Lebenslanges Lernen - und die Qualität? (by Ulf-Daniel Ehlers)
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Transcript of Lebenslanges Lernen - und die Qualität? (by Ulf-Daniel Ehlers)
© 2000, L3: Lebenslanges Lernen - Weiterbildung als Grundbedürfnis
Gut lernen für die Zukunft? Lernen
für eine gute Zukunft? Qualität im lebenslangen Lernen
Prof. Dr. Ulf-Daniel Ehlers
Duale Hochschule Baden-Württemberg
5. Juli 2011
Lebenslanges Lernen
Genießen Sie es?
oder
fühlen Sie sich gezwungen?
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Am Anfang stehen Fragen…
Müssen wir jeder und jede für sich selbst in Zukunft die Qualität sichern – da lebenslanges Lernen ja wirklich viel zu vielfältig und verschieden sein kann, um einen allgemeinen Ansatz dazu zu machen?
Oder müssen Bildungsangebote und -anbieter dafür sorgen, dass lebenslanges Lernen dazu passt, was wir brauchen und sich dabei um eine gute Qualität kümmern?
Kann man im Zuge von lebenslangem Lernen noch von einer “objektiven” Bildungsqualität sprechen?
Oftmals thematisiert im Kontext von
Patchwork-Arbeitsbiographie
Sennett, 1998
„Während 1974 noch über 80% aller Arbeitsverhältnisse als normal (vollzeit, unbefristet) eingestuft werden konnten, waren es 2004 weniger als 60%“ (IWGaktuell, Nr. 3/2006).
„Lernen auf Vorrat“ - lebensbegleitendes Lernen
Worum geht es eigentlich wirklich?
Lifelong Learning = permanent BETA?!
Vorbereitung für das Leben?
„Competences are […] in principle the dispositional skills to act self- organised in an open, complex and uncertain future.“
„Competences are […] in principle the dispositional skills to act self- organised in an open, complex and uncertain future.“
Knowing-in-Action
Reflection-in-Action
Reflection on Reflection-in-Action
Learning Environments as Laboratories of Reflection
(Schön 1983, 1986)
Implicit Knowlegde
Ad-Hoc Strategies
Own Theories of Action
Professionalism
Competence Responsibility
Actions Adequate
Skills Motivation
Knowledge Applied
Information Networked (Wildt 2006)
(translated from Erpenbeck 2005)
Motivationslage für lebenslanges Lernen (1/2)
Öffentlicher Diskurs
Frontlastigkeit des Bildungssystems
Halbwertszeit von Bildung nimmt ab
Mehrfacher Berufswechsel ist notwendig
Der Anteil der Älteren, über 50-Jährigen am Erwerbspersonenpotenzial wird im Jahr 2020 einen Zuwachs von über 50% erfahren. Die unterdurchschnittliche Partizipation Älterer an Weiterbildungsmaßnahmen steht ihrer Beschäftigungsfähigkeit im Wege.
Expertenkommission des Bundestages (2004)
Wachstumsförderung
Erhöhung der individuellen Beschäftigungsfähigkeit
Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten
(Expertenkommission des Bundestages (2004): Finanzierung lebenslangen Lernens)
Motivationslage für lebenslanges Lernen
Gesellschaftliche Modernisierungsprozesse Auflösung starrer Berufssysteme, Abschied vom “Berufe-
Konstrukt” als qualifikatorischer Fundirung (Lisop 1997) Vom lifetime employment zur lifetime employability
(Beck, Giddens, Lash 1996) Vom verberuflichten Arbeitnehmer/in zum
verbetrieblichten Arbeitskraftunternehmer/in (Voß, Pongratz 1998)
Weitere Tendenzen (bspw. Alheit Dausien 2002)
Definitionen für LLL
„... alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive erfolgt.“ (Memorandum Europäische Kommission 2001)
“Lifelong learning. The concept of learning as a process that continues throughout life to address an individual’s learning needs. The term is used widely in adult education to refer to learning processes in many forms and at many levels. […].” (UNESCO 2006)
“A comprehensive term referring to all forms and types of education pursued by those who have left formal education at any point and who have entered employment and/or assumed adult responsibilities.” (ILO 2006)
Formales lernen – Non-formales lernen – Informelles lernen
Bildungswissenschaftliche Fundierung
Lernen, um Grenzen, Handlungsbarrieren zu überwinden (Handlungsproblematik), Lernen in Abgrenzung zu Erfahrung (Mit-Lernen)
Lebenslanges Lernen: Lernen, um mehr Weltverfügung zu gewinnen und mehr gestalten zu können (Holzkamp 1993)
„Lebenslanges“ , „lebensumspannendes“ oder „lebensbegleitendes“ Lernen für mehr Teilhabe an Wissensgesellschaft – Wissensökonomie (Dohmen 1996, Kade/Seitter 1998, Brödel 1998)
Bildung Partizipation
Gegenstand
Selbst
Gesellschaft/ Umwelt
Ermöglichung
Erhaltung
Wiederherstellung
(Meder 2001, Ehlers 2008)
Eigenschaften lebenslangen Lernens
Lerngemeinschaften
Lernen findet in Lerngemeinschaften statt (auch: CoP): Lernende treten
Lerngemeinschaften bei.
http://galerie.designnation.de/bild/52405
Überall
Lernen findet überall statt und in unterschiedlichen Kontexten, nicht
nur in Klassenzimmern und Seminarräumen.
http://farm1.static.flickr.com/107/298178781_7df6d9179f.jpg
Von Lernenden für Lernende
Lernende organisieren Materialien, Partizipation vs. Aneignung.
http://www.hermanmiller.com/MarketFacingTech/hmc/applications/Informal_Learning/hero_1200_informal_learning_1.jpg
Informell & Nicht-formal
Lernen findet (auch) informell statt, nicht-formal, zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, nicht lehrenden- und institutionen- orientiert.
Lernen findet lebenslang statt, ist multiepisodisch und nicht nur an Bildungsinstitutionen gebunden.
Perspektiven auf Lebenslanges Lernen
3 Perspektiven auf lebenslanges Lernen (Kade/ Seitter 1998) Zwischen Emanzipation und Obligation: Von
einer Option zum Zwang Zwischen Risikovermeidung und
Risikoerzeugung Medium genußfähigen Gegenwartsbezugs
(Kade/Lüders/Hornstein 1993, 1995)
Qualität im lebenslangen Lernen
Passung von offenen Lernformen und geschlossenen Institutionen?
Qualitätsentwicklung: Evaluation, Zertifizierung von Inhalten, Programmen, Institutionen
Qualitätsmanagement: Organisationsprozesse und Indikatoren für Qualität
Qualitätssicherung: Analyse auf einem bestimmten Qualitätsniveau
Qualitätskontrolle: Fehler finden
Lernen findet viel außerhalb von Institutionen statt, informell, non-formal
Wer bestimmt die Qualität?
Wenig vorab definierten Inhalte
Lernprozesse sehr heterogen
Was kann evaluiert werden?
…mit welchen Methoden?
Qualität 1.0?
Learning 2.0
Woran kann Qualität bestimmt werden?
Formell Informell
Beurteilung durch Lehrende Bewertung durch Peers
(institutionelle) Lernplattform Personal Learning Environment
(vorgegebene) Inhalte durch Lerner entwickelte Inhalte
(festgelegter) Curricula e-portfolios, Lerntagbeücher
Kursstrukturen Kommunikation
eTutor Verfügbarkeit Interaktion
Multimedia (Interaktivität) Netzwerke / Lerngemeinschaften
Aneignungsprozesse Partizipationsprozesse
Qualitätsbestimmung im LLL mehr entwicklungsorientiert von „Bewertung des Lernprozesses“ zu „Bewertung
als Lernprozess“ basiert auf Fähigkeit zu Selbstreflektion,
Selbstbewertung, Peer-Evaluation
Qualitätsbestimmung im LLL mehr entwicklungsorientiert von „Bewertung des Lernprozesses“ zu „Bewertung
als Lernprozess“ basiert auf Fähigkeit zu Selbstreflektion,
Selbstbewertung, Peer-Evaluation
Zielgruppenbezogene Evaluation
SelbstevaluationSelbstbewertung“Social recommendation” &
Lerngemeinschaften
E-Portfolio Evaluation
Peer Bewertungsverfahren, Lerngruppen, Netzwerke, “social recommendation“,Peer-review, Peer-Reflection, Soziale Validierungskonzepte
responsive Evaluation,formative Evaluation;Stakeholder Partizipation
Eine LLL Qualitäts-Methodensammlung
Wenn nicht der Lernanbieter, sondern der Lerner sein Lernen planen muss, dann wird meiner Meinung nach der Benachteiligte immer weiter zurückfallen. Wie kann man dennoch Chancengleichheit schaffen? Oder zumindest allzu große Ungleichheit verhindern?
Natürlich ist der Primarschullehrer nicht allein für die Lernfähigkeit des 50jährigen zuständig. Soll man aber das Risiko eingehen, dass man zwar erst ab 67 in Rente gehen kann, aber mit 50 entlassen wird, weil man nicht selbständig genug sein Lernen auf Gebieten organisiert, die erst, als man 45 war, erfunden wurden?
Wie kann man ein Bedürfnis nach Lernen entwickeln, wenn man sich davon keine Vorteile versprechen kann? (Fehlen von Berufsaussichten, negative Lernerfahrungen, Vorbilder nur bei Stars oder gar bei Gewalttätern)
Setzt ein positives Verhältnis zum Lernen nicht ein entsprechendes Selbstverständnis voraus. ("Die Menschen stärken, die Sachen klären." - von Hentig)
Kann die Basis für Lernbedürnis ohne persönlichen Bezug hergestellt werden? Muss man beim lebenslangen Lernen nicht sowieso in Phasen differenzieren? Was für 16jährige
SchülerInnen richtig ist, kann doch nicht für 65jährige Bald-PensionärInnen gelten. Daraus ergeben sich unterschiedliche Qualitätsanforderungen - objektive Bildungsqualität kann es also schon deshalb nicht geben. Maximal eine nach Phasen gegliederte, wenn überhaupt.
These: Mit zunehmendem Alter steigen die Anforderungen an die Fähigkeit, das eigene Lernen selbständig zu managen. Aber ab wann, wie und wo lernt man das denn: das Qualitätsmanagement fürs eigene Lernen zu übernehmen? Ab wann sollte man es lernen, ab wann ist man dazu in der Lage? Ist zum Beispiel im deutschen schulischen Lehrplan überhaupt Platz dafür? Oder vernachlässigt nicht gerade Deutschland diese Fähigkeit zugunsten eines traditionellen Bildungsbegriffs?
These: Lernen muss erstmal ein Bedürfnis sein! Was mache ich in der Erwachsenenbildung mit Menschen, die niemals "Lernen" gelernt haben? Die nicht wissen, wie wichtig das ist? Die keinen Bedarf äußern? Soll ich sie zwingen, den Nutzen von lebenslangem Lernen zu "erkennen"? Muss ich ihnen klar machen, was "lebenslanges Lernen" bedeutet? - Klasse, das sind auch meine Fragen!
Frage: Warum ist lebenslanges Lernen nicht ein selbstverständlicher Bewusstseinszustand? Ergänzend: wie schaffe ich Bewusstsein für den Gewinn des Lernens?
Die ZfU (Zentralstelle für Fernunterricht) prüft Qualität von Lernangeboten klassisch anhand des Zusammenspiels von Lernzielen / Methoden /Lernerfolgskontrollen - lässt sich das irgendwie aufs informelle Lernen übertragen?
Im informellen Lernen: Woher weiß ich, was ich lernen soll / was ich brauche (jetzt und später)? (Lernziele)
Wie finde ich selbst einen geeigneten Weg, diese Ziele zu erreichen (Methoden) Woher weiß ich, ob ich es gelernt habe? Ob ich es "richtig" kann?
(Lernerfolgskontrolle) Können wir qualitätssichernde Faktoren wie inhaltliche und soziale Begleitung,
Expertentum etc. von außen zu selbstorganisierten Prozessen "hinzu liefern"? (Irgendeine Rolle brauchen wir Lehrenden / Weiterbildner ja auch ;-) )
Danke für Ihre Aufmersamkeit!!