Leben am Abgrund Gesundheitsgefahr Tagebau - bund-nrw.de · (Tag-Nacht-Zyklus) nachgewiesen werden....

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Friends of the Earth Germany © Dirk Jansen 2012 [1] Leben am Abgrund Gesundheitsgefahr Tagebau Erkelenz-Keyenberg, 28.08.2012 Dirk Jansen, Geschäftsleiter BUND NRW e.V. Mehr Infos: www.bund-nrw.de/braunkohle Foto: D. Jansen/BUND

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© Dirk Jansen 2012[1]

Leben am Abgrund

GesundheitsgefahrTagebauErkelenz-Keyenberg, 28.08.2012

Dirk Jansen, Geschäftsleiter BUND NRW e.V.

Mehr Infos:www.bund-nrw.de/braunkohle

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FEINSTAUB

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TagebauGARZWEILER

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1.Feinstaub ist eine tödliche Gefahr.

Braunkohlentagebaue und -kraftwerke sind die dominierende lokale Quelle

für den Austrag der gesundheitsschädlichen Feinstäube.

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Feinstaub – die unsichtbare Gefahr

1 Mikrometer = 1 tausendstel Millimeter = 1 millionstel Meter... Einheitenzeichen: μm

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Gesundheitsgefahren durch FeinstaubKurzfristige Wirkungen Erhöhung der Sterblichkeit Verschlechterung von Atemwegserkrankungen

(Infektionen der Atemwege, Zunahme von Allergien, Asthma, chronischer Bronchitis

Akute Herz-Kreislauf Erkrankungen (Herzinfarkt, plötzlicher Herztod)

Langfristige Wirkungen Erhöhung der Sterblichkeit Vermehrtes Auftreten von kardiopulmonalen Erkrankungen/Ereignissen

Weitere Krankheiten? Arteriosklerose, Diabetes mellitus, Morbus Alzheimer, Lungenkrebs?

… und: Es gibt keine Schwellenwert für die Gefährlichkeit von Feinstaub.

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2.5 Millionen Lebensjahreoder 272.000 vorzeitigeTodesfälle bis 2020, wennnichts getan wird.

Durchschnittl. Verlust an Lebenserwartung aufgrundvon Exposition durch PM2,5 (in Monaten).

Quelle: EU-Kommission 2006

ca. 300.000Todesfälle in

der EU

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Aktuelle Studien belegen:

Je näher der Wohnort zu einer Feinstaub-Quelle liegt, umso häufiger treten Allergien und Atemwegserkrankungen auf.

Eine erhöhte Exposition gegenüber PM geht miteinem signifikant höherem Mortalitätsrisiko einher. Lt. HOFFMANN [2010] insges. ca. 0,4 – 1 % Anstieg der täglichen Mortalität pro 10 μg/m3 PM10.

Selbst eine kurzzeitige PM-Exposition hat negative Aus-wirkungen auf die Mortalität und Morbidität.

Die Langzeit-Exposition gegenüber Feinstaub ist mit ernsten gesundheitlichen Auswirkungen verbunden.

Wegen der hohen Feinstaub-Belastung sterben in NRWjährlich etwa 12.600 Menschen vorzeitig. Rechnerisch ist dies mit einem Verlust an Lebenserwartung in Höhe von 166 Tagen verbunden.

Jede Verringerung der Belastung führt eindeutig zu einem Gesundheitsgewinn.

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11. Juni 2008 Inkrafttreten der

Richtlinie 2008/50/EG des EuropäischenParlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über

Luftqualität und saubere Luft für Europa

umzusetzen in deutsches Recht bis 11. Juni 2010

Die bisherigen PM10-Werte aus der Richtlinie 1999/30/EG aus dem Jahre 1999 bleiben unverändert.

Die PM10-Grenzwerte müssen unter bestimmten Voraussetzungen erst im Juni 2011 eingehalten werden.

Für PM2,5 werden erstmalig Begrenzungen eingeführt: Ein Jahreszielwert von 25μg/m3 soll, wenn möglich, 2010 eingehalten werden. Verbindlich wird dieser Wert als Grenzwert ab 2015.

Der Gesetzgeber hat gehandelt

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Wo wird gemessen?Q

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Die Feinstaub-Immissionen am Tagebau Hambach werden seit Oktober 2003 kontinuierlich gemessen. Grevenbroich-Gustorf bekam Ende 2005 seine feste Messstation.Dazu finden temporäre Messungen mit mobilen Messcontainern statt.

Messstationen an Tagebauen

Die Grobstaub-Emissionen versucht RWE Power mit untauglichen Methoden zu verringern.

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Aktuelle PM10-Messwerte unter: http://www.lanuv.nrw.de/luft/immissionen/aktluftqual/eu_luft_akt.htm

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Tagebau Garzweiler ist „dominierende Quelle“

*

Max. zulässig sind 35 Überschreitungs-tage pro Kalenderjahr.

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Kohlekraftwerke sind Feinstaubschleudern

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Feinstaub-Quellen im Tagebau

Hauptquellen lt. RWE Power AG• Bandsammelpunkt• Kohlebunker• Kohleförderwege• Verkehr im Tagebau

Weitere Quellen:• Bagger und Absetzer• Tagebau selbst• Kohlebahn

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Gegenmaßnahmen lt. Minderungsplänen

Feinstnebelkanonen im Bereich des Kohlenbunkers, mobile Staubbinde-maschine

Beregnerdüsen im Bereich der Kohleförderwege, Regneranlage am BSP, Regnergalerie am Kohlebunker

Intensivbandreinigungsanlagen im Bandsammelpunkt (BSP)

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Abdeckungen der Kohleförderwege (nur Garzweiler)

Lkw-Reifenwaschanlagen

Fahrzeugreinigung im Bereich des

Bandsammelpunktes

Reinigung der befestigten Flächen

Benetzung der unbefestigten Wege

Organisatorische Maßnahmen

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Staubniederschlag und seine Inhaltsstoffe gefährden indirekt die Gesundheit, wenn beaufschlagte Gemüse, Früchte oder Futter-mittel verzehrt werden oder wenn Kinder verunreinigte Erde in den Mund nehmen.

In der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) sind deshalb in Ziffer 4.5.1Immissionswerte für Staubniederschlag (Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen) und für die Inhalts-stoffe des Staubniederschlags (Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch die Deposition) festgelegt (siehe Tabelle).

Die Grenzwerte der TA Luft für Grobstaub werden in den RWE-Tagebauen eingehalten.

Wie gefährlich ist Grobstaub?

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2.Braunkohle und Abraum enthalten erhebliche

Konzentrationen an den radioaktiven Elementen Thorium, Uran und Kalium-40. Jede Tonne Abraum enthält

im Mittel 0,8 g Uran, die Kohle 0,2 g. Insgesamt werden im Rheinland pro Jahr 460 Mio. t Abraum und ca. 100 Mio. t Braunkohle gefördert

– und damit auch 388 t Uran.

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Über die unsichtbaren, krebserregenden Feinstäube können radioaktive Zerfallsprodukte in den menschlichen Organismus gelangen – mit unkalku-lierbaren Folgen für die Gesundheit.

Dazu emittieren Braunkohlenkraftwerke erhebliche Mengen an Radionukliden.[vgl. auch: D. Jansen (2008): Radioaktivität aus Kohlekraftwerken. BUNDhintergrund. Düsseldorf. http://www.bund-nrw.de/fileadmin/bundgruppen/bcmslvnrw/PDF_Dateien/Themen_und_Projekte/Energie_und_Klima/Kohlekraftwerke/BUNDhintergrund_Radioaktivitaet_aus_Kohlekraftwerken_11_2008.pdf]

Braunkohle und Radioaktivität

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Das natürlich vorkommende Uran-238 zerfällt ehe es sein Gleichgewicht erreicht in zahlreiche Radionuklide.

Radium-226, Radon-222 und Polonium-210 sind dabei hoch radioaktive Alphastrahler, die sich im Tagebau anreichern und in die Biosphäre gelangen können.

Braunkohle und Radioaktivität

Radon wird an Kohlestaub adsorbiert. Durch die Konvektion im Tagebau gelangen die Partikel in die Umwelt. Werden sie vom Menschen eingeatmet, können sie Krebs auslösen.

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Strahlender Tagebau

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3.Lärm macht krank.

Durch die Fortführung des Tagebaus Garzweilerwird es in bestimmten Ortslagen zu zusätzlichen

Lärmimmissionen kommen.

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Gesundheitsrisiko Lärm

Aber: Nach §4 Bundes-Immissionsschutz-Gesetz zählen Tagebaue zu den nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen. Grenzwerte existieren nicht.Nach §22 BImSchG sind sie lediglich so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem

Stand der Technik vermeidbar sind, nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche

Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO ermittelt in einer im Frühjahr 2011 veröffentlichten Studie Lärm als zweitgrößtes Gesundheitsrisiko. Lärmbelastung im Schlaf gilt dabei als besonderskritisch. So führt nächtlicher Lärm bereits bei Einzelpegeln von unter 45 dB(A) zu Gesundheits-gefährdungen. [WORLD HEALTH ORGANISATION: Burden of desease from environmental noise. Quanitfication of healthy life years lost in Europe.2011; http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0008/136466/e94888.pdf]

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Lärmquelle Tagebau

Im Braunkohlenplan Garzweiler II wird von Schallpegeln bis zu 50 db(A) ausgegangen.

Verschiedene technische Maßnahmen (Geräuschminderung an der Schallquelle durch konstruktionsakustische Maßnahmen, Reduzierung der Schallabstrahlung durch Schalldämpfer, Schallschutzhauben oder Schallschutzkapseln, bauliche Schutzmaß-nahmen wie Schutzdämme und Schutzwände)sind ebenso vorgesehen, wie planerische Maßnahmen.

Explizit werden auch Betriebsbeschränkungen im Fall kritischer Lärmbelastungen zu Nachtzeit als Immissionsschutzmaßnahme erwähnt (Braunkohlenplan Garzweiler II, S. 165)

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4.Auch Lichtimmissionen können eine

Belästigung darstellen. Laut RWE führtdie Beleuchtung der Arbeitsbereiche

im Tagebau zu „unwesentlichen,nicht belästigenden Lichtimmissionen

in den Ortslagen“.

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Lichtimmissionen beeinträchtigen WohlbefindenDas Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen werden durch Dauerbeleuchtung massiv beeinflusst. Um unsere innere Uhr mit dem äußeren Tag-Nacht-Rhythmus gleichauf zu halten, brauchen wir bestimmte Mengen an Licht zu bestimmten Tageszeiten. Zwar sind die Auswirkungen auf die Chronobiologie des menschlichen Organismus noch nicht abschließend erforscht, doch konnten Störungen im Hormonhaushalt des Menschen (Tag-Nacht-Zyklus) nachgewiesen werden.

Gehen von einer nicht genehmigungsbedürftigen Anlage schädliche Umweltauswirkungen aus, kann die für den Immissionsschutz zuständige Behörde gemäß §24 BImSchG nachträgliche Anordnungen etwa zur Lampen- und Leuchtenwahl oder zu den Betriebszeiten erlassen.

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/ pixelio.de

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Fazit/Schlussfolgerungen: Der Tagebau macht krank!

Feinstaub:

Trotz Umsetzung der über berg-rechtliche Sonderbetriebspläne festgelegten Maßnahmen der Luftreinhaltepläne reicht der Minderungseffekt nicht aus.

Alle Maßnahmen müssen in allen Tagebauen umgesetzt werden.

Weitergehende Maßnahmen sind erforderlich, auch zur Reduktion der Kraftwerksimmissionen sind notwendig.

Ein revierweiter Luftreinhalteplan ist Pflicht.

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Temporäre Betriebsbeschränkungen gem. § 11 Abs. 4 der 22. BImSchV„Aktionspläne ... können je nach Fall Maßnahmen zur Beschränkung und soweit erforderlich zur Aussetzung von Tätigkeiten ... vorsehen, die zu der Gefahr einer Überschreitung der Immissions-grenzwerte ... beitragen.“

Weitere technische Maßnahmen: Einhausen des Kohlebunkers, des Kohle-

brechers und der Bandanlagen; Emissionsminderung am Absetzer/Bagger; Abplanung des Ablieferverkehrs; Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 km.

BUND-Vorschläge zur Ergänzung der Minderungspläne

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Lärm/Licht:

Die gesetzlichen Anforderungen zum Immissionsschutz müssen auch auf Tagebaubetriebe angewandt werden.

Alle Maßnahmen nach dem Stand der Technik sind umzusetzen.

Wenn notwendig, müssen gem. Braunkohlenplan auch Betriebsbeschränkungen verfügt werden.

Generell:

1. Kurzfristig: Erweiterung der Sicherheitszone um störende Beeinträchtigungen zu minimieren.

2. Änderung der Braunkohlenpläne mit Rücknahme der Abbaugrenzen und Anpassung an die Klimaschutzziele.

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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

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Mehr Infos:www.bund-nrw.de

Kontakt:

Dirk Jansen, GeschäftsleiterBund für Umwelt und Naturschutz DeutschlandLandesverband Nordrhein-Westfalen e.V.Merowingerstr. 88, 40225 DüsseldorfT. 0211 / 30 200 5-22, [email protected]