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Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik Hannover Verbundprojekt Seismik im Kristallin: 3D-seismische Messungen im Kristallin unter besonderer Berücksichtigung lithologischer und struktureller Klassifizierungen des geothermischen Reser- voirs durch seismische Attributanalysen 3. Zwischenbericht Berichtszeitraum 01.01.2013 31.12.2013 Sachbearbeiter: Dr. Ewald Lüschen Dr. Hartwig von Hartmann Projektleiter: Dr. Rüdiger Schulz Dr. Rüdiger Thomas Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Projektträger Jülich (PtJ-EEN) Förderkennzeichen: 0325363A Laufzeit des Vorhabens: 01.09.2011 31.03.2014 Berichtsdatum: 24.01.2014 Anlage: 1 Archivnummer: 0131761

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Leibniz-Institut für

Angewandte Geophysik

Hannover

Verbundprojekt Seismik im Kristallin:

3D-seismische Messungen im Kristallin unter besonderer Berücksichtigung

lithologischer und struktureller Klassifizierungen des geothermischen Reser-

voirs durch seismische Attributanalysen

– 3. Zwischenbericht –

Berichtszeitraum 01.01.2013 – 31.12.2013

Sachbearbeiter: Dr. Ewald Lüschen Dr. Hartwig von Hartmann Projektleiter: Dr. Rüdiger Schulz Dr. Rüdiger Thomas Zuwendungsgeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Projektträger Jülich (PtJ-EEN) Förderkennzeichen: 0325363A Laufzeit des Vorhabens: 01.09.2011 – 31.03.2014

Berichtsdatum: 24.01.2014 Anlage: 1 Archivnummer: 0131761

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Einleitung Seismische Messungen dienen dazu, Bohrlokationen zur Erschließung eines Reser-voirs festzulegen. Die Erkundung von petrothermalen Reservoiren wird durch die La-ge unterschiedlicher kristalliner Gesteinskomplexe und komplexer, meist steil ste-hender Störungssysteme bestimmt. Die vorhandenen geologischen Modelle extrapo-lieren die bekannten Strukturen der Oberflächengeologie und die Erkenntnisse aus bergbaulichen Tätigkeiten in größere Tiefen. Da die Zieltiefe in 5 bis 6 km Tiefe liegt, muss diese Extrapolation durch seismische Messungen den tatsächlichen Gegeben-heiten im Untergrund angepasst werden.

Bei der seismischen Erkundung von geothermischen Reservoiren im Kristallin sind neben der Bestimmung der komplexen 3D-Untergrundstruktur weitere Herausforde-rungen zu bewältigen; diese sind die sehr steil stehenden Strukturen der Störungs-muster und die Quantifizierung der Klüftigkeit im Reservoir. Drei Forschungsprojekte, die in einem Verbundvorhaben unter Federführung des Leibniz-Instituts für Ange-wandte Geophysik (LIAG) unter Beteiligung der Universität Hamburg und der TU Bergakademie Freiberg durchgeführt werden, sollen diese Fragestellungen lösen:

1. Durchführung einer 3D-Seismik im Raum Schneeberg (westliches Erzgebir-ge), deren Bearbeitung unter Anwendung von neuen Verfahren und Interpre-tation (Vorhaben LIAG: 3D-seismische Messungen im Kristallin unter beson-derer Berücksichtigung lithologischer und struktureller Klassifizierungen des geothermischen Reservoirs durch seismische Attributanalysen),

2. Entwicklung und Anwendung von innovativen Processingmethoden zur Abbil-dung steil stehender Strukturen mit Diffraktionen (Vorhaben Universität Ham-burg: Abbildung steil stehender Strukturen mit Diffraktionen),

3. Geothermische Reservoircharakterisierung unter besonderer Berücksichtigung von gezielt angelegten Zusatzmessungen (Vorhaben TU Freiberg: Geothermi-sche Reservoircharakterisierung durch moderne seismische Abbildungsver-fahren unter besonderer Berücksichtigung steilstehender Störungssysteme und deren Klüftigkeit).

Das ursprüngliche Projekt ist um die Bearbeitung einer weiteren 3D-seismischen Messung ergänzt worden. Diese zusätzliche 3D-seismische Messung wurde Ende 2012 im Erlaubnisfeld Wiesbaden mit dem konkreten Ziel der Errichtung eines geo-thermischen Kraftwerkes durchgeführt. Ziel ist die Erkundung steilstehender Stö-rungszonen im Untergrund des Erlaubnisfeldes. Diese Störungszonen begrenzen teilweise Kristallinblöcke gegen Sedimente des Rotliegenden im Untergrund und rei-chen tief in das kristalline Basement. Extensionale Störungszonen stellen ein wichti-ges Explorationsziel dar, da die Fluidbewegung in Festgesteinsaquiferen vornehmlich auf Klüften und Störungen sowie den sie begleitenden Zerrüttungszonen erfolgt.

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1 Wissenschaftlich-technische Ergebnisse und andere wesentliche Ereig- nisse 1.1 Schneeberg

Im Jahre 2012 erfolgten die 3D-seismischen Messungen im Raum Schneeberg, was im 2. Zwischenbericht dokumentiert ist (LÜSCHEN et al., 2013). Der Schwerpunkt der Arbeiten im Jahr 2013 war das Daten-Processing. Schon bis Mitte des Jahres konnte ein reichhaltiges Strukturinventar im Zieltiefenbereich (5-6 km) des Granits abgebildet werden. Wie im Projektverlauf geplant, wurde im August 2013 ein erweitertes Pro-cessing nach einer Ausschreibung an die Firma DMT-Petrologic als Auftrag verge-ben. Dieses beinhaltet eine weitere Verbesserung des Pre-Processings, ein 'Com-mon-Reflection-Surface' (CRS)-Processing sowie eine Pre-Stack-Migration mit je-weils einer detaillierten Bestimmung der seismischen Geschwindigkeiten. Zwischen-resultate bis Oktober 2013 haben bereits zu deutlichen Verbesserungen in der Abbil-dung des Strukturinventars des Granits geführt. Sie wurden auf einem Workshop am 15.10.2013 in Freiberg vorgestellt und sind für die Bestimmung eines Bohrpfads für eine mögliche Forschungsbohrung von großer Bedeutung. Die Ergebnisse dieses Processings (Stand Dezember 2013) werden ausführlich in der Anlage dokumentiert.

Die konkrete Diskussion und detaillierte Festlegung eines Bohrpfades kann Anfang 2014 beginnen.

1.2 Wiesbaden

Im Erlaubnisfeld Wiesbaden wurden 2009 insgesamt 44 km 2D-seismische Linien zur Prospektion des Feldes geschossen. Auf der Basis der Prospektionsergebnisse wur-de das Explorationsziel festgelegt. Dieses befindet sich im Osten des Erlaubnisfeldes und wurde Ende 2012 mit 3D-Seismik (Größe des Surveys ca. 90 km²) untersucht.

Die 3D-Messung wurde am LIAG bearbeitet und es liegt ebenfalls eine CRS-Bearbeitung der Firma DMT-Petrologic vor. Beide Datensätze unterscheiden sich wesentlich. Die CRS-Bearbeitung mit nachfolgender Migration zeigt deutliche Refle-xionen bis in 3,5 km Tiefe in einzelnen Bereichen des Messgebietes. Im Gegensatz dazu zeigt die FD-Poststack-Migration bis in 1 km Tiefe eine deutliche Reflektivität und darunter kurze, gegeneinander verschobene und verstellte Reflektorstücke mit geringerer Dynamik. Kohärenzuntersuchungen bildeten in Richtung der vorherr-schenden Brüche Störungen ab. Dies ist bei der CRS-Bearbeitung nicht der Fall. Diese Unterschiede in den beiden Bearbeitungen müssen daher noch im Einzelnen untersucht werden.

2 Vergleich des Stands des Vorhabens mit der ursprünglichen Arbeits-, Zeit- und Ausgabenplanung

2.1 Schneeberg

Die umfangreichen, teilweise überraschenden und ausgesprochen guten Ergebnisse des Daten-Processings (siehe Anlage) waren am Anfang des Projektes nicht abzu-sehen. Die noch ausstehende Interpretation kann allerdings bis zum 31.03.2014 nicht bewältigt werden. Ein wesentlicher Grund ist auch, dass mit der 3D-Seismik Schneeberg ein außerordentlich guter und interessanter Datensatz zur Verfügung steht, der in Art und Qualität für diese Fragestellung weltweit einmalig ist. Die Gele-genheit sollte daher nicht ungenutzt bleiben, dessen Potenzial auch voll auszuschöp-

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fen. Dies betrifft ebenso Präsentationen und Veröffentlichungen auf nationaler wie internationaler Ebene.

Da es schon bei der Durchführung der 3D-Seismik im Erlaubnisfeld Schneeberg zu nicht vorhersehbaren Verzögerungen kam (vgl. 2. Zwischenbericht (LÜSCHEN et al., 2013)), wurde Ende 2013 ein Antrag auf kostenneutrale Verlängerung des Projektes bis zum 31.12.2014 gestellt. Somit könnte bei einer Verlängerung des Projektes auch die mögliche Antragstellung für eine Forschungsbohrung weiter konstruktiv begleitet werden.

2.2 Wiesbaden

Die Bearbeitung der Seismik im Erlaubnisfeld Wiesbaden verlief leider nicht planmä-ßig. Die im Aufstockungsantrag vorgesehene Stelle für einen wissenschaftlichen Mit-arbeiter wurde 2012 ausgeschrieben, konnte aber aus Mangel an geeigneten Be-werbern (Geophysiker/in mit Spezialgebiet seismisches Datenprocessing) nicht be-setzt werden (s. letzten Zwischenbericht). Durch Umorganisation der Arbeitspakete können die Arbeiten für dieses Gebiet aber im Wesentlichen bis März 2014 abge-schlossen werden.

3 Haben sich die Aussichten für die Erreichung der Ziele des Vorhabens in-

nerhalb des angegebenen Ausgabenzeitraums gegenüber dem ursprüng-lichen Antrag geändert?

Nein. 4 Sind inzwischen von dritter Seite Ergebnisse bekannt geworden, die für

die Durchführung des Vorhabens relevant sind? Nein. 5 Sind oder werden Änderungen in der Zielsetzung notwendig? Nein.

6 Fortschreibung des Verwertungsplans

6.1 Schutzrechte

Es wurden keine Schutzrechte in Anspruch genommen und keine Schutzrechtsan-meldungen gemacht.

6.2 Wirtschaftliche Erfolgsaussichten

Das Vorhaben zielt auf keinen eigenen wirtschaftlichen Erfolg ab.

6.3 Wissenschaftliche und technische Erfolgsaussichten

Wissenschaftlich und technisch ist das Projekt ein großer Erfolg und vergrößert die im LIAG vorhandenen Erfahrungen auf dem Gebiet der seismischen (Tiefen)-

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Exploration gerade auch im Bezug auf die besonderen Anforderungen geothermi-scher Fragestellungen.

6.4 Wissenschaftliche und wirtschaftliche Anschlussfähigkeit

Die umfangreichen, teilweise überraschenden und ausgesprochen guten Ergebnisse der 3D-Seismik und des zugehörigen Daten-Processings übertreffen bei weitem die ursprünglichen Erwartungen. Mit der 3D-Seismik Schneeberg liegt für die geothermi-sche Exploration ein außerordentlich guter und interessanter Datensatz vor, der in Art und Qualität für diese Fragestellung weltweit einmalig ist. Die Ergebnisse des Projektes bilden die entscheidende Grundlage für die Festlegung des Bohrpfades einer geplanten Forschungsbohrung, die die Schlüsselrolle für ein mögliches Geo-thermisches Projekt einnimmt. Dabei soll die Bohrung eine potenziell nutzbare Stö-rungszone in 5-6 km durchörtern. 7 Publikationen und Vorträge

Zeitschriften

LÜSCHEN, E., V. HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik im Kristallinen Grundgebirge des Erzgebirges. – BBR Fachmagazin für Brun-nen und Leitungsbau, Sonderheft Geothermie 2013, 63. Jahrgang: 80-85.

LÜSCHEN, E. V. HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik für ein petrothermales Forschungsprojekt im Erzgebirge.- Geothermische Energie, 77: 20-21.

Berichte

LÜSCHEN, E., V. HARTMANN, H., SCHULZ, R. & THOMAS, R. (2013): Verbundpro-jekt Seismik im Kristallin: 3D-seismische Messungen im Kristallin unter beson-derer Berücksichtigung lithologischer und struktureller Klassifizierungen des geothermischen Reservoirs durch seismische Attributanalysen. - 2. Zwischen-bericht, LIAG Bericht, Archiv-Nr. 131 094: 12 S.; Hannover.

Vorträge

LÜSCHEN, E. (2013): 3D-Seismik für ein petrothermales Projekt im kristallinen Grundgebirge Sachsens. - 2. Essener Fachgespräch Tiefe Geothermie, 25.04.2013; Essen.

LÜSCHEN, E. (2013): 3D Seismic Survey for a Petrothermal Project in Crystalline Rocks of Saxony. - International Conference on Enhanced Geothermal Sys-tems ICEGS, 27.05.2013; Potsdam.

LÜSCHEN, E., VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik für ein petrothermales Forschungsprojekt im Erzgebirge. - Der Geothermiekongress 2013, 12.-14.01.2013; Essen.

LÜSCHEN, E. , VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik im Kristallin Sachsen zur Erkundung eines petrothermalen Systems. - GeoTHERM, 28.02.-01.03.2013; Offenburg.

LÜSCHEN, E., VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-seismische Messungen für ein petrothermales Projekt im Erzgebirge. - DGG-Jahrestagung 2013, 04.-07.03.2013; Leipzig.

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LÜSCHEN, E. , VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik im Kristallin Sachsens für ein petrothermales Projekt. - Hauskolloqui-um im Geozentrum Hannover, 04.06.2013; Hannover.

LÜSCHEN, E., VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik im Kristallin Sachsens für ein petrothermales Projekt. - Hauskolloqui-um in BGR-Außenstelle Berlin-Spandau, 12.06.2013; Berlin.

LÜSCHEN, E., VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-Seismik für ein petrothermales Projekt im kristallinen Grundgebirge Sachsens. - 12. Bergbauforum, 20.-21.06.2013; Leipzig.

LÜSCHEN, E., VON HARTMANN, H., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): Untersu-chung eines Störungssystems im Kristallin des Westerzgebirges durch 3D-seismische Messungen für eine geothermische Nutzung. - LIAG-Austauschsitzung, 06.11.2013; Hannover.

VON HARTMANN, H., BAUER, W., BECKER, A., LÜSCHEN, E., SCHWARZ, M., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): Seismische Abbildung von Störungen in Kristallingebieten. - Der Geothermiekongress 2013, 11.-13.11.2013; Essen.

VON HARTMANN, H., LÜSCHEN, E., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D-seismic investigations to search for a deep geothermal reservoir within crystalline rock. - European Geothermal Congress, 03.-07.06.2013; Pisa.

VON HARTMANN, H., LÜSCHEN, E., THOMAS, R. & SCHULZ, R. (2013): 3D Seis-mic Exploration for Deep Geothermal reservoirs in the Crystalline Basement in Germany. - Sustainable Earth Science, 30.09.-04.10.2013; Pau, France.

8 Öffentlichkeitsarbeit

Veranstaltungen

SCHULZ, R., VON HARTMANN, H., LÜSCHEN, E. & THOMAS, R. (2013): Informa-tionsveranstaltung für Kommunalvertreter zu Ergebnissen der 3D-seismischen Messungen zur Erkundung geothermischer Reservoire im Kristallin. - 50 Teil-nehmer, 22.04.2013; Schneeberg.

SCHULZ, R., VON HARTMANN, H., LÜSCHEN, E. & THOMAS, R. (2013): Öffentli-che Abendveranstaltung über die Ergebnisse der 3D-seismischen Messungen zur Erkundung geothermischer Reservoire im Kristallin. - 30 Teilnehmer, 22.04.2013; Bad Schlema.

LÜSCHEN, E. (2013): Computertomographie des Erzgebirges: 3D-Seismik für ein geothermisches Projekt. - Vortrag, Informationsveranstaltung für Kommunal-vertreter zu Ergebnissen der 3D-seismischen Messungen zur Erkundung geo-thermischer Reservoire im Kristallin.- 50 Teilnehmer, 22.04.2013; Schneeberg.

LÜSCHEN, E. (2013): Computertomographie des Erzgebirges: 3D-Seismik für ein geothermisches Projekt.- Vortrag, Öffentliche Abendveranstaltung, 30 Teil-nehmer, 22.04.2013, Bad Schlema.

Pressearbeit

BINOT, F., LÜSCHEN, E. & SCHULZ, R. (2013): Medieninformation – LIAG aktuell (Pressemitteilung): Computertomographie des Erzgebirges: 3D-Seismik im kristallinen Grundgebirge für ein geothermisches Projekt, 09.04.2013.

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SCHULZ, R. (2013): Interview mit dpa über die 3D-Seismik in Schneeberg, 25.04.2013.

Website des Projektes: http://www.liag-hannover.de/fsp/ge/seismik-im-kristallin-sachsen-siks.html

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Anlage

Ergebnisse der 3D-seismischen Messungen im Kristallin im Raum Schneeberg

(Stand Dezember 2013)

Ewald Lüschen

Datengrundlage

Nachdem Ende November 2012 die Daten-Akquisition der 3D-Seismik abgeschlos-sen wurde, konnte am LIAG noch im Dezember 2012 mit dem Daten-Processing be-gonnen werden. Zunächst wurde bis Februar 2013 eine Konditionierung der Daten durchgeführt, um sie inklusive Begleitdaten aus dem Pre-Processing (statische Kor-rekturen, Koordinaten etc.) den Projektpartnern der TUBA Freiberg und der Universi-tät Hamburg im Format SEG-Y auf USB-Festplatten zur Verfügung zu stellen. Das 3D-reflexionsseismische Experiment besteht aus Quelle- und Empfängerlinien mit nominell 400 m Abstand und 30 m Punktabständen auf diesen Linien (Abb. 1) auf einer Fläche von ursprünglich 10 km x 10 km. Diese Fläche wurde während der Mes-sungen auf 10 km x 12 km erweitert. Drei schwere Vibratoren wurden nach dem Vibroseis-Verfahren als seismische Quelle benutzt, mit einem 12-96 Hz Sweep-Signal von 10 s Länge und 8-fache Stapelung. Die Registrierzeit nach Stapelung (in-klusive 'Diversity-stack' zur Rausch-Unterdrückung) und Korrelation beträgt 6 s mit 2 ms Sampling-Intervall. Die aktive Mess-Auslage ('Patch') bewegt sich mit max. 6.000 Kanälen in 'Role-along'-Weise über das Messfeld mit insgesamt 8.146 Empfänger-stationen (mit jeweils 12 gebündelten Geophonen) auf 26 Linien. Insgesamt ergaben sich 5.348 Vibratorpunkte sowie ein CMP-Überdeckungsgrad von mehr als 250 im Zentrum für nominell 15 m x 15 m große 'Bins'. Zahlreiche Abweichungen von der nominellen Messgeometrie wurden notwendig, um unerwartete bürokratische Hindernisse und ausbleibende Betretungsgenehmigungen zu kompensieren (Abb. 1, 3). Auch aus diesen Gründen ist das Messgebiet erweitert worden. Dies führt jedoch zu keinerlei Einschränkungen in der Datenqualität bezüg-lich ihrer Aussagekraft, sondern eher zu vorteilhaften Bedingungen, wie noch ausge-führt werden wird. So wird z.B. eine vollständige und gleichmäßige Quelle-Empfän-ger-Azimut-Verteilung erreicht, sowie ebenso eine hohe CMP-Überdeckung mit wei-ter und relativ gleichmäßiger Quelle-Empfänger-Offset-Verteilung (Abb. 2). Ein sprengseismisches Experiment mit 23 Sprengpunkten (jeweils 30 kg Sprenglan-dung in 30 m tiefen Bohrlöchern) auf einem 30 km durchmessenden Kreis wurde in-tegriert. Diese Sprengungen wurden einerseits mit der gerade aktiven Vibroseis-Messauslage des 3D-Experiments registriert, andererseits von 60 autonomen Regist-rierstationen im Abstand von ca. 500 m auf jeweils zwei gegenüberliegende, die Sprengungen verbindenden Linien.

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Abb. 1: Feldgeometrie: Obere Reihe in Vorplanung, untere Reihe nach Realisierung.

Empfängerlinien mit Geophonpunkten sind blau, Vibratorlinien mit Vibratorpunkten sind rot markiert. Die aktive Registrierung findet mit maximal 6.000 Kanälen ('Patch') statt, die sich in 'Role-along'-Weise über das Messge-biet bewegen. Die 'Common-Midpoint' (CMP)-Überdeckung für 15 m x 15 m große 'Bins' ist jeweils rechts entsprechend der Farbskala markiert (110fach in Vorplanung, in Realisierung ca. 250 fach im Zentrum, aber bei 110 abge-schnitten). Man beachte die unterschiedlichen Skalen in oberer und unterer Reihe.

Abb. 2: 'Spider'-Diagramm für einzelne 15 m x 15 m große 'Bins' im Zentrum des

Messgebietes. Jeder vom Zentrum ausgehender Vektor zeigt Azimut und Off-set des jeweiligen Empfänger-Quelle-Paares an.

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Abb. 3: Detailbild der Messgeometrie (Empfänger blau, Vibratorpunkte rot). Karte ist

um 45° nach Ost gedreht. Wegen ausbleibenden Permits im großen Waldge-biet (Mitte rechts) wurde das Messgebiet im Nordosten kurzfristig um 2 km er-weitert. Kartengrundlage © ATKIS, Vermessungsverwaltung der Länder und des BKG, powered by geoGLIS oHG.

Abb. 4: Detail aus Abb. 3 mit der Messgeometrie im Stadtgebiet von Schneeberg,

Aue und Bad Schlema. Kartengrundlage © ATKIS, Vermessungsverwaltung der Länder und des BKG, powered by geoGLIS oHG.

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Abb. 5: Beispiele aus einer Varietät von Überdeckungsdiagrammen. Obere Reihe:

ohne Berücksichtigung, untere Reihe mit Berücksichtigung der Erweiterungs-fläche. Offsets stehen stellvertretend für Tiefenreichweiten (aus DMT-Feldbericht).

Abb. 6: Verteilung der Quelle-Empfänger-Mittenpunkte im Zentrum des Messgebie-

tes. Die Mittenpunkte sind wie gewünscht gleichmäßig zufallsverteilt. Ein no-minelles CMP-Bin (15 m x 15 m) ist in der Mitte mit einem weißen Quadrat markiert.

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Die Abb. 4 und 5 zeigen Details der Feld-Geometrie. Überwiegend wurden Straßen und Wege für Empfängerlinien und Vibratorpunkte genutzt. Aus einer geometrisch gradlinigen und orthogonalen Struktur ist eher eine 'Zufallsverteilung' entstanden. Jedoch führt dies zu einer gleichmäßigen Verteilung der Quelle-Empfänger-Mittenpunkte (Abb. 6). Dies führt wiederum zu einem verminderten Risiko eines 'Footprints', also einer Abbildung oder eines Abdrucks der Messgeometrie auf das fertig bearbeitete Datenvolumen. Die fehlenden Geophon- und Vibratorpunkte im großen Waldgebiet („Prinzen“-Wald) führen zu einer kleinen Lücke im oberflächen-nahen Bereich (Abb. 7), bedingt durch fehlende kurze Quelle-Empfänger-Offsets. Jedoch wird dieser Effekt durch die spätere Datenbearbeitung kompensiert. Die Abb. 8 zeigt das Beispiel einer einzelnen Registrierung, so wie sie nach Stape-lung und Korrelation im SEG-D Format auf einem Datenträger (USB-Festplatte) dem Processing zur Qualitätskontrolle im Feld sowie der Bearbeitung im Hause überge-ben wird. Dies ist eine (FFID 2444, VP 1354-5091) von insgesamt 5.348 Registrie-rungen. Die Benennung von Geophon- und Vibratorpunkten erfolgt 8-stellig, zu-nächst 4-stellig für die Liniennummer, dann 4-stellig für die Punktnummer.

Abb. 7: Auswirkung des fehlenden Messbereiches im Waldgebiet am Beispiel einer

durch dieses Gebiet verlaufenden 'Crossline' (nach vorläufiger Stapelung bei Qualitätskontrolle im Feld). Man beachte die Lücke oben in der Mitte.

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Abb. 8: Beispiel einer einzigen Registrierung. Oben: komplett mit 22 Linien (von ins-

gesamt 26) und ca. 6.000 Spuren; Registrierlänge ist 6 s (hier dargestellt bis 4 s). Unten: Ausschnitt mit einigen markanten Tiefenreflexionen. Insgesamt lie-gen über 32 Mio. Spuren für das Datenprocessing vor (ca. 450 Gbyte). Im Feldbetrieb ist das Datenvolumen bei Stapelung und Korrelation im Vorprocessing schon von ca. 10 Tbyte reduziert worden.

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Datenbearbeitung Ab Februar 2013 wurde am LIAG zunächst ein konventionelles 'Common-Midpoint (CMP)'-Processing durchgeführt, wie es seit mehreren Jahrzehnten bewährte Praxis ist und trotz seiner (theoretischen) Beschränktheit auf vertikale sedimentäre Lage-rungsverhältnisse (mit horizontal anhaltenden Schichtgrenzen) auch im Kristallin des Erzgebirges erstaunliche Ergebnisse erbracht hat. Als mitentscheidend hat sich da-bei das relativ arbeitsintensive Pre-Processing vor CMP-Stapelung und Migration erwiesen. So konnte schon bis Mitte 2013 ein reichhaltiges Strukturinventar im Ziel-tiefenbereich des Granits abgebildet werden. Nach Anwendung der Geometrieinformation im SPS-Format und dem anschließen-den Processing werden die Ergebnisse in einem Datenvolumen dargestellt, das aus Laufzeit- oder Tiefensektionen auf 712 'Inlines' und 868 'Crosslines' besteht (Abb. 9). Auch Laufzeit- und Tiefenscheiben im Abstand von 2 ms beziehungsweise 5 m sowie beliebig orientierte Sektionen können dargestellt werden.

Abb. 9: Beim Processing ist das Datenvolumen nach 'Inlines' (insgesamt 712, SW-

NE) und 'Crosslines' (insgesamt 868, NW-SE) eingeteilt, jeweils im Abstand von 15 m. Jede 10. Linie ist hier dargestellt. Die Feldgeometrie ist wie in Abb. 1 und 3 dargestellt. Geologischen Kartengrundlage: LfULG Sachsen

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Das erste Datenprocessing besteht aus einem konventionellen CMP-Processing, wie es standardmäßig in der 2D- und 3D-Seismik durchgeführt wird und immer noch als erste Referenz beziehungsweise erweiterte Qualitätskontrolle angesehen werden kann (Abb. 10). Hier ist bereits ein reichhaltiges Strukturinventar innerhalb des Granitplutons zu erkennen, insbesondere steil SW-einfallende Strukturen sowie ein Bündel von sub-horizontal, E-W streichenden Reflexionselementen ab ca. 3-4 km Tiefe.

Abb. 10: Datenvolumen nach erster Standard (CMP)-Bearbeitung mit der 'Inline' 340,

'Crossline' 523 und Tiefenscheibe bei 6.360 m. Die rote Linie stellt den mut-maßlichen Verlauf der Verwerfung Roter Kamm nach der Vorstudie (LfULG, 2011) dar, die lila Linie den Verlauf der Oberkante des Granitkörpers. Die Ab-stände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal. Blickrichtung etwa aus Süden.

In Abb. 11 ist die Bearbeitungsabfolge dargestellt. Als besonders arbeitsintensiv, aber die Qualität stark beeinflussende Schritte haben sich die Pre-Processingschritte erwiesen (in Abb. 11 blau markiert), wie interaktive Rausch-Unterdrückung, feldstati-sche Korrekturen auf Grundlage der Kurz-Refraktionslinien (250 m Länge, eine Linie pro qkm), statische Korrekturen auf Basis der Vibroseis-Ersteinsätze und automati-sche reststatische Korrekturen.

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Abb. 11: Datenbearbeitung in einzelnen Schritten (mit Parametern) am LIAG (oben: Standard-Processing) sowie fortgeschrittenes Pre-stack-Processing (Mitte) und Bearbeitung nach Auftragserteilung (unten). Als arbeitsintensiv und ver-antwortlich für die Qualität sind besonders die hellblau markierten Pre-Processing-Schritte.

Wie im Projektverlauf geplant, wurde im August 2013 ein erweitertes Processing nach einer Ausschreibung an die Firma DMT-Petrologic als Auftrag vergeben. Dieses beinhaltet eine weitere Verbesserung des Pre-Processings (statische Korrekturen, Amplituden-Korrekturen, Rausch-Eliminierung etc.), ein modernes 'Common-Reflection-Surface (CRS) '-Processing (JÄGER et al., 2001; HERTWECK et a., 2007; BAYKULOV & GAJEWSKI, 2009) sowie eine Pre-Stack-Migration mit jeweils einer detail-lierten Bestimmung der seismischen Geschwindigkeiten. Eine deutliche Verbesse-rung wurde hierbei auch bei der Wiederholung des Pre-Processings erzielt (Abb. 12). Diese Verbesserungen beziehen sich insbesondere auf eine Amplituden-Skalierung, die im Endeffekt dazu führt, dass die Reflexionsstärken im Gegensatz zu vorher nun real dargestellt werden und somit über das gesamte Datenvolumen vergleichbar sind. Zwischenresultate bis Oktober 2013 haben bereits zu deutlichen Verbesserun-gen in der Abbildung des Strukturinventars des Granits geführt. Die Abb. 13, 14 und 15 zeigen die enormen Fortschritte in der Qualität der Strukturabbildungen zwischen Ende der Feldmessungen (November 2012) und Dezember 2013. Zu beachten ist, dass das Endergebnis nach Pre-Stack-Migrationen auf CRS-Basis erst im Januar 2014 zu erwarten ist.

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Abb. 12: Pre-Processing-Schritte nach Auftragserteilung an DMT-Petrologic, die zu

einer deutlichen Verbesserung führen sowie Amplitudenvergleiche (Reflexi-onsstärken) zulassen.

Abb. 13: 'Base-Map' mit der 'Inline' 399 (SW-NE) und der 'Crossline' 650 (NW-SE)

zur räumlichen Orientierung der Sektionen in den folgenden Abbildungen.

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Abb. 14 A: Fortschritte in der Datenbearbeitung:

Oben: Roh-Tiefendarstellung der 'Inline' 399 nach Qualitätskontrolle im Feld (November. 2012). Unten: Konventionelle CMP-Bearbeitung am LIAG (Juni 2013). Ocker Linie bezeichnet Oberkante des Granits nach der Vorstudie (LfULG, 2011).Die Abstände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal.

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Abb. 14 B: Fortschritte in der Datenbearbeitung:

Oben: Testweise Pre-Stack Zeitmigration mit Tiefenwandlung (Oktober 2013). Unten: CRS-Bearbeitung mit anschließender Post-Stack-Migration (Dezember 2013). Ocker Linie bezeichnet Oberkante des Granits nach der Vorstudie (LfULG, 2011). Die Abstände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal.

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Abb. 15 A: Fortschritte in der Datenbearbeitung:

Oben: Roh-Tiefendarstellung der 'Crossline' 650 nach Qualitätskontrolle im Feld (November 2012). Unten: Konventionelle CMP-Bearbeitung am LIAG (Juni 2013). Ocker Linie bezeichnet Oberkante des Granits nach der Vorstudie (LfULG, 2011). Die Abstände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal.

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Abb. 15 B: Fortschritte in der Datenbearbeitung:

CRS-Bearbeitung mit anschließender Post-Stack-Migration (Dezember 2013). Ocker Linie bezeichnet Oberkante des Granits nach der Vorstudie (LfULG, 2011). Die Abstände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal.

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Dateninterpretation In Abb. 16 ist die Ausgangssituation (LfULG, 2011) vor Beginn der 3D-seismischen Untersuchung dargestellt. Die Verwerfung 'Roter Kamm' ist mit ihrem Versatzbetrag von ca. 500 m wegen ihres markanten Ausbisses an der Oberfläche in Schneeberg von besonderem Interesse. Allen Erfahrungen zufolge muss sie eine große Tiefen-reichweite besitzen. Sie ist post-variszisch mit einigen folgenden Reaktivierungen angelegt. Die dem variszischen Granit auflagernden Schieferzonen sind (Protolith) prä-variszischen Alters.

Abb. 16: Vorprofil aus dem Forschungsbericht Tiefengeothermie Sachsen (LfULG,

2011). Von besonderem Interesse sind die Verwerfung 'Roter Kamm' sowie die dazu konjugierten SW-fallenden Störungen im Granit. Die Oberkante des Granits sowie die auflagernden Schieferzonen (grün, blau) mit ihren internen Strukturen sind durch den Uran-Bergbau bis in Tiefen von ca. 1.500 m sehr genau bekannt.

Abb. 17: Verwerfung 'Roter Kamm' (Mitte, steil nach NE einfallend, vgl. Abb. 16) zwi-

schen 1 und 2 km Tiefe abgebildet. Sie lässt sich somit sehr gut mit dem Ver-satz in der Oberkante des Granits (lila Linie) aus der Vorstudie (LfULG, 2011) korrelieren.

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In Abb. 17 ist der Rote Kamm reflexionsseismisch sehr prägnant zwischen ca. 1 bis 2 km Tiefe abgebildet. Selbst direkt an der Oberfläche (also der Bereich, der durch das 'Muting' abgeschnitten werden muss) ist ein deutliches Signal des Roten Kamms als rücklaufende Reflexion sichtbar (Abb. 18). Die geringeren Reflexionen im weiteren Verlauf in größeren Tiefen sind möglicherweise auf eine weitläufige Auffächerung des Roten Kamms zurückzuführen, während im oberen Bereich mögliche Vererzungen zu hohen reflektiven Impedanzkontrasten (Dichte x Geschwindigkeit) führen.

Abb. 18: Verwerfung 'Roter Kamm' als rücklaufende Reflexion (siehe rote Pfeile und

Schema unten links) kurz hinter den refraktierten Ersteinsätzen. Der Vibratorpunkt befindet sich rechts von dieser Sektion (nordöstlich). Das Wel-lenfeld ist zwecks besserer Auflösung mit einem 'Linear-Moveout' versehen. Für das reflexionsseismische Datenprocessing werden diese Signale zusam-men mit den Ersteinsätzen abgeschnitten ('Muting'), da diese nicht zum reflek-tierten Wellenfeld gehören.

Allein die Abb. 14 und 15 belegen deutlich, dass eine Interpretation der Daten in Form der Bestimmung von zahlreichen seismischen Attributen bisher keinen großen Sinn machte, sondern dass für diesen Zweck die Endresultate der Datenbearbeitung erst abgewartet werden müssen. Abb. 19 zeigt einen Ausschnitt aus dem Datenvo-lumen, wie es seit Dezember 2013 vorliegt, in Form einer Post-Stack-Migration auf Basis der CRS-Bearbeitung. Der nächste, vorläufig letzte Schritt der Datenbearbei-tung wird eine Pre-Stack-Migration auf sogenannte 'CRS-gather' sein, voraussichtlich fertiggestellt Ende Januar 2014. In dieser noch vorläufigen Darstellung wird die Oberkante des Granits in weiten Abschnitten sehr gut nachgebildet (Abb. 19). Steil einfallende Strukturen im Oberbau können mit Oberflächenaufschlüssen korreliert werden. Im Granit selbst sind zahlreiche konjugierte Störungen am mutmaßlichen Verlauf des Roten Kamms versetzt und gehen über ihn hinaus zu größerer Tiefe,

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was im Widerspruch zum geologischen Vormodell steht. Damit zeigen sie, dass sie älter als der Rote Kamm sind. Die Schärfe und Dominanz ihrer Reflexionsstärken sprechen für hohe positive Impedanzkontraste. Dies wäre ein Anzeichen für eine Ausheilung dieser Störungen nach ihrer Aktivierung durch Mineralisierung. Wahr-scheinlich enthalten diese Strukturen also Erze, was dem bisherigen beim Bergbau angewandten Konzept widersprechen würde, dass Erze nur außerhalb des Granits vorhanden sind.

Abb. 19: Auszug aus Datenvolumen nach CRS-Bearbeitung mit nachfolgender Post-

Stack-Migration ('Inline' 369, 'Crossline' 650, Tiefenscheibe 6.000 m) - Stand Dezember 2013. Die lila Linie markiert die Oberkante des Granits. Beherr-schende Elemente sind die konjugierten Störungen innerhalb des Granits so-wie weitere interne, E-W streichende Strukturen ab ca. 3 km Tiefe. Strukturen oberhalb des Granits waren Ziele des Uran-Bergbaus.

Als weiteres wichtiges Strukturelement ist ein Bereich von subhorizontalen Reflexio-nen ab etwa 3 bis 4 km zu sehen. Die einzelnen Strukturen dieser Zone fallen nach Norden ein, streichen in E-W-Richtung, wobei diese Zone insgesamt nach SE zu größerer Tiefe verläuft, im NW ausläuft, aber nach SE nicht begrenzt ist. Ihre Natur wird noch durch seismische Attribute und Geschwindigkeiten zu ergründen sein. Sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass die Obergrenze dieser Zone die Basis des Gra-nits darstellt. Dies wird insbesondere durch Interpretationen gravimetrischer Anoma-lien auf dem DEKORP-MVE-Profil (DEKORP Research Group, 1994; S.720-734) erhärtet.

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Abb. 20: Flutungsinduzierte Mikroseismizität, aufgezeichnet mit dem Monitor-

Netzwerk der WISMUT-GmbH (O. Wallner & A. Hiller, pers. Mitt. 2013; H. Schütz, pers. Mitt. 2013; Wallner & Hiller, 2012), eingetragen auf 'Inline' 540 (transparent). Helle grüne Punkte südöstlich der 'Inline', blasse nordwestlich. Die Abstände der Linien entsprechen 1 km horizontal und vertikal.

Eine zusätzliche Informationsquelle steht mit der Mikroseismizität zur Verfügung, die durch die Flutung aller Schächte und Stollen des Uran-Bergbaus im Rahmen der Re-naturierung durch die WISMUT GmbH induziert wurde, eine Maßnahme, die jetzt weitgehend abgeschlossen ist (Wallner & Hiller, 2012; O. Wallner & A. Hiller, pers. Mitt., 2013; H. Schütz, pers. Mitt., 2013). Diese Flutung findet im Oberbau des Gra-nits bis in Tiefen von ca. 1.500 m statt. In den Abb. 20 und 21 ist der Zusammenhang mit Reflexionsereignissen der 3D-Seismik dargestellt. Hier wird deutlich, dass die induzierte Seismizität noch über einen Kilometer in den Granit hineinreicht. Es ist offensichtlich zu Spannungsumlagerungen und Spannungsfortpflanzungen aus dem Oberbau über größere Distanzen gekommen, wobei besonders der Granit als sprö-des Gestein im Gegensatz zu den Schiefern des Oberbaus zu klastischen Deforma-tionen neigt, also auch Risse und Klüfte produziert.

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Abb. 21: Flutungsinduzierte Mikroseismizität, aufgezeichnet mit dem Monitor-

Netzwerk der WISMUT-GmbH (O. Wallner & A. Hiller, pers. Mitt. 2013; H. Schütz, pers. Mitt. 2013; Wallner & Hiller, 2012); eingetragen auf Tiefenschei-be bei 2.000 m (oben) und auf die Oberfläche Granit (unten). Helle grüne Punkte oberhalb, blasse unterhalb.

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Stern-Experiment Die 3D-Vibroseis-Reflexionsmessungen wurden durch ein spezielles sprengseismi-sches Zusatzexperiment ("Stern") begleitet, das innerhalb von zwei Wochen Ende Oktober 2012 integriert wurde. Dabei wurden diese Sprengungen einerseits von der Vibroseis-Auslage, die die Sprengungen getriggert hat, andererseits von jeweils zwei gegenüberliegende Punkte verbindende Linien registriert, die aus 60 autonomen Re-kordern bestanden ("Cubes", vom GFZ-Gerätepool zur Verfügung gestellt). Nach Abschießen dieser zwei Punkte wurde die Linie auf das nächste gegenüberliegende Paar verschoben. Die Auswertung der Linien erfolgte am Institut für Geophysik der Bergakademie Freiberg und hat eine Geschwindigkeitstomographie zum Ziel. Eine reflexionsseismische 3D-Darstellung erfolgte am LIAG. Die Abb. 22 zeigt dazu eine Lagekarte, die Abb. 23 eine exemplarische Roh-Registrierung und die Abb. 24 einen Ausschnitt aus dem Datenvolumen. Beachtenswert ist dabei das reichhaltige Reflexi-onsangebot aus dem gesamten Krustenbereich bis zur Krusten-Mantel-Grenze in ca. 30 km Tiefe, die sich als scharfer Kontrast herausbildet. In dieser Weise übertrifft die jetzige 3D-Seismik die 2D-Seismik des DEKORP-MVE-Profils (DEKORP Research Group, 1994), das etwa 20 km südlicher liegt, bei weitem. Beide haben jedoch das Erscheinungsbild der Kruste-Mantel-Grenze gemeinsam.

Abb. 22: Sprengseismisches Zusatzexperiment "Stern". Auf einem 30 km durchmes-

senden Kreis liegen 23 Sprengpunkte, auf denen je 30 kg Sprengladung in 30 m tiefen Bohrlöchern gezündet wurden. Die Sprengungen wurden durch je zwei gegenüberliegende Punkte verbindende Linien mit je 60 autonomen Re-kordern registriert (hier nicht dargestellt). Eine zusätzliche Registrierung er-folgte durch die Vibroseis-Auslage (Mitte: schwarze Linien bzw. Punkte), durch die die Sprengungen auch getriggert wurden. Weiß sind die zugehörigen Quelle-Empfänger-Mittenpunkte dargestellt, mit deren Hilfe ein reflexions-seismisches 3D-Processing erfolgt.

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Abb. 23: Beispiel einer Registrierung eines einzelnen Sprengpunktes mit der

Vibroseis-Empfängerauslage. Länge der Registrierung: 20 s, Anzahl der Spu-ren: ca. 6.000. Nach den Ersteinsätzen (ca. 3-6 s) sind bis ca. 10 s Laufzeit zahlreiche Reflexionen aus der Erdkruste zu erkennen; Krusten-Mantel-Grenze bei ca. 10 s.

Abb. 24: Perspektivische Sicht auf das Datenvolumen des sprengseismischen Zu-

satzexperiments. Oben: Lagekarte mit 23 Sprengpunkten, zwei verbindende Linien (als Beispiel) mit je 60 autonomen Rekordern sowie dem Feld der re-gistrierenden Vibroseis-Auslage. Maßstabsgetreu, Zeitlinien alle 5 s. Man be-achte besonders den starken Kontrast an der Kruste-Mantel-Grenze bei 10 s (entspricht ca. 30 km Tiefe).

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Begleitendes LIAG-Zusatzexperiment Ein weiteres begleitendes Experiment, das sich auch schon bei der 3D-Seismik in Unterhaching (SCHULZ et al., 2012) bewährt hat, wurde seitens des LIAG durchge-führt. Die Mess-Apparatur des LIAG, bestehend aus 216 'Geoide'-Registrierkanälen, wurde auf einer kurzen L-förmigen, feststehenden Auslage ausgelegt, um die Vibroseis-Anregungen der 3D-Seismik im 'Master-Slave'-Modus mitzuregistrieren (Abb. 25). Als Empfänger dienten dabei 3-Komponenten-Geophone (4,5 Hz Eigen-frequenz) im Abstand von 5 m. Die Abb. 26 zeigt ein Registrierbeispiel eines Vibratorpunktes der Geoide-Apparatur nach Stapelung und Vibroseis-Korrelation beim anschließenden Processing. Als Besonderheit tritt hier auf, dass neben den normalen P-Wellen auch Scherwellen auf allen drei Komponenten auftreten. Im Prin-zip können diese Messungen auch zu einem eigenständigen 3D-Processing genutzt werden (Abb. 28). Jedoch ist dieses wenig aussagekräftig, da während der zur Ver-fügung stehenden zwei Wochen nur ein kleiner Teil der insgesamt vorhandenen Vibratorpunkte registriert werden konnte (Abb. 25). Allerdings zeigen sowohl ein Großteil der Vibratorpunkte als auch die registrierten Sprengungen (Abb. 27) sowie die 3D-Stapelungen der einzelnen Komponenten, dass gerade mit den Horizontal-komponenten sehr viel Scherwellenenergie registriert werden konnte, die als zusätz-liche Informationsquelle dienen kann. Dies ist insbesondere beim 'Stern'-Experiment (siehe oben) zu beachten, da mit den 'Cube'-Seismometern auch 3 Komponenten registriert wurden. Eine Auswertung der Scherwellen würde uns erlauben, Aussagen über die seismische Anisotropie, mithin über eine Vorzugsorientierung von Klüften und Rissen im Zielgebiet zu machen.

Abb. 25: Konfiguration des begleitenden LIAG-Zusatzexperiments. Links: L-förmige

Registrierauslage mit 72 3-Komponenten-Geophonen (farbig), registrierte Vibratorpunkte (schwarz) und zugehörige Quelle-Empfänger-Mittenpunkte (weiß), die für ein 3D-Processing genutzt werden können. Rechts: Lage der Mittenpunkte (Farbskala stellt Überdeckungsgrad dar) relativ zum Feld der Gesamt-3D-Seismik.

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Abb. 26: Beispiel einer Vibratorpunkt-Registrierung mit der LIAG-Apparatur nach 4-6-

facher Stapelung und Vibroseis-Korrelation. Die ersten 72 Spuren stellen die Z-Komponente, die nächsten 72 Spuren die Y-Komponente, die letzten 72 Spuren die X-Komponente dar. Bis etwa 1.000 ms Laufzeit sind hauptsächlich P-Wellen zu sehen, danach folgend bis etwa 1.600 ms Scherwellen-Erst-einsätze.

Abb. 27: Registrierung eines Sprengschusses mit der LIAG-Apparatur. Einteilung der

Komponenten wie in Abb. 26. Auf allen Komponenten (Spuren 1-144) sind auch Scherwellensignale bis zur Krusten-Mantel-Grenze (bei ca. 13.000 ms) zu erkennen.

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Abb. 28: 3D-Stapelung der X-Komponenten der Vibratorpunkt-Registrierungen der

LIAG-Apparatur. Ausblick Die drastischen Verbesserungen beim Daten-Processing im Laufe des Jahres 2013 waren der Grund, mit den darauf aufbauenden Interpretationen erst Ende 2013 zu beginnen. Die Endresultate des Processings, die als Datenvolumen aus dem CRS-Processing und der Pre-Stack-Migration vorliegen, sind Gegenstand von Attributana-lysen im Interpretationssystem. Hier werden weitere physikalische Parameter, wie Impedanzkontraste, Polaritäten, Absorption sowie eine Vielzahl von seismischen At-tributen (z.B. Störungsmuster), bestimmt, die für die Interpretation der Natur der Re-flexionen bedeutsam sind. Das Processing bei DMT-Petrologic und beim LIAG baut auf derselben Datenbank und Datenstruktur, nämlich des ProMAX/SEISPACE-Processingsystems (LANDMARK), auf. Der Datenaustausch lässt sich somit in beiden Richtungen leicht bewerkstelligen. So wird z.B. das rechen- und arbeitsintensive CRS-Processing bis zur Stapelung und Geschwindigkeitsanalyse (und Analyse weiterer Parameter) bei DMT-Petrologic durchgeführt. Die Zeit- und Tiefenmigration wird dann am LIAG durchgeführt und kann zu mehreren Versionen führen. Dabei wird nicht nur das ge-stapelte CRS-Volumen übergeben, sondern auch die sogenannten CRS-Gather (kor-respondieren mit CMP-Gather), mit denen eigenständige Versuche zum Stapeln durchgeführt werden sollen. Hier bietet sich ein Azimut-abhängiges Stapeln an, d.h. es werden immer nur ausgewählte Azimut-Korridore der Quelle-Empfänger-Paare zugelassen. Dies wird insbesondere durch die Geometrie der Registrierauslage im Feld ermöglicht, die den ganzen Azimut-Bereich mit relativ hoher Überdeckung um-fasst. Auf diese Weise kann eine mögliche seismische Anisotropie (Vorzugsorientie-rung von Reflexionsstärken und seismischen Geschwindigkeiten) erkannt werden, die ihre Ursachen in der Gesteinsanisotropie hat. Hierfür kommt im Granit nur eine Vorzugsorientierung der Klüftigkeit in Frage. Für den Bereich oberhalb des Granits hat sich dies schon aus einer Auswertung der (refraktierten) Ersteinsätze bestätigt. Aussagen über diese seismische Anisotropie sind nicht nur für die reine Existenz ei-

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ner Klüftigkeit (und damit Permeabilität für Wasser) im Zieltiefenbereich von Bedeu-tung, sondern würden auch die Position einer später (im möglichen gewerblichen Betrieb) erforderlichen Re-Injektionsbohrung bestimmen. Mit der seismischen Anisot-ropie sind also nicht nur Aussagen im normalen Auflösungsbereich der Seismik (Zehner bis Hunderte Meter) möglich, sondern auch auf der sub-seismischen Skala. Im Anschluss an das CRS-Processing und aufbauend auf dieser wird bei DMT-Petrologic eine Pre-Stack Migration durchgeführt, die erfahrungsgemäß für die beste Strukturabbildung führt. Beide Methoden werden zu sich ergänzenden Ergebnissen führen. Auch die Pre-Stack-Gather werden sowohl bei DMT-Petrologic als auch beim LIAG einer Geschwindigkeitsanalyse unterzogen, wobei je nach Gewichtung von a-priori-Informationen mehrere Versionen entstehen können. Sollten im Zieltiefenbe-reich gegenüber den typischen seismischen Geschwindigkeiten des Granits reduzier-te Geschwindigkeiten auftreten, so sind dies direkte Hinweise auf ein aufgelockertes Gestein, also auf ein Bohrziel. Literatur

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