Ein Brite vom Scheitel bis zur Sohle. Nein, wir sprechen nicht von

Agent 007 mit der Lizenz zum Töten, sondern von Agent CM9 S2,

mit der Lizenz zu begeistern. ■ Von Andreas Eichelsdörfer

Geheimagent James Bond ist durch und durch Brite. Ein Gen­tleman mit feinen Manieren, ex­

zellentem Geschmack, großer Ausdauer und enormer Schlagkraft. Und dank Waffenmeister Q hat Bond auch immer ein Ass im Ärmel. Die B&W CM9 S2 bringt ganz ähnliche Eigenschaften mit wie der Topmann des MI6: Sie ist durch und durch Britin, ist elegant und hat fei­ne, musikalische Manieren. Wie es um ihre Ausdauer und Schlagkraft bestellt ist, muss sie in Labor und Hörraum erst unter Beweis stellen. Aber dank der B&W­eigenen Entwicklungs­ und For­schungsabteilung in Südengland, in der wir uns auch Major Boothroyd, Code­name Q, gut vorstellen könnten, hat die CM9 S2 das eine oder andere techni­sche Ass im Ärmel. Mit einer Höhe von knapp einem Meter und einer Tiefe und

Breite von 30 und 20 Zentimetern ist der Standlautsprecher wohl proportioniert. Keine Ausbuchten, keine trapezförmige Grundrisse, keine bauchigen Rundungen oder sonstige Extravaganzen stören die schlichte Eleganz dieses Lautsprechers.

Das schwarze und hochglänzende Fi­nish steht der Box am besten, dicht ge­folgt vom leicht matten Satinwhite. Der rötliche Nussbaum­Look sei der Voll­ständigkeit ebenfalls erwähnt. Keine Schräubchen, keine Halterungen für die Abdeckung unterbrechen die Makel­losigkeit. Die mitgelieferten Abdeckun­gen für die Front, die bei der weißen Va­riante in Grau statt in Schwarz kommt, werden von unsichtbaren Magneten sanft gehalten. Sehr sanft sogar, denn kommt man versehentlich dagegen, ver­lassen die Abdeckungen schnell ihren angestammten Platz. Doch keine Sorge:

Im AuftragIhrer Majestät

Die B&W zeigt einen ausgeglichenen Frequenzgang mit sehr leichter Neigung die unteren Lagen zu betonen, ihre Grenzfrequenz liegt bei tiefen 37 Hz. Der Kennschall­druckpegel liegt mit 85 dB /(2 V/ 1 m) erfreulich hoch. Mit einer Nennimpedanz von 3 Ohm (Minimum 2,6) verlangt die B&W dennoch nach einem potenten Verstärker (AK 63). Ist der vorhanden, sind bis zu 105 dB Maximalschalldruck möglich.

MESSLABOR

Lautsprecher › STANDBOXEN

www.audio.de ›05 /201664

Von lauter Musik lassen sich die Mag­nete nicht beeindrucken und halten die Bespannungen fest.

EINE WASCHECHTE B&WMit Abdeckung ist die CM9 ein klassi­scher Lautsprecher. Nimmt man die Ab­deckung ab, outet sich die CM9 S2 als waschechte B&W. Das liegt vor allem, nein ausschließlich an der gelben Mem­bran des Mitteltöners. Kevlar ist nach wie vor State of the Art bei Bowers & Wilkins. Daran ändert auch das für die neue 800er­Serie verwendete Conti­nuum­Material nichts.

Dank Kevlar werden Schwingungen in­nerhalb der Membran weitestgehend eli­miniert, B&W spricht vom besten Kevlar aller Zeiten. Ob und wann das neue Con­tinuum­Material in die anderen Serien Einzug hält, konnte man uns noch nicht

sagen. Aber es war bei den Engländern schon immer so, dass die teuereren Neuentwicklungen den Spitzenmodellen vorbehalten waren und erst nach und nach Einzug in die unteren Klassen hiel­ten. Irgendwann wird auch bei der CM­Serie Silber das neue Gelb sein. Ob aller­dings die feinen Diamanthochtöner den Weg in die unteren Klassen finden wer­den, steht zu bezweifeln, denn dafür sind sie schlichtweg zu teuer.

Doch zurück zur CM9 S2: Ihr Hoch­töner ist mit einer doppelwandigen Alu­minium­ Kalotte bestückt. Schallwellen, die nach hinten abstrahlen, werden wirk­sam von einem spitz zulaufenden Röhr­chen erstickt, wie wir das von der Luxus­schnecke B&W Nautilus kennen.

In der Mitte der 150 Millimeter mes­senden Kevlarmembran findet sich ein schwarzer Phase­Plug. Die CM1 und die

KEVLAR: Das markante gelbe

Material hat in Form einer schusssiche-

ren Weste schon manchem Agenten

das Leben gerettet. In Lautsprecher-

membranen unter-drückt es Partial-

schwingungen.

Q LÄSST GRÜSSEN: Der Hochtöner mit der doppellagigen Aluminumkalotte zählt zu den Geheimwaffen der CM9 S2. Das Nautilus-Röhrchen sorgt dafür, dass sich die unerwünschte Abstrahlung nach hinten totläuft und so nicht ins Gehäuse gelangt.

Lautsprecher › STANDBOXEN

www.audio.de ›05 /2016 65

CM5 bieten an dieser Stelle nur eine Staubschutzkalotte. Eine Etage tiefer be­finden sich zwei Woofer mit einer Kev­lar­Papier­Membran. Beide haben einen Durchmesser von 165 Millimetern. Auf der Rückseite lauert eine Bassreflexöff­nung, im B&W­Jargon Flowport ge­nannt. Das auffallende Muster im Kunst­stoff erfüllt denselben Zweck wie das auf einem Golfball: Es verschafft der Oberfläche besonders günstige Strö­mungseigenschaften.

VERY BRITISH INDEEDIm Hörraum harmonierte der Lautspre­cher gut mit unserem T+A PA3000HV. Die CM9 S2 spielte etwas langsamer und wirkte insgesamt dunkler abge­stimmt als ihre großen Schwestern der neuen 800er­Serie – very british indeed. Bei der Musik von Massive Attack fiel auf, dass die B&W nicht allzu analytisch arbeitete, was bei dieser Art von Musik von großem Vorteil ist. Beim Titel „Unfi­nished Sympathy“ kam der Bass nicht so recht aus dem Quark, aber insgesamt

lieferte die Box eine in sich stimmige Wiedergabe ab. Wir legten den Sound­track zur Tour­de­France­Doku „Höllen­tour“ ein und sprangen gleich zu Titel 17, „Souffrance Dans La Montagne“. Toll, wie auf einmal Till Brönner mitten im Hörraum zwischen den Lautsprechern stand und sanft seine Trompete bearbei­tete. Die Überraschung kam in der Mitte des Liedes, als Bass, Schlagzeug und E­Gitarre einsetzten und so richtig über­zeugend und mit Druck rüberkamen. Auch wenn hier die Präzision einer 804 D3 fehlte, bei der man fast das Gefühl hat, jedes Spucketröpfchen in Brönners Trompete zu hören, brachte die CM9 S2 hier die beste Performance während un­seres Hörtests.

Aufmerksame Leser werden hier mer­ken, dass wir die CM9 S2 durch fast den­selben Testparcours scheuchten wie die 804 D3. Deshalb durfte jetzt auch Dave Grusin in die Tasten hauen. Nicht ganz so leichthändig gelang sein Spiel, dafür standen seine Kollegen am Bass und Schlagzeug wie selbstverständlich im

DER RICHTIGE DRAHT: Hier braucht Bond keine Drähte durchzuschneiden, um irgendeine Höllenmaschine zu stoppen – die Frequenzweiche der CM9 S2 ist vorbildlich verdrahtet und arbeitet mit Mundorf-Kondensatoren, die für geringste Toleranzen stehen. Die Weiche der der CM9 S1 war noch deutlich einfacher aufgebaut.

RAUM UND AUFSTELLUNG

Wandnah oder frei aufstellen, Brillanz durch Anwinkeln zum Hörer regeln, Akustik neutral,

Hörabstand ab 2 m.

Die Aufschlüsselung der Symbole finden Sie auf Seite 116.

Raumgröße

Akustik

Aufstellung

K M G

T A H

D W F

Die CM9 lässt sich mit einem Center zu einem

vorzüglichen 3.0- Setup kombinieren

Lautsprecher › STANDBOXEN

www.audio.de ›05 /201666

STECKBRIEFBOWERS & WILKINSCM9 S2

Vertrieb Bowers & Wilkins

www. bowers-wilkins.deListenpreis 2700 EuroGarantiezeit 10 Jahre (übertragbar)Maße B x H x T 20 x 99 x 30 cm (ohne Sockel)Gewicht 26,6 kgFurnier/Folie/Lack • / – / •Farben schwarz, weiß, NussbaumArbeitsprinzipien 3-Wege BassreflexRaumanpassung neinBesonderheiten Kevlarmembran

AUDIOGRAMMÅspielfreudiger Laut-sprecher mit sehr guter Ortbarkeit

Í Etwas dunkel abgestimmt

Neutralität (2x) 95Detailtreue (2x) 95Ortbarkeit 100Räumlichkeit 95Feindynamik 90Maximalpegel 90Bassqualität 90Basstiefe 90Verarbeitung sehr gut

KLANGURTEIL 94 PUNKTEPREIS/LEISTUNG ÜBERRAGEND

FAZIT

Für 2700 Euro bekommt man zwar keinen Geheimagenten des MI6, aber einen erwachsenen Laut-sprecher aus England, der mit technischen Finessen und einem klaren, schnörkelosen Design sein Publikum begeistert. Die unkriti-sche Wiedergabe des B&W CM9 S2 macht ihn zu einem so ange-nehmen wie unaufdringlichen Spielpartner. Und wer Geschmack am Kinosound findet, der kann dank des reichhaltigen Sorti-ments an Centern, Subwoofern und Rearspeakern die CM9 S2 von 2.0 über 3.0 bis hin zum 5.1-Sys-tem ausbauen. Und so bekommt James Bond bei seiner nimmer-müden Jagd nach Bösenwichten die richtige Soundkulisse.

Andreas EichelsdörferAUDIO-Chefredakteur

Raum, die Bläser bei „Peter Gunn“ ka­men klar und ohne anzustrengen. Zu gu­ter Letzt wünschten wir uns „Koyaanis­qatsi“ von Philip Glass. Die mystische Stimmung ging hier eher in Richtung Be­klemmung, die Chöre waren nicht so plastisch. Aber das ist tatsächlich Jam­mern auf hohem Niveau, denn insge­samt ist die B&W ein ausgezeichneter Lautsprecher mit beachtenswerter Ver­arbeitung und klassischem Design.

ABSOLUT KINOTAUGLICHDank der unkritischen Wiedergabe kann die CM­Serie nicht nur gut zum Musik­hören jeglichen Genres eingesetzt wer­den, sondern auch zum Filmebeschallen. Der Geheimtipp für beengte Verhältnis­se oder Wohnzimmerästheten, die nicht mehr als zwei Lautsprecher dulden: Die CM9 S2 lässt sich mit dem CM Centre S2 zu einem vorzüglichen 3.0­System kombinieren. Wer noch mehr Kinosound will, kann sich im CM­Sortiment bedie­nen (zwei Center, ein Subwoofer und sechs Lautsprecher in allen Größen).

Lautsprecher › STANDBOXEN

www.audio.de ›05 /2016 67

_0ETYL_Ultrasone_Audio_ad_210x137_ST_March2016.pdf;S: 1;Format:(210.00 x 137.00 mm);21. Mar 2016 10:04:39