechtzurechnen.WennSiejetztnochdie3%Skontoberücksichtigen––

(Heiterkeit)

WennSieeinmalIhrerArbeitüberdrüssigsind,kannichIh-nengerneineProjektleiterstellevermitteln;kommenSiedanneinfachaufmichzu.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Hoi!Dannsteigterauchnochauf!)

Die Landesregierung soll ... verpflichtet werden, Kündi-gungsrechte bei den vertraglichen Vereinbarungen mit fi-nanziellen Verpflichtungen des Landes Baden-Württem-berg für das Bahnprojekt Stuttgart 21 auszuüben.

ÜberdiesesGesetz–manmussesmehrmalslesen,damitmanesüberhauptversteht–stimmenwiralsoheuteab.DieLan-desregierunghatbereitsimKoalitionsvertragdefiniert,dasswirheutedasGesetzablehnensollen,damiteineVolksabstim-

mungdarüberstattfindenkann.DanndürfensichdieWähle-rinnenundWählermitdiesem„verbraucherfreundlichen“Ge-setzestextauseinandersetzen.

SowohlderGesetzestextalsauchdieBegründungsorgenfürgroße Irritationen. JuristischeWinkelzügedominierenüberverständlicheRhetorik.

(Abg.Dr.FriedrichBullingerFDP/DVP:DasistdochdasZiel!)

EigentlichwirdgarnichtüberdasProjektabgestimmt,aberimPrinzipebendoch.Dabeiistesso,dassdiejenigen,diefürStuttgart21sind,mitNeinstimmen,undumgekehrt–einebemerkenswerteMethodik,dieaufnichtvielVerständnisbeiderBevölkerungstoßenwird.„Honisoitquimalypense“–einSchelm,werBösesdabeidenkt.

InsbesonderevierGründemöchteichaufführen,warumdieFDP/DVP-LandtagsfraktiondiesemGesetz heute nicht zu-stimmenwird.

Erstens sehenwir keine vertraglicheLegitimation,Kündi-gungsrechtegeltendzumachen.SchondieTerminologieistfragwürdigundirreführend,weilaußerdenvertraglichenVer-einbarungenmitfinanziellenVerpflichtungenkeineanderenVereinbarungendasind,aufdiedasLandunmittelbarEinflussnehmen kann. Planungsrechtliche und sonstige genehmi-gungsrechtlicheGrundlagensindnichtGegenstanddesVer-tragsmit demLandBaden-Württemberg.Eine ordentlicheKündigungistvertraglichausgeschlossen.Auchmitdervor-liegendenwildenKonstruktionbleibtdieHoffnungaufeinenkünftigenKündigungsgrundbloßeSpekulation.

DerWegfallderGeschäftsgrundlagesetzteineerheblicheAb-weichungvondenVertragsgrundlagenvoraus.DieRechtsfol-geistdannabernichtdieKündigung,sonderndieNachver-handlung.BereitsindererstenLesunghabenwirkeineein-deutigeAntworthierzuerhalten.

ZweitensergebensichseitVertragsabschlusskeineerkennba-rengravierendenverkehrlichenGründe,dieeineKündigungrechtfertigten.DieBegründungbasiertaufeinervollkommeneinseitigenBetrachtung.Eswäredochinteressantgewesen,auchetwasüberdiebetrieblichenProblemebeimStuttgarterKopfbahnhofoderdasbetriebstechnischePotenzialdesge-plantenDurchgangsbahnhofs zu hören. Immerhin hat derStresstestErwähnunggefunden, der dieLeistungsfähigkeitvonStuttgart21nachgewiesenhat.AufSeite8derBegrün-dungzumGesetzentwurfakzeptiertdieLandesregierungdie-senStresstest.

AuchdieökologischenAspektewarenbereitsBestandteildesPlanfeststellungsverfahrens,undnichtzuletztsinddieChan-cenfürdieStadtentwicklungherausragend.S21,liebeKol-leginnenundKollegen,isteindurchunddurchgrünesPro-jekt.

(Beifall beiAbgeordneten der FDP/DVP und derCDU–Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:Soistes,ja-

wohl!)

Drittenswirdmitheutenichtbekannten,aberzuerwartendenKostensteigerungensowieallgemeinenBau-undKostenrisi-kenargumentiert.DerdafürerforderlicheBeweis–dieBe-

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weislast liegtbeiderLandesregierung–fehlt.DieBegrün-dungbasiertaufreinenMutmaßungen.SiebetreibeneineDra-matisierungderRisikenvonStuttgart21undverharmlosendieRisikeneinerKündigungderFinanzierungsvereinbarungdurchdasLand.SelbstfürdenFalleinertatsächlichenKos-tensteigerungsinddieVertragspartneraufgefordert,darüberzuverhandelnundnichteinfachzukündigen.

DieMutmaßungallein, dassGroßprojekte imAllgemeinenimmer teurerwerden, kannnicht zurGrundlage einerVer-tragskündigungherangezogenwerden.VielmehrergäbesichausdieserArgumentationeinevölligneueDimensionderBe-wertungvonGroßprojekten,diedasLandBaden-Württem-bergvorjuristischbrisanteundvertraglichkaumlösbareHe-rausforderungenstellte–wasübrigensauchfürdielängstver-worfenenAlternativenK21undKombilösunggeltenwürde.

DakannichunserenVerkehrsministerHermannschonheutebedauern,wennerdieseMesslattebeiweiterenInfrastruktur-projektenanlegt.Dasergäbegewaltige„toxische“Risikopuf-fer,dievieleProjektewieetwadieRheintalbahnimKeimer-stickenlassenwürden.

Viertensistesnichtlegitim,dasErgebnisderLandtagswahlalsdemokratischeEntscheidungfüreinevertraglicheKündi-gungzubeurteilen.WasfüreinDemokratieprinzipistdas?Wokämenwirhin,wennnachjederLandtagswahlVerträgemitProjektpartnernneuzubewertenwären?EskönntesichkeinVertragspartnerdesStaatesineinerDemokratiemehraufVerträgeberufen.WirhättennurnochVertragslaufzeitenfürdieDauer einerLegislaturperiode.LiebeKolleginnen undKollegen,einpolitischerKurswechselalleinreichtfüreinevertraglicheKündigungbeiStuttgart21nichtaus.

Fazit:Wennmannichtweiß,wasrichtigist,sollmannichttun,wasfalschist.DietatsächlicheBewertungwirdklarunddeutlichbeschrieben: InnerhalbderLandesregierungbeste-henunterschiedlicheAuffassungenzuStuttgart21.Diepoli-tischeGesamteinschätzungistvielmehrAusdruckdesBemü-hensumWahrungdesKoalitionsfriedens.DiesesMotivstecktnämlichhinterderGesetzesinitiative,diemissbräuchlichist,weildasGesetzganzbewusstdaraufangelegtist,imLandtagzuscheitern.

(Abg.EdithSitzmannGRÜNE:Siekönnengernzu-stimmen!)

GanzbewusstriskierenwirdamiterheblicheSchadensersatz-ansprücheallerVertragspartner,dieschnelldievertraglichenKostenbeteiligungendesLandesvon823Millionenbzw.931Millionen€deutlichübersteigenkönnen.

NachAussagevonMinisterpräsidentWinfriedKretschmanninder„LudwigsburgerKreiszeitung“vom3.September2011sindSiebereit,zwischen500Millionenund2Milliarden€fürdieAufgabedesProjektsinKaufzunehmen–unddasGanzefürnichtsplusjahrelangenStillstand.Dasisteinefas-zinierendeRendite,diemanersteinmalherleitenmuss.GernhättenwirdazudieStellungnahmedesBundesderSteuerzah-lergehört.Erwurdeaberleidernichtbefragt.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Dermeldetsichdochsonstauch,ohnedassmanihnbefragt!–Abg.Reinhold PixGRÜNE:Der Bundesrechnungshofaber!–Abg.MuhteremArasGRÜNE:Bundesrech-

nungshof!)

DieStellungnahmendermeistenangehörtenStellensindal-lerdingsdeutlichgenugundhängenwieeinDamoklesschwertüberdiesemKündigungsgesetz.

EsentbrenntnuneinunnötigerVolksabstimmungswahlkampf,beidemschonzuBeginndieNervenvonGrün-Rotblanklie-gen.

(Abg.WolfgangDrexlerSPD:Daswürdeichnichtsagen! –WeitereZurufe von denGrünen und der

SPD)

AufgrundderbisherigenErfahrungenistzubefürchten,dassdie sachlicheAuseinandersetzungumdas fürStuttgartundBaden-WürttembergzukunftweisendeProjektverlorengeht.AmEndewirdesnurVerlierergebenundimmenserSchadenfür den InvestitionsstandortBaden-Württemberg entstehen,auchfürdiekünftigeZusammenarbeitbeiweiterenBahnpro-jekten.

(Abg.SiegfriedLehmannGRÜNE:Eswird keinemehrgeben!)

DieFDP/DVP-Landtagsfraktionhatsichdennochdafüraus-gesprochen,dieEntscheidungnichtaufjuristischemWegaus-zufechten,weilwirnichtdenEindruckerweckenwollen,dieBürgerinnenundBürgersolltendarangehindertwerden,selbstzuentscheiden.

(ZurufdesAbg.ReinholdPixGRÜNE)

Wirfordernabernachdrücklich,dassauchdieProjektbefür-worterimLandtag,dieBefürwortervonderRegierungsseiteundvorallemauchdievonderCDUundderFDP/DVPanderGestaltungderInformationsbroschüreaktivbeteiligtwer-den.DieBroschüremussfairundtransparentgestaltetwer-den.

(Abg.BrigitteLöschGRÜNE:TrauenSiedasdemStaatsministeriumnichtzu?)

DieLandesregierungistesdenWählerinnenundWählerninBaden-Württembergschuldig,objektivundverantwortungs-vollzuhandeln.

Wirwünschenuns,dasswirnacheinerhoffentlichpositivenEntscheidungzugunstendieses landesweitwichtigen Infra-strukturprojekts,alsoeinemklarenNeinzumGesetzentwurf,wiederzudensachlichenThemenbereichenimRahmenun-sererProjektförderungspflichtzurückfinden.Dennesistnichtso,dassesnichtnochVerbesserungspotenzialegäbe.ManfredRommelhateinmalgesagt:

Wo Verwirrung herrscht und gestritten wird, gibt meis-tens der Klügere nach. Wo aber immer der Klügere nach-gibt, kann nichts Gescheites herauskommen, sodass man sich nicht wundern darf, wenn der Zuwachs der Verwir-rung von einer Abnahme der Vernunft begleitet wird.

VielenDank.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU)

Präsident Willi Stächele:LiebeKolleginnenundKollegen,fürdieRegierungsprichtnunHerrMinisterHermann.Bitteschön.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

Minister für Verkehr und Infrastruktur Winfried Her-mann:HerrPräsident,meinesehrverehrtenDamenundHer-ren!Ichhabemirfestvorgenommen,derVersuchungzuwi-derstehen,mitderselbenPolemikzuantworten,wieichsieheutegehörthabe.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.KlausHerrmannCDU:VondenGrünen!)

Wennichmirvorstelle,wasdieMenschenwahrnehmen,wennsievonaußenaufdenLandtagundaufdieseDebatteblicken,denkeich,siemüsseneigentlichdenEindruckhaben,dashierseieineziemlichlustigeNummer.

(Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:Dasistrich-tig!VorallemimMoment!)

DabeigehtesumrichtigvielGeldundeinhochriskantes,schwierigesProjekt.Darankannman,glaubeich,überhauptnichtzweifeln.Esisthochriskantundschwierig.

(Abg.PeterHaukCDU:Warumistdashochriskant?)

AlsderhierinBaden-WürttembergseitwenigenWochenfürdenVerkehr zuständigeMinister und als langjährigerVer-kehrspolitikerkannichIhnensagen:EinGrundproblemderVerkehrspolitikist,dassbeiInfrastrukturprojekten–inallenBereichen,aufallenpolitischenEbenen–dieKostenamAn-fanggrundsätzlichignoriertwerden,

(Abg.PeterHaukCDU:Nein!Wirsindabermitten-drin!)

dasssieklein-undschöngerechnetwerden,unabhängigda-von,umwelcheProjekteessichhandelt.DeswegensteheichheuteimMinisteriumvoreinerextremschwierigenSituati-on,nämlichder,dassSiealleetwasvonmirfordern.Sieallehabenmirgeschrieben,KleineAnfragengestellt.Dabeigehtesimmerwiederdarum,welcheInfrastrukturmaßnahmeun-bedingtgleichkommenmuss,seieseineStraße,seieseineSchiene,seiesirgendeinÖPNV-Projekt.

(Abg.KlausHerrmannCDU:Siewollendochgarnichtsmehrmachen!)

Allesversprochen,jetztsollderHermannesrichten.KaumisterimAmt,sollerallesmachen.Warumgehtdasnicht?WeilSiegrundsätzlichamBeginnvonInfrastrukturprojektenkeineKostenwahrheitaufdenTischlegenunddeswegenvöl-ligfalscheGesamtbilanzenerhalten.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufederAbg.DieterHil-lebrandundDr.DietrichBirkCDU)

SiekommenzufalschenVorstellungendarüber,wasdasalleskostetundwasmansichleistenkann.Dasistdieentscheiden-deÜberlegung,diemaninderPolitikanstellenmuss.

JetztkommeichzuStuttgart21.EinerderHauptdiskussions-punktederheutigenRednerundauchindenAusschüssenwar,wieesmitdenKostenaussieht.EinesunsererHauptargumen-teist,dasswirsagen:DerKostendeckelistschonheuteent-wederangegriffenoderschondurchschlagen.Wirkönnendasbelegen.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.PeterHaukCDU:DieZahlendesKollegenSchmiedelwareneindeutig!–Abg.VolkerSchebestaCDU:HerrSchmiedel,holenSieeinmaldenTaschenrechnerhervor!–Zurufdes

Abg.WolfgangDrexlerSPD)

Nunhabeichgesehen,wiefasziniertSiealleHerrnKollegenSchmiedelmitseinemnettenTaschenrechnerzugeschautha-ben.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:Zahlenlügennicht!)

–Zahlenlügennicht,liebeKolleginnenundKollegen.MankanndenschönstenTaschenrechnerhaben,wennmanaberdiefalschenZahleneingibt,kommtnichtsRichtigesheraus.

(BeifallbeidenGrünen–Oh-RufevonderCDU–Abg.VolkerSchebestaCDU:FalscheZahlen!)

Wirhaltenfest:HerrKollegeSchmiedelhatdieZahlenge-nommen,hatgerechnetundhatdabeieinesgemacht:EristzumTeilderBahnaufdenLeimgegangen.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünen–Abg.VolkerSchebestaCDU:Oi!)

GenosseSchmiedel––

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünen–Abg.VolkerSchebestaCDU:Oi!–Unruhe)

DieBahnhat aber auch selbst eine neueRechnung aufge-macht.SeitderFinanzierungsvereinbarunghatsieganzklardieRechnungaufgemacht,dassmanbeidiesemProjektKos-teninHöhevonca.4,1Milliarden€anzusetzenhat.Dashatsiegesagt.SiehatbeidiesemProjektauchimmerdiesoge-nanntenNominalisierungskosteneingerechnet.Dassindun-gefähr323Millionen€.

NunweißdergemeineAbgeordnetenichtundwissenauchsonstdieMenschennicht,wasNominalisierungskostensind.Damussteauchichmichkundigmachen.Dasgebeichgernzu.Das ist sozusagen die Inflationsrate, der Inflationsaus-gleich,derinProjekteeingerechnetwird–dasistübrigensneubeidiesemProjekt;das isteigentlicheinFortschritt–,weilmansagt:Egal,welcheKostenrisikendurchandereTei-ledesProjektseineRollespielen,manweißaberaufjedenFall, dass es über die Jahre hinweg inflationsbedingt einePreissteigerunggibt,unddaswollenwirberücksichtigen.

Daswaraberimmerinden4,1Milliarden€enthalten.IndervergangenenWochemusstedieBahnimLenkungskreis–dawarHerrSchmiedelnichtdabei–deutlichmachen,

(ZurufdesAbg.ClausSchmiedelSPD)

wiesichdieKostenentwickelthaben.IchkannIhnengernsa-gen:ChartNummer6undChartNummer8derDBAGwei-senklippundklaraus,dassdieBahninzwischenvon370Mil-lionen€anMehrkostenausgeht.

(ZurufdesAbg.WernerRaabCDU)

DaskonntenSieübrigensinverschiedenenseriösenZeitun-gennachlesen.DashättenauchSievonderOppositionnach-lesenkönnen.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufevonderCDU)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Winfried Hermann)

AußerdemhatdieBahnangekündigt,dassbereits120Milli-onen€anstehen,diewahrscheinlichauchnochkommen–einweiteresKostenrisiko;dashatsieauchgesagt.

KollegeKefervonderBahnhatgesagt:DieSacheistange-spannt.

(ZurufevonderCDU,u.a.:IstdasaucheinKolle-ge?)

–WirsindjaPartner.–DieFinanzsituationseiextremange-spannt,hatergesagt.Erhatganzklarverdeutlicht:Wirsto-ßenandenKostendeckelvon4,5Milliarden€.

(ZurufdesAbg.KarlZimmermannCDU)

IndieserSituationentdecktdieBahndanndenNominalisie-rungswertalsPufferneuundsagt,dasfindegarnichtstatt.

(Abg.Dr.DietrichBirkCDU:HerrRust,sagenSiedocheinmaletwas!)

DashatderKollegeSchmiedelauchnocheinmalgemacht,indemergesagthat:„Jetztsindja90%derTunnelvergeben.“90%derTunnelsinderstensnicht100%,

(LachenbeiderCDU)

unddieTunnelmachenzweitenswenigeralsdieHälftederGesamtkostenaus.

(BeifallbeiAbgeordnetenderGrünen–ZurufdesAbg.JohannesStoberSPD)

Jetztmussmanwissen:EineNominalisierungwirdsoveran-schlagt,dassamAnfangrelativweniganfällt,weildanochnichtvielanInflationstattgefundenhat.BeispäterenVerga-benhingegenfälltrelativvielan.Insofern–dasmussmanganzklarsagen–kannmanebennicht323Millionen€ein-malkurzzumPuffererklären.VielmehristdasweiterhinderInflationseffekt,denmanhatundvondemmaneinkleinwe-nigeingesparthat.

InderSummebleibtübrig:Wirsindhartanden4,5Milliar-den€,undwirkommenschnellüberdiesenDeckelhinaus,wennwirauchnureineoderzweiderMaßnahmen,dieimSchlichtungsverfahrenundbeimStresstestvereinbartwurden–

(ZurufederAbg.WernerRaabundRudolfKöberleCDU)

ihnenhabenallezugestimmt–,mitaufnehmenundweitereKostenrisikenentstehen.DannistderDeckeldurchschlagen.DasistdieGrundlage,dasistunserAnsatz.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufdesAbg.KarlZim-mermannCDU–Abg.PeterHaukCDUmeldetsich.)

EsgabamvergangenenFreitaginderKostenfragezumers-tenMaleineAllianzzwischenLand,StadtundRegion.DennalsdieBahnzumerstenMalgesagthat:„Alles,wasanzu-sätzlichenKostenkommt,wasimRahmendesSchlichtungs-verfahrensvereinbartwurde,

(GlockedesPräsidenten)

gehtnichtaufdieFinanzierungsvereinbarung,sondernkommtontop,obendrauf“,dassalsoaufdie4,5Milliarden€nocheinmaletwasdraufkommensoll,habenalle–HerrOberbür-germeisterSchuster,FrauWoppererfürdieRegionundichfürdasLand–gesagt:Nichtmituns!Wirsagenklippundklar:AllesistimRahmender4,5Milliarden€.DasunterstütztauchdieSPD.

VielenDank.

(Beifall bei denGrünen –Zurufe derAbg.ClausSchmiedelSPDundVolkerSchebestaCDU–Glo-

ckedesPräsidenten)

Präsident Willi Stächele:HerrMinisterHermann,gestattenSieeineZwischenfrage?

Minister für Verkehr und Infrastruktur Winfried Her-mann:DerKollegeHermanngestattetkeineZwischenfrage.

Jedenfalls:WenneseinesBeweisesbedurfthätte,obdieGe-schäftsgrundlage noch besteht, ob dieses Projektwirklichdurchfinanziertist,dannwarerdamitgeliefert,dassdieBahninderletztenSitzungdesLenkungsausschussesschoneinmalangekündigthat,wasdaistundwasdaalleskommt.

Wirvermissennachwievor–KollegeHauk,dakönnenSiedieAnfrageanmichnochoftzitieren–,dassdieBahnklareBelegevorlegt,dasssiez.B.wirklichnachweist,wiesiemitderKosten-Risiko-ListevonAzerumgeht,wiesiedieZah-len,diesie jetztoffengelegthat,gerechnethat.Dashatsienichtoffengelegt.AlldiesePunktemüssenwirendlichsehen.Ichbestehedarauf,dasssiedasauchoffenlegtundwirdasnachrechnenkönnen.

(BeifallbeidenGrünen–ZurufdesAbg.WolfgangDrexlerSPD)

Jedenfallsistfürunseinesklar:Illusionäristder,dernochim-merglaubt,esbleibebeidenaltenKosten.DennesgibtsovieleAnzeichendafür,dasswir längstweitdarüberhinaussind.

(ZurufvonderCDU:Anzeichen?)

Insofernmussmanschonziemlichnaivsein.Odermankönn-teauchsagen:ManwilleinfachdieunangenehmeWahrheitnichtwahrhaben.DasistdasÜbelderVerkehrspolitik.

(BeifallbeidenGrünen)

VielleichtgibtesIhnenzudenken,dassdieBahnselbstjetztdieAusstiegskostenerrechnenlässt.

(Abg.WolfgangDrexlerSPD:Warummachtsieesdenn?)

–Warumsiedasmacht?Siemachtes,weilmanauchbeiderBahnnachdenklichgewordenist,obdiesesProjektwirklichSinnmachtundErfolgbeschert.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.NicoleRazaviCDU:WeilSieaussteigenwollen!–Unruhe)

KollegeHaukhaterneutsehrdrastischundmitscharfenWor-tengesagt,diesesGesetzentbehrejederrechtlichenGrundla-ge,seisozusagenrechtlichvölligdaneben.Dasfindeichziem-

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Winfried Hermann)

licherstaunlich.Werdaswirklichglaubt,dermussvordenStaatsgerichtshof.DermussdasauspurerPflichttun.DastunSieabernicht,

(BeifallbeidenGrünen–Abg.PeterHaukCDU:AusanderenGründen!)

weilSiewissen,dassdiesesGesetzklugkonstruiertistundnichtsoeinfachzuFallgebrachtwerdenkann.Deswegenver-zichtenSiedarauf.LetztendlichhabenSiesichdochfürun-serenWegentschieden,indemSiejetztsagen:Okay,wirge-hendenpolitischenWeg.WirlassendieBevölkerungabstim-men.

Ichhalteesallerdingsfürmerkwürdig,dassmaneinerseitsal-lesunternimmt,dasseszukeinerVolksabstimmungkommt,jedochandererseitsderErsteist,derschreit,beiderGestal-tungderBroschüremitredenzuwollen.Dasistziemlichpa-radox.

(BeifallbeidenGrünen–UnruhebeiderCDU)

AufIhreAnfragehin,wiewirmitIhremAnsinnenumgehenwollenundwiewirdieBevölkerunginformierenwollen,hatmeineKolleginMinisterinKrebsmitgeteilt,dasswirbeab-sichtigen,eineinformativeRegierungsbroschürezuerstellen,dieklarProundKontrabenennt.WirwerdendieseBroschü-realsRegierungsbroschüreherausgeben,weilwir,wieSiege-merkthaben,auchdieOppositionzudieserPolitikinderRe-gierungsitzenhaben.DeswegenandieSPD––

(LachenundBeifallbeiderCDU–Abg.WolfgangDrexler SPD:Was? –Abg.HelmutWalterRüeck

CDUzurSPD:Daslasstihreuchgefallen?)

Dasheißt,esgibteineProseite,undesgibteineKontraseite.

(Abg.ClausSchmiedel SPD:DieOpposition vonheuteistdieRegierungvonmorgen!–Unruhe)

SelbstverständlichwerdenwirsowohldieArgumentevonIh-nenalsauchdievonderanderenSeiteberücksichtigenundaufnehmen.DieFederführungliegtaberbeiderRegierung.Sieverpflichtetsich,einefaire,transparenteundinformativeBroschüreherauszugeben.

(BeifallbeidenGrünen)

HerrHaukhatmehrfachdaraufhingewiesen,dassihmdieIn-formationenzudenAusstiegskostenfehlenwürden,dassihmdieInformationenzudenAlternativenfehlen,dassihmdasAlternativkonzeptüberhauptnichtklargewordenist,wiemanStuttgart21auchandersmachenkönnte.Dazukannichnursagen,dasseseinejahrelangeDebattedarüberundauchBü-cherdarübergibt.IchselbsthabeaneinigenBüchernmitge-wirkt.Siekönnendas inArtikelnnachlesen.SiekönneninwirklichumfänglichenBroschürennachlesen,welcheWege,welcheTrassenundwelcheAlternativenabgewogenwordensind.Alldaskannmannachlesen.

EswirdeinewesentlicheAufgabevonIhnenundauchvonunssein,indennächstenachtWocheneineöffentlicheDebat-tedarüberzuführenundineinemöffentlichenDiskurszuzei-gen,dasswirnichtpolemischagieren,sonderninformativvor-gehen,damitdieBevölkerungaufderGrundlageeinerguten

Debatteentscheidenkann,obsieausdemProjektaussteigenoderweiterhindabeibleibenwill.

(Abg.PeterHaukCDU:DannnennenSiedochdieAusstiegskostenundbelassenesnichtbeieinerjuris-

tischenBegründung!)

DasistdieAufgabe,anderSiesichgernbeteiligenkönnen.–WirwerdenimRahmendieserDebatteauchüberdieAus-stiegskostensprechen.

(BeifallbeidenGrünen–Abg.PeterHaukCDU:Wa-rumnichthier?–Abg.VolkerSchebestaCDU:Hic

salta!)

MeineDamenundHerren,esistgeradeeinJahrher,alswireineSituationhatten,inderesnichtsolustigwar.DaswarderschwarzeDonnerstag.DamalshattenwirinStuttgartZustän-de,diewirschonlangenichterlebthatten.DieGefahrwarwirklichgroß,dassdieserStreitgewaltsameskaliertunddieUnruhegroßseinwird.

Das istabernichtsogekommen,sonderndieProtestbewe-gunghatsichvielmehrklarzurzivilenProtestformbekannt.SiehatsichindenLandtagswahlkampfeingemischtundwe-sentlichdazubeigetragen,dassdieserProtestzivilisiertundaucheinStückweitparlamentarisiertwordenist.AußerdemhatsiezumRegierungswechsel,zueinemNeuanfangbeige-tragen.

HeutekönnenwirwiederoffenimParlamentdarüberstrei-ten.

(Abg.PeterHaukCDU:Daskonntenwirschonim-mer!)

Heuteredenwirdarüber,wiemanzueinerVolksabstimmungkommt,wenndasKündigungsgesetzhierkeineMehrheitfin-det.Ichfinde,dasisteinegroßeLeistungderer,dievielKri-tikandiesemProjektgeübthaben,dievielehrenamtlicheAr-beithineingesteckthaben,umAlternativenzuentwickeln,dieinvielehrenamtlicherArbeitgezeigthaben,dassdieProfisderBahnschlechtgeplant,FehlergemachtundAspektenichtberücksichtigthaben.AlldashatdieseBewegunggeschafft.DasfindetdiegroßeAnerkennungmeinerFraktionund,wieichannehme,auchvondemeinenoderanderenMitgliedan-dererFraktionenhierimHaus.

(BeifallbeidenGrünen)

MeineDamenundHerren,ichhoffe,dasswirindennächs-tenzweiMonateneineheftige,aberfaireDiskussionhaben.Ichhoffe,dasswiramEndeweitermiteinanderPolitikma-chenkönnen,auchwennwirinderSachescharfmiteinanderdiskutieren.Ichhoffeauchsehr,dassalledazubeitragen,dassdiesesbisherinderGeschichteBaden-Württembergseinma-ligeProjekteinerVolksabstimmunggelingtundnichtdaranscheitert,dasssichamEndezuwenigMenschenbeteiligen.Denndannhätteniemandwirklichgewonnen.

(Abg.KlausHerrmannCDU:Dannhabtihrverlo-ren!–UnruhebeiderCDU)

–Ja,natürlich!Esistdochvölligklar,dass,wenndasQuo-rumverfehltwird,dieLegitimationderEntscheidungvonvie-leninfragegestelltwird.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Winfried Hermann)

(LebhafteUnruhebeiderCDU–Abg.HelmutWal-terRüeckCDU:Jetztkommtesheraus!–Abg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP:JetztfälltdieMaske!)

–Nein,dafälltgarkeineMaske.WinfriedKretschmannundichsowiejedervonunshataufjederVeranstaltungöffentlichklippundklargesagt:Dasgiltfüruns,auchwenndasQuo-rumnichteingehaltenwird.Dasistdochvölligklar.DagibtesüberhauptkeinenZweifel.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.HelmutWalterRüeckCDU:Wassolldasdenn?–Abg.Dr.

DietrichBirkCDU:IchtraueIhnennicht!)

AberSiemüssenbedenken:Manmusseinfachsehen,dasseseineEntscheidunggebenkann,diesoausgeht,dassdieDe-battehinterherweitergeht.

(Abg.FriedlindeGurr-HirschCDU:Esistgut,dassdasimProtokollsteht!)

Dasmussmaneinfachsehen.Deswegensageich:JederhierimParlamentundausdemParlamentistgefragtundmussda-fürsorgen,dasssovieleLeutemitmachen,dassesamSchlussnicht amQuorum liegt, sonderndass dasQuorumerreichtwirdunddasseineklareEntscheidunggetroffenwird.Dasistdas,wasichdeutlichsagenwollte.

(BeifallbeidenGrünenundAbgeordnetenderSPD)

Präsident Willi Stächele:DasWorterteile ichdemHerrnJustizminister,HerrnKollegenStickelberger.

Justizminister Rainer Stickelberger:HerrPräsident,liebeKolleginnenundKollegen,meineDamenundHerren!WirstehenjetztamEndederzweitenLesung,nacheinerausführ-lichenDebattegeradeauchzurechtlichenundverfassungs-rechtlichenFragen,indieauchdieÖffentlichkeitstarkeinbe-zogenwar.IchkannmichanwenigProjekteoderThemener-innern,beidenenüberrechtlicheFragensostarkauchindenMedienundinderBürgerschaftdiskutiertwurdewiebeidie-semThema.Dasist,glaubeich,einerfreulicherEffektunse-rerDebatte.EsstehtauchdiesemLandtaggutan,wennerzuverfassungsrechtlichenFragenStellungnimmt–auchkont-roversStellungnimmt–,überverfassungsrechtlicheFragendiskutiertundsichauchinBaden-Württembergdaranerin-nert,wasdasFundamentunsererArbeitist,nämlichunsereLandesverfassung.

DieÖffentlichkeithataber,glaube ich,wenn ichdas rechtdeute,denEindruckgewonnen,dassjetztSchlussseinsolltemitderDebatteundwirdieSacheregelnsollten.Diesegrün-roteKoalitionwirddiesenKonfliktlösen.DerWeg,denwireingeschlagenhaben,istausmeinerSichtdereinzigrichtigeundverfassungsrechtlichkonformeWeg,umdiesenKonfliktzulösen.IchbinbeidenFraktionendankbarfürihrBemühen,diesenKonfliktimErgebniszulösen,beiunterschiedlichenPositioneninderSache.

IchwaretwasenttäuschtvonIhnen,HerrHauk,aberauchvonderSPD

(LachenundBeifallbeiAbgeordnetenderCDU–Zu-ruf:Unverständlich!–Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜ-NEzurCDU:SchonübersolcheKleinigkeitenlachen

Sie!)

–nein,vonderFDP/DVP.SiehabenimVerhältniszurerstenLesung eigentlich keine neuen rechtlichenArgumente ge-bracht.

(Abg.PeterHaukCDU:EsgehtnichtumdasRecht!EsgehtumdieFragederVolksabstimmung!)

SiehabenvorvielenWochen, alsSiedasGesetznochgarnichtkannten–Sieetwasverhalten,aberKollegeRülkesehrvollmundig–,denGangzumStaatsgerichtshofangekündigt.

(Abg.PeterHaukCDU:Ichhabegarnichtsgesagt!)

DaswarzueinemZeitpunkt,alsSiedasGesetznochgarnichtkannten.Jetzt,daSiedasGesetzinseinenEinzelheitenken-nen,ziehenSiezurück.JetztziehenSiezurück.

(Abg.PeterHaukCDU:Wirhabennieetwasange-kündigt!)

DarauszieheichdenSchluss,dassSiekeineErfolgschancenvordemStaatsgerichtshofgesehenhabenunddeshalbaufei-neKlageverzichtethaben.

(Abg.KarlZimmermannCDU:DasistderabsolutfalscheSchluss!)

LiebeKolleginnenundKollegen, natürlichkannmanüberverfassungsrechtlicheFragenkontroversdiskutieren.Geradewennman,wieesschongesagtwurde,Neulandbetritt,gibtesunterschiedlicheAuffassungen.Aberdasheißtnochlangenicht,dassdieeineAuffassungverfassungskonformunddieandereverfassungswidrigwäre.

Wir sindnach langerPrüfung inZusammenarbeitmitdemKollegenHermannundseinemMinisteriumzuderÜberzeu-gunggelangt,dasswirhiereinenverfassungskonformenWeggehen.InderöffentlichenDiskussionistmandochmittler-weilesoweitfortgeschritten,dassmandiesenPunktgarnichtmehrthematisiert,auchzuRechtnichtmehrschwerpunktmä-ßigthematisiert.Ichdarfdavielleichtaufdasverweisenunddaszusammenfassen,worüberwirschonindererstenLesungdiskutierthaben.

DassesinderSacheeinenDissensgibt,stehtschonimKoa-litionsvertragzurBeschreibungdesProblems.ImKoalitions-vertragistauchderWegaufgezeigt,wiewirdiesenDissensinderKoalitionlösen.DasKabinetthatseinenDissensoffen-gelegtunddannmehrheitlicheinenGesetzentwurfvorgelegt.

Siekönnenheuteabstimmen,wieesIhrerpolitischenÜber-zeugungentspricht.Niemandmusssichverbiegen.JederkannhierehrlichseineMeinungkundtununddannentsprechendindieAbstimmungeintreten.

(Abg.Dr.BernhardLasottaCDU:WieimmeralsAb-geordneter!)

RespektvordemfreienMandatdesAbgeordneten.Jederstimmt,wieeresfürrichtighält.

(GlockedesPräsidenten)

–HerrPräsident,ichlassekeineFragenzu.

VonTricksereioderTäuschungkannnichtdieRedesein.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Minister Rainer Stickelberger)

JetztkommenwirzurAbstimmung.Wiediesewohlausgehenwird,kannmannachdenDebattenbeiträgenabschätzen.WirstellendieEntscheidungdemVolkzurAbstimmung.Wirsoll-tendasmitgroßemRespekt tun,dieseEntscheidungdurchdasVolknichtschlechtreden,nichtamInhaltherummäkeln

(Abg.Dr.DietrichBirkCDU:Dasmachtdochkei-ner!)

undnichtdieseMeinungdesVolkes,diewireinholen,diesenEntscheidschonvorwegentwerten.

(Abg.TanjaGönnerCDU:Dashathierniemandge-macht!–Abg.Dr.BernhardLasottaCDU:SagenSie

dasIhremKoalitionspartner!)

VielmehrsolltenwirjetztdiesenVolksentscheidnutzen,umauchzusignalisieren–dieseRegierungtutdas–:WirwollenmehrBürgerbeteiligung.DiesistderersteVolksentscheidinBaden-Württemberg,undwirwärengutberaten,wennwirdasjetztalsBeispielfüraktiveBürgerbeteiligungverstehen,da-ranaktivmitwirken,auchdieBereitschaftzurAbstimmungfördernundvielleichtdarauslernen,künftigEntscheidungenzutreffen,beidenenwirdieBürgerfrüherundmehreinbe-ziehen:imRahmenderrepräsentativenDemokratie

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

mitmehrBürgerbeteiligung.WennSieda jetztmitmachen,liebeKolleginnenundKollegenvonderCDUundvonderFDP/DVP,sindSieherzlicheingeladen.

(ZurufdesAbg.KarlZimmermannCDU)

IchdankeIhnen.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD)

Präsident Willi Stächele:MeineDamenundHerren,eslie-genjetztkeineWortmeldungenmehrvor,dieimRahmenderRedezeitabgegoltenwerdenkönnen.WirhattendieRedezei-tenfestgelegt.AuchdieRedezeitenderRegierungsindinso-weitausgeschöpft.Deswegenmöchteichjetztsagen:Eslie-genkeineWortmeldungenmehrvor, fürdieentsprechendeRedezeitenzurVerfügungstünden.

WirkommendaherinderZweitenBeratungzur A b s t i m -m u n g überdenGesetzentwurfDrucksache15/496.Ab-stimmungsgrundlageistdieBeschlussempfehlungdesStän-digenAusschusses,Drucksache15/528.DerStändigeAus-schussempfiehltIhnen,denGesetzentwurfabzulehnen.

Ichrufeauf

§1

Wer§1zustimmt,denbitteichumdasHandzeichen.–Werstimmtdagegen?–WerenthältsichderStimme?–Damitist§1mehrheitlichabgelehnt.

Ichrufeauf

§2

Wer§2zustimmt,denbitteichumdasHandzeichen.–Werstimmtdagegen?–Werenthält sichderStimme?–§2 istmehrheitlichabgelehnt.

Ichstellefest:DerGesetzentwurfistmehrheitlichabgelehnt.

(ZurufvonderCDU:Sehrgut!)

WirhabennunnochüberdreiEntschließungsanträgeabzu-stimmen.

ZunächststelleichdenEntschließungsantragderFraktionderCDU,Drucksache15/601-1,zurAbstimmung.WerdiesemEntschließungsantragzustimmenmöchte,denbitteichumdasHandzeichen. –Gegenprobe! –Enthaltungen? –DerEnt-schließungsantragDrucksache15/601-1wurdemehrheitlichabgelehnt.

IchstellenundenEntschließungsantragderFraktionderCDU,Drucksache15/601-2,zurAbstimmung.

(Abg.Volker SchebestaCDU:Wirwünschen ge-trennteAbstimmung,HerrPräsident!)

–EswirdgetrennteAbstimmunggewünscht.

IchstellezunächstZiffer1diesesAntragszurAbstimmung.WerdieserZifferzustimmenmöchte,denbitte ichumdasHandzeichen.–Weristdagegen?–Werenthältsich?–

(Abg.VolkerSchebestaCDU:Oh,SPD!)

DamitistZiffer1diesesAntragsabgelehnt.

IchstellenunZiffer2diesesAntragszurAbstimmung.WerstimmtdieserZifferzu?–Weristdagegen?–

(Abg.WinfriedMackCDU:GegendieeigeneÜber-zeugung!)

Werenthältsich?–Mehrheitlichabgelehnt.

(Abg.ThomasBlenkeCDU:OhneRückgrat!)

NunstelleichdenEntschließungsantragderFraktionGRÜ-NEundderFraktionderSPD,Drucksache15/601-3,zurAb-stimmung.Wer diesem Entschließungsantrag zustimmenmöchte,denbitteichumdasHandzeichen.–Gegenprobe!–Enthaltungen?–

(Oh-RufevondenGrünen)

DemEntschließungsantragwurdemehrheitlichzugestimmt.

(VereinzeltBeifall)

EineErklärungzurAbstimmungvonderFraktionderCDU.Bitteschön,HerrKollegeSchebesta.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:DashabenwirauchohneErklärungverstanden!)

Abg. Volker SchebestaCDU:HerrPräsident,sehrgeehrteKolleginnenundKollegen!Wirsinderschrockendarüber,wasdieRegierungsfraktionendemLandtaghierzumuten.Zumei-nen–dasistdieGrundlagederBeratungunterdiesemTages-ordnungspunkt–habenwirineinemVerfahrenabgestimmt,mitdemderLandtageinenStreitzwischendenKoalitions-partnernzueinerEinigungführensollte.DiesisteineSitua-tion,durchdiedieKoalition,dieIhnendieRegierungsbildungermöglichthat,überhaupterstzustandegekommenist.Esgeht

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Volker Schebesta)

IhnengarnichtsosehrumdieAbstimmungselbst,sondernumeinenAuswegausdiesemStreitzwischenIhrenjeweili-genParteien.

Nichtgenug,dassSiediesjetztindenLandtaghineintragen.SiezwingenunsauchnochzueinerAbstimmungübereinenEntschließungsantrag, dem sehr bedeutendeFeststellungenzugrundegelegtwerden:„...dassdiePrüfung ...durchdieLandesregierungbevorsteht“––

(Abg.BrigitteLöschGRÜNE:ErklärungzurAbstim-mung!–Abg.ReinholdPixGRÜNE:Das ist eine

persönlicheErklärung!)

–Nein,dasistkeinepersönlicheErklärung.EsisteineErklä-rungzurAbstimmung.

(Zuruf:Geschäftsordnunglesen!)

Präsident Willi Stächele:DasisteineErklärungderFrakti-onzurAbstimmung.

Abg. Volker SchebestaCDU:Siewollen,dasswirfeststel-len,„...dassdiePrüfung...durchdieLandesregierungbevor-steht...“ObwirdasnunimLandtagbeschließenodernicht,diePrüfungstehtbevor.DasisteineBinsenweisheit.

AußerdemschreibenSie,dassdasVerfahren,dasSiemitdemKündigungsgesetzgewählthabenunddaszueinerVolksab-stimmungführensolle,möglichsei.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Ja!)

EineinfacherBlickindieVerfassungzeigtaberschon,dasseseineRegelunggibt,aufderenGrundlageeineVolksabstim-mungherbeigeführtwerdenkann.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:GenaudieseRe-gelungwendenwiran!)

DiesebloßeFeststellung ist dasselbe, alswennman sagte:„EinFahrradisteinFahrrad,weileinFahrradeinFahrradist.“SolchesubstanzlosenDingebrauchenwirimLandtagnichtzurGrundlagezumachen.

(VereinzeltBeifall)

Siemüssenaberakzeptieren–HerrKollegeSchmiedel,dasistkeine„schrägeNummer“,diewirdathematisieren,son-derndassindFragen,diesichstellen–undmüssendamitle-ben,dassderfrühereVerfassungsrichterPaulKirchhof

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Damitlebenwirgern!)

heuteinden„StuttgarterNachrichten“mitderÄußerungzi-tiertwird,dasVolkwerdezueinerAbstimmunggebeten,fürdieesgarkeineBerechtigungbesitze.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:WasistdennIhrper-sönlichesProblem?HerrPräsident,dasistdieFort-

setzungderDebatte!)

Siemüssendamitleben,dasswirsagen:DasvonIhnenbe-haupteteKündigungsrechtgibtesnicht.Siemüssenzugeste-hen,dassesArgumentegibt–wieetwadieKosten–,dieSienichtnäherbenennen,undSiemüssendamitzugestehen,dass

Sienichtbereitsind,selbstdieErgebnissederSchlichtungindieBegründungaufzunehmen.

WirwerdennichtüberdasStöckchenspringen,dasSieunshinhalten,indemSiesagen:„DieVolksabstimmungistmög-lich.“EineVolksabstimmungistmöglich;esgibtabernachwievorDiskussionenüberdierechtlicheGrundlagedafür.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:HerrPräsident,dasistdochkeineErklärungzurAbstimmung!)

DeshalbhabenwirNeinzumKündigungsgesetzgesagtundIhremEntschließungsantragnichtzugestimmt,sondernunsderStimmeenthalten.

(GlockedesPräsidenten)

Präsident Willi Stächele:Esistimmerinteressant,indieGe-schäftsordnungzuschauen.Ichdarfdaraufhinweisen:Erklä-rungenderFraktionen zurAbstimmung sind zulässig.Zu-gleichdürfensiedieDauervonfünfMinutennichtüberstei-gen.DasisteingesetzterRahmen,derindiesemFallnichtausgeschöpftwurde.DasisteineSachederGeschäftsordnungunddamitauchvonjedermannsohinzunehmen.

(Beifall bei derCDU –Abg.Hans-Ulrich SckerlGRÜNE:Undwowar dieErklärung zurAbstim-

mung?)

IchkommejetztzueinerweiterenErklärungzurAbstimmung,jetztvonderFraktionderFDP/DVP.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:AbereineErklärungzurAbstimmungundnichteineDebatte!)

Abg. Dr. Hans-Ulrich RülkeFDP/DVP:HerrPräsident,lie-beKolleginnenundKollegen!DaserkennbareZielIhresEnt-schließungsantragswar,dassSiesichvonunssozusagenei-nenFreifahrtscheinfürdiesesVerfahrenabsegnenlassenwoll-ten,damitSiehinterherinderÖffentlichkeitsagenkönnen:„Zunächsteinmalhabensieerklärt,diesesganzeVerfahrenseirechtswidrig,seizumindestrechtlichumstritten,undhin-terher imLandtaghabensieunseremEntschließungsantragzugestimmtundzugegeben,dassallesinOrdnungistundkei-nerlei rechtlicheStreitpunktemehr bestehen.“Aus diesemGrundhabenwirdiesenEntschließungsantragabgelehnt.

NachwievorsindwirderÜberzeugung,dassdas,wasSievorlegen,rechtswidrigist.Esistrechtswidrig,einGesetzvor-zulegen,mitdemmanauseinemVertragaussteigenwill,derüberhauptkeineAusstiegsklauselhat.WirsindnachwievorderMeinung,dassSiemitdemVerfahren,dasSieangestrengthaben,dasParlamentmissbrauchen,umeinenFormelkom-promissherbeizuführen,mitdessenHilfeSieIhreangeblicheLiebeseheamLebenerhalten.

HerrKollegeJustizministerStickelberger,sowohldieCDU-FraktionalsauchwirhabenIhnenschonbeidererstenLe-sungerklärt,warumwirnichtvordenStaatsgerichtshofzie-hen.Dasgeschiehtkeineswegsdeshalbnicht,weilwirdiesesGesetz so toll fänden, keineswegs deshalb,weilwir keinerechtlichenBedenkenmehrhätten,sonderneinzigundalleindeshalb,weilwirunsnichtdemVorwurfaussetzenwollen,wirwürdeneineVolksabstimmungmitjuristischenTricksbe-hindern.

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Dr. Hans-Ulrich Rülke)

ZumZweiten–dashabenwirbeidieserSitzungauchschongesagt,aberichwiederholeesgern,HerrStickelberger–wis-senwir,dassdieseVolksabstimmungauchimErfolgsfallei-nerechtlicheÜberprüfungnichtumgeht.SelbstwennSiedenErfolghabensollten,densichmanchevonIhnenbeidieserVolksabstimmungwünschen,bleibtnochimmerdieTatsachebestehen,dassdieBahnletztlichgezwungenwird,vorGe-richtfeststellenzulassen,obdasGesetz,dasdanndieBevöl-kerungbeschlossenhat, tatsächlich trägt. Insofern istesandieserStellegarnichtnotwendigzuklagen.EntwederdieBe-völkerungbeerdigt das,wasSieuns jetzt vorgelegt haben,oderamEndeeinGericht.

Abereinesbleibtfestzuhalten:Wirsindnichtbereit,aufdemWegeinesEntschließungsantragsdasVerfahren,dasSiedemParlamentundderBevölkerungzumuten,abzusegnen.

(Beifall bei der FDP/DVP undAbgeordneten derCDU–Abg.WolfgangDrexlerSPD:Gut,istschon

okay!)

Präsident Willi Stächele:LiebeKolleginnenundKollegen,jetztliegtmireineWortmeldungdesKollegenBayerfüreineErklärungzurAbstimmungvor.Laut§100unsererGeschäfts-ordnungkanneinesolcheErklärungabgegebenwerden,wenneineAussprachestattgefundenhat.

(Abg.VolkerSchebestaCDU:PersönlicheErklärungvorderAbstimmung!)

Ichgehedavonaus,dassdieseAusspracheimRahmenderTagesordnungstattgefundenhatunddeshalbeineErklärungzurAbstimmungabgegebenwerdenkann.

Abg. Christoph BayerSPD:Dankeschön.–HerrPräsident,meineDamenundHerren!IchmöchteIhnenmitdieserkur-zenErklärungmitteilen,dassesmiräußerstschwergefallenist,michzudiesemGesetzentwurfzupositionieren,undmitmirauchmeinenKollegenPeterStorzundGerhardKlein-böck,möglicherweiseauchanderen.DasjetztzuSagendegiltalsofürsiesinngemäßauch.

IchhabemichpersönlichindenvergangenenJahrengegen-überdemProjektStuttgart21nichtnuräußertskeptischge-zeigt,sondernbeiallenbisherigenAbstimmungenimLand-tag–undzwarzuderZeit,alsdaspolitischnochzurDebat-testand–gegendiesesProjektgestimmt.Sogesehenwäreesjetztlogisch,füreinAusstiegsgesetzzuvotieren.AberdieSi-tuationstelltsichfürmichheuteandersdar.EinJakommtfürmichnichtinfrage,weilichdiefatalenFolgeninBezugaufdieenormenSchadensersatzansprücheauchvordemHinter-grundsehe,dassnebenvielenEinschnittenaucheineLandes-mitfinanzierung der zusätzlichenKosten beimAusbau derRheintalbahndeutlichunwahrscheinlicherwürde.

(Beifall bei der FDP/DVPund desAbg.WinfriedMackCDU)

EinNeinzudiesemAusstiegsgesetzwidersprichtaberdemGrundsatzmeinesbisherigenAbstimmungsverhaltens.EineEnthaltungkommt fürmichnicht infrage.Sie istauchdenWählerinnenundWählernnichtzuvermitteln.

Wenn ichvor diesemHintergrundnundennochgegendasAusstiegsgesetzgestimmthabe,danngeschahdiesauchdes-wegen,weileinNeinzumAusstiegdenWegfüreineVolks-

abstimmungfreimacht.SieistdieeinzigeMöglichkeit,denaus demRuder gelaufenen, hochemotionalisierten gesell-schaftlichenKonfliktzubefrieden.Diesistnichteinfach,aberesgeschiehtnachRegeln,diedieVerfassungvorgibt.

Ichbinzutiefstdavonüberzeugt,dassderKonfliktnuraufdie-semWegentschärftwerdenkann.DieserKonfliktwargeprägtvongegenseitigenVorwürfen,TricksereienundTäuschungs-manövernundkulminierte inden„Lügenpack“-Vorwürfen.IchseheweitundbreitkeinenanderenWegalsdiesenernst-haftenVersuch,repräsentativeunddirekteDemokratiezuver-bindenunddamitdieSpannungzwischenparlamentarischerundaußerparlamentarischerPolitiknichtsozuforcieren,dassdermomentanangespannteBogenzerbricht.

IchbinnichtüberNachtzumBefürworterdiesesProjektsmu-tiert,sondernichseheStuttgart21nachwievorauchkritisch.MeinNeinzumAusstiegsgesetzistdeswegeneinJazurBe-friedungaufdemmireinzigmöglicherscheinendenWeg,demWegeinerVolksabstimmung.Ichverbindedamitauchdiegro-ßeHoffnung,dassderstetigansteigendeWutpegelgesenktwerdenkannund,meineDamenundHerren,ineinemspäte-renRückblickdieAuseinandersetzungüberStuttgart21unddieseVolksabstimmungderEinstiegineinedeutlichbessereBalancezwischendirekterundrepräsentativerDemokratieinBaden-Württemberggewesenseinkönnten.

HerzlichenDank.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen)

Präsident Willi Stächele:LiebeKolleginnenundKollegen,wirhabennochüberdenAntragderFraktionderCDU,Druck-sache15/508,abzustimmen.WerdiesemAntragzustimmenmöchte,denbitteichumdasHandzeichen.–Weristdage-gen?–Werenthältsich?–DamitistderAntragmehrheitlichabgelehnt.

(Abg.ClausSchmiedelSPDmeldetsich.)

ZudiesemAbstimmungsverhalteneineErklärungderFrakti-onderSPD.

Abg. Claus SchmiedelSPD:HerrPräsident,liebeKollegin-nenundKollegen!Ichwolltenurdeutlichmachen,dasswirdiesenAntragnichtinderSacheablehnen.Vielmehristbe-reitseineEinladungdesStaatssekretärsIngoRustandieFrak-tionenaufdemWegoderliegtsogarbereitsvor,sichentwe-derdurchschriftlicheVorschlägeoderineinerArbeitsgruppezubeteiligen.SomithättesichderAntrageigentlicherledigt.Wirfreuenuns,wennSiemithelfen,einegescheiteBroschü-rezuentwickeln.

(Abg.KlausHerrmannCDU:DannhättenSieauchzustimmenkönnen!–GegenrufdesAbg.WolfgangDrexlerSPD:Dassagtausgerechnetjemand,derdas

seit20Jahrenablehnt!)

–Dasistnichtgegangen,weildierechtlichePositionbereitsgeklärtist.DieEntscheidungtrifftdieRegierung.MitwirkenkönnendieFraktionen.AberwederwirnochSiekönnenmit-entscheiden.AberwokeinKonfliktist,müssenwirauchkei-nenKonfliktschaffen.MachenSieeinfachmit,dannistesgut.

(BeifallbeiderSPDundAbgeordnetenderGrünen)

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011

Präsident Willi Stächele:MeineDamenundHerren, jetztliegtnocheineErklärungeinerFraktionvor.

Abg. Edith SitzmannGRÜNE:HerrPräsident,meineDa-menundHerren!ImNamenderFraktionGRÜNEkannichsagen:Wirbedauernsehr,dassdasS-21-KündigungsgesetzhierkeineMehrheitgefundenhat.

(Abg.Dr.DietrichBirkCDU:EineHeucheleiohneEnde!)

ImNamenderFraktionGRÜNEundderFraktionderSPDmöchteichSiealleherzlicheinladen,denWegfreizuma-chen,dassjetztdieBürgerinnenundBürgerabstimmenkön-nen, ob diesesKündigungsgesetz inKraft treten soll odernicht.

(Abg.Karl-WilhelmRöhmCDU:EineVerballhor-nungdesParlaments!Unglaublich!)

HerrKollegeHaukhatinseinerRedegesagt,ersageein„kla-resJazurVolksabstimmung“.Ichladealldiejenigen,diedie-sem„klarenJa“folgenmöchten,ein,nachdieserSitzungimFoyerdenentsprechendenAntragzuunterschreiben.

(BeifallbeidenGrünenundderSPD–Abg.VolkerSchebestaCDU:WasistdasjetztfüreineAbstim-

mungserklärung?)

Präsident Willi Stächele: Fraktionserklärungengibtesjetztkeinemehr.Gibt es eine persönlicheErklärung?–Das istnichtderFall.

DamitistPunkt4derTagesordnungerledigt.

(Unruhe)

–IchbittejetztumKonzentrationfürdieweiterenTagesord-nungspunkte.

WirkommenzuPunkt 5derTagesordnung:

Wahl der Mitglieder des Medienrats der Landesanstalt für Kommunikation

MitSchreibenvom19.Mai2011hatderPräsidentderLan-desanstaltfürKommunikationBaden-Württembergmitgeteilt,dassdie fünfteAmtsperiodedesMedienratsam28. Januar2012endet.Erhatdarumgebeten,dieBenennungderVertre-terderFraktionenundderdurchdenLandtagzuwählendenMitgliederdesMedienratsfürdieneueAmtszeitvonfünfJah-renindieWegezuleiten.

Nach§41Abs.2desLandesmediengesetzesentsendetjedeFraktionimLandtageinenVertreterindenMedienratderLan-desanstaltfürKommunikation.VierweitereVertreterwerdenaufgrundvonVorschlägenderFraktionenvomLandtag imWegederVerhältniswahlgewählt.

VondenFraktionenwerdenfolgendePersonenindenMedien-ratentsandt:vonderCDU-FraktionHerrAndreasHoffmann,vonderFraktionGRÜNEHerrAbg.ThomasPoreski,vonderSPD-FraktionFrauAbg.RosaGrünstein,vonderFraktionderFDP/DVPHerrAbg.Dr.UlrichGoll.

DievierweiterenVertreterdesLandtagssindheutezuwäh-len.Nachd’HondtentfallenzweiVertreteraufdieCDU-Frak-tionundjeweilseinVertreteraufdieFraktionGRÜNEunddieSPD-Fraktion.Eswerdenvorgeschlagen:vonderCDU-FraktionHerrAbg. JoachimKößler undFrauAbg.SabineKurtz,vonderFraktionGRÜNEHerrAbg.ManfredKern,vonderSPD-FraktionHerrAbg.FlorianWahl(Anlage 2).

SindSiedamiteinverstanden,dassoffenabgestimmtwird?–DagegenerhebtsichkeinWiderspruch.WerdemWahlvor-schlagzustimmt,denbitteichumdasHandzeichen.–Gegen-probe!–Enthaltungen?–DemWahlvorschlagwurdemehr-heitlichzugestimmt.

DamitistPunkt5derTagesordnungerledigt.

IchrufePunkt 6derTagesordnungauf:

Wahl von beratenden Mitgliedern und deren Verhinde-rungsstellvertretern im Stiftungsrat des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM)

Gemäߧ7Abs. 1 derStiftungssatzunggehörendemStif-tungsratu.a.biszuvierVertreterdesLandesBaden-Würt-tembergan.BisherhatsichdiePraxisbewährt,dassdiesePo-sitionenaufVorschlagdesLandtagsunterBerücksichtigungderjeweiligenFraktionsstärkebesetztwerden.

MitSchreibenvom18.August2011hatFrauMinisterinThe-resiaBauergebeten,vierAbgeordnetealsberatendeMitglie-derundfürdiesebiszuvierVerhinderungsstellvertreterzube-nennen.Nachd’HondtentfallenaufdieCDU-FraktionzweiSitzeundjeweilseinSitzaufdieFraktionGRÜNEunddieSPD-Fraktion.

EingemeinsamerWahlvorschlagderFraktionderCDU,derFraktionGRÜNEundderFraktionderSPDliegtaufIhrenTi-schen(Anlage 3).Eswerdenvorgeschlagen:vonderCDU-FraktionHerrAbg.WernerRaabundFrauAbg.KatrinSchütz,vonderFraktionGRÜNEHerrAbg.AlexanderSalomon,vonderSPD-FraktionHerrAbg.JohannesStober.AlsVerhinde-rungsstellvertreterwerdenvorgeschlagen:vonderCDU-Frak-tionHerrAbg.ManfredGroh,vonderFraktionGRÜNEHerrAbg.ManfredKern,vonderSPD-FraktionFrauAbg.HelenHeberer.

SindSiedamiteinverstanden,dasswiroffenabstimmen?–DagegenerhebtsichkeinWiderspruch.WerdemWahlvor-schlagzustimmt,denbitteichumdasHandzeichen.–Gegen-probe!–Enthaltungen?–DemWahlvorschlagwurdemehr-heitlichzugestimmt.

DamitistPunkt6derTagesordnungerledigt.

IchrufePunkt 7derTagesordnungauf:

Nachwahl eines Mitglieds des Aufsichtsrats der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

DieFraktionGRÜNEhatmitgeteilt, dassFrauAbg.BärblMielich,dieam26.Mai2011indenAufsichtsratderStiftunggewähltwurde,nunihrAmtniederlegt.DasVorschlagsrechtfürdieNachbesetzungstehtderFraktionGRÜNEzu,diemit-geteilthat,dassFrauAbg.EdithSitzmannalsneuesMitglieddesAufsichtsratsvorgeschlagenwird(Anlage 4).

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LandtagvonBaden-Württemberg–15.Wahlperiode–13.Sitzung–Mittwoch,28.September2011(Präsident Willi Stächele)

SindSiedamiteinverstanden,dassüberdiesenWahlvorschlagoffenabgestimmtwird?–DiesistderFall.WerderWahlvonFrauAbg.EdithSitzmann zustimmt, denbitte ich umdasHandzeichen.–Weristdagegen?–Enthaltungen?–

(Zurufe,u.a.Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Daswar präjudizierend für künftigeAbstimmungen! –Abg.ClausSchmiedelSPD:DasErstewardieMehr-heit!–GegenrufdesAbg.Hans-UlrichSckerlGRÜ-

NE:Ganzsicher!–Unruhe)

Gibt es einenDissens?Nein.Dann istmehrheitlich zuge-stimmt.Dassahichauchso.Dasheißt,wirbrauchenkeineweitereAbstimmung.Es istmehrheitlich klargestellt: FrauSitzmann–derwirhiermitgratulieren–istgewählt.

(VereinzeltBeifall)

SeitensderCDU-Fraktionwirdnach§100derGeschäftsord-nungdasWortfüreineErklärungzurAbstimmunggewünscht.KollegeMack,bitte.

(Abg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:AlleskünstlicheInszenierungen!MeineGüte!)

Abg. Winfried MackCDU:HerrPräsident,liebeKollegin-nenundKollegen!AlsdieLandesstiftungBaden-Württem-berg–heute:Baden-WürttembergStiftung–gegründetwur-de,habenwirhierimHausbesprochen–dieCDU-Fraktionund die FDP/DVP-Fraktion haben das auch entsprechenddurchgesetzt–,dassderLandtagneunVertreterinnenundVer-treterunddieRegierungneunVertreterinnenundVertreterimAufsichtsrathaben.Selbstverständlichhabenwirauchgesagt,dassderLandtagvonBaden-Württembergdenstellvertreten-denAufsichtsratsvorsitzendenstelltunddiegrößteFraktionimLandtagentsprechenddemWählerwillendiesenstellver-tretendenAufsichtsratsvorsitzendenstellt.

NachdemdieGrünendiesenAntraggestellthaben,liebeFrauSitzmann,vermutenwir,dassSiebeidernächstenAufsichts-ratssitzung,dieamnächstenDienstagstattfindensoll–übri-genssechsMonatenachderLandtagswahlundfünfMonatenachderÜbernahmederRegierungdurchGrün-Rot;

(Abg.Dr.DietrichBirkCDU:DielassensichZeit!–UnruhebeidenGrünen)

HerrMappusistnochimmerVorsitzenderdesAufsichtsratsderBaden-WürttembergStiftung–,durchsetzenwollen,dass

dieGrünen,diebeiderLandtagswahlgeradeeinmal23oder24%derWählerstimmenerhaltenhabenundnichtdiegröß-teFraktionimLandtagsind,denstellvertretendenAufsichts-ratsvorsitzendenstellensollenundnichtmehrdiegrößteFrak-tiondesLandtagsvonBaden-Württemberg,dieCDU.

(Abg.ClausSchmiedelSPD:NachdieserNummeraufjedenFall!Dasistklar!)

AndiesemBeispielsiehtmaneinmalmehr,umwasesdenGrünengeht.

(Abg.MuhteremArasGRÜNE:UmQualität!)

Sienehmen,wassiekriegenkönnen.

(BeifallbeiderCDUunddesAbg.Dr.Hans-UlrichRülkeFDP/DVP)

KollegeWölflehatesneulichschonmitseinerSMSdeutlichgemacht.AufdieanderenPunktemöchteichgarnichteinge-hen.

(Abg.AndreasSchwarzGRÜNE:Esgibtkeinean-derenPunkte!–Abg.EdithSitzmannGRÜNE:WiemeinenSiedas,HerrMack?KönnenSiedasnoch

einmalausführen?)

IchkannSienurvordiesemVerhaltenwarnenundSiedarumbitten, denWählerwillen zu respektieren.DerWählerwillesagt:DiegrößteFraktionimLandtagvonBaden-Württem-berg soll in einem solchenGremiumden stellvertretendenAufsichtsratsvorsitzendenstellen.

(Abg.AndreasSchwarzundAbg.Hans-UlrichSckerlGRÜNE:Wostehtdas?–GegenrufderAbg.Fried-lindeGurr-HirschCDU:Anstand!–LebhafteUnru-

he)

HerzlichenDank.

(BeifallbeiderCDU–ZurufvonderCDU:Bravo!–Unruhe–Zuruf:Pst!)

Präsident Willi Stächele:MeineDamenundHerren,wirsindamEndederheutigenTagesordnungangelangt.

DienächsteSitzungfindetamMittwoch,12.Oktober2011,10:00Uhr,statt.

IchdankeIhnenundschließedieSitzung.

Schluss: 19:33 Uhr

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Landtag von Baden-Württemberg – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung – Mittwoch, 28. September 2011

Anlage 1

Vorschlagder Fraktion der CDU

Umbesetzung im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur

Ausschuss Funktion scheidet aus tritt ein

Ausschuss für Verkehr stellvertretendes Mitglied Beck Wolf und Infrastruktur

28. 09. 2011

Peter Hauk und Fraktion

Vorschlagder Fraktion der SPD

Umbesetzungen im Europaausschuss

Ausschuss Funktion scheidet aus tritt ein

Europaausschuss stellvertretendes Mitglied Binder stellvertretendes Mitglied Gruber

28. 09. 2011

Claus Schmiedel und Fraktion

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Landtag von Baden-Württemberg – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung – Mittwoch, 28. September 2011

Anlage 2

Wahlvorschlagder Fraktion der CDU, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD

Wahl der Mitglieder des Medienrats der Landesanstalt für Kommunikation

Zur Wahl werden vorgeschlagen:

CDU GRÜNE SPD

Abg. Joachim Kößler Abg. Manfred Kern Abg. Florian Wahl Abg. Sabine Kurtz

28. 09. 2011

Peter Hauk und Fraktion Edith Sitzmann und Fraktion Claus Schmiedel und Fraktion

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Landtag von Baden-Württemberg – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung – Mittwoch, 28. September 2011

Anlage 3

Wahlvorschlagder Fraktion der CDU, der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD

Wahl von beratenden Mitgliedern und deren Verhinderungsstellvertretern im Stiftungsrat des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM)

Zur Wahl werden vorgeschlagen:

b e r a t e n d e M i t g l i e d e r V e r h i n d e r u n g s s t e l l v e r t r e t e r

Abg. Werner Raab CDU Abg. Manfred Groh CDU Abg. Katrin Schütz CDU Abg. Alexander Salomon GRÜNE Abg. Manfred Kern GRÜNE Abg. Johannes Stober SPD Abg. Helen Heberer SPD

28. 09. 2011

Peter Hauk und Fraktion Edith Sitzmann und Fraktion Claus Schmiedel und Fraktion

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Landtag von Baden-Württemberg – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung – Mittwoch, 28. September 2011

Anlage 4

Wahlvorschlagder Fraktion GRÜNE

Nachwahl eines Mitglieds des Aufsichtsrats der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

Zur Wahl wird vorgeschlagen:

Abg. Edith Sitzmann

28. 09. 2011

Edith Sitzmann und Fraktion