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Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 6290 05. 06. 2019 Geänderte Fassung 1 Eingegangen: 05. 06. 2019 / Ausgegeben: 02. 08. 2019 Gemäß § 50 a Absatz 2 der Geschäftsordnung habe ich im Einvernehmen mit den Antragstellern die Landesregierung gebeten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 16/5979 – die nach Artikel 71 Absatz 4 der Landesverfas- sung notwendige Anhörung der kommunalen Landesverbände durchzuführen. Darüber hinaus wurde die Regierung gebeten, folgende weitere Verbände und Insti- tutionen anzuhören: Landeselternbeirat Baden-Württemberg, Hauptpersonalrat für Lehrkräfte an Gymnasien beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, BBW Beamtenbund Tarifunion, Verband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-Würt- temberg e. V. (Berufsschullehrerverband), Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart, Realschullehrerverband Baden-Württemberg, Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“, Baden-Württembergischer Handwerkstag e. V., Deutscher Tonkünstlerverband e. V., Landesmusikrat Baden-Württemberg e. V., Initiative zum Erhalt musischer Bildung, G9 jetzt! Baden-Württemberg, Direktorenvereinigung Nord-Württemberg, Hauptpersonalrat für Lehrkräfte an beruflichen Schulen beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, Philologenverband Baden-Württemberg. Die Schreiben des Staatsministeriums vom 17. Mai 2019, 27. Mai 2019 und vom 5. Juni 2019, die die im Rahmen des Anhörungsverfahrens eingegangenen Stel- lungnahmen zusammenfassen, sind beigefügt. Die Stellungnahmen sind nach- stehend abgedruckt. 05. 06. 2019 Die Präsidentin des Landtags Aras Mitteilung der Präsidentin des Landtags Gesetz zur Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums Baden-Württemberg (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Würt- temberg); hier: Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Drucksache 16/5979 Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich- net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.

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Landtag von Baden-Württemberg16. Wahlperiode

Drucksache 16 / 629005. 06. 2019

Geänderte Fassung

1Eingegangen: 05. 06. 2019 / Ausgegeben: 02. 08. 2019

Gemäß § 50 a Absatz 2 der Geschäftsordnung habe ich im Einvernehmen mit denAntragstellern die Landesregierung gebeten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktionder AfD – Drucksache 16/5979 – die nach Artikel 71 Absatz 4 der Landesverfas-sung notwendige Anhörung der kommunalen Landesverbände durchzuführen.

Darüber hinaus wurde die Regierung gebeten, folgende weitere Verbände und Insti-tutionen anzuhören:

– Landeselternbeirat Baden-Württemberg,

– Hauptpersonalrat für Lehrkräfte an Gymnasien beim Ministerium für Kultus,Jugend und Sport Baden-Württemberg,

– BBW Beamtenbund Tarifunion,

– Verband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-Würt-temberg e. V. (Berufsschullehrerverband),

– Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart,

– Realschullehrerverband Baden-Württemberg,

– Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“,

– Baden-Württembergischer Handwerkstag e. V.,

– Deutscher Tonkünstlerverband e. V.,

– Landesmusikrat Baden-Württemberg e. V.,

– Initiative zum Erhalt musischer Bildung,

– G9 jetzt! Baden-Württemberg,

– Direktorenvereinigung Nord-Württemberg,

– Hauptpersonalrat für Lehrkräfte an beruflichen Schulen beim Ministerium fürKultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg,

– Philologenverband Baden-Württemberg.

Die Schreiben des Staatsministeriums vom 17. Mai 2019, 27. Mai 2019 und vom5. Juni 2019, die die im Rahmen des Anhörungsverfahrens eingegangenen Stel-lungnahmen zusammenfassen, sind beigefügt. Die Stellungnahmen sind nach -stehend abgedruckt.

05. 06. 2019

Die Präsidentin des Landtags

Aras

Mitteilung

der Präsidentin des Landtags

Gesetz zur Einführung des neuen neunjährigen GymnasiumsBaden-Württemberg (Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Würt-temberg);hier: Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD

– Drucksache 16/5979

Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internetabrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente

Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich-net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.

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Deckblatt: Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Gesetz zur Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums Baden-

Württemberg - Drucksache 16/5979 Ergebnisse des Anhörungsverfahrens Anlagen Stellungnahmen

Übersicht zu den eingegangenen Stellungnahmen:

Anhörungspartner

Stellungnahme

Landeselternbeirat Schreiben vom 24. April 2019 HPR Gymnasien E-Mail vom 3. Mai 2019 BBW Beamtenbund Tarifunion Schreiben vom 8. Mai 2019 BLV Schreiben vom 5. Mai 2019 IHK Region Stuttgart E-Mail vom 9. Mai 2019 RLV BW E-Mail vom 10. Mai 2019 Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganz-tag“

Schreiben vom 9. Mai 2019

Baden-Württembergischer Handwerks-tag e.V.

E-Mail vom 10. Mai 2019

Deutscher Tonkünstlerverband E-Mail vom 10. Mai 2019 Landesmusikrat BW e.V. Schreiben vom 13. Mai 2019 Initiative zum Erhalt musischer Bildung E-Mail vom 13. Mai 2019 Gemeindetag BW Schreiben vom 13. Mai 2019 Landkreistag BW Schreiben vom 13. Mai 2019 G9 jetzt! Baden-Württemberg Schreiben vom 13. Mai 2019 Direktorenvereinigungen E-Mail vom 13. Mai 2019

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Mitglied im:

Geschäftsstelle: Silberburgstraße 158 70178 Stuttgart Öffnungszeiten: Di. und Do. 08:30 bis 12:00

Landeselternbeirat B-W, Silberburgstraße 158, 70178 Stuttgart Ministerium für Kultus, Jugend und Sport

Thouretstr. 6 70173 Stuttgart

Stuttgart, 24.04.2019

Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Gesetz zur Einführung des neuen neun-jährigen Gymnasiums Baden-Württemberg - Anhörungsverfahren

Frist Stellungnahme LEB; Ihr Schreiben vom 17.04.2019, Az. 31-6400.4/272

vielen Dank für die Weiterleitung des Gesetzentwurfes der AfD. Die Frist zu Anhörung – bis 13. Mai 2019 - endet leider vor der nächsten ordentlichen Sitzung des LEB. Der Landeselternbeirats wird daher keinerlei Stellungnahme abgeben. Wir sind uns dessen bewusst, dass die angegebene Fristsetzung nicht in der Verantwortung des KM liegt.

Mit herzlichen Grüßen

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Von: Gesendet: Freitag, 3. Mai 2019 10:39 An: Betreff: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Sehr geehrter der Hauptpersonalrat Gymnasien hat in seiner 108. Sitzung am 30.04.2019 beschlossen, keine Stel-lungnahme abzugeben. Mit freundlichen Grüßen

HPR Gymnasien

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MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT BADEN-WÜRTTEMBERG Telefon +49 711 279-Telefax +49 711 279-

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-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: @stuttgart.ihk.de [mailto: @stuttgart.ihk.de] Gesendet: Donnerstag, 9. Mai 2019 15:52 An: Betreff: WG: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD

bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 17. April 2019 bedankt sich

für die Möglichkeit einer Stellungnahme im Anhörungsverfahren: Gesetzentwurf der Fraktion der AfD. Wir werden dieses Mal die Möglichkeit einer Stellungnahme nicht wahrnehmen. Mit freundlichen Grüßen

Abteilung Beruf und Qualifikation IHK Region Stuttgart Jägerstraße 30 70174 Stuttgart

www.stuttgart.ihk.de Am 17.05. treffen sich Gründer und Gründungsinteressierte in der IHK. Jetzt für „Stuttgart gründet“ anmelden und voll durchstarten! ----- Weitergeleitet von /IHKSTU/IHK am 09.05.2019 15:35 ----- Von: An: Datum: 17.04.2019 16:05 Betreff: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Sehr geehrte Damen und Herren, in der betreffenden Angelegenheit werden Ihnen die anliegenden Dokumente mit der Bitte um Beach-tung übersandt. Mit freundlichen Grüßen

(Embedded image moved to file: pic15724.jpg)BW26_GR_RGB_KM_WEISS - (Embedded image ohne KM moved to file: pic11478.jpg)

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT BADEN-WÜRTTEMBERG Oberregierungsrat Referat Recht und Verwaltung, Grundsatzangelegenheiten allgemein bildender Schulen Thouretstraße 6 70173 Stuttgart Telefon +49 711 279- Telefax +49 711 279-

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Anhang "Anschreiben Industrie- und Handelskammertag, Arbeitgeberverbände, Handwerkstag.pdf" gelöscht von Thomas Weise/IHKSTU/IHK] [Anhang "Gesetzentwurf_Drucksache 16_5979.pdf" ge-löscht von Thomas Weise/IHKSTU/IHK]

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Anfang der weitergeleiteten Nachricht:

Von: "Realschullehrerverband BW -

Datum: 10. Mai 2019 um 08:13:36 MESZ An: Kopie: Betreff: Stellungnahme des RLV BW zum Gesetzentwurf der AfD zum Thema G9

der RLV BW bedankt sich für die Möglichkeit über die KBW eine Stellungnahme abzugeben. Da diese sich nicht auf eine gemeinsame Position verständigen konnte erhalten Sie nun die Stellungnahme unseres Verbandes zu o.g. Gesetzentwurf direkt: Wir lehnen eine flächendeckende Wiedereinführung des G9 - vor allem ohne gleichzeitige Wiedereinführung einer verbindlichen Grundschulempfehlung - ab. RS und Berufliche Schulen bilden „das G9“ in BW. Mit freundlichen Grüßen --

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Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“ 1

Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“ Schützenstr. 8, 76344 Eggenstein-Leopodshafen

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Postfach 10 34 42 70029 Stuttgart PER E-MAIL: [email protected]

09.05.2019 Aktenzeichen: 31-6400.4/272 Gesetzentwurf der Fraktion der AfD – Gesetz zur Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums Baden-Württemberg Sehr geehrte Frau Dr. Eisenmann,

sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist beim Thema G8/G9 eine Reform der Reform in den einzelnen Bundesländern zu beobachten: die Umstellung vom Abitur in der 13. Klasse (G9) auf das Abitur in der 12. Klasse (G8) und wieder zurück. Oder sollte es sinnvollerweise heißen: wieder nach vorne zu einem G9.

Es ist über 10 Jahre her, dass der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in Bayern das G8 einführte und damit ein Signal gab. Doch das achtjährige Gymnasium wurde schnell unpopulär, bekam den Ruf des „Turbo-Abiturs“ und wurde vielerorts zum Stresstest für Schüler und Familien erklärt.

In vielen Umfragen in den einzelnen Bundesländern Deutschlands sprachen sich in der Vergangenheit regelmäßig Eltern dafür aus, zu neun Jahren zurückzukehren, so auch in der noch aktuell laufenden „G9-jetzt“-Open-Petition in Baden-Württemberg u.a. initiiert von

https://www.openpetition.de/petition/online/g9-jetzt-baden-wuerttemberg

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Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“ 2

11. Hintergrund der Einführung von G8:

Pädagogische Gründe für das G8 gab es nie wirklich, so der baden-württembergische Philologenverband, Interessensvertretung der Gymnasiallehrer/innen.

Argumentiert wurde stets mit dem internationalen Vergleich – deutsche Gymnasiasten sein zu alt –, und auf Basis von Hauptforderungen der Bildungsökonomen in der OECD, der Bertelsmann-Stiftung und anderen Institutionen.

Doch letztlich sollte gesamtwirtschaftlich betrachtet die Lebensarbeitszeit der Menschen um mehrere Jahre zunehmen, um den finanziellen Versäumnissen in der demografischen Altersstruktur entgegenzuwirken.

Für alle G8-Euphoriker enthält die Mercator-Analyse auch eine schlechte Nachricht: Es ließen sich "keine großen positiven Effekte der (G8)Reform nachweisen". Nach wie vor sein die deutschen Jugendlichen im internationalen Vergleich zu alt.1

Das liegt aber mehr daran, wenn z.B. Schulabschlüsse und Ausbildungssysteme in den USA mit denen Deutschlands verglichen werden.

Der frühere US-Botschafter Philip D. Murphy wies in einem Interview aus dem Jahr 2011 u.a. darauf hin, dass das deutsche Abitur z.B. in den USA sehr anerkannt sei. Manche amerikanischen Universitäten sehen von (…) den erforderlichen Universitätszugangsprüfungen ab und geben sogar Credits, also Leistungspunkte, für das nach 13 oder 12 Jahren erworbene deutsche Abitur.2

Das wird in den deutschen Diskussionen häufig genug eben nicht erwähnt, wenn von den alten deutschen Gymnasiasten im internationalen Vergleich gesprochen wird.

1 https://www.stiftung-mercator.de/de/publikation/chancengleicheit-statt-g8-oder-g9/ 2 https://www.morgenpost.de/schueler/article104842793/Das-deutsche-Abitur-ist-in-den-USA-sehr-anerkannt.html

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22. Aktuelle Situation zu G8/ G9 in Deutschland und einzelnen Bundesländern:

Während die Ost-Bundesländer auch aufgrund ihrer Historie auf G8 bauen, handhaben es die Länder im Westen unterschiedlich:

Baden-Württemberg: Im Südwesten sollte 2012 der letzte G9-Jahrgang das G9-Abitur machen. Dann kam 2011 der grün-rote Regierungswechsel: Unter Grün-Rot (wie auch aktuell noch bei Grün-Schwarz) blieb das Land zwar bei G8, an (lediglich) 44 „Modellschulen“ kann aber wieder in neun Jahren Abitur gemacht werden.

Hessen: Seit dem Schuljahr 2013/14 können alle Gymnasien und kooperativen Gesamtschulen frei zwischen G8 und G9 und einem schulinternen Parallelangebot G8/G9 wählen. Die meisten Schulen haben sich für neun Jahre bis zum Abitur entschieden. Von den rund 16.000 Schülern, die im Schuljahr 2017/18 auf ein Gymnasium gewechselt haben, besuchen rund 76,5 Prozent eine G9-Klasse.

Schleswig-Holstein wird 2019/2020 flächendeckend zu G9 zurückkehren. G8-Gymnasien können einmalig entscheiden, ob sie beim Turbo-Abi bleiben wollen. Dafür haben sich bislang vier Gymnasien im Land entschieden. (https://www.shz.de/regionales/schleswig-

holstein/nur-vier-schulen-in-sh-behalten-g8-id19014281.html)

Saarland: Das kleine Bundesland hat seit 2001/02 ein „Zwei-Säulen-Modell“: Während am Gymnasium nach zwölf Schuljahren Abitur gemacht wird, sind es an der Gemeinschaftsschule 13 Jahre. Ein Volksbegehren, das sich die flächendeckende Wiedereinführung von G9 zum Ziel gesetzt hatte, ist gescheitert – es kamen nicht genügend Unterschriften zusammen. Trotzdem bleibt das Thema auch dort aktuell und nach wie vor brisant.

Rheinland-Pfalz war als einziges West-Bundesland nicht auf den Zug aufgesprungen, G8 flächendeckend als einzige Gymnasialform einzuführen. Diese Formen gibt es u.a. in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz:

o Oberstufe G9: Die gymnasiale Oberstufe in Rheinland-Pfalz wird auch Mainzer Studienstufe (kurz MSS) genannt und dauert zwei Jahre und sieben Monate. Die schriftlichen Abiturprüfungen (in den drei zu Beginn der Oberstufe gewählten Leistungskursen) finden im Januar, die mündliche Prüfungen im März statt. Für gute Schüler war es zudem schon immer möglich, das Abitur auch nach acht Jahren an einem G9-Gymnasium zu absolvieren.

o Oberstufe G8: Die gymnasiale Oberstufe im G8 dauert drei volle Jahre. G8 wird nur zusammen im Ganztagsbetrieb in der 7. bis 9. Jahrgangsstufe (= Mittelstufe) angeboten. Die schriftlichen Abiprüfungen finden im Mai, die mündlichen im Juni statt. (vgl. Wikipedia)

Nordrhein-Westfalen: Nach sehr intensiven Debatten bleiben nunmehr nur drei der landesweit mehr als 600 Gymnasien beim achtjährigen „Turbo-Abi“ (G8), teilte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im April im Schulausschuss des Landtags mit.

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Damit ist das größte Bundesland auch wieder bei G9. (https://www.news4teachers.de/2019/04/nur-

drei-gymnasien-von-mehr-als-600-wollen-bei-g8-bleiben/ April 2019). NNiedersachsen: hat zum Schuljahr 2015/16 die flächendeckende Rückkehr zum Abitur

nach 13 Jahren Beschlossen. Für leistungsstarke Schüler besteht die G8-Option. Bayern: Bildungspolitischer Partner Baden-Württembergs was u.a. die Höhe des

Abiturs-Niveau anbelangt - ist nunmehr nach 14 Jahren G8 wieder zu G9 zurückgekehrt seit dem Schuljahr 2018/19. Gegner von G8 waren vor allem Eltern. In einem Volksbegehren forderten sie die Rückkehr zum G9. Leistungsstarke Schüler können aber auch hier nach wie vor nach acht Jahren das Abitur ablegen. Ludwig Spaenle, ehemaliger bayerischer Kultusminister sagte: „Das G9 in Bayern kommt, und das ist wirklich gut so.“ https://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/die-wichtigsten-fragen-zum-neuen-g9-

21705-art1664859.html)

3. Baden-Württemberg und der Rückkehr zu G9 an nur 44 Modellschulen: Gerechtigkeitsprinzip?

Nachdem die frühere grün-rote Landesregierung in zwei Stufen an 44 Standorten/Modellschulen eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium im „Modellversuch“ zugelassen hat, stellt sich definitiv die Frage nach den Gerechtigkeitsgründen. Wieso kann und will unser Bundesland flächendeckend keine Wahlfreiheit bieten zwischen G8 und G9 und es jedem Gymnasium selbst überlassen – ob es neben G8 auch G9 bieten will (vergleiche Punkt 5 und Punkt 2)?

4. Erforderliche und Notwendige Diskussion in Baden-Württemberg zu G8 und G9:

Eine sachliche Diskussion über die weitere Entwicklung des Gymnasiums in Baden-Württemberg erachten wir als notwendig und erforderlich, auch mit Blick auf die Dynamiken der anderen Bundesländer zu diesem Thema (Siehe Punkt 2.) Neben der Frage – Rückkehr zu G9 ja oder nein - erachten wir die Diskussion nach einer flächendeckenden Wahlfreiheit G8 und G9 als wertvoller. Dies auch mit Blick auf Qualität und

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einer flexiblen kinder- und jugendgerechten Weiterentwicklung der Gymnasien in unserem Bundesland.

Weiterentwicklungen sehen wir u.a. auch in diesen Punkten:

o Stoffülle: Schülerinnen und Schüler sollten bei der Stofffülle entlastet werden, wobei die Anforderungen an ein Abitur nicht aufgeweicht oder abflachen dürfen, denn ein Aufweichen des Abiturniveaus dient nicht den Schüler/innen, die später an den Hochschulen dann möglichweise überfordert sind. Daher: Das Abiturniveau muss hoch bleiben und mittlere Bildungsabschlüsse müssen gestärkt werden.

o Lerninhalte und Lehrmethoden: Welche Lerninhalte und Kompetenzen müssen an Schulen im 21. Jahrhundert wirklich erworben werden? Und wie werden sie vermittelt?

o Individuellere Förderung und Abitur im eigenen Takt: Ziel sollte auch eine

pädagogische Weiterentwicklung mit Raum für mehr und bessere individuelle Förderung sein und ein Abitur – z.B. im eigenen Takt. Förderung meint nicht nur Förderung von Schwächeren, sondern auch von Begabten (durch alle Schulformen hinweg) und Hochbegabten.

o Unterrichtsversorgung: Weiterhin muss eine entsprechende personelle Unterrichtsversorgung im Land sichergestellt werden und Fehlzeiten an Schulen generell differenziert nach Unterrichts-Fächern erfasst werden!

Es wir von unserer Initiative gesehen, dass der Weg zum Abitur immer offen ist: Wir haben in Baden-Württemberg neben den aktuell rund 378 öffentlichen Gymnasien auch die beruflichen Gymnasien, die nach neun Jahren zum Abitur führen [280 gesamt, Stand 2017). Es gibt Abendschulen, an denen das Abitur nachgeholt werden kann, und wir haben auch in Deutschland die Möglichkeit ohne Abitur zu studieren. Der Ruf zur Rückkehr zu einem G9-Gymnasium in Baden-Württemberg – wie in der Openetition G9-jetzt - dargestellt, offenbart sich darin, dass die Gemeinschaftsschulen und die beruflichen Gymnasien inhaltlich und methodisch anders geartet sind in ihrem Bildungsangebot.

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In den zahlreichen Diskussionen, die auch in anderen Bundesländern zu G8/G9 erfolgt sind, liegt zahlreiche Expertise vor, seitens Pädagogen, Psychologen, Ärzten und Medizinern, auch seitens Unternehmen. Zudem dürfen Elternstimmen nicht unberücksichtigt bleiben. Es reicht u.E. aber nicht aus, wenn sich das Kultusministerium auf eine einzelne Studie bezieht, um G8 zu legitimieren3 und andere Studien unberücksichtigt bleiben, die gewichtige Argumente für ein G94 bieten, die mehr als „Stimmung“ sind.

5. Unser Statement als Initiative

Wir erachten die Rückkehr zu einem hochwertigen, modernen und zeitgemäß reformierten G9 und zu einem G8 für die Schüler/innen, die es leisten möchten und können als soliden Weg in Baden-Württemberg. Es ist der Weg, der zu unserem bildungskulturellen Hintergrund und zur Struktur unserer Hochschulen passt, ebenso auch zu Anforderungen von agilen Unternehmen, die nicht nur auf Noten blicken, sondern eine ganzheitliche Persönlichkeitsreifung wie z.B. Autonomie, Lernfähigkeit, Sozialkompetenz, Medienkompetenz, Resilienzfähigkeit, Teamfähigkeit, Praktikumserfahrung etc. mit einbeziehen. Als Antwort zu G9 in Baden-Württemberg nur 44 Modellschulen im Schulversuch zu liefern, der Gymnasien der ersten Runde nun letztmals zum Schuljahr 2023/24 und Schulen der

3 Konsequenzen der G8-Reform: Eine Studie über Leistungen, Wohlbefinden und Freizeitverhalten von Schülerinnen und Schülern vor und nach der G8-Reform in Baden-Württemberg Zusammenfassung zentraler Befunde des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung und der Exzellenz-Graduiertenschule LEAD an der Universität Tübingen

4 G8 oder G9? Fördert eine längere Beschulung die Intelligenz?, Bergold, S., Wirthwein, L., Rost, D. H. & Steinmayr, R. (2017). What happens if the same curriculum is taught in five instead of six years? A quasi-experimental investigation of the effect of schooling on intelligence. Cognitive Development, 44, 98–109. Abrufbar: dx.doi.org/10.1016/j.cogdev.2017.08.012 https://www.news4teachers.de/2016/07/gastbeitrag-acht-gruende-warum-jungen-das-schwache-geschlecht-in-der-schule-sind-und-was-wir-dagegen-tun-koennen/

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zweiten Runde letztmals zum Schuljahr 2024/25 neue G9-Schülerinnen und Schüler aufnehmen lässt, ist mit Blick auf die anderen Bundesländer, die nun wieder landesweit den G9-Zug etabliert haben oder parallel G8/G9 bieten, zu kurz gegriffen.

Nach Auffassung unserer Initiative ist es vielleicht zu spät oder zu überstürzt, sich von G8 wieder ganz zu verabschieden, in das nun auch Reformengagement investiert wurde, denn es bietet sicher einigen Schülerinnen und Schülern einen soliden Weg zum Abitur. Insofern stehen wir zum G8 als eine Möglichkeit in insgesamt 12 Schuljahren die Hochschulreife zu erreichen. Zu sehen ist auch, dass Schulen sich das G8 nicht ausgedacht haben, sich manche Schulen jedoch zur Aufgabe gemacht haben aufgrund von G8 Schule sowie Unterricht ganz neu zu überdenken und zu verändern.

Inhalte und Didaktik zu überdenken bzw. neu zu denken – und zwar mit Blick auf Qualität – sollte aber nicht bei der Diskussion G8 oder G9 enden, sondern generell ein Thema moderner Bildung sein.

Daneben gibt es auch in Baden-Württemberg ein starkes Votum für G9 , einen zweiten Weg zum Abitur anzubieten und politisch durchzusetzen, der mehr Zeit zum profunden Lernen bietet und einen wichtigen Mehrwert von G9 in der Persönlichkeitsentwicklung, musisch-kulturelle Bildung und im Freiraum für ein verstärktes ehrenamtliches Engagement sieht. Diese Stimmen liefern nicht nur Schüler oder Eltern, sondern dafür sprechen sich auch Lehrer, erfahrene Pädagogen oder Hochschulprofessoren aus (vgl. auch hier Openpetition „G9 jetzt“ und deren Arbeit).

JJeder Schüler und jede Schülerin in Baden-Württemberg sollte daher in Zukunft die flächendeckende Wahl am Gymnasium haben zwischen:

achtjährigem Gymnasialzweig am Gymnasium und einem neunjährigem Gymnasialzweig am Gymnasium

Wir sind daher er Auffassung, dass JEDES Gymnasium sich frei entscheiden sollte, ob es G8 und/oder G9 anbietet. Wir erachten zwei Varianten als lösungsbringend:

Variante 1: G8- und G9-Zweige an einer Schule oder Variante 2: Entscheidung eines Gymnasiums für G8 oder G9

Die zweite Variante bietet sich bei tendenziell kleineren Gymnasien (ggf. unter vier Zügen), die erste Variante bei größeren Gymnasien an.

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6. Zum Gesetzentwurf der Afd: Die Haltung gegenüber der AfD ist unsererseits nicht offen, da sie auf Landes- wie auf Bundesebene mit populistischen Sprüchen wirbt. Das passt nicht zur Geisthaltung unserer Initiative. Wir setzen uns für Menschenwürdigung ein, statt menschenverachtende Parolen, Rassismus oder Antisemitismus, den es in den Reihen der Afd gibt. So bitten wir Sie um Verständnis, dass wir hier auf größtmögliche persönliche Distanz gehen wollen und unter Punkt 1.-5. Hinweise eingebracht haben, ohne dabei auf den Gesetzentwurf der Afd, die Zielsetzung des Entwurfs, die wesentlichen Inhalten und die Begründung eingehen zu wollen. Wir wollen einem Gesetzentwurf der AfD, mit der sich in jüngster Zeit zusätzlich der Verfassungsschutz beschäftigt, keine Bühne bieten, und auch nicht über ein von „rechts-außen“ gereichtes Stöckchen springen. Wir bitten die Landesregierung, das Thema unbedingt differenziert anzugehen und verweisen gerne auf die unter 1.-5. genannten Punkte. Mit freundlichen Grüßen Initiative „Grundschule: für ECHTE Wahlfreiheit und Freiwilligkeit im Ganztag“

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Von: Gesendet: Freitag, 10. Mai 2019 11:04 An: Betreff: AW: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD

vielen Dank für die Zusendung des Gesetzesentwurfs. Von einer Stellungnahme hierzu sehen wir ab, da wir eine erneute Diskussion über G8 bzw. G9 für nicht zielführend halten. Das Handwerk lehnt bekanntermaßen eine Rückkehr zum neun-jährigen Gymnasiums in Baden-Württemberg ab. Nicht zuletzt, da der Weg zum 9-jährigen Abitur entweder über Technische Gymna-sien oder Gemeinschaftsschulen Oberstufen eröffnet ist. Die Beruflichen Gymnasien bieten den Absolventen der Realschulen die Möglichkeit des Erwerbs der allgemeinen Hochschulreife in neun Jahren und damit eine Alternative zu den achtjährigen allgemein bildenden Gymnasien. Mit freundlichen Grüßen

-------------------------------------------------------- Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V. Heilbronner Straße 43 70191 Stuttgart

Der vertrauensvolle Umgang mit Ihren persönlichen Daten ist uns ein wichtiges Anliegen. Informationen zum Umgang und zur Verwendung Ihrer Daten finden Sie hier. Von: Gesendet: Mittwoch, 17. April 2019 16:05 An:

Betreff: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Sehr geehrte Damen und Herren, in der betreffenden Angelegenheit werden Ihnen die anliegenden Dokumente mit der Bitte um Beach-tung übersandt.

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Mit freundlichen Grüßen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT BADEN-WÜRTTEMBERG

Referat Recht und Verwaltung, Grundsatzangelegenheiten allgemein bildender Schulen Thouretstraße 6 70173 Stuttgart

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Von: Gesendet: Freitag, 10. Mai 2019 13:02 An: Kultusministerium (Poststelle) Cc: Betreff: Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Anhörungsverfahren

Gesetzentwurf auf Drucksache 16/5979

sehr geehrte Damen und Herren,

die Forderung der Wiedereinführung des 9-jährligen Gymnasiums (G9) ist berechtigt. Das 8-jährige Gamnasium bringt für die musische Bildung schwerwiegende Nachteile, die hinreichend argumentiert und diskutiert sind. Von der Sache her ist der Gesetzentwurf sinnvoll und berechtigt; leider haben sich weder die Regie-rungsparteien, noch die etablierten Volksparteien mit dem Thema trotz wiederholter Bemühungen der Musikverbände damit beschäftigt und entsprechende Lösungsansätze präsentiert. Der vorliegende Gesetzentwurf jedoch scheint hierzu nicht geeignet. Mit freundlichen Grüßen

im Auftrag des Vorstandsgremiums des Tonkünstlerverbandes Baden-Württemberg

Kernerstr. 2A 70182 Stuttgart Tel. 0711 223 71 26 Fax 0711 223 73 31 E-Mail: [email protected] www.dtkv-bw.de

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-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Gesendet: Montag, 13. Mai 2019 06:32 An: Kultusministerium (Poststelle) Betreff: Aktenzeichen 31-6400.4/272 Sehr geehrte Damen und Herren, in Ihrem Schreiben vom 17.04.2019, Aktenzeichen 31-6400.4/272, haben Sie mich gebeten, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der AfD zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums Stellung zu neh-men. Die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums, zumindest als Wahlmöglichkeit für alle Schüle-rinnen und Schüler (und nicht nur für ein einziges Gymnasium pro Landkreis), wird seit Jahren von wichtigen Musikverbänden wie dem Landesmusikrat Baden Württemberg und dem Tonkünstlerver-band Baden Württemberg gefordert. Die Gründe dafür wurden hinreichend dargelegt und sollen hier nicht wiederholt werden. Petitionen des Philologenverbands und einer Elterninitiative für diese Wahl-möglichkeit zwischen G8 und G9 wurden von der Regierung kategorisch abgelehnt. Es ist sehr zu bedauern, dass die Regierungsparteien bei diesem Thema das Feld einer populisti-schen Partei wie der AfD überlassen! Der Gesetzentwurf der AfD zur Einführung des neunjährigen Gymnasiums ist in der vorliegenden Form meines Erachtens inhaltlich mangelhaft und deshalb abzulehnen. Darüber hinaus befürchte ich, dass dieses Thema durch den Antrag der AfD beschädigt wird. Denn welche Partei wird es in abseh-barer Zeit wagen, für das G9 einzutreten, nachdem ein Antrag der AfD auf Wiedereinführung des G9 abgelehnt wurde?! Mit freundlichen Grüßen,

Initiative zum Erhalt musischer Bildung ———————————————————————————

Am Samuelstein 9 D-72574 Bad Urach Germany

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www.G9-jetzt-BW.de -2-

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G9 jetzt! BW Stellungnahme

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Von: [mailto: ] Gesendet: Montag, 13. Mai 2019 18:45 An: Cc: Betreff: Antwort: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD

in der heutigen Vorstandssitzung der Direktorenvereinigung Nordwürttemberg haben wir abgespro-chen, dass wir keine Stellungnahme zum AFD-Gesetzentwurf abgeben. Dennoch möchten wir das KM auf einige Ungereimtheiten bzw. Fehler in dem Entwurf intern hinwei-sen und für eine mögliche Argumentation Anregungen mitteilen: Die Übersichten zu den Stundentafeln auf S. 9+10 sind inhaltlich falsch im Blick auf den momentanen Stand, einige der Ansätze sind bildungspolitisch deutlich zu kritisieren. Ethik – bisher 7 Stunden –wachsend nach unten auf 11 Stunden bis zum SJ 20/21 aufgrund der er-kannten Notwendigkeit, dass alle SuS im ethischen Bereich, den ja auch der Religionsunterricht ab-deckt, einen deutlichen Bedarf haben. Eine Verringerung dieser Stunden ist eindeutig das falsche Signal und unannehmbar! Allenfalls in Klasse 7 und 8 je eine Stunde (Konfirmanden- / Firmunterricht) vorzusehen, wäre annehmbar – aber sonst sind zwei Stunden nötig. Die zweite Pflichtfremdsprache in Klasse 7 erst beginnen zu lassen wäre kontraproduktiv, weil die Parallelität aller Schularten – in den übrigen Sek I Schulen beginnt sie in Klasse 6 –wie auch die Chance der frühen Mehrsprachigkeit dadurch ganz aus der Hand gegeben wird. Aber die zweite Fremdsprache bräuchte dann auf jeden Fall mehr Stunden. Wir waren mit der Verteilung 20-20 Stun-den für die beiden FS nicht unglücklich – vielleicht sollte man, wenn man in Richtung G) plant, in Richtung 23-20 Std. denken. Mathematik 4 Stunden mehr wäre schön – aber in der Gesamtsumme wären drei Stunden mehr wie in Deutsch akzeptabel. Ob die zwei Stunden mehr in Geschichte (mit Beginn weiter in Klasse 6 statt wie früher in Klasse 7) nötig sind oder ob die Allgemeinbildung nicht durch 2 Stunden mehr Gemeinschaftskundeunterricht (je 2 Stunden in den Klassen 9-11) gestärkt werden sollte, ist die Frage. Bezeichnend ist, dass dieses Fach mit Verfassungsrang im Entwurf der AFD im Gegensatz zu Geo-graphie und Geschichte nicht mehr Stunden bekommen soll als in G8. Die Angaben im Bereich der Naturwissenschaften sind falsch. Biologie hatte früher 4 Stunden in Klasse 5+6, Naturphänomene 2 Std. – jetzt je eine Physik und Chemie. Deshalb sind bei der Biologie nicht nur die 5 Stunden aus den Klassen 7-10, sondern 9 Stunden als momentaner Stand anzusetzen – nach dieser Tabelle hätte die Biologie in Zukunft also eine Stunde weniger! Physik und Chemie schon in den Klassen 5 beginnen zu lassen ist Unsinn. Wenn schon getrennt wird, so muss wieder das Fach Nph eingeführt werden mit 2 Stunden in Klasse 5/6 – und die Physik könnte in Klasse 7 wie auch die Chemie in Klasse 8 mit je einer Stunde beginnen, wenn sie je eine Stunde mehr bekommen sollen. Die Informatik auf Klasse 8 zu verschieben und danach mit je einer Stunde durchlaufen zu lassen ist „ambitioniert“ angesichts unserer derzeitigen Lehrerversorgung. Bezeichnend ist, dass weder Musik noch Kunst noch Sport mehr Stunden bekommen – aber mit die-ser Ausstattung nun ein Jahr mehr „versorgen sollen“.

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Mit freundlichen Grüßen

http://www.esslingen.de

Von: An: -

Datum: 17.04.2019 15:59 Betreff: Anhörungsverfahren; Gesetzentwurf der Fraktion der AfD

Sehr geehrte Damen und Herren, in der betreffenden Angelegenheit werden Ihnen die anliegenden Dokumente mit der Bitte um Beachtung übersandt. Mit freundlichen Grüßen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . MINISTERIUM FÜR KULTUS, JUGEND UND SPORT BA-DEN-WÜRTTEMBERG

Referat Recht und Verwaltung, Grundsatzangelegenheiten allgemein bildender Schulen Thouretstraße 6 70173 Stuttgart

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. . . . . . . . . . . . . . . . . .

[Anhang "Anschreiben Direktorenvereinigungen.pdf" gelöscht von

/Amt40/Esslingen] [Anhang "Gesetzentwurf_Drucksache 16_5979.pdf" gelöscht von /Amt40/Esslingen]

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Landesgeschäftsstelle Alexanderstr. 112 70180 Stuttgart

PhV Landesgeschäftsstelle Alexanderstr. 112 70180 Stuttgart

Datum 02.05.2019

Stellungnahme des Philologenverbandes Baden-Württemberg zum Gesetzentwurf der AfD-Landtagsfraktion zur Einführung des neuen neunjährigen Gymnasiums Baden-Württemberg Sehr geehrte Damen und Herren, der Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) weist darauf hin, dass das Wahlverhalten von Schülern und Eltern in erreichbarer Nähe von G9-Gymnasien sowie alle Umfragen zu G8/G9 zeigen, dass es in Baden-Württemberg einen stabilen und flächendeckenden Wunsch von ca. 80 % der Betroffenen nach G9-Angeboten an all-gemeinbildenden Gymnasien gibt. Deshalb plädiert der PhV BW seit längerem für eine flächendeckende Ausweitung der G9-Züge im Sinne einer G8/G9-Wahlfreiheit nach Bedarf vor Ort: Weitere G9-Stand-orte sollten genehmigt werden, wenn dies von Schule, Schulträger, Schüler- und El-ternschaft gewünscht wird. Darüber hinaus verweisen wir auf die Pressemitteilungen des PhV BW vom 2. Mai 2018 und vom 25. Juni 2018 sowie auf die Online-Petition „Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 in BW zulassen!“, die Sie der Anlage entnehmen können. Mit freundlichen Grüßen Vorsitzender Philologenverband BW

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Philologenverband Baden-Württemberg, Alexanderstraße 112, 70180 Stuttgart

Tel.: 0711 / 2 39 62 - 50, Fax: - 77, E-Mail: [email protected] · Internet: www.phv-bw.de

Pressemitteilung Philologenverband Baden-Württemberg Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien

2. Mai 2018 Az. 1811 / 2018 – 11

Philologenverband Baden-Württemberg (PhV BW) zu Online-Petition „G9 jetzt! BW“:

Gut 20.000 Unterschriften in kurzer Zeit für die Online-Petition "G9 jetzt! BW" einer baden-württembergischen Elterninitiative

PhV BW erneuert seine Forderung nach flächendeckender Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 an allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg

Innerhalb weniger Wochen haben über 20.000 Bürgerinnen und Bürger die Online-

Petition "G9 jetzt! BW" einer baden-württembergischen Elterninitiative unterzeichnet.

In der Online-Petition wird die Rückkehr zu G9 in Baden-Württemberg gefordert. "Das

zeigt den immer dringenderen Bedarf für eine flächendeckende Ausweitung der G9-

Züge im Sinne einer G8/G9-Wahlfreiheit nach Bedarf vor Ort!", so Bernd Saur,

Landesvorsitzender des Gymnasiallehrerverbands PhV BW. G8 ist zwar ein gutes

Angebot für sehr leistungsstarke Schülerinnen und Schüler, aber ein Großteil der

gymnasialen Schülerschaft würde von einem Jahr mehr Zeit enorm profitieren: für

vertieftes schulisches Lernen, für eine fundiertere und nachhaltigere Vorbereitung

aufs Abitur, für ihre Persönlichkeitsentwicklung, für mehr eigene

Gestaltungsmöglichkeiten am Nachmittag und für sportliches, musisches oder

ehrenamtliches Engagement.

An den derzeit 43 genehmigten G9-Standorten gibt es kaum noch G8-Züge. Viele der

G9-Gymnasien haben aufgrund der Nachfrage komplett auf G9 umstellen müssen.

Dieses Wahlverhalten von Schülern und Eltern und die aktuelle Online-Petition

zeigen, dass es in Baden-Württemberg einen großen und flächendeckenden Bedarf

an G9-Angeboten an allgemeinbildenden Gymnasien gibt. Wenn Schulen,

Schulträger, Schüler und Eltern dies vor Ort wünschen, müssen nach Bedarf neue

G9-Züge ermöglicht werden.

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Philologenverband Baden-Württemberg, Alexanderstraße 112, 70180 Stuttgart

Tel.: 0711 / 2 39 62 - 50, Fax: - 77, E-Mail: [email protected] · Internet: www.phv-bw.de

Pressemitteilung Philologenverband Baden-Württemberg Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien

Die Ermöglichung von G9-Bildungsgängen an allgemeinbildenden Gymnasien ist ein

bundesweiter Trend, den Baden-Württemberg nicht verschlafen darf: Bayern,

Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind komplett zu G9 zurückgekehrt und in

Hessen herrscht wieder Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Wer die Einwohnerzahlen

dieser Länder zusammenzählt, erkennt, dass für über die Hälfte der Kinder in

Deutschland neun Jahre zum Abitur gewährt werden. Es verwundert also nicht, dass

die Eltern in Baden-Württemberg zusehends die Gerechtigkeitsfrage stellen.

Längst vergessen ist die von den GRÜNEN ab 2011 für sich reklamierte 'Politik des

Gehörtwerdens‘. Die GRÜNEN sind gegen eine Parallelität von G8 und G9, weil sie

trotz neuester Entwicklungen immer noch die Gemeinschaftsschule („Speerspitze

modernster Pädagogik“) protegieren wollen und die Kultusministerin ist dagegen, weil

sie sich dem Koalitionsvertrag mit den GRÜNEN verpflichtet fühlt. „Den

Unterzeichnern der Petition ist derlei weniger wichtig. Ihnen geht es

verständlicherweise eher um ihre Kinder und deren Zukunft“, so Bernd Saur

abschließend.

Hinweis: Die Online-Petition "G9 jetzt! BW" findet sich hier im Internet:

https://openpetition.de/!g9jetztbw

* * *

An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden über 300.000 Schülerinnen und

Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit rund

9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den 462

öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.

Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim

Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die

Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der rund 27.000 Lehrkräfte an den Gymnasien des

Landes ein.

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Pressemitteilung Philologenverband Baden-Württemberg Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien

25. Juni 2018 Az. 1811 / 2018 – 17

Zumeldung des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW) zur Pressemitteilung Nr. 38/2018 des Kultusministeriums (KM) vom 21.6.2018 über die Petition „G9 jetzt“ als Stimmungsbarometer PhV BW sagt: „Widerspruch Frau Kultusministerin“

In seiner Pressemitteilung (PM) vom 21.6.2018 nimmt das Kultusministerium (KM) Stellung zur aktuellen, von Eltern initiierten Petition „G9 jetzt!“. Kultusministerin Dr. Eisenmann lehnt eine Ausweitung von G9-Zügen am allgemein bildenden Gymnasium bzw. eine Rückkehr zum G9 vehement ab. In der PM des KM heißt es: "Das achtjährige Gymnasium ist und bleibt der klassische und reguläre Weg zum allgemein bildenden Abitur im Land. Darauf haben wir uns in der Landesregierung verständigt“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann. „Auch mit den beiden Regierungsfraktionen gibt es den klaren Konsens, nicht mehr über Schulstrukturen und parallele Angebote zum Abitur zu diskutieren. Diese immer wieder aufgewärmten Debatten erzeugen Unruhe und haben keinen qualitativen Mehrwert“, so die Kultusministerin." Dies ist eine Verkennung von Tatsachen und daher eine unhaltbare Behauptung. Der "klassische" Weg zum allgemein bildenden Abitur war in Baden-Württemberg fast 200 Jahre lang G9 und nicht G8. Dies gilt für ganz Deutschland. G8-Bildungsgänge wurden im sogenannten Dritten Reich eingeführt. Nach dem 2. Weltkrieg sind die westlichen Bundesländer zu G9 zurückgekehrt, die östlichen bei G8 geblieben. Historisch gesehen ist G8 also die Ausnahme, nicht die Regel. Der qualitative Mehrwert von G9 liegt in mehr Zeit und Muße für vertiefte und breitere schulische Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, was unsere jungen Menschen in einer immer komplexer und schwieriger werdenden Welt stärker und selbstbewusster macht. Dies hat man inzwischen in vier bevölkerungsreichen westlichen Bundesländern erkannt (Bayern, NRW, Niedersachen und Hessen), so dass ein bundesweiter Trend zur Rückkehr zu G9 bzw. zu einer Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 beobachtet werden kann. Baden-Württemberg wird dieses Problem nicht auf Dauer aussitzen können. In diesen vier Bundesländern wohnen über 50 Prozent der Kinder in Deutschland. Das heißt, dass über die Hälfte unserer Kinder in Deutschland Zugang zu einem G9-Bildungsgang hat. Wenn Frau Dr. Eisenmann sagt, man habe sich in der Koalition verständigt, nicht über „parallele Angebote zum Abitur zu diskutieren“, so stellt sich die Frage, warum dies bei der völlig unsinnigen Etablierung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen dann anders ist. Diese Logik erschließt sich uns nicht.

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Pressemitteilung Philologenverband Baden-Württemberg Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien

Auch wollen wir die Kultusministerin daran erinnern, dass Punkt 6 des 20-Punkte-Regierungsprogramms des CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf im Landtagswahlkampf mit „Wir werden G8 und G9 nebeneinander ermöglichen“ überschrieben war. Darin hieß es: „……wissen wir, dass sich viele Eltern, Lehrer und Schüler ein neunjähriges Gymnasium wünschen. Dem wollen wir dadurch Rechnung tragen, indem wir die Entscheidung zwischen G8 und G9 in die Hand der Schulen und damit der Eltern, Lehrer und Schüler legen.“ Frau Kultusministerin sollte also bei der Verve ihrer Argumentation auch die Glaubwürdigkeit ihrer Partei zumindest ein Stück weit im Blick behalten. In der PM des KM heißt es des Weiteren: "Berufliche Gymnasien bieten exzellenten Weg zum Abitur in neun Jahren Seit mehr als 50 Jahren gebe es in Baden-Württemberg mit den beruflichen Gymnasien einen Weg zum Abitur in neun Schuljahren, den mehr als 36 Prozent der Abiturientinnen und Abiturienten gehen. Damit gebe es ein flächendeckendes G9-Angebot, das dem Wunsch vieler Eltern nach einer längeren Lernzeit für ihre Kinder umfassend Rechnung trage. „Unsere beruflichen Gymnasien im Land leisten exzellente Arbeit und bereiten mit vielfältigen fachlichen Richtungen in besonderer Weise auf ein Studium und die Arbeitswelt vor. Ich sehe überhaupt keinen Grund, weshalb wir die beruflichen Gymnasien durch eine Rückkehr zu G9 unter Druck bringen sollten“, so Eisenmann." Hier spielt das Kultusministerium in unzulässiger Weise berufliche und allgemein bildende Gymnasien gegeneinander aus, denn das berufliche Gymnasium erfreut sich seit Jahrzehnten wachsender Beliebtheit. Von einer Bedrohung – auch noch zu Zeiten des G9 am allgemein bildenden Gymnasium – konnte nie eine Rede sein. Außerdem: Wenn ein Gymnasium G9 braucht, dann doch wohl das allgemein bildende Gymnasium mit seinem im Vergleich zum beruflichen Gymnasium viel breiteren Bildungsanspruch („allgemein bildend“). Die Bildungsgänge sind außerdem nicht identisch, weshalb es eine Frage der Gerechtigkeit ist, auch den Schülerinnen und Schülern, die aus guten Gründen den Bildungsgang am allgemein bildenden Gymnasium wählen, flächendeckend G9-Züge anzubieten. ´Unter Druck bringen´ derzeit höchstens die beruflichen Gymnasien die allgemein bildenden, denn an vielen Standorten wandern viele Schülerinnen und Schüler des allgemein bildenden an das berufliche Gymnasium ab und zwar u.a. deshalb, weil sie dort ein neuntes Schuljahr geboten bekommen, was ihnen die Kultusministerin am allgemein bildenden Gymnasium versagt. „So herum wird also ein Schuh draus“, kommentiert Bernd Saur, der Vorsitzende des PhV BW und fragt: “Mit welchem Recht wird der Steuerzahler gezwungen, den Abiturienten am beruflichen Gymnasium und an den geplanten Oberstufen an Gemeinschaftsschulen ein neuntes Schuljahr zu finanzieren und dies den

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Abiturienten am allgemein bildenden zu verwehren?“ Das KM schreibt außerdem: "G8 in der Fläche etabliert – 25.000 Unterschriften kein Stimmungsbarometer Das achtjährige Gymnasium G8 wurde vor 14 Jahren eingeführt und ist internationaler Standard. „G8 ist in der Fläche etabliert. Die Mehrheit der Eltern ist damit zufrieden und viele Schülerinnen und Schüler haben G8 seither problemlos bewältigt und gehen souverän ihren Weg“, sagt die Ministerin. Dass die Übergangsquote aufs Gymnasium seit der Einführung des achtjährigen Bildungsgangs kontinuierlich gestiegen ist, sei sicherlich auch ein Indiz für die starke Nachfrage nach G8. „Angesichts der rund 300.000 Gymnasiasten im Land sind knapp 25.000 Unterschriften bei weitem kein Stimmungsbarometer pro G9“, so Eisenmann. Gemessen an der Anzahl der Eltern mit Gymnasialkind sowie der Grundschuleltern, die sich für ein Gymnasium entscheiden, müsste die Petition eigentlich aus dem Stand heraus eine halbe Million Unterstützer finden. Dass dies nicht so sei, zeige, die Mehrheit der Eltern habe sich mit dem G8 nicht nur arrangiert, sondern akzeptiere es als etablierten Weg zum Abitur." Das Kultusministerium vergleicht hier Äpfel mit Birnen. Von einem internationalen G8-Standard beim Gymnasium kann nur vordergründig die Rede sein, weil das, was klassischer Weise gymnasiale Bildung in unserer Oberstufe ausmacht, in anderen Ländern in aller Regel im Grundstudium an den Universitäten vermittelt wird. In Frankreich muss vor Studienbeginn erst einmal ein Einführungskurs, ein sogenannter „cours préparatoire“ belegt werden, um die Studierfähigkeit zu erlangen. Baden-württembergische Abiturienten, die zusammen mit Abiturienten europäischer Nachbarländer an einer internationalen Universität studieren, stellen fest, dass sie besser auf ein Studium vorbereitet sind. Die Frage, was denn ein Abitur qualitativ beinhaltet, wurde schon damals, als Kultusministerin Schavan das G8 verbissen und mit aller Macht durchdrückte, völlig außer Acht gelassen. Frau Schavan hatte sich nur für die Zahl der Schuljahre interessiert. Was das "Stimmungsbarometer" betrifft, so sind 25.000 Stimmen durchaus relevant, denn Online-Petitionen offenbaren naturgemäß nur die Spitze des Eisbergs, da ja nicht alle betroffenen Eltern und Schüler systematisch befragt werden. Wenn dies geschieht, z. B. an den viel zu wenigen Standorten, an denen G8- und G9-Züge an allgemein bildenden Gymnasien angeboten werden, dann entscheiden sich Eltern und Schüler regelmäßig zu 80-90 Prozent für G9. Das dürfte ein eindeutiges Stimmungsbarometer sein! Im Übrigen zeigt der Vergleich zwischen der PhV-Petition von 2016 (14.600 Unterstützer) und der aktuellen Eltern-Petition (über 26.000 Unterstützer) einen klaren Trend, vor dem das KM nicht die Augen verschließen sollte. Außerdem führt das KM die Bildungsforschung an: "Bildungsforschung: Rückkehr zu G9 keine positiven Effekte „Darüber hinaus gibt es keinen Beweis für die These, dass G8 Schülerinnen und Schüler benachteiligt. Im Gegenteil: Die empirische Forschung belegt, dass es so gut wie keine Unterschiede zwischen G8 und G9 gibt“, sagt Kultusministerin Eisenmann. Erst im vergangenen Jahr habe eine

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Untersuchung der Stiftung Mercator einige Mythen im Zusammenhang mit G8 widerlegt. Weder seien die G8-Schüler schlechter auf die Anforderungen eines Studiums vorbereitet, noch ließen sich Unterschiede in ihren fachlichen Leistungen nachweisen. Auch seien sie im Vergleich mit ihren G9-Mitschülern nicht gestresster. Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Universität Tübingen, hat in seiner Studie „Konsequenzen der G8-Reform“ aus dem Jahr 2015 ebenfalls keine Unterschiede in den Leistungen zwischen G8- und G9-Absolventen festgestellt."

Hier wird die Bildungsforschung vom KM in unzulässiger Weise verkürzt dargestellt. Prof. Trautwein kommt keineswegs zu einheitlichen Ergebnissen. Es ist richtig, dass die Studie keine Unterschiede bei den Physikleistungen feststellt. Die Trautwein-Studie zeitigt aber auch folgende Ergebnisse: o G9-Schüler verfügen im Vergleich zu G8-Schülern über eine signifikant bessere

Leseleistung in Englisch o G9-Schüler zeigen bessere Leistungen in Biologie o G8-Schüler führen als Problem durchaus auch weniger Freizeit an o Bei G8-Schülern zeigt sich ein stärkeres schulisches Belastungserleben und ein

geringeres gesundheitliches Wohlbefinden

Außerdem werden neuere Studien unzulässigerweise ignoriert. So kommt die Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim 2018 zu dem Ergebnis, dass G8 die Chancengleichheit verringert. Siehe hierzu: https://www.zew.de/de/presse/pressearchiv/hoehere-lernintensitaet-verringert-chancengerechtigkeit/ Es ist inzwischen völlig offensichtlich, dass ein Zwangs-G8 die Jungs benachteiligt, weil bei ihnen der Faktor Zeit eine größere Rolle spielt als für die Mädchen. So sind ja inzwischen die Jungs unsere Sorgenkinder. Das kann ein Kultusministerium nicht einfach ignorieren.

Schließlich führt das KM das Kostenargument an: "Hohe Qualität der Gymnasien weiter stärken „Eine Rückkehr zu G9 würde den Steuerzahler jährlich knapp 50 Millionen Euro zusätzlich kosten. Für eine Reform, die nichts bringt, ist das ziemlich viel Geld“, so die Ministerin. Sinnvoller sei es, die hohe Qualität der Gymnasien zu sichern und weiter zu stärken, beispielsweise mit Vertiefungsstunden für die Pflichtabiturfächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen oder mit der Weiterentwicklung der gymnasialen Oberstufe. Diese ermögliche den Schülerinnen und Schülern, ab dem Schuljahr 2019/20 neue individuelle Schwerpunkte je nach Begabung und Interessen zu setzen."

Wenn G9 tatsächlich die genannten Mehrkosten verursachen sollte, dann hat sich unser Land diese fast 200 Jahre lang gut leisten können und dann muss dies angesichts des Mehrwerts für Bildung und Persönlichkeitsentwicklung auch weiterhin möglich sein, so wie es für die beruflichen Gymnasien und die geplanten Oberstufen an Gemeinschaftsschulen offensichtlich ganz selbstverständlich möglich ist. Wenn die anzusetzenden Negativfolgen von G8 gegengerechnet würden (Absenkung des Bildungsniveaus, Beeinträchtigung von Persönlichkeitsbildung und musisch-kultureller Bildung, Negativfolgen für das

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ehrenamtliche Engagement in Vereinen, Parteien und Kirchen, gesundheitliche Beeinträchtigungen, Beeinträchtigung der Studierfähigkeit und dadurch potenziell häufigerer Studienabbruch oder Studienfachwechsel usw.), dann würde man sehen, dass sich die Investition in G9 gesamt-volkswirtschaftlich gesehen sehr wohl rechnet.

In der Aktuellen Debatte des Landtags am 6. Juni 2018 wies eine CDU-Abgeordnete (!) auf folgendes hin: „Wir hatten durch die Kombination aus G9, Wehrpflicht und altem Studiensystem die ältesten Schulabgänger und Uniabsolventen der OECD-Staaten. Konfrontiert mit dieser Konkurrenz kam der Ruf nach G8 auch aus der Elternschaft.“ Durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die Umstellung der Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses hat sich diese Situation aber zwischenzeitlich entscheidend geändert. Wir stellen also fest, dass man jetzt zum G9 zurückkehren könnte, und die Studienabgänger wären trotzdem im Regelfall noch wesentlicher jünger als früher. Wir stellen des Weiteren fest, dass man aufgrund des G8 jetzt an den Hochschulen das Problem hat, dass Studienanfänger teilweise noch relativ unreif und oft noch gar nicht volljährig sind (was zum Beispiel dazu führt, dass sie ohne ihre Eltern keine Mietverträge für ihre Studentenwohnung unterschreiben dürfen). Und man kann durchaus die Frage stellen, ob ein zusätzliches Schuljahr nicht - gerade auch im Hinblick auf die Studierfähigkeit - nützlicher wäre als das, was viele Abiturienten derzeit in dem Jahr nach ihrem Abitur machen.

Durch die PM vom 21.6.2018 hat das Kultusministerium ein weiteres Mal bekräftigt, dass man ohne Wenn und Aber am Zwangs-G8 festzuhalten gedenkt. Es bleibt abzuwarten, wie lange man dies angesichts des bundesweiten Trends wird durchhalten können. Die baden-württembergischen Landeskinder werden jedenfalls doppelt benachteiligt: während in manch nördlichem Bundesland die Abiturschnitte und damit die Chancen auf einen begehrten Studienplatz steigen und die Kultusministerkonferenz es seit Jahrzehnten nicht schafft, eine Vergleichbarkeit des Abiturs in Deutschland herzustellen, bekommen die Schülerinnen und Schüler in diesen Bundesländern jetzt auch noch ein Lernjahr mehr zugestanden. Bernd Saur dazu abschließend: “Über den Länderfinanzausgleich finanzieren die baden-württembergischen Eltern und Steuerzahler die Privilegierung der Abiturienten anderer Bundesländer und die Diskriminierung ihrer eigenen Kinder. Und derweil reden unsere verantwortlichen Politiker von Chancengerechtigkeit. Ich bin wirklich gespannt, wie lange sie dies durchhalten werden.“

Philologenverband Baden-Württemberg, Alexanderstraße 112, 70180 Stuttgart Tel.: 0711 / 2 39 62 - 50, Fax: - 77, E-Mail: [email protected] · Internet: www.phv-bw.de

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Anlage

Online-Petition „Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 in BW zulassen!“ In der Stellungnahme des Philologenverbandes Baden-Württemberg wird auf die

Online-Petition hingewiesen, die unter folgendem Link abrufbar ist:

https://www.openpetition.de/petition/online/wahlfreiheit-zwischen-g8-und-g9-in-bw-zulassen