le corbusier - unité d'habitation
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Die Unité d’Habitation
Die Unité d’Habitation ist die Zusammenfassung und Verdeutlichung der Theorien
Le Corbusiers über Stä dteplanung und Wohnen. Corbusier fasste darin seine
lebenslange Suche nach der idealen Gemeinschaft zusammen und entwickelte
"Wohnmaschinen" als autarke Wohneinheiten in einem stä dtebaulichen und
gemeinschaftlichen Gesamtkonzept.
Basierend auf einer kritischen Auseinandersetzung mit Tradition und Vorbild
stellte sie dennoch einen radikalen Bruch mit allen vorherigen Wohnmodellen
und urbanen Visionen dar, und prä sentierte eine innovative Lö sung für die
Wohnungsnot und den Wiederaufbau in Folge des II. Weltkriegs. Innovativ waren
sie nicht nur durch ihr stä dtebauliches, rä umliches und funktionelles Konzept,
sondern auch in ihrer konstruktiven Struktur und Materialitä t, der verwendeten
Technologie und dem Versuch industrielle, standardisierte Herstellungs-
methoden zu verwenden. Überdies sind sie eines der wichtigsten soziologischen
und architektonischen Experimente des 20. Jahrhundert.
Doch über die Jahre vergegenstä ndlichen die Gebä ude eine Konfrontation des
einfachen, modernen Innovationsgeistes mit der komplexen, unberechenbaren
Alltagsrealitä t.
und die Gemeinschaft
Eine wesentliche Leitidee der Unité ’s war
Le Corbusier’s Streben, ein betont privates,
familiä res Wohngefühl im Rahmen einer grö ßeren
Gemeinschaft zu erzeugen. Das Zusammenspiel
zwischen dem minimierten Leben der Mö nche in
ihren Zellen, die aber zugleich in ein weitreichen-
des Gemeinschaftsleben eingebunden sind, diente
Corbusier als Modell, ein für ihn elementarer
Dualismus zwischen Individuum und Kollektiv. Die
Unité sollte die Familien zu einer Einheit mit
sozialem Charakter zusammenschließen.
Zum Teil ist dies aus einer Kritik des
Einfamilienhaustyp bzw. der Mietshaus entstan-
den, in dem man zwar einzeln, aber in nä chster
Nä he mit dem Nachbar wohnte, ihn sehen und von
ihn gesehen werden konnte. Statt dessen konzi-
pierte Le Corbusier rö hrenfö rmige Wohnungen,
geschlossen an den Seiten und offen an den
Enden, und somit stapelbar. Die Wohnungen der
Unité d’Habitation sind, obwohl kompakt neben-und übereinanderliegend, gut schallisoliert, und
die Loggien schützen vor seitlichen Einblicken (vgl.
Atelier 5). In der Unité wohnte man nahe beieinan-
der, jedoch ohne Beeinträ chtigung. Man hö rte den
Nachbarn nicht, und die nä chsten Nachbarn in
anderen Hä usern waren 250m bis 300m entfernt.
Gleichzeitig sollte die rä umliche Isolierung der
Wohnungen nicht zu einer sozialen Abgrenzung
führen. Die Familie bleibt geschützt innerhalb der
Wohnung, sobald sie aber aus der Wohnung
heraustreten, tauchen sie in das gesellschaftliche
Leben ein. Die Anzahl der Wohnungen sollte
zwischen 300 und 400 Familien (1000-2000
Personen) betragen, eine gesellschaftliche Gruppe
entsprechend des sozialen Charakters eines
Dorfes oder eines Stadtteils. So wurden eine Reihe
kommunikativer Angebote zur Fö rderung der
natürliche Entwicklung eines Gemeinschafts-
lebens vorgesehen – Lä den, Kioske, Kindergarten,
sportliche Betä tigung, Versammlung und Kultur,
Jugendrä ume ebenso wie Gesundheitliche
Einrichtungen.Die Wohnungsgrö ße sollte das Wachsen bzw.
Schrumpfen einer Familie berücksichtigen. So
wurden verschiedene Variationen des Grundtyps
entwickelt, um unterschiedliche Bedürfnisse abzu-
decken. Bei Verä nderung der Familiengrö ße (wie
Familienzuwachs oder aber Verkleinerung der
Familie durch Wegzug, Tod oder Scheidung)
wechselte man einfach die Wohnung, so Corbusier.
Die Wohnungseinheit selbst sollte auch die
Familieneinheiten stä rken. Le Corbusier
beschrieb in ‚Die Theorie der 7V (Sieben Wege)’
wie die Küche und Essplatz als der hä usliche Herd
fungieren sollten, er nannte es ‚Die Zuflucht der
Familie’. So wurden in den neuen Wohnungen der
vertikalen Stadt traditionelle Elemente der konven-
tionellen Behausung integriert.
Für Le Corbusier waren die Unité s moderne
Wohnhä user ‚die freilich eine Ä nderung der
Mentalitä t der Mieter voraussetzen’. Sie wurden
aber selten von ‚Neuen Menschen’ bewohnt. Sohaben einige Unité s unter einer sich stark verä n-
dernden demographischen Zusammensetzung
gelitten. Die meisten Unité s entsprechen nicht
mehr einer sozialistischen oder philanthropisch-
bedingten Zusammensetzung, sobald diese Stütz-
strukturen nachgelassen haben, litten sie unter
einer starken ‚Verarmung’ der Bewohnerschaft.
In den letzten zehn Jahren haben die Unité ’s
wieder am Popularitä t gewonnen, es ziehen mehr
gut verdienende Freiberufler und Angestellte ein,
die Wohnungen sind heute wieder gefragt. Im
Kontext des heutigen Angebots des Wohnungs-
marktes gelten sie als individualistisch und
unkonventionell. Vielleicht ist die Zeit der ‚Neuen
Menschen’ gekommen, gibt es für geplagte
Grosstadtbewohner eine bessere Lö sung als die,
den Kindergarten, die Joggingstrecke und den
Lebensmittelladen in den Gesamtzusammenhang
des Hauses integriert zu haben?
»Ein Ereignis von umwälzender Bedeutung: Sonne, Raum, Grünflächen.
Wenn man will, dass die Familie in der Intimität der Stille und der Natur
gemäss lebt ..., tut man sich zu 2.000 Personen zusammen, nimmt sich bei
der Hand, geht durch eine einzige Türe zu vier Lifts für je 20 Personen ... Man
wird so Abgeschlossenheit und die unmittelbare Verbindung von aussen und
innen geniessen. Die Häuser werden 50 m hoch sein. Kindern, Jugendlichen
und Erwachsenen steht der Park um das Gebäude herum zur Verfügung. Die
Stadt wird im Grünen liegen und auf dem Dach befinden sich Kinderkrippen.«
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Soziale Zusammensetzung – die Familieneinheit
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Urbanisme – die Wohnung und die städtebauliche
Moderne Die Unité d’Habitation ermö glichte Le Corbusier
die Zusammenfassung und Verdeutlichung lang-
jä hriger Untersuchungen und Überlegungen, zum
einen über Stä dteplanung (La Ville Radieuse, 1935
und die Charta von Athen), zum anderen über das
Wohnen und die Familieneinheit.
Unter dem Begriff ‚Die vertikale Gartenstadt’
experimentierte Corbusier mit einer Synthese aus
Elementen zweier Stadtmodelle: der suburbanen
Gartenstadt, in der die einzelne Wohnung in
direktem Bezug zur Natur stand; und der hoch-
urbanen Stadt ‚la grande Ville’ charakterisiert
durch Komplexitä t und Dichte.
Den Einfamilienhaustyp erkannte Corbusier
zwar als „noch immer der Herzenswunsch der
Massen“ an, unterzog ihn aber einer grundsä tz-
lichen Kritik. Das kleine Hä uschen, so Corbusier
„überlastet die Hausfrau mit übermä ssiger Haus-arbeit und den Staatshaushalt mit übermä ssigen
Unterhaltskosten.“ Die großflä chige Inanspruch-
nahme des Bodens durch die horizontale Garten-
stadt benö tigt ausgedehnte kommunale Versor-
gungseinrichtungen und verursacht zudem
beträ chtliche Verkehrsströ me und großen
Transportaufwand. Als Bewohner wohnte man
einzeln, allerdings in nä chster Nä he mit dem
Nachbarn, konnte ihn also sehen und von ihm
gesehen werden. Die territoriale Abgrenzung
verhindert das Zusammenleben in einer
Gemeinschaft.
Aber immerhin entsprach das kleine
Einfamilienhaus dem an sich wertvollen Gefühl für
die Einheit der Familie und dem Bedürfnis nach
engerem Kontakt mit der Natur.
Corbusier suchte nach Wohnungsformen die
diese Bedürfnisse befriedigen, sich aber in einer
kompakten Formen addieren oder agglomerieren
lassen kö nnten.
Ausgehend von früheren Studien der gestapelten
Villa in Les Immeubles Villas, die Maison Citrohan
B Fruges und Le Pavillon de l’Esprit Nouveau
konzipierte Le Corbusier die Familieneinheit neu:
ein Haus als offenes Rohr mit einer verglasten
Front und geschlossene Seiten; und daher stapel-
bar. Diesem verlieh er einen doppelt hohen
Wohnraum, eine Anleihe aus dem Künstler-Atelier,
und eine Loggia als eigenen Naturraum, eine
perfektionierte Einheit, ein Wohntyp konzipiert für
Neue Menschen mit dem nö tigen ‚savoir habiter’,
ein Gefühl für neues Wohnen.
Die einzelne Wohneinheiten sollten dicht zu
einem zentral versorgten Block zusammenmon-
tiert sein. Der Zusammenschluss der Wohn-
einheiten sollte gegenseitige Hilfe, Sparsamkeit
und Solidaritä t f ö rdern – eine ‚vertikale Gemeinde’
unterstützt durch Gemeinschaftseinrichtungen.Die hohe Verdichtung sollte Platz für die Natur
schaffen, so dass die "wesentlichen Freuden" von
Licht, Raum und Grün allen zugä nglich wä ren. So
waren die Blö cke von der Erdebene auf Stütz-
pfeilern zu erheben, dass die Erde wieder der
Natur zurückgegeben werden kann.
Die weitgehend autarken Blö cke wurden dann
als freistehende Kö rper innerhalb eines groß-
rä umigen Landschaftsraumes angeordnet, ihre
Ausrichtung bestimmten die Elemente Sonne
und Wind.
Diese kompakte Form der ‚vertikalen
Gartenstadt’ bietet Lö sungen gegen die unange-
messene Inanspruchnahme des Bodens, gegen die
übermä ßigen Transportansprüche der ‚horizonta-
len’ Stadt sowie eine Konzentrierung und ange-
messene ö ffentliche Einrichtungen.
Analogie und Metapher
Die Unité d’Habitation wird vielseitig interpretiert,
sowohl seitens der Architekturkritiker wie auch
von Le Corbusier selbst. Insofern kann sie nicht
nur als eine Synthese Le Corbusier’s früherer
Werke und stä dtebaulicher Überlegungen, sondern
auch als Montage von Fragmenten verschiedener
Sinn- und Vorbilder gesehen werden.
Sie ist in ihrer Zusammensetzu ng von Zelle und
Gemeinschaft Elementen von Klö stern, in ihrer
Stellung in der Landschaft und ihrem kraftvollen
Ausdruck der nach außen expressiven Struktur
Elementen mediterraner Tempeln entlehnt. Als
reprä sentatives Gebä ude von monumentale Grö ße
sah Corbusier sie als Palä ste, nicht mehr für die
Herrschenden, sondern als demokratische Palä ste
des Menschen, wiederum entlehnt aus Beispielen
wie dem Palais Royal oder den früh-sowjetischen
sozialen Experimenten.
Vor allem aber diente Corbusier zugleich derOzeandampfer, der Tausende von Passagieren auf
sehr beschrä nktem Raum behaust, ernä hrt und
unterhä lt als inhaltliches Vorbild und Metapher.
Das Kreuzfahrtschiff, Inbegriff des ‚guten Lebens’
unter Licht, Luft mit gesundheitliche Betä tigung.
Einer Zeichnung Cunard’s, der die Gliederung
eines Schiffes abbildete mit Kabinen, ö ffentlichen
Rä umen, Dienstleistungsbereichen sowie
Sonnendecks, betitelt mit ‚Dies ist der Querschnitt
eines Hauses’ (LC „La Ville Radieuse“ - Die
strahlende Stadt; 1935), diente als Inspiration für
die Aufteilung des privaten sowie
gemeinschaftlichen Raumes – die innere Strasse
mit Zugä ngen zu den Wohnungen, die Korridore
der kommerziellen Dienstleistungen (Einkaufen,
Wä sche waschen, Versorgung mit Speisen und
Geträ nken) und das Dach als oberstes ‚Deck’ mit
Sporthalle, 300-Meter Bahn, Freilichtbühne und
Kinderspielplatz.
Abbildungen von Schiffskabinen dienten als
Beispiele einer effizienten Organisation von Raum
und Ausstattung, so Corbusier ‚die Resultate
strengster Ö konomie’. LC übersetzte dies in
ä ußerst kompakte, aber funktionstüchtige Zellen
‚eine menschliche Einheit‚ ...die biologisch in sich
selbst (seinsgemä ß) gut ist.“
Viele funktionale und platzsparende Ansä tze der
Schiffskabine fanden ihre Entsprechungen in den
Wohnungen der Unité s. Allerdings ist die
Verweildauer eines Passagiers auf dem Dampfer
beschrä nkt. Die strenge Ö konomie des Raumes,
die vielen Einbauten bieten für das langfristigen
Leben auf beengtem Raum in den Unité s keine
Mö glichkeit der weiteren persö nlichen
Raumdefinition und verlangen eine gewisses
Gefühl für sparsames Leben ohne viele
Besitztümer.
Auch wenn Le Corbusier’s Werk voll vonhistorischen oder technologischen Vorbildern ist,
so ist seine Haltung demgegenüber doch so
kritisch, dass daraus keine Ansammlung
eklektischer Vorbilder resultiert, sondern ein
neues Objekt mit neuer Bedeutung. Kein anderer
Bau dieser Zeit, vielleicht gar des Jahrhundert,
reprä sentiert so eine deutliche Abkehr von
historischen und stä dtebaulichen Vorbildern.
Dennoch versucht sie an die menschliche
Erinnerung anzuknüpfen.
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Die Wohnungen
In „Die Theorie der 7 V Sieben Wege“
(Stadtplanung (Urbanisme) erlä uterte Le Corbusier
sein Konzept einer Wohnung, welche die Einheit
der Familie umfassen soll. Er beschrieb eine
Zelleneinheit, die gleichermaßen auf ebener Erde
umgeben von Rasen, wie auch viele Dutzend Meter
über dem Erdboden liegen konnte. Kernstückbildet die Küche und die Ess- und Wohnbereiche
wie auch der hä usliche Herd als Mittelpunkt des
Familien-lebens [3]. Wie in der Immeubles Villas
und dem Pavillion d'Esprit Nouveau stellte sich
Corbusier den Aufenthaltsraum als
zweigeschossigen Raum vor. Dieser ö ffnet sich
mittels einer Loggia der Sonne, der Landschaft
und dem Grün der Natur [4]. Die Schlafrä ume
[6,7], Wasch- und Abstell-rä ume [5,8] sind auf
einer eigener Ebene gesammelt.
In der Unité wurden die Wohnungen als
eigenstä ndige, abgeschlossene konstruktive
Einheiten gestaltet, die innerhalb des überge-
ordneten konstruktiven Gefüges eingestellt werden
konnten, analog Flaschen in einem Flaschen-
gestell (siehe Konstruktion). Alle Wohnungen, bis
auf die 1-Zimmer-Appartments, sind Maisonette-
Wohnungen und abwechselnd aufeinander-
gestapelt, Flaschenboden zu Flaschenhals
ausgerichtet, über jeweils drei Geschosse. Sie sinderschlossen durch einen Mittelgang, konzipiert als
‚innere Strasse' in der mittlere Ebene. Von dieser
inneren Strasse gelangt man entweder im Niveau
der Essgalerie ("oberer Typ") oder im Niveau der
Loggia ("unterer Typ") in die Wohnungen. Die nach
Osten und Westen orientierten Wohnungen
verwirklichen das Prinzip des Durchwohnens
sowohl horizontal als auch vertikal. Um die
Wohnungstiefe so gut wie mö glich auszunutzen,
sind die Grundrisse zoniert: der zweigeschossige
Wohnraum orientiert sich zu der durchlaufenden
Loggia, wä hrend Nassrä ume und Küchen zum
dunklen Mittelgang liegen. Die Glaswand zur
Loggia kann gä nzlich weggefaltet werden, so dass
sich der Wohnraum in den Außenraum der Loggia
fortsetzen kann. Die minimierten Schlafbereiche
mit Elternzimmer, 2 Kinderzimmern und Bad
liegen im Ober- bzw. Untergeschoss. Die
Kinderzimmer sind in Paaren organisiert, jedes
breit genug für ein Bett und Gang, sie kö nnen aber
mittels einer Schiebetür auch miteinander
verbunden werden, um im Bereich der Fenster als
ein Raum über die gesamte Wohnungsbreite zu
fungieren. Die Kinderzimmer besitzen ihre eigene
Loggia.
Varianten
In Marseille fügen sich 337 Wohnungen in ein 18-
geschossiges Gerüst für ca. 1600 Bewohner. Es
gibt 23 Varianten eines Grundtyps, der die Spann-
weite vom Single-Haushalte über kinderlose
Paaren bis hin zur Familien mit bis zu 8 Kinder
abdecken, wobei für den 1930er CIAM-Kongress
vorgeschlagene Grundrissstudien 14qm pro
Bewohner als Richtwert zugrunde legten. Durch
die Trennung der Wascheinrichtungen der Eltern-
schlafzimmer und die der Kinderzimmer kö nnen
die Elemente der Wohnung unabhä ngig von
einander addiert und subtrahiert werden, um die
verschiedenen Wohnungsgrö ßen zu realisieren.
Größe und Ausstattung
Mit einer Breite von ca. 3,66m Innenmaß und einer
Hö he von 4,8m sind die Wohnungen ä ußerst
sparsam gestaltet und weitgehend mit Einbau-mö beln ausgestattet. Ein wichtiges Anliegen Le
Corbusiers war es, der Familie der Nachkriegszeit
in ihrer Wohnzelle Zugang zu den neuesten
technischen Errungenschaften zu verschaffen.
Daher sind alle Wohnungen mit warmen und
kaltem Wasser, Heizung, Klimaanlage, WC,
Duschen, Gas, Telefon und Elektrizitä t ausge-
stattet, was für die damaligen Verhä ltnisse in
Frankreich keine Selbstverstä ndlichkeit war.
Insbesondere den Küchen widmete Corbusier in
Zusammenarbeit mit Charlotte Perriand viel
Aufmerksamkeit. Die halbhohen Küchenelemente
vermitteln zwischen Wohnen und Küche und sind
zweiseitig bedienbar, so das jedermann in der
Küche am Familiengeschehen Teil haben kann.
Ausgestattet mit elektrischen Herd, Ventilation,
Müllentsorgung und von außen befüllbarer Eisbox
waren sie „kleine arbeitsparende Labore“
(Wogensky s.52) . Weitere platzsparende
Einbauten befanden sich in den Rä umen, Bä der
und Fluren, z.B. das ausklappbare Bügelbrett im
Flur.
Sich verändernde Bedürfnisse
Die Einteilung der Wohnungen wurde von denBedürfnissen der Bewohner und den von Le
Corbusier definierten "Wohnfunktionen"
abgeleitet; zu dieser Zeit hieß das nicht mehr
Wohnen für das Existenzminimum, praktischer
Komfort sollte der modernen Familie geboten
werden.
Aus heutiger Sicht sind die Wohnungen, als
optimierter Raum, in den nur wenige verä nderbare
Optionen eingebracht wurden (wie der Schiebetür
zwischen den beiden Kinderzimmern) wenig
flexibel und kaum entwicklungsfä hig für
Verä nderungen durch den Benutzer. Die
Raumö konomie schreibt bestimmten Flä chen
bestimme Tä tigkeiten vor, und lä sst den
Bewohnern wenig Spielraum für ihre eigenen
Vorstellungen. Die Grundrissorganisation macht
es den Bewohnern schwer, sich zurückzuziehen.
Bildschirmarbeit, Heimarbeit, Zeitarbeit und das
Ansteigen der Arbeitslosigkeit führen heute zu
neuen Nutzungsansprüchen an die Wohnung. Einoffener Grundriss führt zu Konflikten, wenn in
einem strengen und standardisierten Schema
familiä rer Aktivitä ten und Lebensrhythmen zu viele
Zwangskontakte entstehen, was dann Problemen
bereitet, das tä gliche Aufeinandertreffen
verschiedenster und sich verä ndernder
Lebensformen verträ glich zu gestalten.
Das Bedürfnis der heutigen Generation nach
mehr Platz hat unter anderem dazu geführt, dass
manche Hausbewohner zwei nebeneinander-
liegende Wohneinheiten gekauft und miteinander
verbunden haben.
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Die erweiterte Wohnung Ein wesentlicher Teil des Konzeptes der ‚vertikalen
Gartenstadt' ist auch die Idealvorstellung einer
selbst-stützenden Gemeinschaft .
Le Corbusier's Beschreibung dafür war die
‚logements prolongué s' oder erweiterte Wohnung,
die Wohnung erweitert sich um gemeinschaftliche
Einrichtungen die das tä gliche Leben der Einheit
ergä nzen und Mö glichkeiten der gemeinschaft-
lichen Begegnung fö rdern. Nach Corbusier sind
sie in „gemeinsame Dienstleistungen“, die der
Versorgung mit Nahrungsmitteln dienen z. T. auch
mit Zubringerdienst, und „Verlä ngerung der
Unterkünfte“, die der Erziehung, der Freizeit und
dem Sport dienen, zu unterscheiden.
Kindergarten, Hort, Turnhalle und Lä den, z.T.
auch Hotel, wie auch Krankenzimmer u.a. waren
typischerweise auf drei unterschiedlichen Ebenen
angeordnet, auf der Erde, in der kommerziellen
‚Strasse' auf halber Hö he und auf dem Dach. Jede
besitzt ihre eigene formale Identitä t:
Das Gebä ude ist aufgestä ndert, erhoben über
eine darunter hindurchfließende Erdebene, die
dem Menschen und der Natur zurückgegeben
werden soll, als grüner Park, Spielwiese und
Erholungsraum für alle Altersgruppen.
Die ö ffentliche Strasse im 7. und 8. Geschoss
bot in Marseille Raum für ein 24-Zimmer Hotel
sowie Bar, Lä den und weitere Einrichtungen wie
Waschsalon, Bä cker, Fleischer, Friseur, Sauna und
Büros. Sie sind um eine lange doppelgeschossige
Galerie organisiert, die mittels senkrechter
Verschattungselemente den Blick weit in Richtung
Meer lenkt.
Am Dach wird die Hochseedampfer-Metapher
fortgesetzt: die Brücken-ä hnliche Turnhalle, die
expressiven Schornsteine, der hohe Balkon
erinnert an ein Hochseedampfer Sea-Deck. Eine
hohe umlaufende Brüstung versperrt den Blick auf
die direkte Umgebung, und lenkt den Blick auf den
Horizont sowie den Himmel. Hier sind
Kindergarten, Pool, Turnhalle und eine 300m lange
Laufbahnangeordnet - das gesunde Leben in Licht
und Luft unter einem mediterranem Himmel.
Es ist dieser Aspekt, der in vielen Ausführungen
vernachlä ssigt wurde. In den Unité s in Nantes,
Briey-en-Forê t und Berlin ist keine kommerzielle
Strasse auf halber Hö he vorhanden. In Berlin
wurden sie im geringen Umfang zwischen den
Pilotis im Erdgeschoss untergebracht, hier ist auch
eine stark verkleinerte Dachlandschaft realisiert.
Auch in Marseille wurden nicht alle Vorschlä ge aus
der Planung tatsä chlich realisiert - Museum,
Panoramarestaurant, Gemeinschaftsküche,
medizinisches Zentrum und Krankenzimmer. Die
gemeinschaftlichen Einrichtungen haben an
Bedeutung verloren.
Heute sind viele Versorgungseinrichtungen infolge
der zunehmenden Technisierung der Wohnung
durch Haushaltsgerä te z.T. überflüssig geworden,
die Waschmaschine in der Wohnung macht eine
Gemeinschaftswaschküche überflüssig und der
Kühlschrank reduziert die Notwendigkeit von
tä glich frischen Lebensmitteln.
Wirtschaftsstrukturen und Einkaufsangebot haben
die Art und Weise des Einkaufens geä ndert, in der
Unité ebenso wie im Dorf.
UNITE d’HABITATION – Le Corbusier
Kindergarten
Rampe
Aufzugsturm
Entlüftung
Windschutz (Theater)
Turnhalle
oberes Sonnendeck
Innere Strasse
Gemeinschaftseinrichtungen
Loggia / Brise-Soleil
Fluchttreppen
Technikgeschoss
Pilotis
J Reisenberger - T Riechert
4 Läden9 Studio/
Atelierräume10 Brise-Soleil
1 Fluchttreppe2 Eingangshalle
3 Gemeinschafts- raum4 Läden5 Supermarkt- lager6 Supermarkt7 Waschen
11 Aufzüge12 Luftraum
13 Wäscherei14 Galerie
8 Promenade9 Studio/
Atelierräume10 Brise-Soleil11 Aufzüge
1 Innere Strasse2 Turnhalle3 Sonnendeck4 Cafeteria5 Spielplatz6 Gesundheits- einrichtungen7 Hort8 Kindergarten9 Bar/ Restaurant
10 Jugendzentrum/ Arbeitsräume11 Wäscherei12 Eingang13 Einfahrt14 Wohneinheit
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Konstruktion Flasche und Wein-Regal
Mit der Unité d'Habitation kehrte Corbusier ab von
seinem bisherigen Prinzip des freien Planes und
des strukturellen Rasters, bekannt aus der Maison
Domino und seinen fünf Prinzipien einer neuen
Architektur.
Auf Vorschlag von Jean Prouvé wurde ein
modulares, strukturelles Traggerüst verwendet, in
das weitgehend standardisierte Einheiten
eingefügt sind. Le Corbusier verglich dieses
Prinzip mit Wein-Flaschen in einem
Flaschengestell:
„Ein Flasche kann Champagner, Qualitä tswein
oder einfachen Tafelwein beinhalten, aber die, von
denen wir sprechen, beinhalten eine Familie … sie
muss mit der gleichen Konsequenz gestaltet
werden als ob es eine Maschine, Flugzeug, Auto
oder ein sonstiges Produkt der moderne
Gesellschaft wä re. Und nachdem wir unsere
Flasche, die Wohnung, fertig haben, kö nnen wir es
hinstellen unter ein Apfel-Baum in der Normandie,
unter eine Kiefer in der Jura. Wir kö nnten es aber
auch in ein Fach stecken, das heißt in das fünfte
bzw. siebzehnte Geschoss e iner Tragstruktur.
Einfach gesagt, wir bewahren die Flasche in einem
Flaschengestell auf“
Das abstrakte Konzept der eigenstä ndigen
Flasche im Regal wird durch die gewä hlte
Konstruktion unterstrichen. Jede Wohnung ist
Die Fassade Brise-Soleil
Die Brises-Soleil dienen zugleich als Fassade und
Hülle, als ein formales Element zur Fassaden-
komposition sowie als Vermittler zwischen Innen
und Außen. Ausgebildet als eine großflä chige,
1,70m dicke Schicht wurden sie so vor den
Wohnungen angebracht, dass jede Wohnung einen
geschützten Aufenthaltsraum im Freien erhielt.
Die Loggien selbst wurden als Verschattungs-
elemente gegen die starke mediterrane Sonne
ausgebildet.
Bereits erprobt in verschiedenen vorange-gangenen Gebä uden (z.B. dem Ausbildungs-
ministerium in Rio de Janeiro) stellten sie eine
Abkehr von Le Corbusier's früheren Prinzipien der
langen Fenster oder der transparenten Fassade
dar, hin zu einem, dem Rhythmus des Tag-Nacht-
Jahreszeit modulieren-den Systems des Sonnen-
schutzes. Die Brises-Soleil sollen vermitteln
zwischen den Krä ften der Natur und dem
Nutzungsverhalten der Bewohner, sie regulieren
dabei das Verhä ltnis von Licht und Dunkelheit,
sowie die Temperaturentwicklung. Diese fest-
stehenden Sonnenschutzelemente verhindern
direkten sommerlichen Sonneneinfall, erlauben
aber der niedrig stehenden Sonne, im Winter tief in
die Wohnungen zu gelangen. So sollte zu jeder
Jahreszeit in jeder Wohnung über den Tag immer 2
Stunden Sonneneinfall gewä hrleistet sein.
Viel gelobt als frühzeitiges low-tech System des
passiven Sonnenschutzes, wurde manchmal das
Prinzip über die ortsspezifischen Gegebenheitengestellt. In Marseille wurde die Unité gedreht zum
Boulevard errichtet um sich gegen den Mistral
Wind zu schützen. Dabei sind aber die Brises-
Soleil gleichartig am allen Fassaden - Ost, West
und Süd - angebracht, obwohl der Sonneneinfall
unterschiedlich ist, mit dem Resultat, dass alle
Rä ume nach Osten hin zu dunkel sind, alle zum
Westen zu hell. Die Westfassade bekommt 2
Stunden Sommersonne, aber nur 20 Minuten
Sonne im Winter. Die Südfassade ist dagegen den
ganzen Sommer verschattet, bekommt in Winter
aber bis zu 8 Stunden Sonneneinfall.
Alle Unité 's sind nach diesem Muster ausge-
führt, in Standorten mit weniger intensiven
Sonneneinfall ist die Angemessenheit einer
solchen Fassadenausführung allerdings fraglich.
Materialität Beton Brut
Obwohl ursprünglich als Stahlkonstruktion
gedacht, wurde die Konstruktionsmethode - wegen
Materialmangels in Folge des Krieges - auf Beton
umgestellt. Aus dem gleichen Grunde wurde auf
alle weiteren veredelnden Schritte wie Putzschicht
oder Farbe verzichtet. Le Corbusier gab die
Vorstellung auf, dass Stahlbeton ein Prä zisions-
baustoff sei, und verwandelte seine Ungeschliffen-
heit und die Abbildung der hö lzernen Schalung in
ein architektonisches Ausdrucksmittel. Der
Eindruck der roh-belassen Bretter-Verschalung
auf den Beton, genannt bé ton brut, reagiert starkauf Licht und Schatten und nimmt in Farbe und
Struktur den Hintergrund der felsigen Berge auf.
Formale Komposition
Die Fassade gestaltete Le Corbusier mit Hilfe des
Modulors so, dass die Hierarchie der Ö ffentlichen
und privaten Bereiche abzulesen ist und sich aus
der Nä he und aus der Ferne gesehen zu einem
harmonischen Ganzen zusammenfügt.
Der 1948/1955 herausgegebene Modulor war ein
auf dem Menschen basierendes (anthropomor-
phisches) Maßsystem, das zwischen menschlicher
Grö ße und allen Bezugsystemen, egal wie klein
oder groß, vermitteln sollte, von Türgriff zu Tür,
Wand, Zimmer, Fassade, zu Block bis hin zu den
Blockabstä nden. Le Corbusier entwickelte sie mit
der Absicht, die neue Realitä t der Massen-
herstellung zu humanisieren.
Obwohl die einzelne Wohneinheiten abzulesen
sind, sind alle Elemente menschlichen Maßstabes,wie Türen und Fenster, die normalerweise auf das
Gebä ude als ein Behä lter von Inhalt verweisen,
zurückgestellt. So steht das Gebä ude eher als ein
skulpturales Objekt, ä hnlich einem Tempel mit
umlaufender Kolonnade, von der Erde erhoben und
dem Großraum zugewandt.
In ihrer formalen Komposition kann an den
Fassaden eine zunehmende Verfeinerung
abgelesen werden: die Einteilung der ö ffentlichen
und privaten Bereiche, das Kennzeichnen der
einzelne Einheiten, eine horizontale und vertikale
Rhythmisierung und Gliederung der Fassade durch
die Brüstungen - die zugleich den dahinter-
liegenden ein- oder doppelgeschossigen Raum
abbildet - und schließlich die Glaswand als
Vermittler zwischen Innenraum und Loggia.
einzeln innerhalb des Gerüstes konstruiert und
besitzt eine eigene untergeordnete Stahlrahmen-
Tragstruktur, die auf die Lä ngsseiten der Unité auf
Blei-Auflagen gelegt ist, um Schallübertragung
durch das Traggerüst zu vermeiden. Mit
Mineralwolle gefüllte Holzrahmen bilden die
Wohnungstrennwä nde.
Dieses Konzept wurde aus Kostengründen nicht
für alle Unité 's verwandt und ist in Nantes und
Briey-en-Forê t ersetzt durch ein System
aufeinander- und nebeneinander gelegter
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UNITE d’HABITATION – Le Corbusier
Berlin, 1957 - 1959
Ursprünglich zur Mitarbeit am Wiederaufbau des
Hansaviertels geladen, lehnte es Le Corbusier ab, dort
einen gewö hnlichen Bau zu errichten, er bestand auf
einer Unité d`Habitation , für die aber im Hansaviertel
kein ausreichend großer Baugrund vorhanden war. Statt
dessen wurde das Gebä ude mehr oder weniger isoliert
in dem suburbanen Viertel Charlottenburg, neben dem
Olympiastadion am Stadtrand gebaut.Da das Gebä ude im
Rahmen des sozialen Wohnungsbaus finanziert wurde,
hatte Le Corbusier dessen Belange anerkennen, so
musste die Geschosshö he z.B. 2.50 m anstatt seiner
2.26 m betragen. Wä hrend die Wohnungen der Unité Typ
Berlin als großzügig gelten, ist ansonsten das Konzept
der Unité stark geschwä cht. Wä hrend der Ausführung
erfolgten viele von Le Corbusier nicht abgesegneten
Ä nderungen des Konzeptes, was letztlich dazu führte,
dass Le Corbusier seine Beteiligung zurückzog. Die
stark geschrumpften Gemeinschafts-bereiche auf
halber Hö he wurde als Wohnungen fertiggestellt, die
Dachaufbauten sind beinahe verschwunden und die
Brises-Soleil der Loggien wurden ohne obere
Sonnenbrecher ausgeführt, was vielleicht auf die wenig
sonnenintensiven klimatische Verhä ltnisse
zurückzuführen ist. Die wenigen Gemeinschafts-
einrichtungen, ein Laden und eine Postautomatenstelle,
wurden dann zwischen die Pilotis gestellt und verklä rendaher das Konzept der durchfließenden Erdebene. Der
Bau erweckte reges Interesse, nicht nur wä hrend der
Interbau, kritisiert wurde allerdingsdie Erschließung
mit 60 Wohnungstüren an einem schmalen, 135m langen
Kunstlichtgang.
Nicht desto trotz verkö rpert die Unité einen
revolutionä ren stä dtebauliche Ansatz gegenüber der
Berliner Mietskaserne. Die soziale Bindung an das
Corbusierhaus sollte durch die Aufteilung der ö ffentliche
Mittel in Teilhypotheken lä nger bestehen bleiben. Mitte
der 80er Jahre stark renovierungsbedürftig, konnten
aber die Bewohner die Instandhaltungskosten nicht
decken, und viele leerstehende Wohnungen wurden dann
als Privateigentum vermarktet.
Heute ist das Corbusierhaus noch immer als
Wohngebä ude genutzt.
Standort, Eingang und Durchwegung
Die Unité d’Habitation verstehen sich alsweitgehend autarke Blöcke, angeordnet als
freistehende Körper innerhalb eines großflächigenLandschaftsraumes, ihre Ausrichtung bestimmt
durch die Elemente Sonne und Wind. In Marseillepositioniert sich die Unité im Raum zwischen denBergen und dem Meer und orientiert sich nicht an
dem vorbeiführenden Boulevard. Die Wohnungenschauen wechselweise in Richtung Meer und inRichtung der Berge. Die Unité steht aufrecht, eine
plastische Gestalt auf ‚Beinen’ analog desmediterranen Menschen mit dem Rücken zu denBergen und dem Gesicht zum Meer.
Bei fast allen Unités ist daher das unmittelbareUmfeld gestaltet als unter dem Gebäudehindurchfließender Landschaftsraum . Zugang für
Fahrzeuge und Fußgänger auf dem Geländesindvoneinander getrennt , das Parkieren ist in den
meisten Fällen abseits des Gebäudes angeordnet, wobei es möglich ist, bis an das Gebäude und die
Aufzüge zu fahren, um z.B.auszuladen. Die
horizontale Ebene der Erde wird mit dem Gebäude
nur an den Stellen der vertikalen Gebäude-
erschließung verbunden, welchen zumeist eine
gläserne oder teilverglaste Eingangshalle mit
Vordach vorgeschaltet ist, das zugleich schützt
sowie auch das Eingangssignal setzt.
Der Eingang in das Gebäude erfolgt somit von
unten über die vertikale Erschließung, welche die
öffentlichen Bereiche wie auch die innerenStrassen verbindet. Die Innere Strasse gestaltete
Corbusier nach dem Bild einer mit Wohnhäusern gesäumten Dorfstraße, jeder private
Wohnungseingang weist einen Briefkastenschlitz,
einen großen, vorspringen-den Kasten für
Lieferungen und Zustellungen und eine Leuchte
über der Tür auf. So sollte das Leben in der Unité
dem Dorfalltag gleichen, wo der Briefbote jedenTag die Post bringt, Waren ins Haus geliefertwerden und Licht an jedem Haus den Besucher
begrüßt. Ein Farbschema ermöglicht das
Erkennen der individuellen Wohnungseingänge . Der vorspringende Zustellkasten, als einzig sicht-
bares Farbelement bei einem Blick entlang derStrasse, sind dagegen auf jeweils einer Ebene
identisch gestrichen, wechseln aber ihre Farbe,um die einzelnen Stockwerke optischunterscheidbar zu machen.
Der städtische Raum setzt sich inhaltlich in den
Gemeinschaftsbereichen der kommerzielle
Strasse auf halber Höhe fort, z.T. auch auf der
Dachterrasse. Von hier kann wiederum zurück auf
die Stadt, die Berge und das Meer geblickt werden.
Nantes-Rezé, 1953 - 1955
Die Unité in Nates-Rezé liegt am Rande der Stadt
Nantes an der Atlantikküste Frankreichs, gegenüber der
Mündung der Loire in nahe des Port de Rezé, mit Blick
Richtung Atlantik.
Sie wurde nicht staatlich beauftragt, sondern durch
die künftigen Bewohner, einer Genossenschaft „La
Maison Familiale“, die sich hauptsächlich aus Arbeitern
und Vorarbeitern der Hafenwerkstätten Nantes
zusammensetzte. Mitteln waren daher sehr knapp und
dies führte zu Änderungen im Inhalt sowie in der
Ausführung des Gebäudes. Die Gemeinschafts-
einrichtungen konnten nicht in halber Höhe des
Gebäudes realisiert werden, sie wurden unabhängig am
Fuße des Gebäudes errichtet, gedacht als zukünftiges
Zentrum eines neuen Quartiers. Auf dem D ach befinden
sich noch der Garten, eine Laufbahn, ein Theater im
Freien sowie Gemeinschaftsräume und Verwaltung.
Die schweren plastische Pilotis (Stutzpfeiler) sind in
Nantes durch Reihen von vier Scheiben-ähnlicher
Pfeilern ersetzt. Das Konstruktionssystem Flasche-
Flaschengestell, das in Marseille verwendet wurde, ist in
Nantes ersetzt durch ein System aufeinander- und
nebeneinander gestapelter, vorfabrizierter Beton-
schachteln. Jede Schachtel ist wegen des
Schallschutzes durch Bleibänder von der nächsten
isoliert. Der doppelt hohe Wohnraumder Wohnungen ist stark verkleinert
und zur Hälfte überbaut, um mehr
Fläche zu gewinnen. Die Loggias
entsprechen in Form und Größe
denen in Marseille, die dahinter
gelegende Glaswand erfuhr aber eine
größere Differenzierung von
geschlossener und verglaster Fläche,
proportioniert nach dem Modulor, so
dass diese z.T. zur vierten Wand des
dahinterliegenden Raumes wird.
Deren Unterteilung entspricht den
dahinterliegenden Nutzungen so
bspw. dem doppelt hohen Raum wie
auch der Einteilung der
ineinandergefügten Wohnungspaare.
1996 renoviert wird die Unité noch
als Wohngebäude genutzt.
Briey-en-Forêt, 1955-1957
In Briey-en-Forêt wurde nach Marseille und Nantes-Rezé die dritte Unité d'Habitation erbaut. In derAusführung und ihrem Inhalt entspricht sie der Unitévon Nantes, das Konstruktionssystem basiert aufvorfabrizierten gestapelten Stahlbeton-‚Schachteln',
und auch hier wurde keine kommerzielle Strasse aufhalber Hohe realisiert. Obwohl als Teil eines
größeren Architekturkonzeptes geplant, liegt dasGebäude relativ abgelegen am Waldrand.
Ursprünglich für die Behausung derMinenarbeiter im Lothringer Land gebaut
und zur Eröffnung als „ein Paradies derMillionäre für die Lohnarbeiter von
Briey“ gefeiert, litt die Briey-Unitéschon wenige Jahre später an
ersten Mangelerschein-
ungen. Schon zu dieser Zeit zu 25%von Arbeitsimmigranten bewohnt, stiegdieser Verhältnis mit der Zeit stark an. Mitdem Wegfall der Schwer-industrie verlor dieUnité ihre Daseins-berechtigung und innerhalbvon fünf Jahren gab es einen Leerstand von über 200
Wohnungen. 1984, in stark lädiertem Zustand, wohntennur noch wenige Familien in der Unité und sie solltenach dem vollständigen Leerzug einfach geschlossenwerden, da die Abrisskosten zu hoch gewesen wären.
Ohne das Vorhandensein von gemeinschafts-fördernden Strukturen lässt sich nicht
mit der Mischung von Isolationund Zwangsvereinheitlichungauf Dauer leben.Verschiedenste Nutzungenwurde überdacht Altenheim,Hotel, Schule, bevor die Unitévon der benachbarteSchwesternschule gekauftwurde und umgerüstet werdensollte.Sie hat sich ihre vorüber-gehende Rettung schließlichdurch Fachinteresse gesichert,durch eine Teilnutzung derArchitekturschule Nancy.
F u ßg ä nge r
F u ß g ä n g e
r
Fußgänger
A u t o
s
A u t o
s
Autos
J Reisenberger - T Riechert