Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann · sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, ich...

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Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen, Trinkwasser und Futtermitteln JAHRESBERICHT 2007 B A W Ü 2 0 0 7

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Herausgeber:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR)

Abteilung Verbraucherschutz und Ernährung

Kernerplatz 10

70182 Stuttgart

Für eventuelle Rückfragen:

Telefon: 0711. 126 - 0

Telefax: 0711. 126 - 22 55

Überwachung von Lebensmitteln,

Kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen,

Trinkwasser und Futtermitteln

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JAHRESBERICHT

2007

BA

20

07

Jahresbericht

Überwachung von Lebensmitteln,

Kosmetischen Mitteln, bedarfsgegenständen,

trinkwasser und Futtermitteln 2007

2 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

sehr geehrte Leserinnen,

sehr geehrte Leser,

ich freue mich, Ihnen den Jahresbericht der Lebensmittel- und

Futtermittel überwachung 2007 präsentieren zu können. Lebensmittel,

Kosmetische Mittel, Bedarfsgegenstände, Tabakerzeugnisse, Trinkwasser

sowie Futtermittel, sie alle unterliegen den lebensmittel- bzw.

futtermittelrechtlichen Vorschriften und werden von der amtlichen

Überwachung in Baden-Württemberg risikoorientiert kontrolliert.

Dieser Jahresbericht informiert über die wichtige Arbeit, die vielfältigen Aspekte und die umfangreichen Er-gebnisse der amtlichen Lebensmit-tel- und Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg. Der Bericht zeigt, dass trotz der immer wieder vorkommenden Negativschlagzeilen über „Lebensmittelskandale“ bei der überwiegenden Zahl der Überprüfun-gen erfreulicherweise keine oder nur sehr wenige Beanstandungen festzu-stellen sind. Dies kann durchaus auch als Indikator für den hohen Standard des Verbraucherschutzes im Land ge-sehen werden.

Die Verbraucher, also wir alle, erwar-ten zu Recht gesunde, qualitativ hoch-wertige und sichere Lebensmittel. Wir verlassen uns darauf, dass die Produk-te, die wir kaufen, einwandfrei, sicher und richtig gekennzeichnet sind. All dies müssen die Lebensmittelunter-nehmer im Rahmen ihrer Sorgfalts-pflicht auch durch betriebliche Eigen-kontrollen gewährleisten. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der Kontrolle“, sie überprüft die Wirksam-keit dieser betrieblichen Eigenkontrol-len. Nach diesem Grundsatz findet in Baden-Württemberg die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit „vom Acker bis auf den Teller“ auf allen Produkti-onsstufen statt. Das Ziel ist ein wirk-samer Schutz der Verbraucher sowohl vor gesundheitlichen Beeinträchti-gungen als auch vor wirtschaftlicher Übervorteilung durch Irreführung und Täuschung.

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Würt-temberg im Rahmen der Lebensmit-telüberwachung mehr als 100 000 Be-triebskontrollen durchgeführt und mehr als 50 000 Proben an den Che-mischen und Veterinäruntersuchungs-ämtern (CVUAs) untersucht und be-gutachtet. Im Supermarkt treffen wir auf die globalisierte und internationale Welt der Lebensmittel. Daher werden die dort durchgeführten Lebensmittel-untersuchungen immer wichtiger. Die Proben werden von den Lebensmit-telkontrolleuren der Stadt- und Land-kreise auf allen Stufen der Herstellung und des Handels erhoben, aber auch Verbraucherbeschwerden werden in die Untersuchung einbezogen. Die notwendigen Maßnahmen zur Besei-tigung von Mängeln werden von den örtlich zuständigen Lebensmittelüber-wachungsbehörden veranlasst.

Eine sichere Lebensmittelproduktion ist aber nur möglich, wenn die zur Lebens mittelgewinnung dienenden Tiere zuvor mit einwandfreien Futter-mitteln gefüttert wurden. Die Sicher-heit der Futtermittel für Nutz- und Heimtiere zu kontrollieren, ist wesent-liche Aufgabe der amtlichen Futtermit-telkontrolle. Sie erfolgt risikoorientiert auf allen Stufen der Herstellung, des Handels und in den landwirtschaftli-chen Betrieben. Im vergangenen Jahr wurden von den Futtermittelkontrol-leuren an den Regierungspräsidien mehr als 1 400 Betriebsprüfungen durchgeführt sowie über 1 300 Proben gezogen und an den landwirtschaft-lichen Untersuchungsanstalten bzw. den CVUAs untersucht.

Mein Dank gilt an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg. Sie alle haben durch ihr großes Engagement zu dem seit Jahren hohen Qualitätsniveau bei-getragen und garantieren einen leis-tungsfähigen Verbraucherschutz in Baden-Württemberg.

Ich wünsche Ihnen nun eine interes-sante und kurzweilige Lektüre unse-res Jahresberichts 2007.

Peter Hauk MdL

Minister für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg

Stuttgart, im Juli 2008

Grußwort des Ministers Jahresbericht 2007 3

i Vorspann

3 Grußwort des Ministers

4 Inhaltsverzeichnis

6 Zusammenfassung: Highlights u. Sorgenkinder

ii betriebskontrollen und Vollzug

11 Themenübersicht

14 Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB

24 Schwerpunktkontrollen

25 Lebensmittelhandel im Internet

26 Europäisches Schnellwarnsystem

iii Produktgruppen27 Themenübersicht

28 Übersicht Untersuchungsergebnisse

32 Lebensmittel

32 Milch und Milchprodukte

33 Eier und Eiprodukte

34 Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse

36 Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse

37 Fette und Öle

38 Brühen, Suppen, Soßen und Feinkostsalate

40 Getreide, Backwaren und Teigwaren

40 Obst, Gemüse und -Erzeugnisse

42 Kräuter und Gewürze

44 Alkoholfreie Getränke

46 Wein und Erzeugnisse aus Wein

48 Alkoholhaltige Getränke (außer Wein)

50 Eis und Desserts

51 Zuckerwaren, Schokolade, Brot aufstriche

52 Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse …

54 Fertiggerichte

56 Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung und Sportlernahrung

58 Nahrungsergänzungsmittel

60 Nährwert- u. gesundheitsbezogene Werbung

61 Neuartige Lebensmittel (Novel Food)

62 Zusatzstoffe und Aromastoffe

63 Kosmetische Mittel

67 bedarfsgegenstände

67 Untersuchungsergebnisse

68 Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

71 Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege

73 Spielwaren und Scherzartikel

75 Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

76 tabakwaren

iV spezielle Untersuchungsbereiche

77 Themenübersicht

78 Krankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische Besonderheiten

84 Mykotoxine

89 Marine und Süßwasser-Biotoxine

90 Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten

98 Öko-Monitoring

100 Pharmakologisch wirksame Stoffe

103 Lebensmittelallergene

105 Gentechnik in Lebensmitteln

111 Bestrahlung von Lebensmitteln

112 Radiochemische Untersuchungen

114 Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten:

114 Dioxine und dioxinähnliche PCB

119 Schwermetalle und toxische Spurenelemente

120 Herstellungsbedingte Kontaminanten:

120 Nitrosamine

121 Polycyclische aromatische Kohlenwasser stoffe (PAK)

123 Acrylamid

124 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)

127 Furan in Lebensmitteln

128 Stabilisotopen-Analytik

4 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

V trinkwasser

129 Themenübersicht

130 Mikrobiologische Untersuchungen

130 Arzneimittelrückstände

131 Pflanzenschutzmittelrückstände

132 N-Nitrosodimethylamin

132 Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln

Vi Futtermittel

133 Themenübersicht

134 Übersicht

136 Untersuchungsergebnisse

138 Zusammenfassung

140 ImpressumVo

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I II III IV V VI

inhalt :

Wo steht was?

3 11 27 77 129 133

Inhaltsverzeichnis Jahresbericht 2007 5

Zahlen aus der Lebensmittel­überwachung

Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken durch Lebensmittel und Gegenstände des täg-lichen Bedarfs und vor Täuschung zu schützen. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der Kontrolle“ , das heißt, sie überwacht die Wirk-samkeit der betrieblichen Eigenkontrollen. Dies erfolgt über risikoorientierte Betriebskontrollen und ziel orientierte Probenahmen mit wechseln-den Untersuchungsschwerpunkten.

Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebens-mittelüberwachung in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risikobewertung ab. Insge-samt fanden 104 390 Kontrollbesuche statt, bei denen 65 740 der insgesamt 208 688 in Baden-Württemberg erfassten Betriebe (32 %) ein- oder mehrmals überprüft wurden. In 17 472 Betrieben (27 % der kontrollierten Betriebe) wurden Verstö-ße festgestellt, die Zahl der Beanstandungen be-trug 28 011.

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüber-wachung wurden insgesamt 53 140 Proben chemisch, physikalisch und mikrobiologisch untersucht: 48 230 Lebensmittel (19 % = 8 886 Proben beanstandet), 1 798 kosmetische Mittel (28 % = 498 Proben beanstandet), 2 775 Be-darfsgegenstände (22 % = 606 Proben bean-standet), 271 Tabakerzeugnisse (3 % = 8 Proben beanstandet) und 66 sonstige Produkte, die z. B. wegen der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln überprüft wurden (62 % = 41 Proben beanstandet). Als gesundheitsschädlich wurden insgesamt 121 (0,2 %) Proben (Lebensmittel und Bedarfsgegen-stände) beurteilt – insbesondere wegen patho-gener Keime (z. B. Bacillus cereus, Salmonellen, Listeria monocytogenes), mikrobiell verursachter toxischer Eiweißabbauprodukte (Histamin) und wegen scharfkantiger Fremdkörper oder chemi-scher Verunreinigungen (z. B. Spüllauge).

Außerdem wurden 12 003 Proben im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft, bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rück-stände unerwünschter Stoffe untersucht werden, sowie 1 287 Proben auf Radioaktivität und 10 734 Proben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung untersucht.

… aller Proben von Nahrungsergänzungsmit-teln, aber nur 3 Prozent der Babynahrungsproben mussten beanstandet werden.

57

60 %

… kann eine repräsen tative Probenahme zur Untersuchung auf Schimmelpilzgifte dauern.

88

… Joghurt mussten allein in einem Milch-verarbeitungsbetrieb in Baden-Württemberg aufgrund einer Konta-mination durch PCP- und Dioxin-haltiges Guarkernmehl zurück-gerufen werden.

15

6 t

6 stunden

6 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

Zusammenfassung:

highlights und sorgenkinder des Jahres 2007

… abgelaufen waren die Verbrauchsdaten bei Fisch, Fleisch und Geflügel aus einer Gaststätte.

20

6 Jahre

60 %

… Becquerel an radioaktivem Cäsium pro Kilogramm und damit mehr als 10-mal über dem Grenz-wert enthielt eine Wildschweinprobe aus dem Landkreis Rastatt.

112

7 102 …

… Wirkstoffe von Pflan-zenschutzmitteln enthielt etwa im Durchschnitt jede konventionelle Obstprobe in Form von Rückständen.

90

4

Zusammenfassung Jahresbericht 2007 7

8 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

erst punktuell, dann global – Pentachlorphenol

und Dioxine in Guarkernmehl aus indien zogen

weite Kreise

Infolge der Globalisierung werden Lebensmittel und auch ihre Zutaten zunehmend weltweit gehandelt. So stam-men 80 % der Weltproduktion des Dickungsmittels Guar-kernmehl aus Indien. Guarkernmehl aus Indien war im Jahr 2007 betroffen von einem Kontaminationsfall durch Pentachlorphenol (PCP) sowie Dioxine. Die Ware wurde u. a. in Fruchtzubereitungen zur Herstellung von Joghurt verarbeitet. Allein in einem Milchverarbeitungsbetrieb in Baden-Württemberg führte die Lieferung von zwei Chargen Fruchtzubereitungen zu einem Rückruf von 6 Tonnen Jo-ghurt. In einem weiteren Fall konnte durch die vorbildliche Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden und dem Autobahnzoll das PCP belastete Guarkernmehl noch vor der Verarbeitung aus dem Verkehr genommen werden.Guarkernmehl wird Lebensmitteln als Zusatzstoff nur in Mengen unter 2 % zugesetzt. Daher waren die Gehalte an PCP und Dioxinen, die möglicherweise in Endprodukten enthalten waren, trotz der teilweise sehr hohen Gehalte im Guarkernmehl für den Verbraucher nicht gesundheits-gefährdend.

rettungsbus­einsatz nach Verzehr von reis

Der in einer Großküche zubereitete und an die Gäste zweier Kantinen ausgegebene Reis erwies sich als höchst unbe-kömmlich. Bei einer großen Anzahl der Gäste stellte sich bereits kurz nach Verzehr des Mittagessens starke Übelkeit ein. In der Folge kam es nicht nur zu einem Gedränge auf den Toiletten, sondern auch zu logistischen Problemen bei der Notversorgung der Erkrankten. Weil die herbeigerufe-nen Rettungsfahrzeuge schon bald nicht mehr ausreichten, um alle Erkrankten zu versorgen, musste ein Rettungsbus der Feuerwehr eingesetzt werden. Durch umfangreiche Ermittlungen konnte die Ursache schließlich ausgemacht werden. Sporenbildende Bakterien hatten den Kochprozess überstanden und innerhalb kurzer Zeit Übelkeit erregende Giftstoffe gebildet. Durch die sofort eingeleiteten Siche-rungsmaßnahmen, die auch eine Änderung im Produkti-onsablauf bedingten, wurde die Gefahr letztlich gebannt. Die Kantinengäste können ihre Speisen seither wieder unbesorgt genießen.

Zahlen aus der Futtermittelüberwachung

Die amtliche Futtermittelkontrolle erfolgt risikoorientiert und versteht sich als Kontrolle der betrieblichen Eigenkontrolle zur Erreichung einer hohen Futtermittelsicherheit. Im Jahr 2007 wurden 1 245 Betriebe, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden, kontrolliert. Verschiedene Betriebe wurden mehrfach geprüft. Insgesamt wurden 1 444 Betriebsprüfungen und 62 Buchprüfungen durchgeführt sowie 1 328 Futtermittelproben gezogen, von denen 220 (17 %) nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt wurden 435 Einzelfuttermittel, 840 Mischfuttermittel, 53 Vor mischungen und Zusatzstoffe.

beispiele aus der Überwachung

Projektgruppe sieht Verbesserungsmöglichkeiten

bei eigenkontrollen

Eine interdisziplinäre Expertengruppe aus Lebensmittel-chemikern und Veterinären überprüfte landesweit zumeist größere Betriebe auf Wirksamkeit ihrer Eigenkontrollkon-zepte zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. Vom Fleisch verarbeitenden Betrieb über Schokoladenhersteller bis hin zu Brauereien reichte die Palette der 81 Herstel-ler, die bisher überprüft wurden. Ein kleiner Teil, vor allem Großbetriebe, hat bei der Kontrolle zur vollsten Zufrieden-heit abgeschnitten. Andererseits lag bei 11 % der Betriebe noch überhaupt kein Eigenkontrollkonzept nach HACCP-Gesichtspunkten vor. Zumeist waren jedoch die geforder-ten Systeme vorhanden, wenngleich kleinere oder größere Mängel feststellbar waren. Die Betriebsverantwortlichen der vom Kontrollteam überprüften Lebensmittelbetriebe erwiesen sich durchweg als kooperativ und aufgeschlossen und erklärten sich bereit, die Mängel abzustellen.

Noch immer „Gammelfleisch“ …

Rund 8 Tonnen „frische“ Hähnchenschenkel aus den Nie-derlanden wurden in einen Fleischverarbeitungsbetrieb geliefert. Beim näheren Hinsehen fielen der kontrollie-renden amtlichen Tierärztin fäkale Verunreinigungen und anhaftende Darmabschnitte auf. Weitere Ermittlungen in den Niederlanden ergaben, dass am Schlachttag die Ma-schine, die automatisch den Darm entfernt, ausgefallen war. Sämtliche Hähnchen mussten per Hand ausgenom-men werden. Die beschlagnahmte Ware wurde in einem verplombten Fahrzeug zurück in den niederländischen Be-trieb gebracht und dort durch die zuständige Behörde in Empfang genommen.Im Kühlraum eines Bio-Betriebs wurden 650 kg hochgra-dig verdorbene Fleischwaren vorgefunden. Es bestand im Kühlraum ein wildes Durcheinander zwischen Ungenieß-barem und noch mit gültigem Mindesthaltbarkeitsdatum versehener Ware. Wie so oft, passte das gesamte Am-biente auch hier zu diesem Fund. Die Decke stellte sich als geschlossener Pilzbelag dar, der sogar die im Raum installierten Gerätschaften mit einschloss. Die gesamte Ware musste der verantwortliche Betreiber entsorgen, und eine intensive Reinigung wurde angeordnet.

Zusammenfassung Jahresbericht 2007 9

3­McPD­ester in allen raffinierten pflanzlichen

Fetten enthalten

Ausgehend von einer wissenschaftlichen Veröffentlichung hat die baden-württembergische Lebensmittelüberwa-chung sich des Themas angenommen. Die sogenannten 3-MCPD-Ester sind in vielen pflanzlichen Fetten enthalten: Umfangreiche Untersuchungen beweisen, dass diese Stoffgruppe in ausnahmslos allen untersuchten raffinierten Pflanzenölen in teilweise sehr hohen Gehalten vorhanden ist. Weitere Untersuchungen zeigten, dass 3-MCPD-Ester bei dem letzten Schritt der üblichen Raffination pflanzlicher Fette und Öle, der Desodorierung, gebildet werden. Hoch-raffinierte pflanzliche Fette sind Grundbestandteil vieler Frit-tierfette und Margarinen. Bei diesen beiden Produktgrup-pen wurden bisher die höchsten Gehalte an 3-MCPD-Estern festgestellt. Wegen des Zusatzes raffinierter Fette und Öle waren auch im Fettanteil von Säuglingsmilchnahrung grö-ßere Gehalte an 3-MCPD-Estern nachzuweisen.Alle untersuchten Proben tierischer Fette sowie nativer, also nicht raffinierter Pflanzenöle enthielten keine 3-MCPD-Ester. Das Bundesinstitut für Risikobewertung sieht in ei-ner ersten toxikologischen Einschätzung des Sachverhalts keine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit, sowohl für Erwachsene als auch für Säuglinge und Kleinkinder. Da einige Fragen – auch zu Langzeitfolgen – noch nicht geklärt sind, ist es notwendig, die Gehalte so weit wie möglich zu minimieren. Es bestehen dabei in mancher Hinsicht Ähn-lichkeiten zur Acrylamid-Problematik, dort sind die Gehalte in den betroffenen Lebensmitteln in den fünf Jahren seit Entdeckung des Problems deutlich gesunken.

Pflanzenschutzmittel­rückstände in Paprika –

Maßnahmen bei spanischer Ware zeigen Wirkung

Baden-Württemberg hatte Ende 2006 positive Befunde für das EU-weit nicht zugelassene Insektizid Isofenphos-methyl in Paprika gemeldet. Nachdem aus anderen EU-Staaten weitere entsprechende Meldungen kamen, ergrif-fen die spanischen Behörden umfangreiche Maßnahmen. Die Untersuchungen zur Rückstandssituation bei Paprika wurden auch im Jahr 2007 auf hohem Niveau fortgeführt. Gemüsepaprika enthielt in 91 % der Proben Rückstände von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, Höchstmengenüber-schreitungen wurden jedoch nur in Paprika aus Spanien und der Türkei festgestellt. Bei spanischem Paprika fielen allerdings sämtliche Höchstmengenüberschreitungen in den Untersuchungszeitraum bis Februar 2007, als die Iso-fenphos-methyl-Problematik noch gegeben war. Die Maß-nahmen der Behörden sowie des Handels zeigten Wirkung: In keiner der ab Mai wieder vermarkteten Paprikaproben waren Höchstmengenüberschreitungen zu verzeichnen. Nach wie vor unbefriedigend stellt sich jedoch die Rück-standssituation bei türkischen Paprika dar. Bei ca. 40 % der untersuchten Proben wurden Überschreitungen von Höchstmengen festgestellt.

abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln in

trinkwasser

Bisher unbekannte und erst durch aufwändige instrumen-telle Analytik nachweisbare Abbauprodukte des Fungizids Tolylfluanid sowie des im Rübenanbau eingesetzten Her-bizids Chloridazon waren auch 2007 im Focus der Über-wachung von Trinkwasser. Zwar wurde Anfang 2007 das Abbauprodukt von Chloridazon als so genannter „nicht re-levanter Metabolit“ eingestuft. Dennoch wurde vorsorglich vereinbart, in sensiblen und für die Trinkwassergewinnung bedeutenden Gebieten keine Chloridazon-haltigen Produk-te einzusetzen. Ein absolutes Ausbringungsverbot wurde dagegen bei Tolylfluanid verhängt, da dessen Abbauprodukt N,N-Dimethylsulfamid, DMSA, bei der Trinkwasseraufbe-reitung (Ozonbehandlung) in ein genotoxisches Nitrosamin umgewandelt werden kann.

Bei 21 % aller Trinkwasserproben wurde der für DMSA gel-tende Grenzwert der Trinkwasserverordnung überschrit-ten. Zahlreiche Ausnahmegenehmigungen bis zu einem als gesundheitlich unbedenklich eingestuften Gehalt von 10 Mikrogramm DMSA pro Liter wurden erteilt, damit das Trinkwasser auch weiterhin abgegeben werden kann. Wei-tere Untersuchungen müssen zeigen, ob die Auflagen zur Sanierung sowie das Ausbringungsverbot zu einer Redu-zierung des Metaboliten im Trinkwasser führen.

Nicht deklarierte allergene – weitgehend ohne

rechtliche Konsequenzen

Bei 18 % der Untersuchungen waren nicht deklarierte Al-lergene in Lebensmitteln nachweisbar – gegenüber 2006 (15 %) bedeutet dies eine weitere Zunahme. Besonders beim Nachweis von Haselnuss, Mandel, Senf und Milch wurden häufig positive Befunde erhalten, hier war jede dritte bis vierte Probe allergenhaltig. Trotzdem hatten die wenigsten Nachweise von Allergenen unmittelbare Konse-quenzen für die Kennzeichnung der Produkte. Meistens wa-ren nämlich Kreuzkontaminationen (cross contacts) die Ur-sache – so die Ergebnisse der Ermittlungen beim Hersteller. Cross contacts müssen nach wie vor nicht obligatorisch deklariert werden. Dennoch waren die Untersuchungen nicht vergeblich: Viele Hersteller zeigten Bestrebungen, derartige Kreuzkontaminationen zu reduzieren, um auch Allergikern geeignete Produkte anbieten zu können. Die möglichst baldige Einführung von Toleranzwerten, welche auch cross contacts mit einschließen, wird jedoch von allen Beteiligten als notwendig angesehen.

10 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

Weichmacher in spielzeug und babyartikeln –

Verwendungsverbot zeigt Wirkung

In immerhin 23 % der Proben von Weich-PVC-Spielzeug wie Puppen oder Badetiere wurden Phthalate als Weichmacher nachgewiesen. In 7 % der Proben waren inzwischen kom-plett verbotene Substanzen nachweisbar. Zumeist waren dies „Ladenhüter“, die teilweise trotz Mitteilung der Her-steller über die Rechtsänderung noch verkauft wurden. Das Augenmerk richtete sich auch auf Produkte (z. B. Kinderar-tikel), die durch die bestehenden Regelungen nicht erfasst sind: Uhrenarmbänder für Kinder sowie Regenjacken oder Matschhosen für Kleinkinder wurden untersucht, da auch diese über längeren Zeitraum im engen Kontakt am Körper getragen werden. Von 18 untersuchten Produkten enthiel-ten immerhin 10 die problematischen Phthalate DEHP und /oder DINP als Weichmacher.

Gebrannte erdnüsse aus Vogelfutter hergestellt

Auf einem Kirchweihmarkt hatten Lebensmittelkontrolleure Erdnüsse vorgefunden, die zur Herstellung von gebrannten Erdnüssen vorgesehen war. Sie wiesen erhebliche Fraß-spuren von Schädlingen auf und waren mit Larven, Kot und Gespinsten dieser Insekten durchsetzt. In der Probe wurde mit 461 µg / kg Aflatoxin B1 bzw. 547 µg / kg Gesamtafla-toxin der höchste jemals im zuständigen Untersuchungs-amt gemessene Wert dieser Schimmelpilzgifte festgestellt. Aflatoxine und insbesondere Aflatoxin B1 gelten als die natürlich vorkommenden Substanzen mit dem höchsten krebsauslösenden Potenzial. Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass es sich um Vogelfutter aus Indi-en handelte, das von einem niederländischen Importeur „unter nicht eindeutiger Kennzeichnung“ an den Süßwa-renvertrieb geliefert worden war. Obwohl selbst für den Laien ersichtlich war, dass diese Ware Ekel erregend und verdorben ist, belieferte der Großhändler seine Kunden, die sie ihrerseits unbeeindruckt zu der bei Groß und Klein recht beliebten „Leckerei“ verarbeiteten.

Noch einmal Vogelfutter: ausbreitung der

allergenen ambrosia­Pflanze

Starke Allergien können die Blütenpollen der ursprünglich in Nordamerika beheimateten Ambrosia-Pflanze auslö-sen. Nur in wenigen Gebieten in Deutschland kann sich die Pflanze eigenständig vermehren. Allerdings werden ihre keimfähigen Samen immer wieder neu mit Waren aus den Verbreitungsgebieten eingeschleppt. Vogelfutter gilt ebenfalls als Eintragsweg. Um die Verbreitung von Am-brosia über diesen Weg besser abschätzen zu können, wer-den Futtermittel auf das Vorkommen von Ambrosia-Samen untersucht. 2007 wurde in 11 von 21 Futtermittelproben Ambrosia-Samen gefunden. Ein „Merkblatt zur Verringe-rung der Kontamination von Futtermitteln mit Samen der Ambrosia artemisiifolia“ wurde zur besseren Information der Futtermittelhersteller erstellt.

Künstliches Glycerin in mehreren Weinen eines

italienischen abfüllers

Ein unerlaubter Zusatz von künstlichem Glycerin wurde in mehreren Weinen eines italienischen Abfüllers festgestellt. Glycerin kommt auch natürlicherweise in Wein vor, ein künstlicher Zusatz soll mehr „Fülle und Körper“ des Weines bewirken. Betroffen waren Landweine, Qualitätsweine und auch einige Perlweine. Die beanstandeten Weinchargen wurden bei den betroffenen inländischen Weinhändlern von den zuständigen Behörden aus dem Verkehr gezogen.

Herr Waiblinger, CVUA Freiburg ◆

Kurioses

Die Waschhalle einer tankstelle entpuppte sich

als speiseeisbetrieb

Auffällige mikrobiologische Befunde mit Schmutzkei-men in amtlichen Eis-Proben veranlassten die Lebens-mittelüberwachung, eine Kontrolle im Herstellungsbe-trieb durchzuführen. Die Überraschung war groß. Der Betrieb entpuppte sich als Waschhalle einer aufgelas-senen Tankstelle. Die Produktionshalle hätte sofort wie-der zur Autowäsche eingesetzt werden können, da an Wänden und Decke die entsprechenden Ein bauten noch größtenteils vorhanden waren. Hygie nisches Hän-dewaschen oder Reinigen von Geräten war allerdings nicht möglich. Über 350 Liter Speiseeis mussten aus dem Verkehr gezogen werden. Trotz Anordnung bau-licher und hygienischer Maßnahmen wurden in einer Nachkontrolle noch höhere Keimgehalte als zuvor fest-gestellt. Während äußerlich zwar geputzt und desinfi-ziert war, blieben Ekel erregende Beläge in Abfüllstut-zen und Gewindegängen zurück. Auch hier trifft das Sprichwort zu „wer nicht hören will, muss fühlen“ , denn es mussten nochmals rund 200 Liter Speiseeis vernichtet werden.

schimmelpilzgift in Pistazieneis –

Pistazienmasse im Kleiderschrank

Eine größere Menge Pistazienmasse wurde bei einem Speiseeishersteller wegen eines erhöhten Gehalts des krebsauslösenden Schimmelpilzgiftes Aflatoxin beanstandet. Aus Angst vor wirtschaftlichem Verlust versteckte ein Speiseeishersteller die gesamte bean-standete Pistazienmasse in seinem Schlafzimmer. Nach einer intensiven Befragung führte der Betriebsinhaber die Kontrollpersonen schließlich an sein Versteck.

Jahresbericht 2007

Teil II:Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittel -überwachung

Themen:

Betriebskontrollen und Vollzug 12

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 14

Schwerpunktkontrollen 24

Lebensmittelhandel im Internet 25

Europäisches Schnellwarnsystem 26

Jahresbericht 2007 11

Betriebskontrollen und Vollzug

der Lebensmittelüberwachung

Die Arbeit der Lebensmittelüberwachungsbehörden wurde auch im Jahr 2007 in außerordentlicher Weise durch die Umsetzung

des neuen Lebensmittelrechts der Europäischen Union bestimmt. Die lange erwarteten nationalen Durchführungsvorschriften

brachten schließlich im August 2007 etwas Klarheit. Trotzdem bestehen nach wie vor gewisse Rechtslücken, wodurch der Verwal-

tungsvollzug in manchen Fällen erschwert wird.

Nichtsdestotrotz ist festzustellen, dass das Lebensmittelrecht durch die europaweit verbindliche Rechtssetzung eine vollständi-

ge Neustrukturierung erfahren hat. Neue zusätzliche Kontrollpflichten resultieren aus den nunmehr europaweit einheitlichen

Vorgaben und bestimmen die Arbeit der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung. Als Beispiele hierfür sollen genannt wer-

den die flächendeckenden Zulassungen aller Metzgereien mit eigener Schlachtung, unabhängig von der Betriebsgröße, sowie

der Zulassung anderer Betriebsarten wie z. B. von bestimmten Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung oder von Lagerbe-

trieben für kühlungspflichtige Lebensmittel. Umfangreiche Aufgaben bringen die neuen Bestimmungen zur Überwachung der

Rohmilchlieferung hinsichtlich der Einhaltung der Kriterien für Keim- und Zellzahl und die Unterschreitung der höchstzulässigen

Rückstandsmengen von Antibiotika mit sich.

Die im so genannten „EU-Hygienepaket“ formulierten Vorschriften umfassen in der Hauptsache vier Verordnungen und er-

gänzen die so genannte Basis-Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 sowie die Kontroll-Verordnung (EG) Nr. 882 / 2004. Diese in allen

EU-Mitgliedstaaten direkt geltenden Vorschriften legen nicht nur die Pflichten und die Verantwortlichkeiten der Lebensmittelun-

ternehmer fest, sondern auch die Aufgaben und Pflichten der Kontrollbehörden. So wird gefordert, amtliche Kontrollen auf der

Grundlage dokumentierter Verfahrenweisen durchzuführen. Dies gewährleistet eine Überwachung auf einem einheitlichen und

konstant hohen Niveau. Dieser Aufgabe hat sich die Verwaltung durch die Implementierung eines Qualitätsmanagements in

allen Ebenen der Lebensmittelüberwachung angenommen.

Waren zu den Handelsbetrieben sowie der Vermarktung und Abgabe der Produkte an den Endverbraucher. Etwas anders formuliert könnte man hier auch sagen „vom Gras zum Glas“ . Dieses Konzept der EU hat eine duale Ausrich-tung der Vorgaben, indem einerseits die Lebensmittelerzeu-ger verpflichtet sind, ausschließlich sichere Lebensmittel-mittel in Verkehr zu bringen, und anderseits die Behörden die Einhaltung dieser Vorschriften konsequent, systema-tisch und risikoorientiert kontrollieren müssen. Die schrittweise Einführung der Verpflichtung zur Le-

bensmittelketteninformation für Schlachttiere stellt ei-nen weiteren Schritt dar, die Urproduktion intensiver in das Überwachungskonzept einzubinden. Demnach mussten in Geflügelhaltungsbetrieben seit 2007 den Sendungen mit Tieren für die Schlachtung Erklärungen seitens der Hal-tungsbetriebe mitgegeben bzw. vorausgeschickt werden. In diesen Unterlagen müssen vielfältige Angaben über die Tierentwicklung, über den Einsatz von Futter- und Arznei-mitteln, Tierverluste u. a. vom Landwirt gemacht werden. Diese Informationen zur Lebensmittelkette durch den Er-zeuger muss den Geflügelschlachtbetrieben spätestens bei der Schlachtgeflügelanlieferung vorgelegt werden. Zum Jahreswechsel 2007 / 2008 wurde diese Pflicht der schriftli-chen Information seitens des Landwirts auf die Schlachtung von Schweinen ausgedehnt.Desgleichen wurde auch im Bereich der Milcherzeugung die Überwachung auf der Stufe der Urproduktion inten-siviert durch die Vorgaben zum Vollzug der Milchliefer-

Die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württem-

berg wird vor Ort von den Lebensmittelkontrolleuren und Amtstierärzten der insgesamt 44 unteren Lebensmittel-überwachungsbehörden der Land- und Stadtkreise durch-geführt. Sie werden unterstützt durch Sachverständige der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter. Die fachli-che Koordination obliegt den vier Regierungspräsidien, wel-che ihrerseits wiederum dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum unterstehen.Ziel der Lebensmittelüberwachung ist es, Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitlichen Gefahren, Irrefüh-rung und Täuschung zu schützen. In einem zunehmend glo-balisierten Warenverkehr sind die komplexen Sachverhalte allerdings für den Einzelnen kaum noch nachvollziehbar. Umso wichtiger ist es, dass sich der Verbraucher auf ei-nen wirkungsvollen Schutz durch die Behörden verlassen kann. Das Konzept zur Lebensmittelsicherheit der europäischen Gemeinschaft lautet im Grundsatz „From the stable to the table“. Folglich beginnt die Überwachung der Lebensmit-telerzeugung bereits auf der Stufe der Urproduktion und erstreckt sich bis zur unmittelbaren Abgabe des Lebensmit-tels an den Verbraucher. Wendet man dieses Konzept auf die Herstellung eines Milcherzeugnisses an, beginnt die Überwachung somit bereits im Kuhstall, vom Futtereinsatz bis hin zum Melkvorgang, der Lagerung und des Abtrans-ports der Milch zur Molkerei, der Verarbeitung der Milch zum Milcherzeugnis, der Lagerung und dem Transport der

12 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

on zeigt sich auch in einem zusätzlichen Kontrollauftrag an die Behörden, den so genannten Cross Compliance-Kon-

trollen. Betriebe, die Direktzahlungen erhalten, müssen in Form einer so genannten „Überkreuzverpflichtung“ (Cross compliance) sicherstellen, dass u. a. die Vorgaben des Le-bensmittelrechts eingehalten werden. Seit dem Jahr 2006 überprüfen die unteren Verwaltungsbehörden teilweise ge-meinsam mit einem Vertreter des Regierungspräsidiums die Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts. Es handelt sich hier um sehr umfassende und zeitaufwän-dige Kontrollen nach dem Vieraugenprinzip, die im Falle der Feststellung von Mängeln Prämienreduzierungen oder -streichungen zur Folge haben können.

Zu den amtlichen Kontrolltätigkeiten gehören ferner die Pro-bennahmen und -analysen im Lebensmittelbereich. Sie sind nach der Verordnung (EG) Nr. 882 / 2004, der so genannten Kontrollverordnung und der Allgemeinen Verwaltungsvor-schrift Rahmenüberwachung (AVV RÜb), regelmäßig und auf der Grundlage eines risikobasierten Konzeptes mit an-gemessener Häufigkeit durchzuführen. Eine Arbeitsgrup-pe, die sich aus Mitgliedern aller Verwaltungsebenen zu-sammensetzt, erarbeitet derzeit ein neues, landesweites Konzept für einen risikoorientierten Probenplan (RIOP). Nach den EU-Vorgaben sollen nämlich neben einem pro-duktorientierten Ansatz die betriebsbezogenen Risiken in die Planprobenplanung einbezogen werden. Somit sollte ein wesentlicher Teil der Planproben aus den örtlichen Groß-betrieben und handwerklichen Herstellerbetrieben auf der Basis einer Risikobewertung erhoben werden. Als Grundla-ge für die Ermittlung der betriebsrisikobezogenen Proben-zahlen sollen das Produktrisiko, die Produktionsmenge, die Produktvielfalt, das Verhalten des Unternehmers sowie die Wirksamkeit vorhandener Eigenkontrollsysteme berück-sichtigt werden.

Auch im Jahr 2007 wurde im Rahmen einer entsprechen-den Entscheidung der Landesregierung und der Abspra-che des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum mit dem Innenministerium das so genannte „Kooperati-

onsmodell“ weitergeführt, in dem vonseiten der Polizei ehemalige Beamte des Wirtschaftskontrolldienstes zur Un-terstützung der Lebensmittelüberwachungsbehörden als Kontrolleure zur Verfügung gestellt wurden.

Drei Jahre nach der Neuorganisation der Lebensmittel-

überwachung durch die Verwaltungsreform werden die Ziele der Umstrukturierung nach wie vor ungebrochen ver-folgt. Laufend wird unter großem Einsatz sowohl zentral bei der Akademie der Polizei in Freiburg, im milchwirtschaftli-chen Oskar-Farny-Institut in Wangen und in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern als auch dezentral in der jeweiligen Lebensmittelüberwachungsbehörde neues Kontrollpersonal ausgebildet sodass auch nach Rückkehr der abgeordneten Polizeibeamten des Wirtschaftskontroll-dienstes in den Dienst der Polizei der Verbraucherschutz durch gut ausgebildetes Personal gewährleistet ist.

sperren durch die Lebensmittelüberwachungsbehörde. Nach der Milchgüteverordnung ist der Milcherzeuger ver-pflichtet, eine Mindestzahl an Rohmilchproben auf Fett- und Eiweißgehalt sowie auf Keim- und Zellzahl und auch auf Unterschreitung der höchstzulässigen Rückstandsmengen von Antibiotika untersuchen zu lassen. Werden die Kriteri-en, insbesondere hinsichtlich Keim-, Zellzahl und Hemm-stoffe nicht erfüllt, ist der Milcherzeuger nach dem EU-Hygienerecht verpflichtet, dies der zuständigen Behörde zu melden. In Baden-Württemberg wurde diese Meldepflicht auf den Milchprüfring als untersuchende Stelle übertra-gen, sofern der Landwirt im Einzelfall dieser Regelung nicht widersprach. Neu ist damit, dass die Lebensmittelüber-wachung frühzeitig über Informationen verfügt, wodurch eine gezielte Überwachung der Milcherzeuger möglich ist. Bei Nichteinhaltung der Kriterien für Rohmilch werden die vom Landwirt getroffenen Abhilfemaßnahmen durch das Veterinäramt kontrolliert. Bleiben in den folgenden drei Monaten nach der ersten Unterrichtung der zuständigen Behörde diese Abhilfemaßnahmen erfolglos, kommt es zur Aussetzung der Rohmilchlieferung. Das Lieferverbot bleibt bestehen, bis die Einhaltung der Vorgaben vom Milcherzeu-ger nachgewiesen wurde. Durch diese für die Behörde neu eröffneten Informationswege kann eine risikoorientierte flächendeckende Überwachung der Milcherzeugung ge-währleistet werden.Das verstärkte Augenmerk der europäischen Union auf eine rechtskonforme Lebensmittelerzeugung in der Urprodukti-

Betriebskontrollen und Vollzug Jahresbericht 2007 13

Zahl der Betriebe landwirt-schaft liche Erzeuger (Urproduktion)

Hersteller und Abpacker

Großhändler und Transporteure

Einzelhändler Dienst-leistungs-betriebe

handwerkliche Hersteller und Direkt-vermarkter

Gesamt

Betriebe 56 970 2 819 3 188 50 409 82 173 13 129 208 688kontrollierte Betriebe 1 992 1 189 1 139 19 970 36 496 4 954 65 740Kontrollbesuche 2 679 8 460 3 745 31 489 49 517 8 500 104 390Betriebe mit Verstößen 238 421 215 3 780 10 937 1 881 17 472

Tabelle: Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)

In Zahlen ausgedrückt ergaben sich – soweit bei den un-teren Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt – aus der o. g. Tätigkeiten im Jahr 2007 insgesamt

• 665Strafverfahren(mitGeldstrafenbiszu70001) und

• 2956Ordnungswidrigkeitsverfahren,diezuüber1702Bußgeldbescheiden (mit Bußgeldern bis zu 4 000 1) führten, sowie

• 5624VerwarnungenmitoderohneVerwarngeld.

228 Betriebe mussten aufgrund der dort herrschenden un-hygienischen Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort geschlossen werden oder wurden durch den verantwortli-chen Betreiber vorübergehend „wegen Krankheit“ freiwillig geschlossen.

Die nachfolgenden Fallbeispiele vermitteln einen Einblick in die Arbeit der baden-württembergischen Lebensmittel- und Fleischhygieneüberwachung. Diese Beispiele stellen allerdings – zum Teil drastische – Einzelfälle dar, die nicht repräsentativ für die jeweilige Branche sind und keine Rück-schlüsse auf die Lebensmittelunternehmen in Baden-Würt-temberg insgesamt erlauben.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB

Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwa-chung in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risiko-

bewertungab.Insgesamtfanden104390Kontrollbesuchestatt,beidenen65740derinsgesamt208688inBaden-Württemberg erfassten Betriebe ein- oder mehrmals über-prüftwurden.In17472BetriebenwurdenVerstößefestge-stellt,dieZahlderBeanstandungenbetrug28011.

Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort oder freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sorgen die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbehörden mit ihren verwaltungs rechtlichen Mitteln in Form von An-ordnungen oder anderen Maßnahmen – im Berichtsjahr in 20329Fällen–dafür,dassrechtskonformeZuständewie-derhergestellt werden. Bei Verdacht des Vorliegens einer Straftat wird die Sache an die zuständige Staatsanwalt-schaft weiterge leitet.

Tabelle: Anzahl der Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)

Art der Verstöße(Mehrfachnennungen möglich)

landwirt-schaft liche Erzeuger (Urproduktion)

Hersteller und Abpacker

Großhändler und Transporteure

Einzelhändler Dienst-leistungs-betriebe

handwerkliche Hersteller und Direkt-vermarkter

Gesamt

Hygiene (HACCP, Ausbildung)

23 141 56 1 004 3 083 649 4 956

Hygiene allgemein 181 329 123 3 025 10 136 1 721 15 515Zusammensetzung (nicht mikrobiologisch)

7 20 40 82 80 28 257

Kennzeichnung, Aufmachung 60 110 73 1 384 3 851 546 6 024Andere 30 34 36 322 695 142 1 259

14 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

unter die neuen Bestimmungen zur Vorzugsmilch. Bei den Auswertungen der Untersuchungsergebnisse zeich-net sich ab, dass diese Anforderungen teilweise nur sehr schwer einzuhalten sind, sodass womöglich nicht alle Be-triebe die Produktion auf Dauer auf-rechterhalten können.

Landwirtschaftliche Erzeuger (Urproduktion)

mit verbunden auch an Dioxinen in Fruchtzubereitungen verarbeitet. Die-se Fruchtzubereitungen fanden ihrer-seits Einsatz in der Fruchtjoghurther-stellung. Die Lieferung von zwei Char-gen Fruchtzubereitungen führten allein in einem Milchverarbeitungsbetrieb in Baden-Württemberg zu einem Rückruf von 6 Tonnen Joghurt. Ein gut funktio-nierendes Rückverfolgungssystem ist hier notwendig, um den Verbleib des belasteten Produkts in Kürze bewälti-gen zu können. Ob ein solches Sys-tems diesen Anforderungen gewach-sen ist, stellt sich oft erst im Ernstfall heraus. In einem weiteren Fall konnte durch die vorbildliche Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden und dem Autobahnzoll das PCP belastete Gu-arkernmehl noch vor der Verarbeitung aus dem Verkehr genommen werden. Weitere Ausführungen zu diesem The-ma in Kapitel IV Dioxine.

Die Waschhalle einer Tankstelle

entpuppte sich als Speiseeisbetrieb

Auffällige mikrobiologische Befun-de mit Schmutzkeimen in amtlichen Proben veranlasste die Lebensmittel-überwachung, eine Kontrolle im Her-stellungsbetrieb durchzuführen. Die Überraschung war groß. Der Betrieb entpuppte sich als Waschhalle einer aufgelassenen Tankstelle. Die Pro-duktionshalle hätte sofort wieder ih-rer ursprünglichen Zweckbestimmung zugeführt werden können, da an Wän-den und Decke die entsprechenden Anbauten noch größtenteils vorhan-

Hersteller

Milcherzeugnisse und Milchbe- und -verarbeitungsbetriebe

Betriebliche Eigenkontrollen

hatten gegriffen

Nach einer Verbraucherbeschwerde über verdorbene Milch in einer geöff-neten Fertigpackung wurden in Ver-gleichsproben ebenfalls hohe Gehalte an unspezifischen, nicht pathogenen Keimen nachgewiesen. Die Beurtei-lung lautete, dass die Milch nicht für den Verzehr geeignet sei. Der Verderb war durch abweichenden Geruch und verändertes Aussehen für den Ver-braucher klar erkennbar, Erkrankungen oder weitere Beschwerden wurden nicht bekannt. Das Problem war bei den Eigenkontrollen bereits offenkun-dig geworden, und es war ein Rückruf und Vernichtung der entsprechenden Produktionschargen an die Kunden er-gangen. Da nicht ausgeschlossen wer-den konnte, dass weitere verdorbene Milch bereits von Verbrauchern ge-kauft worden war, wurde der Rückruf und eine Warnung öffentlich bekannt gemacht. Die Ursache im Betrieb war durch Stufenkontrollen eingegrenzt und durch technische Änderungen abgestellt worden.

Pentachlorphenol (PCP) und Di-

oxine in Guarkernmehl aus Indien

zog weite Kreise

In einer Vielzahl von Lebensmitteln fin-det Guarkernmehl, wenngleich auch nur im Promillebereich, Verwendung, um die Viskosität und das Wasserbin-dungsvermögen zu erhöhen. Im vor-liegenden Fall wurde Guarkernmehl aus Indien mit erhöhten Werten an Pentachlorphenol (PCP) sowie da-

Milch aus dem Milchautomat – der

Durstlöscher an der Bundesstraße

Frischmilchautomaten in Selbstbe-dienung für den Ausschank direkt ab Hoftank oder in Hofläden sind der neue Trend. Grundsätzlich ist dies ei-ne durchaus interessante Idee. Alle milchführenden Teile samt Abfüllbe-reich sind gekühlt und frostsicher, ein Intervallrührwerk verhindert ein Auf-rahmen der Milch in der Milchkan-ne und gegen Einwurf einer Münze wird die gewünschte Milchmenge in ein selbst mitgebrachtes Gefäß abgefüllt. Handelt es sich jedoch um Rohmilch, ist gewisse Vorsicht geboten, denn grundsätzlich ist die Abgabe von Rohmilch nicht erlaubt, außer wenn die Abgabe direkt im Be-trieb des Milcherzeugers unter dem Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ erfolgt und die Milch am selben Tag oder am Tag zuvor gewon-nen worden ist. Im vorliegenden Fall beabsichtigte der Betreiber eines so genannten „Selbst-pflückbauerngartens“,deretwa1,5kmvon der eigentlichen Hofstelle entfernt und direkt an einer Bundes straße liegt, sein bestehendes Angebot um einen Milchabgabeautomaten zu er-weitern. Der Milchautomat sollte Tag und Nacht den Verkehrsteilnehmern der Bundesstraße als Durstlöscher bereitstehen. Hier musste die Lebens-mittelüberwachung die Kreativität des Unternehmers etwas bremsen: Er durfte den Automaten nur direkt am Hof aufstellen.

Verschärfte Bedingungen für

Vorzugsmilch

Durch nationale Regelungen für die Rohmilchabgabe wurden die Bestim-mungen für die Vorzugsmilch erheblich verschärft. Die Grenzwerte von mikro-biologischen Parametern wurden he-rabgesetzt, bei einzelnen Werten bis auf ein Zehntel der bisher geltenden Größenordnung. Darüber hinaus fällt auch tiefgefroren in Verkehr gebrachte Milch von Kühen und anderen Tieren wie Pferden, Schafen oder Ziegen

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2007 15

den waren. Eine hygienisch einwand-freie Handwascheinrichtung war nicht vorhanden. Heißes Wasser zur Reini-gung der Geräte war nur teilweise be-reitgestellt, da der vorhandene Was-serboiler nicht voll funktionsfähig war. Man wundert sich somit nicht, dass Gerätschaften und Ausrüstungsge-genstände nur unzureichend gereinigt angetroffenwurden.Über350Literfertiges Speiseeis mussten als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt und aus dem Verkehr gezogen werden. Dem Betrieb wurden bauliche und hygienische Maßnahmen angeord-net. Doch welchen Erfolg dies hatte, zeigten die Nachproben, bei denen die Keimgehalte noch höher waren als zu-vor. Verwunderlich war dies aber nicht, zumal die elementarsten Kenntnisse in Lebensmittel- und Arbeitsplatz-hygiene fehlten. Während äußerlich geputzt und desinfiziert war, blieben Ekel erregende Beläge in Abfüllstut-zen und Gewindegängen zurück. Auch hier trifft das Sprichwort zu „wer nicht hören will, muss fühlen“ , denn auch bei der Nachkontrolle mussten in dem Betrieb erneut rund 200 Liter Speise-eis vernichtet werden.

Schimmelpilzgift in Pistazieneis –

Pistazienmasse im Kleiderschrank

Bei einem Speiseeishersteller wurde eine größere Menge Pistazienmasse wegen eines erhöhten Gehalts an Af-latoxin beanstandet. Aflatoxin ist ein Gift des Schimmelpilzes Aspergillus flavus. Dieser Schimmelpilz ist in der Natur häufig und weit verbreitet. Die Belastung schwankt dabei stark je nach Herkunftsland und Erntemetho-de. Aflatoxine haben eine starke kar-zinogene und bei Konzentrationen um 10µg/kgKörpergewichtakutleberto-xische Wirkung (Leberdystrophie).Aus Angst vor wirtschaftlichem Verlust versteckte ein Speiseeishersteller die gesamte beanstandete Pistazienmas-se in seinem Schlafzimmer. Nach ei-ner intensiven Befragung führte der Betriebsinhaber die Kontrollpersonen schließlich an sein Versteck.Mehr zum Thema ist in Kapitel IV My-kotoxine zu finden.

Bäckereien und Konditoreien

Bauliche Mängel und die Verwendung schadhafter Gerätschaften

Auch in diesem Jahr lagen die Bäckereien und Konditoreien an der Spitze der Beanstandungen. Annährend ein Drittel der überprüften Betriebe gab Anlass zubehördlichenAuflagen,Bußgeld-undStrafverfahrenundnurknapp3%derBe trie be waren vorbildlich geführt. Neben baulichen Mängeln wie fehlenden Handwaschbecken bzw. Warmwasserzufuhr, abblätternder Deckenfarbe, ab-bröckeln dem Putz und Fugenmaterial, zersplitterten Fenstern unmittelbar am Arbeitstisch, ist immer wieder die Verwendung schadhafter Gerätschaften zu nennen, die durch Splitter, Metallabrieb oder abblätternde Beschichtungen Le-bensmittel nachteilig beeinflussen und im ungünstigsten Fall zu gesundheitli-chen Beeinträchtigungen führen können. Räume, Gerätschaften und Ausrüs-tungsgegenstände werden häufig nicht ausreichend oder zu selten gereinigt. Schimmelbefall wird nicht konsequent bekämpft, sondern unter dem Motto „das kann man in einer Bäckerei nicht vermeiden“ fatalistisch hingenommen. Tatsächlich bieten Backbetriebe ideale klimatische Voraussetzungen für Schim-melpilze. Durch die Verwendung geeigneter Materialien und Anstriche sowie ausreichende Reinigung und Lüftung kann der Befall jedoch weitestgehend eingedämmt werden. Letztlich fehlten in etlichen Betrieben Insektengitter an den Lüftungsfenstern, sodass Fliegen und Wespen ungestört eindringen und sich an den frischen Back- und Konditoreiwaren gütlich tun konnten.

Hygieneschulungen in Bäckereien und Konditoreien

Obwohl seit langem jährliche Hygieneschulungen für die Beschäftigten vorge-schrieben sind, wurden diese entweder nicht durchgeführt oder trugen keine Früchte. Leider fehlte vielen Beschäftigten das nötige Verständnis für den hygie-nischen Umgang mit Lebensmitteln. Dieser Mangel ist auch durch Schulungen oft nicht auszugleichen. Allerdings kann ein Betriebsinhaber, der sich selbst die gröbsten Schnitzer im Umgang mit Lebensmitteln leistet, weder ein gutes Vorbild noch ein guter Referent für sein Personal sein. Mangelnde Händehygi-ene, stark verschmutzte Arbeitskleidung und der „Verzicht“ auf ausreichende Kopfbedeckungen sind deshalb an der Tagesordnung.

„Gläserne Produktionsstätte“

Ein Betriebsinhaber ermöglichte Interessierten regelmäßig Einblicke in seine Produktionsstätte. Dazu wurde im ersten Stockwerk eine Tribüne errichtet. Zu-schauer und Besuchergruppen konnten sich über die Brüstung lehnen und insbesondere im Kommissionierbereich direkt auf die Lebensmittel hinunter-schauen. Eine nachteilige Beeinflussung durch Husten, Niesen, herabfallende Schmutzteile und Fremdkörper war vorprogrammiert. Allerdings war auch im Betrieb selbst für reichlich nachteilige Einflüsse gesorgt. So lagerte z. B. Ar-beitskleidung zusammen mit Rucksäcken und Straßenkleidung, oder anderer Unrat stand neben offenen Zutatensäcken. Gefüllte Zutatenschüsseln waren ineinandergestapelt, sodass die Schüsselunterseiten die sich darunter befin-denden Lebensmittel berührten.

Der richtige Umgang mit rohem Ei will gelernt sein

Problematisch ist immer wieder der Umgang mit rohen Eiern. Während einer-seits Eier aufgrund des möglichen Befalls mit Salmonellen vorsichtig und ohne Berühren des Inhalts aufgeschlagen werden müssen, darf der Inhalt auch nicht anderweitig nachteilig beeinflusst werden. Immer wieder ergab sich aus der fälschlichen Beurteilung von Eiern als „unappetitliches“ Lebensmittel die Ge-wohnheit, das Aufschlagen in den unreinen Teil des Betriebes wie beispielswei-se in den Spülbereich zu verlegen. So geschah es, dass aus dem Spülvorgang Spritzwasser in die Eimasse gelangte.

16 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Hersteller von Lebensmitteln besonderer Art

Graspulver oder urgesunder „Fast Food“

Ganz besondere Herstellungsbedingungen waren in einer Firma anzutreffen, die sich auf die Herstellung von Graspul-ver spezialisiert hat. Graspulver, als Nahrungsergänzungs-mittel soll viele positive Wirkungen auf die Gesundheit ha-ben, die derzeit jedoch in der wissenschaftlichen Literatur sehr kontrovers diskutiert werden. Der Produktionsraum der Firma bestand aus einer großen Halle, die ursprünglich nicht zur Produktion von Lebensmitteln bestimmt war und die baulich in keiner Weise den Bedingungen eines Lebens-mittelbetriebes genügte. Das frisch gemähte Gras wurde di-rekt vom Feld mittels eines landwirtschaftlichen Fahrzeuges in die Produktionshalle geliefert. Hier wurde das Gras vom Fahrzeug direkt auf das Förderband einer Schneidemaschi-ne abgeladen. Diese Schneidemaschine, diente ehemals zum Zerkleinern von Heu. Die Umwidmung der Gerätschaft zur Herstellung von Lebensmitteln war jedoch nur bedingt gelungen. Denn die mit Maschinenöl geschmierten, ros-tigen Antriebsketten in unmittelbarem Kontakt mit dem so wertvollen Gras genügten den lebensmittelrechtlichen hygienischen Grundsätzen nur bedingt. Schließlich wurde das geschnittene Gras über ein Gebläse in einen offenen Trocknungsbehälter befördert. Bei Raumtemperatur trock-netdasGrasdarinca.1bis2TageundwirddannvonHandaus dem Trocknungsbehälter in Kunststoffbehältnisse bzw. Säcke gefüllt. Diese werden zu einer Mühle transportiert, die das geschnittene, getrocknete Gras zu Pulver vermahlt, in Säcke abpackt und der Firma zurückliefert. Die Portionie-rung der Bulkware in Portions-Fertigpackungen erfolgt im Keller des zugehörigen Wohnhauses.

Brauereien

Viel, viel Staub und Spuren von Schädlingen

Zahlreiche Gespinste an Holzbalken, Holzdecken und sogar an der Innen-wand der Malztrichter waren stets wiederkehrende Funde. Ebenso die di-cken Staubbeläge bei Gebäuden mit offener Holzkonstruktion und Betrieben, die sich von unnützem Gerümpel nicht trennen konnten. Offensichtlich ist den Verantwortlichen nicht klar, dass dadurch das Sauberhalten der Räu-me deutlich erschwert ist und ein Befall mit Ungeziefer gefördert wird. Schließlich ergänzten Spuren von Insekten, Spinnweben und Mehlmotten das Gesamtbild des Betriebes. In einem weiteren Fall übertraf sich eine kleinere Brauerei in der Missachtung jeglicher Hygienegrundsätze, indem sie das Braumalz in nach oben offenen Malzsilos aus Holz lagerte. Die Balken und die Holzdecke unmittelbar über den Silos und damit über dem Malz sowie die Innenwände der Silos waren derart dick mit Staub sowie mit Spinnweben und Gespinsten verunreinigt, dass aufgrund der unhygienischen Lagerbedingungen die Untersagung der Verwendung des Malzes zum Bierbrauen unumgänglich war.

Fruchtsafthersteller

Ist Trinkwasser zur Rückverdünnung von Fruchtsaft-

konzentraten geeignet?

Trinkwasser entspricht nicht automatisch den Vorgaben für Wasser, das zur Rückverdünnung von Konzentrat ver-wendet werden darf. In den Leitsätzen für Fruchtsäfte sind Anforderungen an solches Wasser genannt. Dies ist nicht allen Betrieben bewusst. Vielmehr gehen die Hersteller stillschweigend davon aus, dass das Trinkwasser der öffent-lichen Versorger Lebensmittelqualität aufweist und deshalb uneingeschränkt verwendet werden kann. Ein Hersteller musste darüber belehrt werden, dass der Nitratgehalt zwar nach der Trinkwasserverordnung zulässig ist, für ein Rück-verdünnungswasser jedoch zu hoch liegt und deshalb im Betrieb entsprechende Aufbereitungsmaßnahmen erfor-derlich sind.

Auch ein Erntehelfer braucht ein stilles Örtchen

Durchaus erheblich war die Feststellung im Rahmen einer Kontrolle bei einem Fruchtsafthersteller. Da in der Erntezeit zahlreiche zusätzliche Helfer benötigt wurden, hatte der Betriebsinhaber beschlossen, im Hofbereich ein transpor-tables Toilettenhäuschen aufzustellen. Die mobile Toilette verfügte jedoch über keine Handwaschmöglichkeit, sodass die Arbeit ohne die selbstverständlichen Hygienemaßnah-men fortgeführt wurde. In einer Eilaktion konnte das Toilet-tenhäuschen mit Handwaschbecken, Warmwasserbereiter und Handtuchspender ausgestattet werden; im gleichen Zuge erhielt auch das Handwaschbecken der Toilette im Haus einen Warmwasseranschluss und die unhygienischen Gemeinschaftshandtücher wurden durch Einweghandtü-cher ersetzt.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2007 17

Lebensmittelgroßhändler

Noch immer „Gammelfleisch“ …

Unappetitliche Hähnchenschenkel aus den Nie-

derlanden

Rund 8 Tonnen „frische“ Hähnchenschenkel aus den Niederlanden wurden in einen Fleischverarbeitungs-betrieb geliefert. Beim näheren Hinsehen fielen der kontrollierenden amtlichen Tierärztin fäkale Verunrei-nigungen und anhaftende Darmabschnitte auf. Die Hähnchenschlegel wurden sofort beschlagnahmt, da es sich hierbei offensichtlich um kein sicheres Lebensmittel handelte. Weitere Ermittlungen der in den Niederlanden zuständigen Behörde ergaben, dass am Vormittag des betreffenden Schlachttages die Maschine, die automatisch den Darm entfernt, ausgefallen war. Sämtliche Hähnchen mussten per Hand ausgenommen werden. Gemäß dem Verur-

sacherprinzip wurde die beschlagnahmte Ware nach Rücksprache mit den nieder-

ländischen Behörden in einem ver-plombten Fahrzeug zurück in den niederländischen Betrieb gebracht und dort durch die zuständige Be-hörde in Empfang genommen.

Bio-Gammelfleisch

Im Kühlraum eines Bio-Betriebs wurden650kghochgradigverdor-

bene Fleischwaren vorgefunden. Es bestand im Kühlraum ein wildes Durchei-

nander zwischen Ungenießbarem und noch mit gültigem Mindesthaltbarkeitsdatum versehener Ware. Wie so oft, passte das gesamte Ambiente auch hier zu diesem Fund. Die Decke stellte sich als geschlossener Pilzbelag dar, der sogar die im Raum installierten Gerätschaften mit einschloss. Der verantwortliche Betreiber musste die gesam-te Ware entsorgen, und eine intensive Reinigung wurde angeordnet. Um zu überprüfen, ob auch die letzten Spuren an Pilzsporen entfernt wurden, hatte die zuständige Überwachungsbehörde mikrobiolo-gische Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis war, dass nach dem ersten Reinigungsdurchgang noch erhebliche Mengen von Keimen nachgewie-sen werden konnten. Eine weitere Putzaktion war notwendig, bis durch Umfeldproben der Reinigungs-erfolg bestätigt wurde. Daraus wird ersichtlich, dass ein einmal mikrobiell belasteter Raum nicht ohne weiteres in einen lebensmittelkonformen Zustand zu bringen ist.

Lebensmitteleinzelhandel

Navel-Orangen oder Tarocco-Orangen aus Sizilien –

„Alles Bio oder doch nicht?“

Untersuchungen einer amtlichen Probe von so genannten „Bio-Orangen“ ergaben Rückstände an Pflanzenschutzmit-teln mit Werten unterhalb der Rückstandshöchstmengen. Im ökologischen Landbau hätten die nachgewiesenen Pflan-zenschutzmittel jedoch nicht verwendet werden dürfen. Damit stellte sich die Frage, ob es sich hier tatsächlich um Bio-Orangen handelte. Zusätzliche Ermittlungen ergaben, dass es sich höchstwahrscheinlich um konventionelle Ware gehandelt hatte. Der Einzelhändler hatte in dem Zeitraum vor der Probennahme Bio-Orangen zum Verkauf angeboten und eventuell versäumt das Schild „Bio-Orangen“ zu ent-fernen. Wie es nun wirklich zu dieser Verwechslung kam, konnte im Nachhinein nur noch vermutet werden. Es wurde deshalb gegen den Betreiber Strafanzeige erstattet.

Fruchtgetränk mit unerwünschten Nebenwir-

kungen

EineMutterkauftefür ihren5-jährigenSohn ein Fruchtgetränk im Tetrapack in einer Bäckerei. Nachdem die Frau mit dem Kind das Geschäft verlassen hatte, nahm der Sohn einen kräftigen Schluck aus dem Tetrapack, worauf er sich sofort erbrach. Die besorgte Mutter nahm daraufhin zur Kontrolle ebenfalls einen Schluck aus der Geträn-kepackung. Auch bei dieser stellten sich sofort Magenkrämpfe und Erbrechen ein. Bei der sofortigen Beschwerde in der Bäckereifiliale erlitt die Verkäuferin ebenfalls Magenkrämpfe und Übel-keit, nachdem sie von ihrer Chefin aufgefordert worden war, das Getränk zur Kontrolle zu verkosten. Beim Eintref-fen der Lebensmittelüberwachung und Polizei bot sich zu-nächst ein dramatisches Bild, da am Tatort inzwischen drei Krankenwagen mit Blaulicht standen. Die Ursache für die Beschwerden der genannten Personen war ein „Luftzie-her“ der Getränkepackung, der zu einem starken Schim-melbefall geführt hatte. Strafermittlungen durch die Polizei wurden durchgeführt.

18 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Der Verzehr von Reis machte den Einsatz eines Ret-

tungsbusses notwendig

Der in einer Großküche zubereitete und an die Gäste zweier Kantinen ausgegebene Reis erwies sich als höchst unbe-kömmlich. Bei einer großen Anzahl der Gäste stellte sich

bereits kurz nach Verzehr des Mittagessens star-ke Übelkeit ein. In der Folge kam es nicht nur

zu einem Gedränge auf den Toiletten, son-dern auch zu logistischen Problemen bei der Notversorgung der Erkrankten. Weil die herbeigerufenen Rettungsfahrzeuge schon bald nicht mehr ausreichten, um alle Erkrankten zu versorgen, musste ein Rettungsbus der Feuerwehr eingesetzt

werden. Durch umfangreiche Ermittlun-gen konnte die Ursache schließlich ausge-

macht werden. Sporenbildende Bakterien hat-ten den Kochprozess überstanden und innerhalb

kurzer Zeit Übelkeit erregende Giftstoffe gebildet. Durch die sofort eingeleiteten Sicherungsmaßnahmen, die auch eine Änderung im Produktionsablauf bedingten, wurde die Gefahr letztlich gebannt. Die Kantinengäste können ihre Speisen seither wieder unbesorgt genießen.

Dienstleistungsbetriebe

Küchenbetriebe / Kantinen / Fernküchen

4-Sterne-Hotel erlitt Schiffbruch

Bei der Kontrolle eines 4-Sterne-Hotels in Nordbaden wur-den katastrophale Hygienemängel festgestellt. Das Hotel, das bisher der Überwachungsbehörde als sehr ordentli-cher Betrieb bekannt war, hatte durch den Wechsel des Kü-chenchefs eine negative Entwicklung erfahren. So waren die Räume und Einrichtungsge-genstände heruntergewirtschaftet, eine strikte Trennung zwischen reinen und unreinen Bereichen war nicht mehr erkennbar. Demnach wurden erd-behaftete und bereits verzehrsfer-tig zubereitete Lebensmittel ohne Kontaminationsschutz, wie beispiels-weise verschlossene Behältnisse, zusammen aufbewahrt. In Schüsseln, die ineinandergestellt waren, befand sich Restwasser mit Schmutzansammlungen. Kunststoffbehälter für Lebensmittel waren gesplittert und rochen deutlich unsauber. Abschnitte von Abwasser-Kunststoffrohren mit anhaftenden Kunststoffspänen an den Schnittflächen wurden zum Ausstechen von Lebensmitteln verwendet. In der Personaltoilette für Männer war kein funktionsfähiges Handwaschbecken, Seife fehlte gänzlich, der Handtuchspender war leer, das Handwaschbecken stark verschmutzt. Toilettenpapier lag auf dem Fußboden. Der Küchenleiter beschwerte sich heftig über die vielen Beanstandungen und die nach seiner Meinung zu scharfe Kontrolle. Vielleicht hatte er die Kontrollbehörde einfach zu spät bemerkt, denn die Küchentür zum überdachten Innenhof stand offen. Dort standen schon zwei (Flucht?-) Fahrräder bereit.

Mit dem Filialleiter einer Bank war „nicht gut Kirschen

essen“

Die Kontrolle der Kantine einer Bank wurde erheblich ver-zögert, da der Filialleiter erst mit seinem Juristen Rück-sprache halten wollte, ob eine solche Kontrolle geduldet werden muss. Als auch nach längerer Diskussion immer noch kein Weg zur Küche gewiesen wurde, half nur noch der nachdrückliche Hinweis, das verweigerte Betretungs-recht der Überwachungsbehörde nach der Lebensmittel- und Futtermittelrechtssetzung gegebenenfalls über eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2007 19

Betriebshygiene in einem asiatischen Lokal

Ein Negativbeispiel gab der Betreiber eines asiatischen Lo-kals. Dieser ließ seine Küchenmitarbeiter in schmutziger Kleidung hantieren. Die überaus verdreckte, fetttriefende Küche fand ihre Fortsetzung bis in die Lebensmittellager-räume im Keller. Hier hatte das Fett bereits einen Weg entlang von Rohren und Fugen gefunden und tropfte von der Decke oder lief an Betonpfeilern herab. Zudem war die Kühlung in einigen Kühleinrichtungen ausgefallen, was sich bereits erkennbar auf manche Lebensmittel ausge-wirkt hatte. Eine vorübergehende Betriebsschließung, die Entsorgung der dort behandelten Lebensmittel, zahlrei-che Nachkontrollen und letztlich eine Strafanzeige waren die Konsequenzen. Trotz dieser Maßnahmen wurden bei

Folgekontrollen erneut gravierende Mängel vorgefun-den. Ob die daraus resultierende Verurteilung

zu acht Monaten Haft auf Bewährung und einerGeldstrafevon15001 Besserung

bringt, werden die künftig in kurzen Ab-ständen durchzuführenden Betriebs-kontrollen zeigen.

Salmonellose

Nach dem Besuch einer mehrtägigen, öffentlichen Gastronomie-Veranstaltung

erkrankten mehrere Personen an Salmo-nellose.Etwa1WochenachderVeranstal-

tung konnte aus einer Tupferprobe aus dem Her-stellungsbetrieb der Speisen der gleiche Salmonellen-

Stamm wie bei den Erkrankten nachgewiesen werden. Dies bewies einen kausalen Zusammenhang mit den le-bensmittelbedingten Erkrankungen, obwohl in diesem Fall nach Eingang der Erkrankungsmeldungen keine Lebens-mittelproben mehr erhoben werden konnten. Gegen den Verantwortlichen wurde ein Strafverfahren eingeleitet.Weitere Fälle mit lebensmittelbedingten Erkrankungen sind in Kapitel IV Krankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische Besonderheiten zu finden.

Eine Gaststätte, ein Fundort für uralte Lebensmittel

Bei einer Routinekontrolle in einer Speisegaststätte wur-den vier Tiefkühltruhen mit überlagerten Lebensmitteln angetroffen. Bei Fisch, Fleisch und Geflügel waren die Verbrauchsdaten teilweise schon 6 Jahre abgelaufen. Ei-nige Waren wiesen Mindesthaltbarkeitsdaten auf, die vor 8 Jahren abgelaufen waren. Die Waren mussten umgehend unschädlich vernichtet werden. Es erfolgte die Einleitung einer Strafanzeige.

Gastronomie

Betriebsschließung Landgaststätte

Eine Verbraucherbeschwerde führte das zuständige Ve-terinäramt in eine Landgaststätte. Die vorge-

brachte Beschwerde bestätigte sich. Es wurden massiv verschmutzte Betriebs-

räume angetroffen. Insbesondere die Küche war so verunreinigt, dass ein weiterer Betrieb der Gaststätte so-fort untersagt werden musste. Es herrschte ein Durcheinander von verschmutztem Geschirr, Verpa-

ckungen, Reinigungsmitteln und pri-vaten Lebensmitteln. Fußboden, Herd,

Friteuse, Kaffeemaschine und sämtliche Gegenstände waren Ekel erregend stark

verschmutzt. Sowohl in der Küche als auch im Kühlhaus wurden nicht mehr zum Verzehr geeignete Lebensmitteln wie schmierige Hähnchen, verschimmelte Erdbeeren, angeschimmeltes Gemü-se und überlagerte Molkereiproduk-te gelagert. Auch ein Händewaschen war in diesem Betrieb nicht möglich, denn alle Handwaschbecken waren zugestellt und Seife und Einmalhand-tücher fehlten gänzlich. Der Schimmel setzte sich in alle Fugen, sodass sämtliche Dichtungen von Kühleinrichtungen nicht nur ver-dreckt sondern auch schwarz versport waren. Letztlich war auch ein ordentlicher Toilettengang nicht möglich, da

die Personaltoilette als Abstellraum genutzt wurde. Es bedurfte dreier Nachkontrollen,

bis der Betrieb wieder in einen akzep-tablen Zustand gebracht wurde und

die Untersagung der Speiseabgabe aufgehoben werden konnte. Eine Ordnungswidrigkeitenanzeige war damit unumgänglich.

20 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Umlade- Aktion einer überregional tätigen, mobilen

Hähnchengrillfirma

Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung wurden meh-rere Grillwagen einer Firma durch das Veterinäramt und die Polizei überprüft. Einem aufmerksamen Passanten war aufgefallen, dass regelmäßig Umlade-Aktionen von rohen und gewürzten Hähnchen, Haxen und Spareribs auf einem unbefestigten Schotterplatz stattfanden. Diese Umladung der noch rohen Produkte erfolgte unter freiem Himmel. Da-bei wurden sie teilweise für kurze Zeit im Freien zwischen-gelagert. Bei näherer Inspektion der Grillfahrzeuge kamen 23StückHaxen,11ganzeHähnchenund3StückSpareribsangegrillt vom Vortag zum Vorschein. Diese nicht vollstän-dig durchgegarten Grillprodukte hätten im Kühlschrank ge-

lagert werden müssen. Nachdem dies nicht der Fall war, mussten sämtliche Grillprodukte entsorgt

werden. Für die Zukunft wurden dem Be-treiber weitere Umladeaktionen unter

freiem Himmel untersagt. Schließlich wurde gegen den Unternehmer eine Ordnungswidrigkeitsanzeige erstat-tet.

Zeltlager in rustikaler Form

Aufgrund eines anonymen Hinweises wurde der Überwachungsbehörde be-

kannt, dass ein gewerblicher Reiseveran-stalter für einen privatrechtlichen Fernsehsen-

der ein Kinder- und Jugendcamp durchführte, in dem bis zu 200 Kinder im wöchentlichen Wechsel während der Sommerferien Urlaub machen konnten. Bei der Vorortkon-trolle fanden die Veterinärin und die Lebensmittelkontrol-leurin Zustände vor, die zwar mancher romantisch finden würde, die jedoch in keinerlei Hinsicht dem erforderlichen hygienischen Standard entsprachen. In Küche und Lebens-mittellager war Schlamm und wuchs Gras, da das Zelt nicht dicht verschlossen war und bei jedem Regenguss Wasser eindringen konnte. Kühlpflichtige Lebensmittel waren zu warm gelagert, die Essensausgabe erfolgte ungeschützt unter freiem Himmel, und Lebensmittel, Abfälle, Medika-mente sowie Gebrauchsgegenstände wurden bunt ge-mischt aufbewahrt. Mit vereinten Kräften und unter Anlei-tung der Lebensmittelüberwachung wurden die Missstän-de schnell beseitigt, sodass eine Schließung des Zeltlagers nicht notwendig war. Doch ein kleiner Denkzettel durch ein Bußgeld war unumgänglich.

Küchenbetriebe in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung

Mangelhafte Hygiene in einem Altenpflegeheim

Ein Alten- und Pflegeheim beherbergt, pflegt und verköstigt alte und oft pflegebedürftige Menschen. Diese sind durch das Gesetz besonders geschützt, da sie meist anfälliger sind als junge und gesunde Menschen. Auf die Einhaltung der Hygiene wird vonseiten der Lebensmittelüberwachung ein besonderes Augenmerk gelegt. In dem vorliegenden Fall wurde ein Altenheim als Familienbetrieb geführt, die Tochter als Leiterin und die 70 Jahre alte Mutter als Köchin. Das Ganze hatte eher den Anschein einer Wohngemein-schaft. Die Küchentüre stand stets offen, sodass der Zu-gang zur Küche für jedermann allzeit möglich war. Das Per-sonal wurde sowohl in der Küche als auch im Pflegebereich eingesetzt. Dies geschah jedoch ohne Wechsel der Arbeits-kleidung und ohne Händereinigung, da hierfür die not-wendigen Einrichtungen fehlten. Eine allein für den Lebensmittelbereich verantwortliche Person gab es nicht. So kam es natürlich vor, dass auf einer Arbeitsfläche kühl-pflichtige Lebensmittel ohne Kühlung gelagert wurden, die dann wieder an die Bewohner ausgegeben werden sollten. Nachdem die Beseitigung der Mängel mündlich angeordnet worden war, erfolgte nach kurzer Zeit wieder eine Nachkontrolle. Eine bittere Enttäu-schung für die Lebensmittelkontrolleure war das Ergebnis dieser erneuten Überprü-fung. Massive Hygienemängel, beinahe schlimmer als zuvor, wurden der Überwachung dargeboten. Zur Abhilfe der Missstände wurde eine gebührenpflichtige Anordnung erlassen und das Verhalten der Leiterin lebensmittelrecht-lich geahndet. Des Weiteren wurde die Kontrollhäufigkeit erhöht. Dabei zeigte sich eine erhebliche Verbesserung der Hygienesituation in dem Betrieb. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Zustand anhält. Jedenfalls wird die Überwachung noch längere Zeit ein verstärktes Augenmerk auf diesen Küchenbetrieb richten.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2007 21

Handwerkliche Hersteller und Direktvermarkter

Wasser – Lebenselixier und

Konfliktstoff

Wasser ist neben Luft und Nahrung die wichtigste Lebensquelle. Bei Ver-wendung von Wasser zur Lebens-mittelherstellung wird Trinkwasser-qualität vorausgesetzt. In den länd-lich strukturierten Gegenden gibt es immer noch Anwesen, die ihr Was-ser aus eigenen Trinkwasserquellen beziehen. Aus unterschiedlichsten Gründen kann es vorkommen, dass dieses Wasser bakteriell verunreinigt ist. Deshalb müssen Betriebe, die ihr eigenes Quellwasser zur Lebensmit-telherstellung nutzen, durch regelmä-ßige Untersuchungen sicherstellen, dass das Wasser Trinkwasserqualität besitzt. Diese Sorgfaltspflicht war so manchem Direktvermarkter nicht be-wusst, sodass die Lebensmittelüber-wachung in einigen Fällen die Nutzung einer hauseigenen Quelle zur Lebens-mittelherstellung untersagte.

Bäckereien und Konditoreien

Efeu wucherte in die Backstube

Bei einer Betriebskontrolle in einer Bäckerei mussten massive bauliche und hygienische Mängel festgestellt werden. Seit Tagen war wohl nicht mehr gereinigt worden. Es standen Behälter mit eingetrocknetem, aufge-schlagenem Ei und mit unverhüllten Backzutaten auf nicht gereinigten und mit Altschmutz überzogenen Arbeits-tischen. Durch die Fenster wuchs be-reits Efeu in die Backstube. Es erfolg-te die sofortige Untersagung weiterer Herstellung von Backwaren. Zudem wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfah-ren eingeleitet.

Metzgereien

„Ziegensalami 100 % Ziege, luftgetrocknet” – ohne Ziegen-

fleischanteil

Die Lebensmittelüberwachung eines Landkreises in Baden-Württem-berg erhielt ein laufendes Verfahren wegen vorsätzlicher Verbraucher-täuschung von der Staatsanwaltschaft Berlin überstellt, da der Herstel-ler seinen Sitz in Baden-Württemberg hatte. Die entnommene Probe „Ziegensalami100%Ziege“wurdebeanstandet,dasichtatsächlich0%Ziegenfleischanteil in dieser Wurst befand. Die Ermittlungen vor Ort beim herstellenden Metzger ergaben, dass es sich hier wirklich nur um eine Verwechslung handeln konnte, da in der Kühlung sowohl eine Charge Ziegensalami als auch eine Charge Rinder-salami gelagert worden war. Da in diesem Metzgereibetrieb kein funktio-nierendes Eigenkontrollsystem vorhanden war, und die Produkte ohne die entsprechende Kennzeichnung nicht auseinanderzuhalten waren, konnte diese Verwechslung geschehen. Eine vorsätzliche Handlungs-weise war hier nicht erkennbar, weshalb der betroffene Metzgermeister lediglicheinBußgeldinHöhevon3001 erhielt.

22 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Urkundenfälschung bei Lebens-

mitteln

Ein Direktvermarkter hatte schlechte Karten, als die Lebensmittelüberwa-chung ihm einen Besuch abstattete. Der gesamte Hofladen befand sich in einem sehr unhygienischen und unordentlichen Zustand. Es wurden verschimmelte, verdorbene und ab-gelaufene Lebensmittel zum Verkauf angeboten und kühlpflichtige Lebens-mittel ungekühlt gelagert. Doch dies alles war nicht der hauptsächliche Beanstandungsgrund. Vielmehr stell-te sich im Laufe der Inspektion bei ver-schiedenen Lebensmitteln Probleme mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum heraus. Auf mehreren Fertigverpa-

noch zum Verkauf angeboten. Durch Abändern des Mindesthaltbarkeitsda-tums müsste die Direktvermarkterin einen Nachweis erbringen, dass die Lebensmittel noch zum Verzehr geeig-net sind. Dies konnte in keinem Fall erbracht werden. Die abgelaufenen Waren wurden noch in Anwesenheit der Überwachungspersonen entsorgt. Neben einer verwaltungsrechtlichen Anordnung wurde gegen den Direkt-vermarkter, wegen des eigenmäch-tigen Abänderns des Mindesthalt-barkeitsdatums ein Strafverfahren eingeleitet, da es sich hierbei um Ur-kundenfälschung handelte.

ckungen von gebrannten Haselnüs-sen fehlte das Mindesthaltbarkeits-datum komplett, trotz des Verweises auf ein entsprechendes Etikett. Die-ses Zusatzetikett wurde wohl einfach entfernt, um den Haselnüssen einen besseren Anschein zu verleihen und um sie noch verkaufen zu können. Des Weiteren wurde auf kleinen Gläschen, die mit Bärlauchpesto befüllt waren, das Mindesthaltbarkeitsdatum durch die Direktvermarkterin einfach ab-geändert. Ursprünglich war es nur bis12.2005haltbar–dochausdem2005wurdeein2006gemacht.Aller-dings war es zum Zeitpunkt der Kon-trolle bereits September 2007. Diese Gläschen wurden im Hofladen immer

Schlachten „wie zu Großvaters Zeiten“

Seit einigen Jahren findet an einem Herbstwochenende in einem Bauernhaus-Museum in Oberschwaben, ein „Schlachttag – wie es zu Großvaters Zeiten war“ statt. Es werden dabei drei oder vier Schweine, die auf dem Museumsgelände gemästet wurden, lebend an Interessenten verkauft und als Hausschlachtung geschlachtet. Das Veterinäramt beaufsichtigt das Geschehen hinsichtlich des Tierschut-zes und führt die Schlachttier- und Fleischuntersuchung durch. Im Zuge der Vorbereitungen war man übereingekommen, die Tätigkeiten des Ausnehmens, Zerlegens und Verarbeitens und auch der amtli-chen Fleischuntersuchung öffentlich zu gestalten. Den eigentlichen Schlachtvorgang, also das Betäuben und Entbluten, wollte man den Augen der Öffentlichkeit jedoch entziehen. Diese Vorgehensweise wurde jedoch als „Heimlichtuerei“ vom Publikum heftig kritisiert. Es wurde nicht nur der Verdacht geäußert, man hätte etwas zu verber-gen und das Schlachten liefe wohl doch nicht so tierschutzgerecht ab, wie immer behauptet würde, sondern auch war zu hören, es sei gerade diese Tätigkeit, die manche Eltern bewusst ihren Kindern vor Augen führen wollten. Diese Vorwürfe waren nicht erwartet worden und haben zu Diskussionen über das Vorgehen in der Zukunft ge-führt. Es hätte die Möglichkeit bestanden, einem Teil des Publikums den Schlachtvorgang über einen Hintereingang des Gebäudes zu-gänglich zu machen. Diese Überlegungen wurden aber verworfen und stattdessen beschlossen, bei der bisherigen Verfahrensweise zu bleiben.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2007 23

Positives Fazit bei der Rückverfolgbarkeit

Bei fast allen Betrieben war die Rückverfolgbarkeit entwe-der computergestützt oder „klassisch“ mit Lieferscheinen sichergestellt. Es konnten in relativ kurzer Zeit Unterlagen sowohl über eingehende als auch über ausgehende Lie-ferungen vorgelegt und damit die Warenströme nachvoll-zogen werden.

Monitoringprogramme bei Wildschweinen

Auch 20 Jahre danach sind die Folgen des Desasters von Tschernobyl in bestimmten Gebieten Baden-Württembergs immer noch erkennbar. Im Rahmen des Monitoringpro-gramms „Radioaktivität bei Wildschweinen“ ist die Jäger-schaft gemeinsam mit der Lebensmittelüberwachung tätig.

Deshalb wird in den betroffenen Gebieten jedes Wildschwein auf seinen Cäsiumgehalt unter-

sucht, bevor deren Fleisch nach erfolgter Trichinenuntersuchung zum Verzehr frei-

gegeben wird. Werden die festgeleg-ten Werte nicht eingehalten, wird das Tier als Sondermüll entsorgt. Ursächlich für die besondere Belas-tung von Wildschweinen liegt an de-

ren arteigenen Nahrungsaufnahme, nämlich dem Wühlen im Erdreich (siehe

auch Kapitel IV Radiochemische Untersu-chungen).

Dies ist auch der Grund für ein weiteres, im Jahr 2007 begonnenes Monitoringprogramm, bei dem in Wild-schweinlebern auf perfluorierte Tenside untersucht wird. Als Herkunft dieser Kontamination wird verunreinigter Klärschlamm vermutet. Das Bundesinstitut für Risikobe-wertung hat in einer Stellungnahme diese perfluorierten organischen Verbindungen „aufgrund des ubiquitären Nach-weises in Umwelt- und Humanproben sowie wegen ihrer reproduktionstoxischen und kanzerogenen Eigenschaften als kritisch bewertet“ . Wildschweine sind für diese Stoffe besonders gut als Indikatoren geeignet, da sie ihre Nah-rungsaufnahme nicht über den Aufwuchs, sondern über erdbehaftete Nahrung erreichen.

Schwerpunktkontrollen

Eigenkontrollen / Rückverfolgbarkeit

Noch Verbesserungsmöglichkeiten bei den Eigen-

kontrollen

Um die betrieblichen Eigenkontrollkonzepte einheitlich überprüfen zu können, werden die Bewertungen seit Oktober 2006 in Baden-Württemberg von einer Projekt-gruppe durchgeführt. Bis Ende des Jahres 2007 wurden 81Betriebeüberprüft.EinGroßteilderBetriebewarnachInternational Food Standard (IFS) zertifiziert. Bestandteil hiervon ist bereits ein System von Kontrollmaßnahmen, das auf den Grundsätzen des HACCP-Konzeptes nach Codex Alimentarius basiert. Es war zu prüfen, ob die vorgeleg-ten Konzepte mit den Vorgaben des Codex Alimentarius übereinstimmten. Das Ergebnis dieser Erhebungen zeig-te, dass die meisten Betriebe über ein System verfü-gen, das diese Forderung erfüllt, wenngleich kleinere oder größere Mängel feststellbar waren. Es gab jedoch auch Betriebe, vor allem Großbetriebe, die bei der Kon-trolle zur vollsten Zufriedenheit abge-schlossen haben. Dennoch blieb ein Restvon11%derBetriebe,beide-nen zum Zeitpunkt der Überprüfung kein HACCP-Konzept vorlag. Als häufigste Mängel waren die fehlen-de oder nur unzureichende Gefahrenana-lyse und betriebsspezifische Bewertung der Risiken zu beanstanden. Kritische Lenkungs-punkte wurden nicht erkannt, die Kontrollfrequenz an kritischen Lenkungspunkten und die dazugehörige Doku-mentation waren nicht ausreichend. Korrekturmaßnahmen an kritischen Lenkungspunkten waren mangelhaft oder fehl-ten ganz, wichtige Prozessschritte wurden entweder nicht oder zu wenig beurteilt und bewertet, Rohstoffspezifikation und Spezifikation des zuliefernden Herstellers stimmten nicht überein. Bei fast allen Betrieben war die Metalldetek-tion als kritischer Lenkungspunkt formuliert. In vier Fällen musste bei der Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Metalldetektors vor Ort jedoch festgestellt werden, dass die Metalldetektoren nicht oder fehlerhaft detektierten. Verifizierungsmaßnahmen („Tue ich es richtig?“) zeigten häufig Mängel und Validierungsmaßnahmen („Tue ich das Richtige?“) fehlten in vielen Betrieben. Die Verarbeitung von Restbeständen aus der Überproduktion (rework) wurde in einigen Fällen nicht einer Gefahrenanalyse unterzogen und auch nicht im Ablaufschema erwähnt. Ebenso fehlte die Bewertung und Beurteilung von verwendetem Trink-wasser sowie von Zusatz- und Verarbeitungshilfsstoffen. Weit verbreitet war auch die Vermischung von Aspekten der Lebensmittelsicherheit und Aspekten der Qualität.Die Betriebsverantwortlichen der von der Arbeitsgruppe kontrollierten Lebensmittelhersteller erwiesen sich durch-weg als kooperativ und aufgeschlossen und erklärten sich bereit, die Mängel abzustellen.

24 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Lebensmittelhandel im Internet

Verkauf von verschiedenen Käselaiben im Internet

Das Ganze begann mit einem Gutachten wegen eines Kennzeichnungsmangels bei einem Schmelzkäseprodukt eines baden-württembergischen Herstellers infolge einer Verbraucherbeschwerde. Die Besonderheit dabei war, dass das Produkt zusammen mit mehreren anderen Käsesorten und Gewürzen in ebay zum Verkauf angeboten wurde. Der Firmenstempel im Original auf dem verpackten Käselaib führte die Lebensmittelüberwachung zum Herstellerbe-trieb. Mit Vorlage des Gutachtens bei der Firmenleitung stellte sich heraus, dass die Firma gar keine Produkte in ebay anbietet. Bei den angebotenen Käsesorten handelte es sich um Produkte, die der Betrieb zwar als Rohware verarbeitet, jedoch nicht selbst herstellt. Im Rahmen ei-ner Betriebskontrolle fiel jedoch auf, dass Firmenstempel und Aufkleber sowie Plomben für die Nebentüren für je-dermann leicht zugänglich waren. Die Firmenleitung erbat sich eine gewisse Frist, um der Sache nachzugehen, da sie davon ausging, bestohlen worden zu sein. Deshalb er-stattete der Betrieb sofort Anzeige wegen Diebstahls. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf. Untersuchungen ergaben, dass ein Mitarbeiter der Firma Käse und Gewürze gestohlen und diese dann durch die verplombten Nebentü-ren nach draußen verbracht hatte. Dort wurden die Lebens-mittel durch eine weitere Person abgeholt und von dieser auch im Internet zum Verkauf angeboten. Aufgefallen war der Angestellte letztendlich durch eigenes Einstellen der gestohlenen Käseprodukte in ebay mit dem Originalaufkle-ber der Firma. Der Angestellte war geständig und musste sofort das Unternehmen verlassen. Die Firmenleitung hatte in der Zwischenzeit veranlasst, dass neue Verplombungen nur noch im Büro gegen Unterschrift abgeholt werden kön-nen. Des Weiteren werden auch die Verplombungen an den Seitentüren besser überprüft. Im vorliegenden Fall hatte der Täter durchaus noch Glück gehabt, da es sich ledig-lich um Kennzeichnungsmängel gehandelt hatte. Bei einer Beanstandung wegen Gesundheitsgefährdung wäre die Sachlage für ihn wesentlich heikler gewesen. Der Handel von Lebensmitteln im Internet nimmt stetig zu. Eine Entwicklung, die der Lebensmittelüberwachung im Sinne des Verbraucherschutzes Sorge bereitet, da im Falle einer Beanstandung oder gar einer Erkrankung eine Ermittlung und damit eine Ursachenbeseitigung oftmals sehr schwierig ist.

Frau Dr. Pfleghar, LRA Ravensburg und Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen ◆

Verkehrskontrollen

Überwachung beim Transport von Lebensmitteln

Verschiedene Verkehrskontrollen zeigten erhebliche Defizite in der Einhaltung der vorgeschriebenen Transportbedingungen für Lebensmittel auf. Neben hygienischen Mängeln wurden häufig die Tempera-turvorgaben nicht eingehalten. In einem Fall wurde bei einer Polizeikontrolle ein Leihfahrzeug angehal-ten, in welchem ungekühlte Torten und Backwaren unter unhygienischen Umständen transportiert wur-den. Die Lebensmittelüberwachungsbehörde stellte vor Ort bei einer Außentemperatur von 28 °C eine Kerntemperatur der Waren von über 20 °C fest. Ein anderes Mal hatte ein Lebensmittelhändler Tief-kühlkost und kühlpflichtige Lebensmittel mangels Kühlfahrzeug in einem normalen Transporter beför-dert. Der Beamte der Lebensmittelüberwachung ließ das Fahrzeug samt Inhalt durch die Polizei zum Herkunftsort zurück eskortieren, nachdem er die Unterbrechung der Kühlkette dokumentiert hatte. In beiden Fällen wurde die gesamte Ware aus dem Verkehr gezogen und ein Bußgeldverfahren einge-leitet.Der absolute Gipfel der Dreistigkeit wurde bei ei-ner weiteren Kontrolle eines Kühlfahrzeuges für Lebensmittel festgestellt, bei dem tierische Ne-benprodukte und Schlachtabfälle im Transportbe-reich der Lebensmittel vorgefunden wurden. Die Lebensmittelüberwachung ließ die Produkte sofort einfärben. Da das Fahrzeug aus einem angrenzen-den Bundesland stammte, wurde die Weiterleitung an die zuständige Behörde veranlasst, von wo aus die Betriebsschließung erfolgte und eine Anzeige eingeleitet wurde. An den aufgeführten Beispielen ist zu erkennen, dass eine ständige Präsenz der Lebensmittelüber-wachung auch beim Transport von Lebensmitteln notwendig ist.

Schwerpunktkontrollen / Lebensmittelhandel im Internet Jahresbericht 2007 25

Die Generaldirektion für Verbraucherschutz und Gesundheit der Europäischen Kommission veröffentlicht wöchentlich eine Zusammenfassung der Meldungen aus allen Mit-gliedsländern in anonymisierter Form. Genannt werden die Art des Produkts und das festgestellte Problem, der Ursprung des Produkts sowie der meldende Mitglieds-staat. Die wöchentlichen Zusammenfassungen können im Internet abgerufen werden unter: http://ec.europa.eu/food/food/rapidalert/index_en.htm.Die Verbraucher können jedoch sicher sein, dass im Zu-sammenhang mit den aufgeführten Fällen die Behörden bereits aktiv geworden sind, um die weitere Verbreitung der betroffenen Produkte zu verhindern.

Weitere Informationen zum System und den Meldewegen sind unter www.bvl.bund.de > Lebensmittel > Sicherheit und Kontrollen > Schnellwarnsysteme zu finden.

Frau Bienzle, MLR ◆

Mehr Lebensmittelsicherheit durch das europäische Schnellwarnsystem

Wenn von bestimmten Lebens- oder Futtermitteln in der Europäischen

Gemeinschaft gesundheitliche Risiken ausgehen, dann sorgt ein Schnell-

warnsystem (Rapid Alert System for Food and Feed = RASFF) dafür, dass

entsprechende Informationen über Ländergrenzen hinweg überall dorthin

gelangen, wo möglicherweise die Gefährdung besteht.

Dazu werden entweder Warn- oder Informationsmeldun-gen verschickt:

• Warnmeldungen,wenndieLebens-bzw.Futtermittel,von denen eine Gefahr ausgeht, auf dem Markt sind und

• Informationsmeldungen,wenneineGefährdungzwarfestgestellt wurde, aber kein sofortiges Handeln erfor-derlich ist, weil das Produkt noch nicht auf den Markt gelangt ist oder sich nicht mehr im Verkehr befindet.

Das RASFF wird von der EU-Kommission unter Mitwirkung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit be-trieben. In Deutschland ist das Bundesamt für Verbraucher-schutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die national zu-ständige zentrale Stelle des Systems. Besteht der Verdacht, dass Lebens- oder Futtermittel, von denen gesundheitliche Risiken ausgehen können, auch nach Baden-Württemberg geliefert wurden, informiert das BVL unverzüglich die ba-den-württembergische Kontaktstelle im Ministerium für Er-nährung und Ländlichen Raum. Und weil Schnellwarnungen tagaktuell bearbeitet werden, können betroffene Erzeug-nisse erforderlichenfalls umgehend sichergestellt werden. Auch Rückrufaktionen seitens der Wirtschaft werden durch die örtlich zuständigen Behörden überwacht.

Im Jahr 2007 sind über das Schnellwarnsystem europaweit nahezu1000Warnmeldungenübermitteltworden.Darüberhinauswurdeninsgesamtrund4500Folge-undInformati-onsmeldungen mithilfe des Systems weitergeleitet. Damit hat sich das Schnellwarnsystem inzwischen als wichtigstes innereuropäisches Informationsmittel bei Gefährdungen der Futter- bzw. Lebensmittelsicherheit etabliert.

Eine wesentliche Herausforderung für die Überwachungs-behörden ist hierbei, die Informationsflut der Einzelmel-dungen zu beherrschen. Daher hat die Kontaktstelle des Landes Baden-Württemberg eine wichtige Filteraufgabe, damit die Behörden vor Ort nur solche Meldungen erhalten, bei denen auch ein Handeln erforderlich ist – im Jahr 2007 inüber100Fällen.WennVertriebswegeinsLandführen,werden die belieferten Groß- und Einzelhändler aufgesucht und der Rückruf der Ware kontrolliert, oder es werden wei-tere Vertriebswege ermittelt und diese wiederum über eine Folgemeldung im RASFF mitgeteilt.

26 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

Themen:

Übersicht Untersuchungsergebnisse 28

Lebensmittel 32

Milch, Milchprodukte 32Eier, Eiprodukte 33Fleisch, Wild, Geflügel 34Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere 36Fette, Öle 37Brühen, Suppen, Soßen, Feinkostsalate 38Getreide, Backwaren, Teigwaren 40Obst, Gemüse 40Kräuter, Gewürze 42Alkoholfreie Getränke 44Wein, Erzeugnisse aus Wein 46Alkoholhaltige Getränke (außer Wein) 48Eis, Desserts 50Zuckerwaren, Schokolade, Brot aufstriche 51Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse 52Fertiggerichte 54Diätetische Lebensmittel … 56Nahrungsergänzungsmittel 58Nährwert- und gesundheitsbezogene Werbung 60Neuartige Lebensmittel 61Zusatzstoffe, Aromastoffe 62

Kosmetische Mittel 63

Bedarfsgegenstände 67

Untersuchungsergebnisse 67Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt 68Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt 71Spielwaren, Scherzartikel 73Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege 75

Tabakwaren 76

Teil III :

Produktgruppen

Jahresbericht 2007 27

Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder dem Ergebnis der weiteren Ver-folgung. Die Feststellungen, die im

Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen gegebe-nenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Insbesondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt.Die Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Ta-bellen erkennbar. Die Entnahme von Proben und deren Untersuchung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist des-halb nicht repräsentativ für das Marktangebot und erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel insgesamt.Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe höher sein als die der beanstandeten Proben.

Die festgestellten Verstöße beruhten auf folgenden

Mängeln:

• MängelderKennzeichnungundAufmachung

• MängelderZusammensetzungundBeschaffenheit (z. B. Qualitätsmängel)

• MängeldurchmikrobiologischeVerunreinigungen, mikrobiologischer Verderb

• MängeldurchandereVerunreinigungenoderVerderbs-ursachen

• VerstößegegenVorschriftenzumvorbeugenden Gesundheitsschutz

• BeanstandungenaufgrundgesundheitsschädlicherEigenschaften

Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe höher sein als die der beanstandeten Proben.

Geeignet die Gesundheit zu schädigen waren insgesamt 121 (0,2 %) Proben. Einzelheiten sind in der Tabelle auf der nächsten Doppelseite dargestellt.

Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung

Lebensmittel 48 230Kosmetische Mittel 1 798Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial, Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt, Reinigungs- und Pflegemittel)

2 775

Kein Erzeugnis nach LFGB 66Tabakerzeugnisse 271Gesamt 53 140Beschwerde- und Erkrankungsproben 2 425Davon beanstandet 645

Sonstige Proben

Nationaler Rückstandskontrollplan 12 003Radioaktivität 1 287Trinkwasser 10 734

Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen

Die Untersuchung und Beurteilung von Lebensmitteln, Wein, kosmeti-

schen Mitteln und Bedarfsgegenständen und Tabakwaren ist neben den

Betriebskontrollen (siehe Kapitel II) die zweite Säule der amtlichen Le-

bensmittelüberwachung.

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wur-den insgesamt 53 140 Proben chemisch, physikalisch und mikrobiologisch untersucht: 48 230 Lebensmittel, 1 798 kos metische Mittel, 2 775 Bedarfsgegenstände, 271 Tabak-erzeugnisse und 66 sonstige Produkte, die z. B. wegen der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln überprüft wurden

Außerdem wurden 12 003 Proben im Rahmen des Natio-nalen Rückstandskontrollplanes für Lebensmittel tierischer Herkunft, bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden, sowie 1 287 Proben auf Radioaktivität und 10 734 Proben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung unter-sucht.

Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt, unterliegt es rechtlich der Trinkwasserverordnung und nicht dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Der große Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dargestellt.

28 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen

beanstandet 18 %

Lebensmittel

nicht beanstandet 82 %

beanstandet 28 %

Kosmetische Mittel

nicht beanstandet 72 %

beanstandet 22 %

Bedarfsgegenstände

nicht beanstandet 78 %

Grafik: Anteil der bean-standeten Proben an der Gesamt-probenzahl und Verteilung der Beanstandungs-gründe

Mikrobiologischer Verderb

Verstöße gegen vorbeugenden Gesundheitsschutz

Gesundheitsschädliche Eigenschaften

Kennzeichnung, Aufmachung

Zusammensetzung, Beschaffenheit

Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

3 464

5 916

2 378

734

25105

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

57460

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

6

288307

Übersicht Jahresbericht 2007 29

Produktgruppe Gesamtzahl der Proben

Beanstandete Proben

Beanstandung aufgrund

Zusammensetzung /Beschaffenheit

Beanstandung aufgrund

Kennzeichnung /AufmachungZahl %

Lebensmittel 48 230 8 886 18 5 160 5 909Milch und Milchprodukte 5 044 949 19 712 463Eier und Eiprodukte 886 111 13 52 90Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse 7 164 2 144 30 1 505 1 200Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere u. -Erzeugnisse 2 661 428 16 315 233Fette und Öle 1 538 242 16 183 75Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 1 333 212 16 137 119Getreide, Backwaren, Teigwaren 4 165 678 16 423 362Obst, Gemüse, -Erzeugnisse 5 285 631 12 428 317Kräuter und Gewürze 1 161 105 9 59 75Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser) 3 583 511 14 212 415Wein 2 299 303 13 64 309Alkoholische Getränke (außer Wein) 3 036 587 19 246 573Eis und Desserts 2 169 502 23 285 284Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee

2 574 575 22 96 585

Hülsenfrüchte, Nüsse, Nusserzeugnisse 1 200 174 15 156 62Fertiggerichte 1 378 297 22 112 218Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 1 943 189 10 53 195Nahrungsergänzungsmittel 345 207 60 92 316Zusatzstoffe 466 41 9 30 18Kosmetische Mittel 1 798 498 28 60 574Reinigungs- und Pflegemittel für die Haut 851 214 25 24 263Haarbehandlungsmittel 181 57 31 5 68Nagelkosmetik 78 29 37 3 36Reinigungs- und Pflegemittel für die Mundhygiene 127 14 11 2 14Deodorants und Parfüms 101 23 23 0 29Mittel zur Beeinflussung des Aussehens (Make-up, Sonnen-schutz)

457 160 35 26 163

Rohstoffe für kosmetische Mittel 3 1 33 0 1Bedarfsgegenstände 2 775 606 22 313 288Materialien mit Lebensmittelkontakt 1 490 274 18 162 62Gegenstände mit Körperkontakt 586 153 26 99 87Spielwaren und Scherzartikel 485 84 17 49 45Reinigungs- und Pflegemittel 214 95 44 3 94Kein Erzeugnis nach LFGB 66 41 62 17 31

Tabakwaren 271 8 3 0 0

Tabelle: Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln (ohne Trinkwasser), kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren

Übersicht: Untersuchungsergebnisse

30 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen

Als gesundheitsschädlich beanstandet wegen Probenbezeichnung Anzahl

LebensmittelBacillus cereus, Cereulid positiv Rinderbraten gekocht mit Soße, Döner-Fleisch, Markklößchensuppe,

Pilawreis gekocht, Spätzle, Gemüse, afrikanisches Gericht, Menü (Hähnchenbrustfilet mit Reis)

8

Cereulid positiv, Bacillus cereus nicht nachweisbar Tsatsiki, Döner, Reis, Pommes frites (2 x), Bratkartoffeln, Bratensoße 7Listeria monocytogenes Schwarzwaldtaler Rohmilchkäse, Manouri-Käse, Käse gerieben,

Lyoner in Streifen, Fleischkäse, Räucherlachs, Krabben in Lake 7

Salmonella enteritidis Obatzter, schmale Bandnudeln, Spätzle, Mais, Bayrische Creme 5Salmonella typhimurium Schweine-Hackfleisch, Zwiebelmettwurst 2Salmonella Derby Hackfleisch gemischt 1Salmonellen Grüne Nudelnester 1Verotoxin-bildende Escherichia coli (VTEC) Bühler-Taler Hartkäse (2 x), Schweine-Hackfleisch, Zwiebelmettwurst (3 x) 6Campylobacter Entenbrust, Entenbrustfilet (2 x) 3Noroviren Schweinefleisch, Edelsalami (2 x) 3Rotavirus Kartoffel-Gemüse-Eintopf 1Hoher Gesamtkeimgehalt, erhöhter Histamin-Gehalt Thunfisch offen 1Erhöhter Histamin-Gehalt Pizza Thunfisch (2 x), Familienpizza, Thunfisch in Öl, Thunfisch in Konserve (2 x) 6Levomepromazin Bulgur-Gericht 5Stark erhöhter Natrium-Gehalt in einer Tagesration, gesundheitliche Unbedenklichkeit ist nicht gesichert (Bluthochdruck)

Diät-Tomatensuppe 2

Hoher Gehalt an Carboxylethylgermanium-Sesquioxid im Nahrungsergänzungsmittel kann beim Menschen zu Funk-tionsstörungen führen

Mineralstoffpräparat 1

Stark erhöhter Jodgehalt Seetang 1Überhöhter Zink-Gehalt Zink-Kapseln 1Toxikologisch relevante Gehalte an Morphin Blaumohn 3Toxikologisch relevante Gehalte an verfügbarer Blausäure Aprikosenkerne (11 x), Aprikosenkernmehl (2 x) 13Spüllauge bzw. Reinigungslauge im Lebensmittel Bier, Radler, Mineralwasser 3Flasche gefüllt mit stark salzsaurer Flüssigkeit Mineralwasser still 1Metallklammer Schwarzwurst im Ring, Steinpilzwürfel bayerische Art 2Metallschraube Döner 1Haarnadel Schafskäse 1Drahtstück Linseneintopf 1Steine Erbsen mit Möhren im Glas, Himalaya-Salz (3 x) 4Glassplitter Leberwurst fein, Champions im Glas 2Injektionsnadel Kalbsrollbraten 1Scharfkantiger Holzsplitter Lammwürstchen 1Scharfkantiges Kunststoffteil Kartoffelsalat, Soßenbinder, Gyros-Teller 3Nachweis des Weichmachers DEHP in gesundheits-schädlichen Konzentrationen

Getrocknete Tomaten in Öl, „Grilled Eggplant Salad“, Gemüsemischung im Glas, Chilisoße, Mango Pickles, Sesampaste

6

Nachweis des Weichmachers DINP in gesundheits-schädlichen Konzentrationen

Tofu eingelegt mit Chili, Gelbe Curry-Paste 2

Bedarfsgegenstände Zungenverletzungen aufgrund scharfkantiger Spritzgussgrate Schleckmuscheln 2Verbrühungsgefahr aufgrund unzulänglicher Konstruktion des Dampfeingangs

Dampf-Sauna 1

Ausgasende Lösungsmittel (Benzol, Toluol) in gesundheits-schädlichen Mengen

Damenstiefel 1

Gefahr von Lungenschäden beim Verschlucken, fehlende Kindersicherung

Ätherisches Grapefruit Bio-Öl, Sauna-Aufguss Rosmarin-Orange 2

Verwechselbarkeit mit Lebensmitteln Dekosteine, scharfkantig (kein Erzeugnis nach LFGB) 10

Übersicht Jahresbericht 2007 31

Lebensmittel

Milch und Milchprodukte

Ist „Käse“ immer drin, wo „Käse“ draufsteht?

Rund 22 kg Käse verzehrt jeder Bundesbürger durchschnittlich pro Jahr und von einem wei-

ter steigenden Pro-Kopf-Verbrauch darf ausgegangen werden. Käse wird in einer nahezu

unermesslichen Sortenvielfalt angeboten. Er zählt zu den beliebtesten Lebensmitteln und

wird, wenn nicht täglich, zumindest mehrfach wöchentlich verzehrt. Genauso abwechs-

lungsreich wie sein Angebot sind auch seine Verwendungsmöglichkeiten. Entsprechend

hoch wird die Qualität vom deutschen Gesetzgeber und von der EU bewertet. Die Be-

zeichnung „Käse“ ist nach der europäischen Verordnung (EWG) Nr. 1898 / 87 geschützt

und nach der Käseverordnung einem ausschließlich aus Milch hergestellten Erzeugnis

vorbehalten. Milchbestandteile (z. B. Milchfett) dürfen weder ganz, noch teilweise ersetzt

werden. Stoffe und Zutaten, die bei der Herstellung verwendet werden dürfen, sind im De-

tail geregelt.

• offeneAbgabevonKäseausKuhmilchunterder

Bezeichnung „Schafskäse“:

Ein echter Dauerbrenner ist die Überprüfung von Lake-Käse und Schafskäse aus Gaststätten, Imbissbetrieben, Märkten und Einzelhandelsgeschäften. Seit Jahren wird offen angebotener, aus Kuhmilch hergestellter Käse in Speisekarten oder auf den Schildern bei der Ware in irre-führender Weise als „Schafskäse“ bezeichnet. So auch wieder in diesem Jahr. Weitere Informationen sind unter www.untersuchungsaemter-bw.de (> Aktuelle Mel-dungen > Archiv vom 08.02.2007) zu erhalten.

• IrreführungdurchAngabeverschiedenerVerkehrs-

bezeichnungen auf der Fertigpackung:

Bei Schmelzkäse und Schmelzkäsezubereitungen in wiederverschließbaren Fertigpackungen wurde die Ver-kehrsbezeichnung (z. B. „Schmelzkäse“) zusammen mit den übrigen Pflichtkennzeichnungselementen auf der Verpackungsrückseite angegeben. Wird als Ausgangs-material eine Käse-Standardsorte (z. B. „Emmentaler“, „Gouda“) verwendet, darf nach der Käseverordnung un-ter bestimmten Bedingungen ein zusätzlicher Hinweis auf diese Sorte angebracht werden. Der Hinweis darf keinesfalls geeignet sein, den Verbraucher über die Be-schaffenheit des Erzeugnisses irrezuführen. Dies führ-te in einigen Fällen allerdings zur Beanstandung. Der Hinweis wurde in prominent hervorhebender Art und Weise auf der Schauseite angebracht. In Kombination mit der Aufmachung und der räumlichen Trennung von der Pflichtkennzeichnung konnte der falsche Eindruck erweckt werden, es handle sich um Käse der Standard-sorte und nicht um ein Weiterverarbeitungserzeugnis.

Doch nicht jeder „Käse“ trägt seine Bezeichnung zu Recht! Insgesamt 129 (29 %) der 440 beanstandeten Proben wa-ren zur Irreführung des Verbrauchers geeignet. Wie bereits in den vergangenen Jahren traten vor allem folgende Fälle auf:

• Bezeichnung „Käse“ bei Verwendung von

„Käseimitaten“ oder „Käsehalbimitaten / Misch-

erzeugnissen“: Lebensmittelrechtlich handelt es sich bei Käseimitaten

oder Käsehalbimitaten um „Erzeugnisse eigener Art“ . Der Hersteller muss für diese Produkte eine beschrei-bende Verkehrsbezeichnung wählen, die es dem Verbrau-cher ermöglicht, die Art des Lebensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen (dem echten Käse) zu unterscheiden. In Aussehen und Konsistenz sind sie echtem Käse sehr ähnlich, in Geruch und Ge-schmack weichen sie jedoch deutlich ab. Allerdings fällt dies meist nur dann auf, wenn sie nicht kombiniert mit anderen würzenden Zutaten verzehrt werden. Bemer-kenswert ist, dass die Produkte auf der Originalverpa-ckung in aller Regel korrekt gekennzeichnet waren. Sie wurden erst nach ihrer Verarbeitung, z. B. in Gaststät-ten, Imbissbetrieben oder Bäckereien, missbräuchlich als „Käse“ bezeichnet.

• Schmelzkäse,MilchzuckerundBallaststoffe

(Cellulose) in geriebenem Hartkäse:

Diese Produkte fielen bereits bei Überprüfungen im Jahr 2006 auf. In Fortsetzung der Untersuchungen mussten weitere Proben beanstandet werden. Überhöhte Phos-phat- und Aschegehalte ließen erneut auf die Mitverar-beitung von Schmelzkäse schließen. Weitere Informa-tionen sind unter www.untersuchungsaemter-bw.de (> Aktuelle Meldungen > Archiv vom 31.08.2007) zu er-halten.

Abb.: Käseimitat aus

Magermilch und Pflanzenfett

32 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Was ist „Kräuterbutter“?

Bei Butter und Butterzubereitun-gen sind die Anforderungen an die Kennzeichnung und Beschaffenheit in mehreren EU-Vorschriften sehr restriktiv geregelt. So sind insbeson-dere die Mindestgehalte an Milchfett vorgegeben. Die zwingende und aus-schließliche Verwendung bestimmter Bezeichnungen wird in Abhängigkeit von der Zusammensetzung detailliert vorgeschrieben. Von diesen Vorgaben darf nur in wenigen Ausnahmefällen abgewichen werden. Eine Ausnahme

Antibiotika im Käse?

Natamycin (Pimaricin) ist eine anti-biotisch wirksame Substanz, die als Lebensmittelzusatzstoff (E 235) zur Oberflächenbehandlung von Hartkäse, Schnittkäse und halbfestem Schnittkä-se zugelassen ist. Durch seine Anwen-dung soll insbesondere das Wachstum von Hefen und Schimmelpilzen auf der Käseoberfläche verhindert werden. Problematisch ist der Einsatz von Na-tamycin unter dem Gesichtspunkt, dass es auch als Arzneimittel in der Humanmedizin eingesetzt wird, z. B. zur Bekämpfung von Pilzinfektionen der Haut oder des Auges. Um der Gefahr einer Resistenzbildung entge-genzuwirken, sollte der Einsatz in der Lebensmittelproduktion möglichst be-grenzt erfolgen. Aus Gründen des vor-beugenden Verbraucherschutzes wur-de daher für die Anwendung als Kon-servierungsstoff eine Höchstmenge von 1 mg / dm2 Oberfläche festgelegt, wobei 5 mm unter der Oberfläche Na-tamycin nicht mehr nachweisbar sein darf. Dies gilt auch bei sog. „folienge-reiften Käse“, die keine typische Rinde haben. Dem Verbraucher wird daher empfohlen, bei mit Natamycin behan-delten Produkten die Rinde – bei rin-denlosem Käse die äußere Schicht – vor dem Verzehr bis zu einer Tiefe von ca. 5 Millimetern zu entfernen.

Woran kann man erkennen, dass der Käse behandelt ist? Bei Fertigpackun-gen muss Natamycin im Zutatenver-zeichnis als „Konservierungsstoff Na-tamycin“ oder „Konservierungsstoff E 235“ deklariert werden. Bei offener Ware sind alle Konservierungsstoffe, so auch Natamycin, als „konserviert“ oder „mit Konservierungsstoff“ auf dem Schild an der Ware kenntlich zu machen; alternativ kann die Angabe in einem Aushang oder einem Theken-ordner vorgenommen werden, auf den dann verwiesen werden muss.

Bei der Überprüfung von offen an-gebotenem Käse (insbesondere Ra-clette) war allerdings festzustellen, dass oftmals die vom Gesetzgeber geforderte Unterrichtung des Ver-brauchers fehlte. Bei 3 Proben muss-

te auch eine Überschreitung der zu-lässigen Höchstmenge verzeichnet werden. Darunter ein Käse der Sorte „Manchego“ (ein spanischer Hartkäse aus Schafsmilch), bei dem Natamycin vorschriftsmäßig deklariert war, die gesetzliche Höchstmenge jedoch mit 4,5 mg / dm2 Käseoberfläche erheblich überschritten wurde.

Eier und EiprodukteImmer wieder müssen Eier aufgrund ihres schlechten Frischezustandes beanstandet

werden. Einer der Para meter zur Beurteilung des Alters von Eiern ist die Höhe der

Luftkammer. Diese entsteht meist am stumpfen Pol des Eies. Bedingt durch den Ab-

kühlungsprozess trennt sich dort innerhalb weniger Stunden die innere von der äuße-

ren Schalenhaut. Im Verlauf der Lagerung verdunstet das enthaltene Wasser durch die

Poren der Schale nach außen, wodurch sich die Luftkammer vergrößert. Solange die

Luftkammerhöhe nicht über 6 mm liegt, darf das Ei als „frisch“ bezeichnet werden.

In einem Fall wurden Eier als „2 Tage alt“ angepriesen. Nach Literatur weisen tagesfrische Eier Luftkammern von ca. 2 mm auf. Mit Luftkammerhöhen von 5 mm konnte es sich hier keinesfalls um frisch gelegte Eier handeln. Bei einer anderen Probe war laut Deklaration noch eine Mindesthaltbarkeit von 25 Tagen gegeben. Da diese maximal 28 Tage betragen darf, war zum Untersuchungszeitpunkt von einem Alter der Eier von ca. 3 Tagen auszugehen. Entgegen den Erwartungen lagen aber bei einigen Eiern bereits deutliche alterungsbedingte Veränderungen mit Luftkammerhöhen von bis zu 7 mm vor. Dies spricht für ein Alter von ca. 30 Tagen. Hier war folglich davon auszugehen, dass alte Eier untergemischt und als „frisch“ in den Verkehr gebracht wurden. Weitere Proben fielen aufgrund der Überschreitung der vorgeschriebenen Fristen auf (Kühlung ab dem 18. Tag nach dem Legen, keine Abgabe an den Verbraucher ab dem 21. Tag nach dem Legen).

Der weit größere Teil der Beanstandungen (rund zwei Drittel) ist jedoch auf Kennzeichnungs-verstöße zurückzuführen. Oft waren dies leider immer noch der fehlende oder nicht lesbare Erzeugercode auf den Eiern oder aber die auf der Verpackung fehlenden Angaben zur Hal-tungsart der Legehennen.

Frau Helble, CVUA Freiburg ◆

Abb. oben: nicht lesbarer Erzeugercode auf Hühnereiern

liegt z. B. dann vor, wenn sich die ge-naue Beschaffenheit eines Produktes aus seiner traditionellen Verwendung ergibt und die Bezeichnung zur Be-schreibung einer charakteristischen Eigenschaft dient. Deutschland defi-nierte die „Kräuterbutter“ als ein Er-zeugnis mit traditioneller Verwendung: eine Kräuter enthaltende Zubereitung aus Butter und ggf. weiteren würzen-den Zutaten, mit einem Milchfettanteil von mindestens 62 %. Die Verarbei-tung von milchfremdem Fett ist nicht erlaubt.

Milch, Milchprodukte / Eier, Eiprodukte Jahresbericht 2007 33

Geflügelfleischerzeugnisse mit 8 % Flüssigwürzung – häufig ist

mehr Wasser drin

Geflügelfleisch erfreut sich seit Jahren beim Verbraucher einer großen

Beliebtheit. Neben den „klassischen“ Geflügelteilstücken, die in Han-

delsklassen und in den Angebotszuständen frisch, gefroren und tiefge-

froren vermarktet werden, sind seit Jahren auch Erzeugnisse in tiefge-

frorener Form im Handel, die nach entsprechender Vorbehandlung als

so genannte Convenience-Produkte angeboten werden.

Bei dieser Vorbehandlung werden neben einer „normalen“ küchenmäßigen Vorbereitung mit Salz, Gewürzen und gegebenenfalls mit Panade auch erheb-liche Anteile an Wasser zugefügt. Da der Preis eines Erzeugnisses sich am Gewicht orientiert, erhält der Verbraucher, in Abhängigkeit des zugesetzten Wassers der Flüssigwürzung, weniger wertgebendes Fleisch. Erkennbar sind derartige Produkte gegenüber „klassischen“ Geflügelfleischteilstücken durch eine zusätzliche prozentuale Angabe des Flüssigwürzezusatzes, bei-spielsweise in der Form: „… mit 8 % Flüssigwürzung“ in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung. Insgesamt 49 Proben Geflügelerzeugnisse aus Brustfleisch mit Flüssigwürzung wurden auf den Fleischanteil und auf Ver-fälschungen (Kollagenabbauprodukten) untersucht. In der nachfolgenden Tabelle sind die Proben aufgeführt, bei denen der Fremdwassergehalt und der Fleischanteil überprüft wurde.

Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugni sseImmer wieder ist jedoch festzustellen, dass in der Gastronomie die traditio-nelle Verwendung nicht überall be-kannt sein dürfte. Die dort hergestell-ten Zubereitungen weichen teilweise gravierend von der vorgegebenen Be-schaffenheit ab. Sehr häufig werden sie unter Verwendung von Margari-ne hergestellt, was nicht erlaubt ist. Weiterhin wurden bei einigen Proben Kräuterbutter aus handwerklicher Her-stellung auch mikrobiologische Abwei-chungen festgestellt, die auf Hygiene-mängel zurückzuführen waren.

Im Berichtsjahr wurden auch andere Butterzubereitungen überprüft. Dabei zeigte sich, dass der vorgeschriebene Mindestgehalt an Milchfett von 62 % von den industriellen Herstellern ex-akt eingestellt wird. In manchen Fällen wurde er jedoch unterschritten. Der Milchfettgehalt von 60,4 % in einer Probe war deutlich zu niedrig.

Frau Helble, CVUA Freiburg ◆

Tabelle: Zu geringer Fleisch anteil

Produkt Probenzahl Beanstandet wegen geringen Fleischanteils bzw. hohen

Flüssigwürzezusatzes

Deklarierter Fleischanteil

Analytisch ermittelter maximaler

Fleischanteil

Zahl % % %

Hähnchenbrust / -brustfilet 18 13 62 92 81,9 – 95,8Putenbrust / -brustfilet 8 8 100 87 – 92 74,7 – 86,4Hähnchenschnitzel / Hähnchenbrust, paniert / Hähnchen-Nuggets

7 4 57 65 – 72 44,1 – 73,3

Putenschnitzel 9 3 33 72 62,1 – 76,9

34 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugni sse

Weitere Beanstandungsgründe:

• NachweisvonKollagenabbauproduktenbei10von41(= 24 %) untersuchten Proben. Diese für Fleischer-zeugnisse nicht zulässige Zutat wird hauptsächlich zur Vortäuschung eines höheren Fleischanteils eingesetzt. Bei der üblichen chemischen Analyse zur Eiweißbe-stimmung, die zur Berechnung des Fleischanteils verwendet wird, wird der Gehalt dieser Kollagenab-bauprodukte letztendlich als Fleisch bewertet. Durch eine spezielle Analyse ist jedoch der Nachweis dieser Kollagenabbauprodukte über die Aminosäure Hydroxi-prolin möglich.

• IrreführendeBezeichnung.BeizahlreichenPackungenwar lediglich die Angabe eines unbehandelten Geflü-gelteilstücks zu lesen wie: „Hähnchenbrust“, „Puten-brustfilet“. Die zusätzliche zur Verkehrsbezeichnung erforderliche Angabe „… mit X % Flüssigwürzung“ fehlte. Auf einigen Packungen waren zwei Verkehrsbe-zeichnungen, z. B. „Hähnchenbrustfilet“ und „Hähn-chenbrustfilet mit 8 % Flüssigwürzung“, aufgeführt. Da es sich hierbei jedoch um zwei unterschiedliche Produkte handelt, kann nur eine dieser widersprüchli-chen Bezeichnungen zutreffen.

Zum Vergleich wurde auch unbehandelte Hähnchenbrust und Putenbrust untersucht. Hier waren die Ergebnisse we-sentlich besser, denn von den 16 Proben musste nur eine wegen nachgewiesenem Fremdwasser (Wasser-Fleischei-weiß-Verhältnis über 3,4) beanstandet werden.

Tierartbestimmung

Durch die Angabe der falschen Tierart ist es möglich,

einen höheren Gewinn zu erwirtschaften, wenn man

Fleisch einer im Einkauf günstigeren Tierart als höher-

wertige Tierart auslobt, wie dies beispielsweise bei

Kalbfleisch statt Schweinefleisch der Fall ist.

Stimmt die Angabe der Tierart auch wirklich mit der Auslo-bung (z. B. „Rehgulasch“, „Kalbfleisch“) auf der Speisekarte, am Schild an der Ware oder auf der Fertigpackung mit dem tatsächlichen Inhalt überein? Dieser Frage wurde bei zahl-reichen Proben (69 Analysen zum Nachweis von Schwein, 65 zum Nachweis von Rind und 29 zum Nachweis von Wild (Hirsch, Reh, Wildschwein)) mittels ELISA (immunoenzyma-tische Methode) und / oder PCR (DNA-Methode) nachgegan-gen. Erfreulicherweise waren die Angaben bei Wild (Proben hauptsächlich aus der Gastronomie) immer zutreffend. Sie-benmal konnte die Tierart Rind in Erzeugnissen, in denen dies nicht zu vermuten war, z. B. in „Schweinehackfleisch“, „Putenbierschinken“ oder in „Putenknacker“, festgestellt werden. Auch beim Nachweis der Tierart Schwein muss-

ten Beanstandungen in 9 Fällen (z. B. „Rinderhackfleisch“, „Rindsbratwurst Merguez“) ausgesprochen werden. Zwei Fälle aus der Gastronomie sollen noch erwähnt werden. So bot ein Gastwirt auf der Speisekarte „Kalbsmedaillons mit Schinken und Mozzarellakäse in feiner Weinsoße …“ und ein zweiter „Piccata Milanese – Kalbsmedaillons in Kräutermantel mit Tomatenspaghetti“ an. In beiden Fällen handelte es sich aber um Schweinefleisch!

Gefrierfleischnachweis

Durch den Gefriervorgang kommt es bei Fleisch zu

Zellschädigungen. Erwirbt der Verbraucher ein solches

Fleisch als „frisches“ Fleisch, wird er ohne Kennt-

nis über den tiefgefrorenen Zustand hinsichtlich der

Brauchbarkeit des Fleischstückes getäuscht.

Besonders negativ wirkt sich dies aus, wenn der Verbrau-cher dieses Fleisch unter haushaltsüblichen Bedingungen nochmals einfriert, da in diesem Fall die Zellschädigung, be-dingt durch Eiskristalle, weiter fortschreitet und das später aufgetaute Fleisch entsprechend viel Fleischsaft verlieren wird. Ob es tiefgefroren war oder nicht, lässt sich über ein Mitochondrien-Enzym (Hydroxyacyl-CoA-dehydrogenase (HADH)), das aus zerstörten Zellen des Muskelgewe-bes in den Fleischsaft austritt, nachweisen. Bei erhöhter HADH-Aktivität im Muskelpresssaft kann von einem Ge-frierfleischnachweis ausgegangen werden. Von den 34 un-tersuchten rohen Fleischproben (Kalb-, Puten-, Schweine-schnitzel, Hähnchenbrust, Rumpsteak bzw. Rinderhüftsteak) konnte nur bei einem Kalbschnitzel nachgewiesen werden, dass es sich um aufgetautes Gefrier- und nicht um Frisch-fleisch handelte. Eine positive Bilanz bei rohem Fleisch.

Auslobung des Fettgehaltes

Der Fettgehalt von Lebensmitteln gehört zu den

wichtigen Auswahlkriterien des Verbrauchers.

Viele Hersteller stellen fettreduzierte Wurstwaren her und loben ihre Erzeugnisse entsprechend aus (z. B. „nur 2 % Fett“ bei einer Geflügelbrustfilet-Roulade) oder geben den Fettgehalt im Rahmen der Nährwertkennzeichnung auf der Fertigpackung an. Hält die Angabe auf der Fertigpackung auch der analytischen Prüfung stand? Dieser Frage wurde bei 51 unterschiedlichen Fleischerzeugnissen (Brühwürste, Kochpökelwaren, Hackfleisch, Geflügelbrüste etc.) nach-gegangen. Lediglich bei einer Probe wurde die Auslobung „40 % weniger Fett“ als irreführend beurteilt, da der ermit-telte Fettgehalt gegenüber herkömmlichen Erzeugnissen nur um 25 % geringer war. Ein erfreuliches Ergebnis für den Verbraucher!

Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart ◆

Fleisch, Wild, Geflügel Jahresbericht 2007 35

Mythos Kaviar – Alternativen und „echte“ Imitate

Bei Kaviar – gesalzenem Rogen der verschiedenen

Störarten – handelt es sich um eine extrem hochprei-

sige Delikatesse mit hohem Symbolwert. Seit langem

gibt es daher auf dem Markt Alternativen wie z. B. Pro-

dukte aus dem Rogen anderer Fischarten (z. B. Forel-

le, Lachs) als Störe und seit einiger Zeit auch „echte“

Imitate.

Neben dem Klassiker in Deutschland, dem so genannten „Deutschen Kaviar“ (überwiegend Seehasenrogen), domi-nierten Lachskaviar und Forellenkaviar sowie der aus dem Rogen von Lodden (Gruppe Lachsartige Meeresfische) gewonnene „Caviar aus Capelinrogen“. Im Gegensatz zu diesen Alternativprodukten, bestehen kaviarähnliche Er-zeugnisse (Imitate) aus Fischbestandteilen, pflanzlichen Zutaten und Farbstoffen. Einige dieser Erzeugnisse waren wie echter Kaviar aufgemacht, inklusive der Gestaltung der für echten Kaviar üblicherweise verwendeten Gläserdeckel. Andere Produkte waren klar als Kaviar-Ersatz gekennzeich-net. Bei den echten Fischrogenerzeugnissen konnte die angegebene Tierart mittels PCR (DNA-Methode) regelmä-ßig bestätigt werden. Bei den Imitaten dagegen konnte Fisch-DNA nicht extrahiert werden. Sensorisch ließen sich die Imitate von den echten Rogenerzeugnissen gut unter-scheiden. Im Aussehen zwar ähnlich, war der Aufbau des

Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere

und -Erzeugnisse

Tierartbestimmung

Wie bei Fleisch besteht auch bei Fisch und

Fischerzeugnissen über die falsche Angabe der

Tierart die Möglichkeit der Gewinnmaximie-

rung.

Die Überprüfung der Angaben auf der Speisekar-te in der Gastronomie wurde für die Fischart See-zunge und weitere neu auf dem Markt auftretende exotische Fische durchgeführt. Mit entsprechend empfindlichen Methoden (z. B. PCR (DNA-Methode)) wurden 9 Proben bezüglich der Tierartangabe auf der Speisekarte überprüft. Bei den exotischen Fischen musste lediglich eine Probe beanstandet werden. Hierbei handelte es sich um die Fischart Marlin, wel-che in einem Gastronomiebetrieb als Schwertfisch angeboten wurde. Bei der Fischart Seezunge konn-te bei 80 % der Proben eine Verbrauchertäuschung nachgewiesen werden. Statt Seezunge handelte es sich um die wesentlich preisgünstigere Plattfischart Tropenzunge.

Fischrogens mit Hülle und flüssigerem Inhalt im haptischen Eindruck (Tastsinn) bzw. im „Biss“ deutlich wahrnehmbar. Die einzelnen Körner der Imitate bestanden hingegen aus einer glasig-kompakten Masse mit fest-elastischer Konsis-tenz, wobei Geruch und Geschmack deutlich an gesalzenen Fischrogen erinnerten. Insofern kann eine augenscheinliche Unterscheidung für wenig geübte Verbraucher schwierig sein, vor allem, wenn Deklaration und Aufmachung des Produktes den Eindruck erwecken, als handle sich bei dem Inhalt um echten Kaviar, zumindest aber um Fischrogen. Durch die histologische Untersuchung ist es jedoch im La-bor möglich, zwischen echtem Fischrogenerzeugnis und Imitaten zu unterscheiden.

Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart ◆

36 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Vorgaben der EU-Verordnung; einige Öle dieser Kategorie sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch unzulässiger-weise hitzebehandelt worden.

Obwohl Olivenöl seit 2002 nicht mehr offen, sondern nur noch vorverpackt in Fertigpackungen verkauft werden darf, war der offene Verkauf auch im Jahr 2007 immer wieder anzutreffen.

Offene Speiseöle in der Gastro-

nomie

Von 129 offenen Speiseölen, die in Gaststätten und Kantinen auf den Ti-schen, an der Theke oder am Salat-büffet zur Selbstbedienung angeboten wurden, waren 24 (19 %) so stark ran-zig, dass sie wertgemindert oder nicht mehr zum Verzehr geeignet waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfindliche Lebensmittel darstel-len, nicht immer mit der erforderlichen Sorgfalt behandelt.

Margarine

In 81 Proben Margarine wurde der Gehalt an Transfettsäuren bestimmt. Bei „normalen“ Margarinen lagen die Gehalte durchweg unter 2 %, lediglich Margarinen für spezielle backtechni-sche Zwecke (Ziehmargarinen etc.) wiesen im Extremfall bis zu 20 % Trans fettsäuren auf.

Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart ◆

Fette und Öle

Jeder Bundesbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg

Speisefette und -öle. Davon ist etwa ein Drittel tierischer Herkunft (haupt-

sächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pflanzlicher Herkunft, dabei

handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle und Margarine. Diese 30 kg

stellen übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Fettzufuhr dar,

denn der überwiegende Teil wird als „verstecktes Fett“ mit anderen Le-

bensmitteln aufgenommen.

Die Untersuchungen zu 3-MCPD-Es-tern in raffinierten Speisefetten und fetthaltigen Lebensmitteln sind in Ka-pitel IV dargestellt.

Frittierfette

Von 366 gebrauchten Frittierfetten mussten 119 (= 33 %) beanstandet werden. Mit handlichen elektroni-schen Messgeräten können poten-ziell verdorbene Frittierfette recht gut erkannt und gezielt als Probe gezogen werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung eines Frittierfettes ist je-doch auch weiterhin eine qualifizierte Untersuchung im chemischen Labor unverzichtbar. Die Verwendung von verdorbenem Frittierfett kann vermie-den werden, wenn beim Frittieren einige Grundregeln eingehalten wer-den (siehe Merkblatt „Frittierfette“ bei www.untersuchungsaemter-bw.de > Informationsmaterial > Merkblät-ter).

152 Frittierfette (neu und gebraucht) wurden zudem auf Transfettsäuren un-tersucht. Erfreulicherweise wies mehr als die Hälfte der Proben Gehalte un-ter 1 % an Transfettsäuren auf. Ge-härtete Frittierfette mit einem hohem Gehalt an Transfettsäuren werden im-mer weniger in Gaststätten und Im-bissbuden zur Herstellung von Pom-mes frites etc. eingesetzt, sondern vor allem in Bäckereien zum Frittieren von Backwaren (Berliner, Krapfen, Do-nuts etc.). Die dort eingesetzten Fette enthalten bis zu 50 % an Transfettsäu-ren. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass beim Frittieren praktisch keine Neubildung an Transfettsäuren stattfindet.

Olivenöl

Die meisten der in Deutschland ver-kauften Olivenöle werden als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle dieser Kategorie müssen bestimmte chemische Vorgaben einhalten, eine wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen und frei von Fehlern sein. Im Berichts-jahr wurden 219 Olivenöle untersucht, davon waren 44 (20 %) zu beanstan-den. Mehr als die Hälfte der Beanstan-dungen erfolgten wegen fehlerhafter Kennzeichnung. Dies liegt vor allem daran, dass bei der Kennzeichnung von Olivenöl neben den Regeln der Lebensmittel-Kennzeichnungsverord-nung auch die EU-Vermarktungsregeln für Olivenöl eingehalten werden müs-sen. Wie die große Anzahl von Anfra-gen zeigt, sind insbesondere Gewer-betreibende, die in kleinerem Umfang Olivenöl einführen, mit diesen kompli-zierten Kennzeichnungsregeln häufig überfordert.

Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“ wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig, schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wur-de der sensorische Befund zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel am Max Rubner-Institut, Bundesfor-schungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (MRI) (ehem. Bundes-forschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel, BFEL) bestätigt (siehe auch www.dgfett.de / fginfo / dgf_oli-venoelpanel.htm). Auch die chemi-schen Kennzahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorption, Peroxidzahl) von Ölen der Kategorie „natives Olivenöl extra“ entsprachen in einigen Fällen nicht den

Fische, Krusten-, Schalentiere / Fette, Öle Jahresbericht 2007 37

Feinkostsalate, nicht immer vom „Feinsten“

nem Zustand, somit muss noch eine Flüssigkeit hinzugegeben werden. Die Kennzeichnung in deutscher Sprache enthielt keinen Verwendungshinweis. Daher entsprach die Kennzeichnung nicht den Anforderungen.

In einer Beschwerdeprobe „Tarhana-Bauernsuppe“ vermutete der Verbrau-cher nach der Zubereitung Würmer. Bei dem trockenen Erzeugnis handel-te es sich um strohgelbfarbene, etwas durchscheinende, größere, flache Stü-cke, wobei hellbraune Bestandteile erkennbar waren. Im zubereiteten, gekochten Zustand waren Getreide-korn- und Blattgewürzbestandteile,

Brühen, Suppen, Soßen und Feinkostsalate

Häufig Kennzeichnungsmängel

bei Brühen, Suppen und Soßen

Bei Brühen, Suppen und Soßen wur-den hauptsächlich Kennzeichnungs-mängel festgestellt, vor allem mangel-hafte Zutatenverzeichnisse. Bei Sauce Hollandaise fehlte die Mengenkenn-zeichnung von Ei. Bei ausländischen Erzeugnissen wurde häufig eine nicht ausreichende Kennzeichnung festge-stellt. In manchen Fällen war das Zuta-tenverzeichnis nicht korrekt übersetzt, sodass aus der Angabe „glutammato monosodico“ im deutschen Zutaten-verzeichnis „Gluten“ wurde. Eine als „Klare Hühnerbouillon“ bezeichnete Probe wies einen leicht alten und ran-zigen Geruch und Geschmack auf. Ver-bunden mit einer Peroxidzahl (analyti-sche Kennzahl für die Fettzersetzung) von 26 wies dieser Befund auf die beginnende Fettzersetzung hin. Die Probe wurde deshalb als wertgemin-dert beurteilt.Allergene (z. B. Proteine von Soja, Ei, Milch) wurden nachgewiesen, waren jedoch auf der Verpackung nicht an-gegeben. Aufgrund der festgestell-ten Konzentrationen war davon aus-zugehen, dass die Proteine vermutlich durch Kreuzkontamination in die Pro-dukte geraten waren. Die Hersteller wurden auf ihre Sorgfaltspflicht hin-gewiesen (siehe auch Kapitel IV Nach-weis von Lebensmittelallergenen).

„Exotische“ Suppen

Bei einer „Instant Miso Suppe“ in einer Fertigpackung fehlte eine be-schreibende Verkehrsbezeichnung. Die Verkehrsbezeichnung eines Le-bensmittels ist die in Rechtsvorschrif-ten festgelegte Bezeichnung, bei deren Fehlen eine Beschreibung des Lebensmittels und erforderlichenfalls seiner Verwendung, die es dem Ver-braucher ermöglicht, die Art des Le-bensmittels zu erkennen und es von verwechselbaren Erzeugnissen zu un-terscheiden. Auf der Verpackung war angegeben „Instant Miso Suppe“ . Das Produkt befand sich in trocke-

Ein Schwerpunktprogramm in der Stadt Stuttgart war die Untersuchung von Feinkostsalaten (u. a. Geflügel-salate, Nudel- und Waldorfsalate) hinsichtlich ihres mikrobiologischen Status und die Überprüfung der Kenntlichmachung von Zusatzstof-fen, insbesondere von Süßstoffen und Konservierungsstoffen. Neben loser bzw. vorverpackter Ware wur-den insbesondere Feinkostsalate in Fertigpackungen untersucht. Die Beanstandungen betrafen zu einem großen Teil Kennzeichnungsmängel

oder sensorische Abweichungen. Mikrobieller Verderb wurde nur vereinzelt festgestellt. Wiederholt waren Feinkosterzeugnisse zu be-anstanden wegen unzureichender Kühlung. Diese führt insbesondere bei nicht konservierten Produkten zu einem starken Anstieg der Keimge-halte, was sich auch in sensorischen Abweichungen – bis zum Verderb der Ware – niederschlägt. Eine als „Nordischer Heringscocktail“ be-zeichnete Probe fiel bei der senso-rischen Untersuchung durch einen

38 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

„Wiederverschließbarer“

Kartoffelsalat

Ein Verbraucher fand in einem Kartof-felsalat ein „Zipp-Teilchen“ (Kunst-stoffverschluss). Der Fremdkörper war aufgrund seiner Beschaffenheit (3 cm lang, spitz, teilweise scharfkan-tig) dazu geeignet, die Gesundheit zu schädigen. Unter der Voraussetzung, dass er sich bei der Essensausgabe im Kartoffelsalat befand, wurde die vorgelegte Beschwerdeprobe als gesundheitsschädlich (Verletzungs-gefahr bei möglichem Verschlucken) beurteilt.

Alle Jahre wieder:

Nachlässige Kenntlichmachung

bei offener Ware

Bei loser Ware fiel – wie schon in den vergangenen Jahren – auf, dass erhebliche Mängel bei der Kenntlich-machung der Zusatzstoffe bestehen. 40 % dieser Proben waren hier zu beanstanden. Auffällig war v. a. bei Süßstoffen, dass sie zwar in den Auf-zeichnungen oder auf den Schildern bei der Ware kenntlich gemacht wur-den, jedoch fehlte meist der nach der Zusatzstoff-Zulassungs-Verordnung zusätzlich erforderliche Hinweis „mit Süßungsmittel“, der in Verbindung mit der Verkehrsbezeichnung anzubringen ist.

Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg ◆

jedoch keine „Würmer“ erkennbar. Im Zutatenverzeichnis war angege-ben: Joghurt, Weizengrütze, Wasser, Gewürze, Salz. Weizengrütze besteht aus grob geschnittenen Getreidekör-nern. Tarhana ist ein vergorenes und getrocknetes, fertiges Nahrungsmit-tel, das aus einer Joghurt-Getreidemi-schung oder einer Joghurt-Getreide-Gemüsemischung zubereitet wird. Als Getreide werden Weizen, Mehl, Grieß alleine oder zusammen verwendet. Es ist pulverförmig oder ähnlich der vor-gelegenen Probe in größeren getrock-neten Stücken erhältlich. Da Tarhana aus unterschiedlichen Zutaten und

auf unterschiedliche Weise hergestellt werden kann, wurde davon ausgegan-gen, dass dem Verbraucher diese Art einer Tarhana mit Weizengrützebe-standteilen nicht bekannt war und er die Getreidekörner für Würmer hielt.

Kennzeichnung mal „zu leicht“ –

mal „zu schwer“

• EinFleischsalatmusstewegenverwässerter Mayonnaise be-anstandet werden. Nach den Leitsätzen für Fein kostsalate des Deutschen Lebensmittelbuches ist Fleischsalat wie folgt beschrie-ben: Ausgangsmaterial Fleisch und / oder Fleischsalatgrundlage und / oder Brühwurst mindestens 25 %, Mayonnaise und / oder Salatmayonnaise, Gurken als einziges Gemüse und würzende Zutaten höchstens 25 %. Mayon-naise enthält verkehrsüblich einen Mindestfettgehalt von 80 %, bei Salatmayonnaise beträgt dieser mindestens 50 %. Bei der Probe wurde in der emulgierten Soße je-doch nur ein Fettgehalt von 9,6 % festgestellt.

• EinePlanprobe„MatjesSahnetopfmit Apfel“ bestand nach sensori-scher Prüfung aus Zwiebelstücken und Fischfiletstücken in einer klaren Marinade. „Sahne“ ist eine weißliche Emulsion. Da es sich bei der Marinade nicht um eine Emul-sion handelte, wurde die Probe entgegen der Verkehrsbezeich-nung „… Sahne…“ ohne Verwen-dung von Sahne hergestellt. Die Kennzeichnung wurde daher als zur Irreführung geeignet beurteilt.

• Schinken-Käse-SalatmitJoghurt-Dressing war mit falschen Nähr-wertangaben versehen. Statt eines deklarierten Fettgehaltes von 8,8 % enthielt das Erzeugnis 13,5 %.

leicht tranigen und fischigen Ge-ruch und Geschmack auf. Verbun-den mit der analytisch ermittelten Peroxidzahl von 24 wies dieser Be-fund auf eine Fettzersetzung hin. Diese Probe wurde aufgrund des leicht tranigen und fischigen Ge-ruchs und Geschmacks als wert-gemindert beurteilt.Eine Beschwerde erfolgte auf-grund einer Haarnadel in einer Schafskäsezubereitung.

Abb.: Haarnadel in

einer Schafskäse-zubereitung

Brühen, Suppen, Soßen, Feinkostsalate Jahresbericht 2007 39

Und immer wieder Aluminium

Bei zahlreichen Laugenwaren wurden wieder teilweise stark erhöhte Aluminium-Gehalte (bis 213 mg / kg Trocken-masse in der unteren Backkruste) festgestellt. Üblicherweise enthalten Backwaren Aluminium nur in Spu-ren (< 5 mg / kg Trockenmasse). Die stark erhöhten Alumi-niumgehalte in der Trockenmasse der unteren Kruste sind vermutlich auf den direkten Kontakt des Laugengebäcks

Getreide, Backwaren und Teigwaren

Was definitiv nicht ins Lebensmittel gehört:

Steine, harte, scharfkantige Fremdkörper, eine Schraube und Metallsplitter führten bei Brot und Gebäck zu Bean-standungen wegen Gesundheitsgefährdung. Beim Verzehr eines Granatsplitters bohrte sich ein ca. 2 mm großer Me-tallsplitter in das Zahnfleisch eines Verbrauchers, was eine Behandlung beim Zahnarzt zur Folge hatte. Im Rahmen einer anschließenden Kontrolle im Herstellungsbetrieb wur-de als mögliche Ursache ein fest montierter Dosenöffner identifiziert, der sich unmittelbar im Bereich der Herstellung von Biskuitmasse befand. 77 Proben waren wegen Fremdkörpern oder Verunreinigun-gen nicht mehr zum Verzehr geeignet. Die Untersuchun-gen förderten zu Tage: tote und lebende Vorratsschädlinge wie Mehlkäfer, Maden, Insektenlarven sowie deren Rück-stände, eingebackene Stubenfliegen, Florfliegen und Scha-ben, Spinnenbeine, auch Mäusekot, Heftpflaster, Stofffet-zen, Knochen von kleinen Säugetieren und mehrfach Schimmelbefall. Ein Verbraucher beschwerte sich über ein „Knirschen“ zwischen den Zähnen beim Verzehr von „Bio-Brot“, bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass reichlich Sand mitverarbeitet wurde. Der Grund war eine „verse-hentliche“ Verarbeitung von ungerei-nigtem Ausgangsgetreide.Bei Getreide und Getreideprodukten führte Befall mit Schädlingen (z. B. Staubläusen, Reismehlkäfern, Larven des Schwarzen Getreidenagers, Motten-larven) zu etlichen Verbraucherbeschwerden. 29 Proben waren deshalb nicht mehr zum Verzehr geeignet. Nudelgerichte aus einem Chinarestaurant wurden wegen Käferbefalls als Be-schwerdeprobe bei der Lebensmittel-überwachungsbehörde abgegeben. Sowohl in den Nudelgerichten als auch in den rohen Nudeln wurde ein Befall mit Käfern der Gattung Rüsselkäfer festgestellt. Auch der Verdacht eines Verbrauchers auf Mäusekot in einer Packung Nudeln konnte bestätigt werden.

Obst, Gemüse und

-Erzeugnisse

Gefährliche Fremdkörper in originalverpackten

Produkten

Ein Verbraucher stellte nach dem Öffnen einer Packung mit tiefgefrorenen Stein-

pilzwürfeln eine ca. 2,5 cm lange Lar-ve zwischen den Pilzen fest.

Mit der Verbraucherbeschwerde (Steinpilzwürfel mit Larve) wurde ei-ne original verschlossene Vergleichs-

probe vorgelegt. In dieser Probe be-fand sich zwar keine Larve, jedoch ein

ca. 5 cm langes gebogenes Drahtstück, dessen Enden jeweils in einem tiefgefrore-

nen Steinpilzwürfel steckten.

Ein Verbraucher stellte beim Zubereiten eines Gerichts nach dem Zugeben von Champi-

gnons aus einer Glaskonserve ein ca. 2,1 x 1,0 cm großes, scharfkantiges Glasstück fest, welches möglicher-weise beim Abfüllen in die Konserve gelangt ist.

Bananen-Chips: Fettbomben,

aber ohne trans-Fettsäuren

Für die Herstellung von Bananen-Chips werden Bananenscheiben in Kokosöl frit-

tiert, mit Sirup überzogen und getrocknet. Die-ser Verarbeitungsprozess dient der Haltbarmachung von frischen Bananen, jedoch steigt der Fettgehalt im Endprodukt stark an. In Bananen-Chips sind im Durch-schnitt satte 30 % Fett enthalten. Frische Bananen enthalten hingegen durchschnittlich lediglich ca. 0,2 %

40 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

mit Lochbackblechen aus Aluminium zurückzuführen. Ent-weder waren sie unbeschichtet oder die Beschichtung war schadhaft oder unzureichend. Backlauge kann Aluminium in Lösung bringen, wodurch sich ein erhöhter Aluminiumge-halt vor allem in der unteren Randschicht bei Laugengebäck erklärt, dessen Rohlinge direkten Kontakt mit Aluminium-blechen hatten.

Unabhängig von der Ursache der erhöhten Aluminium-gehalte wurde solches Laugengebäck als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt, das für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist (siehe hierzu auch den Inter-netbeitrag www.untersuchungsaemter-bw.de / karlsru-he / eua / lm / pfl / 2004_lauge.htm).

Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart ◆

Verdorbene und wertgeminderte Obst-, Pilz- und

Gemüse erzeugnisse im Gaststättenbereich

Ein Schwerpunkt der risikoorientierten Probenplanung war auch in diesem Jahr die Überprüfung von offenen Gemüse-erzeugnissen (Bambussprossen, Peperoni, Artischocken) aus Gaststätten, Pizzerien und ähnlichen Betrieben. Der-artige Erzeugnisse werden häufig zu lange und unsachge-mäß, d. h. ungekühlt in offenen Behältnissen, aufbewahrt. Eine Probe Artischocken, eine Probe Rote-Paprika-Streifen mit schmierigen Hefebelägen sowie ein an der Oberfläche verschimmeltes Sauerkraut in einer geöffneten Konser-vendose mussten als nicht mehr verkehrsfähig beurteilt werden.

Eine geöffnete Konservenware Ananas wurde in einer Gaststätte als Verdachtsprobe erhoben. Sie fiel durch einen fruchtig-gärigen Geruch und eine oberflächliche Schimmel-bildung auf. Auch diese Abweichung war auf eine unsachge-mäße Aufbewahrung und Überlagerung zurückzuführen.

Die Kennzeichnung der Erzeugnisse entsprach jedoch nicht immer den lebensmittelrechtlichen Vorschriften. So wurde teilweise Kokosfett im Zutatenverzeichnis deklariert, wo-bei analytisch-chemisch eine Fettsäurenverteilung ermittelt wurde, die vielmehr derjenigen eines Palmöls entsprach. Bei einer Probe Bio-Bananen-Chips wurde ausgelobt, dass das Produkt keine Konservierungs- und Farbstoffe enthält. Auslobungen sind jedoch als irreführend anzusehen, wenn alle vergleichbaren Produkte dieselben Eigenschaften auf-weisen. Für Bio-Bananen-Chips sind nach der Öko-Verord-nung (EWG) Nr. 2092 / 91 keine Konservierungs- und Farb-stoffe zugelassen. Daher ist die Auslobung als irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten nach dem Lebens-mittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch zu beurteilen.

Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe ◆

Fett, getrocknete Bananen ca. 0,5 % Fett. Bei 11 Proben Bananen-Chips wurde analytisch-chemisch ein möglicher Gehalt an trans-Fettsäuren und die Fettsäurenverteilung untersucht.

Trans-Fettsäuren zählen aus ernährungsphysiologischer Sicht zu den unerwünschten Bestandteilen unserer Nah-rung, da sie den Gehalt an Low Density Lipoprotein (LDL-Cholesterin, „schlechtes“ Cholesterin) im Blut erhöhen und den Blutspiegel von High Density Lipoprotein (HDL-Choles-terin, „gutes“ Cholesterin) senken können (siehe Stellung-nahme Nr. 015 / 2006 des Bundesinstitutes für Risikobewer-tung (BfR) vom 30. Januar 2006: Trans-Fettsäuren sind in der Ernährung unerwünscht – zu viel Fett auch www.bfr.

bund.de / cm / 208 / trans_fettsaeuren_sind_in_der_ernaeh-rung_unerwuenscht_zu_viel_fett_auch.pdf). Erfreulicherweise waren trans-Fettsäuren in den Bananen-Chips nicht nachweisbar.

Mangelhafte Verbraucherinformation bei Preisel-

beererzeugnissen

Nach den Leitsätzen für verarbeitetes Obst werden als Preiselbeeren, Wildpreiselbeeren oder Kultur-Preiselbee-ren bezeichnete Produkte unter Verwendung von Zucker, Pektin und pflanzlichen Verdickungsmitteln hergestellt. Der vorgegebene Gesamtzuckergehalt, d. h. der Zuckergehalt aus fruchteigenem und zugesetztem Zucker liegt bei diesen Produkten zwischen 24 und 55 %. Daraus ergeben sich bei den verschiedenen Erzeugnissen ganz unterschiedliche Fruchtanteile. Der Gehalt an Preiselbeeren im Erzeugnis ist für den Verbraucher eine wesentliche Information; des-halb ist die Angabe des Preiselbeeranteils zu fordern. Auf der Verpackung muss erkennbar sein, wie viel Prozent der so genannten „wertgebenden“ oder kaufentscheidenden Zutaten enthalten sind, verlangt die QUID (Quantitative Inhalts-Deklaration)-Regelung der EU, die in der deutschen Lebensmittelkennzeichnungsverordnung umgesetzt ist. Bei der Mehrzahl der untersuchten Proben fehlte diese Angabe.

Getreide, Back-, Teigwaren / Obst, Gemüse Jahresbericht 2007 41

Tees mit niedrigen Estragolgehalten um die 30 – 70 mg / kg wurden im Tee-getränk 0,11 bis 0,24 mg / l gemessen, entsprechend einer Extraktionsrate von ca. 30 %. Die Extraktion von Est-ragol ist durch die geringe Wasserlös-lichkeit nur begrenzt möglich.

Die beiden Stoffe dürfen nicht als Einzelstoffe zur Aromatisierung ver-wendet werden, für die Gehalte in Lebensmitteln gibt es jedoch, im Ge-gensatz z. B. zu Cumarin, derzeit keine Höchstmengen.

Im Entwurf einer neuen EU-Verord-nung über Aromen sind Höchstwer-te für Estragol und Methyleugenol in einzelnen Lebensmittelgruppen vor-gesehen. Als Höchstwert für nichtal-koholische Getränke, wie z. B Kräu-tertee, werden 10 mg / kg vorgeschla-gen. Sowohl die 2007 gemessenen Gehalte von max. 0,4 mg / l als auch die Höchstgehalte in Kindertees aus dem Jahr 2003 von 1,5 mg / l liegen weit unter diesem vorgeschlagenen Höchstwert (siehe auch www.un-

tersuchungsaemter-bw.de / karlsru-he / eua / lm / pfl / 2003_fenchtee.htm).

Kräuter und Gewürze

Aromatische Kräuter und Gewürze – mit Krebsrisiko?

Estragol und Methyleugenol sind natürliche Pflanzeninhaltsstoffe. Am

26.08.2001 hatte der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (engl.

Scientific Committee on Food – SCF) beide Stoffe als krebserregend und

genotoxisch eingestuft. Daraufhin hatte das damalige Bundesinstitut für

gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) eine

Minimierung der beiden Stoffe in Lebensmitteln gefordert (siehe Presse-

mitteilung vom 24.06.2002 unter www.bfr.bund.de / cd / 1066).

Probenart Probenzahl Estragol [mg / kg] Methyleugenol [mg / kg]

Min. Median Max. Min. Median Max.

Basilikum frisch 4 nicht nachweisbar (nn) 5 76 187Basilikum tiefgefroren 6 nn Spur Spur 3 5 10Basilikum getrocknet 8 4 261 1 063 nn 17 152Estragon frisch 3 nn * 4 090 5 * 62Estragon getrocknet 2 7 * 8 170 73 * 970Piment getrocknet 10 nn 3 23 99 790 4 280Anis 9 110 436 560Fenchel 4 29 625 800Fenchel-Anis-Kümmeltee 3 31 * 330Kräutertee mit Anis / Fenchel 4 3 68 2 030

* der Median wird erst ab min. 4 Proben berechnet.

Basilikum wird bereits seit 3000 Jah-ren (in Mitteleuropa seit dem 12 Jh.) kultiviert. Vom Basilikum existieren zahlreiche Varietäten mit Linalool, Es-tragol, Citral, Eugenol oder Methyleu-genol als Hauptkomponenten im äthe-rischen Öl. Daneben gibt es zahlreiche Mischtypen. Dementsprechend unter-schiedlich ist das Aroma verschiedener Basilikumsorten z. B. zitronen-, anis-, zimt- oder nelkenartig. Das Aroma des „italienischen Basilikums“ wird bestimmt durch Linalool. Während im frischen und tiefgefrore-nen Basilikum nahezu ausschließlich Methyleugenol nachgewiesen wurde, überwiegt beim getrockneten Basili-kum das Estragol. Bei den Proben mit tiefgefrorenem Basilikum handelt es sich, bis auf eine Probe, um verschie-dene Chargen eines Herstellers, der anscheinend das Minimierungsgebot des BgVV in die Tat umgesetzt hat.

Estragon wird in Asien seit langem als Gewürz und Heilpflanze verwen-det und kam im 13. Jh. nach Europa. Man unterscheidet im Wesentlichen den französischen Estragon mit Es-tragol, Ocimenen und Anethol und

den russischen Estragon mit Sabinen und Methyleugenol als Hauptkompo-nenten.

Piment ist ein Gewürz der Neuen Welt und kam im 16. Jh. mit den Spa-niern nach Europa. Das Aroma erinnert gleichzeitig an Gewürznelken, Muskat, Pfeffer und Zimt. Auch beim Piment kann sich die Zusammensetzung des etherischen Öls, abhängig von der Herkunft, stark unterscheiden.

Anis und Fenchel haben eine mehr als 3000 Jahre alte Geschichte als Ge-würz und Heilmittel. Das Aroma der beiden Früchte ist geprägt durch Ane-thol und beide werden gerne wegen ihrer verdauungsfördernden Wirkung verwendet und dazu auch als Tee ge-trunken.

Beim Spitzenreiter mit 2 030 mg / kg Estragol handelt es sich um einen „Wellness-Tee“ mit den Hauptzutaten Anis und Fenchel. Im fertigen Teege-tränk wurde nur noch ein Estragolge-halt von 0,4 mg / l gemessen. Dies bedeutet, das weniger als 2 % des Estragols durch das heiße Wasser aus der Teemischung extrahiert wurde. Bei

Tabelle: Gehalte an Estragol und Methyleugenol in Kräutern und Gewürzen

42 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Rest ist Wasser. Der Bundesverband der deutschen Feinkostindustrie und der Europäische Verband der Herstel-ler von Würzsoßen, Senf und Gemüse in Öl und Essig (FIC Europe) sind je-doch der Meinung, dass so viel Tomate gar nicht sein muss. In den 2007 neu veröffentlichten Europäischen Beurtei-lungsmerkmalen für Tomatenketchup werden nur noch 6 % Tomatentrocken-masse gefordert. Dies entspricht 14 % weniger Anteil an frischen Tomaten im Tomatenketchup.

Herr Dr. Ruge, CVUA Karlsruhe ◆

Tomatenketchup – Wie süß?

Ketchup ist bei uns die beliebteste Würzsoße. Einen Liter Ketchup,

davon 0,7 l Tomatenketchup, verzehrt jeder Bundesbürger durch-

schnittlich pro Jahr.

In allen Tomatenketchups war Gluta-minsäure zu 0,15 bis 0,30 % enthal-ten. Beim Zusatz von Glutaminsäure zu Lebensmitteln als Geschmacksver-stärker werden üblicherweise 0,1 bis 0,5 % dosiert. Bei Tomatenketchup er-übrigt sich allerdings ein Zusatz, das Glutamat bringen die Tomaten selbst mit! Glutamat ist natürlicherweise zu ca. 0,3 % in frischen Tomaten enthal-ten.

Der Tomatengehalt war auf 22 von 24 Produkten auf dem Etikett ange-geben, allerdings in unterschiedlicher Art und Weise, z. B.: „69 % Tomaten-mark“, „70 % Tomatenmark einfach konzentriert“, „aus 24 sonnengereif-ten Tomaten“, „entspricht 126 g To-maten pro 100 g“. Ob der Verbraucher da noch durchblickt, wie viel Tomate in welchem Ketchup drin ist?Die nach der Richtlinie des Bundesver-bandes der Deutschen Feinkostindus-trie aus dem Jahr 1980 für Tomaten-ketchup erforderliche Mindest-Toma-tentrockenmasse von 7 % wurde von allen Produkten erreicht. 7 % klingt wenig, doch auch frische Tomaten ent-halten nicht mehr Trockenmasse – der

Das Rezept für Tomatenketchup ist ganz einfach: Man nehme reife Toma-ten, Zucker, Essig, Salz und Gewürze und püriere das Ganze. Dann lasse man es einige Zeit köcheln und fülle es heiß ab. Zucker gehört zu den Stoffen im Ket-chup, über die immer wieder disku-tiert wird. Die 24 untersuchten Ket-chups enthielten zwischen 9,4 % und 30,2 % Saccharose, Glucose und Fruc-tose, bei einem Durchschnittsgehalt von 15,9 % Gesamtzucker.

Acht der untersuchten Ketchups enthielten zusätzlich Acesulfam (E950) und / oder Saccharin (E954) als Süß-stoff. Die gemessenen Süßstoffge-halte lagen mit 170 – 260 mg / kg Ace-sulfam und 100 – 130 mg / kg Saccha rin unter den zugelassenen Höchstmen-gen von 350 mg / kg (Acesulfam) bzw. 160 mg / kg (Saccharin). Diese geringen Mengen reichen aber aus um die Süßkraft von 5 – 10 % Zucker zu ersetzen. Der Zuckergehalt von 7 süßstoffhaltigen Produkten lag in der unteren Hälfte zwischen 9 und 14 %, eine Probe lag mit 17,6 % Zucker in der oberen Hälfte.

Kräuter, Gewürze Jahresbericht 2007 43

Orangensaft, „frisch gepresst“

Ein Untersuchungsschwerpunkt wurde im Berichtsjahr auf Oran-gensaft gelegt. Dabei wurde so-wohl die Angabe „frisch gepresst“ überprüft als auch die hygienische Beschaffenheit offen abgegebener Orangensäfte kontrolliert. Frisch gepresste Orangensäfte werden im Gegensatz zu den anderen An-gebotsformen nicht durch Hitze-behandlung haltbar gemacht. Sie weisen daher als Charakteristikum das hitzeempfindliche Enzym Pek-tinesterase auf. Die Untersuchung ergab, dass die Enzymaktivitäten sämtlicher überprüfter, frisch ge-presster Orangensäfte weit über denjenigen der pasteurisierten Säfte lagen und die entsprechen-de Auslobung daher in allen Fäl-len korrekt war. Hinsichtlich der mikrobiologischen Beschaffenheit mussten 14 % der untersuchten Proben aufgrund des hohen aero-ben Gesamtkeimgehaltes, der sich vor allem aus Milchsäurebakterien und Hefen zusammensetzte, be-mängelt werden.

Alkoholfreie Getränke

Fruchtsäfte, Fruchtnektare und alkoholfreie Erfrischungsgetränke

Fruchtsaft: unerwünschte Inhalts-

stoffe

In einzelnen Proben Apfelsaft war der Aluminiumgehalt deutlich erhöht (über 50 mg / l). Ursache war die Lagerung der Säfte in relativ alten Aluminium-tanks. Diese waren zwar innen be-schichtet, jedoch dürfte diese Schutz-schicht im Laufe der Zeit beschädigt worden sein, sodass der saure Saft Aluminium aus dem Tankmaterial he-rauslösen konnte. Weitere Kernobstsäfte fielen durch er-höhte Gehalte an Hydroximethylfurfu-ral und damit verbundene sensorische Abweichungen auf, hervorgerufen durch eine vermeidbare Wärmebe-lastung der Säfte bei Herstellung, Ab-füllung oder Lagerung.

Benzol in Erfrischungsgetränken

Das im Jahr 2006 begonnene Unter-suchungsprogramm wurde 2007 fort-geführt. Nach derzeitigem Kenntnis-stand kann sich durch Zersetzung des zugelassenen Konservierungsstoffes Benzoesäure bei Anwesenheit von Ascorbinsäure sowie Kupfer- oder Eisen-Ionen Benzol bilden. Vereinzelt wurden in verschiedenartigen Erfri-schungsgetränken Gehalte zwischen 1 und 4 µg / l Benzol ermittelt. Auffällig war ein Einzelbefund in einem Ener-gy-Drink österreichischer Herkunft mit einem besonders hohen Wert von 41 µg / l. Nachuntersuchungen haben diesen Gehalt nicht bestätigt, sodass über die Ursache nur Vermutungen angestellt werden konnten. Die Un-tersuchungen haben jedoch gezeigt, dass Temperatur- und Lichteinwirkung einen Einfluss auf die Benzolbildung haben. Interessant war in diesem Zu-sammenhang auch die Feststellung, dass cranberry- oder preiselbeerhal-tige Getränke, die Ascorbinsäure (Vi-tamin C) und Benzoesäure von Natur aus enthalten, ebenfalls Benzolgehalte aufwiesen, die in der Größenordung von mehr als 1 µg / l lagen.

Natürliche Farbstoffe in roten

Säften

In Getränken aus roten, blauen oder violetten Früchten wurden die frucht-artspezifischen Farbstoffe (Anthocy-ane) untersucht und identifiziert. So konnte eine Aussage hinsichtlich der Echtheit der untersuchten Säfte ge-troffen werden. Bei einem als Gra-natapfelsaft bezeichneten Erzeug-nis stellte sich heraus, dass dieses hauptsächlich aus Apfelsaft bestand, als färbende Komponente wurde roter Traubensaft identifiziert. Bei ei-nem Getränk, das neben Cranberries laut Deklaration und Abbildung auch Preiselbeeren enthalten sollte, wurde festgestellt, dass ausschließlich Cran-berries verarbeitet waren.

Ein Dauerbrenner: unzureichende

Schankanlagenhygiene und man-

gelnde Kennzeichnung im offe-

nen Ausschank

Wie in den vergangenen Jahren wur-den zur indirekten Kontrolle der Be-triebshygiene von Gaststätten, Bis-tros, Fitness-Studios usw. Getränke aus Schankanlagen einer mikrobio-logischen Überprüfung unterzogen. Mehrfach fanden sich in den unter-suchten Getränken Indikatoren für eine unzureichende Betriebshygiene wie Enterobakterien oder Verderbnis-erreger wie Milchsäurebakterien und Hefen.Auch die ausreichende Kenntlichma-chung der in den Getränken enthal-tenen Zusatzstoffe (Farb- und Kon-servierungsstoffe, Antioxidantien, Süßungsmittel, Koffein) wurde häufig nicht beachtet.

Herr Marten, CVUA Sigmaringen ◆

44 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

speziellen Kennzeichnung „enthält mehr als 1,5 mg / l Fluorid, für Säug-linge und Kinder unter 7 Jahren nicht zum regelmäßigen Verzehr geeignet“ hinweisen müssen. Der Betrieb einer Anlage zur Fluoridentfernung muss nach der EU-Zulassung der zustän-digen Behörde mitgeteilt und deren besonderer Kontrolle unterstellt wer-den. Die Behandlung ist dann auf dem Etikett anzugeben.Im Berichtsjahr wurden natürliche Mi-neralwässer dahingehend untersucht, ob bei Gehalten über 1,5 mg / l Fluorid der vorgeschriebene Hinweis auf den Etiketten vorhanden war. In einigen Brunnenbetrieben war es möglich, durch Zumischen von natürlichem Mi-neralwasser mit niedrigem Fluoridge-halt unter die Grenze von 1,5 mg / l zu gelangen und so nicht unter die Kennzeichnungspflicht zu fallen. Für Quell-, Tafel- und Trink wasser ist der Fluoridgehalt durch einen Grenzwert seit Jahren auf 1,5 mg / l beschränkt.

Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser, abgepacktes Trinkwasser

Warten auf ein zugelassenes Verfahren zur Fluoridentfernung

Fluorid ist für den menschlichen Organismus ein essenzielles Spurenele-

ment. Die Gehalte, die eine positive Wirkung haben, und solche, die sich

bereits negativ auswirken können, liegen jedoch sehr eng beieinander. So

kann Fluorid vor Zahnkaries schützen und den Zahnschmelz härten. Bei

Überdosierung können sich aber auch weiße Flecken auf der Zahnoberflä-

che bilden, an denen der Zahnschmelz weniger widerstandsfähig ist. Dies

kann bis zum krankhaften Abbau des Zahnschmelzes führen.

Aluminiumoxid zur Entfernung von Fluorid aus natürlichen Mineralwäs-sern und Quellwässern“ sind recht-lich nicht bindend, geben jedoch den Mineralwasserbetrieben die Möglich-keit einer Fluoridreduzierung für eine Übergangszeit unter den beschriebe-nen Bedingungen. Sie sollen gemäß EU-Kommission baldmöglichst durch einen verbindlichen Rechtsakt abge-löst werden. Erwartet wird die Zulas-sung eines Verfahrens zur selektiven Fluoridentfernung insbesondere von Brunnenbetreibern, die natürliche Mi-neralwässer mit Fluoridgehalten über 1,5 mg / l abfüllen und darauf mit der

Am 1. Januar 2008 trat ein Höchstge-halt für Fluorid in natürlichem Mineral-wasser in Kraft: Ab diesem Zeitpunkt ist es verboten, natürliches Mineral-wasser mit einem Gehalt von mehr als 5 mg / l Fluorid gewerbsmäßig in Verkehr zu bringen. Der ständige Aus-schuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit bei der EU-Kommis-sion hat kurz vor Inkrafttreten des Höchstwertes am 14.12.2007 Leit-

linien zur Fluoridreduzierung bei

natürlichen Mineralwässern und

Quellwässern beschlossen. Die-se „Leitlinien zu den Bedingungen für die Verwendung von aktiviertem

Wege gefunden: Metaboliten auf dem Vormarsch

In der Landwirtschaft werden unter dem Aspekt einer gesicherten Nah-

rungsmittelversorgung beim chemischen Pflanzenschutz unter anderem

Herbizide und Fungizide ausgebracht. Sie dürfen erst nach Zulassung

eingesetzt werden, denn von Pflanzenschutzmitteln dürfen keine schäd-

lichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie das

Grundwasser und keine unvertretbaren Auswirkungen auf den Naturhaus-

halt ausgehen. Im Boden werden diese Pflanzenschutzmittel meist durch

Stoffwechselvorgänge ab- und umgebaut. Es entstehen damit Umwand-

lungsprodukte, die so genannten Metaboliten.

Werden Rückstände an Pflanzen-schutzmitteln in natürlichen Mineral-wässern festgestellt, so findet ein in der Allgemeinen Verwaltungsvor-schrift für natürliches Mineralwasser verankerter Orientierungswert, der speziell für die Beurteilung dieser Stof-fe festgelegt wurde, Anwendung. Das natürliche Mineralwasser, in dem die-se Höchstkonzentration von 0,05 µg / l, die weit unter einer gesundheitlich re-levanten Schwelle liegt, durch Pflan-zenschutzmittel überschritten wird, hat seine ursprüngliche Reinheit ver-

loren. Wie aber wird die Anwesenheit von Metaboliten beurteilt?2007 mussten Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln bewertet wer-den, die im Vorjahr noch unbekannt waren und deren Nachweis erst durch die Anwendung aufwändiger instru-menteller Analytik möglich wurde. Im Untersuchungsjahr wurden in ein-zelnen Entnahmestellen verschiede-ner Brunnenbetriebe erste Hinweise auf das Vorkommen dieser neu er-kannten Pflanzenschutzmittel-Meta-boliten erhalten. Lag ein begründeter

Verdacht für das Vorhandensein dieser Verbindungen vor, so schlossen sich Folgeuntersuchungen an, um das Er-gebnis zu erhärten oder zu entkräften. Beim Vorliegen gesicherter Befunde entscheidet im nächsten Schritt das Regierungspräsidium als zuständige Anerkennungsbehörde über das Wei-terbestehen der amtlichen Anerken-nung des natürlichen Mineralwassers und veranlasst den Betrieb gegebe-nenfalls zu geeigneten Sanierungs-maßnahmen. Bei natürlichem Mine-ralwasser besteht im Gegensatz zum Trinkwasser nicht die Möglichkeit, durch eine Aufbereitung die uner-wünschten Stoffe zu entfernen oder durch Mischen mit einem unbelaste-ten Wasser die Mineralwassereigen-schaft zu erlangen.

Frau Dr. Fischer-Hüsken, CVUA Freiburg ◆

Alkoholfreie Getränke Jahresbericht 2007 45

Herkunft von Perlweinen

Im Berichtsjahr wurde der Ver-dacht bekannt, dass süditalieni-sche Grundweine zur Herstellung von Perlwein zu Weinen aus der Region Venezien („Veneto“) umde-klariert worden sein sollen. Mithilfe der Stabilisotopen-Unter-suchung sollten mögliche Manipu-lationen überprüft werden. Dabei fielen drei Perlweine aufgrund ei-nes erhöhten Gehaltes an dem Sauerstoffisotop 18O auf. Da die Gehalte für den ermittel-ten Jahrgang und die Herkunft („Veneto“) noch im Rahmen der möglichen natürlichen Schwan-kungsbreite lagen, wurde von einer förmlichen Beanstandung abgesehen.

Wein, Erzeugnisse aus Wein

Verbotener Zusatz von künst-

lichem Glycerin zu italienischem

Wein

Glycerin kommt natürlicherweise in Wein vor. Der Zusatz von künstlichem Glycerin kann durch geringe Gehalte von Stoffen nachgewiesen werden, die bei der Herstellung von künstli-chem Glycerin entstehen (so genann-te cyclische Diglycerine). In 10 von 32 untersuchten italienischen Weinen ei-nes italienischen Abfüllers konnte ein solcher Zusatz nachgewiesen wer-den. Dieser ist in Wein jedoch verbo-ten. Die im Milligramm-Spurenbereich festgestellten Mengen an cyclischen Diglycerinen sind – einschließlich den damit verbundenen künstlichen Gly-cerinanteile – als nicht gesundheitsge-fährdend einzustufen. Betroffen waren Landweine, Qualitätsweine und auch einige Perlweine. Die beanstandeten Weinchargen wurden bei den betrof-fenen inländischen Weinhändlern von den zuständigen Behörden aus dem Verkehr gezogen.

Verfälschte Drittlandsweine

Einige Drittlandsweine, die direkt im Handel entnommen wurden, waren gepanscht. Ein Wein aus Bosnien-Herzegowina fiel trotz längerer Tro-ckenzeit im Erntesommer durch ei-nen untypisch hohen Wassergehalt auf, der nicht aus den Trauben stam-men konnte. Wie schon im Vorjahr war auch diesmal ein moldawischer Wein ebenfalls wegen Fremdwasserzusatz zu beanstanden. Ein erheblicher Anteil an Fremdzucker war in einem ukraini-schen Wein zu finden.

Allergenkennzeichnung

Was die Kenntlichmachung der Schwe-felung betrifft, mussten erneut zahlrei-che Weine wegen fehlender oder nur in anderen europäischen Sprachen angegebener Kenntlichmachung von Schwefeldioxid beanstandet werden.

Wenn der Perlwein zum Sekt

wird: Je mehr „PLOPP“ desto

mehr Sekt

Nach der EU-Weinmarktordnung wird Perlwein aus Tafel- oder Qualitätswein hergestellt. Die Perlage entsteht durch Kohlendioxid, das während der Gärung im Wein verbleibt oder durch zugesetz-tes Kohlendioxid (CO2). Der CO2-Über-druck muss dabei mindestens 1 bar und darf maximal 2,5 bar betragen. Oft werden Perlweine mit höherem Druck angetroffen, die dann aufgrund des stärker schäumenden Charakters Sekt vortäuschen können. Schaum-wein muss im Gegensatz zu Perlwein einen Mindest-CO2-Überdruck von 3,0 bar aufweisen, Qualitätsschaumwein b. A. (bestimmter Anbaugebiete) so-gar 3,5 bar. Im Gegensatz zu Schaum-wein unterliegt Perlwein aufgrund des geringeren CO2-Gehaltes jedoch nicht der Schaumweinsteuer.

Die Zahl der Beanstandungen wegen eines unzulässig hohen Überdruckes stieg bei Perlweinen deutlich an. Der höchste gemessene Druck lag bei knapp 4,0 bar. Eine große Kellerei fiel auf, die als Verperler und Lohn abfüller im Auftrag für andere Kellereien und Weingüter Perlweine herstellte und in einigen Fällen die rechtlich vorgegebe-ne Grenze des CO2-Überdruckes von 2,5 bar deutlich überschritt.

46 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Aus der Arbeit der Weinkontrolle

Qualitätsweine und Sekte mit falscher amtlicher Prüfungsnummer

Wo Qualität draufsteht, sollte Qualität drin sein. Die Qualität im Glase zu

gewährleisten, ist Aufgabe der amtlichen Qualitätsprüfung für Wein und

Sekt. Bei der Qualitätsprüfung wird von amtlicher Seite analytisch und

sensorisch geprüft, ob ein Wein als „Qualitätswein b. A.“ bzw. ein Sekt

als „Sekt b. A.“ bezeichnet werden darf. Mit der Erteilung der amtlichen

Prüfungsnummer, kurz A. P. Nr. genannt, die den Wein bzw. Sekt eindeutig

kennzeichnet, wird das erfolgreiche Bestehen der Qualitätsprüfung doku-

mentiert.

Insgesamt 22 Weine und Sekte muss-ten wegen unzutreffender amtlicher Prüfungsnummer beanstandet wer-den.

Das unzulässige Umfüllen von (geprüf-ten) Qualitätsweinen aus Flaschen in sog. Kegs (Mehrwegfässer) wurde beanstandet. Die Gefahr von Quali-tätseinbußen sowie mögliche Manipu-lationen konnten somit von vornherein unterbunden werden.

Wie in den beiden Vorjahren wurde auch im Jahr 2007 ein besonderes Augenmerk auf die Verwendung ne-gativ beschiedener Erzeugnisse so-wie auf die Wiederholungsprüfungen von vormals bei der amtlichen Quali-tätsweinprüfung abgelehnter Weine gelegt. Dabei wurden in 8 Betrieben Verstöße festgestellt. So wurden z. B. Weine erst gar nicht zur Qualitäts-weinprüfung angestellt oder mit frei erfundenen Prüfnummern in den Ver-kehr gebracht. Das Gesamtvolumen bezog sich auf etwa 130 000 Liter. In allen Fällen wurde neben der Einlei-tung strafrechtlicher Verfahren auch ein Verkehrsverbot ausgesprochen.

Die gesetzlich vorgeschriebene Her-stellungsdauer für einen nach der Flaschengärmethode hergestell-ten Sekt beträgt mindestens neun Monate. Dies führt gelegentlich zu Engpässen auf Anbieterseite. Um dennoch liefern zu können, wurden im Fall eines Betriebs kurzerhand über 400 Flaschen des Erzeugnis-ses eines Mitbewerbers erstanden, die Etiketten abgelöst und durch die eigene Ausstattung ersetzt. Dabei nahm man es nicht so genau. Aus der einfachen wurde die traditionelle Flaschengärung (auf der Homepage des Betriebes als „methode cham-ponaise“ bezeichnet), die Amtliche Prüfungsnummer wurde zwar nicht beantragt, aber auf dem Etikett ange-geben und die angegebene geografi-sche Herkunft rutschte um ca. 30 km ab in den Süden. Was dagegen an-stieg, war der Verkaufspreis. War eine Flasche des qualitativ durchaus zufrie-denstellenden Erzeugnisses vormals

für 5,99 1 bzw. zum Aktionspreis von 4,99 1 zu haben, so stieg der Preis nach dem Etikettierungs-Update auf 11,99 1. Kreativität gibt es halt nicht umsonst.

Was die Weinkontrolle sonst noch

findet:

Das Inverkehrbringen von bereits ab-gelehntem „Biowein“ hatte für einen Betrieb neben einem Strafverfahren hohe Kosten und Reputationsverluste zur Folge. Die Weine mussten von et-lichen Kunden (vor allem Biomärkten) zurückgenommen werden.

Die unzureichende Durchmischung ei-nes Behältnisses (Tank) vor der Abfül-lung hatte überhöhte Kupferwerte zur Folge. Das Erzeugnis war noch nicht in Verkehr gelangt. Ein Strafverfahren konnte vermieden werden.

Durch den zunehmenden Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung zur Führung der weinrechtlich vor-geschriebenen Dokumentation stieg der Aufwand bei der Zulassung von neuen Systemen bzw. der Umstellung auf neue Versionen bereits bekannter Anbieter an. Die zur Zulassung not-wendige Eignungsprüfung durch die Weinkontrolle führte in einigen Fäl-len dazu, dass Nachbesserungen bei den Programmstrukturen erforderlich wurden, um die festgestellten Fehler und Mängel zu beseitigen. Nach der Umsetzung der erforderlichen Korrek-turen konnte jedoch allen Systemen die Zulassung als formelle Weinbuch-führung ausgesprochen werden.

Im Jahr 2007 wurde im Anbaugebiet Württemberg zum zweiten Mal nach 2006 rektifiziertes Traubenmostkon-zentrat (RTK) zur Erhöhung des na-türlichen Alkoholgehalts verwendet. Insgesamt wurden mehr als 1 Million Liter hierfür eingesetzt. Die Gewäh-rung von Beihilfen für den Einsatz des Konzentrates seitens der Euro-päischen Union ist jedoch an die Er-füllung bestimmter Nachweis- und Dokumentationspflichten gebunden. Die Kontrolle und Bescheinigung der Einhaltung dieser Auflagen erforderte sowohl während der Herbstkampagne als auch noch danach einen zusätzli-chen Aufwand. In einem Fall ergaben die Überprüfungen, dass eine Anrei-cherung nicht korrekt durchgeführt und somit aus dem Beihilfeverfahren ausgeschlossen werden musste.

Herr Rothenbücher, CVUA Stuttgart ◆◆

Wein, Erzeugnisse aus Wein Jahresbericht 2007 47

Alkoholhaltige Getränke (außer Wein)

Neue Regelungen zu Health-Claims bei alkoholhaltigen Getränken

Die Verordnung bringt insofern eine Vereinfachung, dass gesundheitsbe-zogene Angaben für Getränke mit ei-nem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent grundsätzlich verbo-ten wurden. Die bisherige aufwändige Einzelfallbetrachtung jedes einzelnen Claims erübrigt sich damit. Das euro-päische Lebensmittelrecht definiert „gesundheitsbezogene Angaben“ sehr weit. Darunter wird jede Angabe verstanden, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammen-hang zwischen einer Lebensmittel-kategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits be-steht. Eine nährwertbezogene Angabe ist bei alkoholhaltigen Getränken nur noch dann zulässig, wenn sich diese auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehaltes oder des Brennwerts bezieht (z. B. bei so genannten Leichtbieren).Unsere Erkenntnisse zeigen, dass in Einzelfällen weiterhin gesundheitsbe-zogene Angaben auf Alkoholetiketten oder auf Internetseiten der Hersteller zu finden sind. In 8 Fällen wurde eine förmliche Beanstandung ausgespro-chen. Beispielsweise befanden sich auf dem Etikett eines Himbeerlikörs und auf der Internetseite des Herstel-lers Hinweise wie „wirkt appetitanre-gend, harn- und schweißtreibend und bei Verstopfung“. Die Hinweise wurden zwischenzeitlich von der Etikettierung und aus dem Internet entfernt. Für ei-nen russischen Honigwein wurde of-fenbar in Unkenntnis der europäischen Rechtslage mit dem Claim „Trinkst Du Honigwein und stärkst Deine Gesund-heit“ geworben. (siehe auch Kapitel III Nährwert- und gesundheitsbezogene Werbung bei Lebensmitteln)

Allergenkennzeichnung bei

weinähnlichen Getränken

Weinähnlichen Getränken darf Schwe-feldioxid bis zu einer Höchstmenge von 200 mg / l zugesetzt werden. Bei einem Zusatz ab 10 mg / l muss dabei für den Verbraucher erkennbar sein, dass der allergene Stoff Schwefeldi-oxid oder dessen Verbindungen (Sul-fite) im Lebensmittel enthalten sind. Die komplizierte Rechtslage (Rege-lungen zum einen in der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung, zum anderen in der Lebensmittel-Kennzeichnungs-verordnung) überfordert vor allem kleinere Hersteller (12 von 252 un-tersuchten Proben wiesen überhaupt keine Kenntlichmachung auf, weitere 12 Proben wurden wegen fehlerhaf-ter Allergenkennzeichnung beanstan-det). In einem Fall eines Apfelweins war sogar die erlaubte Schwefeldioxid-Höchstmenge überschritten.

Bereits die bislang geltenden natio-nalen Regelungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches haben gesundheitsbezogene Angaben in der Etikettierung und Werbung solcher Ge-tränke als irreführend verboten, wenn die angegebenen Wirkungen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft dem Lebensmittel nicht zukommen oder wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert waren. Die Beweispflicht lag hier aufseiten der Hersteller. Nach unseren Erkenntnissen konnten sol-che Nachweise bislang nicht erbracht werden. Im Gegenteil wurde bei einer Neubewertung von alkoholhaltigen Getränken durch das Internationale Krebsforschungszentrum IARC (Inter-national Agency for Research on Can-cer) im Februar 2007 Ethanol in alko-holischen Getränken sogar als krebs-erregend für den Menschen (Gruppe 1) eingestuft. Das Krebsrisiko steigt generell mit der aufgenommenen Al-koholmenge, z. B. erhöht der tägliche Konsum von 50 g Alkohol das Risiko für Krebs in Mund- und Rachenhöhle um das Dreifache gegenüber absti-nenten Menschen. Ein Zusammen-hang mit der Art des aufgenommenen Alkohols (Bier, Wein oder Spirituosen) konnte nicht hergestellt werden. Ge-sundheitsbezogene Angaben dieser Produktgruppe können demnach wis-senschaftlich generell nicht aufrecht-erhalten werden. Dieser Auffassung ist auch der Arbeitskreis Lebensmittel-chemischer Sachverständiger (ALS), der Angaben wie „appetitanregend, verdauungsfördernd, verdauungsan-regend, wohltuend oder bekömmlich“ im Hinblick auf die mit dem Konsum von Alkohol verbundenen Probleme als nicht vertretbar ansieht (J. Verbr. Lebensm. 2006, 1:372).Die neue Verordnung (EG) Nr. 1924 / 2006 (so genannte Health-Claims-Verordnung) hat die Regelungen zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben bei alkoholhaltigen Geträn-ken nun europaweit vereinheitlicht.

48 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Ethylcarbamat in Steinobst bränden:

ein Dauerbrenner unter den Untersuchungsparametern

mit dem „Dauerbrenner“ Ethylcar-bamat und haben ein Merkblatt für Kleinbrenner über praktisch leicht durchführbare Maßnahmen zur Redu-zierung von Ethylcarbamat im Internet bereitgestellt (www.untersuchungs-

aemter-bw.de / pdf / merkblatt_ethyl-carbamat.pdf). In Deutschland wurde bereits im Jahr 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l Ethylcarbamat in trinkfertigem Brand festgelegt. Bei Überschreitung die-ses Wertes um mehr als das Doppel-te (0,8 mg / l) wird der Obstbrand als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt. Die betroffene Charge wird dann aus dem Verkehr gezogen und kann evtl. nach Umbrennen wieder freigege-ben werden. Zurzeit müssen immer

Problemfelder bei Bier

Die Reinigungs- und Desinfektionsintervalle werden beim offenen Ausschank von Bier in vielen Fällen von den Gewerbetreibenden zu lange bemessen. Nach der EG-Lebensmittel-Hygieneverordnung haben Lebensmittel-unternehmer Gegenstände und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren. Die Reinigung und Desinfektion muss so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Die DIN-Norm 6650 für Getränkeschankanlagen sieht bei Schankanlagen für Bier Reinigungs- und Desinfektionsintervalle von max. 7 Tagen vor. Falls notwendig (geringer Ausstoß, längere Schankpausen, höhere Lagertemperaturen, schlechte Umgebungsbedingungen, Art des Reinigungsverfahrens) sind sogar kürzere Reinigungsintervalle zu wählen.Betrachtet man die Gesamtzahl von 507 mikrobiologisch untersuchten Bierproben, so wurden in 12 % der Fälle typische Keime nachgewiesen, die eine mangelnde Hygiene belegen. In 4 % der Fälle wurden bierverderbende Keime nachgewiesen. Eine große Brauerei hatte beispielsweise Probleme mit Bierverderbern der Gattungen Mega sphaera und Pectinatus, die bereits zu einem Ekel erregenden fäkalischen Geruch der Proben geführt haben. Bei einem Befall mit den genannten Keimen werden bestimmte Stoffwechselprodukte gebildet (bei Pectinatus: Essigsäure, Propionsäure, Schwefelwasserstoff; bei Megasphaera: Buttersäure, Valeriansäure). Diese Verbin-dungen führen zu deutlichen Geschmacks- und Geruchsabweichungen, meist sind jedoch nur einzelne Flaschen einer Abfüllcharge betroffen.

Ethylcarbamat wurde im Februar 2007 von der IARC (International Agency for Research on Cancer) als „wahr-scheinlich krebserzeugend für den Menschen“ (Gruppe 2A) hochgestuft. Die European Food Safety Authority (EFSA) legte im November 2007 eine wissenschaftliche Studie vor, nach der Ethylcarbamat in bestimmten Spiritu-osen wie Steinobstbränden und Te-quila ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher darstellen kann. Die EFSA hat darüber hinaus gefordert, dass Maßnahmen zur Reduzierung von Ethylcarbamat in Steinobstbrän-den eingeleitet werden sollten.Die Chemischen und Veterinärunter-suchungsämter Baden-Württemberg beschäftigen sich schon seit langem

noch 28 % aller untersuchten Proben beanstandet werden. Spitzenreiter war ein Vogelbeerenbrand, der nach Belichtung mit UV-Licht einen Ethyl-carbamatgehalt von 14,2 mg / l auf-wies. Der leichte Anstieg der Bean-standungsquote (2005: 22 %, 2006: 24 %, 2007: 28 %) lässt sich durch die risikoorientierte Probenahme und Untersuchungsstrategie erklären: Ins-besondere werden Kleinbrennereien überprüft, die ein höheres Risiko für Ethylcarbamatbelastungen besitzen als Großbetriebe, die bereits Maßnah-men zur Ethylcarbamatvermeidung implementiert haben.

Herr Dr. Lachenmeier, CVUA Karlsruhe ◆

Alkoholische Getränke Jahresbericht 2007 49

Der Fett- und Energiegehalt liegen jedoch im Bereich eines gängigen Milcheises, also der Eissorte, die neben Fruchteis am häufigsten in Eisdielen angeboten wird. Und genau wie dieses sollte es auch als ein Genussmittel verzehrt werden, und nicht als geeignet für eine „körperbewusste Ernäh-rung“ ausgelobt werden. Wegen irreführender Angaben wurden 3 von 14 Proben beanstandet.

Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart ◆

Eis und Desserts

Vanille, Stracciatella, Zitrone – ein hochwertiges

Trio?

Nach wie vor mussten zahlreiche Proben Vanilleeis bean-standet werden, die nicht mit der teuren natürlichen Va-nille bzw. natürlichem Vanillearoma aromatisiert wurden, sondern mit Vanillin. So hergestelltes Eis ist nur unter der Bezeichnung „Eis mit Vanillegeschmack“ verkehrsfähig. Die in derartigen Speiseeisen sichtbaren „schwarzen Par-tikelchen“ resultieren mitunter aus der Verwendung von zerkleinerten Vanilleschoten, denen das wertvolle Vanille-aroma entzogen wurde und die so die Verwendung von natürlicher Vanille nur vortäuschen. Stracciatella-Eis wurde häufig wegen fehlender Kenntlich-machung der Verwendung von kakaohaltiger Fettglasur anstelle von Schokolade beanstandet. In Zitroneneis fehlte bei etlichen Proben die namengebende Zutat Zitronensaft entweder ganz oder teilweise. Nach den Leitsätzen für Speiseeis ist für Zitroneneis ein Zitronensaft-Anteil von mindestens 10 % erforderlich. Die Grundmassen zur handwerklichen Herstellung von Zitroneneis sind zwar in der Regel mit dem Hinweis „noch 10 % Zitronensaft hinzufügen“ gekennzeichnet, dies wird offensichtlich bei der Herstellung nicht selten „übersehen“.

Auch die fehlende Kenntlichmachung der Verwendung von Farbstoffen ist wie jedes Jahr ein häufiger Beanstandungs-grund. Die Kenntlichmachung von zugelassenen Farbstof-fen hat entweder auf einem Schild an der Ware oder in ei-ner dem Verbraucher unmittelbar zugänglichen schriftlichen Aufzeichnung zu erfolgen. Bei 119 Proben wurden diese gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten.

Leichte Eisträume – Eisgenuss ohne Reue?

Eis ist süß, kalt und unwiderstehlich lecker. Kein Wunder, dass der Deutsche, übers Jahr gerechnet, 8,4 Liter Speise-eis schleckt. 2,8 Milliarden Euro haben die Hersteller, vom Italiener um die Ecke bis zum Fließbandproduzenten, im Jahr 2006 umgesetzt. Das entspricht geschätzt etwa 700

Millionen Litern Eis. Beim Konsum liegen die Deutschen europaweit im Mittelfeld.

Mit Angaben wie „der leichte Eisgenuss“, „leicht und vital“, „die leichte Linie“, „Wellnesseis“, „weniger Fett“ verspre-chen viele Anbieter Gaumenfreuden ohne Reue. Solche Produkte sind mittlerweile in den meisten Eistruhen zu fin-den. Aber ist das „Light-Schlecken” wirklich so „leicht“? Im Berichtsjahr wurden „light“-Produkte hinsichtlich der ange-gebenen Fettgehalte und ihrer Aufmachung und Kennzeich-nung überprüft. Diese so ausgelobten Eisproben enthalten zwar im Vergleich zu der Eissorte „Eiscreme“ (mindestens 10 % Milchfett erforderlich) deutlich niedrigere Fettanteile um 3 % und sind damit auch kalorienärmer als Eiscreme.

Übersicht: Beanstandungen bei Eis

Im Vergleich zu den Vorjahren lag die Beanstan-dungsquote insgesamt zwar etwas höher (26 % gegenüber 21 % in 2006 und 19 % in 2005), der Anteil an Beanstandungen wegen mikrobiologischer Befunde lag jedoch mit 12 % im gleichen Bereich (11 % in 2006 und 12 % in 2005). Krankheitserreger konnten in keiner der 1 845 untersuchten Eisproben nachgewiesen werden.

50 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Cadmium in Schokolade – noch ein Dauerbrenner

Insbesondere dunkle Schokoladen, hergestellt aus Kakao-bohnen aus Südamerika sind naturbedingt mit Cadmium belastet, da die Kakaopflanze das in den vulkanischen Bö-den vorhandene Cadmium anreichert. Gesetzlich verbindli-che Grenzwerte für Cadmium in Kakaoerzeugnissen gibt es bisher nicht. In einer Veröffentlichung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 31.1.07 wird die Einführung eines Höchstgehaltes für Cadmium in Schokolade zwischen 0,1 und 0,3 mg / kg vorgeschlagen. Für Kakaopulver gibt es bis jetzt keine rechtliche Bewertungsgrundlage.

17 Kakaomassen und -nibs, 32 Kakaopulver, 9 kakaohaltige Getränkepulver und 72 Schokoladenerzeugnisse wurden auf Cadmium untersucht. Während bei den Kakaomassen der hiesigen Hersteller keine auffälligen Werte beobachtet wurden, wiesen 4 Kakaopulver Werte zwischen 0,9 und 1,1 mg Cadmium / kg auf. In 8 Schokoladen mit hohem Kakaoanteil wurden Cadmium-Gehalte über 0,3 mg / kg nachgewiesen (höchster Gehalt: 0,48 mg / kg).Die Hersteller dieser Schokoladen sowie der auffälligen Kakaopulver wurden über die Befunde informiert.

Aluminium in Schokolade und Kakaopulver:

hohe Gehalte natürlichen Ursprungs

Da Kakaoerzeugnisse natürlicherweise hohe Aluminium-gehalte aufweisen können, wurden im Berichtsjahr auch Kakaoerzeugnisse auf diesen Parameter hin untersucht. Wie nachfolgende Tabelle zeigt, lagen die Gehalte je nach Kakaoanteil im Vergleich zu anderen Lebensmittelgruppen sehr hoch.Durch den Konsum einer Tafel Bitterschokolade mit 60 mg Aluminium / kg nimmt ein Erwachsener (60 kg) rund 70 % des täglich tolerierbaren Wertes zusätzlich auf. Bei einem Kind (20 kg) kommt es allein mit täglich einer Tasse Kakao (3 g Kakaopulver mit 110 mg Aluminium / kg) zu einer Auf-nahme von rund 12 % des täglich tolerierbaren Wertes.Zum Thema Aluminium in Süßwaren verweisen wir auf das Kapitel IV, Schwermetalle und toxische Spurenele-mente.

Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche,

Kaffee, Tee

Probenart Anzahl der Proben nach Konzentrationsbereichen in mg Aluminium / kg Maximal-wert

in mg / kg0 – 10 10 – 30 30 – 50 50 – 100 100 – 150 150 – 200 > 200

Kakaonibs und Kakaomassen 2 8 1 1 268Kakaopulver 2 5 14 5 1 225Schokoladen 6 9 29 2 118Milchschokoladen 9 12 2 31Kakaohalt. Getränkepulver 2 7 6 37Kakaohalt. Brotaufstriche 4 10 2 48

Tabelle: Aluminiumgehalte von Kakaoer-zeugnissen und kakaohaltigen Lebensmitteln

Überwiegend Kennzeichnungsmängel bei Honig

und Konfitüre

Wie in den vergangenen Jahren war die überwiegende Anzahl an Beanstandungen bei Honig auf Kennzeichnungs-mängel wie fehlende oder nicht korrekt angegebene Min-desthaltbarkeitsdaten, fehlende Losangabe und Nennfüll-menge sowie nicht vorhandene bzw. fehlerhafte Angabe des Ursprungslandes zurückzuführen.

Bei den beanstandeten Proben von Konfitüren, Marmela-den und Fruchtaufstrichen handelte es sich überwiegend um Produkte von Direktvermarktern, die als Konfitüre oder Gelee bezeichnet waren, obwohl sie den rechtlichen Vor-gaben der Konfitürenverordnung nicht entsprachen. Bei diesen Proben sowie bei Produkten, die als Fruchtaufstrich gekennzeichnet waren, entsprach auch häufig die Kenn-zeichnung nicht den Vorschriften der Lebensmittel-Kenn-zeichnungsverordnung, und enthaltene Zusatzstoffe waren nicht immer korrekt deklariert.Erzeugnisse aus industrieller Produktion erfüllen in der Regel die rechtlichen Anforderungen, allerdings mussten, nachdem das BMELV im Dezember 2006 klargestellt hatte, dass bei Zwei- und Mehrfruchtkonfitüren die Fruchtgehalte der verschiedenen Früchte anzugeben sind, wenn diese in der Verkehrsbezeichnung genannt sind, einzelne Kon-fitüren wegen dieser fehlenden Angabe (Quid-Angaben) beanstandet werden.

Vitaminbonbons – Vitaminbomben?

Bei vitaminisierten Bonbons werden die Vitaminzusätze ins-besondere bei Vitamin C häufig überdosiert, da die auf der Packung angegebenen Vitamingehalte bis zum Ende der Mindesthaltbarkeitsdauer gewährleistet werden müssen. Da Vitamin C sauerstoff- und lichtempfindlich ist, wird dies auch bis zu einem gewissen Maß toleriert. 5 Proben wa-ren jedoch so extrem überdosiert (bis zum 750-fachen des angegebenen Gehaltes), dass die angegebenen Vitamin-C-Gehalte als irreführend beurteilt wurden. Durch kürzere Mindesthaltbarkeitsfristen für vitaminisierte Erzeugnisse wären derart extreme Überdosierungen zu vermeiden.

Eis, Desserts / Zuckerwaren, Schokolade, Kakao … Jahresbericht 2007 51

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüs se und NusserzeugnisseNitrat in Kräutertees – ein Problem?

Für viele Pflanzen ist Nitrat eine wichtige Stickstoff-

quelle, die zum Aufbau lebensnotwendiger Proteine

genutzt wird. Einige Pflanzen können Nitrat anreichern

wie z. B. Kopfsalat, Spinat oder Brennnessel. Nitrat als

solches ist unbedenklich, es kann aber eine Ausgangs-

quelle zur Bildung von Nitrit und in weiteren Reakti-

onsschritten von krebserregenden Nitrosaminen sein.

Daher sollen nach Meinung des wissenschaftlichen

Lebensmittelausschusses der EU täglich nicht mehr als

3,65 mg pro kg Körpergewicht aufgenommen werden.

Für Trinkwasser gilt ein Höchstwert von 50 mg / l und

für Kopfsalat und Spinat gelten saisonale Grenzwerte

zwischen 2000 und 4500 mg / kg. Für Kräutertees gibt

es derzeit keine Höchstwerte.

In Baden-Württemberg wurden im Rahmen des Lebens-mittel-Monitorings 40 Proben, hauptsächlich Brennnessel, Pfefferminze, Hagebutte / Hibiskus-Mischungen und Rooi-bos, untersucht. Nitrat ist sehr gut wasserlöslich und geht daher leicht in den Teeaufguss über. Die Untersuchungs-ergebnisse werden im Internet ausführlich unter: www.

cvua-karlsruhe.de / eua / lm / pfl / 2007nitrat_in_kraeutertee.htm dargestellt. Das Fazit lautet:

Hagebutte / Hibiskus- und Rooibos-Tee können hinsichtlich ihrer Nitratgehalte bedenkenlos auch in größeren Mengen getrunken werden. Pfefferminztee liegt mit Blick auf die zulässigen Nitrat-Höchstwerte für Trinkwasser meist noch im grünen Be-reich. Dies gilt auch für die 5 untersuchten Proben Zitronen-verbene, die nicht mit dem als Arzneimittel verwendeten Eisenkraut verwechselt werden dürfen. Pfefferminztee gilt auch als für den Dauergebrauch, aller-dings nicht im Übermaß, geeignet. Bei Gallensteinleiden muss aber mit dem Arzt Rücksprache genommen wer-den.Brennnesseltee gilt als mineralstoffreich, sollte aber auf-grund der hohen Nitratgehalte nur in Maßen genossen werden.

Frau Blum-Rieck, CVUA Stuttgart ◆„Gerochene Erdnusse“ oder geröstete Erdnüsse

im Teigmantel

An einem türkischen Erdnuss-Produkt zeigte sich bei-spielhaft die Problematik der nicht ordnungsgemäßen Kennzeichnung und Aufmachung bei ausländischen Pro-dukten. Geröstete Erdnüsse im Teigmantel wurden mit der Verkehrsbezeichnung „gerochene Erdnusse“ in Verkehr gebracht, auch das Verzeichnis der Zutaten war größtenteils fehlerhaft. Die Kennzeichnungselemente waren weder deutlich lesbar noch unverwischbar ange-bracht. Beim üblichen Gebrauch der Packungen löste sich z. B. die Farbe des Aufdrucks ab, sodass die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Packung nur noch bruchstückhaft zu entziffern war. Außerdem war aus der Angabe eines Produktionsdatums ersichtlich, dass für das

52 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Sonderprogramm Maronen / Esskastanien

Heiße Maronen werden bevorzugt auf Weihnachts-märkten angeboten und erfreuen sich eines großen Zu spruchs. Nachdem im Winter 2006 verdorbene Ma-ronen beanstandet werden mussten, wurde mit den Lebensmittelüberwachungsbehörden ein Sonderpro-gramm Maronen / Esskastanien vereinbart und die Überprüfung des Maronenmarktes durchgeführt. Be-probt wurden sowohl Marktstände, Weihnachtsmärk-te und mobile Maronistationen als auch der Einzelhan-del.Etwa ab Anfang Oktober werden z. B. in Italien und Frankreich Maronen geerntet und entweder in Kunst-stoffnetze verpackt über den Einzelhandel bzw. Dis-counter oder als lose Ware vorwiegend im höheren Preissegment vermarktet. Ein Teil Kerne wird auf den Weihnachtsmärkten als heiße Maroni geröstet ange-boten. Maronen aus Frankreich werden neben der Vermarktung als Frischware besonders häufig im Er-zeugergebiet geschält und gekocht in Tiefziehschalen vakuumverpackt vertrieben. Die Maronen wurden auf äußere Fehler – Keimung, Beschädigung, Fraßspuren, Schimmel – und auf die in-nere Beschaffenheit – nach Schälen und Aufschneiden der Kerne – geprüft. Als Beurteilungshilfe für die Einteilung in verdorbene und nicht verdorbene Kerne der Maronen wurde die Norm (UN-ECE Norm Nr. FFV 39) für die Vermarktung und Qualitätskontrolle von Esskastanien, die für den Handel zwischen und nach den europäischen Ländern geliefert werden, herangezogen. Die Norm lässt eine Toleranz von 15 % verdorbenen Kernen bei der Han-delsklasse 2 zu. Eine Beanstandung muss dann ausge-sprochen werden, wenn die Probe zum Zeitpunkt der

Untersuchung in ihrem Sinnenbefund (z. B. hoher Anteil an verschimmelten Maronen) so stark abfällt, dass sie als nicht mehr zum Verzehr geeignet zu beurteilen ist. Obwohl ein Großteil der zur Röstung vorrätig gehal-tenen Rohware, den Anforderungen entsprach, könn-te dieser Anteil durch ein genaueres und intensiveres Vorsortieren vor der Marktbeschickung noch verbessert werden. Angesichts der zumeist schlechten Lichtver-hältnisse an den Ständen und der Hektik bei starkem Kundenandrang am Stand ist dort eine Überprüfung der einzelnen Stücke auf Fraßlöcher und Schimmel nur schwer zu leisten.Zu beanstanden waren alle 4 Proben Maronen aus Frankreich (Netzware); bei den Maronen aus Italien betrug die Beanstandungsrate 69 % (15 von 25 Pro-ben), wobei der Zustand mit zunehmendem Abstand zur Ernte erwartungsgemäß immer schlechter wurde. Der Anteil an verschimmelten und verdorbenen Früch-ten stieg erheblich an, immer mehr Proben wiesen auf-grund erheblicher Austrocknungserscheinungen starkes Untergewicht auf.Offensichtlich fehlt bei den Handelsbetrieben das Bewusstsein, dass Maronen ein wesentlich höheres Verderbsrisiko haben als hartschalige Nüsse und des-halb kürzere Lagerzeiten und intensive Überwachung erfordern.Selbst im gehobeneren Einzelhandel, bei dem hoch-preisige lose Ware angeboten wird, muss der Umgang mit Maronen verbessert werden. Auch hier waren zwei Drittel der Ware verdorben. Es bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen Beanstandungen bei den Händlern für die nächste Saison zu einem gewissen Umdenken und einer Verbesserung der Situation führen.

Erzeugnis eine Haltbarkeitsfrist von 2 Jahren festgelegt wurde. Zum Untersuchungszeitpunkt, knapp ein halbes Jahr nach dem Produktionsdatum, war bei einzelnen Teig-kugeln bzw. Erdnüssen bereits Oxidationsgeschmack und beginnende Ranzigkeit festzustellen.

Gebrannte Erdnüsse aus Vogelfutter hergestellt

Bei einem Lieferanten für Marktstände wurde aufgrund eines auffälligen Analysenbefundes der Restbestand an Erdnüssen entnommen, der zur Herstellung von gebrann-ten Erdnüssen vorgesehen war. Ein großer Anteil war ange-fressen, ausgekeimt, glasig, grau verfärbt oder vertrocknet, mehrere Stücke trugen grüne Farbanhaftungen. Zwischen den Nüssen befanden sich lebende Mottenlarven, zahlrei-che Gespinste, Larvenkot sowie verschiedenste Fasern

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüs se und Nusserzeugnisse

und Schmutzteile. Die Nüsse rochen dumpf und ranzig. Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass es sich um Vogelfutter aus Indien handelte, das von einem nieder-ländischen Importeur „unter nicht eindeutiger Kennzeich-nung“ an den Süßwarenvertrieb geliefert worden war. Ob-wohl selbst für den Laien ersichtlich war, dass diese Ware Ekel erregend und verdorben ist, belieferte der Großhändler seine Kunden, die sie ihrerseits unbeeindruckt zu der bei Groß und Klein recht beliebten „Leckerei“ verarbeiteten.

Die Vorstellung, dass derartige Ware samt Schmutz und Ungeziefer mit einer Zuckerhülle kaschiert in den Handel kommt, hätte den Besuchern des Weihnachtsmarktes wohl den Appetit verdorben. Zu den Aflatoxin-Gehalten siehe Kapitel IV Mykotoxine.

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse, Nusserzeugnisse Jahresbericht 2007 53

Fertiggerichte

Temperatur und Lagerung

Eine Probe „belegte Brötchen“ zum Aufbacken (Tiefkühl-ware) mit irreversibler Austrocknung durch Gefrierbrand war nicht mehr verkehrsfähig. Bei einer Fahrzeugkontrolle auf der Autobahn fiel ein Verkaufs- und Kühlfahrzeug auf, das als „tiefgefroren“ bezeichnete Lebensmittel, beispiels-weise Lahmacun (türkische Pizza), Tavuksosis (Geflügel-Bratrollen), Tavuk Köft (Geflügelfleisch-Bratlinge) und Inegöl Köfte (türkische Frikadellen), geladen hatte. Nach den vor Ort getroffenen Feststellungen wiesen die Erzeugnisse zum Zeitpunkt der Probenahme eine Oberflächentempera-tur von – 3,3 °C auf. Die Erzeugnisse wurden aufgrund der Befunde in Verbindung mit dem Vorbericht nach der Verord-nung über tiefgefrorene Lebensmittel beanstandet.Kühlpflichtige frische Teigwaren wurden in einem Gastrono-miebetrieb ohne Kühlung bei 17 °C aufbewahrt. Derartige Erzeugnisse sind gegen mikrobiellen Verderb besonders anfällig. Eine Pizza Tonno war mit bereits verdorbenem Thunfisch belegt und war ebenso wie eine verdorbene gegrillte Entenbrust als nicht zum Verzehr geeignet zu be-urteilen. Ein Hamburger war unter Verwendung von ange-schimmelten Longbuns (Brötchen) hergestellt worden. Of-fensichtlich hatte das Verkaufspersonal den wahrscheinlich schon bei der Produktion eingebackenen Schimmelpfropf übersehen.

Gesundheitsrisiko: bittere Aprikosenkerne

Einen Problembereich stellten Aprikosenkerne dar, die als preiswerter Ersatz für die hochwertigen Mandeln ins-besondere bei der Persipanherstellung eingesetzt werden. Findige Vertreiber boten süße Aprikosenkerne z. B. unter der irreführenden Bezeichnung „kleine Mandeln“, „Mini-mandeln“ oder „Aprikosenmandeln“ an. Bei einer Probe „Süße Aprikosenkerne“ wurde im Sinnenbefund deutlich, dass neben süßen Aprikosenkernen auch bittere Apriko-senkerne mit stark bitterem Geschmack enthalten waren. Unter Zugrundelegung des Gehaltes an Blausäure musste von einem Bitteraprikosenanteil von ca. 25 – 50 % ausge-gangen werden, was auf eine unzureichende Sortierung der Rohware schließen ließ. Aufgrund des hohen Gehaltes an bitteren Aprikosenkernen wurde die Probe ebenfalls als irreführend beanstandet.Besonders kritisch sind die vor allem über das Internet zunehmend gehandelten bitteren Aprikosenkerne zu se-hen. Mit blumigen Werbeaussagen und Verweis auf ent-sprechende Veröffentlichungen wird eine vorbeugende und heilende Wirkung bei Krebserkrankungen angeprie-sen. Während bittere Aprikosenkerne zur Herstellung von Persipan entbittert werden und damit keine gesundheit-liche Gefährdung darstellen, wurden in der Handelswa-re erhebliche Mengen freisetzbarer Blausäure bestimmt. Dies stellt angesichts der üblichen Packungsgrößen von 500 bis 1 000 g und der Verwechselbarkeit mit Mandeln ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, da bereits wenige Kerne reichen, um eine toxische, für Kinder sogar tödliche Dosis zu erreichen. Es ist notwendig, durch aussagekräf-tige und auffällige Warnhinweise und Verminderung der Packungsgrößen die gesundheitliche Gefährdung zu mi-nimieren. Anzustreben ist eine Regelung wie bei bitteren Mandeln, bei denen eine Vereinbarung über maximale Pa-ckungsgrößen und entsprechende Warnhinweise besteht. Zusätzlich müssen die unhaltbaren und wissenschaftlich nicht gesicherten Werbeaussagen unterbunden werden. (siehe auch Kapitel IV Mykotoxine)

Herr Dr. Reusch, CVUA Karlsruhe ◆

54 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Fremdkörper

Mehrere Verbraucherbeschwerden betrafen Fremdkörper (Glasscherben, Kunststoffteile) in zubereiteten Speisen aus der Gastronomie oder in Fertigpackungen, beispiels-weise Gummiteile in Maultaschen. Derartige Teile können beim Verschlucken oder bereits in der Mundhöhle ernst-hafte Verletzungen hervorrufen. Nach der Lebensmittel-

Basisverordnung der EU dürfen nicht sichere, gesundheitsschädliche Lebensmittel nicht

in Verkehr gebracht werden.

Kennzeichnung

Eine Salatmischung mit Gartenkräu-ter-Dressing war mit der Nährwertan-

gabe „100 g enthalten durchschnittlich 0,1 g Fett“ versehen. Der Fettgehalt der

Soße betrug jedoch schon 37 %, sodass bei Umrechnung auf das Gesamterzeugnis

etwa 8 % Fett in der Mischung enthalten waren. Bei einer Planprobe Kabeljau-Sahne-Auflauf ging aus dem Zu-bereitungshinweis auf der Umverpackung nicht klar hervor, dass die Schale, in der sich der Auflauf befand, nicht zum Aufbacken mit in den Ofen gestellt werden durfte. Beim Erhitzen der Schale verformte sie sich unter starker Ge-ruchsentwicklung. Die Untersuchung der Kochpökelware eines Schinken-Sandwiches ergab als Zusammensetzung zusammengefügte Skelettmuskulaturstücke, eingebettet in eine brätartig zerkleinerte Grundmasse mit atypisch verleimtem kollagenem Bindegewebe. Dies war ein Hin-weis dafür, dass bei Herstellung des Erzeugnisses Binde-gewebspulver mitverarbeitet wurde. Fleischerzeugnisse dürfen gewerbsmäßig nicht in den Verkehr gebracht wer-den, wenn bei ihrer Herstellung aus Tierteilen gewonnene Trockenprodukte, wie Fleischpulver und Schwartenpulver, verwendet wurden. In „Salat Royal“ in einer Gaststätte und in „Schinken-Käse-Croissants“ aus einer Bäckerei wurden Kochpökelwaren als Schinken verkauft. Imitate von Schinken und Käse werden in Fertiggerichten aus Gaststätten ohne die erforderliche Kenntlichmachung verwendet, da die Betreiber häufig un-ter „Kostendruck“ stehen. Eine ausreichende Kenntlich-machung wäre z. B. „Formfleischvorderschinken“ oder „Kochpökelware“ anstatt Schinken oder „Pizza-Mix“ , ein Käseimitat (Mischung aus Bestandteilen von Käse, Pflan-zenfetten und ggf. weiteren konsistenzgebenden Zusät-zen), anstatt Käse (siehe auch Kapitel III Käse).

Herr Grundhöfer, CVUA Freiburg ◆

Zusatzstoffe

Mehrfach sind asiatische Instantnudeln mit Soßenpulver und Ölpaste durch nicht deklarierte Gehalte an den Anti-oxidantien Butylhydroxyanisol (BHA) und Butylhydroxytolu-ol (BHT) in der Soßenpaste und in den Nudeln aufgefallen. Bei keiner der Proben wurde der zugelassene Höchstgehalt überschritten. Bei einer als „vegetarische Rostente Huhn“ bezeichneten Probe, einem aus Asien importier-ten Lebensmittel, von der Textur her ähnlich wie Sojafleisch (texturiertes Sojaprotein), wurde die Höchstmenge für BHT in Fett um das 10fache überschritten. Da die Probe jedoch einen geringen Fettgehalt aufwies, war von einer Gesundheitsgefährdung durch den Verzehr dieses Lebensmittels nicht auszugehen. Bei einem asiatischen Instant-Lebens-mittel wurde im Zutatenverzeichnis ein Zusatzstoff (E521 = Natriumaluminiumsul-fat – Natriumalaun) aufgeführt, der nur für Eiklar und kandiertes Obst und Gemüse zugelassen ist (Fes-tigungsmittel). Somit handelte es sich um einen für dieses Lebensmittel nicht zugelassenen Zusatzstoff. Glutamat wird häufig ohne die erforderliche Kenntlichma-chung in Gaststätten und Einrichtungen zur Gemeinschafts-verpflegung verwendet. Die beanstandeten Gehalte lagen hier zwischen 1 und 6 g Glutamat pro kg Gericht. Die größ-ten Mengen wurden in zwei Erzeugnissen aus dem asiati-schen Raum gefunden: 18 g / kg in einem Nudelgericht und 16 g / kg in einer Frühlingsrolle. Bei einzelnen Personen kann Glutamat zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen. Verschiedene Proben Antipasti (z. B. in Öl eingelegte Gemü-se) in Fertigpackungen und als lose Ware fielen durch nicht deklarierte Gehalte an Konservierungsstoffen und Sulfit auf. Vereinzelt kamen auch geschwärzte Oliven ohne Kenntlich-machung der Schwärzung hinzu.

„Tierische“ Lebensmittel

In verschiedenen Gerichten wurden Insekten festgestellt. Eine Beschwerdeprobe „gefüllte Weinblätter mit Reis“ er-hielten wir wegen des Verdachts auf Maden in der Füllung. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass keine Ma-den, aber eine zwischen den Weinblättern eingewickelte tote Spinne enthalten war. Diese Probe wurde als zum Verzehr ungeeignet beurteilt. Auf einer Verbraucherbe-schwerdeprobe „Salat“ von einem Pizza-Service wurden mehrere Blattläuse und eine tote Fliege gefunden. Dies lässt auf unzureichendes oder möglicherweise auch nicht durchgeführtes Waschen des Salats schließen.

Abb.: Fremdkörper aus Fertiggerichten

Fertiggerichte Jahresbericht 2007 55

Der Hersteller oder Importeur muss wis-

senschaftliche Studien und / oder Daten vorlegen

können, die nach dem Stand der Wissenschaft die Eignung der zu ernährungsphysiologi-schen oder diätetischen Zwe-

cken zugesetzten Stoffe für die entsprechende Personengruppe

belegen. Dies kann auch durch ei-nen Hinweis auf allgemein zugängli-che Veröffentlichungen erfolgen.Es muss ein kausaler und in der

Regel quantitativer Zusammen-hang zwischen der verzehrten

Menge des Diätlebensmit-tels bzw. des enthaltenen wirksamen Stoffes und

der behaupteten Wirkung beste-hen. Der Beleg hierfür kann in der Regel nur durch gezielte Interventi-

onsstudien am Menschen erbracht werden. Ergebnisse aus Tierversu-chen können Anhaltspunkte für eine mögliche Wirkung bringen, reichen aber nicht aus. Die höchste Aussa-gekraft haben doppeltverblinde-

te, randomisierte Studien. Dabei handelt es sich um Studien an Pa-tientengruppen mit einer Gruppe, die den Wirkstoff erhält, und einer Gruppe, die nur ein Placebo, d. h. einen nicht wirksamen Stoff, be-kommt. Weder den Patienten, noch den durchführenden Ärzten ist da-bei bekannt, wer das Placebo und wer den Wirkstoff erhält.

Derartige Studien müssen strengen wissenschaftlichen Kriterien genü-gen und dürfen von keiner ernst zu neh men den Meinung infrage ge-stellt werden. Die Wirksamkeit ei-ner bilanzierten Diät muss allerdings nicht unumstritten sein. Die Vorlage unter Umständen nur einer, den o. a. wissenschaftlichen Kriterien genü-genden Studie ist ausreichend. Auch kann der Nachweis der Wirksamkeit ohne eine vollständige Erklärung des diätetischen Wirkungszusam-menhangs ausreichen, gegebe-nenfalls auch durch Vorlage aner-kannter wissenschaftlicher Daten.

Als wissenschaftlich anerkannt sind zum Beispiel Therapieempfehlun-gen medizinischer Fachgruppen zu bewerten, niedergelegt in evidenz-

basierten Leitlinien. Unzureichend sind dagegen alle Studien, die nicht mit den entsprechenden Patienten-gruppen durchgeführt wurden, z. B. mit gesunden Probanden oder Tier- bzw. Reagenzglasversuche sowie Meinungen von Einzelpersonen.

Frau Maixner, CVUA Karlsruhe ◆

Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung,

Sportlernahrung

Diätetische Lebensmittel

Diätetische Lebensmittel sind „Lebensmittel für eine besondere Ernährung“ , z. B. für Säuglinge und Kleinkinder,

Diabetiker, Leistungssportler oder Patienten, die diätetisch behandelt werden können. Im allgemeinen Sprachge-

brauch wird der Begriff „Diät“ häufig im Sinne einer Schlankheitsdiät verwendet.

gerührt werden muss, angeboten. Der Energiegehalt einer vollständigen Tagesration beträgt nicht mehr als 1 200 kcal (5 040 kJ), was etwa der Hälfte der empfohlenen Ener-giezufuhr entspricht. Neben Fett und Eiweiß sind auch 12 Vitamine und 11 Mineralstoffe mit Mindestgehalten regle-mentiert. Die stofflichen Anforderungen an derartige Er-zeugnisse werden weit überwiegend eingehalten – wenn der (dauerhafte) Erfolg dann trotzdem ausbleibt, liegt es meist nicht an den Produkten …

Gibt es eine empfehlenswerte Schlankheitsdiät?

Die einfache Antwort lautet: Ja! Für Tagesrationen bzw. Mahlzeiten für eine gewichtskontrollierende Ernährung nach § 14 a der Diät-Verordnung wird durch strenge An-forderungen an die Zusammensetzung und Kennzeichnung eine ausreichende Versorgung mit essenziellen Nährstoffen sichergestellt. Deshalb können sie einen guten Start für eine Gewichtsabnahme durch eine kalorienreduzierte Er-nährung leisten. Sie werden als Drink, Gebäck oder meist als Pulver, das mit Milch oder Wasser gebrauchsfertig an-

Wirksamkeitsnachweis bei diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke

(bilanzierte Diäten)

Bilanzierte Diäten dienen der Ernährung von Patienten mit beeinträch-

tigter Fähigkeit zur normalen Aufnahme oder Verdauung gewöhnlicher

Lebensmittel oder zur Ernährung von Patienten mit einem

medizinisch bedingten Nährstoffbedarf. Letzterer kann

für bestimmte Nährstoffe in einem festgestellten Man-

gel oder in einem über das Übliche hinausgehenden

Bedarf liegen. Rechtliche Voraussetzung ist u. a., dass

eine Beeinflussung der vorliegenden Krankheit, Stö-

rung oder der Beschwerden durch diätetische Maß-

nahmen überhaupt möglich ist.

56 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Sportlernahrung – Prohormone zur Leistungs steigerung?

Verschiedene Prohormone als Vorstufen von Testosteron im Körper sollen indirekt zur Leis-tungssteigerung beitragen. Ausgehend von den Erfahrungen der Deutschen Sporthochschule (DSH) in Köln wurde eine Routinemethode zur Prüfung auf derartige anabol (= muskelauf-bauende) wirkende Prohormone in Sportlernahrungsmitteln – in den unterschiedlichsten Zubereitungsformen – etabliert. Erste Untersuchungen an insgesamt 40 Erzeugnissen von Herstellern und Importeuren aus Baden-Württemberg und an bei Zoll-Dienststellen angehal-tenen Produkten – insbesondere aus den USA – ergaben erfreulicherweise keine positiven Befunde. Mit Prohormonen verunreinigte oder auch damit absichtlich angereicherte „Sport-ler-Lebensmittel“ (die dann tatsächlich auch Arzneimittel sein können) können zu positiven Dopingbefunden führen und bergen ggf. Gesundheitsrisiken in sich. Zudem ist fraglich, ob sie in dem „gewünschten“ Sinne tatsächlich wirken.Wie die Ergebnisse aus den Routine-Untersuchungen am Zentrum für präventive Doping-forschung in Köln zur Kontrolle der Sportler auf die unzulässige Anwendung auf Dopingsub-stanzen zeigen, beschränkt sich das Spektrum der zu erwartenden Substanzen keineswegs nur auf Prohormone. Inwieweit andere dopingrelevante Stoffe in Sportler-Lebensmitteln eine Rolle spielen, wird Gegenstand künftiger Untersuchungen sein. Nähere Informationen auch unter www.dopinginfo.de.

Calcium angereichert sind, können daher erhöhte Aluminiumgehalte vor-kommen. Aus diesem Grund wurde eine Reihe dieser Produkte auf ihren Aluminium-gehalt hin analysiert und daraus die tatsächliche wöchentliche Aufnahme-menge bei Säuglingen und Kleinkin-dern ermittelt.

Ein untersuchtes Produkt schöpfte die tolerierbare wöchentliche Aufnahme-menge für Aluminium zu 65 % aus. Dieses Erzeugnis enthält Sojaprotein-Isolat als Eiweißquelle und wird ab der ersten Woche als einzige Nahrungs-quelle bei Säuglingen mit Milch-Unver-träglichkeit bzw. Milch-Allergiereaktio-nen verwendet.

Weitere untersuchte Erzeugnisse, wie beispielsweise Anfangs- und Folge-milchnahrungen, waren bezüglich ih-res Aluminiumgehaltes nicht auffällig.

Diätetische Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder

Da diese Erzeugnisse für eine besonders empfindliche Verbrauchergruppe

bestimmt sind, werden sie regelmäßig auf eine Vielzahl von Inhaltstoffen

und Kontaminanten untersucht. Von insgesamt 980 geprüften Produkten

waren nur 34 (= 3 %) zu beanstanden. Bis auf wenige Ausnahmen bezo-

gen sich die Beanstandungen auf Kennzeichnungsmängel und täuschende

Werbeaussagen.

Gesundheitsbezogene Werbung

bei Säuglingsanfangsnahrung

Besonders strenge Regelungen be-züglich Werbeaussagen gelten bei Säuglingsanfangsnahrung, die in den ersten Lebensmonaten zur alleinigen Ernährung von Säuglingen dient.

Deshalb wurden die Werbeaussagen bei 37 Produkten von 9 verschiedenen Herstellern bzw. Marken von Säug-lingsanfangsnahrung systematisch unter die Lupe genommen.

Die überwiegende Zahl der Herstel-ler hielt sich an die Beschränkung von Werbeaussagen bei Säuglings-anfangsnahrung. Bei Produkten von 3 Herstellern bzw. Marken waren Aussagen zur Stärkung des Immun-systems oder der Abwehrkräfte des Babys durch prebiotische Ballaststof-fe oder probiotische Mikroorganismen zu beanstanden.

Ziegenmilch als unzulässige

Proteinquelle in Säug-

lings- / Kleinkindernahrung

Säuglingsnahrungen auf Ziegenmilch-basis wurden unzulässigerweise ge-werbsmäßig in Verkehr gebracht. Diese Erzeugnisse haben Ziegenvoll-

milch als einzige Proteinquelle.

Die Nährwertangaben, die Zuberei-tung und die Trinkempfehlungen in der Kennzeichnung bestätigen den Charakter von Säuglingsmilchnahrung bzw. Folgemilch. Die Diät-Verordnung nennt erschöpfend alle zugelassenen Proteinquellen für Säuglingsmilchnah-rung und Folgemilch: Kuhmilch und

Sojaprotein. Ziegenmilch ist demnach als Proteinquelle für die Herstellung dieser Erzeugnisse nicht zugelassen.

Aluminium in Säuglingsnahrung

Die tolerierbare wöchentliche Aufnah-memenge für Aluminium wurde vom Expertengremium für Lebensmittel-zusatzstoffe (JECFA) der Welternäh-rungsorganisation und der Weltge-sundheitsorganisation auf 1 mg / kg Kör pergewicht herabgesetzt. Säug-linge und Kleinkinder stellen aufgrund ihres geringen Körpergewichtes eine davon besonders betroffene Gruppe dar. Ein natürlicher Begleiter fossiler Kalke sind Tone; daher ist Aluminium ein Be-gleiter von (unzulänglich gereinigten) Calciumsalzen. Vor allem bei sojaba-sierten Säuglingsnahrungen, die mit Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg ◆

Diätetische Lebensmittel, Säuglings-, Sportlernahrung Jahresbericht 2007 57

Algenpräparate – wiederum kein

grünes Wunder

Die Situation hat sich gegenüber dem Vorjahresbericht nicht geändert. Immer noch werden Algenpräparate (insbesondere im Internet) mit stark überzogene Werbeangaben i. S. von „volles Nährstoffspektrum an Vita-minen, Mineralstoffen, Eiweiß und Fettsäuren“ vertrieben. Durch die üb-licherweise geringen Verzehrsmen-gen von nur wenigen Gramm pro Tag werden die meisten Nährstoffe aber nicht mehr in relevanten Mengen zu-geführt. Hinweise auf einen positiven Einfluss auf Hyperaktivität bei Kindern entbehren ebenso einer wissenschaft-lichen Grundlage, wie Behauptungen, dass Chlorophyll für den Menschen ernährungsphysiologisch von Bedeu-tung ist.

Nahrungsergänzungsmittel

Von 345 Proben waren 207 zu beanstanden (60 %). Die Beanstandungs-

gründe sind im Vergleich zu den Vorjahren im Wesentlichen gleich ge-

blieben. Wiederum wurden häufig irreführende Angaben festgestellt (bei

38 % aller Proben), oft kombiniert mit Kennzeichnungsmängeln. 41 % aller

Proben hatten eine fehlerhafte Kennzeichnung. Eine unzulässige Ver-

wendung nicht zugelassener Zutaten war bei immerhin 17 % der Proben

festzustellen.

Nicht erfasst in der o. g. Zahl von 345 Proben sind die als angebliche

„Nahrungsergänzungsmittel“ bezeichneten Proben, bei denen es sich

aufgrund der Zusammensetzung oder Aufmachung nicht um Lebensmit-

tel, sondern um Arzneimittel handelte. Ihre Überprüfung und Beurteilung

erfolgte durch die Arzneimittelprüfstelle des CVUA Karlsruhe.

Zusatzstoff ja oder nein?

Aus Gründen des vorbeugenden Ge-sundheitsschutzes hat der Gesetzge-ber bereits 1974 (im Vorläufer des heu-tigen Lebensmittel-, Bedarfsgegen-stände- und Futtermittelgesetzbuchs) „Stoffe mit oder ohne Nährwert, die üblicherweise weder selbst als Le-bensmittel verzehrt noch als charak-teristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden“ , unter bestimm-ten Voraussetzungen den Lebensmit-telzusatzstoffen gleichgestellt und einer Zulassungspflicht unterworfen. Damit sollte gewährleistet werden, dass Stoffe, deren gesundheitliche Un-bedenklichkeit nicht durch eine lange Verwendung als Lebensmittel(zutat) belegbar ist, erst nach einer Sicher-heitsprüfung und Zulassung verwen-det werden dürfen. Die Regelung hatte gerade im äußerst innovativen Markt der Nahrungsergän-zungsmittel ihre Berechtigung. Hier werden ständig Neuheiten auf den Markt geworfen werden, deren posi-tive oder negative Wirkungen auf den Menschen nicht oder nur ansatzweise bekannt sind. Im Jahr 2007 wurden immerhin 17 % der Proben beanstan-det, weil sie nicht zugelassene Zusatz-stoffe als Zutaten enthielten. Die Rechtsprechung der letzten Zeit leitet hier allerdings einen Paradig-menwechsel ein, denn das Bundes-verwaltungsgericht in Leipzig hat in seinen Urteilen vom 25.07.2007 ver-neint, dass die namengebenden Stof-fe eines Nahrungsergänzungsmittels

den Zusatzstoffen gleichgestellt und damit zulassungspflichtig sind. Das Gericht ging dabei von einer wörtli-chen Auslegung des Gesetzestextes aus, ohne die mit der Regelung ver-bundene Absicht des Gesetzgebers zu hinterfragen. Es sah solche Stoffe als charakteristische Zutaten des Nah-rungsergänzungsmittels an, die somit vor ihrer Verwendung nicht zugelas-sen werden müssen. Die vom Gesetz-geber vorgesehene Zulassungspflicht sollte aber verhindern, dass der deut-sche Verbraucher als unfreiwilliges Versuchskaninchen für neue Stoffe herhalten muss. In der Vergangenheit gab es nämlich immer wieder Einzel-fälle, in denen Zutaten so genannter „Nahrungsergänzungsmittel“ zu uner-wünschten gesundheitlichen Wirkun-gen (bis hin zum bleibenden Gesund-heitsschaden) führten. Um solches zu verhindern, wollte man nicht erst auf Schädigungen von Verbrauchern mit Verboten reagieren, sondern vorbeu-gend handeln, d. h. als Voraussetzung für die Erlaubnis zur Verwendung ei-nes Stoffs seinen Sicherheitsnach-weis fordern.Die Urteile und deren Auswirkung auf den Verbraucherschutz und die Voll-zugspraxis werden derzeit in Fachkrei-sen bundesweit diskutiert. Auf jeden Fall beziehen sich die Urteile konkret auf einzelne Nahrungsergänzungsmit-tel und die Anwendbarkeit der Urteile auf andere Produkte muss immer im Einzelfall geprüft werden.

58 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

auch das Bundesinstitut für Risikobe-wertung in seiner Stellungnahme von 2007. Es äußert ebenfalls begründete Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Nahrungsergänzungsmitteln mit Isoflavonen auf Soja- oder Rotklee-basis, welche insbesondere die (auf der Packung meistens angegebene) Zielgruppe von Frauen in den Wech-seljahren betreffen. Dennoch sind die Produkte weiterhin auf dem Markt. Die Industrie vertritt nämlich die Auf-fassung, dass sie sicher sind, und die Datenlage reicht derzeit nicht aus, das eindeutig zu widerlegen. Jedoch be-anstanden wir Werbeaussagen über eine angeblich positive Beeinflussung von Wechseljahresbeschwerden re-gelmäßig als irreführend, denn diese Wirkungen sind bisher nicht ausrei-chend erwiesen.

Frau Bauer-Aymanns, CVUA Karlsruhe ◆

Nicht sichere bzw. gesundheitsschädliche Nahrungsergänzungsmittel

gegebenen Dosierungsempfehlungen war die Einnahme von 275 – 825 mg Pulver / Tag vorgesehen. Bereits 1993 hatte das Bundesgesundheitsamt vor möglichen Gesundheitsschäden durch den Verzehr solch hoher Men-gen von Bis-Carboxyethyl Germanium Sesquioxid gewarnt, daher wurde das Produkt als gesundheitsschädlich ein-gestuft. Isoflavon-Präparate sind in zahlrei-chen Variationen mit mehr oder we-niger deutlichen Hinweisen auf ihre angeblich positive Beeinflussung von Wechseljahresbeschwerden und andere gesundheitliche Vorteile auf dem Markt. Bereits 2006 hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft, eine wissenschaftlich arbeitende Ge-sellschaft, sich zur Sicherheit von iso-lierten oder angereicherte Iso flavonen u. a. in Nahrungsergänzungsmitteln geäußert. Sie kam zu dem Schluss, dass die gesundheitliche Unbedenk-lichkeit solcher Präparate nicht belegt ist. Zum gleichen Ergebnis kommt

Ein zinkhaltiges Nahrungsergänzungs-mittel wurde mit einer Dosierungs-empfehlung von 100 mg Zink / Tag in den Verkehr gebracht. In dieser Menge wirkt Zink bereits toxisch, die Probe wurde als gesundheitsschäd-lich eingestuft. Bei einem weiteren Produkt wurden 60 mg Zink / Tag zu-geführt (nach den Dosierungsemp-fehlungen im Internet waren es sogar 80 mg / Tag). Unsere im Gutachten ge-äußerten Sicherheitsbedenken führ-ten hier zur Überprüfung durch den Hersteller. Dabei wurde festgestellt, dass die beiden Verzehrsempfehlun-gen viel zu hoch angesetzt waren.Ein Arzt wollte ein „Dietary Supple-ment“, welches aus reinem Bis-Car-boxyethyl Germanium Sesquioxid-Pul-ver bestand, aus den USA einführen, möglicherweise, um es als Arznei-mittel zu verwenden. Die Verwen-dung von Germaniumverbindungen bei Nahrungsergänzungsmitteln ist in Deutschland lebensmittelrechtlich ver-boten. Nach den auf der Packung an-

Neues vom Lachsöl

Bereits in den Vorjahren wurde berichtet, dass etliche „Lachsöl“-Produkte auch andere Fischöle enthalten, die der Verbraucher bei dieser Bezeichnung eigentlich nicht erwartet. In der Zwischenzeit reagierten viele Hersteller mit – allerdings oftmals noch unzureichenden – Kennzeichnungsänderungen.In 2 Proben wurden Fettsäure-Ethylester nachgewiesen. Hierbei handelt es sich um Zwischenprodukte aus dem Herstellungsverfahren. Um die gewünscht hohen Gehalte an langkettigen ω-3-Fettsäuren zu erreichen, werden für fischöl-haltige Nahrungsergänzungsmittel nämlich auch Konzentrate dieser Fettsäuren eingesetzt. Die Herstellung dieser Konzentrate ist komplex, aus den Triglyceriden des ursprünglichen Fischöles werden zunächst Fettsäure-Ethylester hergestellt, diese werden u. a. durch Komplexierungs-, Fraktionierungs- und / oder Molekular-destillationsverfahren gezielt angereichert und dann chemisch wieder in neue Tri-glyceride zurückgeführt. Die Verkehrsbezeichnung „Fischöl“ oder „Lachsöl“ ist für diese umfassend technologisch bearbeiteten Fette deshalb irreführend.Ein weiteres Problem besteht in der irreführenden Bewerbung vieler Produkte. Fast ausnahmslos wird eine positive Beeinflussung des Cholesterinstoffwech-sels herausgestellt. Neuere Erkenntnisse aus wissenschaftlich fundierten Studi-en bestätigen diese Aussagen jedoch nicht. Gesundheitsfördernde Wirkungen von ω-3-Fettsäuren sind zwar prinzipiell nachgewiesen, jedoch unterscheiden sie sich bei den einzelnen Substanzen. Die bei Fischölen charakteristischen langkettigen, mehrfach ungesättigten ω-3-Fettsäuren DHA und EPA haben kei-ne cholesterinsenkende Wirkung; sie können aber den Triglyceridspiegel des Blutes positiv beeinflussen.

Nahrungsergänzungsmittel Jahresbericht 2007 59

der Mensch überhaupt auf eine zu-sätzliche Zufuhr eines derart bewor-benen Stoffs – in konzentrierter oder angereicherter Form – angewiesen ist oder ob die natürlichen Gehalte in den Lebensmitteln den funktionellen Zweck in ausreichendem Maß erfül-len. Auch das Unterlassen von Infor-mationen kann eine Verbrauchertäu-schung darstellen!

Vereinzelt, z. B. bei alkohol- oder coffe-inhaltigen Getränken, zielt die Werbe-aussage nicht mehr auf eine konkret „gesundheitsbezogene“ Aussage als vielmehr auf „Erfrischung“, „Well-ness“ oder „Leistungssteigerung“ ab. Dabei wird offensichtlich die Grenze zwischen gesundheitsbezogenen und damit zulassungspflichtigen (für Ge-tränke mit mehr als 1,2 % Vol Alkohol generell nicht zulässig) und sonstigen nicht zulassungspflichtigen Werbeaus-sagen ausgelotet (siehe auch Kapitel III Alkoholhaltige Getränke). Vereinzelt wurden im vergangenen Jahr die stofflichen Anforderungen an nähr-wertbezogene Angaben, z. B. „reich an Ballaststoffen“ oder „mit Folsäure“, nicht eingehalten.

Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg ◆

Nährwert- und gesundheitsbezogene Werbung

bei Lebensmitteln

Mit Inkrafttreten der neuen horizontalen Verordnung (EG) Nr. 1924 / 2006 zu nährwert- und gesundheitsbezoge-

nen Angaben über Lebensmittel zum 01.07.2007 haben sich für die Lebensmittelwirtschaft und die amtliche Über-

wachung wesentliche Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage in Bezug auf die o. g. Werbeaussagen

ergeben. Erfreulich ist, dass im Anhang der Verordnung die Art und die Anforderungen an nährwertbezogene

Angaben abschließend geregelt sind. Das schafft EU-weit Rechtssicherheit für alle Beteiligten, wenngleich die

Liste ggf. künftig einer Ergänzung bedarf.

Eine weitere grundlegende Änderung ergibt sich aus der Verpflichtung, dass „gesundheitsbezogene“ Angaben

künftig einer Zulassung bedürfen. Dabei sind unterschiedliche Formen der Zulassung vorgesehen für bereits

allgemein wissenschaftlich akzeptierte Werbeaussagen, für solche, denen neue wissenschaftliche Erkenntnisse

zugrunde liegen, und für Werbeaussagen, die eine „Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ in Aussicht stellen

oder die sich auf Kinder beziehen. Ein solches EU-weit einheitliches Zulassungsverfahren dürfte aus Sicht der

Verbraucher die Glaubwürdigkeit von derartigen Werbeaussagen, z. B. bei „Funktionellen Lebensmitteln“ deut-

lich erhöhen.

Außerdem soll die Möglichkeit zur nährwert- oder gesundheitsbezogenen Bewerbung auf solche Lebensmittel

beschränkt werden, die insgesamt ein günstiges „Nährwertprofil“ aufweisen. Wie die Konzeption für Nährwert-

profile aussehen soll, ist derzeit noch nicht geregelt.

Die Umsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1924 / 2006 erfolgt in einzelnen Stufen, die jeweils mit Übergangsrege-

lungen versehen sind. Bislang inhaltlich noch nicht ausgefüllt sind die Listen mit zugelassenen gesundheitsbezo-

genen Angaben und die Anforderungen an die Nährwertprofile.

Was hat sich im Jahr 2007 auf dem Markt bereits getan?

hin zu „kryptischen“ Formulierungen verwendet werden: „kann … bei Be-darf“ , „… kann körpereigene … Funk-tionen natürlich unterstützen …“ und „… ist ein bedeutsamer Stoff für …“ . Dabei wird der Verbraucher über die tatsächlich zu erwartende Wirkung im Unklaren gelassen, denn offen bleibt, ob eine nennenswerte Verbraucher-gruppe tatsächlich einen Bedarf hat, welche Voraussetzungen für die „Un-terstützung der jeweiligen Körperfunk-tion“ gegeben sein müssen oder ob

Auffallend ist, dass viele Hersteller insbesondere Großunternehmen für die meisten Produkte ihrer Palette ei-ne grundlegende inhaltliche und grafi-sche Neugestaltung der Etiketten und sonstigen Kennzeichnung auf den Pa-ckungen vorgenommen haben.

Insgesamt ist das Bemühen seitens der Hersteller erkennbar, die Pflicht- und freiwilligen Angaben für die Ver-braucher optisch klarer zu strukturie-ren und sprachlich zu vereinfachen. In vielen Fällen ist dies gut gelungen, in anderen wirkt die Informationsgestal-tung zu „grafiklastig“. Innerhalb einer bestimmten Lebensmittelkategorie, z. B. bei ACE-Getränken, probioti-schen Milcherzeugnissen und Säug-lingsnahrung fällt auf, dass sich die Werbeaussagen der verschiedenen Hersteller nach Art und Inhalt nur noch geringfügig voneinander unterschei-den. Der ursprüngliche Zweck von Werbeaussagen – Unterscheidung von Konkurrenzprodukten – wird da-durch relativiert.Auffallend ist auch, dass für bestimm-te Lebensmittel-Inhaltstoffe, z. B. zu Carnitin, zunehmend moderatere bis

60 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

nen es sich um bioaktive Polyphenole mit antioxidativen Eigenschaften han-delt. Der Hersteller argumentiert, die Frucht sei schon lange bekannt und daher nicht neuartig. Dies ist richtig, allerdings wurde immer nur das wei-ße Fruchtfleisch verzehrt, die harte Fruchtschale dagegen nicht (ähnlich, wie man die Banane ohne Bananen-schale isst). Mehrere Gerichte haben diese Sichtweise bereits bestätigt. Bei der Beurteilung, ob eine Pflan-ze ein neuartiges Lebensmittel ist, ist grundsätzlich auf den betreffen-den Pflanzenteil abzuheben. Z. B. ist der Apfel nicht neuartig, d. h. jedoch nicht, dass auch die Blätter des Apfel-baumes nicht neuartig sind.

Eine Probe Mloukieh, ein spinatähn-liches Blattgemüse, das aus Ägypten eingeführt wurde, wurde ebenfalls als neuartig bewertet. Für traditionelle Le-bensmittel aus Drittländern wird es in absehbarer Zeit unter bestimmten Vo-raussetzungen Erleichterungen bei der Zulassung als neuartiges Lebensmittel geben. Eine entsprechende Änderung sieht die derzeitig in Beratung befind-liche Neufassung der Novel Food Ver-ordnung vor.

Frau Maixner, CVUA Karlsruhe ◆

Neuartige Lebensmittel

Die Verordnung über neuartige Lebensmittel dient dem Verbraucher als

Schutz, indem neue Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 noch nicht

als Lebensmittel verzehrt wurden (Novel Food), ein Zulassungsverfahren

durchlaufen müssen. Die Zulassung wird nur erteilt, wenn die Prüfung

ergibt, dass das Produkt gesundheitlich unbedenklich ist. Dies ist für den

Hersteller oft mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Daher versu-

chen Betroffene oft nachzuweisen, dass ihr Produkt bereits vor 1997 in

der EU als Lebensmittel im Verkehr war. Häufig werden jedoch Unterla-

gen vorgelegt, die auf den ersten Blick nach offiziellen Dokumenten aus

anderen Mitgliedsstaaten aussehen, sich aber bei genauer Überprüfung –

u. a. durch Nachfrage bei den zuständigen Behörden des entsprechenden

Mitgliedsstaates – als nicht aussagekräftig erweisen, weil es sich z. B. um

Gutachten privater Dienstleister ohne offiziellen Charakter handelt.

Aus eben diesem Grund waren Jo-jobasamenextrakt-Kapseln, Lukuma-Pulver, Paradiesnussmehl, sibirische Zedernnüsse und Mumijo-Kapseln als nicht zugelassene neuartige Lebens-mittel zu beurteilen, deren Inverkehr-bringen somit nicht erlaubt ist.

• DieVerfütterungvonJojoba-Sa-men (Simmondsia chinensis, syn. Buxus chinensis) an Tiere führt zu einer verminderten Nahrungsauf-nahme und damit zu einer deut-lichen Gewichtsreduktion. Diese Wirkung macht Jojobasamen auch für die menschliche Verwendung interessant. Aufgrund des Gehal-tes an unverdaulichem Jojoba-Wachs und Simmondsin sind diese Samen allerdings giftig und führen nach wenigen Tagen zum Verenden der Versuchstiere. We-gen der zu befürchtenden Toxizität auch für den Menschen warnt das Bundesinstitut für Risikobewer-tung daher vor einem Verzehr.

• BeiderLukuma-Frucht(Lucuma obovata) handelt es sich um eine Frucht, die in der Andenregion Südamerikas wächst. Ein Händ-ler vertreibt unzulässigerweise Lukuma-Pulver zur Aromatisierung von Speiseeis; einen Nachweis, dass dieses Produkt nicht neuartig ist, konnte er nicht liefern.

• DasselbegiltfürParadiesnüsse.Die Paradiesnuss reichert natür-licherweise Selen an und wird in Nahrungsergänzungsmitteln oder frisch hergestellten vollbilanzierten Diäten als natürliche Selenquelle eingesetzt. Sie gehört zur glei-chen botanischen Familie wie die Paranuss und kommt wie diese im Amazonasgebiet vor. Bisher wur-de auch hier noch kein Nachweis erbracht, dass sie vor Mai 1997 in der EU als Lebensmittel in nen-nenswertem Umfang im Verkehr war.

• Mumijoisteinestarkmineralhal-tige Substanz aus den Hochge-birgen Zentralasiens, die auch als „durch tektonische Erdaktivitäten gepresster Bergsaft aus der zent-ralasiatischen Flora“ beschrieben wird. In der asiatischen Medizin ist Mumijo bereits seit 2000 Jahren bekannt. Im Internet gibt es zahl-reiche Empfehlungen zur Anwen-dung von Mumijo bei vielerlei Krankheiten. Mumijo-Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel sind als neuartig zu bewerten.

Ein Saft aus der tropischen Mangos-tane-Frucht, der u. a. aus dem ess-baren Fruchtfleisch und ihrer harten, normalerweise ungenießbaren Schale besteht, wurde beanstandet, da die zermahlene harte Schale eine nicht zugelassene neuartige Lebensmittel-zutat ist. Die Schale der Mangostane enthält so genannte Xanthone, bei de-

Zulassungen, Notifizierungen

Im Berichtszeitraum wurde von der EU lediglich ein Zulassungs-antrag genehmigt. Dieser betrifft eine Lebensmittelzutat mit Phyto-sterinen.

Von den 40 Notifizierungen betraf ein hoher Anteil (19) wieder Phyto-sterine in verschiedenen Lebens-mitteln, 12 Arganöle, 7 Nonisäfte und jeweils einmal Astaxanthin in Nahrungsergänzungsmitteln und Isomaltulose.

(siehe auch www.bvl.bund.de > Lebensmittel > Für Antragsteller und Unternehmen > Novel Food)

Nährwert- u. gesundheitsbezogene Werbung / Neuartige Lebensmittel Jahresbericht 2007 61

Neue EU-Aromenverordnung

Auch im Jahr 2007 wurde mit Interes-se die weitere Entwicklung der neuen EU-Aromenverordnung verfolgt, die ei-nige grundlegende Veränderungen im rechtlichen Umgang mit Aromastoffen nach sich ziehen wird. Der Fortgang dieses Gesetzgebungsverfahrens ent-wickelt sich allmählich zur „unendli-chen Geschichte“ . Die Verordnung, die im Herbst 2007 die erste Lesung im EU-Parlament nicht passieren konnte, wurde wiederum verschiedenen Än-derungen unterworfen und steht nun Mitte 2008 zur zweiten Lesung an. Falls keine Einigung zwischen den be-teiligten politischen Gremien zustande kommt, wird es in naher Zukunft keine neue EU-Aromenverordnung geben. Das Verfahren, das sich seit über fünf Jahren hinzieht, wäre in diesem Fall vergebens gewesen.

Ein wichtiger Streitpunkt in diesem Verfahren betrifft toxische Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, die zur Aromatisie-rung verwendet werden (so genannte „biological active principles“). Die mo-mentan noch gültige Aromenverord-nung enthält Höchstwerte, die mehr oder weniger lückenlos alle Lebens-mittel abdecken. Die geplanten Rege-lungen in der neuen EU-Verordnung sehen dagegen vor, diese Stoffe nur noch für die Lebensmittel zu begren-zen, die hauptsächlich als Quelle für diese Stoffe in Betracht kommen.

Darüber hinaus wird auch die Meinung vertreten, dass die Begrenzung der „biological active principles“ davon abhängig gemacht werden sollte, ob diese dem Lebensmittel in Form von Gewürzen und Kräutern oder ander-weitig zugegeben wurden. Dahinter verbirgt sich die naturwissenschaftlich gesehen sehr fragwürdige Auffassung, dass diese Stoffe im natürlichen Ver-bund eine andere physiologische Wir-kung entfalten als in sonstiger Form.

Herr Dr. Hahn, CVUA Sigmaringen ◆

Zusatzstoffe und Aromastoffe

Aromastoffe

Nach einer Erhebung des deutschen Verbandes der Aromenindustrie

wurden im Jahr 2001 in Deutschland insgesamt ca. 11 000 Tonnen Aromen

verzehrt. Da diese durchschnittlich zu ca. 90 % aus Trägermaterial (Ethyl-

alkohol, Maltose u. a.) bestehen, ergibt sich für die reinen unverdünnten

Aromen ein Jahresverbrauch von ca. 1 100 Tonnen.

Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch

von ca. 15 g. Von der Gesamtmenge entfallen 70 % auf natürliche, 28 %

auf naturidentische und 2 % auf künstliche Aromastoffe.

Überprüfung von Aromen (Erzeugnisse im Sinne der Definition

der Aromenverordnung)

fluss zu korrelieren. Im Bitterman-delöl eines Herstellers wurde Benzol in einem Konzentrationsbereich von 10 – 16 mg / kg nachgewiesen.Darüber hinaus wurde überprüft, ob die Erzeugnisse den angegebenen Aromastoff-Kategorien „natürlich“, „naturidentisch“ bzw. „künstlich“ entsprachen. Untersucht wurden so-wohl Aromen, die nicht zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sind (z. B. Aronia, Schwarze Johannisbee-re, Orange, Typ Pfirsich, Mandarine, Zitrone, Erdbeere, Apfel, Joghurt) als auch Aromen, die für den Endver-braucher vorgesehen sind (z. B. Rum-, Bittermandel-, Buttervanille-, Bourbon-Vanillearoma). Keine der Proben gab Anlass zur Beanstandung.

Aromen kommen meist vermischt mit Lebensmitteln bzw. Zusatzstoffen zur Anwendung, da sie in dieser Form besser zu dosieren sind. Sie finden als Zwischenprodukte bei der gewerbli-chen Herstellung von Lebensmitteln Verwendung oder werden direkt an den Endverbraucher zur Verwendung im Haushalt abgegeben. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 127 Aromen untersucht, davon waren 7 (= 6 %) zu beanstanden. Unter anderem wurden Backöle mit Bittermandelaroma verschiede-ner Hersteller auf die Anwesenheit von Benzol überprüft. Benzol kann sich bilden, wenn Benzaldehyd – ein Hauptaromaträger des Bittermandel-öls – in höheren Konzentrationen vor-handen ist. Der genaue Mechanismus der Benzolbildung ist nicht bekannt, jedoch scheint er mit dem Lichtein-

62 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

Sicherheitsbewertung derartiger Produkte den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Daten berücksichtigen und zu dem Schluss kommen, dass das Produkt aus Gründen des Verbraucherschutzes für Kinder nicht sicher ist. Hieraus müsste die Sicherheitsbewertung zwangsläufig folgern, dass die Angabe „nicht für Kinder geeignet“ oder sinn-gemäß nach Maßgabe der Kosmetikverordnung auf dem Produkt erforderlich ist. Darüber hinaus wird eine Neube-wertung dieser Produktgruppe durch die nationalen und europäischen wissenschaftlichen Gremien für erforderlich gehalten, und zwar entweder im Hinblick auf entsprechen-de Warnhinweise, dass alkoholhaltige Mundwässer für Kin-der bis 14 Jahre nicht geeignet sind, oder gar unter dem Aspekt des Verbotes alkoholhaltiger Mundpflegemittel für Kinder bis 14 Jahre.

Kosmetische Mittel

Alkoholhaltige Mundspüllösungen nicht für Kinder bis 14 Jahre

Alkoholhaltige Mundwässer werden in zunehmendem Maße auch von

Kindern verwendet. Aufgrund der neuesten Erkenntnisse besteht aber ein

erhöhtes Krebsrisiko im Bereich der Mundhöhle. Daher sollten alkoholhal-

tige Mundwässer für Kinder bis 14 Jahre verboten werden.

Das Bundesinstitut für Risikobewer-tung (BfR) (bzw. dessen Vorgängerin-stitution BgVV) hatte bereits 2001 mit-geteilt, dass es sich der Empfehlung von wissenschaftlicher Seite anschlie-ße, den Alkoholgehalt von Mund- und Zahnspüllösungen zu begrenzen bzw. ganz auf eine Verwendung von Alko-hol zu verzichten, da diese Produkte in zunehmendem Maße Kindern ver-abreicht werden würde und Alkohol auch in kleinen Mengen die normale Entwicklung von Kindern beeinträch-tige. Mundspüllösungen sollen nach Auffassung des BfR einen deutlichen Hinweis tragen, wenn die Produkte Al-kohol enthalten, sowie eine Angabe über die Höhe des Alkoholgehaltes.

Alkoholhaltige Mundspüllösungen sollen nur mit dem Hinweis auf den Markt kommen, dass sie nicht ge-schluckt werden sollen.Aufgrund der in jüngster Vergangen-heit gewonnenen Erkenntnisse über die erbgutverändernden (genotoxi-schen) und krebserzeugenden (kar-zinogenen) Eigenschaften von Alko-hol (Ethanol) und dem daraus in der Mundhöhle gebildeten Acetaldehyd erscheint es nun aber gesichert, dass alkoholhaltige Mundpflegeprodukte für die Verbrauchergruppe der Kinder nicht geeignet sind. Hier ist die höhe-re Anfälligkeit des heranwachsenden Organismus besonders zu berücksich-tigen. Unseres Erachtens müsste die

Abgrenzung Zahnpflegekaugummi zu Lebensmittel

Die Einstufung von Kaugummi, Kaudragee oder Bonbon mit werbenden Hinweisen auf Zahnpflege als

Lebensmittel oder kosmetisches Mittel ist eine Einzelfallentscheidung.

Die Auswahl an unterschiedlichen Kaugummisorten, Kau-dragees oder Bonbons mit zahnpflegenden Eigenschaften ist groß. Sie werden im Einzelhandel sowohl bei den Süß-waren als auch bei Zahnpflegeprodukten oder an der Kasse platziert. Daneben sind sie auch in Apotheken erhältlich. Mal wird ein besonderes Geschmackserlebnis hervorgeho-ben, mal die besondere Pflege der Zähne. Für die amtliche Lebensmittel- und Kosmetiküberwachung – und natürlich auch für die Industrie – stellt sich die Frage, ob hierbei im rechtlichen Sinne ein Lebensmittel (Zuckerware) vorliegt oder eher ein kosmetisches Mittel, das der Reinigung und Pflege der Zähne dient.Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit als Basis eines wirksamen Vollzugs des Lebensmittelrechts muss die Frage der Einstufung geklärt werden. Je nach Zuordnung des Pro-dukts zur Gruppe der Lebensmittel oder der kosmetischen Mittel sind deutlich unterschiedliche rechtliche Regelungen anzuwenden. Gesundheitsschädlich dürfen die Produkte in keinem Fall sein, jedoch sind die stofflichen Regelungen unterschiedlich, da sie auf unterschiedliche Verwendungs-zwecke abgestellt sind. Auch die Regelungen im Hinblick auf Werbeaussagen sind nicht zu vergleichen.Grundsätzlich sind Kaugummis, Kaudragees oder Bonbons Lebensmittel. Es gibt jedoch Ausnahmen. Nicht unter den

Lebensmittelbegriff fallen Erzeugnisse dann, wenn sie u. a. der Definition für kosmetische Mittel im Sinne der Richt-linie 76 / 768 / EWG entsprechen. Bei nicht eindeutig zuzu-ordnenden Produkten hat vorrangig die Prüfung auf eine Eigenschaft als kosmetisches Mittel zu erfolgen. Verläuft diese vorrangige Prüfung positiv, bedeutet dies, dass das Produkt als kosmetisches Mittel eingestuft wird, obwohl auch die Lebensmitteleigenschaft grundsätzlich erfüllt ist. Das Produkt unterliegt somit nur dem Kosmetikrecht und ist rechtlich kein Lebensmittel mehr. Der Hersteller bzw. verantwortliche Inverkehrbringer muss sich also vor der Vermarktung entscheiden, welchen Weg er gehen will.Entscheidend für die rechtliche Einstufung eines Kaugum-mis und vergleichbarer Produkte ist die überwiegende Zweckbestimmung, so wie sie sich für den durchschnitt-lich informierten Verbraucher darstellt (Verkehrsauffassung). Diese ist von der Aufmachung (Kennzeichnung), der Zu-sammensetzung, Darreichungsform und von der Art des Vertriebs abhängig. Die Einstufung eines Kaugummis, Kaudragees oder Bonbons mit werbenden Hinweisen auf Zahnpflege als Lebensmittel oder kosmetisches Mittel ist prinzipiell eine Einzelfallentscheidung. Ausführlich ist die Problematik dargestellt in: A. Keck-Wilhelm, E. Kratz, G. Mildau, K. Wackernah, StoffRecht 1 (2008), 37-40.

Übersicht Jahresbericht 2007 63Kosmetische Mittel Jahresbericht 2007 63

Die lichthärtenden Gel-Systeme sind eine Weiterentwicklung der lichthär-tenden zahnmedizinischen Komponen-ten. Eingesetzt werden Methacrylate bzw. Acrylate mit hohen Molmassen von ca. 300 bis 5 000 g / mol. Zusätz-lich werden anorganische bzw. orga-nische Füllstoffe (Polyamidtextilfasern) zur Stabilisierung des Nagels benötigt. Als Fotoinitiatoren werden Phosphor-verbindungen wie Acylphosphine oder Ketone eingesetzt. Die Polymerisation wird mittels UV-A-Lampen gestartet. Der Aushärtungsprozess ist nach 2 – 3

Minuten abgeschlossen. Die Modellage ist geruchlos, wes-halb die meisten Nagelstudios diese, den zwei anderen stark geruchsbelästigenden Techniken gegenüber, kostspie-ligere Variante bevorzugen.

Für die meisten dieser Stoffe liegen zur Anwendung am Menschen toxikologische Untersuchungen hauptsächlich aus den ursprünglichen Einsatzgebieten der Dentalmedizin und Prothesentechnik sowie der Chirurgie vor. Aus Untersu-

chungen bei Ratten ist bekannt, dass die Substanzen neurotoxische Eigenschaften aufweisen kön-

nen. Außerdem kommen bei Zahntechni-kern nicht selten allergische Reaktionen

auf die stark sensibilisierenden Me-thacrylate vor. Deshalb sind auch bei der Nagelmodellage gesundheitliche Risiken zurzeit nicht auszuschließen. Klärungsbedarf besteht insbesonde-re zu Fragen möglicher gesundheitli-

cher Gefährdungen des Verbrauchers und des Fachpersonals bei der Herstel-

lung der Nägel auf dem Naturnagel, z. B. durch mögliche Penetration durch die recht

poröse Nagelplatte, die Inhalation des Pulvers oder der Dämpfe beim Mischungsprozess sowie durch Haut-kontakt, z. B. mit der den Nagel umgebenden Haut. Eine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher kann nicht ausgeschlossen werden, wenn diese Produkte in großen Mengen an den nichtgeschulten Endverbraucher zum Ei-genbedarf abgegeben werden. Zur Risikominimierung für den Endverbraucher könnte deshalb in Erwägung gezogen werden, besonders ge-fährdende Stoffe zu reglementieren und zusätzlich durch entsprechende Kennzeichnungen und Anwendungsinfor-mationen auf mögliche Risiken bei nicht bestimmungsge-mäßem Gebrauch hinzuweisen. In einer bundesweiten Arbeitsgruppe beim BVL unter Beteiligung der Experten des BfR und der Länder werden derzeit entsprechende Vorbereitungen getroffen.

Voll im Trend: Nagelmodellage und Naildesign

Nagelmodellage-Studios schießen zurzeit wie Pilze aus dem Boden. Die

Dienstleistung wird entweder in speziellen Läden oder in Kosmetikstudi-

os, manchmal auch in Friseursalons angeboten. Es gibt aber auch Pro-

dukte für die Anwendung zu Hause, die z. B. über Versandkataloge oder in

Internetshops bezogen werden können. Kunstnägel, die mittels Klebstoff

auf die Fingernägel geklebt werden, findet man auch im Einzelhandel.

Hierbei handelt es sich aber nicht um kosmetische Mittel, sondern um Be-

darfsgegenstände. Die auf dem Naturnagel geformten Kunstnägel beste-

hen aus einem Vielstoffgemisch, das bzgl. möglicher Gesundheitsgefah-

ren noch viele Fragen offen lässt. Angesichts der unüberschaubaren Zahl

von Stoffen bei Nagelmodellagen ist es aus Gründen des vorbeugenden

Verbraucherschutzes dringend erforderlich, die hauptsächlich eingesetz-

ten Stoffe bzgl. möglicher gesundheitlicher Risiken zu bewerten.

Im Berichtsjahr wurden 20 Proben aus dem Bereich Na-gelmodellage bzw. Naildesign begutachtet. Bei fast allen Produkten handelte es sich um kosmetische Mittel, d. h. um Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, zur Verschönerung des Aussehens auf dem Naturnagel auf-gebracht zu werden und dort auszuhärten. Nur 3 Produkte waren keine Kosmetika, sondern Bedarfsgegenstände.

Bei der Nagelmodellage unterscheidet man drei

Systeme:

• LichthärtendeGel-Systemewerdenin ca. 80 % aller Nagelstudios in Deutschland verarbeitet.

• SelbsthärtendeZwei-Kompo-nenten-Pulver-Flüssigkeitssyste-me und

• (untergeordnet)Zwei-Kompo-nenten-Flüssigkeits-Fiberglassys-teme, die preiswerter und über-wiegend in den USA verbreitet sind. Diese beiden Systeme machen bei uns nur etwa 20 % des Marktes aus.

Die selbsthärtenden Zwei-Komponenten-Pulver-Flüs-

sigkeitssysteme stammen ursprünglich aus dem Den-talbereich und bestehen aus Pulver und Flüssigkeit. Die Flüssigkeit enthält eine Mischung aus dem Monomer Ethylmethacrylat (EMA) und – zur Stabilisierung – weitere Monomere mit Vernetzerfunktionen sowie eine oder meh-rere Komponenten, die die Polymerisation starten. Das Pul-ver enthält Polymethylmethacrylat (PMMA) und als Initia-torkomponente meist Dibenzoylperoxid. Durch Mischung von Flüssigkeit und Pulver setzt die ca. 2 – 3 Minuten dau-ernde Aushärtungsreaktion ein. Die Reaktion verläuft unter starker Geruchsentwicklung durch Verdunstung des übel-riechenden, leichtflüchtigen EMA.

64 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen64 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

sondern auch eine neue Vorgehensweise im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Gibt es Kosmetika, die aufgrund ihrer Zusammen-

setzung gesundheitliche Risiken bergen?

• EinigeProduktegerieteninjüngsterVergangenheitindie Schlagzeilen wie z. B. Mascara mit kanzerogenen Nitrosaminen, die während der Lagerung entstehen.

• FraglichsindGrenzproduktezuArzneimittelnmitArzneimittelwirkstoffen in Konzentrationen, die pharmakologisch wirken und u. U. bei dauerhafter Anwendung sich gesundheitlich nachteilig auswirken können.

• AuchdieThematikderallergischenReaktionenaufbestimmte Inhaltsstoffe nimmt einen breiten Raum in der Diskussion um die Sicherheit kosmetischer Mittel ein; schließlich enthalten die Produkte eine Vielzahl von Einzelstoffen synthetischen oder natürli-chen Ursprungs, auf die sich Verbraucher bei entspre-chender Exposition und Disposition sensibilisieren können.

Nicht selten zeigt eine umfassende und gründliche Risi-koanalyse der Produkte, dass das Gefährdungspotenzial in der Praxis kein Verbraucherrisiko darstellt oder eines, das beherrschbar oder vernachlässigbar gering ist. Beispiel hierfür ist ein aufgrund der Veröffentlichung einer amerika-

Die Überprüfungen von Sicherheitsbewertungen kos-metischer Produkte durch die amtlichen Kosmetiksach-verständigen ergaben, dass die Sicherheitsbewertun-gen große Qualitätsunterschiede zeigten. Häufig waren elementare Anforderungen an Sicherheitsbewertungen, wie sie in den SCCP Guidelines zur Sicherheitsbewer-tung vom 19.12.2006 („The SCCP‘s Notes of Guidance for the testing of cosmetic ingredients and their safety evaluation“) beschrieben sind, nicht eingehalten. Auf-grund dieser Erfahrungen wurden von einigen Kosmetik-Sachverständigen der amtlichen Überwachung Mindest-anforderungen an Sicherheitsbewertungen formuliert und veröffentlicht (G. Mildau, A. Burkhard, J. Daphi- Weber, J. Große-Damhues, J. Jung, B. Schuster, C. Wal-ther, SÖFW-Journal, 133, 6-2007, S. 16 ff). Diese Veröf-fentlichung hatte auch Einfluss auf die derzeit im Ent-wurf vorliegende EU-Kosmetikverordnung.Dieser Entwurf unterscheidet sich vor allem in einem Punkt maßgeblich von der bestehenden Kosmetik-Richtlinie 76 / 768 / EWG: Der Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel wird nun eine wesentlich entschei-dendere Rolle im vorbeugenden gesundheitlichen Ver-braucherschutz eingeräumt. Der Hersteller trägt – wie auch bisher – die Verantwortung über die Unbedenk-lichkeit seines Produktes bei bestimmungsgemäßem und vorhersehbarem Gebrauch. Er ist weiterhin ver-pflichtet, einem Sicherheitsbewerter die Verantwor-tung über die Risikoanalyse seiner Produkte zu über-tragen, die nun aber nach neuem Recht im Rahmen eines deutlich umfassenderen Sicherheitsberichtes durchgeführt werden muss. Diese neue Strategie soll auch dazu führen, den Gesetzgeber von der bisheri-gen Strategie der ausschließlichen Einzelstoffregelung in Form von Verbots- und Erlaubnislisten zu entlasten. Angesichts des äußerst innovativen weltweit agieren-den Kosmetikmarktes mit einer Vielzahl neuer Stoffe – das derzeitige Inventar der Industrie umfasst mehr als 5000 Ausgangsstoffe für kosmetische Mittel – ist aus Sicht der Experten der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten die Strategie des detaillierten Sicherheitsberichtes mit abschließender Sicherheits-bewertung der einzige Weg, künftig einen effizienten Verbraucherschutz zu gewährleisten. Auf diese neue Strategie hat sich die amtliche Kosmetiküberwachung einzustellen. Sie benötigt ausreichende Werkzeuge, um die Güte der Sicherheitsbewertungen analysieren und beurteilen zu können. Dies erfordert nicht nur umfas-sende toxikologische und warenkundliche Kenntnisse,

Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel von großer Bedeutung

Die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel wird künftig eine wesentliche Rolle im gesundheitlichen Ver-

braucherschutz darstellen. Die europäische Kosmetik-Verordnung wird hierzu konkrete Mindeststandards

fordern.

Übersicht Jahresbericht 2007 65Kosmetische Mittel Jahresbericht 2007 65

i. d. R. erst nach negativen Ereignissen und damit verbun-denen langwierigen Beweisführungen eingeführt, z. T. sind diese Produkte dann bereits nicht mehr auf dem Markt.Das CVUA Karlsruhe hat zu diesem Thema im März 2008 seinen zweiten Karlsruher Kosmetiktag „Sicherheitsbewer-tung kosmetischer Mittel“ veranstaltet.

Mikrobiologie kosmetischer Mittel

Insgesamt wurden 377 kosmetische Mittel und 25 Tattoo-farben – insbesondere von Herstellern aus Baden Württem-berg – mikrobiologisch untersucht. 95 % aller Produkte und sämtliche Tatoofarben waren mikrobiologisch unauffällig.Im Allgemeinen sind kosmetische Mittel mikrobiologisch nicht belastet. Bei einem Produkt Augen-Make-Up-Ent-ferner-Pads wurde jedoch eine Verkeimung mit dem pa-thogenen Keim „Pseudomonas aeruginosa“ festgestellt. Eine Gesundheitsgefährdung durch die Augen-Make-Up-Entferner-Pads, in denen diese obligat pathogenen Keime nachgewiesen wurden, kann nicht ausgeschlossen wer-den, insbesondere da das Produkt im empfindlichen Au-genbereich Anwendung findet.Weitere Erzeugnisse waren mit Keimen wie Bacillus ce-reus, Serratia liquefaciens und Pseudomonas putida be-lastet, die ein vergleichsweise geringes pathogenes Risiko aufweisen. In diesen Fällen wurde hinterfragt, ob die Pro-duktion entsprechend den rechtlichen Vorgaben der Guten Herstellungspraxis erfolgt ist.Besonders auffällig war ein Duschgel, bei dem der mikro-bielle Verderb bereits zu einem stechenden Geruch geführt hatte. Bei diesem Duschgel handelte es sich offensichtlich um einen Ladenhüter, bei dem das Mindesthaltbarkeitsda-tum bereits um über ein Jahr überschritten war.

„Altlasten“: Dibutylphthalat in Nagellack

Dibutylphthalat, der früher häufig als Weichmacher in nicht splitternden Nagellacken verwendet wurde, ist seit Ende 2004 aus toxikologischen Gründen in Kosmetika verboten, da nach Chemikalienrecht die Einstufung als fruchtschädi-gend und reproduktionstoxisch erfolgte. Eine entsprechen-de Übergangsfrist für den Verkauf derartiger Produkte ist Mitte 2005 abgelaufen.Da in den vergangenen beiden Jahren nach Ablaufen der Übergangsfrist immer noch Nagellacke mit Dibutylphthalat im Handel erhältlich waren, wurden im Berichtsjahr erneut 28 Produkte auf Dibutylphthalat überprüft. In 3 Nagellacken derselben Firma war noch Dibutylphthalat enthalten. Die Erzeugnisse waren somit nicht mehr verkehrsfähig.

Frau Katz, CVUA Karlsruhe ◆

nischen epidemiologischen Studie vermutetes erhöhtes Blasenkrebsrisiko durch Anwendung von Permanent-Haarfarben. Diese Problematik wurde durch eine um-fassende Strategie der EU zur Evaluierung und Regulie-rung aller Haarfarben gelöst. Zwei weitere vermeintliche Risiken kosmetischer Inhaltsstoffe wurden seitens der führenden Toxikologen des wissenschaftlichen Kosme-tikausschusses der EU nicht bestätigt: Vermutungen der östrogenen Wirkung von gängigen UV-Filtern in Sonnenschutzmitteln sowie der wissenschaftlich nicht begründbare Zusammenhang von Parabenen in Deo-dorantien und Brustkrebs.

Diese Beispiele zeigen ganz deutlich: Die Sicherheits-bewertung kosmetischer Mittel spielt eine wesentliche Rolle im gesundheitlichen Verbraucherschutz. In einer wissenschaftlichen Risikoanalyse müssen die mögli-chen Gefahren eines Produktes identifiziert und die damit verbundenen Risiken kalkuliert werden, bevor das Produkt überhaupt vermarktet werden darf. Mit der Einführung der Sicherheitsbewertung in das Kos-metikrecht in den 90er-Jahren wurde bereits die Not-wendigkeit gesehen, die Sicherheit kosmetischer Mit-tel zu erhöhen. Mit dieser Rechtsregelung wurde dem Hersteller oder Drittlandsimporteur kosmetischer Mittel eine zusätzliche Verantwortung aufgebürdet. Obwohl diese Regelung seit über 10 Jahren existiert, wurde sie in der Praxis bisher unterschiedlich interpretiert. Klare Mindestanforderungen an eine Sicherheitsbewertung fehlten zunächst, daher gab es gute und weniger gute Sicherheitsbewertungen. Mindestanforderungen wur-den nach und nach formuliert und stehen zum jetzigen Zeitpunkt ganz konkret im Entwurf der europäischen Kosmetikverordnung.Warum aber braucht man überhaupt das Instrument der Sicherheitsbewertung, wo doch die Kosmetikver-ordnung – auf der Basis der EU-Richtlinie – umfang-reiche stoffliche Regelungen enthält? So gibt es die Anlage 1 mit derzeit 1 136 verbotenen Stoffen und die Anlagen 2 bis 7 mit über 300 Stoffen, für die Verwen-dungseinschränkungen bestehen. Warum reichen diese Regelungen nicht aus für einen umfassenden Verbrau-cherschutz? Hierbei ist zu bedenken, dass nach Kosme-tikrecht alle nicht verbotenen oder beschränkten Stoffe uneingeschränkt eingesetzt werden dürfen und damit die Zahl der möglichen Gefahren u. a. auch durch Na-turstoffe nicht abzuschätzen ist. Infolge der Globalisie-rung und des intensiven Ausbaus des Internethandels wächst die Produktvielfalt enorm an. Das macht deutlich, dass das Prinzip der Verbots- und Positivlisten dem innovativen globalen und sich schnell ändernden Kosmetikmarkt nicht gerecht werden kann. Verbote und Beschränkungen werden

66 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen66 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel / Bedarfsgegenstände

Uhrenarmbänder für Kinder –

von Phthalatfreiheit keine Spur

Uhrenarmbänder für Kinder werden bestimmungsgemäß über längeren Zeitraum im engen Kontakt am Kör-per getragen. Dabei kann es zum Übergang von Weichmachern aus dem Armband in den Schweiß kom-men und diese dann in der Folge über den Schweiß durch die Haut in den Körper gelangen. Das Ausmaß dieses Übergangs ist allerdings noch nicht ge-nügend geklärt. Von 11 untersuchten

Uhrenarmbändern aus Kunststoff waren 9 aus Weich-PVC hergestellt. Davon enthielten 8 (= 88 %) die Phthalate DEHP und / oder DINP als Weichmacher. Da es genügend Alternativen in Form von toxikologisch unbedenklichen Weichmachern gibt, wurden die entsprechenden Herstel-ler aufgefordert auf diese auszuweichen.Auch Erzeugnisse wie Regenjacken oder Matschhosen

für Kleinkinder sind nicht vom Phthalatverbot erfasst. Trotzdem wurden diese unter die Lupe genommen: Von 7 untersuchten Proben waren 4 aus Weich-PVC hergestellt. Die Hälfte davon enthielt DEHP als Weichmacher. Erwäh-nenswert ist, dass bei einer dieser Proben das Material auf dem Produktetikett mit „100 % Polyester“ angegeben war. Verbraucher, die aufgrund der Weichmacherproble-matik sensibilisiert sind, achten auf die Materialangaben. Sie werden durch eine nicht korrekte Angabe getäuscht. Bedauerlicherweise gibt es derzeit noch keine Rechtsvor-schrift, nach der eine Irreführung bei solchen Produkten beanstandet werden könnte.

Bedarfsgegenstände

Gegenstände aus Weich-PVC stehen immer noch im Fokus

Seit Mitte Januar 2007 gelten detaillierte Beschränkungen für die Verwen-

dung von Weichmachern bei der Herstellung von Spielzeug und Babyarti-

keln: Während der Einsatz von Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), Dibutylph-

thalat (DBP) und Benzylbutylphthalat (BBP) in diesen Erzeugnissen immer

noch generell verboten ist, gilt dieses Verbot jetzt für die Verwendung von

Diisononylphthalat, Di-isodecylphthalat und Di-n-octylphthalat nur noch

für Spielzeug und Babyartikel, die von Kindern in den Mund genommen

werden können. In 2007 wurde daher insbesondere geprüft, ob die ge-

änderte Rechtsvorschrift eingehalten wird. Aber auch die möglicherweise

verwendeten Ersatzstoffe sowie die Untersuchung anderer Produkte für

Kinder, die nicht unter die Rubriken Spielzeug oder Babyartikel fallen, z. B.

Armbanduhren oder Regenbekleidung, waren von Interesse.

Grafik: Bei Spielzeug-proben ermittelte Weichmacher

Spielzeug weitgehend phthalatfrei

Es wurden 160 Einzelproben Weich-PVC-Spielzeug hin-sichtlich des Weichmachergehalts untersucht. Es handelte sich vor allem um Puppen, Badetiere und aufblasbares

Wasserspielzeug. In 23 % der Proben wurden Phthalate nachgewiesen. In lediglich 7 % der Proben wurden Phtha-late aus der Gruppe der komplett verbotenen Substanzen ermittelt. Bei diesen Produkten handelte es sich in Regel um „Ladenhüter“, die teilweise trotz Mitteilung der Her-steller über die Rechtsänderung noch verkauft wurden. Die Verwendung von Di-isononylphthalat oder Di-isodecylph-thalat – bei 15 % der Proben festgestellt – musste nur in sehr wenigen Fällen beanstandet werden. Hier handelte es sich dann um Produkte, die nicht in den Mund genommen werden können, z. B. Kinderbälle.In deutlich über der Hälfte aller Proben wurden gesundheit-lich weniger bedenkliche Ersatzstoffe (z. B. Citrate, DINCH, TMPB) bestimmt. Allerdings war auch bei einem kleinen Teil der Proben (4 %) festzustellen, dass die verbotenen Phthalate bei der Herstellung des Kunststoffes durch toxi-kologisch nicht oder wenig bewertete Substanzen (DEHTP, DIBP oder TEHTM) ausgetauscht waren. Diese Stoffe sind den in Spielzeug komplett verbotenen Phthalaten in ihrer chemischen Struktur sehr ähnlich, sodass nach einer ersten Einschätzung auch eine ähnliche, gesundheitliche Relevanz zu erwarten ist. Das zeigt, dass das Thema „Weich-PVC“ – auch bei Spielzeug – weiter im Fokus bleiben wird.

Insgesamt scheinen die Einschränkungen zur Verwendung bestimmter Phthalate bei Spielzeug und Babyartikeln weit-gehend umgesetzt. Nun richtet sich das Augenmerk ins-besondere auf andere Produkte (z. B. Kinderartikel), die durch die bestehenden rechtlichen Regelungen nicht er-fasst sind:

Weichmacher 2007

Krankheitserreger

Krankheitserreger

3 % Adipate

4 % DEHTP, DIBP, TEHTM

15 % andere Phthalate

7 % DEHP

3 % Sonstige

8 % TBAc

23 % TMPB

37 % DINCH

Übersicht Jahresbericht 2007 67Bedarfsgegenstände Jahresbericht 2007 67

geringfügig über 0,1 mg / l. Erhöhte Nickelgehalte wurden v. a. nach dem Entkalken nachgewiesen. Bei 3 Ma-schinen wurden erhöhte Bleigehalte in den Proben beim erstmaligen Ge-brauch sowie nach dem Entkalken festgestellt.Die Hersteller der betroffenen Geräte haben großteils sofort reagiert und die entsprechenden nickel- bzw. bleilässi-gen Bauteile ersetzt sowie zusätzliche Spülprogramme nach dem Entkalken eingeführt. Bei einer Betriebskontrol-le eines Herstellers konnten jedoch erhebliche Mängel in der Qualitätssi-cherung festgestellt werden. So wur-den bisher keine stichprobenartigen Eigenuntersuchungen zur Schwerme-tallabgabe bei den fertigen Maschinen bzw. Materialkontrollen bei den bezo-genen Bauteilen durchgeführt, obwohl bekanntermaßen nickel- bzw. blei-haltige Bauteile verarbeitet wurden (Zusammenfassender Bericht unter www.untersuchungsaemter-bw.de

> Aktuelle Meldungen > Archiv vom 10.10.2007).

Kurios: Da war der „Wurm“ drin

Eine Packung mit Baby-Papierwindeln enthielt doch tatsächlich Maden. Dieser kuriose Befund konnte in mehreren originalverschlossenen Nachproben der gleichen Charge

bestätigt werden. Obwohl an den Verpackungen keinerlei äußerliche Beschädigun-gen erkennbar waren, wurden pro Packung bis zu 10 Maden, genauer: Raupen der Dörrobstmotte (Plodia interpunctella), gezählt. Die Ware wurde unverzüglich aus dem Verkauf genommen.

Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

Nickel und Blei aus dem Kaffeevollautomaten

Bei der Untersuchung von 17 Kaf-fee- / Espressovollautomaten verschie-dener Hersteller auf deren Schwer-metalllässigkeit wurden teilweise gravierende Mängel, insbesondere bei der Abgabe von Nickel und Blei, festgestellt. Nickel ist eines der häufigsten Kon-taktallergene. Die Wirkung von Nickel bei der Aufnahme über die Nahrung ist wissenschaftlich noch nicht abschlie-ßend bewertet. Es besteht jedoch der Verdacht, dass es bei Aufnahme von 0,5 mg Nickel und mehr pro Tag bei sensibilisierten Personen zu einer Verschlimmerung bestehender Aller-giesymptome kommt.Blei ist ein toxisches Schwermetall, das bei regelmäßiger Aufnahme zu einer chronischen Vergiftung mit Schä-den des blutbildendes System, der Muskulatur und den Nerven führen kann. Der PTWI-Wert für Blei (= vor-läufig tolerierbare wöchentliche Auf-nahme) beträgt zurzeit 0,025 mg / kg Körpergewicht: Ein Erwachsener mit 60 kg Körpergewicht sollte somit nicht mehr als 0,21 mg Blei pro Tag aufneh-men.

Abb.: Produktübersicht von Kaffeevollau-

tomaten verschie-dener Hersteller

Immer noch fehlen spezifische recht-liche Regelungen hinsichtlich der zu-lässigen Nickel- und Bleiabgabe bei Lebensmittelkontaktmaterialien. Al-lerdings hat sich der Europarat in ei-ner Leitlinie darauf verständigt, den Übergang von Nickel für Gegenstände aus Metall auf maximal 0,1 mg pro Li-ter (bzw. Kilogramm) Lebensmittel zu begrenzen. Bleihaltige Bauteile sollen nach diesen Vorgaben überhaupt nicht verwendet werden.Bei den untersuchten 17 Kaffee- / Es-pressovollautomaten handelte es sich um mittel- bis hochpreisige Maschinen für den Haushalt, die neben Kaffee bzw. Espresso auch Heißwasser für Tee und Heißdampf zum Aufschäu-men von Milch bereiten können. Die Maschinen wurden entsprechend den Herstellerangaben in Betrieb genom-men und die Metallabgabe jeweils im zubereiteten Kaffee, Heißwasser und Dampf zum Aufschäumen der Milch bestimmt. Bei 7 (= 41 %) der Maschi-nen konnte eine Nickelabgabe deut-lich über 0,1 mg / l Kaffee bzw. Heiß-wasser nachgewiesen werden. Bei 2 Maschinen lag die Nickelabgabe nur

68 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen68 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Übergang von Weichmachern in Lebensmittel – Twist-off-Deckel weiterhin problematisch!

Traurige „Spitzenreiter“ waren:

• eineProbeChilisoßeausChinamit 870 mg / kg DEHP und

• eineProbeinÖleingelegterTofuaus Taiwan mit 2 900 mg / kg DINP.

Diese beiden sowie sechs weitere Proben überschritten das aus toxiko-logischer Sicht zulässige Sicherheits-niveau und wurden als gesundheits-schädlich beanstandet.

Aufgrund der toxikologischen Rele-vanz der Phthalatweichmacher wur-den 2007 schwerpunktmäßig Proben aus Drittländern (v. a. Türkei, Osteu-ropa, Südostasien und Indien) auf diese Stoffe untersucht. Und tatsäch-lich haben die Untersuchungsergeb-nisse gezeigt, dass die Produzenten in diesen Ländern ihre Dichtungsre-zepturen noch nicht vollständig auf gesundheitlich weniger bedenkliche Weichmacher umgestellt haben: In 48 Deckeln (= 24 %) waren die gesund-heitlich bedenklichen Phthalate DEHP, DINP oder DIDP enthalten und in un-terschiedlichen Mengen in die jewei-ligen Lebensmittel migriert.

Nachdem bereits im Jahr 2005 Dich-tungsmaterialien von Schraubdeckeln stark erhöhte Weichmacherübergän-ge aufwiesen und sich die Situation in 2006 nicht wesentlich verbesser-te, wurden im Jahr 2007 die Unter-suchungen fortgeführt und insgesamt 201 Proben untersucht.Wie die Testergebnisse zeigen, wurde zwar immer noch in 66 % der unter-suchten Dichtungsmaterialien epoxi-diertes Sojabohnenöl (ESBO) enthal-ten, doch war gegenüber 2006 eine deutliche Zunahme der folgenden Er-satzstoffe bemerkbar:

• Polyadipate (2007 = 17 %; 2006 = 5 %)

• Hydriertesundacetyliertes Rizinusöl (2007 = 23 %; 2006 = 7 %)

• 1-2-Cyclohexandicarbonsäure-diisononylester (DINCH) meist in Kombination mit Di-(2-Ethylhexyl)-Adipat (DEHA) (2007 = 18 %; 2006 = 5 %)

Allerdings waren in vielen Deckeln Ge-mische der aufgelisteten Stoffe (bis zu 4 Weichmacher) nachweisbar.

Insgesamt wurden im Jahr 2007 aufgrund der Überschreitung von Migrationsgrenzwerten 25 Proben (= 12 %) beanstandet. Diese Bean-standungsquote ist im Vergleich zu 2006 (= 54 %) deutlich zurückgegan-gen, was auf das Inkrafttreten der Übergangsverordnung im April 2007 zurückzuführen ist. Hier wird bis zum Juli 2008 für bestimmte Weichma-cher (u. a. ESBO) statt dem zulässi-gen Gesamtmigrationsgrenzwert von 60 mg / kg ein Summengrenzwert von 300 mg / kg toleriert.Gleichzeitig wurden in einer EU-Richtlinie die toxikologisch bedenk-lichen Phthalate für den Kontakt mit fetthaltigen (nicht jedoch für wässri-ge oder alkoholhaltige Lebensmittel) verboten.

Eingebaute Hygiene durch antibakteriell wirksame Ausrüstung?

Seit 2004 sind die rechtlichen Vorga-ben für Gegenstände und Materiali-en mit Lebensmittelkontakt erweitert worden. War bis zu diesem Zeitpunkt ein Übergang von Stoffen auf Lebens-mittel grundsätzlich ausgeschlossen, so ist dieser Übergang EU-weit seit 2004 für „aktive“ Materialien und Ge-genstände grundsätzlich erlaubt. Die-se enthalten „aktive“ Bestandteile, die auf das Lebensmittel übergehen oder ihm bestimmte Stoffe entzie-hen sollen. Die Veränderungen der Lebensmittel müssen allerdings mit den Gemeinschaftsvorschriften für Le-bensmittel, z. B. Bestimmungen über Zusatzstoffe, im Einklang stehen.In der EU werden derzeit Regelungen zu Oberflächenbioziden diskutiert, wo-bei vonseiten der Lebensmittelüber-wachung ein derartiger Einsatz sehr kritisch gesehen wird. Zwar waren in den vergangenen Jahren immer wieder Erzeugnisse aufgefallen, die mit antibakteriell wirksamen Stoffen ausgerüstet waren (z. B. Pfannen, Eis-würfelbehälter), doch über das Aus-maß der Verbreitung war bisher im Detail nichts bekannt. Daher wurden im Berichtsjahr im Rahmen des Bun-

desweiten Überwachungprogrammes (BÜp) „Oberflächenbiozide in Lebens-mittelbedarfsgegenständen“ 33 Pro-ben Lebensmittelkontaktmaterialien untersucht. Obwohl jede dieser Pro-ben mit Hinweisen wie z. B. „hält Le-bensmittel länger frisch“, „länger halt-bar“ gekennzeichnet war und daher vermuten ließ, dass möglicherweise eine antibakterielle Ausrüstung verge-nommen wurde, waren nur 4 Proben (1 Frischhaltedose, 3 Schneidbretter) mit antimikrobiell wirksamen Stoffen ausgerüstet. Auffällig war, dass bei Ausrüstung mit Triclosan zwar eine antimikrobielle Wirkung an der Mate-rialoberfläche jedoch kein Übergang dieser Substanz auf das Lebensmittel nachweisbar war. Bei Schneidbrettern dagegen, die mit Silberionen impräg-niert waren, war weder eine mikrobio-zide Wirkung noch ein Übergang auf das Lebensmittel nachweisbar. Diese Produkte wurden allerdings beworben mit „antibakteriell – geruchs- und ge-schmacksneutral für perfekte Hygiene in der Küche“. Diese Aussage wurde aufgrund des nicht erfolgreichen Wir-kungsnachweises als irreführend beur-teilt und die Produkte beanstandet.

Übersicht Jahresbericht 2007 69Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt Jahresbericht 2007 69

ITX: Routinemäßige Nachkontrol-

len – immer noch Auffälligkeiten

Auch im Berichtsjahr 2007 wurden wieder Lebensmittel und deren Ver-packungsmaterialien auf den Druckfar-benbestandteil Isopropylthioxanthon (ITX) untersucht. ITX wird in UV-här-tenden Druckfarben eingesetzt und kann durch Abklatsch bzw. Migration in das Lebensmittel gelangen. Im Fokus standen in Kunststoffbe-chern verpackte Lebensmittel wie z. B. Joghurt und Margarine, da diese im Vorjahr auffällig waren. Bei 2 (= 8 %) von 26 Proben wurde ITX sowohl in der Verpackung als auch im Lebens-mittel nachgewiesen. Die Gehalte im Lebensmittel (hier Joghurt) lagen un-terhalb von 0,05 mg / kg. Im Hinblick auf den Beschluss der Wirtschaftsbe-teiligten, bei der Bedruckung von Le-bensmittelverpackungen auf ITX zu verzichten (Juli 2006) wurde in beiden Fällen dennoch angeregt, den Inver-kehrbringer zu einer Stellungnahme aufzufordern. Die Prüfung der zustän-digen Lebensmittelüberwachungsbe-hörde ergab, dass die entsprechenden Joghurtbecher im Oktober 2006 bzw. im Januar 2007 produziert worden wa-ren. Der Becher-Hersteller hatte Mit-te Mai 2006 zwar mit der Umstellung auf ITX-freie Druckfarben begonnen, die vollständige Umstellung erfolgte jedoch erst im Mai 2007.

Beim Anblick „vergammelter“

Küchenutensilien vergeht der

Appetit!

Die Hygienevorschriften, die bei der Herstellung und Behandlung von Le-bensmitteln unbedingt beachtet wer-den müssen, sagen aus, dass Gegen-stände und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und instand gehal-ten werden müssen.Bei Betriebskontrollen in Lebensmit-telbetrieben ist jedoch mangelhafte Hygiene immer wieder Grund von Be-anstandungen. Hier werden insbeson-dere auch Gerätschaften und Küchen-utensilien vorgefunden, die, obwohl sie in einem besonders desolaten Zu-stand sind, trotzdem noch bei der Her-stellung von Lebensmitteln verwen-det werden. Ein Beispiel für derartige kaputte und z.T. stark verschmutzte Küchenutensilien ist die abgebildete Muskatnussreibe, die kom plett mit Rost überzogen war.

Appetitlich? Wenn die Dekoration

das Lebensmittel färbt

In 2007 wurden vor allem Dekoarti-kel für Eisbecher / Cocktails, Serviet-ten und Ostergras darauf geprüft, ob möglicherweise ein nicht erlaubter Farbstoffübergang auf das Lebensmit-tel stattfindet oder nicht. Der Ausblut-test wird mit verschiedenen Prüfflüs-sigkeiten durchgeführt, die die unter-schiedlichen Lebensmittelkategorien (wässrig, sauer, alkalisch und fettig) repräsentieren. Bei 9 (= 22 %) von 41 untersuchten Proben wurde ein Farb-stoffübergang festgestellt. Besonders bedenklich waren Servietten in einem Party-Set für Kinder sowie Ostergras, da hier die ausblutenden und identi-fizerten Farbstoffe als gesundheitlich nicht unbedenklich eingestuft sind und im Verdacht stehen, erbgutverändernd (genotoxisch) und / oder krebserzeu-gend zu sein. 2 weitere der 9 positiv getesteten Proben wurden zusätzlich als irreführend beanstandet: Hier war auf den Verpackungen der Hinweis „lebensmittelecht“ angebracht.

Kunststoffmuscheln gefüllt mit

Bonbonmasse: ein besonderes

Highlight mit Verletzungsgefahr

So genannte Schleckmuscheln, d. h., mit Bonbonmasse gefüllte Kunststoff-muscheln, fielen einer Verbraucherin auf, weil letztere spitze Stellen aufwie-sen. Tatsächlich waren bei einem Teil der Kunststoffmuscheln an der Innen-seite nagelspitze Grate festzustellen. Beim Lutschen der Bonbonmasse aus den Muscheln wurden diese spitzen Stellen freigelegt, die zu Verletzungen an Lippen und vor allem Zunge führen konnten. Als Ursache wird ein defek-tes Formwerkzeug beim Spritzgießen der Kunststoffmuscheln vermutet.

70 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen70 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Neue Schuhe – reizend statt aufreizend

Immer wieder fallen Schuhe aus Kunststoff bzw. Kunstle-der durch ihren intensiven Geruch auf. In der Regel ist dies vor allem nur sehr unangenehm. Bei einer im Berichtsjahr vorgelegten Probe war der Geruch jedoch nicht nur extrem störend, sondern auch gesundheitsschädigend. Schon das erste in Augenschein nehmen der Probe führte bei den mit der Untersuchung befassten Personen zu anhaltend gereizten Schleimhäuten der Nase. Bei der chemischen Untersuchung wurden tatsächlich Substanzen mit haut-, schleimhaut- und / oder augenreizenden Eigenschaften wie Toluol, Naphthalin sowie Benzol nachgewiesen. Benzol ist zudem als krebserregend eingestuft.

Sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe in Textilien:

immer noch reizende Aussichten

Beim Färben von Polyester, Acetatfasern und Nylon wer-den immer noch Dispersionsfarbstoffe eingesetzt, die als potenziell gefährlich eingestuft sind. Ihnen werden haut-sensibilisierende Eigenschaften zugeschrieben. Die Expertenarbeitsgruppe „Textilien“ des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) empfiehlt daher, zur Färbung von körpernah getragenen Bekleidungsgegenständen 8 bestimmte Farbstoffe (Disperse Blue 1, Disperse Blue 35, Disperse Blue 106, Disperse Blue 124, Disperse Orange 3, Disperse Orange 37 / 76, Disperse Red 1 und Disperse Yellow 3) nicht mehr einzusetzen.Die Situation hat sich jedoch gegenüber 2006 nicht merklich verbessert: In 26 von 231 untersuchten Proben (= 11,2 %; 2006: 11,7 %) waren sensibilisierende Dispersionsfarbstof-fe nachweisbar. Am häufigsten festgestellt wurde Disperse Orange 37 / 76 (25 Proben), teilweise mit Gehalten bis zu 4 000 mg / kg. In einer Probe waren Disperse Yellow 3 und Disperse Red 1 nachweisbar.

Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege

Neues Analyseverfahren schließt Lücke beim

Nachweis von krebserzeugenden Azofarbstoffen

Gelangen Azofarbstoffe auf die Haut oder in den Organis-mus, so können unter Umständen – in Abhängigkeit von den zur Farbstoffherstellung verwendeten Ausgangsstof-fen – krebserzeugende Amine freigesetzt werden. Daher besteht seit September 2003 ein EU-weites Verwendungs-verbot für diejenigen Azofarbstoffe, die durch Aufspaltung ihrer Azogruppe(n) eines oder mehrere von 22 gelisteten Aminen bilden. Gehalte über 30 mg / kg führen zur Bean-standung und damit zu einem Verkehrsverbot des Erzeug-nisses. Mit der bisher eingesetzten Analysenmethode wa-ren alle Amine bis auf eine Ausnahme erfassbar: Das Amin 4-Aminoazobenzol (4-AAB) spaltete weiter auf in die nicht reglementierten Amine Anilin und Phenylendiamin und konnte damit nicht eindeutig nachgewiesen werden. Erst durch ein neu entwickeltes Analyseverfahren (§ 64 LFGB 82.02-9), bei dem die Azospaltung unter milderen Bedin-gungen durchgeführt wird, gelingt der direkte Nachweis von 4-AAB. Im Jahr 2007 wurden 303 gefärbte Textil- und Lederproben untersucht. In 13 Proben (Karnevalskostüme, Geldbörsen, Unterwäsche und Herrengürtel) wurden die verbotenen Azofarbstoffe nachgewiesen. 4-Aminoazoben-zol war in 3 Proben in Gehalten bis 300 mg / kg nachweis-bar.

Übersicht Jahresbericht 2007 71Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt Jahresbericht 2007 71

Wenn es juckt und brennt: Allergie durch

Ledererzeugnisse

Leder kann durch unterschiedliche Gerbverfahren herge-stellt werden. Die effizientere Gerbung mit Chrom(III)-Sal-zen ist heute Stand der Technik und hat die pflanzliche Ger-bung immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Ein Nachteil dieser Chromgerbung ist, dass bei falscher Gerbführung die verwendeten Chrom(III)-Verbindungen im Leder in uner-wünschte Chrom(VI)-Verbindungen umgewandelt werden können. Chrom(VI)-Salze sind laut EU-Recht als kanzero-gene Verbindungen der Kategorie 2, d. h. als „krebserzeu-gend für den Menschen“ eingeordnet. Allerdings können Chrom(VI)-Verbindungen auch durch Körperschweiß aus Chrom(III)-Salzen gebildet werden. Chrom(VI)-Verbindun-gen sind im Vergleich zu Chrom(III)-Salzen hautgängiger. Bereits sehr geringe Konzentrationen können schon allergi-sche Kontaktekzeme auslösen, deshalb zählt Chrom mit zu den wichtigsten Allergenen. Während für Schutzhandschu-he aus Leder laut DIN EN 420 als Grenzwert die Nachweis-grenze des Prüfverfahrens, d. h. 3 mg / kg Chrom(VI), fest-gesetzt wurde, existieren für weitere Bedarfsgegenstände aus Leder (Bekleidung, Schuhe, Uhrarmbänder, Schmuck, Brustbeutel) derzeit keine konkreten rechtlichen Regelun-gen, sondern lediglich eine Expertenäußerung seitens des BfR. Die dortige Arbeitsgruppe „Textilien“ empfiehlt gleich-falls einen Beurteilungswert von 3 mg / kg.Von 46 auf Chrom(VI) untersuchten Proben fielen drei Pro-ben (2 Damenlederhandschuhe, 1 Schlüsseletui) mit Ge-halten zwischen 6,2 und 39 mg / kg auf. Diese Erzeugnisse wurden als nicht sichere Verbraucherprodukte beurteilt.

Pentachlorphenol in Ledererzeugnissen –

noch nicht gebannt

Pentachlorphenol (PCP) gehört zu den bekanntesten anti-mikrobiell wirksamen Substanzen. Da PCP aufgrund von Tierversuchen als eindeutig krebserregend eingestuft wurde (MAK-Liste: III, Kat. 2), ist der Umgang mit dieser Substanz in Deutschland durch die Gefahrstoff-Verord-

nung (Herstellen und Verwenden) und die Chemikalien-Verbotsverordnung

(Inverkehrbringen) reglementiert. Der PCP-Grenzwert liegt bei

5 mg / kg. Allerdings wird PCP v. a. in Niedriglohnländern immer noch zur Lager- und Transportkonservierung von Leder, Färbemitteln sowie

Zusatzstoff-Formulierungen in z.T. hohen Konzentrationen

– bis 200 mg / kg – eingesetzt. Von 14 untersuchten Proben war ein

schwarzes Lederarmband aufgrund des überhöhten PCP-Gehaltes von 34 mg / kg zu be-

anstanden. Für den Verbraucher kann in solchen Fällen der Geruch eines Erzeugnisse als Entscheidungshilfe dienen. Riecht z. B. eine Lederjacke penetrant nach Chemie, sollte man sie lieber hängen lassen.Als Ersatzstoffe für PCP werden mittlerweile andere Verbin-dungen wie TCMTB, o-Phenylphenol und 4-Chlor-m-kresol eingesetzt. Im Bereich Bedarfsgegenstände existieren für diese Ersatzstoffe derzeit noch keine Grenzwerte.

Textile Fasern, aber woraus?

Als Textilerzeugnisse im Sinne des Textilkennzeichnungsge-setzes (TKG) gelten Produkte, welche zu mindestens 80 % aus textilem Material bestehen. Nach dem TKG müssen Textilerzeugnisse mit einer Rohstoffgehaltsangabe sowie den vorgeschriebenen Faserbezeichnungen gekennzeich-net sein. 7 textile Produkte entsprachen nicht den gesetz-lichen Vorgaben.

72 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen72 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Spielwaren und Scherzartikel

Kinder erkunden ihre Umwelt mit allen Sinnen. Vor allem während der oralen Phase nehmen

Kinder vermehrt Gegenstände (z. B. Spielzeug) in den Mund und kauen darauf herum. Durch den

Speichel und die mechanische Bearbeitung wird das Herauslösen von kritischen Substanzen

(u. a. Azo farbstoffe, Dispersionsfarbstoffe) begünstigt. Sie gelangen ungehindert in den kindlichen

Organismus. Eine weitere Aufnahmemöglichkeit ist über den Schweiß beim Spielen, Kuscheln oder

Schlafen gegeben. Deshalb sollte Spielzeug nach „Guter Herstellerpraxis“ frei von Schadstoffen sein.

Norm sind auch die Höchstmengen der zulässigen Konservierungsstoffe festgelegt.In 2007 wurden 7 Proben Fingermal-farben auf die Einhaltung dieser Rege-lungen untersucht. Zwei der Proben waren falsch gekennzeichnet. Eine Probe enthielt keinen Bitterstoff. Bei einer weiteren Probe waren sogar die Höchstmengen für die sensibilisierend wirkende Konservierungsstoffmi-schung Chlormethylisothiazolinon und Methylisothiazolinon um beinahe das Doppelte überschritten (siehe auch In-ternetbeitrag: www.untersuchungs-

aemter-bw.de > Aktuelle Meldungen > Archiv vom 18.02.2008). Die Probe wurde beanstandet. Eine EU-weite Schnellwarnung im RAPEX-System (Rapid Alert System for Non-Food Products) war die Folge. Die Finger-malfarben sind inzwischen vom Markt genommen.

Im Berichtsjahr wurden 105 Spielwa-ren (u. a. Plüschtiere, Fingerpuppen, Stoffkinderbücher, Rasseltiere, Beiß-ringe) auf Azofarbstoffe sowie Disper-sionsfarbstoffe untersucht.

3 Proben waren aufgrund des Nach-weises von verbotenen Azofarbstoffen über die aromatischen Amine zu bean-standen. Ein Plüschhund enthielt das verbotene aromatische Amin 4-Ami-noazobenzol. Erfreulicherweise waren sensibilisierende Dispersionsfarbstof-fe in textilen Kinderspielwaren nicht nachweisbar.

Aufgrund einer Verbraucherbeschwerde wurde eine „Heimsauna“ untersucht. Die Heimsauna wird beim Aufblasen zu einem Zylinder geformt und kann dann mithilfe eines Reißverschlusses geöffnet bzw. verschlos-sen werden. Der Innenraum bietet Platz für eine Person. Mithilfe eines externen „Wasserkochers“ wird heißer Dampf erzeugt und dieser durch einen Schlauch in die Hülle geleitet, die sich dadurch aufwärmen und diese Wärme nach innen abgeben soll. Leider war die Dampf-

zuleitung so mangelhaft konstruiert, dass sich der heiße Wasserdampf sowie plötzlich einschießende Heißwas-serfontänen über den Saunaboden ergossen. Hätte sich eine Person im Inneren aufgehalten, dann hätte dieses Ereignis schwere Verbrühungen zur Folge gehabt. Zwar war die Materialzusammensetzung der Heimsauna in Ordnung. Jedoch erfüllte die Probe die wesentlichen Si-cherheitsanforderungen des Geräte- und Produktsicher-heitsgesetzes (GPSG) nicht und wurde beanstandet.

Fingerfarben – nicht völlig unproblematisch

Beim Malen mit Fingerfarben wird häufig nicht nur das Papier bunt, son-dern auch die Kinderhaut. Besonders bei Kleinkindern kann es vorkommen, dass die bunten Finger in den Mund gesteckt und Farbe verschluckt wird. Damit der Verzehr größerer Farbmen-gen verhindert werden kann, müssen nach den Anforderungen der DIN EN 71-7 Bitterstoffe zugesetzt werden. In dieser EU-weit rechtlich verbindlichen

Heimsauna mit heißer Überraschung: Verbrühen statt Schwitzen!

Übersicht Jahresbericht 2007 73Spielwaren, Scherzartikel Jahresbericht 2007 73

Schwermetalle in Spielzeug aus China –

viel Presserummel, aber keine Auffälligkeiten

Im Berichtsjahr wurden insgesamt 372 Proben Spielzeug auf ihre chemischen Risiken untersucht. In Einzelfällen wurden zwar bedenkliche Metalle im Spielzeugmaterial gefunden, allerdings waren die für die Migration dieser Metalle rechtlich verbindlichen Höchstwerte eingehalten (DIN EN 71-3). Nachdem Anfang August 2007 immer neue Rück-rufe von Spielzeug aus China erfolgten, wurde in der Folge auch verstärkt Kinderspielzeug aus China untersucht. Allerdings waren im Ländervergleich keine besonderen Auffäl-ligkeiten festzustellen: Die Beanstandungs-quote von Spielzeug, das lt. Kennzeichnung aus China bzw. aus Deutschland stammte, zeigte keine wesentlichen Unterschiede. Ob die Qualität von deutschen und chinesischen Produkten aber tatsächlich ähnlich ist, kann auf-grund dieser Zahlen nicht beurteilt werden. Der Grund hierfür ist, dass viele deutsche Hersteller in China unter ih-rem Namen produzieren lassen. Ob das Spielzeug wirklich aus China stammt, wird dann nur ersichtlich, wenn z. B. der Name des chinesischen Herstellers selbst oder „Made in China“ auf dem Spielzeug deklariert ist. Bei der Angabe „Hergestellt für …“ können dagegen keine Rückschlüsse auf das wirkliche Herstellungsland gezogen werden.

Frau Dr. Steiner, CVUA Stuttgart ◆

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Vergleich Spielzeug 2007

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Grafik: Spielzeug aus Deutschland bzw. China – Vergleich der Befunde

keine Auffälligkeit mit chemischem Risiko Kennzeichnung nicht in Ordnung

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Deutschland

China

74 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen74 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

Die hohe Beanstandungsquote in der Produktgruppe basiert zu ca. 98 % auf

Kennzeichnungsmängeln. Aufmachung und Kennzeichnung der Produkte,

die für die Anwendung im häuslichen Bereich bestimmt sind, müssen Anfor-

derungen aus verschiedenen Rechtsbereichen erfüllen. Bedarfsgegenstän-

de, die gefährliche Produkte im Sinne des Chemikalienrechtes sind,

müssen entsprechend ihrer chemischen Zusammensetzung sicher

verpackt sein.

Die Angaben auf den Verpackungen müssen Verbraucher über die

Gefahren, die bei der Aufbewahrung oder An-

wendung bestehen, informieren. Warnhinweise

und Gefahrensymbole müssen so angebracht

sein, dass sie deutlich sichtbar sind und nicht in

Werbetexten und Anwendungshinweisen, die

teilweise mehrsprachig auf den Etiketten vorhan-

den sind, „untergehen“.

Hohe Beanstandungsquote

bei ätherischen Ölen zur Raum-

luftverbesserung

Bei ätherischen Ölen zur Raumluft-verbesserung wurden bei 15 von 20 Proben teils erhebliche Mängel in Kennzeichnung und Verpackung fest-gestellt. Zwei Proben mussten als ge-sundheitsschädlich beurteilt werden. Es handelte sich dabei um einen Sau-na-Aufguss „Rosmarin-Orange“ und um ein Grapefruitöl. Beide Proben wa-ren unzureichend gekennzeichnet. Die Verpackung der Proben war weder mit einem kindergesicherten Verschluss noch mit einem ertastbaren Warnzei-chen für Sehbehinderte ausgestattet. Verbraucher wurden nicht ausreichend oder gar nicht über Gefahren infor-miert, die bei der Anwendung oder der Lagerung im Haushalt entstehen können.Nach wie vor sind ätherische Öle mit erheblichen Kennzeichnungsmängeln im Handel. Daher ist weiterhin eine kontinuierliche Überwachung aller Ver-triebswege erforderlich.

Häufige Beanstandungsgründe bei Wasch- und Reinigungsmitteln wa-ren unvollständige Inhaltsstofflisten, beispielsweise fehlte die Angabe der Konservierungsstoffe, oder Tenside waren nicht mit %-Bereichen oder nicht nach Tensidarten getrennt auf-geführt.

Bei Reinigern auf Lösungsmittelba-sis wurde nicht beachtet, dass Koh-lenwasserstoffe auch mit %-Bereich anzugeben sind. Bei Waschmitteln waren die Dosierungsangaben nicht immer für verschiedene Wasserhär-tebereiche angegeben, oder es fehlte die Zahl der Waschmaschinenfüllun-gen, die bei mittlerem Wasserhärte-bereich und normaler Verschmutzung mit dem Packungsinhalt gewaschen werden können.

Die Gefahrenhinweise und Sicher-heitsratschläge waren bei gefährlichen Zubereitungen teilweise unvollständig auf den Etiketten vorhanden, oder die erforderlichen Gefahrensymbole waren nicht in der vorgeschriebenen Weise, schwarz auf orange gefärbtem Grund, ausgeführt.

Auch 2 Jahre nach Inkrafttreten der EU-Detergenzienverordnung wurden von einem Teil der im Berichtsjahr überprüften Hersteller aus Baden-Württemberg (17 Betriebe) Änderun-gen und Verpflichtungen bei der Pro-duktkennzeichnung nicht umgesetzt.

Abb.: Produktbeispiele ätherische Öle

Kein Täuschungsschutz bei

Wasch- und Reinigungsmitteln

Bei Sonderverkäufen, Messen oder Krämermärkten werden Verbrau-chern immer wieder überteuerte Rei-nigungsmittel mit viel versprechender Wirkung angeboten. Eine Wollreini-gerprobe mit der Bezeichnung „Kon-zentrat“ , die von einer Verkaufsveran-staltung in einer Gaststätte stammte, war nicht nur wegen des Verkaufs-preises von 29 1 auffällig. Der Wirk-stoffgehalt war mit unter 10 % nicht geeignet, das Produkt als Konzentrat zu bezeichnen. Außerdem wurde eine Reihe von Kennzeichnungsmängeln festgestellt. Im Rahmen des LFGB, des Wasch- und Reinigungsmittelge-setzes bzw. der Detergenzienverord-nung steht für Täuschungstatbestände nach wie vor keine Rechtsgrundlage zur Verfügung.

Frau Eckstein, CVUA Stuttgart ◆

Übersicht Jahresbericht 2007 75Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege Jahresbericht 2007 75

Wasserpfeifen – ein nicht ungefährlicher Modetrend

Im Berichtsjahr wurden 51 Proben Wasserpfeifentabak auf ihre Gehalte an Feuchthaltemitteln überprüft. Bei 8 Pro-ben wurde die gesetzliche Höchstmenge von 5 % in der

Summe aller Feuchthaltemittel überschritten. Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwach-

senen ist das Rauchen einer Wasserpfei-fe (= Shisha) ausgesprochen „in“ . Die

Meinung, dies sei weniger schädlich als das Rauchen von Zigaretten, ist weit verbreitet. Diese Einschätzung ist indessen ein Trugschluss. So dauert das Rauchen einer Zigarette

knapp fünf Minuten, während eine Shisha eine gute Stunde lang raucht.

Dabei wird etwa 200-mal so viel Rauch inhaliert wie beim Rauchen einer Zigarette.

Entsprechend höher ist auch die Aufnahme von gesundheitsschädlichen Substanzen. Zudem ist

nach bisherigen Erkenntnissen der Kohlenmonoxidgehalt im Shisharauch um den Faktor 10 höher als im Zigaret-tenrauch. Aber auch das suchterzeugende Nikotin ist im Rauch von Wasserpfeifentabak enthalten und kann zu ei-ner Abhängigkeit führen. Nach Literaturangaben werden Schwermetalle wie Arsen, Chrom, Nickel sowie andere krebserregende Substanzen im Wasserpfeifenrauch nach-gewiesen. Derzeit werden die Gehalte an krebserzeugen-den Substanzen im Wasserpfeifenrauch untersucht.

Neue Produkte

Die Industrie hat auf das Rauchverbot in öffentlichen Räu-men reagiert und bietet verstärkt rauchlose, nikotinhaltige Produkte wie z. B. nikotinhaltiges Bier und zigarettenartige Inhalationsgeräte an. Bei diesen Produkten werden Aro-mastoffe und Nikotin auf ein Trägermaterial gegeben, das bei Gebrauch mit heißer Luft umspült wird. Durch die Er-hitzung werden Aromastoffe und Nikotin verflüchtigt und gelangen in den „Rauch“ . Durch den Wegfall einer direkten Verbrennung des Tabaks ist die Schadstoff-Fracht geringer als bei herkömmlichen Zigaretten. Jedoch kann auch ein derartiges Produkt in die Abhängigkeit führen und als „Ein-stiegsdroge“ angesehen werden.

Herr J. Hahn, CVUA Sigmaringen ◆

Tabakwaren

Das Tabaklaboratorium des Chemischen und Veterinärun-tersuchungsamtes Sigmaringen ist als Prüflaboratorium gemäß der Tabakprodukt-Verordnung zugelassen und der Europäischen Union gemeldet. Hier werden nicht nur Ta-bakwaren im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüber-wachung zentral für Baden-Württemberg unter-sucht (271 Proben), sondern auch gemäß einer Vereinbarung zwischen dem Minis-terium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg und dem Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz in Rheinland-Pfalz entnommene Tabakproben auf die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Konden-sat und Kohlenmonoxid überprüft (90 Proben). Weitere 30 Proben wurden in Amtshilfe für das Bundesland Saarland analysiert.Darüber hinaus werden regelmäßig Versuchszi-garetten in Amtshilfe für das Landwirtschaftliche Technolo-giezentrum Augustenberg – Außenstelle Forchheim (ehem. Landesanstalt für Pflanzenbau) untersucht.

Hinsichtlich der stofflichen Zusammensetzung bzw. Höchstmengenüberschreitungen gab es im Berichtsjahr keine Beanstandungen.

Zusatzstoffe in Zigaretten

Für die Herstellung von Zigaretten dürfen bis zu 600 Zu-satzstoffe verwendet werden. Seit 2001 sind die Herstel-ler von Tabakerzeugnissen zur Offenlegung sämtlicher ver-wendeter Zusatzstoffe verpflichtet. Dies beinhaltet eine vollständige Auflistung der verwendeten Zusatzstoffe mit Informationen über eingesetzte Mengen, die Funktion im Produkt und toxikologische Daten in unverbrannter und ver-brannter Form. Die Zuständigkeit für die Überprüfung der von den Herstellern und Importeuren übermittelten Daten liegt bei den jeweiligen Bundesländern. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen wurde vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg beauftragt, die Überwachung durchzuführen. Dabei erfolgen Untersuchungen auf folgende Zusatzstoffe und Parameter: Glucose, Fructose und Saccharose, Glyce-rol, Propylenglycol und Sorbitol, Benzoesäure und Sorbin-säure, Wassergehalt, p-Hydroxybenzoesäure-(PHB)-Ester, Kakaoanteil sowie verschiedene Aromastoffe im Tabak. Im Zigarettenrauch wurden die Gehalte an Nikotin, Kondensat und Kohlenmonoxid analysiert. Die Angaben der Hersteller zur Toxikologie der Zusatzstoffe werden anhand von Litera-turrecherchen überprüft.

76 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen76 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Tabakwaren

Teil IV :

SpezielleUntersuchungsbereiche

Themen:

Krankheitserregende Mikroorganismen

und mikrobiologische Besonderheiten 78

Mykotoxine 84

Marine und Süßwasser-Biotoxine 89

Pflanzenschutzmittel und Organische

Kontaminanten 90

Öko-Monitoring 98

Pharmakologisch wirksame Stoffe 100

Lebensmittelallergene 103

Gentechnik in Lebensmitteln 105

Bestrahlung von Lebensmitteln 111

Radiochemische Untersuchungen 112

Industrie- und umweltbedingte

Kontaminanten 114

Dioxine und dioxinähnliche PCB 114Schwermetalle und toxische Spurenelemente 119

Herstellungsbedingte Kontaminanten 120

Nitrosamine 120Polycyclische aromatische Kohlen- wasserstoffe (PAK) 121Acrylamid 1233-MCPD 124Furan 127

Stabilisotopen-Analytik 128

Jahresbericht 2007 77

Bacillus cereus

Salmonellen

Listeria monocytogenes

Histamin

verotoxinbildende E. coli

Campylobacter spp.

Noro-Viren

Rota-Viren

Abb.: Anzahl der als gesundheits-

gefährdend beurteilten

Proben:

Krankheitserregende Mikroorganismen und

mikrobiologische Besonderheiten

Im Jahr 2007 wurden in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg

21 823 Proben, bestehend aus 14 933 Planproben und 6 890 Anlassproben, mikrobiologisch untersucht.

Aufgrund der Untersuchungen wurden 9,8 % der Planproben und 28,0 % aller Anlassproben beanstandet.

1 381 Proben (6,3 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und mikrobiologischen Untersuchungsbefundes

„nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“ oder „im Genusswert gemindert“, 51 Proben (0,2 %)

waren geeignet, beim Verzehr durch den Menschen aufgrund ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit

gesundheitliche Schäden hervorzurufen.

Potenziell gesundheitsschädliche Lebensmittel und lebensmittel bedingte Erkrankungsfälle

Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen wurden im Jahr 2007 insgesamt 1 871 Lebensmittelproben zu 425 Erkrankungsfällen (Erkrankung von 1 bis zu über 100 Personen) bearbeitet.Insgesamt wurden 51 Lebensmittelproben (Erkrankungsproben und andere Anlassproben sowie Planpro-ben) als gesundheitsgefährdend beurteilt, weil Erreger von Lebensmittel-Infektionen (Salmonellen, Listeria monocytogenes, Campylobacter, Noroviren, Rotaviren), Lebensmittel-Intoxikationserreger (Bacillus cereus, Verotoxinbildende E. coli) oder mikrobiell verursachte toxische Eiweißabbauprodukte (Histamin) nachgewie-sen wurden (siehe Grafik).Darüber hinaus gab es Lebensmittel, die aufgrund anderer, nicht unmittelbar mikrobiologischer Ursachen (z. B. scharfkantige, spitze Fremdkörper etc.) als gesundheitsgefährdend beurteilt werden mussten. Siehe hierzu im Kapitel III Produktgruppen.

Krankheitserreger 2007

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78 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Salmonellen-Untersuchungen

Eine Lebensmittelvergiftung durch Salmonellen führt in der Regel 12

bis 36 Stunden nach dem Verzehr des Lebensmittels zu Symptomen wie

Kopfschmerz, Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, Fieber bis ca. 38 °C

und Durchfälle. Die Schwere der Erkrankung ist bei Kleinkindern und alten

Menschen am ausgeprägtesten.

Von 10 128 Untersuchungen auf Sal-monellen verliefen 94 (= 0,9 %) po-sitiv. Naturgemäß erfolgten aus Ge-flügelfleisch die häufigsten Salmo-nellen-Nachweise (30 Fälle = 8,7 % aller Geflügelfleischproben). Die am häufigsten nachgewiesenen Salmo-nellen-Serovare waren S. Enteritidis (13 Fälle) und S. Typhimurium (12 Fäl-le). Wie im Vorjahr gab es auch 2007 relativ wenige durch Salmonellen bedingte Erkrankungsfälle. Während im Jahr 2005 noch 39 Lebensmittel wegen Salmonellen als gesundheits-schädlich beurteilt wurden, waren es im Jahr 2006 nur noch 8 und im Jahr 2007 nur 9. Wir vermuten, dass die-se Entwicklung auf den Rückgang der Verbreitung von Salmonella Enteriti-dis zurückzuführen ist. 40 Salmonella-Enteritidis-Nachweisen noch im Jahr 2005 stehen nur 13 Nachweise dieses virulenten Serotyps im Jahr 2007 ge-genüber. Dass Salmonellen aber nach wie vor eine nicht unbedeutende Rolle bei Lebensmittelinfektionen spielen, zeigen folgende Beispiele:

Salmonellen aus der Gaststätte

4 Personen, die in einer Gaststätte gespeist hatten, erkrankten in der darauffolgenden Nacht bzw. am da-rauffolgenden Tag an Durchfall und Erbrechen. Bei 2 von ihnen wurden im Stuhl Salmonellen (S. Enteritidis) vom Landesgesundheitsamt im Re-gierungspräsidium Stuttgart nachge-wiesen.Die untere Lebensmittelüberwa-chungsbehörde führte unverzüglich eine Betriebskontrolle durch und legte dem CVUA Stuttgart 11 Lebensmittel-proben zur mikrobiologischen Unter-suchung vor.In einer der Proben, in Mais-Salat, war Salmonella Enteritidis nachweisbar.

Da es sich bei dem Mais-Salat um ein Lebensmittel handelt, das vor dem Ver-zehr keinem keimabtötenden Verfah-ren, z. B. durch Durcherhitzung, mehr unterworfen wird, wurde die Probe als unsicher und geeignet, die Gesund-heit zu schädigen, beurteilt. Ein kau-saler Zusammenhang zwischen dem Verzehr des Lebensmittels und den gemeldeten Erkrankungsfällen war wahrscheinlich.

Salmonellen auf privater Feier

Für eine private Feier wurde von einer Hotelküche ein kalt / warmes Buffet zubereitet und in den privaten Räu-men angeboten und verzehrt. Von insgesamt 40 Personen erkrankten 20 an Durchfall, Erbrechen und Fie-ber. Mehrere Reste vom Buffet wur-den daraufhin zur mikrobiologischen Untersuchung eingeschickt.In einer als „Bayrische Creme“ be-zeichneten Süßspeise waren Salmo-nellen (S. Enteritidis) nachweisbar.Gemäß den Angaben der Lebensmit-telüberwachungsbehörde wurde die Bayrische Creme mit rohem Eigelb hergestellt und danach keinem keim-reduzierenden Verfahren mehr un-terworfen. Da bekannt ist, dass rohe Hühnereier bisweilen mit Salmonel-len kontaminiert sein können, ist nicht auszuschließen, dass die Salmonellen auf diese Weise in die Süßspeise ge-langt sind. Da es sich bei der Probe um ein Lebensmittel handelt, das vor dem Verzehr keinem keimabtötenden Verfahren, z. B. durch Durcherhitzung, mehr unterworfen wird, ist die Probe unsicher und geeignet, die Gesund-heit zu schädigen. Ein kausaler Zusam-menhang zwischen dem Verzehr der Lebensmittel und den gemeldeten Er-krankungsfällen war wahrscheinlich.

Abb.: Salmonellen auf Selektiv-Agar

Salmonellen im Sportverein

3 Sportler erkrankten nach dem Ver-zehr einer Mahlzeit (Schnitzel, Spätz-le und Soße), die im Sportheim ihres Vereins zubereitet worden war. Nach Vorliegen des ärztlichen Laborbefun-des, bei dem Salmonellen (S. Enteri-tidis) im Stuhl der Patienten nachge-wiesen worden waren, wurden (10 Tage nach dem Verzehr der Speisen) Spätzle im Vereinsheim erhoben und zur mikrobiologischen Untersuchung überbracht.In der Probe „Spätzle“ war Salmonella Enteritidis nachweisbar.

Vorgegarte Spätzle werden zwar vor dem Verzehr noch erhitzt, allerdings zeigt die Erfahrung, dass hierbei nicht immer Temperaturen im Lebensmittel erreicht werden, die zur Abtötung von Salmonellen ausreichen. Die Probe wurde als unsicher und geeignet, die Gesundheit zu schädigen, beurteilt.Ein direkter Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und der vorliegen-den Probe war nicht herzustellen. Al-lerdings belegte der Befund Mängel in der Küchen- und Personalhygiene. Es war somit nicht auszuschließen, dass Speisen, die von den erkrankten Sportlern 10 Tage zuvor verzehrt wur-den, ebenfalls mit Salmonellen konta-miniert waren. Eine Überprüfung, ob ggf. Salmonellen ausscheidende Per-sonen in der Küche beschäftigt sind, wurde angeraten. Es wurde außer-dem darauf hingewiesen, dass auch Personen ohne Krankheitssymp tome Ausscheider von Salmonellen sein können.

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2007 79

Listerien-Untersuchungen

Listeria monocytogenes ist als Auslöser schwerwiegender lebensmittel-

bedingter Erkrankungen bekannt. Glücklicherweise ist Listeriose eine eher

seltene Erkrankung, allerdings ist nach Berichten der Europäischen Behör-

de für Lebensmittelsicherheit in letzter Zeit eher ein Anstieg der Erkran-

kungszahlen zu verzeichnen. Bei immunkompetenten Patienten verläuft

die Infektion meist symptomlos oder mit leichter, grippeähnlicher Symp-

tomatik. Dagegen können die Erreger bei Patienten mit Abwehrschwäche

schwere Infektionen (v. a. Sepsis, Meningoenzephalitis) verursachen. Die

Listeriose während der Schwangerschaft kann zum Abort oder konnataler

Listeriose führen.

Von 10 056 durchgeführten Untersu-chungen auf Listerien verliefen 316 mit positivem Ergebnis (3,1 %). Durch weitere Differenzierungen konnte hier-bei in 186 Fällen die pathogene Art Listeria (L.) monocytogenes nachge-wiesen werden (1,8 %). Am häufigs-ten wurde L. monocytogenes nach-gewiesen bei Fischerzeugnissen (66 Nachweise). Dabei handelte es sich überwiegend um vakuumverpackte

Räucherfischwaren.

Im Rahmen des Bundesweiten Über-wachungsprogramms (BÜP 2007) wurden panierte Fleischerzeugnis-se auf Listeria monocytogenes un-tersucht. Ein zählbarer Listerienge-halt von mehr als einer Listerie pro

Gramm Fleischerzeugnis wurde nicht festgestellt. Nur in zwei Fällen wurden

Listerien qualitativ im Anreicherungsver-fahren nachgewiesen. In einem Rohmilch-

käse, der ebenfalls im Rahmen des Bundeswei-ten Überwachungsprogramms untersucht wurde, wurde L. monocytogenes in einer Menge von 280 Keimen / g nachgewiesen. Das Erzeugnis war deshalb geeignet, die Gesundheit zu gefährden.

Der Verzehr kontaminierter Lebensmittel gilt als hauptsächlicher Übertragungs-weg auf den Menschen, wobei die Lebensmittel ihrerseits einer Vielzahl von Kontaminationsquellen ausge-setzt sein können. Listerien sind überall verbreitet, besonders an kühlen, feuchten Stellen. Aus den international bei Codex Alimentarius und WTO geprägten Begriffsdefinitio-nen im Zusammenhang mit „Food Safe-ty Objectives“ ergibt sich, dass bei Listeria- monocytogenes-Gehalten über 100 KbE / g in ver-zehrsfertigen Lebensmitteln das in der EU angemessene Gesundheitsniveau als überschritten anzusehen ist. Solche Lebensmittel gelten als nicht sicher und sind geeignet, die menschliche Gesundheit zu schädigen.

Rotavirus-Untersuchungen

Rotaviren verursachen beim Menschen üblicherweise 12 – 48 Stunden nach dem Verzehr kontaminierter Lebens-

mittel Magen-Darm-Erkrankungen mit Symptomen wie massives Erbrechen mit starken Durchfällen und Leib-

schmerzen. Die Krankheitserscheinungen halten in der Regel ein bis vier Tage an. Eine Übertragung von Rota-

viren kann z. B. fäkal-oral von Mensch zu Mensch oder über kontaminierte Speisen, verunreinigtes Trinkwasser

und kontaminierte Gegenstände erfolgen. Der Nachweis von Rotaviren im Lebensmittel deutet entweder auf die

Verwendung von bereits kontaminierten Lebensmitteln oder auf massive Mängel in der Personalhygiene hin.

Der Nachweis von Rotaviren erfolgt am CVUA Stuttgart in Anlehnung an die für Norovirus verwendete moleku-

larbiologische Methode. Bei 249 untersuchten Lebensmittel- und Tupferproben konnte im Jahr 2007 insgesamt

5-mal Rotavirus nachgewiesen werden, wobei nur im nachfolgend beschriebenen Fall auch tatsächlich der Se-

quenzabgleich mit aus Stuhlproben isolierten Rotaviren vorgenommen werden konnte.

Abb.: Listerien auf

Selektiv-Agar

Rotaviren in Kartoffel-Gemüse-Eintopf

In einer Mutter-Kind-Klinik waren Erkrankungen an Brech-Durchfall aufgetreten. Bei zwei erkrankten Kindern war Ro-tavirus im Stuhl bereits nachgewiesen worden. Dem CVUA Stuttgart wurden von der unteren Lebens-mittelüberwachungsbehörde 74 tiefgekühlt aufbewahrte Rückstellproben von Speisen zur mikrobiologischen Unter-

suchung vorgelegt, welche in der Klinikküche hergestellt worden waren. Die Speisen stammten von verschiedenen Produktionstagen. Im Rahmen der grobsinnlichen und mikrobiologischen Un-tersuchungen gaben die Proben keinen Anlass zur Bean-standung. Bei der molekularbiologischen Untersuchung

80 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Bacillus cereus beim Griechen

Kurze Zeit nach dem Verzehr von Speisen in einer griechischen Gast-stätte mussten mehrere Personen

erbrechen. Daraufhin wurden mehrere Speisen aus der Gaststätte zur Untersuchung eingeschickt. Die mikrobiel-le Untersuchung ergab keine besonderen Befunde. Ins-besondere wurden keine pathogenen Keime festgestellt. Die toxikologische Untersuchung hingegen ergab bei 2 Proben (Bratkartoffeln und Pommes frites) den Nachweis des emetisch wirksamen Toxins Cereulid. Dass mithilfe der mikrobiolo-gischen Untersuchung nur unwe-sentliche Keimgehalte nachgewie-sen werden konnten – insbeson-dere wurde Bacillus cereus nicht nachgewiesen – zeigt, dass die Bildung des hitzestabilen Toxins im Lebensmittel bereits vor dem Durcherhitzen der Speisen stattge-funden hat und die maßgeblichen To-xinbildner durch das Erhitzen der Probe abgetötet worden sind. Gleichzeitig beweist der bakteriologische Befund, dass die mikrobielle Toxinbildung nicht erst beim Verbraucher eingesetzt hat. Die Bratkartoffeln und Pommes frites wurden wegen des nachgewiesenen Toxin-Gehaltes als gesundheitsschädlich beanstandet.

Bacillus cereus vom Lieferservice

Drei Personen bestellten über den Lieferservice eines Imbissbetriebes Döner-Kebab. Ca. 2 Stunden nach dem Verzehr erkrankten alle 3 Personen an Magenkrämpfen, Erbrechen, Durchfall, Übelkeit und Sodbrennen. Ein übrig gebliebener Döner-Rest wurde von der unteren Lebens-mittelüberwachungsbehörde als Verdachtsprobe erhoben und zur Untersuchung überbracht. Die toxikologische Untersuchung ergab auch hier den Nach-weis von Cereulid. Mithilfe der mikrobiologischen Untersu-chung konnten dagegen nur unwesentliche Keimgehalte nachgewiesen werden, insbesondere Bacillus cereus wur-de nicht nachgewiesen. Da das nachgewiesene Cereulid hitzestabil ist, hatte es die Erhitzung auf den Döner-Grill unbeschadet überstanden, während die maßgeblichen To-xinbildner hierbei abgetötet wurden. Der Döner-Kebab wurde aufgrund des nachgewiesenen Bacillus-cereus-Toxins als gesundheitsschädlich beurteilt.

Bacillus-cereus-Untersuchungen

Bacillus cereus ist ein Umweltkeim, aber auch ein potenzieller Lebens-

mittelvergifter und Enterotoxinbildner, dessen unterschiedliche Toxine

entweder Durchfall (Diarrhoe-Toxin) oder Übelkeit und gelegentlich

Erbrechen (emetisches Toxin) hervorrufen.

Abb.: Bacillus cereus auf Selektiv-Agar

Zur Auslösung einer Lebensmittelvergiftung durch Bacillus cereus werden in der Literatur Mindestkeimgehalte zwi-schen 105 und 106 / g Lebensmittel genannt. Von der Deut-schen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) wird als Bacillus-cereus-Warnwert für die meisten Lebens-mittel eine Menge von 104 Keimen / g angegeben. Sympto-me treten 1 bis 5 Stunden (Erbrechenstyp) bzw. 6 bis 12 Stunden (Durchfallstyp) nach Verzehr des kontaminierten Lebensmittels auf.

Während im Jahr 2006 lediglich in einem Fall Bacillus cereus als Ursache für eine lebensmittelbedingte Erkrankung aus-gemacht worden war, gab es im Berichtszeitraum 5 Fälle, in denen ein Zusammenhang zwischen Humanerkrankungen und dem Nachweis von Bacillus cereus oder dessen emeti-schem Toxin (Cereulid) in Lebensmitteln hergestellt werden konnte. Bei durcherhitzten Lebensmitteln ist oftmals der mittels HPLC durchgeführte Cereulid-Nachweis die einzige Möglichkeit, um die Ursachenkette aufzuklären, da dieses Toxin hitzestabil ist, während die auslösenden Keime durch den Erhitzungsvorgang abgetötet werden. 2 solcher Fälle werden im Folgenden beschrieben.

wurde allerdings Rotavirus-RNA in einer Probe (Kartof-fel-Gemüse-Eintopf) nachgewiesen. Der Befund wurde mittels DNA-Sequenzierung bestätigt. Dies spricht für eine Kontamination des Lebensmittels mit Rotaviren. Der Gensequenzabgleich mit den aus den Stuhlproben der erkrankten Kinder isolierten Rota-viren ergab, dass beide Isolate identisch waren.Der ursächliche Zusammenhang des Lebensmittels mit den aufgetretenen Erkrankungen war somit als her-gestellt anzusehen und der Kartoffel-Gemüse-Eintopf wurde als gesundheitsschädigend beurteilt und bean-standet.

Unserer Kenntnis nach ist der Nachweis von Rotaviren im ursächlichen Zusammenhang mit Erkrankungsfäl-len bisher so noch nicht in der Literatur beschrieben worden.

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2007 81

Campylobacter-Untersuchungen

Thermophile Campylobacter-Keime (C. jejuni und C. coli) sind nach Angaben des Bundesinstituts für Risiko-

bewertung (BfR) neben Salmonellen die häufigsten bakteriellen Verursacher von lebensmittelbedingten Darm-

infektionen in Deutschland. Trotzdem gelingt es nur selten, den Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines

bestimmten Lebensmittels und einer Campylobacter-Erkrankung nachzuweisen. Dies liegt daran, dass Campy-

lobacter-Infektionen mit einer meist mehrere Tage dauernden Inkubationszeit einhergehen. Wenn erste Erkran-

kungssymptome auftreten, wird ein vor mehreren Tagen verzehrtes Lebensmittel in der Regel nicht mehr als

Ursache der Erkrankung angenommen bzw. es steht für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung.

Lebensmittel VTEC positiv (Anzahl Proben)

Rohes Fleisch 15 davon: rohes Wildfleisch 12 rohes Rindfleisch 3Rohes Hackfleisch 8Rohwurst (Zwiebelmettwurst) 3Rohmilch 5Rohmilchkäse 2

Eine Campylobacter-Infektion geht in der Regel mit den Symptomen Durchfall, Erbrechen und Fieber einher.Routinemäßig werden daher alle Proben, die im Zusammenhang mit fieberassoziierten Erkrankungen eingeschickt wur-den, auf Campylobacter untersucht. Einen weiteren Untersuchungsschwerpunkt bildet die Untersuchung von rohem Geflügelfleisch, da dieses sehr häufig mit Campylobacter-Erregern belastet ist. Untersuchungen auf thermophile Cam-pylobacter-Keime wurden an 1 237 Lebensmitteln durchgeführt, davon waren 104 Proben positiv (= 8,4 %). Die meisten positiven Befunde betrafen rohes Geflügelfleisch und Rohmilch. Diese positiven Befunde blieben lebensmittelrechtlich weitgehend ohne Folgen: Bei einer bestimmungsgemäßen Behandlung durch ausreichende Durcherhitzung vor dem Verzehr des Geflügelfleisches werden Campylobacter-Keime mit Sicherheit abgetötet. Gleiches gilt für Rohmilch, die nur nach vorangegangener Hitzebehandlung verkehrsfähig ist.

EHEC-Infektionen werden durch Escherichia-coli-Bakterien verursacht, welche bestimmte Toxine bilden kön-nen. Sie werden unter dem Begriff Shiga-Toxin- bzw. Verotoxin-bildende E. coli (STEC bzw. VTEC) zusammen-gefasst. Als EHEC werden diejenigen STEC / VTEC bezeichnet, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserschei-nungen auszulösen. Viele EHEC-In-fektionen verlaufen klinisch inapparent („nicht in Erscheinung tretend“) und bleiben daher unerkannt. Etwa ein Drit-tel der manifesten Erkrankungen tritt als Durchfall in Erscheinung. Begleit-symptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Bauchschmerzen, selten Fieber. In wenigen Fällen ent-wickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis mit Leib-schmerzen, blutigem Stuhl und häufig mit Fieber. Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen und abwehrgeschwächte

Personen erkranken erfahrungsge-mäß häufiger schwer. Gefürchtet sind schwerwiegende Komplikationen wie das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit hämolytischer Anämie und Nierenversagen.

Wiederkäuer, vor allem Rinder, Scha-fe und Ziegen, aber auch Wildwieder-käuer (v. a. Rehe und Hirsche) werden als Hauptreservoir für EHEC angese-hen.

1 033 Lebensmittel wurden auf VTEC untersucht. Der Nachweis von VTEC aus Lebensmitteln umfasst eine rela-tiv aufwändige Kombination von mo-lekularbiologischen und klassisch kul-turellen Verfahren und führte im Jahr 2007 zu insgesamt 33 Isolaten. 5-mal wurde VTEC in Proben festgestellt, die bestimmungsgemäß vor dem Verzehr keinem keimabtötenden Verfahren mehr unterworfen werden und somit

geeignet waren, die Gesundheit zu schädigen. Hierbei handelte es sich um Zwiebelmettwurst (3 Proben) und um Rohmilchkäse (2 Proben). In Falle eines offen in einer Metzgerei angebo-tenen Schweinehackfleisches konnte ein Rohverzehr, z. B. als Schweine-mett, nicht ausgeschlossen werden. Deshalb wurde auch diese Probe als potenziell gesundheitsschädlich be-urteilt.

VTEC / EHEC-Untersuchungen

Tabelle: Am häufigsten mit VTEC kontaminierte Lebensmittel 2007

82 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Noroviren in Bandnudeln

Nach dem Verzehr verschiedener Nudelgerichte in einer Gaststätte er-krankten 5 von 7 Gästen an Brech-durchfällen. In einer Probe Bandnu-deln konnten am CVUA Stuttgart Norovirus-RNA nachgewiesen wer-den. Tatsächlich ergab der Abgleich der Gensequenzen dieser Viren und derer, die am Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stuttgart aus Stuhlproben isoliert worden waren, dass eine erkrankte Person und ein Mitglied des Küchenpersonals dassel-

be Virus trugen wie die Bandnudeln. Da die Nudeln erst am Tag nach dem Auftreten der Erkrankungen hergestellt worden waren, schieden diese als Quelle der Infektionen aus. Allerdings konnte eindrücklich belegt werden, dass die Norovirus ausscheidende Person nach wie vor in der Küche der Gaststätte aktiv war.

Noroviren in Schnitzel und Zunge

Nach einem Essen in einer Gaststätte erkrankten 10 Perso-nen an Durchfall, Erbrechen und Fieber. Obwohl Fieber zu den eher untypischen Symptomen einer Noroviruserkran-kung zählt, konnte in zwei vorgelegten Lebensmittelproben Norovirus-RNA nachgewiesen werden: rohes Schnitzel und gegarte Zunge. Während die auf dem Schnitzel befindlichen Viren im Rahmen der Zubereitung beim Braten sehr wahr-scheinlich noch inaktiviert worden wären, war die gegarte Zunge in verzehrsfertigem Zustand. Der Abgleich mit den vom Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium Stutt-gart erhaltenen Gensequenzen bestätigte die Identität der Norovirusisolate aus Lebensmitteln und dem Stuhl von 4 am Erkrankungsgeschehen beteiligten Personen. Zumin-dest die gegarte Zunge war somit geeignet, die mensch-liche Gesundheit zu schädigen.

Herr Dr. Friedrich, CVUA Stuttgart ◆

Norovirus-Untersuchungen

Noroviren sind hochinfektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankungen.

Das Virus wird mit dem Mund aufgenommen und führt nach einer Inkuba-

tionszeit von 1 bis 2 Tagen zu den typischen Symptomen einer Norovirus-

Erkrankung: massives und unkontrollierbares Erbrechen und begleitend

dazu sehr starker Durchfall. Die Norovirus-Übertragung erfolgt meist

von Person zu Person, kann aber auch durch kontaminierte Lebensmittel

erfolgen. Im Patienten-Stuhl sowie in Erbrochenem sind sehr hohe Vi-

ruszahlen vorhanden, wobei zum Auslösen der Krankheit nur 10 bis 100

Viruspartikel benötigt werden. Diese hohe Infektiosität in Verbindung mit

der Übertragbarkeit von Person zu Person erklärt auch, warum Norovirus-

Infektionen meist zu Gruppenerkrankungen führen, oft in Einrichtungen,

wo Menschen auf engem Raum zusammenleben (z. B. Altenheimen oder

Krankenhäusern).

Die überwiegende Zahl der 533 auf Norovirus untersuchten Proben stammte dementsprechend aus Großküchen. Noro-virus konnte in Lebensmittelproben im Zusammenhang mit 6 Erkrankungsgeschehen nachgewiesen werden. Die abschließende Klärung, ob es sich jeweils um infektiöse Vi-ruspartikel handelt, die tatsächlich im direkten Zusammen-hang mit dem jeweiligen Erkrankungsgeschehen stehen, muss in jedem Fall über einen Abgleich von Gensequenzen mit aus Patientenmaterial isolierten Noroviren erfolgen. In folgenden zwei Fällen belegte dieser Abgleich den ursäch-lichen Zusammenhang:

Abb.: Molekular-biologischer Virusnachweis

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2007 83

Mykotoxine

Mykotoxine sind Stoffwechselprodukte der unterschiedlichsten Schimmelpilzarten. Von den etwa 200

derzeit bekannten Substanzen haben bestimmte Gruppen eine Bedeutung in der menschlichen Er-

nährung. Rohstoffe und Nahrungsmittel, die von Pilzen bevorzugt befallen werden, müssen deshalb

regelmäßig auf das Vorhandensein dieser in vielfältiger Weise gesundheitsschädli-

chen Substanzen geprüft werden. Im Vordergrund stehen die durch Verordnung

geregelten Stoffe Aflatoxine, Deoxynivalenol (DON), Fumonisine, Ochratoxin

A, Patulin und Zearalenon (ZON); umfangreiche Untersuchungen betreffen

aber auch die Alternaria-Toxine und eine Vielzahl von Trichothecenen, für

die noch keine Regelungen zur Verfügung stehen. EU-weit werden diese

Ergebnisse als Basis für die zukünftigen Höchstwerte zusammengetra-

gen.

Im Jahr 2007 wurden in insgesamt 2 054 Lebensmittelproben rund 4 200 Toxin-bestimmungen durchgeführt, wobei teilweise nur ein Toxin, zunehmend aber auch mehrere Toxine und Toxingruppen gleichzeitig bestimmt werden können.

Aflatoxine B1, B2, G1 und G2

Lagerpilze wie Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus finden über-

wiegend in feuchtwarmen Klimazonen geeignete Lebensbedingungen

und können Aflatoxine bilden. Diese Stoffe, insbesondere das Aflatoxin

B1, gelten als die natürlich vorkommenden Substanzen mit dem höchsten

krebsauslösenden Potenzial. Vor allem Erzeugnisse aus Ländern wie der

Türkei, dem Iran, China, Ägypten und Brasilien sind in der Vergangenheit

immer wieder durch hohe Belastung mit Aflatoxinen aufgefallen, mit ei-

ner Häufung auffälliger Befunde beim Import von kalifornischen Mandeln

gehören auch die USA mittlerweile zu den betroffenen Staaten. Gestützt

auf Entscheidungen der Europäischen Kommission muss ein jeweils

festgelegter Prozentsatz der einzuführenden Nüsse vor der zollamtlichen

Abfertigung untersucht werden. Daraus ergibt sich eine zunehmende Zahl

von sehr schnell durchzuführenden Untersuchungen, wobei die in der

Regel vorliegenden 30 kg Probenmaterial in Teilproben von je ca. 10 kg

gesondert untersucht und beurteilt werden müssen. Siehe hierzu als

Beispiel die Pressemitteilung des Hauptzollamtes Ulm unter Zoll online:

www.zoll.de > Pressemitteilungen > Sonstiges > Archiv 2007 > 19.12.2007

Ulmer Zoll prüft Haselnüsse aus der Türkei.

Gewürze

Zwischen 25 % bei schwarzem Pfeffer und 78 % bei Paprikapulver lagen die Anteile der Proben mit nachweisba-ren Mengen an Aflatoxinen. Die zu-lässigen Höchstgehalte waren nur bei einem Ingwergewürz und einer Probe Chilis überschritten. Der Gehalt an Af-latoxin B1 im Chili betrug 174 µg / kg.

Nüsse und daraus hergestellte

Erzeugnisse

Überschreitungen der Höchstgehalte lagen bei 5 % der ganzen gerösteten Haselnüsse und Erdnüsse mit Schale, bei 6 % der Paranüsse, bei 7 % der gemahlenen bzw. gehobelten Hasel-nüsse und Mandeln bzw. bei 10 % der

nicht gerösteten ganzen Haselnüsse vor. Bei gerösteten und gesalzenen Pistazien enthielten 11 % der untersuchten Ware zu hohe Aflatoxingehalte, bei gehackten Haselnüssen und geschälten Erdnüssen, überwiegend auf Marktständen zur Herstellung gebrannter Erdnüsse bestimmt, waren es jeweils 18 %. Zur letzten Warengruppe gehörte auch der absolute Spitzenreiter hinsichtlich des Aflatoxingehaltes.

Auf einem Kirchweihmarkt hatten Lebensmittelkontrolleu-re Erdnüsse vorgefunden, die erhebliche Fraßspuren von Schädlingen aufwiesen und mit Larven, Kot und Gespins-ten dieser Insekten durchsetzt waren. Die festgestellten Gehalte von 461 µg / kg Aflatoxin B1 bzw. 547 µg / kg Ge-samtaflatoxin waren höher als alle jemals im zuständigen Untersuchungsamt gemessenen Aflatoxingehalte. Nachuntersuchungen der Restbestände dieser Ware bei dem Zulieferbetrieb für Marktstände ergaben die gleichen

Wie im vergangenen Jahr lag die Quote positiver Befunde über 50 %, auch der Anteil von 5 % Proben mit Überschrei-tung der zulässigen Höchstgehalte von 2 µg / kg Aflatoxin B1 bzw. 4 µg / kg für die Summe aus den Aflatoxinen B1, B2, G1 und G2 bzw. 5 und 10 µg / kg für Gewürze blieb auf gleichem Niveau.

Trockenobst

Mit 75 % stieg der Anteil der Proben mit positiven Afla-toxin Befunden (Feigen) gegenüber dem Vorjahr um 10 % an, die Beanstandungsquote sank allerdings auf 6 % und die festgestellten Toxingehalte waren deutlich niedriger als im Jahr 2006.

84 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Spitzenwerte ergaben sich erneut bei Pistazienpasten als Halberzeugnis für die Speiseeisherstellung. Diese aus-nahmslos in Italien hergestellten hochviskosen, teilweise auch mit Zucker und anderen Lebensmitteln gestreckten Massen aus fein vermahlenen Pistazien werden offen-sichtlich zu einem großen Teil aus qualitativ schlechter Ausgangsware hergestellt. 76 % waren mit Aflatoxinen belastet, 10 % enthielten unzulässig hohe Toxinmengen.

Auch bei Haselnussgrundmassen lag die Quote der positi-ven Befunde bei 67 %, die Aflatoxingehalte waren jedoch sehr gering.

sensorischen Abweichungen und ebenfalls eine deutliche Überschreitung der Höchstgehalte für Aflatoxine. Weitere Hintergründe zu diesem außergewöhnlichen Fall sind in Kapitel III Nüsse nachzulesen.

Obwohl rund 70 % der untersuchten Proben Maronen bzw. Esskastanien einen nicht zu tolerierenden Anteil Früchte mit erheblichem Schimmelbefall enthielten, lag eine Über-schreitung der Aflatoxin-Höchstgehalte bei Maronen im Gegensatz zum Vorjahr nicht vor.

Bittere Aprikosenkerne, die u. a. mit Werbeaussagen hin-sichtlich der Vorbeugung und Heilung von Krebserkrankun-gen verstärkt in den Verkehr gebracht werden, enthielten ihrerseits krebserregende Aflatoxine in für Nüsse unzu-lässigen Mengen.

Für die meisten wichtigen Lebensmittelgruppen stehen EU-weit geltende Höchstgehalte zur Verfügung, die zwi-schen 0,5 µg / kg für Säuglingsnahrung, 2 µg / kg für Wein und Traubensaft, 3 – 5 µg / kg für Getreide und Getreidepro-dukte sowie 10 µg / kg für getrocknete Weintrauben und löslichen Kaffee liegen. Regelungen für Feigen und andere Trockenfrüchte, Bier, Kakao und Kakaoerzeugnisse, Likör-weine, Fleischerzeugnisse, Gewürze und Süßholz werden seit Jahren in der EU ergebnislos diskutiert. Im Rahmen der nationalen Mykotoxin-Höchst mengenverordnung gilt für getrocknete Feigen eine Höchstmenge von 8 µg / kg.Insgesamt enthielten zwar 59 % der unterschiedlichsten Lebensmittel Ochratoxin A, Überschreitungen der Höchst-gehalte lagen jedoch nur bei 4 Proben (= 1 %) vor.

Lakritz, Kakao und daraus her gestellte Erzeugnisse

Auch in diesem Berichtsjahr wiesen wieder alle Kakaopul-ver und Kakaomassen messbare Gehalte von Ochratoxin A auf, auch bei Kaffee und daraus hergestellten Erzeugnis-sen war die Bilanz vergleichbar, 70 % de Süßholzprodukte wie Lakritz und eine Teemischung (23 µg / kg) enthielten Ochratoxin A. Mangels geltender Höchstgehalte ist eine Beurteilung nicht möglich.

Gewürze

Durchschnittlich 56 % der unter-schiedlichsten Gewürze und Gewürz-zubereitungen enthielten Ochratoxin A; Chili mit 32 und Paprikapulver mit 37,5 µg / kg lagen an der Spitze. Auch hier stehen Regelungen noch aus.

Getreide und Getreideerzeugnisse

Mit Ausnahme von Gerste und Gerstenmalz waren die untersuchten Getreide und Getreideerzeugnisse über-wiegend frei von Ochratoxin A, in fast allen überprüften Biersorten fanden sich noch Spuren dieses Toxins.

Trockenobst

Im Gegensatz zum Vorjahr lagen bei Sultaninen zwei Wer-te über den zulässigen Höchstgehalten, der Maximalwert betrug 25,6 µg / kg. Der Kontaminationsgrad beträgt für ge-trocknete Weintrauben (Korinthen, Sultaninen und Rosinen) durchschnittlich mehr als 95 %. Hier sind noch erhebliche Anstrengungen der Erzeugerländer nötig, um eine bessere Qualität auf den Markt zu bringen. Auch bei Feigen waren zwei Überschreitungen der natio-nalen Höchstmengen zu verzeichnen, der Anteil belasteter Proben lag bei 42 %.

Fruchtsäfte, Wein und weinhaltige Getränke

Rote Traubensäfte enthielten ohne Ausnahme Spuren des gesundheitlich bedenklichen Toxins, Glühwein war zu 82 % belastet bei Werten bis zu 1,6 µg / kg, bei Rotweinen betrug der Anteil positiver Proben 40 % mit einem Maximalwert von nur 0,43 µg / kg.

Ochratoxin A

Im Gegensatz zu den aflatoxinproduzierenden Schimmelpilzen können

sich bestimmte Spezies der Gattungen Penicillium und Aspergillus auch

in gemäßigten Klimaregionen entwickeln und dabei Ochratoxin A bilden.

Das Lagertoxin Ochratoxin A hat eine lange Verweildauer im Körper und

stellt wegen seiner nierentoxischen, genotoxischen (die Erbsubstanz

schädigenden), teratogenen (Fehlbildung erzeugenden) und immun-

supressiven (das Immunsystem unterdrückenden) Wirkungen ein ernst

zu nehmendes Problem dar.

Mykotoxine Jahresbericht 2007 85

Trichothecene

Aufgrund ihrer sehr unterschied-

lichen chemischen Struktur wurde

diese Substanzgruppe in 4 Unter-

gruppen aufgeteilt, von denen die

Gruppen A und B im Bereich der

Lebensmittel eine Rolle spielen.

Trotz der bekannten gesundheits-

schädlichen Wirkungen von Vertre-

tern dieser Toxingruppe wie z. B.

der Hemmung der Proteinsynthese

und Schädigung der Zellen vor al-

lem bei Organen mit hoher Zelltei-

lungsrate – wie Leber und Magen-

Darm-Trakt – liegen Höchstgehalte

für die Typ-A-Trichothecene wie

T-2-Toxin, HT-2-Toxin, T-2-Tetraol,

Neosolaniol und die Acetoxyscir-

penole noch immer nicht vor. Der

einzige Vertreter aus der Gruppe

der Typ-B-Trichothecene mit einem

EU-Höchstgehalt ist Deoxyniva-

lenol (DON), ungeregelt sind z. B.

Nivalenol und Fusarenon X.

Wie bereits in den Vorjahren traten die Typ-A-Trichothecene insbesondere in Hafer und Erzeugnissen aus Hafer sowie in Gerste auf. In allen 8 unter-suchten Haferproben war HT-2-Toxin enthalten, 6 Proben Hafer enthielten das T-2-Toxin und 7 wurden positiv auf T-2-Tetraol getestet. Die höchsten Ge-halte wies ein ungereinigter Hafer der Ernte 2007 auf, er enthielt 215 µg / kg HT-2-Toxin, 46 µg / kg T-2-Toxin und 169 µg / kg T-2-Tetraol. Bei den Hafer-flocken wurden ebenfalls sehr häufig HT-2-Toxin und T-2-Toxin nachgewie-

Patulin

Patulin kann von verschiedenen Schimmelpilzen insbesondere auf Gemü-

se und Früchten gebildet werden; betroffen ist insbesondere Kernobst.

Auch wenn Patulin nicht als kanzerogen eingestuft wird, kann es im Hin-

blick auf seine genotoxische und teratogene Wirkung nicht vernachlässigt

werden. Auch akute Wirkungen wie Magenschleimhautentzündung und

Übelkeit nach Verzehr patulinhaltiger Lebensmittel sind unerwünscht und

müssen weitestgehend vermieden werden.

Fusarientoxine

Schimmelpilze der Gattung Fusarium sind ein Beispiel für ambivalente

Wirkungsweisen. Während sie einerseits im Ackerboden durch den Abbau

der Biomasse in wieder verfügbare Nährstoffe zum natürlichen Stoff-

kreislauf beitragen, führt der Befall von Kulturpflanzen mit diesen Pilzen

zu Ernteausfällen, einer Verschlechterung der Qualität und letztendlich

zur Kontamination der Lebensmittel mit Fusarientoxinen. Insbesondere

während der Blütezeit sind Getreide je nach den Witterungsbedingungen

einem mehr oder weniger großen Befallsdruck ausgesetzt. Bei überdurch-

schnittlichen Regenfällen während der Blütezeit kann das Getreide oft nur

durch gezielten Einsatz von Fungiziden qualitativ hochwertig gehalten

werden. Die meist hochgiftigen Fusarientoxine werden aufgrund ihrer

unterschiedlichen chemischen Struktur in die drei Gruppen Fumonisine,

Trichothecene und Zearalenon unterteilt.

Nach der europäischen Kontaminantenverordnung dürfen Fruchtsäfte, Fruchtsaftkonzentrate, Apfelweine usw. nicht mehr als 50 µg / kg Patulin und feste Apfelerzeugnisse, wie Apfelkompott oder Apfelpüree, nicht mehr als 25 µg / kg

Patulin enthalten. Der Höchstgehalt in Apfel erzeugnissen für Säuglinge und Kleinkinder ist auf 10 µg / kg fest-gelegt.

Immerhin 55 % aller untersuchten Säfte, Fruchtzubereitungen und Ge-müseerzeugnisse enthielten Patulin,

einen höheren Prozentsatz belasteter Erzeugnisse wiesen Ketchup (56 %), Gemüsesäfte (auch für Kleinkinder) (59 %), Obstzubereitungen für Kleinkinder (65 %) sowie Apfelsäfte (75 %) und Apfelsaftkonzentrat (100 %) auf.

Fumonisine

Neben krebserzeugenden Eigenschaf-ten werden diesen Toxinen auch fatale Auswirkungen auf die Entwicklung von Embryonen wie z. B. die Ausbildung eines Wasserkopfes, Neuralrohrdefek-te (offene Wirbelsäule) und Störungen der Hirnentwicklung zugeschrieben. Vor diesem Hintergrund ist die teilwei-se Verdoppelung der EU-weit gelten-den Höchstgehalte in den betroffenen Lebensmitteln kritisch zu sehen. Insbesondere Mais und damit auch sämtliche Maisprodukte sind be-kannt für Ihre Belastung mit Fumoni-sinen. So enthielten z. B. 28 von 32 Maismehlen (= 82 %) teilweise hohe Gehalte, in 6 Fällen (= 18 %) waren die Höchstgehalte überschritten. Ein Maismehl wies z. B. 6 400 µg Fumo-nisine / kg auf, der Höchstgehalt liegt bei 1 000 µg / kg, unverarbeiteter Mais darf bis zu 4 000 µg / kg enthalten. In durchschnittlich 93 % der zunehmend beliebten Maissnacks und Knabber-

erzeugnisse aus Mais waren Fumo-nisine nachweisbar, auch Cornflakes waren zu 57 % belastet. In einem Fall war der bis Ende September gelten-de Höchstgehalt von 400 µg / kg über-schritten, nach neuestem Rechtsstand (800 µg / kg) wären die 588 µg / kg je-doch nicht zu beanstanden.Eine Gruppe von Verbrauchern, die auf-grund einer Unverträglichkeit gegen das in den typischen Brotgetreiden enthaltene Klebereiweiß Gluten auf spezielle Lebensmittel angewiesen sind, betrifft die Belastungssituation bei Mais besonders, da die meisten verträglichen Lebensmittel auf Mais basieren. Ca. 55 % der Maisbrote, Backwaren und Backmischungen auf Maisbasis sowie Mais-Teigwaren wie-sen teilweise erhebliche Gehalte an Fumonisinen auf. Den Spitzenwert lieferten glutenfreie Teigwaren mit 2 860 µg / kg.

86 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Zearalenon

Zearalenon wird von den gleichen Pilzen gebildet wie die Trichothecene und ist deshalb vor allem in Getreide und Getreideerzeugnissen anzutref-fen. Das Toxin weist eine ausgeprägte östrogene Wirksamkeit auf, diskutiert wird eine mögliche krebserregende Wirkung. Seit 1.10.2007 gelten auch für dieses Toxin teilweise verdoppelte Höchstgehalte. Dadurch wird die oh-nehin geringe Zahl der Überschreitun-gen zukünftig noch abnehmen. So wären z. B. 2 der 4 Anfang 2007 be-anstandeten Proben (=1%) nach dem genannten Stichtag verkehrsfähig ge-wesen, da für Knabbererzeugnisse und Frühstückscerealien aus Mais statt 50 µg / kg seither der Höchstge-halt von 100 µg / kg gilt.

sen, allerdings lagen die Gehalte ins-gesamt deutlich niedriger. Vergleichs-weise selten war 15-Acetoxyscirpenol nachweisbar, in 2 Proben Gerste und in einer Probe Hafer waren Spuren vorhanden. Von den Typ-B-Trichothecenen war au-ßer DON nur noch Nivalenol nachweis-bar, der höchste Gehalt mit 413 µg / kg wurde in Gerste festgestellt. Deoxy-nivalenol (DON) ist insbesondere in Getreide und daraus hergestellten Lebensmitteln sehr weit verbreitet. Während die durchschnittliche Belas-tung aller untersuchter Lebensmittel 64 % beträgt, lag die Quote bei den meisten Getreiden und Getreidepro-dukten deutlich höher. So wiesen sämtliche Weizen-, Dinkel- und Rog-genmehle, rund 90 % der Braugers-te bzw. des Gerstenmalzes (mehr als

25 % der Biere), 75 % der Teigwaren aller Art, 89 % der Maismehle, 87 % der Cornflakes und 80 % der Brote teilweise beträchtliche Gehalte an die-sem Toxin auf. Überschreitungen der Höchstgehalte von 750 µg / kg bzw. 500 ergaben sich bei einem Maismehl mit 1 250 µg / kg und 6 Knabbererzeug-nissen bzw. Gebäcken aus Mais mit bis zu 1 000 µg / kg. Erzeugnisse für Säuglinge und Kleinkinder waren zu-meist frei von DON.

Alternariatoxine

Mehr als 40 Arten gehören zur Gattung Alternaria (Schwärzepilze inner-

halb der Deuteromycetes). Sie bilden in unterschiedlichem Maße Toxine

und sekundäre Metaboliten mit sowohl akuten als auch chronisch toxi-

schen Wirkungen. Trotz zunehmender Verbesserung der Datenlage be-

steht noch keine Aussicht auf die Festlegung von Höchstgehalten. Um die

Toxinbelastung von Lebensmitteln zu überprüfen, wurden bereits in den

Vorjahren Analyseverfahren entwickelt, mit denen die Bestimmung der

Alternaria-Toxine Alternariol (AOH), Alternariol-monomethylether (AME),

Altenuen (ALT), Tentoxin (TEN) sowie Tenuazonsäure (TEA) unter ande-

rem in Getreide, Säften und Ölen möglich ist. Teilweise werden mit diesen

Methoden auch Altertoxin I (ATXI) sowie die AAL-Toxine TA1 und TA2 (TA1

bzw. TA2) erfasst.

In 55 der 102 untersuchten Proben (= 54 %) waren Alter-naria-Toxine nachweisbar. Untersucht wurden 42 überwie-gend kaltgepresste Öle, 32 Getreide, 6 Leinsamen sowie 22 Orangensäfte. Am häufigsten wurde TEA (44 Proben; = 43 %) mit Werten bis zu 690 µg / kg (Hafer) nachgewie-sen. In 25 Proben (= 25 %) war AME enthalten, hier lag der Maximalgehalt bei 41 µg / kg (Hafer und Sesamöl). AOH wurde 24-mal (= 24 %; maximal 118 µg / kg in Hafer), TEN 19-mal (= 19 %; maximal 67 µg / kg in Sonnenblumenöl) nachgewiesen. ALT war lediglich in einem Sesamöl im Spu-renbereich nachweisbar.

Bei den erstmaligen Untersuchungen von Speiseöl im Vorjahr waren die Ölsorten Sonnenblumenöl, Distelöl und Sesamöl auffällig mit Alternaria-Toxinen belastet. Vom Dis-telöl und Sesamöl lagen allerdings nur 2 bzw. 3 Proben zur Untersuchung vor, deshalb wurden diese Ölsorten im

Berichtsjahr nochmals verstärkt über-prüft. Die Befunde haben sich bestä-tigt, denn auch bei dieser Untersu-chungsserie waren 9 der 13 Distelöle sowie 8 der 9 Sesamöle belastet. Bei Distelöl waren sehr häufig hohe Ge-halte an TEA sowie – wenn auch nur in geringen Konzentrationen – TEN enthalten, wohingegen in Sesamöl sehr häufig AME in vergleichsweise hohen Konzentrationen und auch Al-ternariol gefunden wurden. Auch beim Sonnenblumenöl haben sich die Be-

funde des vergangenen Jahres bestätigt, denn 3 der 4 Öle enthielten 2 bis 4 Toxine. Ein mit 4 Toxinen kontaminiertes Sonnenblumenöl enthielt 237 µg / kg TEA, 67 µg / kg TEN, 27 µg / kg AME sowie 8 µg / kg AOH.

Bei Getreide enthielten 6 der 7 untersuchten Hafer-Proben bis zu 4 Alternaria-Toxine. In der insgesamt am höchsten belasteten Probe wurden 690 µg / kg TEA, 38 µg / kg TEN, 41 µg / kg AME sowie 118 µg / kg AOH nachgewiesen. Auf-fällig war auch eine Probe Triticale, in der ebenfalls 4 Alter-naria-Toxine festgestellt wurden. Daher ist im kommenden Jahr die Untersuchung weiterer Proben geplant. Dinkel, Roggen und Gerste waren geringer belastet, in Weizen wurde nur in einer Probe eine Spur eines Toxins festgestellt.

Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen ◆

Mykotoxine Jahresbericht 2007 87

Im Jahr 2007 hat die Lebensmit-telüberwachung des Rhein-Neckar-Kreises 57 solcher Beprobungen vornehmlich in Verteilerzentren durchgeführt. Grundlage für die repräsentative Sammelprobenent-nahme von je nach Grundmenge 25 bis maximal 100 Einzelproben ist die entsprechende Verfahrensan-weisung zur Probenentnahme aus dem Qualitätsmanagementhand-buch BW, die in diesem Bereich die Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 401 / 2006 praxisgerecht zusam-menfasst.

Abgeleitet aus den eigenen Erfah-rungen kommen dazu noch einige spezielle technische Vorbereitungen wie ein z. T. sehr spezifisches Pro-benentnahmeinstrumentarium, um eine für die Analytik solide Untersu-chungsbasis zu gewährleisten. Der zeitliche Aufwand für das amtliche Probenentnahmeteam (notwendi-gerweise fast immer 2 Personen!) kann einschließlich Vorbesprechung mit Erläuterung der Rechtsgrundla-gen, der Probenentnahmeziele und organisatorischer Abstimmung über den Beprobungsablauf je nach Zahl der Einzelproben, Konsistenz der Ware sowie Art der Lagergestal-tung zwischen 3 Stunden und 5 bis 6 Stunden umfassen. Dabei ist der unterstützende Einsatz von Perso-nal und auch Gerät des Lebensmit-telunternehmers wie z. B. Gabel-stapler für Hochregale mit Sackwa-renpaletten unabdingbar. Je nach Lagergestaltung, Warenumfang und -menge sowie Verpackung (Contai-ner, BigBags, Paletten-Sackware oder -Kartonage mit Klein- oder Großpackungen) wird ein mehr oder weniger großer Rangier- oder Zwischenlagerbereich zur stichpro-benartigen Teilmengenseparierung der Probengrundmenge sowie ei-ne ausreichend dimensionierte Ar-beitsfläche für die Einzelprobenzu-sammenstellung benötigt.

In Verteilerzentren großer Lebens-mittelhandelsketten mit ihren ent-sprechend dem Warensortiment vorhandenen Frische-, Trocken-, Tiefkühl- und Obst- bzw. Gemüsela-gerbereichen kann der Zeitaufwand durch Bereitstellung von Hilfskräf-ten, einem ausreichend großen Platz im Lager zur Abwicklung und geeignetem Hubgerät zum Rangie-ren von Paletten in Grenzen gehal-ten werden. Wesentlich aufwändiger – aber un-ter Risikogesichtspunkten zielori-entierter – ist die Probenahme im Großhandel mit Im- und Export. Gro-ße Produktchargen, Sack- und / oder Rieselware, Kartonagen mit z. T. va-kuumverpacktem Inhalt und amtlich nicht einschlägigen bzw. nicht näher beschriebenen Lagerhaltungssys-temen bei saisonbedingtem Wa-renumschlag einerseits, aber auch umfangreiches Standardsortiment bedürfen bereits im Vorfeld der Pro-bennahme einer umsichtigen Vor-bereitung. Da die Unternehmen untereinander im globalen Handel auf die Einhal-tung gegenseitig auditierter Quali-tätsstandards bedacht sind, werden Gebinde, die zur Probenentnahme angebrochen werden mussten, vom Kunden nicht akzeptiert – auch dann, wenn diese wieder ordentlich verschlossen und der Zweck des Anbruchs mittels Aufdruck ersicht-lich ist. Bei vakuumierten Gebinden,

bei denen nach Anbruch ein weite-rer Handel nicht mehr möglich ist, bedarf es oftmals des Hinweises auf mögliche Straftatbestände, um die Bereitschaft der Mitwirkung zu stärken. Dies alles unterstreicht die Bedeutung guter amtlicher Kennt-nis über das Unternehmen, das Warenspektrum und einer sorgfäl-tigen Vorbesprechung, damit der Lebensmittelunternehmer im wei-teren Verlauf der Probenentnahme oder nachfolgender Maßnahmen keine Unwissenheit geltend ma-chen kann nach dem Motto: „Man ist gerne bereit, sich zu informieren, aber im Moment, …“ . Wichtig ist weiterhin, Klarheit über die Struk-turen zu gewinnen, die die unter-nehmerische Verantwortlichkeit im Betrieb festlegen. Aufgrund der Nesterbildung der Schimmelpilze in der Ware und der damit verbundenen inhomogenen Verteilung ihrer toxischen Stoff-wechselprodukte bezieht sich die Beurteilung immer auf einen bei der Probenahme genau definierten Wa-renbestand. Im Beanstandungsfall gilt grundsätzlich dann die Konse-quenz, dass dieser Warenbestand verworfen wird. Zwischenzeitlich ausgelieferte Ware muss dann wie-der zurückgenommen werden. Verfahrensverzögerungen können dann entstehen, wenn die amtliche Probe wegen einer Höchstmengen-überschreitung an Mykotoxinen be-anstandet wurde und aufgrund der beschriebenen inhomogenen Ver-teilung die hinterlassene Gegen-probe mit einem unbedenklichem Befund gegenübersteht. Um diese Probleme zukünftig zu vermeiden, wird derzeit an einer bundesweiten Probenahmevorschrift gearbeitet, nach der die Gegenprobe aus der homogenisierten, amtlichen Labor-probe entnommen wird.

Herr Dr. Michael, LRA Rhein-Neckar-Kreis ◆

Mykotoxine: Probenahme und Vollzug am Beispiel des Rhein-Neckar-Kreises

88 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

In der Europäischen Gemeinschaft gilt für AZP-Toxine (Azaspiracid Shellfish Poisoning, Azaspirsäuren) der Grenzwert von 160 µg pro kg Mu-schelfleisch. In nur 4 der 202 Proben konnten Azaspirsäuren nachgewiesen werden. Betroffen waren 2 Proben fri-sche Austern aus Irland mit Gehalten an der Bestimmungsgrenze sowie ei-ne Probe tiefgefrorene Miesmuscheln

mit 18 µg / kg und Muscheln eines Fertiggerichts mit 26 µg / kg Azaspirsäuren, dem bisher höchsten gemessenen Wert.

Süßwasser-Biotoxine (Microcystine)

Diese cyclischen Heptapeptid-Toxine sind selektive Leber-gifte, die auch als potente Tumorpromotoren gelten. Zur Beurteilung von Microcystinen in Trinkwasser und Ba-

degewässer wurden bisher keine Grenzwerte erlassen, es wird der von der WHO vorgesehene Richtwert von 1 µg Microcystin LR je Liter für Trinkwasser und 1 000 µg pro Liter in Badegewässern angesetzt. Das Berichtsjahr war kein Blaualgen-Jahr, Bedingungen für eine massenhafte Vermehrung und Toxinproduktion waren kaum gegeben. Dadurch blieben viele Proben aus bzw. wurden bei Voruntersuchungen als nicht oder gering be-lastet ausgesondert. 28 Nahrungsergänzungsmittel mit Blaualgen in Tablettenform oder als Pulver gelangten zur Untersuchung. Proben aus Chlorella- und Spirulina-Algen oder Mischungen verschiedener Süßwasseralgen waren toxinfrei. Dagegen waren 2 von 4 AFA-Algen-Proben zwi-schen 50 und 70 µg / kg mit Microcystinen belastet. Wahr-scheinlich waren die Produkte mit Microcystis-Algen aus der Ernte verunreinigt.

Herr Dr. Thielert, CVUA Sigmaringen ◆

Marine und Süßwasser-Biotoxine

(Algentoxine)

Marine Biotoxine

Marine Biotoxine werden von mikroskopisch kleinen, einzelligen Algen

(Dinoflagellaten, Diatomeen) gebildet, die zu den Vertretern des Phyto-

planktons am Beginn der Nahrungskette gehören. Die von bestimmten

Arten produzierten Toxine können sich in Muscheln anreichern und durch

Verzehr solcher mit Giften kontaminierter Muscheln beim Menschen zu

schweren Erkrankungen führen. Deshalb wurden von der Europäischen

Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 853 / 2004 Grenzwerte und Ana-

lysemethoden für Algentoxine in lebenden Muscheln, Stachelhäutern,

Manteltieren und Meeresschnecken festgeschrieben.

Insgesamt wurden 202 Proben Muscheln und Muschel-produkte auf PSP-Toxine (Paralytic Shellfish Poisoning, Saxitoxine) untersucht, von denen nur 11 Proben (5,5 %) mit einem durchschnittlichen Gehalt von 280 µg STXeq / kg belastet waren. Keine der Proben lag über dem Grenzwert von 800 µg Saxitoxinequivalente (STXeq) pro kg. Die höchs-ten Gehalte wiesen 4 der 26 Proben (15,4 %) Grünschalen-Muscheln aus Neuseeland mit 200, 400 und 500 STXeq. pro kg Muschelfleisch auf. Nur eine Probe enthielt geringe Mengen an PSP-Toxinen. Da Grünschalen-Muscheln im Jahr 2006 toxinfrei waren, enthielt auch das daraus herge-stellte Nahrungsergänzungsmittel „Muschelpulver“ jahres-versetzt keine PSP-Toxine.

Für ASP-Toxin (Amnesic Shellfish Poisoning, Domoinsäure) gilt ein Grenzwert von 20 mg je kg Muscheln. In keiner der 188 Proben war Domoinsäure nachzuweisen. Nur 2 von 3 Proben getrockneter Algen und eine von 13 Proben Mu-schelpulver aus Grünschalenmuscheln enthielten Gehalte an Domoinsäure im Bereich der Bestimmungsgrenze.

Als Grenzwert wurden 160 µg DSP-Toxine (Diarrhetic Shell-fish Poisoning) und Pectenotoxine pro kg Muschelfleisch festgelegt, der in Okadasäure-Äquivalenten (OAeq / kg) be-stimmt wird und für Yessotoxine 1 mg / kg (= 1 000 µg / kg). Knapp ein Drittel der im Handel erhältlichen Muscheln und Muschelprodukte (63 von 201 Proben) waren mit klassi-schen DSP-Toxinen belastet. Meistens handelte es sich um Miesmuscheln mit Herkunft Europa. Der Maximalwert trat bei Miesmuscheln aus den Niederlanden mit 90 µg / kg Okadasäure und 8 µg / kg DTX-2 auf. Pectenotoxine schei-nen auch im Berichtsjahr – wie in den vorhergehenden Jahren – bei Muscheln und Muschelprodukten keine Rolle zu spielen. Nur in 5 von 201 Proben (2,5 %) waren Pecte-notoxine in Gehalten von unter 10 µg OAeq / kg Muscheln enthalten. Ein ähnliches Bild bei den Yessotoxinen: 166 (83 %) von 201 Proben waren toxinfrei. Der Maximalwert mit 240 µg / kg wurde in Grünschalenmuscheln aus Neu-seeland nachgewiesen. Eine tendenzielle Zunahme in Häu-figkeit und Höhe der Belastung zeichnet sich ab.

Abb.: Jakobsmuschel

Marine und Süßwasser-Biotoxine Jahresbericht 2007 89

2 240 Proben). Die Ergebnisse der Un-tersuchungen bei Lebensmitteln aus ökologischem Anbau sind im Kapitel Öko-Monitoring sowie im Bericht zum Öko-Monitoring 2007 dargestellt.

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten

Lebensmittel pflanzlicher Herkunft

Durch fortlaufende Recherche in Verbindung mit kontinuierlicher Methodenentwicklung konnten weitere, insbe-

sondere neuere Wirkstoffe sowie relevante Abbauprodukte in das Überwachungsspektrum integriert werden.

So werden pflanzliche Proben inzwischen routinemäßig auf potenzielle Rückstände von über 500 Wirkstoffen

von Pflanzenschutzmitteln (Pestizide) und relevante Abbauprodukte (Metabolite) mit sensitiven und selektiven

Verfahren untersucht. Die effiziente Kombination aus Methodenentwicklung im Rahmen des EU-Referenzlabors

(CRL) und direktem Transfer in die amtliche Untersuchungspraxis – verbunden mit entsprechender Rückkopplung

der Praxiserfahrungen zur Optimierung der Methodenentwicklung, erweist sich als sehr effizientes System zur

Steigerung der Überwachungstiefe und somit des Verbraucherschutzniveaus. So konnten verschiedentlich Rück-

stände nachgewiesen werden, die in Routineuntersuchungen des Handels aufgrund des dort begrenzten Unter-

suchungsumfangs nicht festgestellt wurden. Das Aufzeigen solcher Defizite trägt zur Optimierung der Eigenkon-

trollsysteme von Handel und Erzeugern bei und dient damit dem Schutz des Verbrauchers. Dies unterstreicht die

große Bedeutung, die der amtlichen Rückstandskontrolle – verbunden mit der ständigen Weiterentwicklung und

Aktualisierung des der Untersuchung zugrunde liegenden Stoffespektrums – für die effiziente Rückstandsüber-

wachung von Lebensmitteln zukommt.

Im Jahr 2007 wurden insgesamt 153 verschiedene Wirkstoffe in Obstpro-ben und 173 verschiedene Wirkstoffe in Gemüseproben nachgewiesen. Die einzelnen Höchstmengenüber-schreitungen, die Häufigkeit der nachgewiesenen Stoffe und andere Informationen sind über das Internet abrufbar (www.cvua-stuttgart.de > Pflanzenschutzmittel > Fachbeiträge > Jahr). Allgemeine Daten zu Analytik, Rück-standsbefunden sowie ergänzende Informationen sind über eine Internet-

Obstkonventionell erzeugt

Inland andereEU-Länder

Drittländer Gesamt *

Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Proben gesamt 373 40 296 31 225 24 942 100davon mit Rückständen 344 92 281 95 202 90 868 92Proben über HM 13 3,5 16 5,4 23,0 10 53 5,6

mittlere Wirkstoffanzahl 4,2 Wirkstoffe / Probemittlerer Rückstandsgehalt 0,28 mg / kg

Tabellen: Pflanzenschutzmittelrückstände in Proben pflanzlicher Lebensmittel differenziert nach Herkunft

* aus konventioneller und ökologischer Erzeugung, enthält auch Proben unbekannter Herkunft

Gemüsekonventionell erzeugt

Inland andereEU-Länder

Drittländer Gesamt *

Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Proben gesamt 319 35 398 44 122 14 899 100davon mit Rückständen 242 76 352 88 97 80 742 83Proben über HM 15 4,7 49 12,3 28 23 96 10,7

mittlere Wirkstoffanzahl 3,5 Wirkstoffe / Probemittlerer Rückstandsgehalt 0,45 mg / kg

Datenbank des CVUA Stuttgart verfüg-bar (www.pesticides-online.com).Von den 2 735 Proben Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, die auf Rück-stände an Pflanzenschutzmitteln un-tersucht wurden, stammten 2 240 Proben aus konventionellem und 495 Proben aus ökologischem Anbau. Bei 2 054 Proben (92 %) der 2 240 Proben aus konventionellem Anbau wurden Pestizidrückstände festgestellt. Der Anteil an Proben aus konventionellem Anbau mit Höchstmengenüberschrei-tungen beträgt 8 % (180 Proben von

90 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Die deutliche Verbesserung der Rück-standssituation bei spanischen Pap-rika ist auf Umstellungen der Pro-duktions- und Anbaubedingungen in Verbindung mit verstärkten Kontrollen zurückzuführen. Die Erzeuger setzen mittlerweile in größerem Umfang auf integrier-ten Anbau unter Einbeziehung biologischer Bekämpfungsstrate-

gien von Schadinsekten.

Nach wie vor unbefriedigend stellt sich jedoch die Rückstandssituati-on bei türkischen Paprika dar. Bei 17 von 43 (40 %) untersuchten Proben Paprika türkischer Herkunft wurden Überschreitungen von Höchstmengen festgestellt. Rückstände der Wirkstof-fe Methomyl und / oder Oxamyl (Insek-tizide der älteren Generation), welche bei türkischen Paprika im 1. und 2. Quartal 2007 zu Höchstmengenüber-schreitungen und darüber hinaus auch zu teils deutlichen Überschreitungen der akuten Referenzdosen und Mel-dungen an das EU-Schnellwarnsystem geführt hatten, wurden zwar im Laufe des Jahres nicht mehr festgestellt, die Rückstandssituation und somit vor al-lem auch die Anbaupraxis sowie die Ausfuhrkontrollen stellen sich bei Pa-prika aus der Türkei jedoch nach wie vor als unbefriedigend dar. So wurden beispielsweise im 4. Quartal 2007 Höchstmengenüberschreitungen der Wirkstoffe Diniconazol, Brompropylat und Pyridalyl in türkischen Paprikapro-ben festgestellt (detaillierte Informa-tionen hierzu siehe Online-Beiträge von Juli 2007 und Februar 2008 unter www.untersuchungsaemter-bw.

de).

Paprika – Verbesserung der Rückstandssituation bei Paprika aus Spanien

nur in Paprika aus Spanien und der Türkei festgestellt. Proben anderer Herkunftsländer (Niederlande, Israel, Marokko insgesamt 35 Proben) waren in keinem Fall zu beanstanden. Von 86 untersuchten Paprikaproben aus Spa-nien wiesen 19 Proben Rückstandsge-halte über zulässigen Höchstmengen auf. Sämtliche Höchstmengenüber-schreitungen bei spanischen Paprika fielen jedoch in den Untersuchungs-zeitraum Januar bis Februar 2007, als die Isofenphos-methyl-Problematik noch gegeben war. Aufgrund der ho-hen Beanstandungsrate nahmen Han-delsketten spanische Paprika aus dem Angebot und intensivierten die Eigen-kontrollen, was zu deutlichen wirt-schaftlichen Einbußen der Erzeuger führte. Daraufhin waren erst ab An-fang Mai wieder spanische Paprika im Handel erhältlich. Die umfangreichen Maßnahmen der Behörden sowie des Handels zeigten Wirkung, in keiner der im Zeitraum Mai bis Dezember 2007 untersuchten spanischen Paprikapro-ben waren Höchstmengenüberschrei-tungen zu verzeichnen. Des Weiteren hat sich in diesem Zeitraum auch die Anzahl der pro Probe nachgewiesenen Wirkstoffe sowie der durchschnittliche Wirkstoffgehalt pro Probe deutlich re-duziert. Detaillierte Informationen sind unter www.untersuchungsaemter-

bw.de (Aktuelle Meldungen > Archiv vom 21.02.2008) zu finden.

Baden-Württemberg hatte im De-zember 2006 gemeldet, dass das EU-weit nicht zugelassene Insektizid Isofenphos-methyl in Paprika gefun-den wurde. Auffallend war, dass die-ses Insektizid ausschließlich in Paprika spanischer Herkunft gefunden wurde. Auf diese Meldung hin wurden Pro-ben von spanischen Paprika in mehre-ren EU-Staaten auf Rückstände dieses Wirkstoffs untersucht und weitere Be-funde gemeldet. Daraufhin ergriffen die spanischen Behörden Maßnah-men: Inspektionen der betroffenen Erzeugerbetriebe, Beschlagnahmung vorhandener Ware, Untersuchung der Ware auf Isofenphos-methyl-Rückstände, Sperrung von über 20 Erzeugerbetrieben, Vernichtung von über 100 000 kg Paprika sowie Einlei-tung von insgesamt 11 Strafverfahren (www.untersuchungsaemter-bw.de > Informationsmaterial > Jahresbe-richte > Jahresbericht 2006).

Um die Wirksamkeit dieser Maßnah-men zu überprüfen und den Verbrau-cher vor unzulässig belasteter Ware zu schützen, wurden die Untersu-chungen zur Rückstandssituation bei Paprika auch im Jahr 2007 auf ho-hem Niveau fortgeführt. Insgesamt wurden 164 Proben Gemüsepaprika aus unterschiedlichen Herkunftslän-dern untersucht. Der Großteil der un-tersuchten Proben (129 von 164) war spanischer und türkischer Herkunft, da neben dem Herkunftsland Spani-en auch Paprika aus der Türkei in den letzten Jahren durch hohe Beanstan-dungsquoten wegen Höchstmengen-überschreitungen und zu einem nicht unbedeutenden Teil durch deutliche Überschreitungen der akuten Refe-renzdosen für bestimmte Wirkstoffe aufgefallen waren.

Von den untersuchten 164 Proben Gemüsepaprika wiesen 149 (91 %) Rückstände von Pflanzenschutzmit-telwirkstoffen auf. Höchstmengen-überschreitungen wurden jedoch

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2007 91

Küchenkräuter gehörten in den letzten Jahren zu denjenigen Kulturen, die eine hohe Anzahl an Proben mit Mehrfachrückständen sowie hohe Beanstan-dungsquoten aufgrund Überschreitungen von Höchstmengen aufwiesen. Aus diesem Grund wurde wieder eine größere Anzahl an Küchenkräutern auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Die Untersuchungser-gebnisse zeigen, dass nach wie vor nahezu alle Küchenkräuter aus konventi-onellem Anbau Rückstände meist mehrerer Pflanzenschutzmittelwirkstoffe aufweisen. Positiv zu bewerten ist jedoch die Tatsache, dass die Anzahl der Proben mit Höchstmengenüberschreitungen sowohl bei Küchenkräutern allgemein als auch speziell bei Petersilienblättern deutlich abgenommen hat. Lagen im Jahr 2006 noch bei 28 % der untersuchten Küchenkräuterpro-ben, bezogen auf Petersilienblätterproben sogar bei 47 % der untersuchten Proben Höchstmengenüberschreitungen vor, so war dies im Berichtsjahr nur noch bei 11 % der Küchenkräuterproben bzw. 14 % der Petersilienblät-terproben der Fall. Die geringere Beanstandungsquote ist jedoch teilweise auf die im Rahmen der EU-Harmonisierung erfolgte Anhebung von Rück-standshöchstmengen zurückzuführen. In 4 Proben Petersilienblätter einhei-mischer Erzeuger wurden Rückstände an Wirkstoffen nachgewiesen, die in Deutschland für eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei Petersilie – zugelassen sind (Indikationszulassung).

Salatarten – geringere Höchstmengenüberschreitungsquote bei

Kopfsalat nach wie vor erhöhte Beanstandungsquote bei Rucola,

Rückstände unzulässiger Wirkstoffe bei Feldsalat

Sonstiges Fruchtgemüse – kaum

Beanstandungen bei Tomaten,

erhöhte Beanstandungsrate bei

Auberginen

Auberginen waren aufgrund häufige-rer Befunde von Höchstmengenüber-schreitungen auffällig, weshalb die Untersuchungen intensiviert wurden. Nachweisbare Rückstände meist meh-rerer Wirkstoffe sind auch bei Auber-ginen die Regel. Von 52 untersuchten Proben wurden bei 14 Proben (27 %) Gehalte über den zulässigen Höchst-mengen festgestellt, bei 2 Proben war zudem die akute Referenzdosis jeweils für den Wirkstoff Oxamyl zum Teil deutlich überschritten. Auberginen bleiben deshalb im Focus der Über-wachung.

Erfreulicher stellte sich die Rück-standssituation dagegen bei Tomaten dar. Nachweisbare Pestizidrückstände meist mehrerer Wirkstoffe sind zwar auch bei Tomaten die Regel, jedoch war nur eine (1 %) von insgesamt 85 untersuchten Tomatenproben auf-grund einer Höchstmengenüberschrei-tung zu beanstanden.

Frische Küchenkräuter – weniger Beanstandungen

bei Kopfsalat nach vergleichsweise ho-hen Quoten in den vergangenen Jah-ren (2006: 29 %), in diesem Jahr nur noch knapp 12 % (7 von 58 Proben) betrug. Gesundheitsbeeinträchtigen-de Rückstandsmengen lagen jedoch auch bei den beanstandeten Salatar-ten auf der Basis üblicher toxikologi-scher Bewertungsmodelle nicht vor. In 17 Salatartenproben einheimischer Erzeuger wurden Rückstände von in Deutschland für bestimmte Anwen-dungsgebiete zugelassenen Mitteln festgestellt, die jedoch nicht zur An-wendung bei der jeweiligen Salatart zugelassen waren. Besonders auffällig war in dieser Hinsicht einheimischer Feldsalat, 9 von 17 Proben waren be-troffen. Diese Fälle werden an die für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung von Pflanzenschutzmit-teln zuständigen Behörden gemeldet. Die Rückstandssituation bei Salatar-ten bleibt aufgrund der Auffälligkei-ten weiterhin Gegenstand intensiver Überwachung.

In den letzten Jahren gab es auffällige Rückstandsbefunde und vergleichs-weise hohe Beanstandungsquoten bei verschiedenen Kulturen (vor allem Kopfsalat und Rucola). Daher wurden auch im Jahr 2007 umfangreiche Rück-standsuntersuchungen (194 Proben) bei Salatarten durchgeführt. Der prozentuale Anteil an Proben mit Rückständen hat sich im Jahr 2007 mit 88 % im Vergleich zum Vorjahr (89 %) nur unwesentlich verbessert. Auch Rückstände mehrerer Wirkstoffe sind bei Salatarten die Regel. Positiv zu bewerten ist dagegen die Tatsache, dass die Beanstandungsquote (Proben mit Höchstmengenüberschreitungen) von 13 % (2006) auf 10 % (2007) ab-genommen hat, was jedoch teilweise auf die im Rahmen der EU-Harmoni-sierung erfolgte Anhebung der Rück-standshöchstmengen für einzelne Wirkstoffe zurückzuführen ist. Mit ei-ner hohen Beanstandungsquote fällt wie schon in den vergangenen Jahren Rucola mit 21 % (5 von 21 Proben) auf, während die Beanstandungsrate

92 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Kernobst – erhöhte Beanstandungsrate bei Birnen aufgrund Befunden von

Rückständen eines in der EU nicht mehr zugelassenen Insektizids

Insgesamt wurden 81 Proben Birnen und 100 Proben Äpfel aus konven-tionellem Anbau unterschiedlicher Herkunft auf Pflanzenschutzmittel-rückstände untersucht. Auffällig war, dass bei 16 Birnen- und 4 Apfelpro-ben Rückstände des Insektizids Ami-traz festgestellt wurden. Amitraz ist in Deutschland schon seit einigen Jah-ren nicht mehr zugelassen, da dieser Wirkstoff eine vergleichsweise hohe Toxizität aufweist. Aus diesem Grund dürfen Amitraz enthaltende Pflanzen-schutzmittel ab 2008 auch EU-weit nicht mehr angewendet werden. Bei der Erfassung von Amitraz-Rückstän-den wurden mit einer am CVUA Stutt-gart entwickelten Analysenmethode auch toxikologisch relevante und in der Höchstmenge berücksichtigte Meta-bolite erfasst. Die Untersuchungen ergaben, dass die Berücksichtigung dieser Metabolite bedeutsam ist, da sonst der relevante Rückstandsge-halt unter Umständen deutlich unter-schätzt wird. Die Analysenmethodik wurde deshalb durch Internetveröf-fentlichung auch anderen Labors zur Verfügung gestellt.Zur Frage der toxikologischen Bewer-tung der festgestellten Amitraz-Rück-standsgehalte wurde eine Stellung-nahme des Bundesinstituts für Risiko-bewertung eingeholt. Die Bewertung ergab, dass bei hoher Überschreitung

der akuten Referenzdosis (ARfD = die-jenige Substanzmenge, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert) eine ge-sundheitliche Beeinträchtigung, insbe-sondere bei Kleinkindern mit hohem Birnenverzehr, nicht mit der erforder-lichen Sicherheit ausgeschlossen wer-den kann – bei 12 Birnenproben lag eine deutliche ARfD-Überschreitung bezüglich Amitraz vor.

Hauptsächlich waren Birnen türki-scher Herkunft betroffen, bei allen 10 (100 %) der untersuchten Birnen türkischer Herkunft war sowohl die Höchstmenge, als auch die ARfD be-zogen auf Kleinkinder deutlich über-schritten (bis zu 1095 %!). Rückstände an Amitraz über der Höchstmenge mit Überschreitung der ARfD wurden je-doch auch bei einer Birnenprobe spa-nischer Herkunft festgestellt. Auch bei 3 Birnenproben einheimischer Erzeu-ger wurden Amitraz-Rückstände fest-gestellt, wobei in 2 Fällen die Höchst-menge und in einem dieser Fälle zu-sätzlich die ARfD überschritten war. Auch bei 3 (5 %) von 63 untersuch-ten deutschen Apfelproben wurden Höchstmengenüberschreitungen von Amitraz festgestellt, ARfD-Ausschöp-fungen über 100 % traten jedoch bei Apfelproben nicht auf. Alle 37 unter-suchten Apfelproben ausländischer Herkunft waren dagegen unauffällig.Durch enge Kooperation und Informa-tionsaustausch mit den zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden, verstärkter Beprobung in Verbindung mit schneller Untersuchung auf Rück-stände an Amitraz, wurde belastete Ware aus dem Verkehr genommen. Proben mit Rückstandsbefunden über der ARfD wurden an das EU-Schnell-warnsystem gemeldet. Detaillierte Informationen zum Thema Amitraz in Kernobst finden Sie unter www.un-

tersuchungsaemter-bw.de (Meldung vom 12.12.2007).

Erdbeeren – sehr geringe Beanstandungsquote

Erdbeeren erfreuen sich großer Beliebtheit, weshalb die Angebotssaison sowohl durch Anbauumfang und Kulturmaßnahmen, als auch durch Belie-ferung aus einer wachsenden Anzahl von Herkunftsländern ausgedehnt wird. In diesem Jahr wurden über den Angebotszeitraum verteilt 144 Proben Erdbeeren, davon 57 aus Deutschland, auf Pflanzenschutzmit-telrückstände untersucht. Nachweisbare Rückstände meist mehrerer Wirkstoffe sind bei Erdbeeren nach wie vor die Regel (98 %), die Quote an Höchstmengenüberschreitungen war jedoch gering. Lediglich bei zwei Proben deutscher Erdbeeren wurden Höchst mengen überschreitungen festgestellt. Dagegen war keine der Erdbeerproben ausländischer Her-kunft zu beanstanden (detaillierte Infos siehe www.untersuchungs-

aemter-bw.de Meldung vom 03.08.2007).

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2007 93

Auch bei Himbeeren, kultivierten Heidelbeeren und Brombeeren werden üblicherweise Pestizidrückstände festgestellt, die ermittelten Rückstands gehalte sowie das festgestellte Wirkstoffspektrum waren jedoch erfreulicher-weise unauffällig. Bei keiner der untersuchten 44 Proben dieser Beerenarten wurden Höchstmengenüberschrei-tungen festgestellt. Lediglich eine Probe Himbeeren wies

Rückstände des nicht für Himbeeren zugelassenen Wirkstoffs Iprodion auf.

Zusammenfassend ist zwar festzustel-len, dass in den Beerenobstkulturen

Johannisbeeren und Stachel beeren weiterhin sowohl Befunde von Höchstmengenüberschreitungen als auch Befunde von nicht zuge-lassenen Pflanzenschutzmitteln

vorkommen. Im Vergleich zu den Vorjahren hat sich die Lage jedoch er-

freulicherweise signifikant gebessert (siehe nachfolgende Tabelle). Ein ausführ-

licher Bericht zum Thema Strauchbeeren ist unter www.untersuchungsaemter-bw.de (Meldung

vom 11.10.2007) zu finden.

Herr Dr. Schüle, CVUA Stuttgart ◆

Strauchbeerenobst – deutlich geringere Beanstandungsquote bei

Johannisbeeren, keine Höchstmengenüberschreitungen bei Himbeeren

Obstkultur Jahr Proben Proben mit Rückständen > HM

Proben mit nicht zugelassenen Stoffen

Anzahl Anzahl % Anzahl %

Johannisbeeren 2005 53 9 17 20 382006 94 16 17 17 182007 74 4 5 10 14

Stachelbeeren 2005 14 3 21 4 292006 35 3 9 6 172007 34 1 3 3 9

Himbeeren 2005 19 4 21 4 212006 22 2 9 4 182007 32 0 0 1 3

Nachdem sich die Beanstandungsquote bei Stachelbeeren und Himbeeren schon im letzten Jahr deutlich verringert hatte, Johannisbeeren jedoch noch häufiger zu beanstan-den waren, wurden die Schulungs- und Beratungsmaßnah-men in den einschlägigen Anbauregionen verstärkt und die Überwachungsmaßnahmen verbunden mit Sanktionen im Beanstandungsfall intensiv weitergeführt. Diese Strategie zeigt nun messbare Erfolge. Auch bei Johannisbeeren wurde nun eine signifikante Abnahme der Be-anstandungsquote festgestellt.

Nur in 4 (5 %) von 74 untersuchten Pro-ben Johannisbeeren wurden noch Höchstmengen über schreitungen festgestellt, in den vorhergehen-den Jahren waren dagegen jeweils etwa 17 % der Johannisbeerproben aufgrund von Höchstmengenüber-schreitungen zu beanstanden. Aller-dings wurden noch in 10 Proben (14 %) Rückstände nicht zugelassener Pflanzen-schutzmittel nachgewiesen. Dabei handelte es sich in zwei Fällen um in Deutschland generell nicht zugelassene Wirkstoffe, in 8 Fällen wurden Pflanzenschutz-mittel nachgewiesen, die für eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei Johannisbeeren – zugelassen sind (Verstöße gegen die Indikationszulassung).

Bei Stachelbeeren wurden in einer (3 %) von 34 unter-suchten Proben deutscher Herkunft Überschreitungen von Rückstands höchstmengen festgestellt, wogegen im Jahr 2006 noch 9 % der Stachelbeerproben zu beanstanden waren. In 3 Fällen wurden Pflanzenschutzmittel nachgewie-sen, die für eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei Stachelbeeren – zugelassen sind.

Tabelle: Rückstände in Johannisbeeren, Stachelbeeren und Himbeeren aus einheimischer Erzeugung 2005-2007

94 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Bedeutung und Untersuchungs-

umfang

Persistente chlor- und bromorganische Verbindungen sowie andere Stoffe mit fettlöslichen Eigenschaften reichern sich über die Nahrungskette im Fett-gewebe von Tieren an. Lebensmittel tierischer Herkunft stellen die Haupt-quelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher dar. Untersucht wurde auf die Stoffgruppen der chlor- und bromorganischen Kontaminanten und Pestizide, Nitro- und polycylische Moschusverbindungen sowie Pestizi-de aus den Gruppen der Pyrethroide und Phosphorsäureester. Als beson-ders relevant und repräsentativ für die Belastung mit Altpestizidrückständen und Kontaminanten sind die Stoffe He-xachlorbenzol (HCB), Lindan, Gesamt-DDT, PCB 153, Dieldrin, Endosulfan, Moschusketon sowie die polybro-mierten Diphenylether (PBDE, Sum-me aus BDE 28, 47, 99, 100, 153 und 154) anzusehen. Bei den Fischen sind noch zusätzlich einige spezielle Kon-taminanten wie Nonachlor, Chlordan, Tribromanisol, Triclosan-methyl und To-xaphen (Summe der Parlar Kongene-ren 26, 50, 62) von Bedeutung.

Lebensmittel tierischer Herkunft

Gesamtergebnisse

Insgesamt wurden 686 Proben Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rück-

stände an Pflanzenschutzmitteln und persistente organische Kontaminan-

ten untersucht. Davon wurden 461 Proben im Handel sowie 225 Proben

bei Erzeugern im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes

entnommen.

0,0000

0,0005

0,0010

0,0015

0,0020

0,0025

0,0030

0,0035

0,0040

HCB gamma-HCH Endosulfan Gesamt-DDT PCB 153

Tankwagenmilch 07

0,0000

0,0005

0,0010

0,0015

0,0020

0,0025

0,0030

0,0035

0,0040

RB Freiburg 2002

RB Stuttgart 2003

RB Freiburg 2007

RB Stuttgart 2007

Mitt

elw

ert (

mg /

kg F

ett)

Grafik: Tankwagenmilch aus den Regie-rungsbezirken von Baden- Württemberg: zeitlicher Trend

Da es ein Hauptanliegen der Lebens-mittelüberwachung ist, das Vorkom-men von unerwünschten Stoffen in Lebensmitteln und damit eventuelle Gefährdungspotenziale frühzeitig zu erkennen und darüber hinaus die zeitli-che Entwicklung in der Kontamination aufzuzeigen, wird die Überwachung schwerpunktmäßig nach Monitoring-Gesichtspunkten ausgerichtet. Das bedeutet systematisches Messen und Beobachten der Rückstandssi-tuation. Die Hintergrundbelastung an Altlasten nimmt in Lebensmitteln tieri-scher Herkunft kontinuierlich ab. Noch vor 10 Jahren waren in allen Proben Rückstände feststellbar. In den letz-ten Jahren ist der Anteil der Proben mit nachgewiesenen Rückständen von 96 % (2003) über 86 % (2004) auf 77 % (2005) zurückgegangen und hat sich mit 74 % (2006) und 76 % (2007) nun auf diesem Niveau einge-pendelt. Höchstmengenüberschreitungen sind nur in Einzelfällen zu beob achten und haben dann i. d. R. eine konkrete ört-lich begrenzte Kontaminationsursache. In diesem Jahr wurde bei keinem Le-bensmittel eine Beanstandung wegen einer Höchstmengenüberschreitung ausgesprochen.

Es wurden jedoch in zwei Wild-schweinproben Höchstmengenüber-schreitungen an HCH-Isomeren und Lindan und in einer Rinderfettprobe überhöhte PCB-Gehalte innerhalb der analytischen Messunsicherheit festge-stellt. Eine Probe Fruchtjoghurt wies einen gesicherten Pentachlorphenol-Gehalt des verwendeten Guarkern-mehles über der Höchstmenge auf (siehe Kapitel IV Dioxine).

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2007 95

Milch und Milchprodukte

Kontaminanten in Tankwagenmilch

auf sehr niedrigem Niveau

Molkereien in Baden-Württemberg werden in größeren Zeitabständen beprobt, da die Rückstandsbelastung von Milch in der Vergangenheit wenig Auffälligkeiten zeigte. In der Grafik werden die Ergebnisse von Tankwa-genmilch aus den Regierungsbezirken Stuttgart und Freiburg gegenüberge-stellt und mit früheren Befunden ver-glichen. In allen untersuchten Regio-

nen liegen die mittleren Gehalte unter 0,005 mg / kg Fett. Die höchsten Ge-halte finden sich bei HCB, Gesamt-DDT und PCB. Regionale Unterschie-de zwischen den Regierungsbezirken Stuttgart und Freiburg sind im Jahr 2007 nicht zu erkennen. Obwohl die Gehalte auf sehr niedrigem Niveau liegen, ist im Vergleich zu den letzten Untersuchungen 2002 / 2003 bei allen Kontaminanten ein weiter sinkender Trend zu erkennen.

Fleisch

Ungewöhnlich hohe HCH-Befunde bei Wild

Die Befunde von HCH-Isomeren in zwei Wildschwein-Fleischproben aus Baden-Württemberg stellten signifikante Kontaminationen dar, die weit über die durchschnittliche Hintergrundbelastung hinausgingen. In einer Probe wurden Gehalte an alpha-HCH (0,036 mg / kg Frischgewicht (FG)), beta-HCH (0,022 mg / kg FG) sowie Lindan (0,037 mg / kg FG) festgestellt, die die jeweiligen Höchstmengen über-schritten. In der anderen Wildschweinprobe lag lediglich der beta-HCH-Gehalt (0,023 mg / kg FG) über der Höchst-menge, während die Befunde von alpha-HCH und Lindan jeweils noch unterhalb der Höchstmengen lagen, aber den-noch eine auffällige Belastung darstellten.Bei der Synthese des Insektenbekämpfungsmittels Lindan (gamma-HCH) entstehen andere HCH-Formen, darunter alpha-HCH (65–70 %) und beta-HCH (6–8 %). Dieses Iso-merengemisch wird als „technisches HCH“ bezeichnet. Seine Anwendung ist in der Bundesrepublik Deutschland seit 1977 verboten. Seit 2003 gilt europaweit auch ein Ver-bot aller noch verbliebenen landwirtschaftlichen Anwen-dungen von reinem Lindan (gamma-HCH). Lindan ist nach-weislich krebserregend, alpha-HCH und beta-HCH stehen im Verdacht, Krebs zu induzieren.Aufgrund ihrer Eigenschaften reichern sich die HCH im tie-rischen und menschlichen Fettgewebe an. Daher werden die Ergebnisse i. d. R. mit Bezug auf Fett angegeben. In der Tabelle sind die mittleren HCH-Gehalte von beiden o. g.

Wildschweinproben den Mittelwerten von Wildproben aus anderen Revieren und Jahren gegenübergestellt. Da die HCH-Gehalte in den Wildschweinproben außergewöhnlich hohe Belastungen darstellten, wurde eine Ursachenermitt-lung empfohlen.

Luftgetrockneter, ungeräucherter Schinken – kleine

Unterschiede je nach Herkunft

Im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings kamen 17 Pro-ben von luftgetrocknetem, ungeräucherten Schinken mit Herkunft aus Deutschland, Italien und Spanien zur Untersu-chung. Insgesamt zeigte sich die für Schweinefleisch typi-sche, sehr niedrige Hintergrundbelastung mit persistenten organischen Kontaminanten. Unterschiede zwischen den Herkunftsländern waren ebenfalls gering. Untersuchun-gen auf Pyrethroide ergaben bei einer Probe italienischem Schinken positive Befunde an Resmethrin (0,013 mg / kg Fett). Bei spanischem Serrano waren Rückstandsgehalte von 0,011 mg Permethrin / kg Fett, Phenothrin (0,005 und 0,015 mg / kg Fett) sowie Gehalte an Piperonylbutoxid (0,012 und 0,023 mg / kg Fett) nachweisbar. Bei Piperonylbutoxid handelt es sich um einen so genannten Synergisten für Pyrethroide, der hauptsächlich in Mitteln zur Insektenbe-kämpfung eingesetzt wird. Er unterstützt die Wirkung von Pyrethroiden und wirkt als Stabilisator, hat jedoch selbst keine insektizide Wirkung. Alle Befunde lagen unter den zulässigen Höchstmengen.

Probenart Jahr der Untersu-

chung

Anzahl Proben

HCB alpha-HCH beta-HCH Lindan Gesamt DDT PCB 153 Moschus- keton

Mittlere Gehalte in mg / kg Fett

Wildschwein 2007 2 0,014 1,10 1,51 0,75 0,17 0,048 n. n.sonstiges Wildschwein 2007 6 0,005 0,001 0,002 < 0,001 0,028 0,012 n. n.sonstiges Wild 2007 19 0,005 < 0,001 0,002 < 0,001 0,012 0,005 0,001Wild 2005 14 0,004 n. n. 0,001 < 0,001 0,025 0,006 0,019Wild 2004 31 0,014 < 0,001 0,002 0,002 0,343 0,053 0,011

Tabelle: Vergleich der Schadstoffbelas-tung von Wild

96 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

allen organischen Kontaminanten belastet, wogegen die Untersuchungen aus 2007 die geringste Belastung für wei-tere Fischarten wie Seelachs, Pangasius und Tilapia aufzei-gen. Diese Vergleiche machen deutlich, dass die Höhe der Kontamination mit persistenten organischen Schadstoffen („persistent organic pollutants“ bzw. POPs) nicht bevor-zugt davon abhängt, ob es sich um Wild- oder Zuchtfische handelt, sondern um welche Fischspezies.Untersuchungen auf Phosphorsäureester ergaben einige positive Befunde unterhalb der Höchstmengen. So wiesen 71 % der Pangasiusproben Rückstände von Chlorpyriphos-ethyl (0,02 – 0,13 mg / kg Fett) sowie 13 % der Lachsproben und eine Tilapiaprobe Chlorfenvinphos (< 0,01 – 0,06 mg / kg Fett) auf.

Frau Dr. Kypke, CVUA Freiburg ◆

Fische und Fischerzeugnisse

Wild- und Zuchtfische im Vergleich

Insgesamt wurden 80 Proben Fisch und Fischerzeugnisse untersucht. In der Grafik ist die Belastung unterschiedlicher Fischarten im Vergleich dargestellt (Wildfische: Rotbarsch, Seelachs; Zuchtfische: Forellen aus heimischer Aquakultur, Pangasius – überwiegend aus Vietnam, Tilapia – aus un-terschiedlichen Ländern Asiens; Lachse: Wild- und Zucht-fische). Die mittleren Gehalte der relevanten Kontaminan-ten bewegen sich in der Größenordung von < 0,01 bis 6,2 µg / kg Frischgewicht und damit auf niedrigem Niveau. Auch die Maximalwerte liegen bei allen Fischen deutlich unterhalb der zulässigen Höchstmengen. Dennoch zeigen sich im Vergleich der Fischarten unterschiedliche Belastun-gen mit Kontaminanten. Die höchsten mittleren Gehalte weisen über alle relevanten Stoffe der Rotbarsch und der Lachs gefolgt von der Forelle auf. Diese Ergebnisse be-stätigen die Befunde aus einer vergleichenden Studie von Zucht- und Wildfischen aus den Jahren 1998 – 2004, die am CVUA Freiburg durchgeführt wurde (siehe Jahresbericht CVUA Freiburg 2004). Danach ergab die Auswertung auf Frischgewicht bei Rotbarsch, Lachs und Forelle die höchs-ten mittleren Gesamt-DDT und Toxaphen-Gehalte. In der damaligen Studie erwiesen sich die Fischarten Nilbarsch, Thunfisch, Kabeljau und Hai am geringsten mit nahezu

HCB DDT PCB 153 Dieldrin Endosulfan Chlordan Toxaphen Tribrom- PBDEanisol

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

Org.Kont.Fische 2007

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

Rotbarsch

Seelachs

Lachs

Grafik: Organische Kontaminanten in Wild- und Zucht-Fischen

Forelle

Pangasius

Tilapia

6,243,844,50

Mitt

elw

ert (

µg / k

g Fr

isch

gew

icht

)

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2007 97

Gemüse und Kartoffeln aus ökologischem Anbau

Von 19 untersuchten Blattgemüse-Proben wiesen lediglich zwei Proben Rückstände über 0,01 mg / kg auf. Eine Pro-be Rucola wurde wegen der irreführenden Bezeichnung „Öko“ beanstandet und eine Probe Petersilie aufgrund ei-ner Höchstmengenüberschreitung.Im Jahr 2007 wurden insgesamt 78 Proben Fruchtgemüse, in der Mehrzahl Gurken und Tomaten, aus ökologischem Anbau auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Lediglich 3 % der Proben enthielten Pestizidrückstände über 0,01 mg / kg (das entspricht der Situation 2006). Damit hat sich die Situation bei Fruchtgemüse im Vergleich zum Jahr 2005 nachhaltig verbessert: 2005 wurde bei 10 % der Proben die Bezeichnung „aus ökologischem Anbau“ als irreführend beurteilt, eine Probe wies einen Rückstands-gehalt über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge für konventionelle Ware auf.

Öko-MonitoringprogrammBaden-Württemberg führt im Zusammenhang mit der vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamtkon-

zeption zur Förderung des ökologischen Landbaus zusätzlich ein spezielles Untersuchungsprogramm für Öko-

Lebensmittel durch. Beim Öko-Monitoring werden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung Lebens-

mittel aus ökologischem Anbau systematischer und häufiger als in der Vergangenheit auf Rückstände und Konta-

minanten untersucht. In diesem stark expandierenden Marktsegment will man Verbrauchertäuschungen besser

erkennen und somit das Verbrauchervertrauen in die Qualität ökologisch erzeugter Lebensmittel stärken. Wo BIO

draufsteht, muss auch BIO drin sein. 2007 wurde das Ergebnis der ersten 5 Jahre Öko-Monitoring Baden-Würt-

temberg (2002-2006) auf einer Landespressekonferenz vorgestellt. Die Ergebnisse fanden großes Interesse in

den Medien. Der Gesamt-Bericht ist im Internet verfügbar unter: www.oekomonitoring.cvuas.de

BIO !

Insgesamt 18 Proben Sprossgemüse wurden auf Pflan-zenschutzmittelrückstände untersucht. Eine Probe Brokkoli enthielt Pestizidrückstände, die über 0,01 mg / kg lagen, eine Probe Zwiebel enthielt 1,7 mg / kg an Maleinsäurehyd-razid, einem Wachstumsregulator. Die Untersuchungen auf Maleinsäurehydrazid sollen 2008 fortgeführt werden.Insgesamt wurden 42 Proben Öko-Wurzelgemüse unter-sucht, wobei ein deutlicher Schwerpunkt bei Karotten lag (38 Proben). In den Vorjahren waren v. a. italienische Bio-Karotten wegen der relativ hohen Pestizidgehalte aufgefal-len. Nahezu alle Karottenproben enthielten 2006 ein oder sogar mehrere Herbizide. Ferner wurden auch Rückstände an Fungiziden und Insektiziden nachgewiesen. Insgesamt wurden 2006 fünf der 34 Karottenproben (15 %!) als irre-führend gekennzeichnet beanstandet. Diese hohe Bean-

Wie in den Vorjahren schneiden ökologisches Obst und Gemüse deutlich besser ab als konventionell erzeugte Ware. Bei der über-wiegenden Anzahl der Proben aus ökologischem Anbau waren keine Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachweisbar. Sofern Rückstände festgestellt wurden, handelte es sich meist nur um Rückstände einzelner Wirkstoffe im Spurenbereich (< 0,01 mg / kg) und damit um Gehalte, die deutlich unterhalb der Konzentration, die üblicherweise nach Anwendung entsprechender Wirkstoffe im Erntegut festgestellt werden kann. Da sich im Jahr 2007 die Rück-standssituation nur bei Öko-Gemüse verbessert hat, hat die Bean-standungsquote insgesamt bei allen frischen Öko-Erzeugnissen im Vergleich zum Vorjahr wieder zugenommen: 7,5 % 2007, 4,9 % 2006, 8,4 % 2005, nur 3,6 % 2004 und 4,5 % 2003. Problemfelder waren 2007 vor allem Kernobst, Steinobst, Zitrusfrüchte, Kartoffeln und Zuchtpilze. Bei verarbeiteten Erzeugnissen lag die Beanstan-

dungsquote mit 6,5 % etwa in der gleichen Größenordnung wie bei frischen. Hier muss die durch die Verarbeitung erfolgte Erhöhung bzw. Verminderung der Rückstände berücksichtigt werden.Der mittlere Pestizidgehalt aller untersuchten Obstproben aus öko-logischem Anbau lag bei 0,043 mg / kg, wenn alle als ökologisch bezeichneten Proben (auch solche mit irreführender Öko-Kennzeich-nung) in die Berechnung einfließen. Er lag bei 0,002 mg / kg, wenn die Berechnung unter Ausschluss der beanstandeten Proben erfolgt, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um konventionelle Wa-re oder um einen Verschnitt mit konventioneller Ware handelt (hier waren vor allem Äpfel von fahrenden Händlern und Zitrusfrüchte auffällig). Konventionelles Obst enthält dagegen im Mittel 0,28 mg Pestizide pro kg (ohne Oberflächenkonservierungsstoffe).Bei Gemüse aus ökologischem Anbau lag der mittlere Pestizidgehalt bei 0,014 mg / kg, wenn alle als ökologisch bezeichneten Proben in

Rückstandssituation bei pflanzlichen Lebensmitteln aus ökologischem Anbau

98 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

ten hatten. Insofern ist die hohe Beanstandungsquote von 25% als nicht repräsentativ für die im Handel befindliche Ware anzusehen. 3 von 19 untersuchten Proben Steinobst wurden jeweils wegen einer Höchstmengenüberschreitung nach RHmV und als irreführend bezeichnet beanstandet. Es handelte sich um Pfirsiche und Nektarinen aus Italien. Die Beanstan-dungsquote liegt mit 16 % recht hoch, deshalb werden die Untersuchungen 2008 fortgeführt.Insgesamt wurden 52 Proben Zitrusfrüchte aus ökologischem Anbau auf Pestizidrückstände und Rückstände von Oberflächenbehandlungsmitteln untersucht. Während 2006 vor allem Zitronen auffällig waren, bei denen zum Teil erhebliche Gehalte an Akari-ziden nachgewiesen wurden, sind es 2007 vor allem Cle-mentinen und Orangen, die durch Mehrfachrückstände und zum Teil recht hohe Gehalte an Insektiziden und Fungiziden auffallen. Bei einigen der untersuchten Proben handelt es sich eindeutig um konventionelle Ware. 5 der 52 Proben wurden als irreführend bezeichnet beanstandet.

Frau Scherbaum, CVUA Stuttgart ◆

standungsquote fand ein beachtliches Medienecho, das dazu führte, dass 2007 praktisch keine italienischen Öko-Karotten in Baden-Württemberg angeboten wurden. 2007 war keine Probe Wurzelgemüse zu beanstanden!

Im Jahr 2007 wurden insgesamt 41 Proben Kartoffeln aus ökologischem Anbau auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Im Jahr 2006 lag die Beanstandungsquote für Kartoffeln bei 30 %, wobei v. a. Rückstände des nach Öko-V nicht zugelassenen Keimhemmungsmittels Chlorpropham auftraten. Die Untersuchungen bei Öko-Kartoffeln wurden deshalb 2007 fortgesetzt. Erneut wurden 5 Proben (12 %) wegen Rückständen des Keimhemmungsmittels Chlor-propham beanstandet. Nachermittlungen ergaben in die-sen Fällen, dass bei der Kartoffelreinigung, Sortierung und beim Abpacken der ökologischen Ware eine Kontamination auftreten kann, wenn zuvor mit Chlorpropham behandelte konventionelle Ware an denselben Maschinen verarbeitet wurde.

Obst aus ökologischem Anbau

2007 wurden 43 Proben Beerenobst aus ökologischem Anbau auf Pestizidrückstände untersucht. Eine Probe Tafel-trauben wies Rückstände über 0,01 mg / kg auf, bei dieser Probe erfolgte ein Hinweis auf den erhöhten Gehalt. Eine Probe deutsche Himbeeren wies eine Überschreitung der Höchstmengen für 2 Wirkstoffe nach der RHmV auf und wurde zudem als irreführend bezeichnet beurteilt.6 von 24 Proben Kernobst mussten als irreführend bezeich-net beurteilt werden. Ursache hierfür waren „fahrende Händler“, die in Baden-Württemberg von Haustür zu Haus-tür unterwegs waren und eben keine Öko-Ware anzubie- TOP !

die Berechnung einfließen (ohne Bromid). Er lag bei 0,001 mg / kg, wenn die Berechnung unter Ausschluss der beanstandeten Proben erfolgte, bei denen der Ver-dacht besteht, dass es sich um konventionelle Ware oder um einen Verschnitt mit konventioneller Ware handelt. Konventionelles Gemüse enthält dagegen im Mittel 0,45 mg Pestizide pro kg (ohne Bromid).

2007 wurden insgesamt 494 Proben pflanzlicher Le-bensmittel aus ökologischem Anbau auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht.

Die ausführliche und tabellarische Darstellung der Un-tersuchungsergebnisse des Öko-Monitorings 2007 werden wieder in einem gesonderten Bericht im Inter-net veröffentlicht werden.

Abb.: Minister Peter Hauk bei der Vorstellung des Öko- Monitoring-Berichtes im Landtag (v. l. n. r.: Peter Hauk, Ellen Scherbaum, Nadja Bauer, Manfred Edelhäuser)

Öko-Monitoring Jahresbericht 2007 99

mengen für Rückstände festgesetzt sind (Maximum Residue Limit, MRL). Das Verzeichnis nach Anhang II führt Stoffe auf, die nach aktuellem Kennt-nisstand als toxikologisch unbedenk-lich gelten. Rückstände dieser Stoffe sind nicht relevant, und es sind daher keine Höchstmengen festzusetzen. Die Anwendung von Stoffen des An-hangs IV ist bei Lebensmittel liefern-den Tieren EU-weit verboten.Zusätzlich ist die Anwendung einiger pharmakologisch wirksamer Stoffe als Futtermittelzusatzstoffe über das Re-gister der zugelassenen Futtermittel-zusatzstoffe der EU nach Verordnung (EG) Nr. 1831 / 2003 geregelt (siehe auch Kapitel VI Futtermittel ).Für alle anderen pharmakologisch wirksamen Stoffe, die weder in den Anhängen I bis III der Verordnung (EWG) Nr. 2377 / 90 noch im Register der zugelassenen Futtermittelzusatz-stoffe aufgeführt sind, gilt die Nullto-leranz. Diese Stoffe dürfen in Lebens-mitteln nicht nachweisbar sein.

Pharmakologisch wirksame Stoffe

Pharmakologisch wirksame Stoffe finden in der landwirtschaftlichen Nutz-

tierhaltung als Bestandteile von Tierarzneimittelpräparaten Verwendung

und dienen damit der Krankheitsvorbeugung und -bekämpfung.

Tierarzneimittelrückstände i. S. von Art. 1 (1) der Verordnung (EWG) Nr.

2377 / 90 sind alle Stoffe mit pharmakologischer Wirkung – seien es wirk-

same Bestandteile, Arzneiträger oder Abbauprodukte – einschließlich

ihrer Stoffwechselprodukte, die in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs

vorhanden sind und aus der Anwendung des betreffenden Tierarzneimit-

tels resultieren.

Bei ordnungsgemäßer Anwendung von Tierarzneimitteln verbleiben in den von behandelten Tieren gewon-nenen Lebensmitteln nur Rück-standsmengen, die als toxikologisch unbedenklich gelten. Der unsach-gemäße Umgang mit Arzneimitteln, beispielsweise die Nichteinhaltung der erforderlichen Wartezeit nach der Behandlung oder gar die rechtswid-rige Applikation verbotener Wirkstof-fe, kann indes zu Rückständen füh-ren, die ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher darstellen. Die missbräuchliche Anwendung von An-tibiotika birgt ferner die Gefahr der

unbeabsichtigten selektiven Heran-züchtung resistenter Krankheitserre-ger. Antibiotikaresistente pathogene Keime können sich in Tierbeständen verbreiten oder auch auf den Men-schen übergehen. Schwer oder nicht mehr heilbare Infektionskrankheiten können die Folge sein. Tiere, die der Lebensmittelgewin-nung dienen, dürfen EU-weit nur mit Arzneistoffen behandelt werden, die in den Anhängen I bis III der Verord-nung (EWG) Nr. 2377 / 90 aufgeführt sind. Die Anhänge I und III enthalten Verzeichnisse von pharmakologisch wirksamen Stoffen, für die Höchst-

Überblick

Die Überwachung von Rückständen pharmakologisch wirksamer Stoffe in Tieren und Lebensmitteln tierischer Herkunft erfolgt auf allen Stufen der Produktions- und Handelskette. In den CVUAs wer-den untersucht:

• Proben,dieimRahmendesNationalenRückstandskontrollpla-nes (NRKP) entnommen wurden,

• PlanprobennachdemLFGB,• GrenzkontrollprobenbeiImportausDrittländern,• auffälligeProbenausderSchlachttier-undFleischuntersu-

chung.

Der NRKP ist ein jährlich für jeden EU-Mitgliedsstaat erstellter Plan für die Entnahme und Untersuchung von Proben zur Überprüfung der Rückstandssituation in Erzeuger- und Schlachtbetrieben. Darin wird jeweils ein bestimmtes Spektrum an Stoffen vorgegeben, auf das die Proben mindestens zu untersuchen sind (Pflichtstoffe). Ne-ben diesen Pflichtstoffen können bei einer definierten Probenanzahl die Stoffe, auf welche die entnommenen Proben zu untersuchen sind, frei gewählt werden. Diese Wahlstoffe werden nach aktuellen Erfordernissen und Erkenntnissen aus der Tierarzneimittelüberwa-chung (Risikoanalysen) festgelegt. Ferner regelt der NRKP Bedin-gungen für die Probenahme und definiert Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Untersuchungsverfahren.

Die Durchführung des NRKP erfolgt mit dem Ziel:• vorschriftswidrigeBehandlungennachzuweisen,• dieEinhaltungvonHöchstmengenzuüberprüfenund• UrsachenvonRückstandsbelastungenaufzuklären.

Nach nationalem und EU-Hygienerecht muss vor jeder Schlachtung eine Schlachttier- und anschließend eine Fleischuntersuchung durch-geführt werden. Weisen lebende Tiere physiologische bzw. physi-sche oder psychische Veränderungen auf, die auf eine Behandlung mit pharmakologisch wirksamen Stoffen hindeuten, oder wird z. B. eine Injektionsstelle im Muskelfleisch entdeckt, so wird der Tier-körper beschlagnahmt und geeignetes Probenmaterial zur Analyse eingesandt. Pathologisch verändertes Gewebe, das eine Infektion vermuten lässt, wird bakteriologisch auf Krankheitserreger geprüft. Zusätzlich untersucht werden solche Proben mit dem Allgemeinen Hemmstofftest (AHT), einem biologischen Verfahren zur Prüfung auf Anwesenheit von Antibiotika. Fällt der AHT positiv aus, wird das Probenmaterial weitergehend analysiert.

Von den CVUAs Karlsruhe und Freiburg wurden im Rahmen des NRKP 2007 insgesamt 19 209 Proben von 11 435 verschiedenen Tie-ren bearbeitet. 14 014 dieser Untersuchungen (entspricht 7 007 Tie-ren) erfolgten mit dem AHT. Für die übrigen 5 195 Untersuchungen (in 4 428 Proben) wurden überwiegend physikalkalisch-chemische

100 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Fleisch

Chloramphenicol im Kalbfleisch

CAP ist ein sehr wirksames und preiswertes Antibiotikum. In der EU darf dieses Arzneimittel seit 1994 nicht mehr bei Tieren angewendet werden, die der Nahrungsmittelproduk-tion dienen, da CAP im Verdacht steht, beim Menschen die tödlich verlaufende aplastische Anämie auszulösen und dem Stoff genotoxisches Potenzial zugeschrieben wird. Zur Behandlung anderer Tiere ist es aber weiterhin zugelassen. Im Zusammenhang mit dem Chloramphenicolnachweis in der Muskulatur eines geschlachteten Kalbes (0,44 µg / kg) wurde der Erzeugerbetrieb von der zuständigen Veterinär-überwachungsbehörde überprüft. Es wurden zahlreiche weitere Proben erhoben und mit negativem Ergebnis un-tersucht. Die Ursache für die Belastung des einen Kalbes mit CAP konnte jedoch nicht ermittelt werden.

Fische

Rückstände von Malachitgrün in Forellen

Malachitgrün gehört chemisch zur Gruppe der Triphenylme-thanfarbstoffe und findet vorwiegend Verwendung als syn-thetischer Farbstoff (z. B. in der Lackherstellung). Es ist aber auch ein hochwirksames Desinfektionsmittel und vermag darüber hinaus äußerst effektiv verschiedene Parasiten (Pilze, Bakterien, Einzeller) zu bekämpfen, die Fische und Fischeier befallen. Daher wird es oft in der Zierfischmedizin eingesetzt, insbesondere gegen die Weißpünktchenkrank-heit. Malachitgrün steht jedoch im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. Um eine mögliche gesund-heitliche Gefährdung des Verbrauchers zu vermeiden, ist daher die Anwendung von Malachitgrün als Arzneimittel bei lebensmittel-liefernden Tieren EU-weit nicht erlaubt. In 7 von insgesamt 159 auf Triphenylmethanfarbstoffe unter-suchten Proben von Forellen waren Rückstände von Leu-komalachitgrün, dem Haupt-Stoffwechselabbauprodukt von Malachitgrün, vorhanden. Die ermittelten Gehalte lagen zwischen 4 und 280 µg / kg.

Honig

Antibiotika in Honig

Antibiotika sind in der EU zur Anwendung bei Bienen nicht zugelassen. Demzufolge dürfen in Honig keine solchen Rückstände vorhanden sein. Lediglich für das zur Gruppe der Aminoglycoside gehörende Streptomycin ist in Deutsch-land eine Höchstmenge von 20 µg / kg festgelegt. In Baden-Württemberg wurden 154 Stichproben aus der Lebens-mittelüberwachung auf Rückstände zahlreicher Antibiotika untersucht. 6 dieser Honige (4 %) zeigten Rückstände von Sulfonamiden, die beanstandet wurden. 4 Proben aus Por-tugal und eine Probe aus Spanien enthielten Rückstände von Sulfathiazol zwischen 11 und 66 µg / kg. Ein türkischer Wabenhonig wies 27 µg / kg Sulfadimidin auf. Sulfonamide sind Chemotherapeutika, die aufgrund der Hemmung des

Verfahren verwendet. Bei 12 AHT-Proben von 2 Schwei-nen, 1 Kalb, 1 Rind, 1 Forelle sowie 1 Probe „Ei“ wur-den Rückstände festgestellt, die den gesetzlichen An-forderungen nicht entsprachen. Dies ist eine Quote von lediglich 0,16 % aller untersuchten Proben (2006: 3 Proben = 0,03 %). Die beiden Schweine enthielten Tetracycline über der Höchstmenge und bei dem Kalb wurden Rückstände von Chloramphenicol festgestellt. Das Rind war durch überhöhte PCB-Gehalte auffällig und in der Fischprobe wurde Leukomalachitgrün nach-gewiesen. Die positive Eiprobe enthielt Rückstände des Coccidiostaticums Lasalocid. Im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung wurden 1 692 Untersuchungen in 1 087 Planproben nach LFGB durchgeführt. Bei 17 Proben (1,6 %) wurden Rückstande von pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen. Die Rückstände gehörten zu folgenden Stoffgruppen (Anzahl der Proben jeweils in Klammern): Sulfonamide (6), Coccidiostatica (5), Triphenylmethan-farbstoffe (6). Darüber hinaus waren in 4 Proben Rück-stände von Tetracyclinen jeweils unterhalb entsprechen-der Höchstmengen vorhanden; 4 Honigproben enthiel-ten Semicarbazid.

Eier

Coccidiostatica in Hühner- und Wachteleiern

In 4 verschiedenen Proben von Wachteleiern wurden Rück-stände des Coccidiostaticums Nicarbazin festgestellt. Sei-ne Verwendung als Futtermittelzusatzstoff für Mastgeflügel ist bereits seit Mai 2002 nicht mehr erlaubt. Der Zusatzstoff E 772 (Maxiban G 160) enthält zwar neben Nicarbazin auch Narasin zu gleichen Teilen, ist aber nur zur Anwendung bei Masthühnern zugelassen, jedoch nicht bei Wachteln, die zur Eiergewinnung gehalten werden. Zwei Wachteleier enthiel-ten neben Nicarbazin zusätzlich das ionophore Coccidiosta-ticum Lasalocid. Lasalocidrückstände wurden noch in einer weiteren Probe Wachteleier und in einer Hühnereiprobe festgestellt. Die Lasalocidgehalte lagen in allen 4 Fällen unter 10 µg / kg und damit deutlich unter der Höchstmenge von 150 µg / kg für Rückstände von Lasalocid im Ei. Aller-dings ist in Deutschland weder ein Tierarzneimittel mit dem Wirkstoff Lasalocid für die Behandlung von Legegeflügel, noch ist Lasalocid selbst als Zusatzstoff in Futtermitteln für Legegeflügel zugelassen. Alle 6 Proben mit Rückständen von Coccidiostatica wurden daher beanstandet.

Pharmakologisch wirksame Stoffe Jahresbericht 2007 101

Die Anwendung Streptomycin-haltiger PSM wird durch amtliche Untersuchungen

begleitet. Während der Obstblüte wurden daher in 70 verschiede-nen Obstanlagen Blüten als Pro-ben entnommen. Etwa ein Vier-tel der Proben (16) wurde aus Anlagen erhoben, in denen eine Behandlung aufgrund der Ertei-

lung von Berechtigungsscheinen möglich gewesen wäre. 6 dieser

Proben zeigten in den Blüten Rück-stände von Streptomycin zwischen 200

und 14 000 µg / kg. Die Mehrzahl (über 75 %) der Proben stammte dagegen aus Obstanlagen, deren Besitzer keine Berechtigungsscheine zum Erwerb von

Streptomycin-haltigen PSM beantragt hatten und somit diese PSM nicht an-wenden durften. In diesen 54 Blüten-proben waren keine Streptomycin-rückstände nachweisbar.

118 Blütenhonige aus der Erstschleu-derung, die aus Gebieten mit Feuer-brandbekämpfung stammten, wurden

vor der Abfüllung ebenfalls auf Rückstände von Strepto-mycin untersucht. 26 dieser 118 Proben (22 %) enthielten Rückstände von Streptomycin zwischen 7 und 37 µg / kg. 8 Honigchargen mit Rückständen von Streptomycin über 20 µg / kg wurden nicht in den Verkehr gebracht. Der au-ßergewöhnlich hohe Anteil von Honigen mit Streptomy-cinrückständen ist auf die klimatischen Bedingungen während der Obstblüte zurückzuführen. Der Erreger des bakteriellen Feuerbrandes, Erwinia amylovora, hatte sich bei den hohen Temperaturen im April 2007 sehr stark vermehrt und verbreitet, sodass in zahlreichen Obstplan-tagen mehrere Anwendungen mit Streptomycin-haltigen PSM nötig waren.Da auch für 2008 eine entsprechende Ausnahmegeneh-migung erteilt wurde, wird das Programm zum Blüten- und Honigmonitoring fortgesetzt.

Einbaus von para-Aminobenzoesäure in Folsäure bakteriostatisch wirken. In der Literatur finden sich Hinweise darauf, dass Sulfonamide zur Bekämp-fung der Amerikanischen Faulbrut bei Bienen eingesetzt werden können (Lit. z. B.: Journal of Chromatography 463 (1989) 229–233).

Nitrofuranmetaboliten in Honig?

Nitrofurane zählen zu den Anhang-IV-Stoffen der Verordnung (EWG) Nr. 2377 / 90, d. h. ihre Anwendung ist aufgrund genotoxischer sowie karzi-nogener Wirkungen EU-weit verbo-ten. Nitrofurane sind bakteriostatische Chemotherapeutika, deren Wirkungs-spektrum sowohl grampositive als auch gramnegative Bakterien umfasst. Alle Nitrofurane werden im Organis-mus sehr schnell metabolisiert. Sie werden daher in unveränderter Form nicht mehr vorgefunden. Deshalb wird ihr Nachweis über bestimmte Zielana-lyte geführt. Dies sind spezifische, an

Proteine gebundene Metaboliten der Nitrofurane. Die Metaboliten werden durch saure Hydrolyse abgespalten und gleichzeitig mit o-Nitrobenzalde-hyd derivatisiert. Der Nachweis und die Bestimmung der Nitrofuranmeta-boliten erfolgen mittels HPLC-MS / MS. Insgesamt wurden 90 Proben Honig auf Rückstände von Nitrofuranen und von Protein-gebundenen Nitrofuran-metaboliten untersucht.

In 4 Honigproben (2 Fälle) wurde der Stoff Semicarbazid (SEM) eindeutig nachgewiesen. SEM ist ein Metabo-lit des Nitrofurans Furazolidon. Die Honige mit SEM-Gehalten wurden allerdings in Gläsern vermarktet, die mit Twist-off-Deckeln verschlossen waren. Die separate qualitative Un-tersuchung der Deckel ergab, dass auch darin SEM enthalten war, so-dass aus den im Honig festgestellten SEM-Gehalten nicht eindeutig auf eine Behandlung mit Nitrofurazon rückge-schlossen werden konnte.

Das im Kunststoff der Deckel vorhan-dene SEM entsteht als Zerfallsprodukt aus dem Stoff Azodicarbonamid unter Hitzeeinwirkung bei der Herstellung der aufgeschäumten Kunststoffdich-tungen in Metalldeckeln. Die Verwen-dung von Azodicarbonamid als Treib-mittel bei der Produktion von aufge-schäumten Kunststoffen ist in der EU nicht mehr erlaubt. Deckel, die unter Verwendung von Azodicarbonamid hergestellt wurden, dürfen seit Au-gust 2005 nicht mehr zum Verschluss von Lebensmittelgefäßen verwendet werden.Daraufhin wurden alle Honigproben, die in Gläsern mit in Twist-off-Deckeln abgefüllt waren, und die zugehörigen Deckel untersucht. Insgesamt wurden 14 Deckel (aus 12 Fällen) untersucht. Davon wurden 7 Deckel (aus 5 Fällen) beanstandet.

Herr Lippold, CVUA Freiburg ◆

Blüten- und Honigmonitoring: Streptomycin gegen bakteriellen Feuerbrand

Das Antibiotikum Streptomycin ist als Wirkstoff in 3 Pflanzenbehand-

lungsmitteln (PSM) enthalten, deren Einsatz 2007 zur Bekämpfung der

bakteriellen Feuerbrandkrankheit im Erwerbsobstbau über Ausnahme-

genehmigungen möglich war. Obstbauern können Streptomycin-haltige

PSM nur nach Erhalt eines Berechtigungsscheins erwerben und nur

nach vorheriger Ankündigung anwenden. Hierdurch sollen Kontami-

nationen von Bienen mit Streptomycin und damit auch des von ihnen

erzeugten Honigs verhindert werden.

102 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

standteil von Gewürz- oder Kräuter-zubereitungen. Viele, besonders auch handwerkliche Hersteller weisen mitt-lerweile auf diese potenziellen allerge-nen Zutaten in der Zutatenliste oder in Form einer Spurenkennzeichnung (s. u.) hin.Auch auf Fischprotein wurde unter-sucht: Nicht deklarierte Fischbestand-teile waren in 6 von 15 untersuchten Würzmitteln und Würzpasten nach-weisbar.Erfreulicherweise ist der Anteil positi-

ver Proben bei dem besonders problematischen Allergen Erdnuss mit 3 % weiterhin am niedrigsten. Bei Erdnussal-lergikern können schwerwiegende Symptome auch nach Aufnahme geringer Mengen auftreten.

„kann … enthalten“ Kennzeichnung – Haselnuss

meistens enthalten

Weitere 284 Untersuchungen, vor allem auf Erdnuss, Ha-selnuss und Mandel, wurden durchgeführt bei Produkten mit „kann … enthalten“-Deklaration dieser Allergene. Bei jeder zweiten Probe waren Allergene auch nachweisbar. Spitzenreiter war auch hier Haselnuss mit 71 % positiver Proben. Dagegen wird bei Erdnuss, angesichts eines An-teils von nur 16 % positiver Proben, die „kann … enthalten“-Kennzeichnung offensichtlich eher zur „Prophylaxe“ aus haftungsrechtlichen Gründen vorgenommen.

„ohne Ei hergestellt“, aber Ei nachweisbar

Die Herstellung von „allergenfreien“ Produkten ist zumeist nur bei strikter Vermeidung der entsprechenden Allergene im Betrieb möglich. Werden etwa Eierteigwaren und laut Rezeptur „eifreie“ Teigwaren im selben Betrieb oder gar

In etwa 18 % aller Untersuchungen wurden nicht deklarierte Allergene in

Lebensmitteln nachgewiesen, gegenüber 2006 (15 %) bedeutet dies eine

weitere Zunahme. Besonders bei Haselnuss, Mandel, Senf und Milch wur-

den häufig positive Befunde erhalten, hier war jede dritte bis vierte Probe

allergenhaltig. Trotzdem hatten die wenigsten Nachweise von Allergenen

unmittelbare Konsequenzen für die Kennzeichnung der Produkte. Meis-

tens waren nämlich Kreuzkontaminationen (cross contacts) die Ursache –

so die Ergebnisse der Ermittlungen beim Hersteller. Cross contacts müs-

sen nach wie vor nicht obligatorisch deklariert werden. Dennoch waren

die Untersuchungen nicht vergeblich: Viele Hersteller zeigten Bestrebun-

gen, derartige Kreuzkontaminationen zu reduzieren, um auch Allergikern

geeignete Produkte anbieten zu können.

Untersuchungsergebnisse

An den CVUAs wurden im Jahr 2007 insgesamt 1 617 Un-tersuchungen bei Proben ohne Allergenkennzeichnung durchgeführt. In 291 Fällen (= 18 %) wurden dabei nicht deklarierte Allergene festgestellt. Untersucht wurden alle verpackten Lebensmittel; Schwerpunkte waren Fleischer-zeugnisse, feine Backwaren, Schokolade, Fertiggerichte sowie Suppen und Soßen. Die Ergebnisse sind in der Grafik zusammengefasst.

Schokolade und Fleischerzeugnisse häufig betroffen

Auf 30 % zugenommen hat der Anteil positiver Proben bei Haselnuss (v. a. in Schokolade und Speiseeisgrundmassen). Auch Senf wurde sehr häufig nachgewiesen (in 47 von 201 Proben = 23 %), hier waren vor allem Fleischerzeugnisse betroffen. Bei diesen Produkten sowie bei Backwaren re-sultierten auch die meisten positiven Befunde für Milch-protein (insgesamt wurden 100 Lebensmittel untersucht, davon waren 33 positiv).Mit etwa 9 % (gegenüber 13 % im Vorjahr) weiter zurück-gegangen ist der Anteil an Proben, die positiv auf Sellerie getestet wurden. Sellerie wie auch Senf ist häufig Be-

Allergene_verpackt 2007

Erdn

uss

Hase

lnus

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Man

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Selle

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Senf Ei

Soja

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100

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250

300

Wal

nuss

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Glut

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Prob

enza

hlGrafik: Allergenunter-suchungen 2007 – verpackte Ware ohne Hinweis auf Allergene

positive Proben negative Proben

Nachweis von Lebensmittelallergenen

Lebensmittelallergene Jahresbericht 2007 103

genhaltige Produkte verarbeitet, können Verunreinigungen durch Allergene in den laut Rezeptur allergenfreien Lebens-mitteln oft nicht ganz ausgeschlossen werden. Durch sol-che Kreuzkontamination verursachte Allergenanteile sind weiterhin nicht kennzeichnungspflichtig.

Allergeneintrag

• rezepturbedingt:kennzeichnungspflichtig

• nichtvermeidbareKreuzkontamination:nichtkenn-zeichnungspflichtig

Die einfachste Lösung ist aus haftungsrechtlichen Gründen der Hinweis „kann … enthalten“ . Um auch Allergikern geeig-nete Produkte anbieten zu können, verfügen allerdings im-mer mehr Hersteller über Allergen-Management-Systeme. Verunreinigungen durch Allergene sollen im Rahmen der Guten Herstellungspraxis weitestgehend reduziert wer-den, etwa durch eine entsprechende Ausrichtung der Pro-duktionsabläufe oder spezielle Reinigungspläne. Potenziell enthaltene Allergene werden nicht vorab („prophylaktisch“) in Form einer Spurenkennzeichnung deklariert, sondern es ist beispielsweise zu berücksichtigen, ob

• dieimEndproduktzuerwartendeAllergen-Mengeüberhaupt noch für Allergiker relevant ist,

• indenbetrieblichenAblauf–mitvertretbaremAuf-wand – integrierbare Vermeidungsmaßnahmen zu einer Eliminierung des Allergens führen können.

Angabe „glutenfrei“ meistens korrekt

Deutlich zurückgegangen gegenüber dem Vorjahr (17 % gegenüber 35 %) ist der Anteil von Proben, die trotz der Kennzeichnung „glutenfrei“ Gluten enthielten. Den Tole-ranzwert des Codex Alimentarius von 20 mg / kg überschrit-ten 9 (= 6 % ) Proben, darunter Hirse und Sojaprodukte für die vegetarische Ernährung. Herr Waiblinger, CVUA Freiburg ◆

auf derselben Produktionsanlage hergestellt, sind geringe Verunreinigungen praktisch nicht zu vermeiden. Die Kenn-zeichnung „ohne Ei“ bei gleichzeitigem Nachweis von Ei-Spuren wurde als aus Allergiker-Sicht problematisch und daher irreführend angesehen.

Lediglich Spur oder bereits Zutat?

Bis zu 2,1 % (= 21 000 mg / kg) Haselnuss enthielt eine Zubereitung zur Herstellung von Pistazieneis. Auch Scho-koladen enthielten bis zu 1,4 % Haselnuss. Damit liegt der Haselnussanteil um etliche Größenordnungen über dem, was normalerweise unter Allergen-Spuren verstanden wird. Haselnussallergiker können beim Verzehr solcher Produkte bereits häufig Symptome zeigen. Die Deklaration „kann Spuren von Haselnuss enthalten“ wurde daher als problematisch bewertet und entsprechende Vermeidungs-maßnahmen beim Hersteller angeregt. Im Falle der Spei-seeiszubereitungen entfällt allerdings für offen verkauftes Speiseeis derzeit noch eine Pflicht zur Allergenkennzeich-nung, etwa auf Speisekarten oder Aushängen.

Aufwändige Überwachung der Allergenkennzeich-

nung

Jeder positive Befund eines nicht deklarierten Allergens wird derzeit per Gutachten an die Lebensmittelüberwa-chungsbehörden weitergeleitet. Erst die Überprüfung im Betrieb, ob das fragliche Allergen tatsächlich bestim-mungsgemäß – also rezepturbedingt – dem Lebensmit-tel zugesetzt worden ist, gibt hier Aufschluss. Fast immer erfolgte der Eintrag jedoch über verunreinigte Rohstoffe, Gerätschaften oder über Stäube. Werden in denselben Be-trieben (oder gar Produktionslinien) allergenfreie und aller-

17 % positiv

83 % negativ

Gluten 2007

7 %10 %

< 20 mg / kg (Grenzwert)

> 20 mg / kg

> 200 mg / kg (0 %)

Grafik: Untersuchung auf

Gluten bei „glutenfrei“

bezeichneten Lebensmitteln

104 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Gentechnik in LebensmittelnGanz „gentechnikfrei“ geht es im Lebensmittelbereich schon lange nicht mehr. Selbst bei Bio-Erzeugnissen wa-

ren in den letzten Jahren immer wieder Spuren von gentechnisch veränderter Soja und Mais nachweisbar. Auch

Enzyme für die industrielle Lebensmittelproduktion werden überwiegend aus gentechnisch veränderten Mikro-

organismen gewonnen. Andererseits zeigen die Untersuchungen aus 2007, dass die pflanzliche Gentechnik bei

Lebensmitteln bisher zumeist nur in Spuren Einzug gehalten hat. Trotz des weltweit weiterhin steigenden Anbaus

gentechnisch veränderter Pflanzen (USA 2007: 91 % der Soja- sowie 73 % der Maisanbauflächen), bemühen sich

Lebensmittelhersteller in Deutschland, kennzeichnungspflichtige gentechnisch veränderte Bestandteile in ihren

Produkten zu vermeiden.

Noch weitergehende Anforderungen bezüglich des Einsatzes der Gentechnik müssen Produkte erfüllen, die als

„Bio“ oder „ohne Gentechnik“ gekennzeichnet sind. Die Untersuchungen bei diesen Produkten ergaben keinen

Anlass zur Beanstandung.

Aktuelle Informationen über Zulassungsanträge, den derzeitigen Stand des Anbaus von gentechnisch veränder-

ten Pflanzen und des Einsatzes der Gentechnik im Lebensmittelbereich sind unter www.transgen.de zugänglich.

Anforderungen an Produkte „ohne Gentechnik“ werden gelockert

Bereits seit 10 Jahren dürfen Hersteller mit dem Hinweis „ohne Gen-technik“ werben, wenn sie strenge Anforderungen zur Vermeidung der Gentechnik in ihren Produkten erfüllen können. Deshalb gibt es bisher nur eine Handvoll von Lebensmitteln (v. a. Tofu), die so beworben sind. Der Gesetzgeber hat nun diese Anforderungen gelockert, um vor allem auch bei tierischen Produkten diese Kennzeichnung mit vertretbarem Aufwand zu ermöglichen.

Gerade bei Fleisch, Milch oder Eiern erkennt der Verbraucher nicht auf dem Etikett, ob die Tiere etwa mit gentechnisch veränderter Soja gefüttert wurden – was derzeit sehr häufig der Fall ist.

Die Anforderungen an Lebensmittel „ohne Gentechnik“ sind nun denen für Bio-Produkte ähnlich (siehe auch Abschnitt „Öko-Monitoring Soja und Mais“).

Tierische Lebensmittel nicht gekennzeichnet (EU-Kennzeichnungspflicht)

„ohne Gentechnik“(D, bisher)

„ohne Gentechnik“(D, neu)

„Bio“, „Öko“EU-Verordnung aus 2007

Futtermittel aus gv Pflanzen zulässig zulässig sind nur unbeab-sichtigte und unvermeid bare Spuren (ohne Grenzwert); bisheriger Beurteilungswert: 0,1%

zulässig bis zu 0,9 % (nur zufällige oder technisch unvermeidbare Anteile)

zulässig bis zu 0,9 % (nur zufällige oder technisch unvermeidbare Anteile)

Futtermittelzusätze:Enzyme, Zusatzstoffe, Amino säuren, Vitamine aus gv Mikro organismen

zulässig nicht zulässig zulässig zulässig, sofern - Stoffe für Öko-Produkte

zugelassen und - keine anderen Stoffe au-

ßer aus GVO hergestellt am Markt erhältlich sind

Verwendung von Tier-arzneimitteln aus GVO

zulässig zulässig, sofern- therapeutischer oder pro-

phylaktischer Zweck und - keine anderen Mittel au-

ßer aus GVO hergestellt verfügbar

zulässig zulässig

Abb.: Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ – bisher nur sehr selten verwendet

Tabelle: Anforderungen an tierische Lebensmittel ohne Pflichtkennzeichnung / „Bio“ / „ohne Gentechnik“

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2007 105

Untersuchungsergebnisse 2007

Im Jahr 2007 wurden insgesamt 686 Lebensmittelproben auf Bestandteile aus gentechnisch veränderten

Pflanzen (GVP) untersucht. Insgesamt wurden in 87 Fällen (= 13 %) positive Befunde erhalten.

Nicht zugelassener gentechnisch veränderter (gv) Reis wurde in 2 Proben von Reisnudeln chinesischer

Herkunft festgestellt. In sonstigen Reisprodukten wie Langkornreis wurden im Gegensatz zu 2006 keine gen-

technischen Veränderungen mehr nachgewiesen. Wie in den Vorjahren waren Sojaprodukte am häufigsten

positiv (70 von 181 Proben = 39 %), allerdings wurde der Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 % in keinem Fall

überschritten. Sehr gering war die Zahl positiver Proben bei Mais (9 von 174 Proben = 5 %); fast ausschließ-

lich handelte es sich um Verunreinigungen im Spurenbereich unter 0,1 %.

In einheimischer Rapssaat waren keine gentechnischen Veränderungen nachweisbar; die wie in den Vorjah-

ren festgestellten Verunreinigungen durch gv-Raps in kanadischem Rapshonig sowie in Senf fallen jeweils

nicht unter die Kennzeichnungspflicht. Weitere stichprobenartige Untersuchungen bei Kartoffel-, Tomaten-

und Zuckerrübenerzeugnissen sowie bei Papayas ergaben jeweils negative Befunde.

Verdachtsmomente, dass sich nicht zugelassener gv Reis auch auf dem deutschen Markt befindet, wurden Ende August publik. US-Langkornreis sowie chinesische Reis-produkte sollten betroffen sein. Reis wird bereits seit 2005 stichprobenweise auf gentechnisch veränderte Anteile un-tersucht, allerdings mit Schwerpunkt auf Reis asiatischer Herkunft. Bisher gab es nur dort Anhaltspunkte für einen verstärkten, möglicherweise illegalen Anbau von gv Reis.

Aufgrund der aktuellen Entwicklung wurden ab September in Baden-Württemberg die Untersuchungen bei Langkorn-reis mit US-amerikanischer Herkunft sowie bei Reisnudeln aus China wesentlich verstärkt. Zum Jahresende waren knapp 200 Proben untersucht, und der Verdacht hat sich bei einigen Erzeugnissen bestätigt (s. Grafik).

In insgesamt 31 von 195 Proben wurden Verunreinigungen durch nicht zugelassenen gv Reis festgestellt. Die Verunrei-nigungen bewegten sich zwar durchweg im sehr niedrigen Spurenbereich, aber derzeit sind selbst solche Spuren an nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Reis ver-boten (s. o.).

Abb.: Reisnudeln

Reis

Da im Jahr 2006 sowohl bei Langkornreis als auch bei Reisnudeln Spuren von nicht zugelassenem Reis fest-gestellt worden waren, wurden die Untersuchungen bei Reisprodukten als Schwerpunkt fortgesetzt (insgesamt 172 Proben).Wiederum wurden in 2 Reisnudel-Erzeugnissen chinesischer Herkunft Spuren von nicht zugelassenem, in-sektenresistentem Bt-Reis festgestellt. Insgesamt wurden 46 Reisnudel-Proben untersucht.

Bei Langkornreis zeigten die strengen Einfuhrregelungen der EU-Kommission Ende 2006 für US-Langkornreis Wir-kung: Ware dieser Herkunft war praktisch nicht im Han-del verfügbar. Die von den amerikanischen Reisanbau-Or-ganisationen nach den strengen EU-Vorgaben in Auftrag gegebenen Untersuchungen der Ernte 2007 ergaben fast ausschließlich negative Resultate.

Daher wird für 2008 wieder mit verstärkten Einfuhren von US-Ware gerechnet. In 2007 waren alle Proben Langkorn-reis (Herkunft insbesondere Italien, Thailand) und auch sonstige Produkte wie Reismehle und Babynahrung – mit Ausnahme der genannten Reisnudeln – negativ.

106 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

„Technisch nicht zu vermeiden“ – eine Frage der Interpretation

Die europäischen Kennzeichnungsregelungen erlauben bei Anteilen an gentechnischen Veränderungen Ausnahmen von der Kennzeichnungs-pflicht nur dann, wenn es sich um „zufällige“ oder „technisch nicht zu vermeidende“ Verunreinigungen handelt. Dieser Umstand wird von eini-gen großen Sojaverarbeitern oft übersehen und Ware bei Anteilen unter 0,9 % generell als nicht kennzeichnungspflichtig angesehen.Wie man den Begriff „technisch nicht zu vermeiden“ praxisnah interpre-tieren kann, wurde in einer aktuellen Veröffentlichung von Sachverstän-digen der Bundesländer dargestellt (Waiblinger et al. (2007) Deutsche Lebensmittel-Rundschau 103 (3), 97–100). Danach können die Eigen-kontrollmaßnahmen je nach Position in der Lebensmittelkette sowie aktuelle Ergebnisse von Untersuchungen vergleichbarer Erzeugnisse herangezogen werden.

Soja

Gentechnisch veränderte Soja ist weltweit im Anbau mittlerweile stärker verbreitet als konventionelle Soja. So überrascht es nicht, dass auch der Anteil positiver Soja-proben hier weiter zunimmt. Immer handelte es sich dabei um die für Lebensmittelzwecke zugelassene Sojabohne GTS-40-3-2, bekannt als Roundup Ready Soja, welche ca. 99 % aller weltweit angebauten gv Sojapflanzen aus-macht.Verunreinigungen durch diese Sojabohne waren 2007 bei 70 von 181 Soja-Proben (= 39 %) nachweisbar (s. auch Grafik). Allerdings enthielten lediglich 8 % der Proben An-teile über 0,1 %. Überschreitungen des Kennzeichnungs-grenzwertes von 0,9 % waren nicht feststellbar.

Höchster festgestellter Anteil war 0,85 %

Ganz knapp unter dem Grenzwert von 0,9 % war der Anteil an gv Soja in einem Sojaproteinisolat US-amerikanischer Herkunft eines Gewürzpräparateherstellers. Auch in einem Sojamehl eines Backwarenherstellers waren auffällige An-teile in Höhe von 0,6 % nachgewiesen worden. In beiden Fällen wurden die betroffenen Betriebe aufgefordert, die „technische Unvermeidbarkeit“ oder die „Zufälligkeit“ dieser nachgewiesenen Verunreinigungen zu belegen (s. nachfolgender Kasten). Ein Hersteller konnte dokumentie-ren, dass er in den vergangenen Jahren in angemessenem Umfang Eigenkontrolluntersuchungen durchgeführt hatte, jeweils mit unauffälligem Resultat. Es war nach dem Stand der Ermittlungen der zuständigen Lebensmittelüberwa-chungsbehörden davon auszugehen, dass es sich um eine „zufällige“ Verunreinigung handelte.

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Gen Entwicklung 2007

Grafik: Anteile positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen von 2002 bis 2007 (in Prozent)

* früherer und jetziger Kennzeichnungswert; seit 04 / 2004

Proz

ent

Anteile positiver Proben

Anteile an Proben über 1 % bzw. 0,9 % GVP *

Soja Mais

Sojalecithine – nicht immer analytisch genau

überprüfbar

Erstaunlich gering war die Zahl positiver Proben bei Sojale-cithinen. Diese werden vor allem von Schokoladenherstel-lern in großen Mengen als Emulgator benötigt und daher zumeist aus Brasilien importiert. In einer Probe wurde gv Soja nachgewiesen; aufgrund des geringen DNA-Gehaltes war eine genaue Quantifizierung jedoch nicht möglich. In solchen Fällen muss vom Hersteller bzw. dessen Lieferant belegt werden, dass der Rohstoff (Sojabohnen) tatsächlich nur zufällige und technisch unvermeidbare Anteile unter 0,9 % enthält. Teilweise wurden lediglich Analysenberichte für das Soja-lecithin – jeweils mit negativem Resultat – vorgelegt. Bei geringen Soja-DNA-Mengen kann die probenbezogene Nachweisgrenze jedoch über dem Grenzwert von 0,9 % liegen. Eine abschließende Beurteilung ist dann anhand der Untersuchung von Lecithinen nicht möglich. Viele der vorgelegten Untersuchungsberichte enthielten keine An-gabe zur probenbezogenen Nachweisgrenze und waren daher nicht aussagekräftig.

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2007 107

Maisprodukte

Weiter rückläufig ist der Anteil positiver Maisproben (s. Grafik vorherige Seite). Lediglich 9 von 174 (= 5 %) der Maisproben enthielten gv Mais. Nachgewiesen wurden Spuren der zugelassenen Mais-Events GA21, Bt11, T25 und Bt176. Weder in den Maisproben deutscher, franzö-sischer oder italienischer Herkunft noch in Maischips und Maismehl aus Asia-Geschäften waren dabei Anteile über 0,1 % feststellbar; lediglich in einer Maisgrießprobe eines schweizerischen Herstellers waren Anteile an zugelasse-nem Mais Bt176 in Höhe von 0,26 % nachweisbar.

Kennzeichnung „ohne Gentechnik“

Aufgrund der strengen gesetzlichen Auflagen wurden auch 2007 nur sehr wenige Produkte (Tofu und weitere Soja-Produkte) mit dem Hinweis „ohne Gentechnik“ beworben (s. auch Beginn dieses Kapitels), sowohl konventionelle als auch Bio-Produkte zählten dazu.Zwar enthielt immerhin ein gutes Drittel der Proben (8 von 22 Proben) Verunreinigungen durch gentechnisch veränder-te Soja, zumeist handelte es sich um Spuren unter 0,05 %, die auch bei Lebensmitteln „ohne Gentechnik“ als tech-nisch unvermeidbar angesehen werden.

Produktgruppe (Auswahl)

Zahl der untersuchten

Proben

Zahl der negativen *

Proben

Zahl derpositiven Proben

Proben> 0,9 %

Proben > 0,1 – 0,9 %

Proben0,1 %

und weniger

Gesamt Soja-Erzeugnisse, Erzeugnisse mit Zutat Soja

181 111 70(= 39 %)

0 15 55

Sojabohnen, -hälften 15 13 2 0 0 2Sojaschrot, -flocken, -mehl 42 22 20 0 1

(max. 0,85%)19

Sojaprotein, -isolat 11 1 10 0 3 7Tofu, Tofuerzeugnisse, Wurstwaren auf Tofubasis,Sojadrinks

47 33 14 0 4 10

Sportlernahrung mit Soja-protein

10 4 6 0 3 3

Lecithin 18 17 (5) 1 0 (1) 0Gesamt Mais-Erzeugnisse 174 126 9

(= 5 %)0 1 8

Maiskörner (auch Ernte 2007), Popcorn-Mais

36 34 2 0 0 2

Maisgrieß, Maismehl 49 44 5 0 1 (0,25% Bt176)

4

Maischips, Knabbergebäck mit Mais

30 28 2 0 0 2

* Die Nachweisgrenze betrug in der Regel 0,05 % Anteil gentechnisch veränderter Soja bzw. Mais (bestimmt als Anteil gentechnisch veränderter DNA, bezogen auf die jeweilige Spezies-DNA). Überschritt die Sensitivität bzw. Bestimmungsgrenze der Methode in einer Probe diesen Wert deutlich oder lagen diese gar über dem Grenzwert von 0,9 %, wurde eine Dokumenten-prüfung erforderlich (Probenzahl in Klammern).

Soja 2007 Vergleich05

101520253035404550

05

101520253035404550

Proz

ent

ökologisch konventionell „ohne Gentechnik“

positive Proben

Proben > 0,1 %

Proben > 0,9 %

Tabelle: Untersuchung von Lebensmitteln mit

Soja und Mais auf Bestandteile

von gentechnisch veränderten Organismen

Grafik: Anteile positiver Proben bei Sojaerzeugnissen (in %); Vergleich Bio – konventionell – ohne Gentechnik

108 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Gen Anteile 2007

05101520253035404550

05

101520253035404550

Grafiken: Anteile positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen von 2003 bis 2007 (in %) – Vergleich Bio- und konventionell

Proz

ent

2003 2004 2005 2006 2003 2003 2004 2005 2006 2007

Bio konventionell

Soja Mais

Öko-Monitoring Soja und Mais

EU-Verordnung führt Bagatellgrenze auch für Bio-Produkte ein

Für Bio-Produkte gibt es ein generelles Verwendungsverbot für gv Pflanzen und Produkte daraus. Aller-

dings zeigten die Untersuchungen der letzten Jahre, dass sich auch trotz Vermeidungsmaßnahmen gerin-

ge Spurenverunreinigungen nicht immer verhindern lassen. Dem trägt nun die neue EU-Verordnung für

den ökologischen Landbau Rechnung: Wie bei konventionellen Lebensmitteln sind „technisch unvermeid-

bare oder zufällige“ Verunreinigungen durch Bestandteile aus zugelassenen GVP bis zu 0,9 % auch bei

Bio-Produkten erlaubt. Bisher tolerierte die Lebensmittelüberwachung in Deutschland in der Regel Verun-

reinigungen durch zugelassene GVP bis zu 0,1 %, ohne entsprechende Ermittlungen einzuleiten. Aber auch

künftig werden Anteile unter 0,9 % nur toleriert, wenn belegt werden kann, dass sie zufällig und technisch

unvermeidbar sind.

Weiterhin sehr gering ist der Grad der Verunreinigung von Bio-Lebensmitteln aus Soja und Mais durch gentechnische Veränderun-gen (s. Grafik). In keiner der 21 un-tersuchten Proben von Bio-Mais-Produkten waren gentechnische Veränderungen nachweisbar. Auch bei den 6 positiven Befunden in Le-bensmitteln aus Bio-Soja handelte es sich durchweg um sehr gerin-ge Spuren unter 0,05%, sodass in keinem Fall weitergehende Er-mittlungen im Betrieb erforderlich waren. Der Anteil positiver Proben war mit 15 % (6 von 39 Proben) deutlich niedriger als bei konventi-oneller Soja, wo knapp jede zweite Probe positiv war.

Die untersuchten Bio-Soja-Produkte waren zumeist deutscher, teilweise österreichischer aber auch chinesi-scher Herkunft.Die Ergebnisse zeigen, dass – wie auch in den vergangenen Jahren – die festgestellten Anteile gentechni-scher Veränderungen weit unter der jetzt eingeführten Toleranzgrenze von 0,9 % liegen.

ÖKO

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2007 109

Bei den landwirtschaftlichen Erfas-sungsstellen der Mais- und Rapsern-te, also weitgehend am Ursprung der Lebensmittel- oder Futtermit-telkette, können Kontrollen beson-ders wirksam und effektiv ange-setzt werden. Gemeinsam mit der Futtermittelüberwachung Baden-Württembergs wird daher in einem jährlichen Stichprobenprogramm die baden-würt tembergische Soja-, Mais- und Rapsernte auf eventu-elle Verunreinigungen durch GVP-Bestandteile untersucht.Unauffällig waren die Ergebnisse der Untersuchung der Ernteproben

von Soja, Mais und Raps. Während in den 4 Soja- sowie 29 Rapsproben gv Soja bzw. gv Raps jeweils nicht nachweisbar waren, wurde in einer von insgesamt 31 Maisproben ei-ne Spurenverunreinigung (< 0,05 %) durch zugelassenen GA21-Mais nachgewiesen. Diese wurde als zufällig und technisch unvermeid-bar angesehen.

Botanische Verunreinigungen

häufig anzutreffen

Ebenso zu beurteilen sind immer wieder bei landwirtschaftlichen Rohstoffen feststellbare botani-

sche Verunreinigungen durch gv So-ja in geringen Anteilen. In 4 Fällen (dreimal bei Rapssaat, einmal bei Maiskörnern) war ein Anteil von ca. 0,1 % der Roundup Ready Soja nachgewiesen worden. Meistens handelt es sich um Stäube, die aus Futtermitteln mit gv Soja bei Lage-rung oder Verarbeitung im gleichen Betrieb auf die Rohstoffe übertra-gen werden.

Raps

Nach wie vor keine Anbauzulassung besteht in der EU für gv Rapspflanzen. Lediglich zwei Linien (GT 73 und MS8x-RF3) dürfen in die EU importiert werden und ausschließ-lich zur Weiterverarbeitung (Gewinnung von Speiseöl und Futtermitteln) verwendet werden. In keiner der 58 unter-suchten Proben von Rapssaat sowie kaltgepressten Raps-ölen von baden-württembergischen Ölmühlen war gv Raps nachweisbar.

Nachweisbar, aber nicht kennzeichnungspflichtig:

gv Raps in Honigen und Senf

Stichprobenartig wurde 2007 die Untersuchung einheimi-scher Raps- sowie Blütenhonige auf gv Raps oder Mais fortgesetzt. In keinem der 17 untersuchten Honige aus Baden-Württemberg waren gentechnische Veränderungen nachweisbar. Mit den Events GT 73 und MSx X RFx waren die wichtigsten in Kanada angebauten gv Raps-Linien in den 5 untersuchten Honigen entsprechender Provenienz nachweisbar. Laut EU-Kommission sind solche Verunrei-nigungen nur dann zu kennzeichnen, wenn der Anteil an gv Pollen im gesamten Honig – also nicht etwa bezogen auf den Pollenanteil des Honigs – 0,9 % übersteigt. Solch hohe Pollengehalte treten bei Blütenhonigen allerdings so gut wie nie auf. Senfsaat kann ernte- oder verarbeitungsbedingt durch Körner des eng verwandten Raps verunreinigt sein. Auch wenn es sich dabei um gv Raps handelt, fallen derartige bo-tanische Verunreinigungen nicht unter die Kennzeichnungs-pflicht, da es sich nicht um echte Lebensmittel-Zutaten handelt. In einer von 15 Speisesenf-Proben war gv Raps (Event GT73) nachweisbar, die Menge an Raps in der Senf-Zubereitung war jedoch nicht quantifizierbar.

Screening auf nicht zugelassene gentechnisch veränderte Pflanzen

Kartoffelprodukte

Die Zulassung der ersten gv Kartoffel, der Amylopektin-Kartoffel EH 92-527-1 der Firma BASF, steht unmittelbar bevor. Zwar soll die Kartoffel nur für technische Zwecke in der Stärkeindustrie eingesetzt werden. Dennoch ist eine Verunreinigung von Lebensmittelstärken nicht auszuschlie-ßen. Daher hat BASF auch eine Zulassung zu Lebens- und Futtermittelzwecken beantragt. In einem Screening wurden insgesamt 35 Proben von Kartoffelmehlen (-stärke), Chips oder Püree auf Verunrei-nigungen durch gv Kartoffeln, wie etwa die Amylopektin-Kartoffel, untersucht. In keiner Probe waren gentechnische Veränderungen nachweisbar.

Papaya, Tomaten, Zuckerrüben und Zucchini

Weitere insgesamt 29 Proben von Tomatenkonserven, zer-kleinerten Zuckerrüben aus der Zuckerfabrik, Papayas und Zucchini wurden untersucht. Bei keiner der untersuchten Proben ergaben sich im Screening Anhaltspunkte auf gen-technische Veränderungen.

Herr Waiblinger, CVUA Freiburg ◆

Untersuchungen bei Ernteproben

110 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

mittelüberwachung mit den Tütensup-pen aus der Türkei. Die Anlage, in der die Bestrahlung der verwendeten Kräuter / Gewürze stattfand, ist von der Europäischen Union zugelassen, die Bestrahlung war auch im Zutaten-verzeichnis kenntlich gemacht, es fehl-

ten jedoch die Begleitdokumente mit allen erforderlichen Angaben zum Bestrahlungsprozess.

Eine unzulässige Bestrahlung konnte bei Süßwasseralgen-erzeugnissen (Spirulina- und Chlorellaprodukten), welche als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr gebracht werden und deren Eiweißreichtum in der Werbung her-vorgehoben wird, nachgewiesen werden. Bei 4 von insge-samt 32 untersuchten Algenprodukten wurde das CVUA Karlsruhe fündig.

Auch bei einer Probe Acerola-Pulver, einem aus der Ace-rola-Kirsche bestehenden Nahrungsergänzungsmittel mit einem ausgelobten hohen Vitamin-C-Gehalt, war der Nach-weis positiv.

Frau Straub, CVUA Karlsruhe ◆

Bestrahlung von Lebensmitteln

Der Trend der letzten Jahre bei der Untersuchungen von Lebensmitteln

auf Bestrahlung setzt sich weiter fort. Bei 3,6 % der untersuchten Lebens-

mittel konnte eine Bestrahlung nachgewiesen werden (2005: 3,1 %, 2005:

2,0 %). Betroffen waren, wie in den Jahren zuvor, u. a. türkische Trocken-

fertigsuppen, Instantnudelsuppen aus Asien und Osteuropa sowie Nah-

rungsergänzungsmittel.

Tabelle: Ergebnisse der auf Bestrahlung untersuchten Lebensmittel

Lebensmittelgruppe Summe der untersuchten Lebensmittelproben

davon bestrahlt

Kräuterkäse 3 0Wurstwaren 6 0Fisch, Fischerzeugnisse 5 0Krustentiere, Schalentiere, Muscheln und andere Wassertiere sowie deren Erzeugnisse

24 2

Suppen, Soßen (einschl. Instantnudelgerichte und -suppen) 39 10Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst 15 0Frisches Gemüse, Salat 6 0Getrocknetes Gemüse, Gemüseerzeugnisse 20 0Frische Pilze 1 0Pilze, getrocknet 26 1Frisches Obst 11 0Trockenobst oder Obsterzeugnisse 20 0Tees bzw. teeähnliche Erzeugnisse 58 0Fertiggerichte zubereitete Speisen 8 0Nahrungsergänzungsmittel 65 7Gewürze, Kräuter, einschl. Zubereitungen und Gewürzsalz 279 1Sonstiges 3 0Gesamt 589 21 (3,6 %)

Bereits in den Berichten aus den Jahren 2003, 2005 und 2006 wurde auf positive Befunde bei Trockensuppen hin-gewiesen. Derartige Produkte enthalten u. a. als Zutat ge-trocknete, aromatische Kräuter / Gewürze, deren Bestrah-lung in Deutschland zulässig ist. Bei Fertigpackungen ist im Verzeichnis der Zutaten anzugeben, dass es sich um bestrahlte Ingredienzien handelt. Die Behandlung der Kräu-ter / Gewürze mit ionisierenden Strahlen darf nur in einer für diesen Zweck zugelassenen Bestrahlungsanlage durchge-führt werden. Die Information, in welcher Anlage bestrahlt wurde, muss sich nach den Vorgaben des Gesetzgebers in Begleitdokumenten zu dem Erzeugnis befinden. Kommt die Ware aus Drittländern müssen die Dokumente auch über weitere Fakten Aufschluss geben, so z. B. Art und Menge des bestrahlten Lebensmittels, Auftraggeber der Bestrahlung, Empfänger des behandelten Produktes und verwendetes Packungsmaterial. Diese gesetzliche Regelung betrifft auch Produkte, die bestrahlte Kräuter / Gewürze enthalten, wie zum Beispiel Trockensuppen. Dass die geforderte Weitergabe an In-formationen vom Bestrahlungsanlagenbetreiber bis zum verantwortlichen Inverkehrbringer in Deutschland nicht rei-bungslos funktioniert, zeigen die Erfahrungen der Lebens-

Bestrahlung von Lebensmitteln Jahresbericht 2007 111

Radiochemische UntersuchungenAls Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl kam es 1986 auch in Deutschland zu teilweise erheb-

lichen Kontaminationen mit künstlichen Radionukliden. Um bei möglichen Ereignissen dieser Art in der

Zukunft besser reagieren zu können, beschloss der Bundestag 1986 die Einrichtung des bundesweiten

Radioaktivitätsmessnetzes IMIS (= Integriertes Mess- und InformationsSystem zur Überwachung der

Umweltradioaktivität).

Die CVUAs Freiburg und Stuttgart sind als Landesmessstellen für Baden-Württemberg in dieses System

eingebunden. Die aktuellen Messergebnisse sind in Form von Karten und Diagrammen über das Internet

beim Bundesamt für Strahlenschutz abrufbar (www.bfs.de). Dort finden sich auch umfangreiche Erläute-

rungen und gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen an die Bevölkerung. IMIS wertet die Daten im

Normalbetrieb täglich, im Ereignisfall alle 2 Stunden aus.

Tabelle: Untersuchungen auf radioaktives Cäsium

in Lebensmitteln, Futtermitteln und

Böden

FM = Frischmasse TM = Trockenmasse

Bezeichnung Probenzahl Cs-137 + Cs-134Akt.Konz. (Bq / kg FM)Gesamt davon Proben über

GrenzwertProben über Nachweis-

grenzeEU-Länder Drittländer min. max.

Milch, -Erzeugnisse, Käse 97 21 1 20 0,09 1,15

Gewürze, getr. Kräuter 2 1 1 1,09Fleisch (ohne Wild) 81 1 2 13 0,12 0,78Wild (überw. Wildschwein) 482 85 400 0,28 7 102Süßwasserfische 23 2 15 0,1 168Getreide, -Erzeugnisse, Kartoffeln

89 1 2 2 < 0,1 0,24

Gemüse, -Erzeugnisse 101 1 2 < 0,1 0,22Pilze, -Erzeugnisse 18 5 4 13 0,4 268Obst, -Erzeugnisse 125 2 2 4 < 0,1 11,07Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst

1 1 1 4,58

Honig, Brotaufstriche 5 1 3 0,28 5,38Kleinkindnahrung 25 1 < 0,1 0,04Gesamtkost-Tagesrationen 104 27 0,06 0,7Trinkwasser, Rohwasser, Mineralwasser

38 < 0,01

Sonstige Lebensmittel 8 1 5 4 0,44 0,64Lebensmittel gesamt: 1199

Probenzahlen und Ergebnisse

Im Jahr 2007 wurden in Baden-Württemberg 1 199 Lebens-mittel-, Trinkwasser-, Futtermittel- und Bodenproben auf ih-ren Radioaktivitätsgehalt untersucht. Den größten Teil der Untersuchungen machten die gammaspektrometrischen Analysen auf radioaktives Cäsium aus (Cs-137, Cs-134). Wie die Tabelle zeigt, ist die Kontamination mit radioaktivem Cäsium bei den meisten Lebensmitteln nur noch sehr gering. Gehalte über dem Grenzwert sind teilweise jedoch noch bei Wild festzustellen.

Akt.Konz. (Bq / kg TM)

Futtermittel 54 13 < 0,1 9,13Böden 17 17 4,7 73,3Sonstige gesamt: 71

112 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Strontium-90

Bei 75 Lebensmittel-, Futtermittel- und Bodenproben wur-de außerdem der Strontium-90-Gehalt bestimmt (Sr-90). Sr-90 verhält sich chemisch ähnlich wie Calcium und wird deshalb vom Körper besonders während der Wachstums-phase fest in die Knochensubstanz eingebaut, es hat eine Halbwertzeit von ca. 30 Jahren. Durch den Kraftwerksunfall von Tschernobyl wurde Deutschland nur unwesentlich mit Sr-90 und anderen schwerflüchtigen Radionukliden (Pluto-nium, Uran) kontaminiert.

Proben aus dem Bereich der Land-wirtschaft

Bei Futtermitteln sind die gemessenen Aktivitäten mit de-nen der Lebensmittel vergleichbar. Die Cs-137-Konzentrati-onen von Grasproben betrugen durchschnittlich 1,6 Bq / kg TM ( Maximum 3,9 Bq / kg). Die Sr-90-Werte lagen zwischen 0,3 und 2,6 Bq / kg TM. Die Radiocäsiumgehalte aller ande-ren Futtermittel lagen meist unterhalb der Nachweisgrenze von 0,5 Bq / kg TM.

Die Radiocäsiumkontamination der Böden zeigt das Akti-vitätsmuster, wie es seit dem Tschernobyl-Unfall bekannt ist. Die Gehalte nehmen nur sehr langsam ab (der Maxi-malwert betrug 73 Bq / kg).

Gesamte Strahlenbelastung durch die Nahrung

An der durchschnittlichen Strahlenbelastung der Bevölke-rung hat die Nahrung nur einen Anteil von ca. 10 %. Dabei leisten nicht die künstlichen Radionuklide wie z. B. das Cäsi-um-137, sondern die natürlichen Radionuklide wie Blei-210, Radium-228, Radium-226 und Kalium-40 den größten Bei-trag zur nahrungsbedingten Strahlendosis. Die Untersu-chung von 10 Gesamtnahrungsproben auf Radium ergab aber keine Belastung: Der Höchstwert betrug 0,09 Bq / kg. 5 Trinkwasserproben wurden auf U 234 / 238-Pu 239 unter-sucht, diese Isotope waren aber nicht nachweisbar. Dabei zeigt sich, dass der Reaktorunfall von Tschernobyl bei Le-bensmitteln, die bei uns in den Verkehr gebracht werden, keine signifikante Erhöhung der Kontamination mit Stron-tium-90 und anderen schwerflüchtigen Nukliden zur Folge hatte.

Herr Dr. Kaut, CVUA Stuttgart ◆

Wildfleisch, Wildpilze

Die Kontamination von heimischem Wildfleisch, insbesondere Wildschwein-

fleisch, ist immer noch deutlich messbar. In Baden-Württemberg wurden Gehalte für Gesamt-

cäsium von nicht nachweisbar (< 0,1 Bq / kg) bis 7102 Bq / kg bei einer Wildschwein-Probe aus dem Kreis Rastatt festge-stellt. Wild mit einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr als 600 Bq / kg ist nach EU-Recht als nicht sicheres Lebensmit-tel zu bewerten und darf nicht in den Handel kommen.Gründe für die große Spannbreite der gefundenen Cäsium-Gehalte sind zum einen die regional verschiedenen Kon-taminationen durch den Tschernobyl-Fallout sowie das je-weils bestehende Nahrungsangebot. Besonders Nahrungs-bestandteile aus dem Boden (z. B. Hirschtrüffel) können zu hohen Cäsium-Gehalten im Wildschweinfleisch führen.Die Landesregierung Baden-Württembergs hat deshalb im Jahr 2005 ein umfangreiches Überwachungsprogramm installiert. Danach müssen in den als belastet erkannten Gebieten alle Wildschweine vor ihrer Vermarktung auf Ra-dioaktivität untersucht werden, und zwar in eigener Verant-wortung der Jäger. Zusätzliche „Erkundungsmessungen“ durch die staatlichen Labors (CVUA Stuttgart und Freiburg) sollen sicherstellen, dass mögliche weitere Belastungs-gebiete erkannt werden. Weiterhin werden Proben aus Gaststätten und Metzgereien untersucht. Die aktuellen Messergebnisse werden in Form von Karten und Tabel-len im Internet veröffentlicht unter www.cvua-freiburg.

de (Themen > Radioaktivität) bzw. unter www.untersu-

chungsaemter-bw.de (siehe zuletzt aktuelle Meldung vom 25.04.2008).Im Jahr 2007 war die Zahl der privaten Pilzeinsendungen nur gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden weder bei heimischen noch bei importierten Pilzen festgestellt.

Grenzwerte

Nach der Verordnung (EWG) Nr. 737 / 90 dürfen Le-bensmittel aus bestimmten Nicht-EU-Ländern nur dann importiert werden, wenn der Grenzwert für Cäsium-134 + Cäsium-137 nicht überschritten ist. Dieser beträgt 370 Bq pro kg bei Milchprodukten und Kleinkindernahrung bzw. 600 Bq pro kg bei allen übrigen Lebensmitteln. In Deutschland werden Le-bensmittel, welche die genannten Grenzwerte über-schreiten, von der Überwachung als nicht sicher im

Sinne Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 und damit als nicht verkehrsfähig beanstandet.

Radiochemische Untersuchungen Jahresbericht 2007 113

für dioxinähnliche PCB wurden von allen Proben unterschritten.Die nachfolgende Tabelle stellt die Ge-samt-Dioxin-Gehalte der untersuchten Milch und Milchprodukte (ohne einen Fruchtjoghurt, der mit einer Fruchtzu-bereitung hergestellt wurde, die kon-taminiertes Guarkernmehl enthielt) zusammen. Der Beitrag der dioxin-ähnlichen PCB zu den Gesamt-TEQ ist bei Milch und Milchprodukten et-wa doppelt so hoch wie der Beitrag „nur“ der Dioxine.

Fleisch – insbesondere Rind-

und Kalbfleisch

Im Jahr 2007 wurden insgesamt 85 Fleischproben, davon 45 Rind- und Kalbfleischproben, auf Dioxine und zu-sätzlich auf dioxinähnliche PCB unter-sucht. Die Tabelle auf der Folgeseite stellt die Ergebnisse von 42 Rind- und Kalbfleischproben (ohne drei in Zu-sammenhang mit erhöhten Gehalten an dioxinähnlichen PCB untersuchte Nachproben) zusammen.

Alle 42 Proben wiesen Gehalte unterhalb des für Dioxine zuläs-sigen Höchstgehaltes von 3 pg WHO-PCDD/F -TEQ / g Fett und des Auslösewertes von 1,5 pg WHO-PCDD/F -TEQ / g Fett auf. Der ge-meinsame Höchstgehalt von 4,5 pg WHO-PCDD/F -PCB-TEQ / g Fett für die Summe aus Dioxinen, Furanen und di-oxinähnlichen PCB wurde lediglich von einer Probe Rinderfett überschritten.

Industrie- und umweltbedingte

Kontaminanten

Dioxine und dioxinähnliche PCB

Was sind Dioxine?

Unter dem Begriff Dioxine werden 210 chemische Verbindungen mit ähn-

licher Struktur zusammengefasst: 75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine

(PCDD) und 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Dioxine gehören

zu den giftigsten chlororganischen Verbindungen. Durch ihre gute Fett-

löslichkeit und ihre Langlebigkeit reichern sie sich in der Nahrungskette

an. Nach heutiger Kenntnis nimmt der Mensch diese Substanzen fast

ausschließlich über die Nahrung auf. Mit Dioxinen belastete Lebensmittel

können daher für die Verbraucher ein gesundheitliches Risiko darstellen.

Bestimmte polychlorierte Biphenyle (PCB) weisen dioxin-ähnliche Eigen-

schaften auf und sind daher ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses ge-

rückt. Den dioxinähnlichen PCB werden wie den Dioxinen Toxizitätsäqui-

valente (TEQ) zugeordnet, die diese PCB-Kongenere gemäß ihrer Toxizität

im Vergleich zum 2,3,7,8-TCDD einstufen. Ein Expertengremium unter der

Leitung der WHO hat für 4 non-ortho und 8 mono-ortho PCB Toxizitäts-

äquivalenzfaktoren (TEF) festgesetzt. Seit November 2006 gelten Höchst-

gehalte nicht nur für Dioxine, sondern auch für den Gesamt-TEQ-Gehalt

(als Summe der Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und dioxinähnlichen

PCB). Zusätzlich zu den bestehenden Auslösewerten für Dioxine sind se-

parate Auslösewerte für dioxinähnliche PCB in Kraft getreten.

mittelproben, die in unmittelbarer Um-gebung eines Großbrandes erhoben wurden, untersucht.

Milch und Milchprodukte

Insgesamt 119 Planproben Milch und Milchprodukte wurden 2007 auf Di-oxine und dioxinähnliche PCB unter-sucht. Alle ermittelten Gehalte lagen unterhalb der zulässigen Höchstmen-ge von 3 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett für Dioxine und von 6 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Fett für die Sum-me aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB. Auch die Auslösewerte von 2 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett für Dioxine und von 2 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett

Untersuchungsergebnisse in der Übersicht

Im Jahr 2007 wurden insgesamt 565 Proben auf Dioxine untersucht, hier-

von 420 Lebensmittel, 119 Futtermittel, 22 Grasproben (im Rahmen eines

Referenzmessprogrammes) und 4 Humanproben. Bei 404 Lebensmitteln

und 48 Futtermitteln wurden zusätzlich zu den Dioxinen auch die dioxin-

ähnlichen PCB bestimmt. Die Ergebnisse der Futtermitteluntersuchungen

werden separat in Kapitel VI Futtermittel dargestellt. Die Humanproben

wurden für die internationale WHO-Studie zu Gehalten von Dioxinen,

PCBs und anderen persistenten Organochlorkontaminanten in Human-

milch in Zuständigkeit als WHO-Referenzlabor analysiert.

Die weitaus meisten der 420 Lebens-mittelproben zeigten die schon in frü-heren Jahren für die jeweiligen Matri-ces festgestellten Dioxingehalte. Auch die Gehalte an dioxinähnlichen PCB lagen überwiegend im Bereich der bereits vorliegenden Daten aus den vorangegangenen Jahren. Besondere Programme waren die Untersuchung von Rindfleisch und die Untersuchung von Dorschlebern im Rahmen des Öko- bzw. Lebensmittel-Monitorings. Darüber hinaus wurden mehrere Verdachtsproben Guarkernmehl und daraus hergestellte Erzeugnisse in Zusammenhang mit einem Kontami-nationsfall sowie Lebens- und Futter-

114 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Ursächlich hierfür war ein erhöhter Gehalt an dioxinähnlichen PCB. Bei einem Mittelwert von 1,52 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett (Bereich 0,19 – 7,7) für dioxinähnliche PCB in den Rind- und Kalbfleischproben wird deutlich, dass der Auslösewert von 1 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett von der Mehrzahl der Pro-ben nicht eingehalten wird. Die Fra-gestellung, ob erhöhte PCB-Gehalte insbesondere in Rind- und Kalbfleisch aus Freilandhaltung gefunden werden,

WHO-PCDD/F-PCB-TEQ WHO-PCB-TEQ WHO-PCDD/F-TEQ

Anzahl 42 42 42Minimum 0,34 0,19 0,07Median 1,45 1,08 0,30Mittelwert 1,86 1,52 0,33Maximum 8,36 7,70 0,88

da diese Tiere zusätzlich zur Aufnahme über Futtermittel auch Dioxine und di-oxinähnliche PCB aus dem Boden aufnehmen können, konnte anhand der vorliegenden Informationen nicht abschließend geklärt werden.

Haltungs-form

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ WHO-PCB-TEQ WHO-PCDD / F-TEQ

Käfig Boden Freiland Käfig Boden Freiland Käfig Boden Freiland

Anzahl 10 30 50 10 30 50 10 31 50Minimum 0,30 0,20 0,26 0,19 0,12 0,13 0,06 0,08 0,13Median 0,59 0,67 1,01 0,32 0,40 0,65 0,19 0,19 0,38Mittelwert 0,70 0,88 1,99 0,37 0,51 1,34 0,34 0,37 0,65Maximum 2,00 3,86 10,4 0,75 2,00 9,04 1,45 1,86 3,40

* (WHO-PCDD / F-PCB-TEQ)** Angaben in pg / g Fett

Hühnereier

Insgesamt wurden 115 Hühnereipro-ben auf Dioxine, davon 114 zusätzlich auf dioxinähnliche PCB untersucht. Insgesamt überschritten 2 Eipro-ben den Grenzwert von 6 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Fett für die Sum-me aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB, zwei den Auslösewert für Dioxi-ne von 2 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett und neun den Auslösewert für dioxinähnliche PCB von 2 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett.

Die folgende Tabelle stellt, sofern be-kannt, die Gehalte der Proben differen-ziert nach Haltungsform der Hühner dar: 10 Proben stammen aus Käfighal-tung, 31 aus Bodenhaltung und 50 aus Freilandhaltung. Alle Überschreitungen von Höchstgehalten sowie Auslöse-werten wurden von Eiern aus Freiland-haltung verursacht. Ein Vergleich der Mittelwerte und Mediane der Proben zeigt, dass Eier aus Freilandhaltung für diese statistischen Kenndaten deutlich höhere Werte als Eier aus Käfig- und Bodenhaltung aufwiesen.

Tabelle: Dioxine und dioxinähnliche PCB in Rind- und Kalbfleisch **

Tabelle: Dioxine und dioxinähnliche PCB in Milch und Milchprodukten */**

Tabelle: Dioxine und di-oxinähnliche PCB in Hühnereiern differenziert nach Haltungsform **

Produkt Probenzahl Niedrigster Wert Median Mittelwert Höchster Wert

Milch 54 0,71 1,10 1,14 1,73Butter 30 0,23 0,97 1,00 1,71Joghurt, Sahne 19 0,67 1,06 1,04 1,58Käse 16 0,76 1,18 1,23 2,15

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 115

Dorschleber

Dorschleberkonserven zeigten bei einem 2006 durch-

geführten Lebensmittel-Monitoring oftmals auffallen-

de Gehalte an Dioxinen und PCB. Obwohl es sich bei

Dorschleber nur um ein Nischenerzeugnis handelt,

besteht aufgrund der wiederholt festgestellten erhöh-

ten Gehalte Handlungsbedarf.

Zur Überprüfung, ob die verantwortlichen Betriebe und In-verkehrbringer ihrer Sorgfaltspflicht zur Minderung der Kon-taminantengehalte nachgekommen sind, wurden im Be-richtsjahr 11 weitere Dorschleberkonserven untersucht. In Ermangelung eines separaten Höchstgehaltes für Dorsch leber erfolgten Beanstandungen in Deutschland bisher auf unterschiedliche Weise:

• BeanstandungderFischleberüberdasKN-Systemnach den für Fischleber (Muskelfleisch von Fisch und Fischereierzeugnisse sowie deren Verarbeitungser-zeugnisse) festgesetzten Höchstgehalten von 4 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Frischgewicht und von 8 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Frischgewicht;

• BeanstandungdesabtropfendenÖlsüberdiefürFischöl (2 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett und 10 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Fett) bzw. für pflanzliches Öl (0,75 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett und 1,5 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Fett) gültigen Höchst-gehalte.

Daher wurden jeweils die abgetropfte Leber und das Ab-tropföl separat untersucht. Die folgende Tabelle gibt die Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB sowie de-ren Summe für die Leber sowie für das abgetropfte Öl wieder.

Sowohl bei Bezug auf das Produkt als auch auf das ab-tropfende Öl werden die Höchstgehalte von den meisten Erzeugnissen überschritten, teilweise in erheblichem Um-fang. Um zukünftig eine einheitliche Beurteilung zu gewähr-leisten, hat die Kommission eine speziell für Fischleber und ihre Verarbeitungsprodukte gültige Höchstmenge von 25 pg WHO-PCDD / F -PCB-TEQ / g Frischgewicht vorgeschlagen.

Dorschleber Dorschleberöl

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ

WHO-PCB-TEQ

WHO-PCDD / F-TEQ

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ

WHO-PCB-TEQ

WHO-PCDD / F-TEQ

Anzahl 11 11 11 11 11 11Minimum 6,31 5,00 1,31 11,9 9,71 2,16 Median 37,4 30,8 6,63 105,8 87,8 18,0Mittelwert 38,3 31,0 7,30 103,5 85,1 18,4Maximum 84,6 67,9 16,7 215,3 178,2 37,1

Tabelle: Dioxine und dioxinähnliche PCB in Dorschleber (Angaben in pg / g Frischgewicht) und Dorschleberöl (Angaben in pg / g Fett)

Untersuchungen in Zusammenhang mit einem

Großbrand

Bei einem Großbrand im August 2007 verbrannten

große Mengen an Haushalts- und Autoschrott. Eine

Rauchwolke breitete sich über die dortigen Wiesen,

Obst- und Gemüsegärten aus. Eine Kontamination

u. a. mit Dioxinen sowie dioxinähnlichen PCB war so-

mit nicht auszuschließen.

Neben 11 Grasproben der angrenzenden Wiesen (siehe Kapitel VI Futtermittel ) wurden auch 3 Proben Gemüse un-tersucht. Die ermittelten Gehalte an Dioxinen und dioxin-ähnlichen PCB in den Gemüseproben lagen im Bereich der üblichen niedrigen bis mittleren Hintergrundbelastung für bodennahe Früchte bzw. bodennahes Blattgemüse.

Frau Wahl, CVUA Freiburg ◆

Verunreinigung von Guarkernmehl aus Indien

mit Pentachlorphenol (PCP) und Dioxin

Im Juli informierte die EU-Kommission die Mit-

gliedstaaten über eine erhebliche Kontamination

von Guarkernmehl mit Pentachlorphenol (PCP) und

Dioxinen. In diesem Zusammenhang wurden der

Kommission von verschiedenen Laboratorien Unter-

suchungsergebnisse berichtet, deren Zuverlässigkeit

fragwürdig war. Die Daten waren im Rahmen der be-

trieblichen Eigenkontrolle der Hersteller bestimmt

worden. Die daraus errechneten Korrelationsfakto-

ren zwischen PCP- und Dioxingehalten wiesen daher

beträchtliche Schwankungen auf.

Zur Unterstützung der Kommission wurden vom

EU-Referenzlabor (CRL) für „Dioxine und PCB in Le-

bensmitteln und Futtermitteln“ in Freiburg und dem

CRL für „Pestizide mit Einzelnachweisverfahren“ in

Stuttgart 12 Proben Guarkernmehl zur Überprüfung

der von Privatlaboratorien berichteten Ergebnisse

und 4 Proben Guarkernmehl zur Identifizierung der

Kontaminationsquelle untersucht.

116 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

27.07.2007

Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg ent-nimmt erste Proben: 12 Proben Guarkernmehle sowie Fruchtzubereitungen, bei denen Guarkernmehl verarbeitet wurde; Aufgabenteilung: Dioxinbestimmungen erfolgen am CVUA Freiburg und PCP-Analytik wird am CVUA Stuttgart durchgeführt.

ab 01.08.2007

Die Presse berichtet über das Thema, z. B.: 01.08 Focus: „Dioxin in deutschem Joghurt“07.08 ZDF heute Magazin: „Fieberhafte Suche nach Dioxin

in Lebensmitteln“08.08. Welt: Konzentrat für Eis und Joghurt mit Gift belastet

01.08.2007

Das CVUA Stuttgart entwickelt und validiert eine Methode zur PCP-Bestimmung in Gu-arkernmehl. Diese wird auf der Homepage des CRL for Single Residue Methods veröf-fentlicht (www.crl-pesticides.eu).

03.08.2007

Erste PCP-Ergebnisse aus Baden-Würt-temberg werden an die EU übermittelt:

In allen 4 untersuchten Guarkernmehlproben aus Indien konnten PCP-Gehalte über 2 mg / kg nachgewiesen werden. Bei einer Probe mit Ur-sprungsland Spanien war PCP nicht nachweisbar.

08.08.2007

Pressemitteilung des MLR: „Erste Laborergeb-nisse der baden-württembergischen Lebensmittelüberwa-chung bestätigen die Verunreinigung eines Verdickungs-mittels mit Pentachlorphenol (PCP) und Dioxinen / keine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher“ (www.mlr.baden-wuerttemberg.de > Service > Presse-service > Pressemitteilungen > Pressemitteilung 180 / 2007)

Chronologie

25.07.2007

Erste Meldung im EU-Schnellwarnsystem (RASFF) zu ei-ner Probe Guarkernmehl, in der im Rahmen der betrieb-lichen Eigenkontrolle 406 pg / g Dioxine und 4 mg / kg PCP nachgewiesen wurden. Es erfolgte ein freiwilliger Rückruf bei den Kunden. Belastetes Guarkernmehl wur-de neben Türkei, Australien und anderen EU-Mitglied-staaten auch an deutsche Firmen in 8 verschiedenen Bundesländern (insgesamt 14 Betriebe) geliefert. Die betroffenen Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Guar-kernmehle und Produkte, die Guarkernmehl enthalten, auf Dioxine und PCP zu untersuchen und sämtliche Er-gebnisse unverzüglich an die EU zu melden.

Basierend auf diesen

Ergebnissen und umfangreichen von der Kommis-

sion zur Verfügung gestellten Daten wurden Korrela-

tionsfaktoren zwischen PCP- und Dioxingehalten ab-

geleitet. Aus dieser Evaluierung konnte die Schluss-

folgerung gezogen werden, dass Guarkernmehl mit

PCP-Gehalten unterhalb von 0,01 mg / kg auch keine

unzulässigen Gehalte an Dioxinen aufweist.

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 117

Bilanz bis September 2007

39 amtliche Proben wurden auf PCP untersucht. In 9 von 31 (29 %) Guar-kernmehlen bzw. Verdickungsmittel-mischungen, die Guarkernmehl be-inhalten, wurden PCP-Gehalte über 0,01 mg / kg nachgewiesen und die Proben als nicht verkehrsfähig beur-teilt. In 7 von 8 untersuchten Frucht-zubereitungen, die Guarkernmehl enthielten, war PCP nachweisbar.

Daher durften diese Fruchtzuberei-tungen nicht mehr für die Herstel-lung von Joghurt verwendet wer-den.

In einer Probe Fruchtjoghurt wurde ein gesicherter Gehalt an Pentachlor-phenol (PCP) von 0,0013 mg / kg nachgewiesen. Es lag hier der Ver-dacht vor, dass bei der Herstellung des Fruchtjoghurts eine Fruchtzube-reitung verwendet wurde, die mit PCP-haltigem Guarkernmehl herge-stellt worden war. Mit der Annah-me von 10 % Fruchtzubereitung im Joghurt und einem Anteil von 1 % Guarkernmehl in der Fruchtmasse wurde mit dem Gehalt von 0,0013 mg PCP / kg Fruchtjoghurt ein PCP-Gehalt von 1,3 mg / kg für die Zutat Guarkernmehl berechnet. Damit lag der PCP-Gehalt im Guarkernmehl gesichert über der Höchstmenge von 0,01 mg / kg.

Alle Proben mit positiven PCP-Be-funden sowie einige „PCP-freie“ Proben wurden zusätzlich auf Di-oxine sowie teilweise auf dioxin-ähnliche PCB untersucht: 12 Gu-arkernmehle, drei Eisbindemittel, drei Fruchtzubereitungen und eine Probe Fruchtjoghurt. Der Frucht-joghurt wies einen Dioxingehalt von 1,83 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett auf, der zwar unterhalb des gültigen Auslösewertes von 2 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett, jedoch deutlich oberhalb der bei Milchpro-dukten üblichen unauffälligen Hin-tergrundbelastung lag.

In den 12 Proben Guarkernmehle wurden Dioxingehalte von 0,012 bis 498 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Pro-dukt nachgewiesen; der Median lag bei 5,97 und der Mittelwert bei 94,5 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Produkt. Da keine spezielle Höchstmenge für Dioxingehalte in Guarkernmehl festgesetzt wurde, leitete die Kom-mission folgende rechtliche Bewer-tung ab:

Um die übliche Dioxin-Hintergrund-belastung auch bei Guarkernmehl abzuschätzen, wird auf die Datenla-ge bei anderen pflanzlichen Lebens-mitteln verwiesen. Dazu wird der Höchstgehalt für Dioxine in pflanz-lichen Ölen und Fetten von 0,75 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Fett sowie der Auslösewert für Obst, Gemü-se und Getreide von 0,4 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Produkt herange-zogen. Aus der Kombination dieser beiden vorliegenden Regelungen leitete die EU-Kommission ab, dass Guarkernmehle mit Dioxingehalten über 0,75 pg WHO-PCDD / F -TEQ / g Produkt als nicht akzeptabel hoch kontaminiert angesehen werden.Guarkernmehl wird Lebensmitteln als Zusatzstoff nur in Mengen un-ter 2 % zugesetzt. Daher waren die Gehalte an PCP und Dioxinen, die möglicherweise in Endprodukten enthalten waren, trotz der teilwei-se sehr hohen Gehalte im Guar-kernmehl für den Verbraucher nicht gesundheitsgefährdend.

Inspektionsbesuch des

Europäischen Lebensmittel-

und Veterinäramtes in Indien

05. bis 11.10.2007

Auszug aus dem Bericht über den Inspektionsbesuch GD(SANCO) / 2007 / 7619-RS DE: „Die Ursache des Kontaminationsvorfalls konn-te bis heute nicht eindeutig belegt werden. Die einzig denkbare und bekannte Quelle einer hohen Konta-mination ist die industrielle Nutzung großer Mengen von PCP-Na bei der Guargummi-Herstellung und die an-schließende Nutzung industriellen Guargummis für Lebensmittelzwe-cke oder die Kreuz kontamination aufgrund einer mangelhaften Tren-nung der beiden Verfahren.“

Herr Dr. Schüle, CVUA Stuttgart, Frau Dr. Kypke und Frau Wahl, CVUA Freiburg ◆

Hintergrundinformation

Bei Guarkernmehl handelt es sich um ein Verdi-ckungsmittel, das aus der Guarbohne gewonnen wird. Indien produziert ca. 80 % der gesamten Welt-produktion. Guarkernmehl ist als Lebensmittelzu-satzstoff zugelassen und wird als Verdickungsmit-tel, Emulgator, Bindemittel und Geliermittel bei der Herstellung einer großen Anzahl von Lebensmitteln (z. B. in Fruchtzubereitungen, Joghurt, Getränken, Suppen) sowie auch im Non-Food-Bereich einge-setzt. In der Zutatenliste auf Lebensmittelverpackun-gen wird es mit dem Kürzel E 412 angegeben.

Pentachlorphenol ist ein krebserregendes Pilzbe-kämpfungsmittel dessen Anwendung seit 1989 in Deutschland verboten ist. Die Höchstmenge für PCP ist bisher nicht EU-harmonisiert. In Deutsch-land gilt für Guarkernmehl eine Höchstmenge von 0,01 mg / kg.

Mögliche Ursache der Kontamination von Guar-

kernmehl mit PCP und Dioxinen:

Es ist einerseits denkbar, dass PCP bei der Urpro-duktion der Guarbohnen angewendet wurde und das eingesetzte PCP seinerseits mit Dioxinen kon-taminiert war. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Guarkernmehl, das für technische Anwendungen mit PCP behandelt war, Guarkernmehl für Lebens-mittelzwecke zugemischt bzw. entsprechend um-deklariert wurde.

Die Kontamination wurde im Rahmen einer Ei-genkontrolle eines Guarkernmehl verarbeitenden Betriebs im Juli 2007 entdeckt. Ein tschechisches Labor hatte hier erhöhte Dioxin- und PCP-Gehalte in Guarkernmehl einer Firma aus Indien nachgewie-sen.

118 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

1 mg / kg Körpergewicht herabge-

setzt. Die Spielräume zwischen dem herabgesetzten PTWI-Wert und der Aufnahme durch die Nahrung werden dadurch sehr klein.

Aluminium ist das dritthäufigste Ele-ment der Erdkruste und natürlicher Bestandteil insbesondere pflanzlicher Lebensmittel. Im Gegensatz zu den darin enthaltenen, meist vergleichs-weise niedrigen Gehalten – eine Aus-nahme bildet hier z. B. Kakao (siehe Kapitel III Schokolade) – sind erhöhte Aluminiumgehalte vielfach auf alumi-niumhaltige Zusatzstoffe oder Konta-

minationen während der Herstellung bzw. Lagerung zu-rückzuführen. Aluminiumhaltige Zusatzstoffe werden ins-besondere in Süßwaren z. B. als Trennmittel, Füllmittel in Kaugummi, Überzugsmittel oder Farblack eingesetzt. Im Berichtsjahr wurden 162 Süßwaren auf ihren Aluminium-gehalt untersucht. Auffällige Gehalte wurden in gefärbten dragierten Süßwaren und Kaugummis gefunden. Wäh-rend die Gehalte in undragierten Kaubonbons, Hart- und Weichkaramellen, Fruchtgummis und Schaumzuckerwaren in der Regel weit unter 10 mg / kg lagen, wurden in ge-färbten dragierten Erzeugnissen Gehalte bis zu 150 mg / kg gemessen. Je nach Hersteller und Färbung wurden sehr große Unterschiede im Aluminiumgehalt der Produkte fest-gestellt. Kaugummis wiesen mit deutlichem Abstand die höchsten Aluminiumgehalte, aber auch je nach Produkt die größten Schwankungen zwischen 16 und 2 500 mg / kg auf. Ursache für die hohen Gehalte dürfte hauptsächlich der für Kaumassen zugelassene Zusatzstoff Aluminiumoxid sein. Weitere Untersuchungen ergaben, dass beim Kauen von Kaugummis nahezu der gesamte Anteil an Aluminium in der Kaumasse verbleibt und allenfalls sehr geringe Mengen in den Speichel übergehen. Damit kann wohl zumindest hinsichtlich der hohen Aluminiumgehalte in Kaugummis Entwarnung gegeben werden.

Die Untersuchung von Säuglingsanfangsnahrung auf Aluminium ergab, dass bei einer Probe auf Sojabasis die wöchentliche Aufnahmemenge für Aluminium zu 65 % aus-geschöpft wurde. Hierbei wurde vorsorglich eine 100 %ige Resorption angenommen. Dieses Erzeugnis enthält Soja-proteinisolat als Eiweißquelle und wird bei Säuglingen mit Milchunverträglichkeits- bzw. Milchallergiereaktionen ab der ersten Woche als einzige Nahrungsquelle verwendet. Als ursächlich für erhöhte Aluminiumgehalte in Säuglings-anfangsnahrung auf Sojabasis wird die Kontamination von Sojaproteinen und von Calciumsalzen, die zur Calciuman-reicherung eingesetzt werden, mit Aluminium beschrieben. Herr Reiser, CVUA Sigmaringen ◆

Schwermetalle und toxische Spurenelemente

Toxische Schwermetalle können von Pflanzen oder Tieren aufgenommen

werden und so in die Nahrungskette gelangen. Im Hinblick darauf gehört

insbesondere die Bestimmung der Elemente Blei, Cadmium und Quecksil-

ber seit langem zu den Routineaufgaben der Lebensmittelüberwachung.

Für diese Elemente existieren europaweit verbindliche Höchstgehalte für

verschiedene Lebensmittel, die zusammen mit Höchstgehalten anderer

Kontaminanten in der Verordnung (EG) Nr. 1881 / 2006 festgelegt sind.

Neben diesen und anderen mehr oder weniger gesundheitsschädlichen

Schwermetallen gibt es aber auch viele Elemente, deren Aufnahme für

den Erhalt der menschlichen Gesundheit notwendig ist. Bestimmte Ele-

mente können aber auch zur Charakterisierung von Lebensmitteln (z. B.

Weine, Säfte, Separatorenfleisch) herangezogen werden.

Im Berichtsjahr wurden in 6 313 Proben insgesamt 41 235 Elementbestim-

mungen durchgeführt. Das Spektrum umfasste dabei 32 verschiedene

Elemente.

Die Situation hinsichtlich der Belastung von Lebensmitteln mit den toxischen Schwermetallen Blei, Cadmium und Quecksilber ist weitgehend unverändert. Während die-se Elemente bei den meisten Lebensmitteln keine Rolle spielen, sind die Gehalte in einzelnen Lebensmitteln bzw. Lebensmittelgruppen immer wieder auffällig. Hierzu zählen vor allem erhöhte Cadmium- und Quecksilbergehalte in marinen Lebensmitteln wie Fischen, Krustentieren (Kreb-se), Schalentieren (z. B. Muscheln) und Weichtieren (z. B. Kopffüßer wie Tintenfisch). Nahrungsergänzungsmittel aus Muscheln oder Algen wiesen entsprechend auffällige Cadmium- und Bleigehalte auf. Bei den pflanzlichen Le-bensmitteln gilt dies für Cadmium in Ölsaaten wie Lein-samen, Mohn und Sonnenblumenkernen sowie in Kakao bzw. Schokolade (siehe auch Kapitel III Schokolade).

Interessant im Zusammenhang mit der Untersuchung von Muscheln auf Schwermetalle ist die Tatsache, dass sich die Cadmiumgehalte in den verschiedenen Teilen der Ja-

kobsmuscheln deutlich unterscheiden. Dies wurde durch die getrennte Untersuchung von Muskelfleisch, Rogensack und Eingeweiden einer Jakobsmuschel belegt: Während der Cadmiumgehalt im Muskelfleisch mit 0,21 mg / kg deut-lich unter dem Höchstgehalt von 1,0 mg / kg lag, war dieser im Rogen mit 0,92 mg / kg nur knapp unterschritten. In den Innereien wurde dagegen mit 30,4 mg / kg ein sehr hoher Gehalt bestimmt. Die Eingeweide werden bei frischen Ja-kobsmuscheln mitunter mitgegessen; aufgrund der festge-stellten Gehalte kann davon nur abgeraten werden.

Im Blickfeld des Interesses stand im Berichtsjahr das Ele-ment Aluminium. Aufgrund neuerer Untersuchungen, nach denen Aluminium bereits bei geringen Dosen zu Störungen bei der Fortpflanzung und der Entwicklung des Nervensystems führen kann, wurde dieses Element durch das Gemeinsame Expertenkomitee von FAO und WHO (JECFA) im Sommer 2006 neu bewertet. Die vorläufige wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge (provisional tolerable weekly intake, PTWI) wurde von 7 mg / kg auf

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 119

Entwarnung bei Flaschen- und

Beruhigungssaugern

Durch die Untersuchungen in 2007 wurden die Ergebnisse von 2006 be-stätigt: Keiner der untersuchten Fla-schen- und Beruhigungssauger (10 Proben) war bezüglich der Nitrosamin-abgabe auffällig.

Bei den Luftballonen haben sich die Abgabewerte für Nitrosamine aller-dings gegenüber 2006 nicht verbes-sert: 51 % der untersuchten 24 Proben lagen über dem vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohle-nen Abgaberichtwert für Nitrosamine von 10 µg / kg Gummimaterial.

Eine erfreuliche Entwicklung ergab sich dagegen für die Abgabe der ni-trosierbaren Stoffe: Bei allen 24 un-tersuchten Luftballonproben wurden die vom BfR vorgeschlagenen Richt-werte von 2000 µg / kg bzw. 5 mg / dm2 eingehalten bzw. deutlich unterschrit-ten. Die Abgabewerte lagen zwischen nicht nachweisbar und maximal 1 580 µg / kg bzw. 1,8 mg / dm2.

Frau Fügel, CVUA Stuttgart ◆

Herstellungsbedingte Kontaminanten

Nitrosamine

Insgesamt 146 Proben Lebensmittel, kosmetische Mittel und Bedarfsge-genstände wurden auf Nitrosamine geprüft. Nitrosamine können unter bestimmten Bedingungen in Lebens-mitteln und kosmetischen Mitteln so-wie in Bedarfsgegenständen durch chemische Reaktion gebildet wer-den. Aufgrund ihrer krebserregenden Wirkung sollte die Belastung der Ver-braucher mit Nitrosaminen möglichst gering sein.

Kosmetische Mittel

65 kosmetische Mittel, v. a. Hand-waschpasten und Mascara, wurden auf N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) geprüft. NDELA gelangt als Verunrei-nigung aminhaltiger Inhaltsstoffe, wie z. B. Triethanolamin, in das Produkt oder kann aus diesen während der Herstellung und Lagerung gebildet werden. Gehalte über den technisch vermeidbaren Werten von 10 µg / kg konnten bei 9 % der Proben festge-stellt werden. Der höchste Gehalt wurde in einer Handwaschpaste mit 1 723 µg / kg bestimmt. Da die Exposi-tion mit einer Handwaschpaste jedoch sehr niedrig ist (rinse-off-Produkt, d. h. wird sofort nach der Anwendung ab-gewaschen), lag keine Eignung zur Gesundheitsschädigung vor.

07 NA_Luftballone

0

10

20

30

40

50

60

0

10

20

30

40

50

60

< 10 11 – 50 > 50 µg / kg

Proz

ent

2005

2006

2007

Lebensmittel nur gering belastet

In Gegenwart von Nitrit und Nitrat kön-nen in eiweißreichen Lebensmitteln Nitrosamine gebildet werden. Bei der Bierherstellung können Nitrosamine beim Darren von Gerste entstehen, wenn die zum Darren verwendete Heißluft Stickoxide enthält. Techni-sche Richtwerte existieren nur für N-Nitrosodimethylamin (NDMA) in Bier (0,5 µg / kg) und Malz (2,5 µg / kg). Untersucht wurden Biere, gepökelte Fleischerzeugnisse und Käse sowie geräucherter Fisch. Bei allen 17 Bier-proben lagen die Gehalte an NDMA unterhalb des technischen Richtwer-tes bzw. unterhalb der Nachweis-grenze. Andere Nitrosamine konnten in Bier nicht nachgewiesen werden. Auch in den restlichen 29 Lebensmit-telproben konnten keine auffälligen Ni-trosamingehalte festgestellt werden.Bier, insbesondere das aus dunklem Malz gebraute, galt früher als eine der wichtigsten Quellen für die Aufnahme von Nitrosaminen über die Nahrung. In den letzten 5 Jahren wurden insge-samt 151 Biere auf ihren Gehalt an Ni-trosaminen untersucht. In 12 Proben konnte NDMA nachgewiesen werden. Der Richtwert von 0,5 µg / kg wurde jedoch nur bei einer Probe leicht über-schritten. Dies zeigt, dass die Aufnah-me von Nitrosaminen über Bier heute nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Grafik: Nitrosaminabgabe bei Luftballons 2005 – 2007

120 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Cyclopenta(c, d)pyren Chrysen 5-Methylchrysen

Benzo(c)fluoren JECFA Benzo(b)fluoranthen Benzo(j)fluoranthen

Benzo(k)fluoranthen Benzo(a)anthracen

Benzo(a)pyren Dibenz(a,h)anthracen Indeno(1,2,3-cd)pyren

Benzo(g.h.l)perylen Dibenzo(a,l)pyren Dibenzo(a,e)pyren

Dibenzo(a,h)pyren Dibenzo(a,i)pyren

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Rückstandssituation in Lebensmitteln

Bei den polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – einer Stoffgruppe aus ca. 250 verschiedenen

Verbindungen – handelt es sich um Umweltkontaminanten. Einige dieser Verbindungen weisen unterschiedlich

starke kanzerogene (krebserregende) Eigenschaften auf. Benzo(a)pyren ist der bekannteste Vertreter dieser Stoff-

gruppe. PAK werden u. a. gebildet bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material, aber auch

beim Grillen, Räuchern von Lebensmitteln sowie beim Rauchen von Tabakerzeugnissen (z. B. Zigaretten). Fast die

Hälfte der durchschnittlichen PAK-Belastung bei Menschen wird durch kontaminierte Nahrungsmittel verursacht.

Die Kontamination von pflanzlichen Lebensmitteln, wie z. B. Getreide und Gemüse, mit PAK entsteht durch Ab-lagerungen von PAK-haltigem Staub aus der Luft. Eine überhöhte Belastung von geräucherten Lebensmitteln, wie z. B. Rauchfleisch und geräucherte Fische, kann durch unsachgemäße Räucherverfahren verursacht werden. Auch Trocknungsverfahren über offenem Feu-er (z. B. Trocknung von Trester vor der Gewinnung von Traubenkernölen) führen zu überhöhten PAK-Gehalten in Lebensmitteln.

Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU hat 15 PAK-Substanzen aufgelistet, die als karzinogen eingestuft werden (siehe Abbildungen). Benzo(a)pyren ist die Leitsubstanz für krebserre-

gende PAK.

Auf Benzo(c)fluoren wird zusätzlich geprüft, da diese Substanz nach Bewertung des FAO / WHO-Experten-gremiums JECFA im Verdacht steht, Lungenkrebs auszulösen.

In der Verordnung (EG) Nr. 1881 / 2006 sind Höchst-

mengen bei PAK ausschließlich für Benzo-(a)pyren in verschiedenen Lebensmitteln wie z. B.

• Öle,Fette:2µg/kg,

• NahrungfürSäuglingeundKleinkinder:1µg/kg,

• geräuchertesFleischundgeräucherteFleisch-erzeugnisse sowie Muskelfleisch von geräucher-tem Fisch und geräucherten Fischerzeugnissen: 5 µg / kg.

Im Berichtszeitraum wurden 553 Lebensmittel auf ihre Gehalte an PAK untersucht. In 156 Proben (28 %) war Benzo(a)pyren nachweisbar.

Abb.: PAK – Chemische Formeln

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 121

Geräucherte Fische / Fischerzeugnisse

Das EU-Schnellwarnsystem (Rapid Alert System For Food And Feed – RASFF) listet für das Jahr

2007 insgesamt 50 Warnmeldungen mit überhöhten Gehalten an Benzo(a)pyren auf. Über 50 %

der Meldungen betreffen geräucherte Fische (insbesondere Konserven) und getrocknete Fische.

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) kommt in einem Bericht vom Juni 2007 über eine Auswertung von ca. 8000 Lebensmittelproben, die von 16 EU-Mitgliedsstaaten untersucht worden sind, zu folgenden Ergebnissen:

• DiedurchschnittlichePAK-KontaminationinderEU ist ziemlich niedrig. Die Gehalte an Benzo(a)pyren lagen in den untersuchten Proben im Mit-tel bei 0,4 µg / kg.

• DieAnnahme,dasssichBenzo(a)pyrenalsguter Indikator für jegliche PAK-Kontamination eignet, muss infrage gestellt werden, da die Auswertung der EFSA auch Rückstände ande-rer PAK bei Ab wesenheit von Benzo(a)pyren aufzeigte.

Sonstige Proben

In geräucherten Fleischerzeugnissen (Schinken, Bauch-speck, Rohwürsten) spielt der Gehalt an PAK seit Jahren nur noch eine untergeordnete Rolle. In 88 untersuchten Proben waren keine Rückstände an Benzo(a)pyren enthal-ten.

Im Rahmen des Lebensmittelmonitorings wurden 64 Pro-ben Trockenfrüchte (Aprikosen und Rosinen) und Ma-

cadamianüsse auf PAK untersucht. Nur vereinzelt waren geringe Spuren an Benzo(a)pyren nachweisbar.

11 Proben getrocknete Pilze wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren von 0,3 bis 5,8 µg / kg auf. Ein Höchstgehalt ist für diese Lebensmittel nicht festgelegt.

Getreideprodukte wie z. B. Grünkern, Buchweizen und Hir-se werden gelegentlich über offenem Feuer bzw. direkt mit Verbrennungsabgasen getrocknet. 20 untersuchte Proben aus dieser Produktgruppe wiesen in keinem Fall Benzo(a)pyrengehalte über 1 µg / kg auf.

Erfreulich war die Rückstandssituation in Säuglings- und

Kleinkindernahrung. Nur in einer von 13 untersuchten Proben waren geringe Rückstände (0,3 µg / kg) an Benzo(a)pyren enthalten, die somit deutlich unter dem Höchstgehalt von 1 µg / kg lagen.

Herr Klein, CVUA Sigmaringen ◆

Aufgrund der nach wie vor bestehenden Problematik von PAK-Rückständen in Fischkonserven mit Speiseöl, insbe-sondere geräucherten Sprotten in Öl aus dem Baltikum wurden auch im Rahmen des Bundesweiten Überwa-chungsplanes 2007 (BÜP) derartige Produkte untersucht. Hierbei wurden der Fisch- und der Ölanteil getrennt unter-sucht und bewertet. In der Kontaminanten-Höchstgehalt-VO (EG) 1881 / 2006 sind für Benzo(a)pyren- Höchstgehalte von 5,0 µg / kg in geräucherten Fischen und von 2,0 µg / kg in Speiseöl festgelegt. Ein Höchstgehalt für den Gesamtinhalt einer solchen Konserve (Fisch plus Aufguss) existiert nicht. Von 99 untersuchten Fischkonserven in Speiseöl wurden 4 Proben geräucherte Sprotten aus dem Baltikum wegen überhöhten Gehalten an Benzo(a)pyren beanstandet. Die Gehalte lagen in den Ölanteilen zum Teil über 30 µg / kg und in den Fischanteilen bis über 5 µg / kg.

In Lettland werden nach wie vor traditionelle Herstel-lungsverfahren mit direkter Räucherung im Vergleich zu alternativen Herstellungsverfahren mit indirekter Räuche-rung oder mit Flüssigrauch bzw. Raucharoma bevorzugt. Durchschnittlich werden jährlich ca. 50 Tonnen Fischkon-serven mit geräucherten Fischen aus Lettland exportiert. Das bedeutet einen Anteil von 65 % am gesamten Export von Fischkonserven bei einer Stückzahl von ca. 300 Milli-onen Konserven. Lettland beantragte im EU-Sachverstän-digen-Ausschuss „Industrie- und Umweltkontaminanten“, einen Benzo(a)pyren-Höchstgehalt von 10 µg / kg für den Gesamtinhalt einer Fischkonserve festzusetzen. Hierüber wird die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EF-SA befinden müssen.

Eine Probe geräucherter Catfisch aus Afrika wies mit 63 µg / kg einen Benzo(a)pyrengehalt weit über dem Höchst-gehalt von 5 µg / kg auf.

Öle und fetthaltige Produkte

Von 119 untersuchten Pflanzenölen überschritten nur 3 Pro-ben den Höchstgehalt für Benzo(a)pyren von 2 µg / kg. Die höchsten Gehalte wurden jeweils mit 3,9 µg / kg in einem Kürbiskernöl und in einem Sonnenblumenöl (Herkunft: Uk-raine) festgestellt. 23 Proben Kakaobutter, Kakaomasse und Schokolade waren nur vereinzelt mit geringen Gehalten an Benzo(a)pyren belastet.

122 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Backwaren (42 Proben)

Brot, Brötchen und Brezeln weisen im Allgemeinen nur niedrige Acrylamid-gehalte auf. Im Inneren der Brotkru-me wird wegen des Wassergehaltes auch bei hohen Backofentemperatu-ren eine Temperatur von 100 °C kaum überschritten, deshalb wird Acrylamid fast ausschließlich in der Kruste ge-bildet. Lediglich Kartoffelbrot enthält

mit Gehalten bis zu 292 µg / kg signifikante Mengen an Acrylamid.

Eine Probe Vollkorn-Knäckebrot wies mit 479 µg / kg einen Acrylamidgehalt knapp unter dem Signalwert auf.

Bei Zwieback, Butterkeksen und Kräckern lagen die Acryl-amidgehalte deutlich unter dem Signalwert. Dagegen wie-sen 2 von 10 untersuchten Proben Spekulatius Gehalte über dem Signalwert auf.

Für Kekse für Babys und Kleinkinder gilt ein sehr niedriger Signalwert von 245 µg / kg. In keiner der 7 untersuchten Proben war dieser Wert überschritten.

Ein Problem stellen Lebkuchen und verwandte Erzeug-nisse dar: Lebkuchen enthalten sehr viel reduzierende Zucker (Honig, Invertzuckersirup). In der Regel wird aus Geschmacksgründen das Backtriebmittel Ammoniumhy-drogencarbonat (Hirschhornsalz, ABC-Trieb) verwendet. Wegen des niedrigen Wassergehaltes werden hohe Back-temperaturen nicht nur an der Oberfläche, sondern auch im Inneren der Lebkuchen erreicht. Im Internet sind die „Empfehlungen zur Vermeidung hoher Gehalte an Acryl-amid beim Backen von Lebkuchen“unter www.untersu-

chungsaemter-bw.de für die Öffentlichkeit zugänglich. Bei Beachtung dieser Empfehlungen ist es auch für die Hausfrau und den handwerklichen Bäckerbetrieb möglich, Lebkuchen mit relativ niedrigen Acrylamidgehalten zu ba-cken. Wie im Vorjahr wiesen Lebkuchen aus industrieller Produktion tendenziell niedrigere Acrylamidgehalte auf, als handwerklich hergestellte Lebkuchen. Zum ersten Mal wur-de erfreulicherweise keine Überschreitung des Signalwer-tes mehr festgestellt.

Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart ◆

Acrylamid

Am 24. April 2002 gingen Meldungen durch die Medien, dass schwedi-

sche Forscher in erhitzten stärkehaltigen Lebensmitteln hohe Konzentra-

tionen an Acrylamid entdeckt haben. Acrylamid ist eine Verbindung, die

bis dahin nur als Ausgangsstoff für Kunststoffe (Polyacrylamid) in Erschei-

nung getreten ist. Es ist bis heute nicht geklärt, ob die Acrylamidgehalte

in den Lebensmitteln beim Menschen Krebs auslösen können. Aus Grün-

den des vorbeugenden Verbraucherschutzes soll dennoch eine Minimie-

rungsstrategie zur schnellen und möglichst vollständigen Vermeidung

von Acrylamid bei der Herstellung oder Zubereitung von Lebensmitteln

führen.

Im Berichtsjahr wurden insgesamt 137 Lebensmittelproben aus Herstellerbetrieben, aus dem Handel und aus der Gas-tronomie auf Acrylamid untersucht. Die Untersuchungser-gebnisse fließen direkt in die Berechnung der so genannten Signalwerte mit ein. Wird in einer Lebensmittelprobe eine Überschreitung des Signalwertes festgestellt, so hat dies zwar noch keine unmittelbare rechtliche Konsequenz (Ver-kehrsverbot, Bußgeld), der Hersteller dieses Lebensmittels ist aber verpflichtet, Maßnahmen zur Ursachenforschung und zur Minimierung der Acrylamidbelastung seiner Pro-dukte einzuleiten (siehe www.bvl.bund.de > Lebensmittel > Unerwünschte Stoffe & Organismen > Acrylamid).

Ende des Jahres 2007 galten folgende Signalwerte:

Kartoffelerzeugnisse (58 Proben)

Die Acrylamidgehalte in Pommes frites liegen meist deut-lich unter dem Signalwert. Die Empfehlungen, die Frittier-temperatur abzusenken (maximal 175 °C) und zu starke Bräunung zu vermeiden („Vergolden statt Verkohlen“) wer-den allerdings nicht immer beachtet, wie 3 Proben mit Ge-halten von 675 bis 816 µg / kg zeigen. Bei den untersuchten Kartoffelchips lag dagegen keine einzige Probe über dem Signalwert. Selbst die früher oft auffälligen Biochips (5 Pro-ben) lagen meist deutlich darunter.

Produkt µg / kg

Kartoffelchips 1 000Pommes frites (verzehrsfähig) 530Knäckebrot 496Feine Backwaren aus Mürbeteig 300Kinderkekse 197Diabetikerbackwaren 545Lebkuchen 1 000Spekulatius 416Frühstückscerealien 180Kaffeepulver 277 Kaffeeextrakt 969Andere Lebensmittel 1 000

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 123

3-MCPD-Ester sind Verbindungen aus 3-MCPD und verschiedenen Fettsäuren, sie entstehen bei hoher Temperatur durch eine Re-aktion von Fettbestandteilen mit Chlorid-Ionen.

Kurz nach Veröffentlichung der Be-funde aus Prag begann das CVUA Stuttgart sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Nachdem zuerst das bestehende Analyse-verfahren entscheidend verbes-sert worden war, wurden bisher mehr als 150 Proben an Fetten, Ölen und fetthaltigen Lebensmit-teln auf 3-MCPD-Ester untersucht. Die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchungen sind in der Abbil-dung zusammengefasst und las-sen sich gemäß der gegenüberste-henden Grafik interpretieren.

In allen bisher untersuchten na-

tiven Pflanzenölen, z. B. Oliven-ölen, Sonnenblumenölen, Raps-ölen, Distelölen, wurden keine 3-MCPD-Ester festgestellt. Dies war auch nicht anders zu erwarten, denn native Speiseöle dürfen bei der Herstellung keinerlei Hitzebe-handlung unterzogen werden.

Kaltgepresste Pflanzenöle ent-hielten nur in ganz wenigen Fällen 3-MCPD-Ester. Die kaltgepressten Öle mit einem auffälligen Gehalt an 3-MCPD-Estern wurden mit großer Wahrscheinlichkeit einer Behandlung mit Wasserdampf (Dämpfung) unterzogen. Die Un-tersuchungsergebnisse lassen

allerdings vermuten, dass nur bei relativ drastischen Dämpfungsbe-dingungen größere Mengen an 3-MCPD-Estern gebildet werden.Die Untersuchungsergebnisse für kaltgepresste Sesamöle, Walnuss-öle und Kürbiskernöle lassen den Schluss zu, dass bei der Röstung von Ölsaaten nur geringe Mengen an 3-MCPD-Estern gebildet wer-den.

Ausnahmslos alle untersuchten raffinierten Pflanzenöle enthalten 3-MCPD-Ester in sehr unterschied-lichen, teilweise sehr hohen Gehal-ten. Die höchsten Werte wurden bisher bei raffiniertem Palmöl, raf-finiertem Walnussöl und raffinier-tem Traubenkernöl festgestellt. Die Untersuchungsergebnisse lassen den eindeutigen Schluss zu, dass bei der Raffination von Speiseölen erhebliche Mengen an 3-MCPD-Estern gebildet werden. Die Raffination von Fetten und Ölen muss nicht kenntlich ge-macht werden. Wenn ein pflanzli-ches Öl weder als „nativ“ noch als „kaltgepresst“ ausgezeichnet ist, kann man allerdings davon ausge-hen, dass es raffiniert ist.

Alle untersuchten Proben tie-

rischer Fette (Butter, Schweine-schmalz, Gänseschmalz und En-tenfett) enthielten keine 3-MCPD-Ester. Dies liegt sicher daran, dass tierische Fette in Deutschland übli-cherweise nicht raffiniert werden.

3-MCPD und 3-MCPD-Ester

3-Chlor-1,2-propandiol (3-MCPD) ist eine Substanz, die schon seit 1978

als reaktionsbedingte Verunreinigung in verschiedenen Lebensmitteln

bekannt ist. Zuerst wurde angenommen, dass 3-MCPD hauptsächlich in

bestimmten Würzsoßen zu finden ist, die durch salzsaure Hydrolyse von

Pflanzeneiweiß hergestellt werden. Im Laufe der Zeit stellte sich aber her-

aus, dass diese Substanz auch beim Herstellen von Backwaren oder beim

Toasten von Brot gebildet wird. Im Jahre 2006 entdeckten Lebensmit-

telchemiker am CVUA Stuttgart, dass 3-MCPD auch beim Räuchern von

Lebensmitteln entsteht (siehe Jahresbericht 2006).

In Lebensmitteln wurde im Rahmen der amtlichen Überwachung bisher nur so genanntes freies 3-MCPD be-stimmt. Für freies 3-MCPD besteht ein EU-Grenzwert von 20 µg / kg, gültig für Sojasauce und für Pflanzenproteinhy-drolysat (HVP). Dieser Wert wird aktu-ell nur noch sehr selten überschritten, das CVUA Karlsruhe stellte jedoch im Berichtsjahr bei einer „historischen“ Probe Speisewürze aus den Achtziger-Jahren einen Gehalt von 340 mg / kg fest.

Der Wissenschaftliche Lebensmittel-ausschuss der EU-Kommission (SCF) und das Joint FAO / WHO Expert Com-mittee on Food Additives (JECFA) ha-ben 2001 für (freies) 3-MCPD eine tolerierbare Aufnahme (TDI) in Höhe von 2 µg pro kg Körpergewicht proTag festgelegt. 3-MCPD hat sich bei hoher Dosierung bei Ratten als tumorbildend erwiesen.

Freies 3-MCPD wurde in Speisefet-ten und -ölen bisher nur im Spuren-bereich unter 10 µg / kg nachgewiesen. Im Jahr 2006 haben jedoch Forscher an der Universität Prag festgestellt, dass Speiseöle hohe Gehalte an 3-MCPD-Fettsäureestern, im folgen-den 3-MCPD-Ester genannt, enthalten können.

Was sind 3-MCPD-Ester und wo kommen sie vor?

124 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Hochraffinierte Pflanzenöle und -fette, dazu teilweise auch gehärte-te Fette, sind Grundbestandteil vie-ler Frittierfette und Margarinen. Bei diesen beiden Produktgruppen wurden bisher die höchsten Gehal-te an 3-MCPD-Estern festgestellt. Tendenziell scheinen Produkte mit gehärteten Fetten und mit Palmölfraktionen höhere Gehalte an 3-MCPD-Estern aufzuweisen. Dies liegt unter anderem daran, dass diese Fette häufig zweimal raffiniert werden.

Säuglinge benötigen für ihre Ernäh-rung eine sorgfältig abgestimmte Mischung aus verschiedenen es-senziellen Fettsäuren. Deshalb enthält Säuglingsmilchnahrung (Anfangs- und Folgemilchnahrung in Form von Trockenpulver) ver-schiedene pflanzliche und tierische Fette und Öle. Diese können nur in raffinierter Form zugegeben wer-den, da sie geschmacklich neutral sein sollen und eine ausreichende Haltbarkeit aufweisen müssen. We-gen des Zusatzes raffinierter Fette und Öle waren auch im Fettanteil von Säuglingsmilchnahrung grö-

ßere Gehalte an 3-MCPD-Estern nachzuweisen.

Woher kommen die 3-MCPD-

Ester?

Die bisherigen Ergebnisse haben gezeigt, dass 3-MCPD-Ester in ers-ter Linie bei der Raffination gebildet werden. Die Raffination von Spei-sefetten ist ein mehrstufiger chemi-scher und physikalischer Prozess, durch den rohe, in diesem Zustand ungenießbare Öle für den mensch-lichen Verzehr brauchbar und halt-bar gemacht werden. Der weitaus überwiegende Teil aller Speisefet-te und Speiseöle, die als solche verzehrt oder als Zutat zu anderen Lebensmitteln verwendet werden, ist raffiniert. Die wichtigsten Pro-zessschritte einer Raffination sind die Entschleimung (Entfernung von Lecithin und Schleimstoffen), die Entsäuerung (Entfernung von frei-en Fettsäuren) und die Bleichung (Entfernung von Farbstoffen und Oxidationsprodukten). Der letzte Schritt der Raffination ist in der Regel die Desodorierung. Dabei werden durch eine Wasserdampf-

destillation unter vermindertem Druck bei Temperaturen bis 250 °C unerwünschte Geruchs- und Ge-schmackstoffe entfernt.Gemeinsam durchgeführte Versu-che mit dem Institut für Lipidfor-schung der Bundesforschungsan-stalt für Ernährung und Lebensmit-tel (BFEL) führten zu dem Ergebnis, dass in Speisefetten und Speise-ölen nahezu die gesamte Menge an 3-MCPD-Estern im letzten Teil-schritt der Raffination, der Desodo-rierung, gebildet wird.

Grafik: 3-MCPD-Ester – Mittelwerte der einzelnen Produktgruppen

3-MCPD 2007

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

Kakaobutte

r / Schoko

lade

natives O

livenöl

andere native / k

altgepresst

e Pflanzenöle

Pflanzenöl ra

ffiniert

Antipasti

/ Pesto

(im Fe

ttanteil)

Margarine (im

Fetta

nteil)

Bratfett,

Frittie

rfett (

ungebraucht)

Nuss-Nougatcremes (

im Fe

ttanteil)

Säuglingsn

ahrung (Trocke

npulver –

Fetta

nteil)

tieris

che Fette

3-MCPD 2007

0

500

1000

1500

2000

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3000

3500

4000

4500

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

Kakaobutte

r / Schoko

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natives O

livenöl

andere native / k

altgepresst

e Pflanzenöle

Pflanzenöl ra

ffiniert

Antipasti

/ Pesto

(im Fe

ttanteil)

Margarine (im

Fetta

nteil)

Bratfett,

Frittie

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ungebraucht)

Nuss-Nougatcremes (

im Fe

ttanteil)

Säuglingsn

ahrung (Trocke

npulver –

Fetta

nteil)

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che Fette

3-MCPD 2007

0

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1000

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0

500

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2000

2500

3000

3500

4000

4500

Kakaobutte

r / Schoko

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natives O

livenöl

andere native / k

altgepresst

e Pflanzenöle

Pflanzenöl ra

ffiniert

Antipasti

/ Pesto

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Margarine (im

Fetta

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Bratfett,

Frittie

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ungebraucht)

Nuss-Nougatcremes (

im Fe

ttanteil)

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npulver –

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nteil)

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che Fette

3-MCPD 2007

0

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1000

1500

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3000

3500

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0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

4500

Kakaobutte

r / Schoko

lade

natives O

livenöl

andere native / k

altgepresst

e Pflanzenöle

Pflanzenöl ra

ffiniert

Antipasti

/ Pesto

(im Fe

ttanteil)

Margarine (im

Fetta

nteil)

Bratfett,

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rfett (

ungebraucht)

Nuss-Nougatcremes (

im Fe

ttanteil)

Säuglingsn

ahrung (Trocke

npulver –

Fetta

nteil)

tieris

che Fette

µg / k

g

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 125

Was bedeutet dies für den

Verbraucher?

Weltweit werden weit über 90% aller Pflanzenfette und Pflanzenöle für den menschlichen Verzehr einer Raffination und damit auch einer Desodorierung unterzogen. Lediglich Olivenöl kommt haupt-sächlich unraffiniert als natives Oli-venöl bzw. naives Olivenöl extra zum Verkauf. Neben Pflanzenölen wird auch praktisch das gesamte Fischöl raffiniert; Schlachttierfet-te und Milchfett werden dagegen meist nicht raffiniert. Bei der Raffi-nation werden nicht nur unangeneh-me Geruchs- und Geschmacksstof-fe, sondern auch toxische Substan-zen wie Pestizide, Schwermetalle, giftige Pflanzeninhaltsstoffe, Myko-toxine und PAK entfernt. Ohne Raf-fination könnte ein großer Anteil der weltweit erzeugten Fette und Öle nicht für die menschliche Ernährung genutzt werden.

Raffinierte Speisefette werden nicht nur als solche verzehrt, z. B. als Salatöl, als Brat- und Frittierfett, als Fettkomponente von Margarine und Mayonnaise, sondern sie sind auch als Zutat in vielen anderen Le-bensmitteln, von der Fettglasur in Backwaren, über Keksfüllungen und Brotaufstrichen, bis hin zur Säug-lingsnahrung, enthalten.

Besteht für den Verbraucher ein

Gesundheitsrisiko?

Das Bundesinstitut für Risikobewer-tung (BfR) hat eine erste toxikologi-sche Einschätzung zur Bedeutung der 3-MCPD-Ester in Fetten und fetthaltigen Lebensmitteln abgege-ben. Danach besteht keine unmit-telbare Gefährdung der Gesundheit, sowohl für Erwachsene als auch für Säuglinge und Kleinkinder. Einige wichtige Fragen sind aber bisher von der Wissenschaft noch nicht ge-klärt worden, insbesondere die Fra-ge, ob 3-MCPD-Ester im mensch-lichen Verdauungstrakt zu freiem 3-MCPD gespalten werden können.

Da ein Rest an Unsicherheit über die Langzeitfolgen von 3-MCPD-Estern besteht, ist es notwendig, die Gehalte in den Lebensmitteln so weit wie möglich zu minimieren. Es bestehen dabei in mancher Hinsicht Ähnlichkeiten zur Acrylamid-Proble-matik, dort sind die Gehalte in den betroffenen Lebensmitteln in den fünf Jahren seit Entdeckung des Problems deutlich gesunken.

Was können Verbraucher und

Lebensmittelwirtschaft tun?

Die Lebensmittelwirtschaft steht vor dem schwierigen Problem, das jahrzehntelang bewährte Verfah-ren der Raffination von Speisefet-ten und Speiseölen mit einer ganz neuen Zielrichtung zu verbessern und zu optimieren. Dieser Anpas-sungsprozess wird, trotz größter Anstrengungen der betroffenen In-dustrie, nicht von heute auf morgen zu verwirklichen sein.

Ein Sonderfall stellt die Säuglings-milchnahrung dar. Bei diesem sehr sensiblen Lebensmittel sind die Hersteller in ganz besonderem Maße gefordert, die Gehalte an 3-MCPD-Ester vorrangig zu senken. Eltern sollten ihre Säuglings auch weiterhin wie gewohnt füttern. Für Säuglinge, die nicht gestillt werden können, gibt es keine Alternative zu Anfangs- und Folgenahrung. Mütter sollten auch nicht auf Kuhmilch, Zie-gen- oder Pferdemilch ausweichen, da ihnen wichtige Nährstoffe fehlen, die der Säugling braucht.

Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart ◆

126 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Furan

Furan ist ein Stoff, der in zahlreichen Lebensmitteln vorkommt und für

den Menschen ein mögliches Karzinogen darstellt. Auch wenn nach

derzeitigem Kenntnisstand nicht von einer akuten Gesundheitsgefahr

auszugehen ist, sind umfangreiche Untersuchungen im Sinne des vor-

beugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes notwendig. In geröste-

tem Kaffee sind die höchsten Furankonzentrationen festgestellt worden.

Kaffeegetränke stellen für den durchschnittlichen Erwachsenen die größte

Eintragsquelle von Furan dar.

Bei 130 untersuchten Kaffeeproben auf die Kontaminante Furan zeigte sich, dass Kaffeebohnen mit durch-schnittlich 4200 µg / kg die höchsten Furangehalte aufweisen. Getränke-pulver mit einem Kaffeeanteil weisen mit durchschnittlich 89 µg / kg die ge-ringsten Furangehalte auf. Zwischen coffeinhaltigem und entcoffeiniertem

gemahlenem Kaffee ist kein nennenswerter Unterschied feststellbar (2 300 µg / kg bzw. 2 200 µg / kg). Löslicher Kaf-fee enthält mit 440 µg / kg (coffeinhaltig) bzw. 590 µg / kg (entcoffeiniert) deutlich weniger Furan. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Furangehalt im trinkfertigen Kaffeege-tränk wesentlich vom Zubereitungsverfahren abhängt. Die Furangehalte in aus Kaffeebohnen oder -pulver hergestell-ten Getränken weisen zwischen 18 und 88 µg / l Furan auf (Kuballa T. et. al. Deutsche Lebensmittelrundschau (2005), 6, 229–235). Durch ein mehr oder weniger offenes Brüh-verfahren mit Kaffeepulver, wie z. B. beim klassischen Fil-terkaffee, kann Furan im Kaffeegetränk nur noch zu etwa 25 % des theoretischen Wertes enthalten sein. Dadurch ist es möglich, dass Kaffeegetränke aus löslichem Kaffee trotz geringer Ausgangsbelastung ähnliche Furankonzent-rationen aufweisen wie Kaffeegetränke aus Kaffeepulver oder -bohnen.

Herr Dr. Martin, CVUA Freiburg und Herr Dr. Kuballa, CVUA Karlsruhe ◆

0

1000

2000

3000

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7000

Furan_Kaffee 2007

Für die Bildung von Furan sind üblicherweise hohe Tempe-raturen wie Kochen oder Rösten notwendig. Als Vorläufer werden in Lebensmitteln vorkommende Kohlenhydrate, Aminosäuren, Ascorbinsäure, mehrfach ungesättigte Fett-säuren oder so genannte Precursoren wie etwa 2-Furancar-bonsäure diskutiert. Umfangreiche Untersuchungen zeig-ten, dass Furan in einer Vielzahl von Lebensmitteln, insbe-sondere in geröstetem Kaffee, vorkommt. Kaffeegetränke sind mit einem durchschnittlichen jährlichen Verbrauch von 146 Litern pro Kopf (2007) in Deutschland Spitzenreiter unter den Getränken, sodass die genaue Kenntnis der Be-lastung der Verbraucher von wesentlicher Bedeutung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz ist.

µg / k

g

Maximum

Median

Minimum

Mittelwert

n = Anzahl untersuchter Proben

Grafik: Furan in Kaffee und Kaffeeprodukten

Kaffe

e ge

mah

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coffe

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ltig

(n =

57)

Kaffe

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mah

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1)

Kaffe

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11)

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Kaffe

e (n

= 1

4)

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2007 127

Echte Vanille?

Natürliches und synthetisches Vanillin sind mit gängigen Analyseverfahren nicht unterscheidbar. Ein hoher Preis-unterschied zwischen natürlichem und künstlichem Vanillearoma verbunden mit dem schwierigen chemischen Nachweis bietet einen großen Anreiz für Fälschungen. Am CVUA Freiburg wurde 2007 ein Stabilisotopenverfah-ren etabliert, das die Unterscheidung zwischen echtem Vanillin und che-misch bzw. biotechnologisch herge-stelltem Vanillin anhand des Kohlen-stoff-Isotopenmusters ermöglicht.

Mogeleien mit Äpfeln

Heimisches Obst, insbesondere mit dem Bio-Etikett, lässt sich besser ver-kaufen. Auch 2007 wurden wieder Äpfel von „fliegenden Händlern“ als Bio-Äpfel vom Bodensee angepriesen. Dies konnte mithilfe der Isotopenme-thode und der hier aufgebauten Apfel-Datenbank als Verkaufstrick entlarvt werden.

Drittlandsweine (außerhalb EU)

Untypische Isotopenwerte bei Weinen aus Drittländern besonders aus Ost- und Südosteuropa ließen auf Wässe-rungen bzw. Zuckerungen schließen. Die Weine wurden als gefälscht bean-standet, nachdem weitere Messun-gen von Speziallabors die Befunde untermauerten.

Herr Dr. Metschies, CVUA Freiburg ◆

Stabilisotopen-Analytik

Verbraucherinnen und Verbraucher schauen beim Einkauf immer häufiger

auf die geografischen Herkunftsangaben und sind durchaus bereit, für Wa-

ren aus heimischer Erzeugung einen höheren Preis zu bezahlen. Ähnliche

Erwartungen bestehen auch bei der Hervorhebung bestimmter Zutaten

(z. B. „mit echter Bourbon-Vanille“).

Herkunftsüberprüfung und

Fälschungsnachweis bei Lebens-

mitteln mit der Stabilisotopen-

Methode

Unsere Nahrung ist im Wesentlichen aus den chemischen Elementen Sau-erstoff (O), Wasserstoff (H), Kohlen-stoff (C), Stickstoff (N) und Schwefel (S) aufgebaut. Diese Elemente be-stehen aus einer leichten und einer schweren Atomsorte (= Isotop) in einem bestimmten Mischungsver-hältnis, das aber ortsbedingt durch-aus variieren kann. Diese geringfü-gigen Variationen lassen sich mit der Stabilisotopen-Methode sehr genau messen und erlauben Rückschlüsse auf Erzeugungsregionen, Rohstoff-verwendung sowie Herstellungs- und Anbaumethoden. Das Labor hat im Jahr 2007 insgesamt 336 Proben un-tersucht, davon 178 Handelsproben, von denen 25 (14 %) auffällig oder zu beanstanden waren. 158 Referenzpro-ben mit verlässlicher Herkunftsanga-be wurden zusätzlich analysiert. Der Schwerpunkt der Untersuchungen lag wieder auf Produkten, die in Baden-Württemberg erzeugt werden. Nach-folgend werden ausgewählte Unter-suchungsbereiche dargestellt.

Isotopen-Datenbanken – eine

ständige Aufgabe

Zur Beurteilung von Herkunftsangaben sind umfangreiche Vergleichsdaten erforderlich, denn die Isotopenwerte insbesondere für C, N, O und H variie-ren selbst am gleichen Erzeugungsort (z. B. witterungsbedingt). Eine ständi-ge Aufgabe besteht deshalb in der Er-weiterung der Isotopen-Datenbanken durch Erhebung umfangreicher Mess-daten für Referenzproben.

Frühe Erdbeeren – aus NL

oder D?

Die ersten Erdbeeren aus heimischer Erzeugung werden in jedem Jahr wieder sehnsüchtig vom Verbraucher erwartet und vergleichsweise teuer bezahlt.Aufgrund von Beobachtungen der amtlichen Qualitätskontrolleure er-gab sich 2007 der Verdacht, dass niederländische Erdbeeren als deut-sche angeboten wurden. Die Stabil-isotopen-Messung zeigte tatsächlich für einige Proben auffällige Messer-gebnisse, die nur mit einer direkten Verbrennung von Erdgas zur Erwär-mung der Gewächshausluft erklärbar waren. Der Gewächshausanbau mit direkter Erdgas-Verbrennung ist in den Niederlanden häufig, wenn auch nicht ausschließlich dort anzutreffen. Nachdem man den Händler mit den Unter suchungsergebnissen konfron-tiert hatte, gab dieser eine Falschde-klaration der Ware zu.Hierzu ist am 29.06.2007 auch ein In-ternetbeitrag erschienen unter: www.

untersuchungsaemter-bw.de

128 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

Teil V :

Trinkwasser

Themen:

Mikrobiologische Untersuchungen 130

Arzneimittelrückstände 130

Pflanzenschutzmittelrückstände 131

N-Nitrosodimethylamin 132

Neue Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln 132

Jahresbericht 2007 129

Trinkwasser

Mikrobiolologische Untersuchung von Scherbeneis

Ein Schwerpunkt im Berichtsjahr war die mikrobiologische Untersuchung von Eiswürfeln und Scherbeneis (= Brucheis, Crasheis). Diese Erzeugnisse wer-den von den Gewerbetreibenden überwiegend selbst hergestellt. Sie werden nicht nur zum Kühlen von Getränken in der Gastronomie eingesetzt, sondern finden auch anderweitige Verwendung: So wird Scherbeneis sowohl bei der Herstellung von Lebensmitteln (z. B. von Brezelteig zur Vermeidung einer zu starken Erwärmung des Teiges beim Kneten) als auch bei der Lagerung (z. B. zur Kühlung von Fisch in Kühltheken) verwendet. Aufgrund des direkten Kon-taktes mit empfindlichen Lebensmitteln ist die einwandfreie mikrobiologische Beschaffenheit des Eises von besonders hoher Bedeutung.Insgesamt wurden 84 Proben auf ihren Gesamtkeimgehalt und auf Fäkalindi-katoren untersucht. Bei 25 Proben (= 30%) waren die mikrobiologischen Anfor-derungen nicht erfüllt, weil der Gesamtkeimgehalt zu hoch war oder / und weil Fäkalkeime nachgewiesen wurden.

renblocker, Lipidsenker, Antibiotika, Hormone sowie Diagnostika (Rönt-genkontrastmittel), welche nach vor-liegenden Veröffentlichungen zumin-dest in Oberflächenwässern bereits nachgewiesen wurden.Zurzeit gibt es für diese Stoffe in der Trinkwasserverordnung keinen Grenz-wert. Es gilt daher die allgemeine An-forderung nach § 6 Abs. 1 Trinkwasser-verordnung (2001), dass „im Wasser für den menschlichen Gebrauch che-mische Stoffe nicht in Konzentrationen enthalten sein dürfen, die eine Schä-digung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen“ . Außerdem sollen nach § 6 Abs. 3 „Konzentrationen von chemischen Stoffen, die das Wasser für den menschlichen Gebrauch ver-unreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig beeinflussen können, so niedrig gehalten werden, wie dies nach den allgemein anerkannten Re-geln der Technik mit vertretbarem Auf-wand unter Berücksichtigung der Um-stände des Einzelfalles möglich ist“ .

Die Entnahme von insgesamt 50 Trink-wasser-, aber auch von Rohwasser-proben erfolgte überwiegend risiko-orientiert, d. h. entsprechend dem Haupteintragungspfad wurden Trink- und Rohwässer, welche aus Oberflä-chenwässern gewonnen werden oder bei denen aufgrund der Brunnenlage nahe eines Oberflächengewässers ei-ne Beeinflussung wahrscheinlich ist, bevorzugt beprobt.Diese landesweit durchgeführten Un-tersuchungen von Trinkwässern erga-ben bei nahezu der Hälfte der Proben geringe Belastungen mit den Rönt-genkontrastmitteln Amidotrizoesäure, Iomeprol, Iopamidol und Iohexol und mit dem Antiepileptikum Carbamaze-pin. Die Gehalte lagen meist deutlich unter 0,1 µg / l. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass diese Quote aufgrund der risikoorientierten Probenahme nicht als repräsentativ für die Trinkwas-serversorgung in Baden-Württemberg anzusehen ist.

Arzneimittelrückstände im Wasser

stoffe in das Grund- und Oberflächen-wasser gelangen. Deshalb ist auch die Landwirtschaft als eine mögliche Quelle von Einträgen in die wässrige Umwelt anzusehen.Seit Anfang der 1990er-Jahre werden Arzneimittelrückstände in der Umwelt nachgewiesen, vor allem in Oberflä-chenwässern und im Boden. In der wässrigen Umwelt wurden nach der wissenschaftlichen Literatur bisher mehr als 100 Pharmakarückstände bestätigt. Diese Substanzen wurden vor allem in Zu- und Abläufen von Klär-anlagen, in Oberflächengewässern und im Grundwasser gefunden. In Flüssen wurden Arzneimittel in Kon-zentrationen bis in den µg / l-Bereich gemessen. Hauptsächlich sind Fließ-gewässer belastet, die einen hohen Abwasseranteil besitzen.Sowohl die Konzentration als auch die Anzahl der festgestellten Arzneimittel nimmt entlang des Weges vom Ab-wasser über das Oberflächen- und Grundwasser in das Trinkwasser ab. Im Trinkwasser wurden die meisten in Oberflächengewässern ermittelten Pharmaka bisher nicht oder nur in Spu-ren beobachtet.Das derzeitig untersuchte Substanz-spektrum umfasst eine Reihe ver-schiedener Indikationsklassen wie Analgetika, Antirheumatika, Antiphlo-gistika, Antiepileptika, ß-Rezepto-

Der Einsatz von Arzneimitteln ist in der heutigen Zeit ein fester Bestandteil medizinischer Diagnostik und Thera-pie. Sie werden in der Humanmedi-zin in großen Mengen verwendet. Pro Jahr werden in Deutschland ca. 30 000 Tonnen Pharmaka umgesetzt. Diese Menge verteilt sich auf etwa 3 000 Einzelstoffe, die in über 9 000 Han-delspräparaten angeboten werden.Mit Ausnahme der Röntgenkontrast-mittel sind Arzneimittel aufgrund ihrer Zweckbestimmung biologisch hoch aktiv. Die Wirkstoffe sollen möglichst stabil sein, damit sie lange lagerfähig bleiben. Daher sind viele Arzneimittel-rückstände in der Umwelt stabil.

Der Eintrag in die Umwelt geschieht – neben der unsachgemäßen Entsor-gung – vor allem durch Ausscheidung nicht vollständig metabolisierter Phar-maka von Patienten über das Abwas-sersystem. In den Kläranlagen werden nach dem Stand der heutigen Technik viele Pharmaka nicht oder nur unvoll-ständig abgebaut und gelangen somit anschließend in die nachfolgenden Oberflächengewässer (Vorfluter).

In der Tiermedizin werden teilweise dieselben Wirkstoffe eingesetzt wie in der Humanmedizin. Durch Ausbrin-gung der Gülle auf die Anbauflächen und anschließende Versickerung und Ausschwemmung können die Wirk-

130 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Trinkwasser

Trinkw. Desphenyl 2007

Trinkw. Dimethyl 2007

471102

232

In Rohwässern wurden teilweise Rückstände von weiteren Arzneimit-teln nachgewiesen; die Gehalte lagen hier erwartungsgemäß meist höher als bei Trinkwässern.

Die Untersuchungsergebnisse zei-gen eine gute Übereinstimmung mit den vorliegenden Veröffentlichungen sowohl hinsichtlich der ermittelten Wirkstoffe als auch deren Gehalte. Aufgrund der außerordentlich auf-wändigen Untersuchungsmethodik sind die Nachuntersuchungen zur Ab-sicherung dieser ersten Befunde noch nicht abgeschlossen.

Insgesamt bestätigen die Untersu-chungen, dass nach den vorliegenden Befunden den Röntgenkontrastmitteln und hier insbesondere dem Wirkstoff Amidotrizoesäure und dem Antiepilek-tikum Carbamazepin eine gewisse Re-levanz bei „vorfluternahen“ Wasser-

Pflanzenschutzmittel­rückstände in Trinkwasser

Die im Jahr 2006 begonnenen Un-tersuchungen auf die Metaboliten Chloridazon-desphenyl (gebildet aus dem Unkrautvernichtungsmittel Chlo-ridazon) und N,N-Dimethylsulfamid (DMS, aus dem Fungizid Tolylfluanid) wurden im Berichtsjahr fortgesetzt. Der bereits im Jahr 2006 erkennba-re hohe Anteil an Proben mit quanti-fizierbaren Gehalten wurde für beide Parameter bestätigt.Bei der Interpretation der nachstehen-den Diagramme ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Zahlenangaben um Trinkwasserpro-ben und nicht um betroffene Trink-wasserversorgungsgebiete handelt. Zum einen erfolgte die Probenahme risikoorientiert, zum anderen wurden bei erhöhten Gehalten auch Mehrfach-untersuchungen durchgeführt, sodass die Darstellung für die Trinkwasserver-sorgungssituation insgesamt nicht re-präsentativ ist.

N,N-Dimethylsulfamid wird insbe-sondere aufgrund einer möglichen Bildung von gesundheitlich bedenkli-chem N-Nitrosodimethylamin bei der Ozonierung des Wassers als relevan-

Humanpharmaka

Ausscheidung

Abwasser

Kläranlage

Oberflächenwasser

Veterinärpharmaka

Ausscheidung

Gülle / Dung

Boden

Grundwasser

Entsorgung

Hausmüll

Leckagen

Deponie

Trinkwasser

run off

Grafik links: Die Haupt­eintragspfade von Arzneimitteln in die Umwelt

gewinnungsanlagen beizumessen ist. Dies wird auch durch wissenschaftli-che Veröffentlichungen bestätigt. Erst durch Ozonung und Aktivkohlefiltrati-on lassen sich diese Stoffe zumindest reduzieren.

Trinkw. Desphenyl 2007

Trinkw. Dimethyl 2007

52363

156

< 0,05 µg / l

0,05 – 0,1 µg / l

> 0,1 µg / l

Grafik hinten: N,N­Dimethyl­sulfamid in Trinkwasser

Grafik vorne: Desphenyl­chloridazon in Trinkwasser

Mikrobiologie / Arzneimittel­ und Pflanzenschutzmittelrückstände Jahresbericht 2007 131

Neue Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln

Im Mai 2007 wurden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit weitere Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln mitgeteilt, welche bei Versickerungsstudien im Rahmen des pflanzenschutzmittelrechtlichen Zulassungsverfahrens mit maximalen Jahresdurchschnittskonzentrationen von mehr als 10 µg / l nachgewiesen wurden. Im Rahmen der Zulassungsprüfung wurde festgestellt, dass die bei den Versickerungsversuchen ge-messenen Konzentrationen dieser Metaboliten sowohl aus toxikologischer als auch aus ökotoxikologischer Sicht keine Gefährdung für Mensch und Umwelt darstellen. Die Metaboliten wurden daher in pflanzenschutzrechtlicher Hinsicht als nicht relevant bewertet. Es handelt sich um folgende Abbauprodukte:

• Metazachlor-SulfonsäuremetabolitundMetazachlor-Oxalsäuremetabolit (= Metaboliten des im Raps- und Gemüseanbau verwendeten Herbizids Metazachlor);

• Dimetachlor-SulfonsäuremetabolitundDimetachlor-Oxalsäuremetabolit (= Metaboliten des im Ackerbau (Winterraps) eingesetzten Herbizids Dimethachlor);

• S-Metolachlor-SulfonsäuremetabolitundS-Metolachlor-Oxalsäuremetabolit (= Metaboliten des im Ackerbau (Mais, Zuckermais, Lupine-Arten) eingesetzten Herbizids S-Metolachlor);

• Pethoxamid-Metabolit-42 (= Metabolit des im Ackerbau (z. B. Erbsen, Soja) eingesetzten Herbizids Pethoxamid).

Nach ersten bisher vorliegenden Untersuchungsergebnissen liegen bei diesen Pflanzenschutzmittel-Metaboliten deutlich weniger häufig nachweisbare Gehalte vor als bei den zuvorgenannten Metaboliten Desphenyl-Chloridazon und N,N-Dimethylsulfamid.

ter Metabolit im Sinne der Trinkwas-serverordnung bewertet.Die diesbezügliche Einstufung von Chloridazon-desphenyl war hingegen zunächst offen. Anfang des Jahres 2007 erfolgte die Festlegung durch die EU-Kommission, dass Chlorida-zon-desphenyl als nicht relevanter Metabolit auch nicht der Grenzwert-regelung der Trinkwasserverordnung unterliegt. Um die Belastungssitu-ation dennoch zu reduzieren, wur-de in Baden-Württemberg mit den Hersteller- und Zulassungsinhabern vereinbart, aus Vorsorgegründen in sensiblen und für die Trinkwasserge-winnung bedeutenden Gebieten keine chloridazonhaltigen Produkte mehr auf Rübenanbauflächen zu verwenden. Bei N,N-Dimethylsulfamid führte die mögliche Bildung von N-Nitrosodime-thylamin zu der Anordnung des Bun-desamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, alle Zulassun-gen für Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Tolylfluanid enthalten und nicht nur in Gewächshäusern ausge-bracht werden, ruhen zu lassen.

N­Nitrosodimethylamin, ein Folgeprodukt des DMS

15 Fällen über 0,01 µg / l (Orientie-rungswert bei lebenslanger Auf-nahme) lag. Bei 2 Proben wurde ein NDMA-Gehalt über 0,2 µg / l er-mittelt; allerdings handelte es sich dabei um Rohwasser, das als sol-ches nicht an den Endverbraucher abgegeben wird. Durch Verände-rung der Wasseraufbereitung, z. B. durch zusätzlichen Einsatz einer biologisch aktiven Sand- oder Aktiv-kohlefiltration, können die NDMA-Gehalte deutlich reduziert werden. Im abgegebenen Trinkwasser wur-de in keinem Fall ein Gehalt über 0,01 µg / l festgestellt.

Herr Brezger, CVUA Sigmaringen ◆

Bei der Aufbereitung von Trinkwasser mit Ozon – ein durchaus zulässiges Verfahren zur Reduzierung organi-scher Belastung oder des Keimgehal-tes – entsteht aus vorhandenem DMS das N-Nitrosodimethylamin (NDMA), ein Nitrosamin, das ein stark genotoxi-sches Potenzial besitzt. Deshalb wird vom Umweltbundesamt (UBA) für die lebenslange Aufnahme ein Orientie-rungswert von 0,01 µg / l (= 10 ng / l) empfohlen. Für die Dauer von 10 Jah-ren (so lange dürften Ausnahmege-nehmigungen maximal erteilt werden) nennt das UBA eine maximale NDMA-Konzentration im Trinkwasser von 0,06 µg / l; für die Dauer von 3 Jahren (erste Stufe einer Ausnahmegenehmigung) maximal 0,2 µg / l.

Durch die Gesundheitsämter wurden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen, in denen Ozon zum Einsatz kommt, ermittelt und die Untersuchungen auf NDMA eingeleitet. In 19 von 47 Proben konnte NDMA nachgewiesen werden, wobei der NDMA-Gehalt in

132 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Trinkwasser

Teil VI :

Futtermittel

Themen:

Übersicht 134

Untersuchungsergebnisse 136

Zusammenfassung 138

Jahresbericht 2007 133

Futtermittelkontrolle

Übersicht

Wir als Verbraucher erwarten von der Landwirtschaft hochwertige und

gesunde Lebensmittel. Sichere Futtermittel und gesunde Tiere sind Vor-

aussetzung dafür, dass in Fleisch, Milch und Eiern keine unerwünschten

oder verbotenen Stoffe enthalten sind, die die Gesundheit des Menschen

schädigen können. Die ernähungsphysiologische Qualität einer Futterra-

tion wird vor allem bestimmt durch die eingesetzten Komponenten, die

Gehalte an wertgebenden Stoffen, die mikrobiologische Beschaffenheit

sowie die Verabreichung in einer der betreffenden Tierart gerecht werden-

den Struktur.

Inhalt und Umfang der amtlichen Fut-termittelkontrollen ergeben sich unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Vorjahren, der Entwicklung der futtermittelrechtlichen Regelun-gen und der Vorschläge der EU-Kom-mission. Festlegungen erfolgen im „Rahmenplan der Kontrollaktivitäten für den Futtermittelsektor“ (RKF) durch den Bund in Abstimmung mit den für die amtliche Kontrolle zustän-digen Bundesländern. Die Zahl der Un-tersuchungen auf unerwünschte und verbotene Stoffe wurde in den letz-ten Jahren deutlich erhöht. Damit wird den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 der europäischen Kommission Rechnung getragen, die ein risikoorientiertes Vorgehen in der Futtermittelkontrolle fordert. Die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen, die auch die Fut-termittelkontrolle einschließt, verlangt regelmäßige Kontrollen unter Beach-tung der Risiken und in angemessener Häufigkeit. Prozesskontrollen, die die betrieblichen Abläufe und Dokumen-tationen zum Inhalt haben, werden durch Produktkontrollen ergänzt. Be-probungen von Futtermitteln erfolgen bei Herstellern, im Handel oder auf landwirtschaftlichen Betrieben. Dabei werden mögliche Risiken, die sich aus der Art, der Herkunft und der beabsich-tigten Verwendung eines Futtermittels ergeben, berücksichtigt. Neben risiko-orientiert gezogenen Proben werden auch Zufallsproben z. B. für Statuser-hebungen und zur Ermittlung der Si-tuation im Markt genommen.

Wer wird kontrolliert?

Nach der Verordnung (EG) Nr. 183/ 2005 müssen sich alle Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, trans-portieren oder behandeln, registrieren lassen. Betriebe, die mit „kritischen“ Zusatzstoffen umgehen, müssen bei der zuständigen Behörde eine Zulas-sung beantragen, die erst nach ei-ner Vor-Ort-Kontrolle erteilt werden kann. Prozesskontrollen können über Betriebs- oder Buchprüfungen erfol-gen. Dabei sind die Besonderheiten der jeweiligen Betriebsart zu berück-sichtigen. Folgende Betriebsarten mit charakteristischen Risikopotenzialen können unterschieden werden:

• Einzel-undMischfuttermittel,Zusatzstoffe oder Vormischungen herstellende Betriebe; solche, die Lebensmittel herstellen und Rest-stoffe als Futtermittel abgeben,

• Vertriebsunternehmen(Handelsfir-men, Genossenschaften, Impor-teure), Transportunternehmen, Lagerstätten,

• TierhaltendeBetriebe,fahrbareMahl- und Mischanlagen.

Die Verordnung (EG) Nr. 183/2005 (Fut-termittelhygiene-Verordnung), die seit 1. Januar 2006 gilt und die seit 1. Janu-ar 2008 uneingeschränkt einzuhalten ist, stellt umfangreiche Anforderungen zur Betriebshygiene und zur Buchfüh-rung an alle Futtermittelunternehmer. Auch der Landwirt, der auf seinem Be-trieb Futtermittel herstellt, lagert und an Tiere verfüttert, muss bestimmte Anforderungen erfüllen. An alle sons-tigen Futtermittelhersteller, zu denen auch Händler und Lagerhalter zählen, werden weitergehende Anforderun-gen gestellt. Sie betreffen die Einrich-tungen und Ausrüstungen der Betriebe einschließlich der Produktionsabläufe, das Personal und die Qualitätskontrol-le einschließlich der Prüfung möglicher kritischer Kontrollpunkte (HACCP). Für die Dokumentation aller Maßnahmen sowie die Sicherstellung der Rückver-folgbarkeit ist der Futtermittelunter-nehmer verantwortlich. Die Abläufe im Betrieb bei der Herstellung und im Umgang mit Futtermitteln stehen im Fokus der amtlichen Kontrolle. Ziel der amtlichen Kontrolle ist es deshalb, den Betrieb hinsichtlich der genann-ten Kriterien umfassend zu bewerten und Beprobungen und Untersuchun-gen von Futtermitteln auf das not-wendige Maß auszurichten. Damit haben Betriebsprüfungen und Buch-prüfungen als Kontrolle der Kontrolle eine deutlich höhere Bedeutung. Die Beprobung von Futtermitteln und die Untersuchung der Proben dienen er-gänzend der umfassenden Bewertung der Futtermittelsicherheit.

134 Lebensmittelüberwachung BW Teil VI: Futtermittel

Risikoorientierte Auswahl der Betriebe

und der Proben

Nach dem Rahmenplan der Kontrollaktivitäten im Futter-mittelsektor (RKF), der Bestandteil des mehrjährigen inte-grierten nationalen Kontrollplans ist, werden die Zahl der Untersuchungen und der zu ziehenden Proben sowie die Zahl der Betriebskontrollen aufgeteilt auf die Bundesländer entsprechend der Bedeutung der dort betriebenen Futter-mittelproduktion und der Struktur der Landwirtschaft.

Baden-Württemberg setzt die Vorgaben des RKF

durch folgendes Kontrollkonzept um:

Ein Teil der auf die Gruppe der „Futtermittelhersteller“ entfallenden Proben wird durch eine EDV-gestützte Zu-fallsauswahl ermittelt. Größere Herstellerbetriebe sollen mindestens einmal jährlich einer Betriebskontrolle unterzo-gen werden. Dabei sind Art und Menge der hergestellten Futtermittel zu berücksichtigen. Die amtliche Futtermittel-kontrolle in Handelsbetrieben erfolgt in ähnlicher Weise. Die Auswahl der zu kontrollierenden landwirtschaftlichen Betriebe erfolgte für das Kontrolljahr 2007 EDV-gestützt aus der Gesamtheit aller Betriebe, die einen Antrag auf EU-Direktzahlungen gestellt haben. Dabei werden be-sondere Risiken für die Futtermittel- und Lebensmittelsi-cherheit, wie die gemeinsame Haltung von Wiederkäuern und Nichtwiederkäuern, die Größe des Betriebes oder im Vorjahr festgestellte Verstöße berücksichtigt. Auch fahrbare Mahl- und Mischanlagen, die von landwirtschaftliche Betrieben zur Herstellung von Futtermitteln beauftragt werden, werden re-gelmäßig kontrolliert.

Umfang und Häufigkeit von Buch- und Betriebsprüfungen ergeben sich aus der Art des Be-triebes und der Art und Menge der eingesetzten bzw. hergestell-ten Futtermittel. Grundsätzlich haben die zuständigen Behörden die Möglich-keit, aufgrund eigener Erkenntnisse und in eigener Verantwortung zu handeln. Sonderaktionen und Schwerpunktsetzungen ergeben sich aus einmaligen oder wiederholten Verstößen und Verdachtsfällen. Betriebs- und Buchprüfungen sind wesentliche Bestandteile von Rückver-folgungsmaßnahmen, die sich aus eigenen Erkenntnissen, aus Mitteilungen anderer Bundesländer oder aus Erkennt-nissen anderer europäischer Mitgliedstaaten ergeben kön-nen. Das europäische Schnellwarnsystem (RASFF) dient dabei der schnellen und umfassenden Information und Reaktion innerhalb der EU.

Was wird auf welche Parameter untersucht?

Untersucht werden:

• EinzelfuttermittelwieGetreide,Extraktionsschrote,Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung, Produkte aus Trocknungseinrichtungen oder Mineralstoffe,

• ZusatzstoffewieSpurenelemente,VitamineoderKok-zidiostatika,

• VormischungenvonZusatzstoffenzurHerstellungvonMischfuttermitteln,

• Mischfuttermittel,zusammengesetztausverschiede-nen Einzelfuttermitteln, meist Zusatzstoffe enthaltend.

Schwerpunkte des von der europäischen Kommission empfohlenen Kontrollprogramms sind Untersuchungen aufRückständeanDioxinenunddioxinähnlichenPolychlo-rierten Biphenylen (c-PCB), auf Stoffwechselprodukte von Pilzen(Mykotoxine),aufmöglicheunzulässigeVerwendun-gen von Antibiotika oder Kokzidiostatika, auf Einhaltung des Verbots der Verfütterung von Stoffen tierischen Ursprungs sowie auf Einhaltung der für bestimmte Spurenelemen-te (insbesondere Kupfer und Zink) in Mischfuttermitteln festgelegten Höchstgehalte. Erkenntnisse aus den Vor-Ort-Kontrollen in den Betrieben (Betriebsprüfung), den dort ggf. durchgeführten Prüfungen der Unterlagen und Dokumentationen (Buchprüfung) sowie die Ergebnisse der Untersuchungen der im Rahmen der Kontrolle gezogenen Proben (Probenahme und Untersuchung) sind insgesamt zu berücksichtigen.

Übersicht Jahresbericht 2007 135

Untersuchungsergebnisse

Pharmakologisch wirksame Stoffe

Futtermittel werden regelmäßig auf das Vorhandensein pharmakologisch wirksamer Stoffe untersucht. Solche Stof-fe können aufgrund einer nicht bestimmungsgemäßen Ver-wendung zugelassener oder nicht mehr zugelassener Zu-satzstoffe, durch die Verschleppung eines Tierarzneimittels bzw. durch den illegalen Einsatz solcher Stoffe auftreten. 2007 wurden am CVUA Karlsruhe 246 Futtermittelproben (überwiegend Alleinfuttermittel) untersucht. Die Probe-entnahme erfolgte auf landwirtschaftlichen Betrieben, bei fahrbaren Mahl- und Mischanlagen, Händlern oder Herstel-lerbetrieben. 11 Futtermittel für Schweine bzw. für Geflügel wiesen Rückstände von Arzneistoffen bzw. Zusatzstoffen auf. In geringen Konzentrationen nachgewiesen wurden Antibiotika (v. a. aus der Gruppe der Tetracycline) bzw. Kokzi-diostatika. Als Ursache der Befunde sind Verschleppungen zu vermuten. Eine abschließende Klärung der Ursache und eine Bewertung des jeweiligen Sachverhaltes kann nur vor Ort durch die zuständige Behörde erfolgen.

Kontrollen auch auf landwirtschaftlichen Betrieben

In Baden-Württemberg sind über 40 300 landwirtschaftliche Betriebe als Futtermittelunternehmer nach der Futtermittel-hygieneverordnung registriert. Die Prüfung landwirtschaft-

licher Betriebe erfolgte gemeinsam mit der Le-bensmittelüberwachung überwiegend

im Rahmen von Cross-Compliance-Kontrollen. Insgesamt wurden 746

Kontrollen auf 720 landwirtschaft-lichen Betrieben durchgeführt. Bei 28 Betrieben (3,9 % der kontrollierten Betriebe) gab es Beanstandungen. In 20 Fällen wurde festgestellt, dass Futter-

mittel nicht ausreichend getrennt von Stoffen gelagert wurden, die

eine Gefahr für die Futtermittelsicher-heit darstellen können. Dabei handelte

es sich überwiegend um Pflanzenschutzmittel, gebeiztes Saatgut, Altöl, Dieselkraftstoffe und Nagergifte. In einigen Betrieben wurden starke Verunreinigungen von Futtermitteln durch Mäuse-, Katzen- oder Vogelkot festge-stellt. In einem Fall wurde beanstandet, dass ein Arznei-mittel enthaltendes Futtermittel nicht ausreichend getrennt von sonstigen Futtermischungen ge-handhabt wurde. Das Arzneimittel enthaltende Futtermittel war mit der betriebseigenen Mischanlage her-gestellt worden. Der Landwirt hatte keine Maßnahmen ergriffen, um eine Verschleppung des Arzneimittels in die Folgemischung zu verhindern. Eine Untersuchung dieser Folgemischung hat die Verschleppung bestätigt, eine Gefahr für die Sicherheit der Tiere und der Lebensmittel bestand jedoch nicht. Weitere Beanstandungen betrafen die nicht ausreichende Rückverfolgbarkeit von Futtermitteln. Landwirtschaftliche Betriebe dürfen nur von registrierten Unternehmen Futtermittel beziehen und müssen über alle Ein- und Verkäu-fe Buch führen.

Samen von Ambrosia artemisiifolia in Futtermitteln

Die ursprünglich in Nordamerika beheimatete Ambrosia-Pflanze hat sich v. a. in warmen Gebieten Südosteuropas angesiedelt und breitet sich auch in Deutschland zunehmend aus. Ihre Blütenpollen können starke Allergien auslösen.PollenwerdenextremzahlreichbisindenSpätherbstgebildet,wodurch sich für Allergiker die Leidenszeit verlängert. Nur in wenigen Ge-bieten in Deutschland kann sich die Pflanze eigenständig vermehren, ihre keimfähigen Samen werden immer wieder neu mit Waren aus den Ver-breitungsgebieten eingeschleppt. Als ein wesentlicher Eintragsweg wird Vogelfutter beschrieben.

Das Vorkommen von Ambrosia in Futtermitteln kann nach dem Futtermittel-recht nicht beanstandet werden. Um jedoch die Bedeutung der Futtermittel als Eintragsweg besser einschätzen zu können, werden seit Herbst 2006 durch die amtliche Futtermittelkontrolle in Baden-Württemberg Vogelfutter und darin verwendete Komponenten, wie Sonnenblumensaat, Hirse und Hanf auf das Vorkommen von Ambrosia-Samen untersucht. Auch bei der mikroskopischen Untersuchung sonstiger Futtermittel wird auf deren Vor-handensein geprüft. In 11 der 16 im Jahr 2006 speziell gezogenen Proben wurden Ambrosia-Samen in sehr unterschiedlichen Anteilen nachgewiesen. Stark belastet waren eine Probe Futter für Wildvögel mit 629 Samen je kg sowie eine Probe Hirse mit 2,8 % Ambrosia-Samen, was mehreren Tau-send Samen je kg entspricht. 2007 wurde in 11 von 21 Futtermittelproben Ambrosia-Samen gefunden. Eine Probe Vogelfutter war mit 0,1 % oder 202 Samen je kg am stärksten belastet.

136 Lebensmittelüberwachung BW Teil VI: Futtermittel

Dioxine und dioxinähnliche PCB

Etwa90%derBelastungdesMenschenmitDioxinen,FuranenunddioxinähnlichenPCBstammtausLebens-mitteln. Dabei tragen Lebensmittel tierischen Ursprungs zuetwa80%zurDioxinaufnahmebei.DieBelastungderLebensmittel liefernden Tiere ist vor allem auf die Futter-mittel zurückzuführen, weshalb der Kontrolle von Futtermit-teln eine besondere Bedeutung zukommt. Aufgrund der gleichgerichtetentoxischenWirkungderdioxinähnlichenPCBundderDioxine,istderengemeinsameErfassungund Bewertung sinnvoll. Die Richtlinie 2006/13/EG enthält deshalbnebenHöchstwertenfürDioxineauchsolchefürdieSummeausDioxinenunddioxinähnlichenPCBsowie„Auslösewerte“ . Diese Auslösewerte, die deutlich unter den festgelegten Höchstgehalten liegen, sollen Behörden und Unternehmen frühzeitig veranlassen, durch Nachfor-schungen Kontaminationsquellen zu ermitteln und diese zu beseitigen. Seit November 2006 sind diese Werte Be-standteil des nationalen Futtermittelrechts.

Im Kontrolljahr 2007 wurden durch das CVUA Freiburg 108FuttermittelaufDioxineuntersucht.In105Futtermit-telprobenlagendieDioxingehalteunterhalbderjeweilszulässigen Auslösewerte, und damit auch unterhalb der

Höchstgehalte. Neben Proben von 64 Einzelfuttermitteln, davon 19 aus verschiedenen Getreidearten und 22 aus Öl-saaten, wurden Proben von 36 Mischfuttermitteln und von 3 Vormischungen und 5 Zusatzstoffen untersucht. Von den 108Probenwurden37zusätzlichaufdioxinähnlichePCBundIndikator-PCBuntersucht.DieGehalteandioxinähn-lichen PCB lagen in allen Proben ebenfalls unterhalb der Auslösewerte.

Mit einem Wert von 2,86 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt (bezogen auf 88 % Trockenmasse) überschritt eine Probe Luzernegrünmehl-PelletsausFrankreichdenmaximalzu-lässigen Höchstgehalt von 0,75 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt deutlich. In 2 weiteren in diesem Zusammenhang erhobenen Nachproben aus derselben Charge wurden ebenfalls deutliche Überschreitungen des Höchstgehaltes festgestellt. Die Ergebnisse wurden in das europäische Schnellwarnsystem eingestellt. Sie haben zu Nachforschun-gen der zuständigen französischen Behörden geführt.

Weitere 11 Grasproben, die aus der unmittelbaren Umge-bung einer Großbrandstelle stammten, wurden ebenfalls aufdieGehalteanDioxinenunddioxinähnlichenPCBun-tersucht. Lediglich in 2 Proben lagen die Gehalte für die SummeausDioxinenunddioxinähnlichenPCBüberdemfestgelegten Höchstgehalt von 1,25 ng WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/kg Produkt (88 % TM). Die Ergebnisse waren Grund-lage der notwendigen Vor-Ort-Maßnahmen.

Irreführende Bewerbung eines Futtermittels

„InaktiviertMykotoxine“:MiteinersolchenAussagewer-den bestimmte Futtermittel im Internet beworben. Einem Handelsbetrieb wurde diese irreführende Bewerbung un-tersagt. Nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen konnte bisher nicht sicher nachgewiesen werden, dass be-stimmteStoffeMykotoxinedauerhaftbinden,imDarmei-nes Tieres inaktivieren und dadurch für das Tier unschädlich machen können. Es besteht die Gefahr, dass ein Landwirt im Vertrauen auf die ausgelobte Wirkung, mit Pilzgiften belastete Futtermittel verfüttern und damit die Gesundheit der Tiere beeinträchtigen könnte.

Statuserhebung Mykotoxine

Mykotoxinesindnatürlichvorkommende,giftigeStoffwech-selprodukte von Schimmelpilzen, die auch in Futtermitteln vorkommenkönnen.AflatoxinB1, eine krebserregende Ver-bindung, wird zudem über die Milch in leicht veränderter Form(AflatoxinM1) wieder ausgeschieden, weshalb in der Futtermittelverordnung strenge Höchstwerte festgelegt sind.FüreinzelneandereMykotoxinesindbishernationaleOrientierungswerte bzw. durch die EU Richtwerte (Emp-fehlung 2006/576/EG) festgelegt.

UnterBeteiligungderWirtschaftundverschiedenerEx-perten wurde 2007 im Auftrag des BMELV ein „Merk-blatt zur Verringerung der Kontamination von Futtermit-teln mit Samen der Ambrosia artemisiifolia“ erstellt. Angesprochen sind Futtermittelhersteller, insbeson-dere Hersteller von Vogelfutter. Ziel ist es, durch mehr Information und verstärkte Eigenkontrollen im Vorfeld den Eintrag zu vermindern. Das Thema Ambrosia ist Bestandteil des „Aktionsplans gegen Allergien“ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) (www.bmelv.de > Verbrau-cherschutz > Gesundheit).

Untersuchungsergebnisse Jahresbericht 2007 137

bei DON von 0,022 mg/kg in einem Alleinfuttermittel für Ferkel bis zu 2,88 mg/kg in einer Weizenprobe. Der strengs-te nationale Orientierungswert für DON beträgt 1,0 mg/kg in der Gesamtration. ZON wurde in Konzentrationen von 0,006 mg/kg (Weizen-Hafer-Mischung) bis 0,72 mg/kg (Maiskleber) festgestellt (strengster Orientierungswert für ZON 0,05 mg/kg). In lediglich 4 Proben konnten sehr gerin-geGehalteanOTAbzw.T-2-undHT-2-Toxinnachgewiesenwerden. Fumonisine B1 + B2 waren nur in 5 Proben Mais bzw. Maisprodukte in Gehalten von 0,15 mg/kg bis 2,38 mg/kg nachweisbar, Orientierungswerte wurden bisher nichtfestgelegt.DasaustoxikologischerSichtbesonderskritische gleichzeitige Vorkommen aller genannten Mykoto-xineineinerProbekonntenichtfestgestelltwerden.

Nach dieser Empfehlung der Kommission sind Futtermittel parallelaufmehrereMykotoxinezuuntersuchen,umde-ren gleichzeitiges Vorkommen erkennen zu können. Nach dem nationalen Probenplan ist eine vorgegebene Anzahl bestimmterFuttermittelaufdieMykotoxineDeoxynivalenol(DON),Zearalenon(ZON),OchratoxinA(OTA),FumonisinB1 + B2undT-2-undHT-2-Toxinzuuntersuchen.InBaden-Württemberg wurden insgesamt 37 Proben, davon 28 Ein-zelfutter- und 9 Mischfuttermittel parallel auf die genannten Mykotoxineuntersucht.

AmhäufigstenwurdendieFusarium-ToxineDON(in17Einzelfuttermitteln und 6 Mischfuttermitteln) und ZON (in 12 Einzelfuttermitteln und 2 Mischfuttermitteln) nachge-wiesen. Die Spannweite der analysierten Gehalte reicht

Stoffgruppe / Art der Untersuchung Untersuchungen Beanstandungen

Anzahl Anzahl %

Inhaltsstoffe (ohne Wasser) 1 559 110 7,1Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln) 616 98 15,9Unerwünschte Stoffe 2 721 14 0,5Unzulässige Anwendung / verbotene Stoffe 2 302 2 0,1 davon „tierische Bestandteile“ 878 2 0,2Melamin 7 0 0GVO 105 6 5,7Schädlingsbekämpfungsmittel 2 137 0 0Mikrobiologische Qualität (z. B. Verderb) 339 14 4,1Salmonellenuntersuchung 156 1 0,6Formale Kennzeichnungsvorschriften 562 143 25,4

Zusammenfassung

Die nachfolgende Tabelle gibt eine er-gänzende Übersicht über die Zahl der durchgeführten Untersuchungen, wo-bei je Probe in der Regel mehrere Un-tersuchungen durchgeführt werden. Da Ergebnisse auch aus der Untersu-chung von Verdachts- und Verfolgungs-proben stammen, sind die Beanstan-dungszahlen nicht repräsentativ.

Im Jahr 2007 wurden 1 245 Betrie-be, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden, kontrolliert. Verschiedene Betriebe wurden mehrfach geprüft. Insgesamt wurden 1 444 Betriebs-prüfungen und 62 Buchprüfungen durchgeführt sowie 1 328 Futtermit-telproben gezogen, von denen 220 nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt wurden 435 Einzelfuttermit-tel, 840 Mischfuttermittel, 53 Vormi-schungen und Zusatzstoffe.

Aus den Beanstandungen ergaben sich folgende Maßnahmen:

• In176leichtenFällenwurdendieBetroffenendurchHinweisebelehrt.• In4FällenwurdenVerwarnungenausgesprochen.• In16FällenwurdeeineweitereBehandlungdesFuttermittels,dessen

anderweitige Verwendung (nicht zur Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung angeordnet.

• In84FällenwurdeeinBußgeldverfahreneingeleitet,davonwurden49Fälle abgeschlossen und Bußgelder in Höhe von 12 320 1 vereinnahmt.

• InkeinemFallerfolgteeineAbgabeandieStaatsanwaltschaft.• InsgesamtwurdenGebührenineinerGrößenordnungvon33341 erho-

ben.

Die Kontrollen 2007 ergaben, wie bereits 2006, keine auffälligen Befunde und Besonderheiten.

Frau Assfalg, RP StuttgartHerr Dr. Eckstein, MLRHerr Dr. Malisch und Frau Wahl, CVUA FreiburgFrau Dr. Modi und Herr Dr. Schwadorf, LA Chemie d. Uni.HohenheimHerr Dr. Steliopoulos, CVUA KarlsruheFrau Dr. Töpper, LTZ Augustenberg ◆

138 Lebensmittelüberwachung BW Teil VI: Futtermittel

Notizen

Notizen Jahresbericht 2007 139

Herausgeber:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg (MLR)Abteilung Verbraucherschutz und ErnährungKernerplatz 1070182 StuttgartTelefon: 0711. 1 26 - 0Telefax:[email protected]

Redaktion:

Birgit Bienzle, MLR

Gestaltung:

Kai Twelbeck, Stuttgart, www.sojusdesign.de

Druck:

Offizin Chr. Scheufele, Stuttgart, www.scheufele.de

Bezugsquelle:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum

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© 2008 Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg

140 Lebensmittelüberwachung BW Impressum

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Überwachung von Lebensmitteln,

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