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Institut für Geotechnik Lehrgebiet Ingenieurgeologie TU Bergakademie Freiberg ·Institut für Geotechnik, Gustav-Zeuner-Straße 1 09599 Freiberg Telefon: 03731 39-2521 Fax: 03731 393501 · http://tu-freiberg.de Lehrmaterial Übungen zur Ingenieurgeologie I 1. Beschreibung von Gestein bzw. Fels 2. Flächendarstellungen auf dem SCHMIDTschen Netz 3. Kluftkörperkonstruktion im WULFFschen Netz/ Vorstellen des Programms SolidDIP 2.0 4./5. Aufnahme des Trennflächengefüges im Steinbruch Münzbachtal (Praktische Übung) 6. Untersuchung der Gebirgsbeschaffenheit am Kernmaterial von Bohrungen (Praktische Übung) 7. Benennen und Beschreiben von Boden 8.1 Konsistenzgrenzen und Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0 8.2 Klassifikation von Böden und Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0 9. Direkte und indirekte Aufschlussmethoden (Praktische Übung) 10. Quartäre Lockergesteine und ihre ingenieurgeologischen Eigenschaften 11.1 Bestimmung der Durchlässigkeit von Lockergesteinen 11.2 Bestimmung der Gebirgsdurchlässigkeit (Festgestein) (Pumpversuch/Auffüllversuch) (Praktische Übung) 12. Wasserhaltungsmaßnahmen 13. Auswirkungen von Grundwasserabsenkung und -wiederanstieg Betreuer: Dipl.-Geol. D. Tondera Die Übungen gliedern sich in einen theoretischen und einen anwendungsbezog enen Teil. Die Aufgaben erhalten Sie unter: http://tu-freiberg.de/fakultaet3/gt/ingenieurgeologie/lehrveranstaltungen/modul-ingenieurgeologie-i) und sollen zu Beginn der jeweils nachfolgenden Übung für eine Bewertung abgegeben werden. Die Bewertung von mind. 3 Übungsbelegen wird in einer Übungsnote zusammengefasst. Weiterhin erhält man nur bei regelmäßiger Teilnahme einen Leistungsnachweis. Am Ende des Semesters wird ein Kartierungspraktikum (Erstellung eines bau geologischen Gutachtens) durchgeführt. Bitte bringen Sie die unter den jeweiligen Überschriften angegebenen Unterlagen zu den Übungen mit! 1

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  • Institut für Geotechnik Lehrgebiet Ingenieurgeologie

    TU Bergakademie Freiberg ·Institut für Geotechnik, Gustav-Zeuner-Straße 1 09599 Freiberg Telefon: 03731 39-2521 Fax: 03731 393501 · http://tu-freiberg.de

    Lehrmaterial Übungen zur Ingenieurgeologie I

    1. Beschreibung von Gestein bzw. Fels 2. Flächendarstellungen auf dem SCHMIDTschen Netz 3. Kluftkörperkonstruktion im WULFFschen Netz/

    Vorstellen des Programms SolidDIP 2.0 4./5. Aufnahme des Trennflächengefüges im Steinbruch Münzbachtal (Praktische Übung) 6. Untersuchung der Gebirgsbeschaffenheit am Kernmaterial von Bohrungen

    (Praktische Übung) 7. Benennen und Beschreiben von Boden 8.1 Konsistenzgrenzen und Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0 8.2 Klassifikation von Böden und Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0 9. Direkte und indirekte Aufschlussmethoden (Praktische Übung) 10. Quartäre Lockergesteine und ihre ingenieurgeologischen Eigenschaften 11.1 Bestimmung der Durchlässigkeit von Lockergesteinen 11.2 Bestimmung der Gebirgsdurchlässigkeit (Festgestein)

    (Pumpversuch/Auffüllversuch) (Praktische Übung) 12. Wasserhaltungsmaßnahmen 13. Auswirkungen von Grundwasserabsenkung und -wiederanstieg

    Betreuer: Dipl.-Geol. D. Tondera

    Die Übungen gliedern sich in einen theoretischen und einen anwendungsbezog enen Teil. Die Aufgaben erhalten Sie unter: http://tu-freiberg.de/fakultaet3/gt/ingenieurgeologie/lehrveranstaltungen/modul-ingenieurgeologie-i) und sollen zu Beginn der jeweils nachfolgenden Übung für eine Bewertung abgegeben werden. Die Bewertung von mind. 3 Übungsbelegen wird in einer Übungsnote zusammengefasst. Weiterhin erhält man nur bei regelmäßiger Teilnahme einen Leistungsnachweis. Am Ende des Semesters wird ein Kartierungspraktikum (Erstellung eines bau geologischen Gutachtens) durchgeführt.

    Bitte bringen Sie die unter den jeweiligen Überschriften angegebenen Unterlagen zu den Übungen mit!

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 1. Beschreibung von Gestein bzw. Fels (Unterlagen: Zeichengeräte, Farbstifte, Taschenrechner) 1.1 Theoretische Grundlagen Das Gestein in der Größenordnung einzelner Kluftkörper oder Probestücke weist ganz andere Eigen-schaften auf als der Fels im Gebirgsverband, der von Trennflächen verschiedenster Art durchzogen ist und dessen Eigenschaften in hohem Maße richtungsabhängig sind. Gebirgseigenschaften können daher immer nur für einen bestimmten Gültigkeitsbereich angegeben werden, den sogenannten Homogenbereich. Seine Abgrenzung ist vom Untersuchungszweck abhän-gig und ist gegebenenfalls für verschiedene Eigenschaften unterschiedlich vorzunehmen und auf diese zu beziehen. Als solche Homogenbereiche kommen Gesteinsserien mit ähnlichen Eigenschaften und Bereiche mit vergleichbarer Klüftung in Betracht. 1.2 Gesteinsbeschreibung für bautechnische Zwecke Bei der Durchführung von Felsbaumaßnahmen, wie z. B. der Anlage von Felsböschungen, von Däm-men aus und auf Fels sowie von Ingenieurbauwerksgründungen, wie Brücken, Stützmauern etc., ist eine ausführliche Beschreibung für Gestein und Gebirge (Fels) notwendig. In der Regel erfolgt dies nach nachstehend genannten Merkmalen:

    Gesteinsart (Petrographische Zusammensetzung, Korngröße, -anordnung, -bindung) Verwitterungszustand Härte, Festigkeit u.a. [1]

    Mit dem „Merkblatt über Felsgruppenbeschreibung für bautechnische Zwecke im Straßenbau“ der For-schungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau [2] liegt eine Möglichkeit vor, Festgesteine zu beschreiben. Es enthält in gekürzter Fassung wichtige Arbeitsgrund-lagen und Tabellen. Die ausführliche Beschreibung von Gestein und Gebirge erfolgt in dem „Merkblatt zur Felsbeschrei-bung für den Straßenbau“ [3]. Anhand dieser unverbindlichen Richtlinien soll im Folgenden die Ge-steinsbeschreibung für bautechnische Zwecke dargestellt werden. Petrographisch-gewinnungstechnische Bezeichnung Die mineralogische Zusammensetzung und die Bildung der Gesteine stellen die wesentlichen Merkmale für die petrographische Gesteinsbezeichnung dar. Das Merkblatt [2] fasst die Gesteine vereinfachend in Gruppen ver-gleichbarer Bearbeitbarkeit zusammen. Grundlage hierfür sind die Bildungsbedingungen. Tab. 1.1: Petrographisch – gewinnungstechnische Bezeichnung [2]

    Code Bezeichnung Beispiel

    MA Magmatische Gesteine Granit, Basalt, Porphyrit

    ME Metamorphe Gesteine Gneis, Glimmerschiefer

    SF SG QU KA

    Sedimentgesteine feinkörnige Sedimentgesteine grobkörnige Sedimentgesteine quarzitische Gesteine karbonatische Gesteine

    Tonschiefer, Schluffstein Sandstein, Grauwacken, Konglomerate Quarzit, Kieselschiefer Kalkstein, Dolomit, Mergelgestein

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 1.2.2 Verwittungsgrad Der gegenwärtige Zustand eines Gesteins bzw. Gebirges ist wesentlich vom Verwitterungsprozess beeinflusst, dem es ausgesetzt war. Der Verwitterungsgrad wird in 4 Stufen eingeteilt. Tab. 1.2: Verwitterungsgrad [2]

    Code Bezeichnung Merkmal Gestein Merkmal Gebirge

    VU unverwittert unverwittert, frisch, kein Verwitterungseinfluss erkennbar keine verwitterungsbedingte Auf-lockerung an Trennflächen

    VA angewittert auf frischer Bruchfläche, Verwitterung von ein-zelnen Mineralkörnern erkennbar (Lupe), begin-nende Mineralumbildung und Verfärbung

    teilweise Auflockerung an Trenn-flächen

    VE entfestigt

    durch Verwitterungsvorgänge gelockertes, je-doch noch im Verband befindliches Mineralge-füge, meist in Verbindung mit Mineralumbildung, insbesondere mit und an Trennflächen

    vollständige Auflockerung an Trennflächen

    VZ zersetzt

    noch im Gesteinsverband befindliches, durch Mineralneubildung verändertes Gestein ohne Festgesteinseigenschaften (z. B. Umwandlung von Feldspäten zu Tonmineralien, von Ton-schiefer zu Ton)

    Kluftkörper ohne Festgesteinsei-genschaften

    1.2.3 Härte und Festigkeit Die Kornbindung bzw. Festigkeit eines Gesteins hängt mit dem Verwitterungsgrad eng zusammen. In [1] werden nachstehende Abstufungen verwendet.

    sehr hart bzw. sehr gute Kornbindung

    mit Stahlnagel oder Messerspitze nicht ritzbar bzw. mit Hammer schwer zu zerschlagen, metallisch klingend und federnder Hammerrückprall

    hart bzw. gute Kornbindung

    mit Stahlnagel oder Messerspitze schwer ritzbar bzw. beim Schlagen mit dem Hammer sehr hell klingend

    mäßig hart bzw. mäßige Kornbindung

    mit Stahlnagel oder Messerspitze leicht ritzbar bzw. mit dem Hammer leicht zu zerschlagen und hell klingend

    Fest Mit Fingernagel ritzbar bzw. mit dem Hammer dumpf klingend absandend fest bzw. schlechte Kornbindung

    Abreiben von Gesteinsteilchen mit dem Finger möglich

    Brüchig-mürb Kanten mit den Fingern abzubrechen entfestigt Gestein mit den Fingern zerdrückbar

    Eine quantitative Erfassung der Härte von Gesteinen enthält nachfolgende Tabelle: Tab. 1.3: Mineralhärte nach MOHS und Ritzhärten einiger Gesteine [1]

    MOHSscheHärteskale Ritzhärten von Gesteinen

    mit Finger ritzbar mit Stahl ritzbar Fensterglas wird geritzt

    Talk Steinsalz Kalkspat Flussspat Apatit Magnetit Orthoklas, Hornblende Olivin, Pyrit, Hämatit Quarz Topas Korund Diamant

    1 2 3 4 5

    5,5 6

    6,5 7 8 9 10

    Quarzit Basalt Granit Gabro Gneis Porphyr Grauwacke Diabas Melaphy Diorit Kalkstein

    7 - 9 6 - 8 6 - 8 6 - 8 6 - 7 6 - 7 6 - 7 5 - 6 5 - 6 5 - 6 3 - 4

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    Tabelle 1.4: Erweiterte Klassifikation der Verwitterungsgrade in Anlehnung an O. KLOPP und an TGL 11460/01

    Gesteinsver- witterungs-

    grade Beschreibung

    Erscheinungsbild Merkmale Feldversuche:

    Hammerschlag / Rückprallhammer

    mikros-kopi-sche

    Merkmale Porosität und

    Wasseraufnahme

    unverwittert keine sichtbare Verwitterung, schwache Verfärbung an Trennflä-chen

    frischer Eindruck, unverändert, gesund – fest, hart – sehr hart C > 50 MPa

    heller Klang bei Hammerschlag, hinterlässt keinen Eindruck, mehrere Hammerschläge erfor-derlich, ritzbar mit Schwierigkeiten Rm = 30 + / - 10

    einheitliche In-terferenzfarben der Minerale

    Porosität und Wasserauf-nahme je nach Gestein

    angewittert Gestein fest – gering entfestigt, Verfärbung der Kluftwandungen und der angrenzenden Gesteinsbe-reiche Variante: Gestein verfärbt, aber fest

    frisch, aber evtl. leichte Entfestigung (In-dexvers.) merkbar enge Kornbindung, mäßig hart C = 25 – 50 MPa

    weniger heller Klang, evtl. leichte Einkerbung mit einem festen Schlag brechbar, nicht bis schwach ritzbar Rm = 20 + / - 10

    Teilgefüge ge-trübt, stellenweise Neubildung von Mineralen

    Porosität bis 3 Vol.-%, Wasseraufnahme bis 1 Masse-%

    mäßig entfes-tigt

    Gestein ist entfestigt (spürbar ver-ändert) aber noch nicht mürbe, Verfärbung der Kluftwandungen und des Gesteins

    spürbar verändertes Gestein, z. T. geöffnete Kornbin-dung, schwach absandend C = 5 – 25 MPa

    dumpfer Klang, stärkere Einkerbung bei festem Schlag, mit Hammer leicht in kleinere Stü-cke – aber größere Stücke mit Hand nicht zerbrechbar Rm < 10 - 15

    starke Trü-bung, durchgreifende Mineralneubil-dung

    Porosität größer als 3 Vol.-%, Wasseraufnahme größer als 1 Masse-%

    stark entfestigt Gestein ist deutlich bis stark ent-festigt, starke Verfärbung der Kluftwan-dungen und des Gesteins

    Gestein ist brüchig, mürbe, absandend, sehr weich C = 1 – 5 MPa

    brüchig bei Hammerschlag, Hammer gute Einkerbung, größere Stücke mit Hand zer- brechbar; gut ritzbar Rm = 0

    Porosität größer als 10 Vol.-% (Richtwert)

    zersetzt Gestein ist völlig entfestigt oder zersetzt, Gesteinsgefüge jedoch erkennbar

    Verhalten wie bindiger oder nichtbindiger Bo-den: extrem weich C < 1 MPa

    kann von Hand gelöst werden, Teil der Minerale von Hand zu zerreiben, in Wasser zu plastifi-zieren

    Porosität größer als 15 Vol.-% (Richtwert)

    Erläuterungen: C = Einaxiale Druckfestigkeit des Gesteins Rm = Werte der Prüfung mit dem Rückprallhammer DIN 1048, Teil 2, Mittel aus 10 Einzelwerten

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    1.3 Trennflächengefüge Das Trennflächengefüge ist die Gesamtheit aller das Gebirge unterbrechenden Diskontinuitäten. Art bzw. Entstehung, Anzahl, Anordnung und Ausbildung der Trennflächen kennzeichnen zusammen mit den Gestein-seigenschaften die Gebirgseigenschaften. Trennflächen unterbrechen die gestaltliche und die mechanische Kontinuität eines Felskörpers. Der Begriff Trennfläche ist somit der Oberbegriff für folgende Trennflächenarten: Kluftflächen (Klüfte): K als Ergebnis tektonischer Prozesse, Schollenbewegungen, Druck-,

    Spannungs- oder Temperaturunterschiede; ohne Dislokation (Ver-schiebung)

    Störungsfläche: St tektonische Trennfläche im Gebirge mit Dislokation Schichtflächen (Schichtfuge): Ss infolge Sedimentation entstandene Trennflächen (meist parallel) Schieferungsflächen: Sf parallel gerichtete, engständige Trennfläche, zurückgehend auf ge-

    birgsbildende Prozesse wie Metamorphose, Tektonik In der Regel treten mehrere Kluftflächen auf, die dann mit numerischen Indizes K1, K2, K3 usw. bezeichnet werden [3].

    Abb. 1.1: Gebirge mit 3 Kluftscharen K1, K2, K3 [2]

    Abb. 1.2: Gebirge mit Schichtung Ss und zwei Kluftscharen K1, K2, von einer Störung St durchtrennt [2]

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 1.3.1 Abstand von Trennflächen Ein wesentliches Merkmal bei der Gebirgsbeschreibung ist der Abstand der Trennflächen. Trennflächenabstände werden zwischen zwei benachbarten Trennflächen der gleichen Raumstellung (paral-lel), z. B. K1, senkrecht zur Trennfläche gemessen. Es ergeben sich die wahren Trennflächenabstände d. Bei der Messung horizontaler Trennflächenabstände (scheinbare Trennflächenabstände m) sind Umrechnun-gen nach d nur über diverse Winkelbeziehungen möglich. Die Trennflächenabstände werden nach Tabelle 1.5 in folgende Stufen eingeteilt: Tab. 1.5: Trennflächenabstand [2]

    Code

    mittlerer Abstand (in cm)

    Toleranz 20 %

    Bezeichnung Klüftung Schieferung/

    Schichtung

    A01

    A05

    A10

    A30

    A60

    A61

    < 1

    1 – 5

    5 – 10

    10 – 30

    30 – 60

    > 60

    sehr stark klüftig

    stark klüftig

    klüftig

    schwach klüftig

    kompakt

    blätterig

    dünnplattig

    dickplattig

    dünnbankig

    dickbankig

    massig

    Reziprok zum scheinbaren, horizontalen Trennflächenabstand m verhält sich die Klüftigkeitsziffer k. Sie dient der Kennzeichnung des Zerlegungsgrades (Klüftigkeit, Kluftdichte) eines Gebirges. Die Klüftigkeits-ziffer nach STINI wird in einem Homogenbereich durch Auszählen der Trennflächenschnitte entlang einer Messgeraden ermittelt:

    Lnk [m-1]

    n = Anzahl der Trennflächenschnitte L = Länge der Messstrecke [m] Sie enthält Beiträge von allen vorhandenen Haupttrennflächenscharen und wird deshalb als durchschnittliche Klüftigkeitsziffer bezeichnet. Dieser Ermittlung der Klüftigkeitsziffer muss jedoch eine statistisch abgesicherte Anzahl von Messungen zugrunde liegen.

    k = ka + kb + ... + kn z. B. ka – Teilklüftigkeitsziffer für Haupttrennflächenschar K1;

    kb – Teilklüftigkeitsziffer für Haupttrennflächenschar Ss usw. Die Ermittlung von Teilklüftigkeitsziffern für jede einzelne Haupttrennflächenschar ist meist nur theoretisch möglich (Messgerade kann nur an Oberfläche des Gesteins angelegt werden und nicht im Inneren). Zwischen Teilklüftigkeitsziffern und mittleren horizontalen Trennflächenabständen m besteht jedoch der oben erwähnte reziproke Zusammenhang [4].

    n

    nb

    ba

    a m1k ... ;

    m1k ;

    m1k

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 1.3.2 Stellung der Trennflächen im Raum und ihr Bezug zum Bauwerk 1.3.2.1 Begriff der Raumstellung Die Raumstellung umfasst das Streichen und Fallen einer Trennfläche.

    Abb. 1.3: Darstellung der Begriffe „Streichen“ und „Fallen“ [3] Streichen Schnittlinie einer geneigten Fläche (Trennfläche) mit einer Horizontalebene (Streichli-nie) (in Abb. 1.3: schraffierte Fläche) Streichrichtung Himmelsrichtung, in der die Streichlinie verläuft; wird als Abweichung von der Nord-

    richtung im Uhrzeigersinn angegeben (in Abb. 1.3: 30° ) Einfallen senkrecht zur Streichlinie in der einzumessenden Fläche liegende Gerade (Falllinie) Einfallrichtung Himmelsrichtung, in der die Falllinie verläuft, wird als Abweichung von der Nordrich-

    tung im Uhrzeigersinn angegeben; 0° 360° (in Abb. 1.3: Streichrichtung 30° + 90° = Einfallrichtung 120°)

    Einfallwinkel Neigungswinkel des größten Gefälles einer Fläche (Neigung der Falllinie gegenüber

    der Horizontalen; 0° 90°

    Zwei eingemessene Linien kennzeichnen damit eindeutig die Lage einer Trennfläche im Raum. Üblich ist die Angabe von Streichrichtung und Einfallwinkel oder Einfallrichtung und Einfallwinkel. Da die Winkelangabe der Streichrichtung jedoch nicht eindeutig die Lage der Trennfläche im Raum bestimmt, sind hierbei weitere Angaben erforderlich (Quadrant des Einfallens) siehe Übung 2 Schreibweisen für tektonische Flächen. Beispiel für Abbildung 1.3: Streichrichtung/Einfallwinkel: 030°/30° SE

    oder Einfallrichtung/Einfallwinkel: 120°/30° Zur Vermeidung von Verwechselungen wird stets dreiziffrig vorangestellt und zweiziffrig nach einem Schrägstrich angefügt [3].

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 1.3.2.2 Neigung der Trennflächen Zur Beschreibung der Raumstellung der Trennflächen wird zunächst ihre Neigung einem Winkelbereich zuge-ordnet. Die Neigung ist der Winkel, den die Trennfläche mit der Horizontalen einschließt (Einfallwinkel ). Folgende Winkelbereiche sind gemäß Tabelle 1.6 zu unterscheiden: Tab. 1.6: Einfallswinkelbereich von Trennflächen [2]

    Code

    Winkelbereich (in °)

    Toleranz Bezeichnung

    N1

    N3

    N6

    N9

    0 – 10

    10 – 30

    30 – 60

    60 – 90

    söhlig

    flach

    geneigt

    steil

    1.3.2.3 Richtung der Trennflächen in Bezug auf die Straßenachse Die Streichrichtung der Trennflächen bildet ferner mit der Straßenachse im Grundriss einen Winkel, dessen Größe den Felsabtrag beeinflusst. Dieser Winkel wird nach Tabelle 1.7 wie folgt berücksichtigt: Tab. 1.7: Winkel zwischen Streichrichtung und Bauwerksachse [2]

    Code

    Winkelbereich (in °)

    Toleranz Bezeichnung

    RA

    RS

    RQ

    0 – 15

    15 – 75

    75 – 90

    achsgerecht

    schräg

    querschlägig

    Mit Rücksicht auf Straßenbautechnik und Einfachheit in der Baupraxis wird die Richtung des Streichens auf die Straßenachse bezogen. Abb. 1.4 stellt die Winkelbereiche im Grundriss dar.

    Abb. 1.4: Winkelbereiche RA, RQ, RS in Bezug auf die Straßenachse [2] Die Möglichkeiten und die Bedeutung der nach diesem Merkblatt beschriebenen Raumstellung der Trennflä-chen verdeutlichen Tabelle 1.8 und Abbildung 1.5.

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    Abb. 1.5: Richtungs- und Neigungseinteilung [2]

    1.4 Beispiele Felsbeschreibung nach Merkblatt Petrogr.-gewinnungst. Bez.: Magmatisches Gestein MA Verwitterungsgrad: unverwittert VU Haupttrennfläche K1:

    Abstand: kompakt A61 Neigung: flach N3 Richtung: querschlägig RQ

    Kurzbezeichnung Code: MA VU A61 N3 RQ Wird die Angabe weiterer Trennflächen erforderlich, so wäre diesem Beispiel hinzuzufügen: (K2): MA VU A61 N9 RQ (K3): MA VU A61 N9 RA [2] 1.5 Weiterführende Angaben Weiterführende Angaben können zur Beschaffenheit der Trennflächen gemacht werden. Dazu gehören ihre Öffnungsweite (von praktisch geschlossen bis dm-Bereich), die Art ihrer Füllung (z. B. Quarz, Kalzit, Mylo-nit, Ton, Lehm) und die Beschaffenheit ihrer Wandungen (Oberflächenform – stufig, wellig, eben und Rau-higkeit – rau, glatt, harnischartig) [3]. 1.6 Verwendete Unterlagen [1] Prinz, Helmut: Abriss der Ingenieurgeologie. 2., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart : Enke. 1991. – ISBN

    3 –432-92332-5, S. 78- 81

    [2] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau: Merk-blatt über Felsgruppenbeschreibung für bautechnische Zwecke im Straßenbau. Ausgabe 1980

    [3] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau: Merk-blatt zur Felsbeschreibung für den Straßenbau. Ausgabe 1992

    [4] Müller-Salzburg, Leopold: Der Felsbau. Erster Band. 1. Nachdruck. Stuttgart : Enke. 1980. S. 230 -231

    Tab. 1.8: Zusammenhang zwischen Neigung der Trennfläche und Lage der Trennfläche zum Bauwerk [2]

    Raumstellung

    Neigung

    söhlig N1

    flach N3

    geneigt N6

    steil N9

    Lage

    zur

    St

    raße

    nach

    se

    achsgerecht RA RAN1 RAN3 RAN6 RAN9

    schräg RS

    RSN1 RSN3 RSN6 RSN9

    querschlägig RQ RQN1 RQN3 RQN6 RQN9

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    2. Flächendarstellungen auf dem SCHMIDTschen Netz [Unterlagen: Zeichengeräte (Lineal, Zirkel), Farbstifte, mindestens 2 x Transparentpapier (A4), Reiß-zwecke, Taschenrechner, SCHMIDTsches Netz wird ausgeteilt] 2.1 Einmessen der Raumstellung von Trennflächen Die Raumstellung von Trennflächen im Gelände kann mit dem Geologenkompass (Zweikreis-Geologen-kom-pass nach CLAR) bestimmt werden. Er ermöglicht die Messung von Streich- oder Fallrichtungen und Fallwin-keln in einem Arbeitsgang. Abb. 2.1: Geologenkompass (Freiberger Präzisionsmechanik GmbH) [5] Der Kompassteilkreis ist sowohl für direkte Ablesung der Streichrichtung als auch der Einfallrichtung orientier-bar. Wir wollen uns im Folgenden auf die Messung von Einfallrichtung und Einfallwinkel (Neigung) be-schränken, da diese Daten am unkompliziertesten weiterbearbeitet werden können. Dazu muss die Nord-Süd-Verbindung des Kompassteilkreises senkrecht zur Fallmessplatte verlaufen (Süd-Marke = 180°) liegt an der Fallmessplatte. Vorgehensweise [3,5] 1. Fallmessplatte (1) des Kompasses an eine möglichst gut ausgeprägte und repräsentative Trennfläche

    entsprechend den Möglichkeiten in Abb. 2.2 anlegen,

    2. Dosenlibelle (6) in Horizontalstellung bringen,

    3. Arretiertaste (8) drücken bis sich die Magnetnadel (10) eingespielt hat, dann wieder loslassen,

    4. Kompass abnehmen (Vorsicht: Fallmessplatte nicht bewegen!) und ablesen der Richtungswerte

    4.1 Ablesen des Einfallwinkels (der Neigung) am Höhenkreis (3) zwischen 0° und 90° (3 = 30°; 6 = 60° usw.); z. B. ...../43°

    4.2 Ablesen der Einfallrichtung im Kompassteilkreis 4.2.1 Am schwarzen Magnetnadelende bei liegenden Flächen, wenn der abgelesene Winkel am Hö-

    henkreis im nicht markierten bzw. schwarzen Bereich liegt (Abb. 2.3) bzw.

    4.2.2 Am roten Magnetnadelende bei hangenden Flächen, wenn der abgelesene Winkel am Höhen-kreis im rot markierten Bereich liegt (Abb. 2.3) durch Ablesung des Wertes am Kompassteilkreis, auf den das Magnetnadelende zeigt (dabei entspricht z. B. der Wert 23 einem Winkel von 230°). Der Kompassteilkreis ist von Norden her entgegen dem Uhrzeigersinn (linksläufig) eingestellt; deshalb sind auf dem Geologenkompass die Angaben von West und Ost vertauscht. Es ergibt sich die Einfallrichtung der gemessenen Trennfläche als Winkel (Abweichung) von der Nordrich-tung.

    5. Ergebnis: Einfallrichtung und Einfallwinkel der Trennfläche, im Beispiel: 230°/43°

    1 Fallmessplatte mit Anlegekante 2 Klinometerteilung 3 Höhenkreis (Stirnteilung) 4 Röhrenlibelle 5 Halteschnur für Kompass 6 Dosenlibelle 7 Gehäuse 8 Arretiertaste 9 Kompassteilkreis 10 Magnetnadel 11 Klinometer

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    Hinweis 1: Üblich ist die umgekehrte Reihenfolge beim Ablesen der Richtungswerte (erst Einfallrichtung, dann Einfallwinkel), analog der Schreibweise, um Verwechselungen zu vermeiden. Die dargestellte Vorgehens-weise sichert jedoch ab, das man nach dem Ablesen des Einfallwinkels am Höhenkreis sofort den markierten Bereich (rot oder schwarz) erfasst und damit genau weiß, an welchem Nadelende (rot oder schwarz) man die Einfallrichtung ablesen muss. Hinweis 2: Zieht man von der Einfallrichtung 90° ab, erhält man die Streichrichtung. Abb. 2.2: Abb. 2.3: Möglichkeiten zum Anlegen Anlegen der Fallmessplatte an das Liegende (schwarzer der Fallmessplatte [5] Bereich) oder an das Hangende (roter Bereich) [3] 2.2 Schreibweisen für tektonische Flächen In der internationalen geologischen Literatur sind verschiedene Schreibweisen für tektonische Flächen ge-bräuchlich, die auf kompassspezifischen Messtechniken beruhen: a) die geologische Schreibweise (auch Clausthaler Form) b) die Gefügeschreibweise (auch Wiener Form) c) die amerikanische Schreibweise zu a) Bei der geologischen Schreibweise wird das Streichen einer Fläche als ein im Uhrzeigersinn gemessener Winkel als Abweichung von Nord zwischen 0° und 180° angegeben und zusätzlich zum Einfallwinkel der Quad-rant des Einfallens genannt, z.B. 40/35 SE oder 40/35 NW (40/35 SE = geologische Schreibweise = Streich-richtung/Einfallwinkel und Quadrant des Einfallens). zu b) Mit der Gefügeschreibweise wird unmittelbar die Richtung angegeben, in die eine Fläche einfällt. Die Gefü-geschreibweise gibt also einen Winkel zwischen 0° und 360° an, gemessen im Uhrzeigersinn, als Abweichung von Nord. Die Angabe eines Quadranten des Einfallens erübrigt sich (z.B. 130/35 = Gefügeschreibweise = Einfallrichtung/Einfallwinkel ̂ 40/35 SE der geologischen Schreibweise; 130° muss somit im Quadranten SE zwischen 90° (E) und 180° (S) liegen). zu c) Bei der amerikanischen Schreibweise wird das Streichen einer Fläche mit einem Winkel zwischen 0° und 90° angegeben und zwar als Abweichung in östlicher oder westlicher Richtung von Nord. Die Flächen-daten N 040 E, 35 SE sagen z.B. aus, dass diese Fläche in ihrem Streichen von Nord um 40° nach Ost abweicht und mit 35° nach Südosten einfällt (vergleiche geologische Schreibweise: 40/35 SE, Gefügeschreib-weise: 130/35) [6].

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 2.3 Flächendarstellungen auf dem SCHMIDTschen Netz Die mit dem Geologenkompass erhaltenen Messwerte (Raumstellungen der Trennflächen ) können mit-hilfe der sogenannten Lagenkugelprojektion dargestellt werden (Abb. 2.4). Dabei werden Flächen in eine untere, geographisch orientierte Halbkugel gestellt und ihre Schnittbeziehungen mit dem Kugelmantel ausge-wertet. Die Äquatorebene der Halbkugel ist mit einer Gradnetzvorlage, dem winkeltreuen WULFFschen Netz (stereographische oder konforme Abbildung, LAGRANGEsche Projektion) oder dem flächentreuen SCHMID-Tschen Netz (äquivalente Abbildung, LAMBERTsche Projektion) versehen (Abb. 2.5). Das WULFFsche Netz eignet sich z. B. zur Darstellung von Kluftkörpern. In der Ingenieurgeologie wird das SCHMIDTsche Netz verwendet, da damit die statistische Verteilung von tektonischen Raumlagewerten ermittelt werden kann. [6,7] Abb. 2.4: Abb. 2.5: Lage der Projektionsebene in der Lagenkugel WULFFsches Netz SCHMIDTsches Netz bei einem äquatorständigen Netz [6] (winkeltreu) (flächentreu) [8] Wird die Schnittfigur einer Trennfläche mit dem Kugelmantel (Lagenkugel) in die Äquatorebene projiziert, ergibt sich ein sogenannter Großkreis (Abb. 2.6 a). Beim Errichten einer Normalen, senkrecht zur Trennfläche, ergibt sich auf dem Kugelmantel ein Durchstoßpunkt. Wird dieser in die Äquatorebene projiziert, erhält man den sogenannten Polpunkt oder Flächenpol (Abb. 2.6 b).

    Abb. 2.6: Darstellung geologischer Flächen in der Lagenkugel [7]

    a) räumliche Darstellung in der unteren Halbkugel b) Lagenkugel-Schnitt zur Darstellung des Flächenpols

    Für die Flächendarstellung im SCHMIDTschen Netz existieren verschiedene Vorgehensweisen in Abhängig-keit von der jeweiligen Schreibweise (Gefügeschreibweise, geologische und amerikanische Schreibweise) [7]. Im Folgenden soll nur die Darstellung für Daten in der Gefügeschreibweise erklärt werden. Liegen Mess-daten für Trennflächen in anderen Schreibweisen vor, können diese in die Gefügeschreibweise umgerechnet werden und danach zur Darstellung kommen.

    12

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Vorgehensweise Abb. 2.7 geg.: Einfallrichtung , Einfallwinkel ; z. B. 037/50 a) Großkreis 1. Auf einer Transparentpapier-Oleate den Umriss des SCHMIDTschen Netzes eintragen und die 0°-Richtung

    (Nordpol des Netzes) auf der Oleate als Nordmarke mit kurzem Strich (N) markieren, 2. Drehen der Oleate über dem Netz entgegen dem Uhrzeigersinn, bis die Nordrichtungen der Oleate und

    des Netzes einen Winkel einschließen, der der Einfallrichtung entspricht (in Abb. 2.7: 37°), 3. Abtragen des Einfallwinkels auf der Oleate über dem nördlichen Ast des Nord-Süd-Durchmessers des

    Netzes von außen nach innen, also ausgehend vom Nordpol des Netzes (in Abb. 2.7: 50°), 4. Drehen der Oleate, bis der so ermittelte Punkt über der Äquatorlinie des Netzes auf einen Großkreis zu

    liegen kommt und Hochzeichnen dieses Netzgroßkreises. b) Flächenpoldarstellung (Normalendarstellung) 1. Vorbereiten der Oleate gemäß a), 2. Drehen der Oleate über dem Netz entgegen dem Uhrzeigersinn, bis die Nordrichtungen der Oleate und

    des Netzes einen Winkel einschließen, der der Einfallrichtung entspricht (in Abb. 2.7: 37°), 3. Abtragen des Einfallwinkels auf der Oleate über dem südlichen Ast des Nord-Süd-Durchmessers des

    Netzes von innen nach außen, also ausgehend von Mittelpunkt des Netzes (in Abb. 2.7: 50°). Anmerkung: Der so ermittelte Polpunkt hat auf dem Nord-Süd-Durchmesser des Netzes einen Abstand von 90° zum Falllinienpol und zu dem Großkreis (siehe kleine Skizze in Abb. 2.7) [6]. Für eine statistische Auswertung einer größeren Menge von Messdaten eignet sich die Darstellung der Pol-punkte der Trennflächen (Abb. 2.8 a). Dadurch sind Bereiche bevorzugter Trennflächenorientierung (Hauptt-rennflächenscharen) erkennbar und die Aufstellung von Dichteplänen ist möglich (Abb. 2.8 b). Aus solchen Diagrammen können die Gruppierungen der Trennflächen zu Scharen, die Streuungen der Raumstellungen innerhalb der Scharen und die mittleren Orientierungen der einzelnen Trennflächenscharen entnommen wer-den. Als mittlerer Wert für die Raumlage einer Haupttrennflächenschar ergibt sich der am häufigsten auftre-tende Wert (nicht der Mittelwert).

    Abb. 2.8: a) Polpunktdarstellung b) Dichteplan der Polpunkte c) Großkreisdarstellung [1]

    Großkreisdarstellungen (Abb. 2.8 c) werden in der Inge-nieurgeologie häufig für räumliche Stabilitätsbeurteilun-gen (Standsicherheitsbetrachtungen) an Böschungen genutzt. Durch die Veranschaulichung der räumlichen Beziehungen zwischen einer Böschungsfläche und den auftretenden Trennflächen können Bewegungsmöglich-keiten im Gebirge abgeleitet werden. Böschungsausbrü-che treten z. B. auf, wenn zwei Trennflächen sich so kreuzen, dass ihr Verschnittlinear flacher als die Bö-schung einfällt (Abb. 2.9; siehe auch Übungen zur Ingenieurgeologie II, Versagensmechanismen in Bö-schungen) [1].

    Abb. 2.9: Ausgleitmöglichkeiten eines Felskeiles im Blockbild und im SCHMIDTschen Netz [1]

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    D = 037/50

    Abb. 2.7: Flächendarstellungen im SCHMIDTschen Netz nach Daten in der Gefügeschreibweise [6]

    Großkreis = ---------------- Falllinienpol = offener Kreis Polpunkt = gefüllter Kreis 2.4 Verwendete Unterlagen [1] Prinz, Helmut: Abriss der Ingenieurgeologie. 3., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Enke. 1997.

    - ISBN 3-432-92333-3, S. 99, 260 [3] Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Erd- und Grundbau: Merk-

    blatt zur Felsbeschreibung für den Straßenbau. Ausgabe 1992, S. 27-37 [5] Gebrauchsanleitung Geologenkompass der Freiberger Präzisionsmechanik Holding GmbH [6] Quade, Horst: Die Lagenkugelprojektion in der Tektonik, Clausthaler Tektonische Hefte 20. 3. Aufl.

    Köln: Sven von Loga. 1992 - ISBN 3-87361-120-1, S. 13-18, 36, 43-45 [7] Reuter, Fritz; Klengel u.a.: Ingenieurgeologie, 3., stark überarb. u. erw. Aufl. Leipzig, Stuttgart: Verlag

    für Grundstoffindustrie. 1992 - ISBN 3-342-00316-2, S. 304-306 [8] Möbus, Günter: Tektonik. Leipzig: Verlag für Grundstoffindustrie. 1989 - ISBN 3-342-00403-7, S. 26–

    30

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    3. Kluftkörperkonstruktion im WULFFschen Netz / Vorstellen des Programms solid ROCK

    [Unterlagen: Zeichengeräte (2 Dreiecke, Zirkel), Farbstifte, 1x Transparentpapier A4, Reiß-zwecke, Geodreieck, 2x Millimeterpapier A4, Taschenrechner, WULFFsches Netz wird aus-geteilt] 3.1 Der Kluftkörper Ein Kluftkörper ist ein gedachter, parallelflächiger Körper, welcher begrenzt ist von Flächenpaaren, deren Flächen die den betreffenden Haupttrennflächenscharen eigentümliche Stellung im Raum einnehmen und voneinander in dem mittleren räumlichen Trennflächenabstand entfernt sind, welcher den einzelnen Trenn-flächenscharen zukommt. Der Kluftkörper charakterisiert das durch seine statistischen Mittelwerte repräsen-tierte Flächengefüge des Gebirges [4]. Die Größe des Kluftkörpers gibt Auskunft über den Grad der tektonischen Beanspruchung des Gebirges und seiner Aufteilung durch Bruchflächen. Größe und Form des Kluftkörpers geben Aussagen über die Werk-stücke, welche aus dem Gestein zu gewinnen sind. Der Kluftkörper ermöglicht somit einen Vergleich ver-schiedenen Bergarten hinsichtlich ihrer Eignung zur Anlage von Steinbrüchen.

    Aber auch zur Beurteilung der Standfestigkeit eines Ge-steins in einer Baugrube oder an der Felswand leistet der Kluftkörper vorzügliche Dienste, wobei besonders die Stel-lung seiner Flächen zur Form des Bauwerkes zu beachten ist. Die am Kluftkörper besonders deutlich hervortretenden Win-kelbeziehungen geben unmittelbare Aussagen über die Fä-higkeit des Gesteins zur Aufnahme von Auflagerreaktionen unter Talsperren, Brückenwiderlagern und dergleichen, aber auch zur Aufnahme und Weiterleitung von Spannungen im Gebirge, z. B. in der Umgebung künstlicher Hohlräume [4].

    Abb. 3.1: Kluftkörper (modifiziert nach [4]) Die Kluftkörper können nach ihrer Form und Größe klassifiziert werden. Bei der Klassifizierung nach DIT-TRICH [9] werden die Verhältnisse von je zwei Trennflächenabständen (d) zueinander gebildet. Für die erhal-tenen Werte ermittelt man dann in einem vorgegebenen Diagramm den gemeinsamen Lagepunkt.

    Der darin abgebildete Kluftkörper gibt den Habitus (Aussehen) wieder, so-wie eine verbale Beschreibung (z. B. dickplattig-quergestreckt). MÜLLER [4] bezieht sich in seinem Klassifika-tionsschema auf die vertikale Achse (d3) des Kluftkörpers [8].

    PRINZ [1] hebt die Bedeutung der Kenntnis von Größe und Form des Kluftkörpers für die Unterscheidung der Felsklassen 6 (leicht lösbarer Fels, u. a. Steine bis 0,1 m³ Rauminhalt) und 7 (schwer lösbarer Fels, u. a. Steine von über 0,1 m³ Rauminhalt) nach DIN 18 300 hervor. Diese Unterscheidung ist z. B. bei Ausschrei-bungen für Abbau- und Einbauarbeiten im Fels wichtig.

    K1

    K2

    Ss

    Abb. 3.2: Beschreibung der Kluftkörper – Klassifizierung nach MÜLLER [8]

    15

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 3.2 Kluftkörperkonstruktion im WULFFschen Netz Da es bei der konstruktiven Darstellung eines Kluftkörpers wichtig ist, die Winkelbeziehungen zwischen den einzelnen Trennflächen richtig darzustellen, eignet sich hierfür am besten die winkeltreue, stereographische Projektion mit Hilfe des WULFFschen Netzes der Kristallographie.

    Dafür ist das Vorhandensein von drei Haupttrennflächenscharen erforderlich, die annähernd senkrecht zu-einander verlaufen (orthogonales System) und deren Trennflächenabstände d bekannt sind. Dazu sucht man sich wenige, typische Kluftkörper aus, die auch lose vorliegen können, und misst die Trennflächenabstände senkrecht zu den parallelen Flächen je einer Haupttrennflächenschar. Die Mittelwerte liefern für den Kleinbe-reich einen annähernd realen Kluftkörper [8, 9].

    Vorgehensweise [8]

    geg.: Raumlage von 3 Haupttrennflächenscharen sowie dazugehörige Trennflächenabstände d 1. Darstellen der Großkreise der 3 Flächen im winkeltreuen WULFFschen Netz (analog Übung 2);

    verbinden der Schnittpunkte von je 2 Flächengroßkreisen mit dem Mittelpunkt des Netzes. Kennzeich-nung der Schnittpunkte mit den eingeführten Symbolen der jeweils sich schneidenden Flächen; z. B. AB Abb. 3.3.

    Teilergebnis: Die Schnittgeraden sind Kanten des zu konstruierenden Kluftkörpers.

    2. Ermittlung des Kluftabstandes in der horizontalen Projektionsebene:

    a) Abtragen des Fallwinkels einer gegebenen Trennfläche auf beliebiger Seite des Querschnitts

    durch den Mittelpunkt des Netzes (beachte: Trennflächen mit kleinem Fallwinkel werden in der Spur am größten wiedergegeben). Eintragen der Spur einer parallelen Fläche im gegebenen Trennflächenabstand, z. B. dA, in einem gewählten Maßstab. Abmessen der Entfernung in der Spur der Horizontalebene, z. B. zum Erhalt des Abstandes a, für Flächenschar A - A’.

    b) Wiederholung der Teilkonstruktion* für die beiden anderen Flächen und ihre dazugehörigen

    Trennflächenabstände, Erhalt von b und c (*auf zweitem Millimeterpapier wegen Übersicht). bzw. Rechnerische Ermittlung des Flächenabstandes (d) in der Horizontalebene,

    z. B. a = dA : cos (90° - ).

    3. Konstruktion des Kluftkörpers

    a) Erhaltene horizontale Abstände a, b und c vom Mittelpunkt des Netzes jeweils auf der Schnittge-raden abtragen, deren Symbole in der Schnittpunktbezeichnung nicht enthalten sind, z. B. Ab-stand a auf der Geraden zum Schnittpunkt BC.

    Teilergebnis: Länge der Kanten des zu konstruierenden Kluftkörpers. b) Für jede erhaltene Gerade 3 parallele Geraden in den Abstandsendpunkten eintragen; zwei für

    die sichtbaren Kanten, eine für die verdeckte Kante des Kluftkörpers. Die Schnittpunkte der Geraden miteinander liefern zwanglos den gesuchten Kluftkörper.

    Zu erwähnen ist, dass man auf den perspektivisch dargestellten Kluftkörper aus der Senkrechten blickt, dass heißt den Kluftkörper quasi in der Mitte der nach oben offenen Lagenhalbkugel betrachtet (im Grundriss). Projektionsbedingt werden dabei steil einfallende Klüfte nur durch schmale Flächen wiedergegeben. Die annähernd horizontal liegenden Kopfflächen bestimmen das perspektivische Bild. Somit werden Kluftkörper, deren begrenzende Flächen mit mittlerem Winkel einfallen, am anschaulichsten abgebildet. Nach Verfahren der darstellenden Geometrie ist die Vertikalperspektive in die Seitenperspektive (in den Aufriss) der isometrischen Parallelprojektion überführbar, worin dann diese steilstehenden Klüfte deutlicher wiedergegeben werden (Abb. 3.4) [8].

    16

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Beispiel: A = 210/70

    B = 115/75

    C = 350/25

    dA = 15 cm

    dB = 10 cm

    dC = 12 cm

    Abb. 3.3: Vorgang der Konstruktion des Kluftkörpers im WULFFschen Netz [8]

    Abb. 3.4: Beispiel für die Darstellung eines Kluftkör-pers im Grund- und Aufriss (andere Kon-struktionsweise) [9]

    17

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 3.3 Vorstellen des Programms solidROCK – Modul solidDip SolidROCK ist ein Programm zur Analyse von Gefügedaten im Festgestein. In der Programmversion 4.0 sind die Module SolidDip (Gefügestatistik), SolidBlock (Kluftkörperanalyse) und SolidWedge (Böschungsstandsi-cherheitsanalyse im Festgestein) in einem Programmsystem integriert [10]. Für gefügestatistische Berechnungen kommt das Modul SolidDip zum Einsatz. Die Möglichkeiten des Pro-gramms reichen von der Messwertdarstellung als Polpunkte bis zur Isoliniendarstellung der Lagenkugelbe-legungsdichte und zur Darstellung von Gefügemodellen [10]. Die wichtigsten Schritte für die Dateneingabe im Gelände aufgenommener Messwerte, ihrer Auswertung hin-sichtlich der sich daraus ergebenden Haupttrennflächenscharen und ihrer Großkreisdarstellung sollen im Fol-genden kurz erläutert werden. 1. Starten von SolidROCK 2001 und Auswahl des Moduls SolidDip 2. Eingabe von Messwerten (Wertepaare ) für die Raumstellung von Haupttrennflächenscharen

    Datei neu Dateiname wählen und ggf. Zusatzinformationen eingeben Datei bearbeiten Modus der Eingabe wählen (idR. Fallrichtung/Fallwinkel/Kennung) Dateneingabe: FR Fallrichtung

    FW Fallwinkel Typ Kennung (Angabe der Trennflächenart, siehe auch Flächenart),

    z. B.: K – Klüftung 1, T - Klüftung 2 oder S – Schichtflächen (Spalten l für Längen- und x für Positionseingabe nicht ausfüllen, für Gewichtung idR. gleiche

    Kennung verwenden) Zurück Datei speichern (unter...)

    3. Auswerteverfahren, Ermitteln der Haupttrennflächenscharen

    Datei öffnen Poldiagramm (Darstellung der Polpunkte im SCHMIDTschen Netz) öffnet selbständig Ansicht Dichtediagramm berechnen (vorgeschlagene Berechnungsmethoden akzeptieren)

    [Achtung: im rechten Fenster müssen alle einzubeziehenden Flächen markiert sein!] Darstellung der Dichteverteilung der Polpunkte Ausgabe, plot möglich

    Ansicht Dichtediagramm links Schwerpunkt klicken Mausklick auf die Stelle, wo am häufigsten Messwerte auftreten (Kegelradius - 20 - o.k.)

    - Wiederholen für weitere Haupttrennflächenscharen Festlegen der Mittelwerte für je eine Haupttrennflächenschar

    - Links Disketten-Symbol klicken durch Klicken auf den Zeilenanfang Zeilen markieren - Speichern und In-Großkreisliste-übernehmen (ggf. Option Überschreiben wählen)

    ( + Ansicht Dichtediagramm links Großkreise klicken eingeblendet + Bearbeiten Liste der Großkreise Böschungsfläche kann ergänzt werden)

    Ansicht Isoliniendiagramm (Dichtediagramm muss vorher berechnet worden sein!) Ende

    4. Weitere Möglichkeit zur Darstellung der Mittelwerte für die Haupttrennflächenscharen im Großkreisdia-

    gramm

    Zum Programm-Modul SolidBlock wechseln (Einstellungen Select Mode okay) Datei öffnen Datei Name_fes auswählen Ansicht Großkreisdiagramm Bearbeiten Flächen Böschungsfläche kann ergänzt werden Ausdruck möglich Ende

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 3.4 Verwendete Unterlagen zu Übung 3 [1] Prinz, Helmut: Abriss der Ingenieurgeologie. 3., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Enke. 1997 – ISBN

    3-432-92333-3, S. 98, 103 [4] Müller-Salzburg, Leopold: Der Felsbau. Erster Band. 1. Nachdruck. Stuttgart: Enke. 1980 S. 247 – 258 [8] Möbus, G.: Tektonik. Leipzig: Verlag für Grundstoffindustrie. 1989 – ISBN 3-342-00403-7, S. 298 –

    301, 456, 457 [9] Dittrich, Erhard: Beobachtungen über den Kluftkörper. In: Bergakademie 22 (1970), Heft 3, S. 151 –

    160 [10] Handbuch zum Programmpaket SolidPACK 2.0, Dipl.-Geol. N. Graf

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    4. /5. Aufnahme des Trennflächengefüges im Steinbruch Münzbach-tal (Praktische Übung)

    [Unterlagen: Übungsbuch, Feldbuch, Schreibgeräte, witterungsangepasste Kleidung, festes Schuhwerk, Mückenspray (Steinbruch ist Feuchtbiotop), Taschenmesser] 4.1 Ablauf Im Steinbruch Münzbachtal in Freiberg wird an einer Aufschlusswand eine Aufnahme des Trennflächengefü-ges durchgeführt. Die Arbeit erfolgt gruppenweise in max. 4 unterschiedlichen Bereichen. Dabei werden alle theoretischen Grundlagen der vorangegangenen Übungen 1 bis 3 in der Praxis angewandt. In der Übung 4 erfolgt die Aufnahme des Trennflächengefüges vor Ort (ca. 1,5 h). Die Auswertung der Ergeb-nisse erfolgt gruppenweise in Heimarbeit (Übung 5). Bei auftretenden Problemen kann auch eine Konsultation während der üblichen Übungszeit vereinbart werden. Konkrete Arbeitsschritte für die Vorgehensweise bei der Aufnahme im Steinbruch sowie Anhaltspunkte zur Erstellung des Beleges erhalten sie vor Ort.

    20

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    6. Untersuchung der Gebirgsbeschaffenheit am Kernmaterial von Bohrungen (Praktische Übung)

    [Unterlagen: Übungsbuch, Feldbuch, Schreibgeräte, Taschenmesser] 6.1 Schichtenverzeichnis für Bohrungen im Fels Aufschlussbohrungen im Fels werden in der Regel als Rotationskernbohrungen ausgeführt. Anhand des im Ergebnis vorliegenden Bohrkerns (Kernmaterial in Bohrkernkisten) können Aussagen über die Schichten-folge, die Gesteinsart und deren Lagerungsverhältnisse sowie in begrenztem Maße über das Trennflächenge-füge gemacht werden [11]. Die wichtigsten Parameter für die Kern- bzw. Schichtenbeschreibung sind neben der genauen Erfassung der bohrtechnischen Parameter (Spalte 2 – 11; hier ausgelassen) in der nachfolgenden Tabelle der DIN 4022, Teil 2 an einem Beispiel dargestellt. Tab. 6.1: Beispiel für ein ausgefülltes Schichtenverzeichnis einer Rotationskernbohrung im Fels [12]

    21

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Die in den einzelnen Spalten angeführten Bezeichnungen haben folgende Bedeutungen [12], [7]: Marschlänge Länge des Kern(rohr)s, der maximal gebohrt werden kann, hier durch waagerechte Striche

    abgeteilt, mit Nummerierung (Nr.)

    Kerngewinn Prozentualer Anteil des ausgebrachten Kernes an der Kernstrecke

    Form Erhaltungszustand des Kernmaterials (durch gestrichelte Linien abgeteilt) A – Kernstücke mit vollständig erhaltener Mantelfläche beliebiger Länge und Zerteilung

    B – Kernstücke mit nur teilweise erhaltener Mantelfläche C – Kernstücke, die nicht mehr zu einem Zylinder zusammengefügt werden können D – kleinstes Bohrgut, wie z. B. Grus und Feines < 0,6 mm

    Verlust Kernverlust (gesteins-/ gebirgsbedingte Besonderheiten; bohrtechnische Parameter) Trennflächen für Kernabschnitte der Probenform A und B, auf Trennflächen pro Meter umrechnen

    Schichtenbeschreibung Beschreibung des anstehenden Gesteins nach DIN 4022 und DIN EN 14688 Tab. 6.2: Beschreiben und Benennen wichtiger Gesteinsarten [12]

    1 2 3 4 5 6 7 8 9

    Benennung

    Kurz-zei-

    chen nach DIN 4023

    Beschreibungsmerkmale

    Körnigkeit Raum-aus-fül-

    lung

    Festig-keit

    Kornbin-dung

    Härte Salz-

    säure- ver-such

    Veränderlichkeit in Wasser

    Farbe vor- herrschend

    1 Konglomerat Brekzie

    Gst vollkörnig bis teilkörnig

    meist porös

    mäßig bis gut

    keine Angabe

    0 bis ++

    nicht bis mäßig veränderlich

    gelb, grau, braun

    2

    3

    4

    5

    Sandstein Schluffstein Tonstein Mergelstein

    Sst

    Ust

    Tst

    Mst

    vollkörnig nichtkörnig nichtkörnig nichtkörnig

    dicht bis porös dicht dicht dicht

    meist gut gut gut gut

    3 bis 6

    3 bis 5

    3 bis 5

    3 bis 4

    0

    0

    0

    +

    nicht veränderlich meist nicht verän-derlich nicht bis mäßig veränderlich mäßig bis nicht veränderlich

    grau, braun, rot, grüngrau, braun

    dunkelgrau grau, braun

    6

    7

    8

    9

    10

    Kalkstein Dolomitstein Kreidestein Kalktuff Anhydrit

    Kst

    Dst

    Krst

    Ktst

    Ahst

    nichtkörnig o. vollkörnig nichtkörnig o. vollkörnig nichtkörnig vollkörnig nichtkörnig

    dicht dicht bis kavernös dicht bis porös porös bis kavernös dicht

    gut gut mäßig bis gut überw. mäßig gut

    4

    4

    2 bis 3

    3 bis 4

    4 bis 5

    ++

    0

    ++

    ++

    0

    nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich mäßig veränder-lich

    weiß, grau, gelb, rot, grün grau, gelblich weiß, grau grau, braun weiß, grau

    11

    12

    13

    Gipsstein Salzgestein Steinkohle

    Gyst

    Sast

    Stk

    nichtkörnig o. vollkörnig nichtkörnig nichtkörnig o. vollkörnig

    dicht dicht dicht

    mäßig mäßig mäßig

    3

    3

    2 bis 3

    0

    0

    0

    mäßig veränder-lich veränderlich nicht veränderlich

    weiß, grau weiß, grau, röt-lich, bläulich schwarz

    14

    15

    16

    17

    18

    19

    20

    21

    Quarzit Granit Gabbro Basalt Tuffstein Gneis Glimmer-schiefer Phyllit

    Q

    Ma

    Ma

    Ma

    Vst

    Ma

    Bl

    Bl

    nichtkörnig o. vollkörnig vollkörnig vollkörnig meist nicht-körnig teilkörnig o. vollkörnig vollkörnig vollkörnig nichtkörnig

    dicht dicht dicht dicht porös bis löcherig dicht dicht dicht

    sehr gut sehr gut sehr gut sehr gut gut bis mäßig meist gut gut bis mäßig gut

    über 6

    über 5

    über 5

    5

    3 bis 5

    4 bis 6

    3 bis 4

    4

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    0

    nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich nicht veränderlich

    weiß, grau, braun mehrfarbig dunkelgrau dunkelgrau grau, dunkel-braun mehrfarbig mehrfarbig dunkelgrün-grau

    22

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 6.2 Kernstücklängen - Auswertung Zusätzlich zur allgemeinen Schichtenbeschreibung des Kernmaterials von Bohrungen gibt es spezielle Me-thoden der Bohrkernauswertung, die sich auf die angetroffenen Kernstücke beziehen. Dazu ist es erforder-lich, jedes einzelne Kernstück pro Kernmarsch längenmäßig zu erfassen. Kernstücke sind „einmessbar“, wenn der Kerndurchmesser noch vollständig erhalten ist und Kernlängen 1 cm parallel zur Bohrlochlängsachse erfasst werden können [7]. Der RQD-Wert (Rock Quality Designation, DEERE, 1963) drückt den prozentualen Anteil der Kernstücklängen 10 cm bezogen auf die Länge der Kernstrecke aus. Er wird zur Gebirgsklassifikation im Tunnelbau sowie zur Berechnung weiterer Gebirgskennwerte (RMR, Q) herangezogen [1, 7]. Speziell für die Ermittlung der Zerrüttung des Gebirges durch tektonisch und subrosionsbedingte Bruchpro-zesse wurde der Zerrüttungsgrad ZG (MOLEK, 1983) entwickelt, in dem auch die nichteinmessbaren Kern-brockenanteile berücksichtigt werden [7]. Der Lm-Wert (MEIER, 1978) charakterisiert präziser Schwächebereiche, wie Störungszonen oder geringfeste Einlagerungen, die bei den bekannten Auswerteverfahren nicht oder nur begrenzt herausgehoben werden. Er stellt das gewogene arithmetische Mittel von festgelegten Kernstückklassen dar [13]. Tab. 6.3: Methoden der speziellen Bohrkernauswertung [7,13,14]

    6.3 Verwendete Unterlagen [1] Prinz, Helmut: Abriss der Ingenieurgeologie. 3., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Enke. 1997. – ISBN

    3-432-92333-3, S. 132 [7] Reuter, F.; Klengel u.a.: Ingenieurgeologie, 3., stark überarb. u. erw. Aufl. Leipzig, Stuttgart: Verlag für

    Grundstoffindustrie, 1992 - ISBN 3-342-00316-2, S. 315 – 320 [11] Wittke, W.: Felsmechanik. Berlin: Springer. 1984. – ISBN 3-540-13016-0, S. 597 - 604 [12] DIN-Taschenbuch 113, Erkundung und Untersuchung des Baugrundes, 7. Aufl. Berlin: Beuth. 1998. –

    ISBN 3-410-14195-2, S. 164, 175 – 176d [13] Meier, G.: Ein repräsentatives Verfahren zur ingenieurgeologischen Bohrkernauswertung im Fels in

    Altbergbaugebieten. In: Berichte 12. Nat. Tag. f. Ing.-Geol., Halle (1999), S. 192-199 [14] Molek, H.: Aussagemöglichkeiten strukturgeologischer Bohrkern-Untersuchungen in Subrosionsge-

    bieten. In: Z. Angew. Geol., Berlin 29 (1983), H. 10, S. 497 - 502

    Parameter

    Definition Eingangswerte

    Bewertung des Gebirges

    RQD-Index (DEERE) [7]

    RQD = %100L

    Prozentualer Anteil der Kernstücklän-gen 10 cm an der Länge der Kern-strecke

    l - Summe der Kernstücklängen 10 cm [cm]L - Länge der Kernstrecke [cm] (üblicherweise Kernmarsch)

    Felsqualität: RQD-Index [%] sehr gering 0 25 gering 25 50 mittel 50 75 gut 75 90 ausgezeichnet 90 100

    Zerrüttungs-grad ZG (MOLEK) [14]

    BEn

    lΣf GZ

    ergibt sich aus dem Quotienten der Summe der einmessbaren Kernstücke ( 1 cm) und deren Anzahl n bezogen auf die jeweilige Berechnungseinheit (üblicherweise Kernmarsch)

    f - Abminderungsfaktor durch nichteinmess-

    bare Kernbrocken und Kernverluste, bei fehlenden Kernverlusten und intakten, ein-messbaren Kernstücken f = 1,0 (z. B. KV = 20 cm auf 1 m BE f = 0,8)

    l - Summe der einmessbaren Kernstücke je Berechnungslänge [m]

    n - Anzahl der einmessbaren Kernstücke je Be-rechnungslänge

    BE - Länge der Berechnungseinheit [m]

    Zerrüttungsgrad: ZG sehr stark 0,00 0,02 stark 0,02 0,05 mäßig 0,05 0,08 schwach 0,08 1,0

    Lm-Wert (MEIER) [13]

    ergibt sich aus 5 cm-Klassen der ein-zelnen Kernstücklängen und bezieht sich auf eine Auswerteeinheit von 1 m Länge. Die 5-cm-Klasse enthält die Dif-ferenz zwischen der Summe aller Kern-stücke > 5 cm und der Auswerteein-heit.

    X1, X2 - Summe der gemessenen Kernstücke

    der Klassen k1, k2 - Mittellängen der Klassen,

    d.h. 2,5; 7,5; 12,5 cm usw.

    Felsqualität: Lm [cm] 1) sehr gering < 5,0 2) gering bis mittel 5,0 - 10,0 3) mittel bis gut 10,1 - 15,0 4) gut bis sehr gut > 15,0 1) mürbe, teils zersetzt, sehr stark ver-

    wittert und aufgelockert, sehr klein-klüftig

    2) stark geklüftet und aufgelockert, teils mürbe, angewittert

    3) teils kompakt, frisch, auf Klüften we-nig angewittert, gering entfestigt

    4) kompakt, fest bis sehr fest, frisch

    [cm] )20X...2X1(X Σ

    20k )20X(Σ ...2k)2X(Σ1k)1X(ΣmL

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    7. Benennen und Beschreiben von Boden [Unterlagen: Millimeterpapier (A4), Zeichengeräte] 7.1 Grundlagen

    Der Begriff „Boden“ wird hier im bautechnischen Sinn gebraucht als branchenübliche Sammelbezeichnung aller Lockergesteine und von lockergesteinsartig verwitterten Festgesteinen [1]. Aufschlussarbeiten im Lockergestein werden in der Regel als Rammkernsondierung ausgeführt. Das im Er-gebnis vorliegende gestörte Bodenprofil muss vor Ort bereits möglichst genau benannt und beschrieben werden. Dafür verwendet man Feldversuche, die im Gelände schnell ausführbar sind und annähernd ausrei-chende Ergebnisse liefern. Für weitere Untersuchungen können dann in Abhängigkeit von der Aufgabenstel-lung zusätzliche Laborversuche durchgeführt werden, die genauere Ergebnisse liefern. Böden lassen sich ganz allgemein einteilen in nichtbindige oder grobkörnige Böden und bindige oder feinkör-nige Böden. Zu den nichtbindigen Böden gehören Steine, Sand und Kies (Korngrößen über ca. 0,06 mm). Zwischen den Körnern wirken keine Anziehungskräfte, sie verändern sich nicht im Wasser und ihre Körner sind mit dem bloßen Auge erkennbar. Bei bindigen Böden handelt es sich um Schluff oder Ton. Sie weisen Korngrößen unter 0,06 mm auf und ihre Körner sind mit dem bloßen Auge nicht erkennbar. Die Anziehungs-kräfte zwischen den Teilchen sind größer als die Schwerkraft, ihre Hohlräume (Poren) sind mit Wasser gefüllt. Damit verbunden sind Eigenschaften wie Quellung (bei Wasseraufnahme) und Schrumpfung (beim Trocknen) [15]. 7.2 Benennen und Beschreiben von Boden Die Bodenansprache erfolgt nach DIN 4022, Teil 1 und 14688. Zur Benennung der Bodenart ist der Haupt-anteil zu bestimmen. Hauptanteil ist entweder die Bodenart, die - nach Massenanteil am stärksten vertreten ist oder - welche die bestimmenden Eigenschaften des Bodens prägt. Anmerkung für gemischtkörnige Böden: Das Feinkorn bestimmt dann nicht Verhalten und Eigenschaften eines gemischtkörni-gen Bodens, wenn - die Trockenfestigkeit niedrig oder nicht vorhanden ist - keine Knetfähigkeit vorhanden ist. → Es erfolgt eine Einteilung nach Korngrößen. Das Feinkorn bestimmt Verhalten und Eigenschaften des gemischtkörnigen Bodens dann, wenn - mindestens eine mittlere Trockenfestigkeit vorhanden ist - eine Knetbarkeit vorhanden ist. → Es erfolgt eine Einteilung nach plastischen Eigenschaften des Feinkornanteils. Zur Benennung der Bodenart ist als erstes eine Bestimmung der Korngröße vorzunehmen. Bei grobkörni-gen Böden erfolgt dies durch visuelle Versuche, indem man die Korngrößen mit der Größe verschiedener Dinge des täglichen Lebens vergleicht. Kieskornbereich kleiner als Hühnereier, größer als Streichholzköpfe Grobkies kleiner als Hühnereier, größer als Haselnüsse Mittelkies kleiner als Haselnüsse, größer als Erbsen Feinkies kleiner als Erbsen, größer als Streichholzköpfe

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Sandbereich kleiner als Streichholzköpfe bis zur Grenze des mit dem bloßen Auge noch erkennbaren Korns Grobsand kleiner als Streichholzköpfe, größer als Gries Mittelsand gleich Gries Feinsand kleiner als Gries, das Einzelkorn aber mit dem bloßen Auge noch erkennbar Handelt es sich um bindigen Boden, ist eine Unterscheidung zwischen Ton und Schluff erforderlich. Dies kann mit Hilfe manueller Versuche, wie dem Schüttelversuch, dem Reibeversuch oder dem Schneideversuch erfolgen. Beim Reibeversuch wird eine kleine Probenmenge zwischen den Fingern zerrieben. An dem Knirschen und Kratzen erkennt man den Sandkornanteil des Bodens. Im Zweifelsfall kann der Versuch zwischen den Zähnen ausgeführt werden, wodurch sich Sand durch Knirschen bemerkbar macht und auf ein schluffiges Material hinweist. Ein toniger Boden fühlt sich außerdem seifig an und bleibt an den Fingern kleben. Schluffige Böden dagegen fühlen sich weich und mehlig an. Beim Schneideversuch wird eine erdfeuchte Probe mit dem Messer durchgeschnitten. Ton weist eine glän-zende Schnittfläche auf. Eine stumpfe Oberfläche ist charakteristisch für Schluff bzw. tonig-sandigen Schluff mit geringer Plastizität. Man kann die Oberfläche der Probe auch mit dem Fingernagel einritzen oder glätten, um eine Feststellung zu treffen [12]. Zur Unterscheidung zwischen Ton und Schluff bzw. tonigen oder schluffigen Beimengungen eignet sich auch der Schüttelversuch. Beim Schüttelversuch wird eine erdfeuchte Probe in die Hand genommen und leicht geschüttelt. Wird die Probe glänzend und tritt relativ schnell Wasser aus, so handelt es sich um einen Schluff oder Feinsand (Bsp. Ostseesand). Tone oder tonige Mischböden geben das Wasser beim Schütteln nicht bzw. nur sehr schwer ab. Gemischtkörnige Böden setzen sich aus grobkörnigen (nichtbindigen) und feinkörnigen (bindigen) Böden zu-sammen. Benennung von grob- und gemischtkörnigen Böden (Feinkornanteil 15%) Der Boden des Korngrößenbereiches, der gewichtsmäßig am stärksten vertreten ist (> 40 %), wird mit dem Substantiv bezeichnet, z. B. Mittelsand. Beimengen anderer grobkörnigen Korngrößen (Sand, Kies, Steine) werden mit dem betreffenden Adjektiv schwach (5 - 15 % Massenanteil) bzw. stark (> 30 %) bezeichnet, z. B. Mittelsand (> 40 %), feinsandig (zwischen 15 % und 30 %), schwach grobsandig (< 15 %). Besteht der Boden aus zwei Korngrößenbereichen mit annähernd gleichen Anteilen (zwischen 40 % und 60 %), so sind die betreffenden Substantive durch „und“ zu verbinden, z. B. Kies und Sand [12]. Bei feinkörnigen Nebenanteilen (Schluff, Ton) wird dem Adjektiv “tonig“ oder “schluffig“ das Beiwort “schwach“ oder “stark“ dann vorangesetzt, wenn sie von besonders geringem oder besonders starkem Einfluss auf das Verhalten des Bodens sind. Derartige Unterscheidungen sind aber nur bei grob- und gemischtkörnigen Böden möglich, deren bodenmechanisches Verhalten nicht vom Feinkornanteil geprägt wird. z. B. Kies, sandig, schwach schluffig Sand, feinkiesig, stark tonig

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Benennung von feinkörnigen Böden und gemischtkörnigen Böden (Feinkornanteil > 15%) Bei feinkörnigen und gemischtkörnigen Böden, deren Verhalten vom Feinkornanteil geprägt ist (knetbar, Konsistenz vorhanden), wird auch das Vorhandensein feinkörniger Nebenanteile aufgrund der plastischen Ei-genschaften nach bodenmechanischen Handversuchen als Schluff oder Ton beurteilt, d. h. man muss sich für eine Hauptbodenart entscheiden → entweder Schluff oder Ton. z. B. Ton, stark sandig, kiesig (typisch für Geschiebelehm) Schluff, feinsandig, schwach humos (typisch für Auelehm) Nur wenn die Plastizitätszahl IP im Plastizitätsdiagramm (siehe Abb. 8.1.4) weniger als 3% über oder unter der A-Linie liegt, wird der feinkörnige Nebenanteil (schluffig, tonig) extra ausgewiesen. Eine Unterteilung in schwach oder stark erfolgt nicht. z. B. Schluff, tonig, schwach sandig Ton, schluffig, stark kiesig, sandig Es ist insbesondere darauf zu achten, dass bei gemischtkörnigen Böden mit einem Feinkornanteil über 15% in der Regel die plastischen Eigenschaften bestimmend sind. Auch wenn in der Kornverteilung als Hauptanteil ein Sand oder Kies ausgewiesen wird, so bestimmen ausschließlich die plastischen Eigenschaften, welche vorzugsweise über die Fließ- und Ausrollgrenze (Plastizitätsdiagramm) bestimmt werden sollen, die boden-mechanischen Eigenschaften. Der Boden wird entsprechend seiner Plastizität mit Schluff oder Ton benannt DIN 4022 T 1 (Absatz 6.2.2.3). Weitere manuelle Feldversuche dienen der Beschreibung der Eigenschaften der angetroffenen Bodenart. Die Beschreibung des Bodenzustandes erfolgt bei grobkörnigen Böden mit Hilfe der Lagerungsdichte (vor Ort nur grob abschätzbar durch Bohrbarkeit des Bohrgutes, sonst mit weiteren Untersuchungsverfahren, z. B. Rammsondierung erfassbar), bei feinkörnigen über die Konsistenz. Die Beschreibung der Zustandsarten erfolgt „im Feld“ folgendermaßen: a) breiig ist ein Boden, der beim Pressen in der Faust zwischen den Fingern hindurchquillt. b) weich ist ein Boden, der sich leicht kneten lässt. c) steif ist ein Boden, der sich schwer kneten, aber in der Hand zu 3 mm dicken Walzen ausrollen lässt, ohne

    zu reißen oder zu zerbröckeln. d) halbfest ist ein Boden, der beim Versuch, ihn zu 3 mm dicken Walzen auszurollen, zwar bröckelt und reißt,

    aber doch noch feucht genug ist, um ihn erneut zu einem Klumpen formen zu können. e) fest (hart) ist ein Boden, der ausgetrocknet ist und dann meist hell aussieht. Er lässt sich nicht mehr kneten,

    sondern nur zerbrechen, ein nochmaliges Zusammenballen der Einzelteile ist nicht mehr möglich. Bindige gemischtkörnige und feinkörnige Bodenarten können weiterhin über ihre Plastizität charakteri-siert werden. Dazu dient der Trockenfestigkeitsversuch und/oder der Knetversuch. Beim Knetversuch wird eine Probe zu dünnen Walzen von ca. 3 mm Durchmesser ausgerollt. Aus den Wal-zen formt man wieder einen Klumpen, den man erneut ausrollt. Daraus lassen sich nachstehende Unterschei-dungen treffen: - leichte Plastizität: Aus den Walzen kann kein zusammenhängender Klumpen mehr gebildet wer-

    den. - mittlere Plastizität: Der gebildete Klumpen lässt sich nicht mehr kneten, da er bei Anwendung

    eines Fingerdrucks sofort zerkrümelt. - ausgeprägte Plastizität: Der aus den Walzen gebildete Klumpen lässt sich – auch unter Anwendung

    eines erhöhten Fingerdrucks – kneten, ohne zu zerbröckeln. Beim Trockenfestigkeitsversuch wird eine kleine Probemenge getrocknet. Folgende Fälle werden unter-schieden:

    - zerfällt ohne oder bei geringster Berührung → keine Trockenfestigkeit (G / S) - zerfällt bei leichtem bis mäßigem Fingerdruck → niedrige Trockenfestigkeit (U / U, fs / fS, u*/ G, u*) - zerbricht unter erheblichem Fingerdruck→ mittlere Trockenfestigkeit (G, t* / S, t*, U, t) - ist durch Fingerdruck nicht zerstörbar → hohe Trockenfestigkeit (T / T, u / T, s / G, t*, s )

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Weitere manuelle Feldversuche zur Beschreibung von Böden sind der Auswaschversuch (Bestimmung der auswaschbaren, feinkörnigen Bestandteile) und der Versuch zur Bestimmung des Kalkgehaltes (Aufbrausen beim Auftropfen von Salzsäure) [12]. Durch den Riechversuch kann man vor allem organische Bodenarten erkennen. Organische Bodenarten sind Torf (pflanzliche Reste, rein organisch), Mudde (pflanzliche und tierische Reste, mit anorganischen Bestandteilen durchsetzt) und Humus (pflanzliche Reste, lebende Organismen und deren Ausscheidungen; bildet mit anorganischen Bestandteilen den Mutterboden). Den Zersetzungsgrad von Torf kann man mit Hilfe des Ausquetschversuches feststellen. Anhaltspunkte für den Humusgehalt eines Bodens liefert u. a. die Farbansprache des Bodens. Sie wird an frischen Bruchflächen bei vollem Tageslicht vorgenommen. Je dunkler der Boden, desto höher ist meist der organische Anteil. Dabei verfärben sich grobkörnige organische Böden leichter als feinkörnige [12]. Tab. 7.1: Humusgehalte bei Böden [12]

    Sand und Kies Ton und Schluff Benennung Humusgehalt

    Massenanteil in % Farbe Humusgehalt

    Massenanteil in %Farbe

    schwach humos 1 bis 3 grau 2 bis 5 Mineralfarbe

    humos über 3 bis 5 dunkelgrau über 5 bis 10 dunkelgrau

    stark humos über 5 schwarz über 10 schwarz

    Für jede Bohrung sind vorgeschriebene Formblätter auszufüllen. Das Schichtenverzeichnis beinhaltet die wichtigsten Angaben aus dem Bohrvorgang, die gewonnenen Proben sowie die Beschreibung der Schichten und der Wasserverhältnisse [12].

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren

    Markierungslinie Schreibzeile

    Schichtenverzeichnis für Bohrungen ohne durchgehende Gewinnung von gekernten Proben

    Anlage Bericht: Az.: 1028/85

    Bauvorhaben: Bodenstadt, Kiesweg 15 Bohrung Nr. B 1 /Blatt 1 Hochwert (HW) Schurf Rechtswert (RW Höhe NN oder HN

    Datum: 29.10.85

    1 2 3 4 5 6 a) Benennung der Bodenart und Beimengungen Bemerkungen

    Sonderprobe

    Wasserführung Bohrwerkzeuge

    Kernverlust Sonstiges

    Entnommene Proben Bis b) Ergänzende Bemerkung 1) ... m unter Ansatz- punkt

    c) Beschaffen- heit nach Bohr- gut

    d) Beschaffen- heit nach Bohr- vorgang

    e) Farbe

    Art

    Nr.

    Tiefe in m (Unter- kante)

    f) übliche Benennung

    g) Geologische1) Benennung

    h) 1) Gruppe

    i) Kalk- gehalt

    a) Mittelsand, feinsandig, humos Schappe 165 b) vorgebohrt bis 1,80 m G 1 0,30 0,30 c) abgerundet,

    erdfeucht d) leicht zu bohren

    e) braun Rohre 159 einge- baut Gestänge,

    f) Oberboden g) Mutterboden h) OH i) O drehend a) Torf Wasser 1,70 m u. AP G 2 0,80 b) Seil, gerammt 100 kg 1,80 c) nicht zer-

    setzt weich d) leicht zu bohren

    e) schwarz Hub 300 3 Schl/300

    S

    1

    1,00

    f) Moor g) Flachmoortorf h) HN i) O 5 Schl/300 S 2 1,50 a) Ton, schluffig, sandig, steinig – Kreidestücke Schappe G 3 2,50 b) 133 6,50 c) steif d) schwer zu boh-

    ren e) grau 30 Schl/300

    45 Schl/300 S

    3 3,00

    f) Geschiebe- mergel

    g) Weichseleis- zeit

    h) TL i) ++ G 4 6,50

    a) Mittelsand, stark feinkiesig, grobsandig Ventilbohrer 133 G 5 8,50 b) Wasser 6,50 m steigt 14,90 c) abgerundet d) schwer zu boh-

    ren e) bunt auf 3,80 m u. AP G

    G 6 7

    10,30 12,50

    f) Sand g) Saaleeiszeit h) i) O G 8 14,90 a) Fels, vollkörnig, dicht Kreuzmeißel 121 G 9 15,50 b) unverrohrt ab 14,90 m 15,80 c) mäßige

    Kornbindung d) leichte Meißelarbeit

    e) rot Endwasserstand 4,10 m u. AP

    f) Sandstein g) Buntsandstein h) i) O 1) Eintragung nimmt der wissenschaftliche Bearbeiter vor.

    Abb. 7.1: Beispiel für ein ausgefülltes Schichtenverzeichnis [12]

    28

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 7.3 Zeichnerische Darstellung von Baugrundbohrungen Die zeichnerische Darstellung der Ergebnisse von Baugrundbohrungen erfolgt nach DIN 4023. Üblicherweise wählt man dafür die Form eines sogenannten Bohrstäbchens.

    Abb. 7.2: Beispiel für die Darstellung von Bohrprofilen [12] Die Abkürzungen (Kurzzeichen) für Boden- und Felsarten sind in den nachfolgenden Tabellen dargestellt. Gleichzeitig sind in der DIN 4023 die Zeichen für die zeichnerische Darstellung sowie die Farbkennzeichnung für die jeweilige Boden- bzw. Felsart enthalten. Da die Bohrprofildarstellung jedoch heute meist von der Re-chentechnik übernommen wird, wurde hier auf eine Angabe dieser Zeichen verzichtet. Die Kurzzeichen für Bodenarten sind in Tabelle 7.2 und 7.3 dargestellt. Bei gemischtkörnigen Bodenarten sind die Haupt- und Nebenanteile durch die entsprechenden Kurzzeichen (Groß- und Kleinbuchstaben in der Tabelle 7.2) zu unterscheiden. Stets ist das Kurzzeichen des Hauptanteils voranzustellen. Die Kurzzeichen der Nebenanteile sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung anzufügen und durch Komma zu trennen. Werden mehrere Bodenarten genannt, so sind diese durch Schrägstriche zu tren-nen. Zwei Korngrößen mit etwa gleichen Massenanteilen sind durch ein Pluszeichen zu verbinden. Ein „schwacher“ Nebenanteil ist durch ein Apostroph hinter, z. B. u’, ein „starker“ Nebenanteil durch einen Strich über dem Kurzzeichen des Nebenanteils oder einen Stern hinter dem Kurzeichen z. B. fs oder fs* deutlich zu machen. Tabelle 7.4 enthält Abkürzungen für die Farbansprache von Böden. Die Kurzzeichen für Felsarten sind in der Tabelle 7.5 dargestellt. Fels hat allgemein nur das Kurzzeichen Z oder, wenn die Felsart bedeutungsvoll und bekannt ist, ein besonderes Kurzzeichen, z. B. Kst = Kalkstein. Bei leichter Verwitterung (Verfärbung) ist das Kurzzeichen in eine einfache Klammer, z. B. (Sst) und bei starker Verwitterung (Entfestigung) in eine Doppelklammer, z. B. ((Gst)), zu setzen. In den Bohrprofildarstellungen ist über der Säule die Art und Nummer des Aufschlusses und die Gelän-dehöhe anzugeben. Rechts der Säule müssen die Kurzzeichen nach Tabelle 7.2 und 7.5 oder die geologi-schen Kurzzeichen nach Tabelle 7.3 stehen.

    a) b) c)

    29

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Weitere Zeichen, die eingetragen werden müssen, beziehen sich auf Entnahmestellen von Sonderproben oder Bohrkernen sowie auf die angetroffenen Grundwasserverhältnisse. Rechts neben der Säule können zeichnerische Symbole für bautechnisch wichtige Eigenschaften, wie der Konsistenz, angetragen werden Tabelle 7.6 [12]. Tab. 7.2: Kurzzeichen für Bodenarten [12]

    Benennung Kurzzeichen DIN 14688 Kurzzeichen

    DIN 4022/4023 Bodenart Beimengung Bodenart Beimengung Bodenart Beimen-gung

    Kies kiesig Gr gr G g

    Grobkies grobkiesig CGr cgr gG gg

    Mittelkies mittelkiesig MGr mgr mG mg

    Feinkies feinkiesig FGr fgr fG fg

    Sand sandig Sa sa S s

    Grobsand grobsandig CSa cs gS gs

    Mittelsand mittelsandig MSa msa mS ms

    Feinsand feinsandig FSa fsa fS fs

    Schluff schluffig Si si U u

    Ton tonig Cl cl T t

    Organische Bestandteil torfig, humos Or or H h

    Mudde (Faulschlamm)

    - - F - organische Bei-mengung Or or - o

    Auffüllung Mg mg A -

    Steine steinig Co co X x

    Blöcke mit Blöcken Bo Bo Y y Tab. 7.3: Geologische Kurzzeichen für Bodenarten [12]

    Mutterboden Mu

    Verwitterungslehm, Hanglehm L

    Hangschutt Lx

    Geschiebelehm Lg

    Geschiebemergel Mg

    Löß Lö

    Lößlehm Löl

    Klei, Schlick Kl

    Wiesenkalk, Seekalk, Seekreide, Kalkmudde Wk

    Bänderton Bt

    Vulkanische Asche V

    Braunkohle Bk

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Tab. 7.4: Ergänzende Beschreibung der Lockergesteine nach der Farbe [7]

    Farbe Kurzzeichen Farbe Kurzzeichen Farbe Kurzzeichen Farbe Kurzzeichen

    grau (g) gelb (e) schwarz (s) hell (h)

    braun (b) grün (ü) weiß (w) dunkel (d)

    rot (r) blau (a) bunt (u)

    Tab. 7.5: Kurzzeichen für Felsarten [12]

    Gesteinsart Kurzzeichen Gesteinsart Kurzzeichen Fels, allgemein Z Kalktuff Ktst

    Konglomerat, Brekzie Gst Anhydrit Ahst

    Sandstein Sst Gips Gyst

    Schluffstein Ust Salzgesteine Sast

    Tonstein Tst verfestigte vulkanische Aschen (Tuffstein) Vst

    Mergelstein Mst Steinkohle Stk

    Kalkstein Kst Quarzit Q

    Dolomitstein Dst massige Erstarrungsgesteine und Meta-morphite (Granit, Gabbro, Basalt, Gneis)

    Ma

    Kreidestein Krst blättrige, feinschichtige Metamorphite (Glimmerschiefer, Phyllit)

    Bl

    Tab. 7.6: Weitere Zeichen zur Bohrprofildarstellung [12]

    Über der Säule Links der Säule Rechts der Säule Sch 1 = Schurf Nr. 1

    P2 NN + 352,1 = Sonderprobe aus 19,0 m Tiefe = NN + 352,1 m

    = nass Vernässungszone oberhalb des Grundwassers

    B 3 = Bohrung Nr. 3 K1 NN + 114,8 = Bohrkern aus 5,2 m Tiefe = NN + 114,8 m für Untersuchungen ausgewählt

    = breiig

    BK = Bohrung mit durchgehender Gewinnung gekernter Proben

    8,9 = Grundwasser am 1.4.1968 in 8,9 m (1.4.68) unter Gelände angebohrt

    7,3 = Grundwasserstand nach Beendigung (1.4.68) der Bohrarbeiten

    = weich = steif

    BP = Bohrung mit durch- gehender Gewinnung nichtgekernter Proben

    NN + 118,0 = Ruhewasserstand in einem ausge- 10.5.68 bauten Bohrloch

    = halbfest

    BuP = Bohrung mit Gewin- nung unvollständiger Proben

    NN + 365,7 = Grundwasser in 15,8 m unter Gelände (12.6.68) 10h = NN + 355,7 m angebohrt, Anstieg des Wassers bis 5,8 m unter Gelände NN + 355,7 = = NN + 365,7 m nach 10 Stunden

    = fest

    BS = Sondierbohrung

    NN + 11,7 = Wasser versickert in NN + 11,7 m (12.6.68)

    = gekernte Strecke

    = klüftig

    = Streichen (hier SW-NE) und Fallen (hier 25° nach SE) von Trennflächen

    31

  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 7.4 Verwendete Unterlagen [1] Prinz, Helmut: Abriss der Ingenieurgeologie. 3., neubearb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Enke. 1997. – ISBN

    3-432-92333-3, S. 6 [7] Reuter, Fritz; Klengel u.a.: Ingenieurgeologie, 3., stark überarb. u. erw. Aufl. Leipzig, Stuttgart: Verlag

    für Grundstoffindustrie. 1992 - ISBN 3-342-00316-2, S. 91 [12] DIN-Taschenbuch 113, Erkundung und Untersuchung des Baugrundes, 7. Aufl. Berlin: Beuth. 1998. –

    ISBN 3-410-14195-2, S. 153 – 171, S. 181 – 191, DIN 4022 T1 [15] Dörken, Wolfram; Dehne, Erhard: Grundbau in Beispielen, Teil 1. 2., überarb. u. erw. Aufl. Düsseldorf

    : Werner. 1999. – ISBN 3-8041-5075-6, S. 12 - 21

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 8.1 Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0/ Konsistenzgrenzen [Unterlagen: Taschenrechner, Zeichengeräte, halblogarithmisches Papier] 8.1.1 Vorstellen des Programms SolidLOG 2.0

    SolidLOG ist ein modular aufgebautes Programmsystem zur Darstellung und Auswertung von Schichten-verzeichnissen, Bohrprofilen und Präsentation von Pegelausbauten. Weiterhin können mit dem Pro-gramm Gefügedaten und allgemeine Messdaten (chemische Analysen, geophysikalische Messungen, ...) aus Bohrungen bearbeitet werden. Die Darstellungen und Beschreibungen erfolgen unter anderem nach DIN [10]. Die wichtigsten Schritte für die Dateneingabe im Gelände aufgenommener Schichtenverzeichnisse, sowie wei-terer wichtiger Parameter (Grundwasserstände, Probenahme, bautechnisch wichtige Eigenschaften) sollen im Folgenden kurz erläutert werden. 1. Starten von SolidLOG unter SolidPACK 2. Eingabe des Schichtenverzeichnisses und weiterer wichtiger Parameter

    Datei; neu

    Bearbeiten; Schichtenverzeichnis

    Eingabe der einzelnen Schichten und ergänzender Angaben (für das Bohrstäbchen):

    - Teufe: Eingabe der Oberkante oder Unterkante der Schicht Einstellung; Eingabemodus; z. B. beginnen mit 0

    - Lithologie: Eingabe des Bodens oder Gesteins als Kürzel nach DIN oder aus vorgegebener Tabelle rechts unten; schwache Nebenanteile „ – „, starke Nebenanteile „ + „ ; z. B. T,+s,u (Ton, stark sandig, schluffig)

    - K (Konsistenz): Eingabe der Konsistenz bei bindigen Böden, mit Kürzel (aus Tabelle rechts unten)

    - W (Wassergehalt): wird üblicherweise bei der Bodenansprache im Gelände nicht bestimmt - F (Farbnummer): vergibt Computer automatisch, bei schwarz/weiß-Ausdruck empfiehlt sich ein

    Löschen der Nummer (, Rückwärtstaste) - Fw. (Fallwinkel), Fr. (Fallrichtung) und Ver. (Verwitterungsresistenz): bleiben üblicherweise

    ohne Eingabe

    Weiterhin kann man bei gleichzeitiger Ausgabe eines Schichtenverzeichnisses (Abb. 7.1) die folgen-den Zeilen der Schichtenbeschreibung ausfüllen (ohne Kürzel), Angaben sind in Tabelle rechts unten vorgegeben

    Wiederholen der Eingabeschritte für die nächste Schicht; als letztes nur die Endtiefe der Bohrung eingeben (bei Eingabemodus Schichtoberkante)

    Ergänzende Angaben zum Bohrstäbchen: z. B.

    - Eingabe von Probeentnahmestellen: Bearbeiten; Proben: Teufe; P (Art der Probe, Kürzel, z. B. S – Sonderprobe oder K – Kernprobe) und Nummer, z. B. P1, eingeben

    - Eingabe von Grundwasserständen: Bearbeiten; Grundwasserstände: Teufe; W (Art; Kürzel laut Legende); Datum sowie Anst. (bei Anstieg oder Versickerung bis in welche Tiefe) eingeben

    Bearbeiten; Ok Datei speichern unter: Eingabe der Kopfdaten für die eingegebene Bohrung (Bohrung Nr. ist gleich-

    zeitig Name – keine Umlaute); Deckblatt: Eingabe von ergänzenden Angaben.

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 3. Ausgabe der eingegebenen Schichten als Bohrstäbchen:

    Ansicht; Schichtenprofil

    (Anzeige: Datei öffnen: Wählen der soeben eingegebenen Bohrung; ok)

    (Anzeige: Auswahl Teufenbereich: Endteufe und eventuellen Maßstab überprüfen bzw. ändern; ok)

    (Anzeige des Bohrstäbchens)

    Ausgabe; Print Log

    Man kann auch die Setup-Einstellungen verändern, je nach Auswahl, welche wichtigen Parameter in welcher Form angezeigt werden sollen

    - Setup; Diagramm; Lithologie (x); Setup (anklicken): z. B. Kürzel oder Klartextangabe neben dem Bohrstäbchen wählen oder Angabe von Proben und Grundwasserstellen anzeigen (x) etc.

    - Oder Setup; Diagramm; Setup Layout: z. B. Angabe der Teufe über NN oder der Tiefe ändern etc.

    8.1.2 Konsistenzgrenzen 8.1.2.1 Definitionen Die Tragfähigkeit nichtbindiger Böden wird vom Wassergehalt praktisch nicht beeinflusst. Bindige Böden da-gegen ändern mit dem Wassergehalt ihre Zustandsform (Konsistenz). Mit zunehmendem Wassergehalt geht bindiger Boden vom festen über den halbfesten, steifplastischen, weichen und breiigen in den flüssigen Zustand über, wobei seine Tragfähigkeit immer weiter abnimmt. Die Abgrenzungen dieser Zustandsformen sind von ATTERBERG festgelegt worden (ATTERBERG’sche Grenzen, Zustands- oder Konsistenzgren-zen) [1] [15]. Abb. 8.1.1: Zustandsgrenzen [15] Fließgrenze wL: Wassergehalt am Übergang von der flüssigen zur bildsamen Zustandsform Ausrollgrenze wP: Wassergehalt am Übergang von der bildsamen zur halbfesten Zustandsform Schrumpfgrenze wS: Wassergehalt am Übergang von der halbfesten zur festen Zustandsform Plastizitätszahl IP: Differenz zwischen Fließ- und Ausrollgrenze: IP = wL - wP; Bildsamkeitsbe-(Bildsam-keitszahl) reich; wird in Zustandsformen breiig, weich und steifplastisch unterteilt Konsistenzzahl IC: Rechenwert für die Zustandsform eines Bodens

    (w = natürlicher Wassergehalt des Bodens) [15]

    breiig fest halb- fest steif weich flüssig

    Bildsamkeitsbereich IP

    Ausrollgrenze wp Fließgrenze wL

    Schrumpfgrenze wS

    Konsistenzzahl IC = 1,0 0,75 0,5 0

    Wassergehalt w

    P

    L

    PL

    LC I

    wwwwww

    I

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren 8.1.2.2 Versuche zur Bestimmung der Konsistenzgrenzen Bei der Bodenansprache im Gelände kann durch manuelle Feldversuche bereits eine Abschätzung der Zu-standsform des Bodens erfolgen. Ihre laborative Ermittlung, die präzise und quantifizierbare Ergebnisse liefert, soll im Folgenden kurz dargestellt werden. Die Bestimmung der Fließ- und Ausrollgrenze erfolgt nach DIN 18122, Teil 1; die Ermittlung der Schrumpf-grenze nach DIN 18122, Teil 2. Grundlage für die Auswertung der Versuche bildet die Formel zur Bestimmung des Wassergehaltes w einer Probe:

    d

    d

    d

    w

    mmm

    mm

    w

    mw = Masse des im Boden vorhandenen Wassers

    md = Masse der trockenen Probe m = Masse der feuchten Probe

    Fließgrenze Die Fließgrenze wird mit dem Fließgrenzenmessgerät nach CASAGRANDE bestimmt. Dabei wird der bindige Boden zu einer weichen Paste aufbereitet, in die Schale des Fließgrenzenmessgerätes gefüllt und glattgestrichen. In den Boden wird mit einem Furchenzieher senkrecht zur Nockenwelle eine Furche gezogen (Abb. 8.1.2) [15].

    Abb. 8.1.2: Darstellung der Füllung in der Abb. 8.1.3: Bestimmung der Fließgrenze aus Schale des Fließgrenzenmess- 4 Einzelversuchen [12] gerätes [12] Die Schale wird durch Drehen der Kurbel angehoben und fallengelassen, bis der Boden in der Furche auf ca. 1 cm Länge zusammengeflossen ist. Die dafür erforderliche Schlagzahl wird notiert. Dasselbe geschieht mit veränderten Wassergehalten noch mindestens dreimal, wobei die Schlagzahlen zwischen 15 und 40 liegen sollen. Von der jeweils in der Schale befindlichen Probe wird der Wassergehalt bestimmt. Die aus den Versu-chen ermittelten Wassergehalte werden über der Schlagzahl (logarithmisch) aufgetragen. Der Wassergehalt bei 25 Schlägen entspricht definitionsgemäß der Fließgrenze wL (Abb. 8.1.3) [12]. Ausrollgrenze Zur Bestimmung der Ausrollgrenze wird der aufbereitete Boden auf einer saugfähigen Unterlage so lange zu ca. 3 mm dicken Walzen ausgerollt, bis diese zu zerbröckeln beginnen. Von diesen Walzen werden an drei mindestens 5 g schweren Einzelproben die Wassergehalte bestimmt. Der Mittelwert entspricht dem Was-sergehalt an der Ausrollgrenze wP. Die Wassergehalte dürfen für die Mittelwertbildung nicht mehr als 2 % voneinander abweichen [12].

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  • TU Bergakademie Freiberg Lehrgebiet für Ingenieurgeologie, Deponiebau und geotechnische Sicherungsverfahren Schrumpfgrenze Zur Bestimmung der Schrumpfgrenze wird ein bindiger Boden so aufbereitet, dass sein Wassergehalt etwa dem 1,1fachen Wert seiner Fließgrenze entspricht. Da beim Austrocknen vieler Böden an der Schrumpfgrenze ein Farbumschlag zum Hellen auftritt, lässt man nun die Probe bei Zimmertemperatur bis zum Farbumschlag trocknen. Anschließend trocknet man die Probe im Trocknungsofen bei 105°. Die Trockenmasse und das Trockenvolumen der Probe werden bestimmt und die Schrumpfgrenze ws ermittelt sich daraus nach folgen-der Beziehung:

    wsd

    ds

    1mV

    w

    s = Korndichte des Bodens [g/cm³]; w = Dichte des Wassers [1 g/cm³]

    [12] Der Wert der Schrumpfgrenze kann außerdem indirekt aus der Beziehung wS = wL – 1,25 IP abgeleitet werden [1]. Sehr oft wird die Größe der Schrumpfung eines Bodens auch durch das Schrumpfmaß VS (%) ausgedrückt. Hierunter ist die Volumenminderung nach Trocknung zu verstehen. Damit ist auch bereits eine überschlägige Baugrundbewertung möglich [16]. Tab. 8.1.1: Mittlere Zahlenwerte der Wassergehalte an den Zustandsgrenzen, der Plastizitätszahl sowie

    des Schrumpfmaßes einiger Hauptbodenarten [16]

    Bodenart wL [%]

    wP [%]

    IP [%]

    wS [%]

    VS [%]

    Baugrundbewertung bzgl. Vs

    Sand, nicht bindig - - 0 - - -

    Sand, mehr oder weni-

    ger schwach bindig

    10 – 23 5 – 20 0 – 5 18 – 25 < 5 gut

    Löß 23 – 28 20 – 23 2 – 8 15 – 18 5 – 10 mittel

    Schluff 15 – 35 10 – 25 5 – 15 - 10 – 20 schlecht

    Lehm, sandiger Ton 28 – 40 17 – 22 5 – 23 12 – 16 10 – 20 schlecht

    Ton, fett, stark plastisch 40 – 150 20 – 50 15 – 95 10 – 15 > 15 sehr schlecht

    Schlamm 60 23 37 - sehr groß sehr schlecht

    organische Böden > 200 > 100 100 - sehr groß sehr schlecht

    8.1.2.3 Anwendung Die Konsistenzgrenzen