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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) – Return to Work nach medizinischer Rehabilitation Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „RICHTIG REHAGIEREN“ des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes Berlin-Brandenburg-Sachen (BBS) Prof. i.R. Dr. Ernst von Kardorff Institut für Rehabilitationswissenschaften

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) –Return to Work nach medizinischer Rehabilitation

Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung „RICHTIG REHAGIEREN“ des Rehabilitationswissenschaftlichen Forschungsverbundes

Berlin-Brandenburg-Sachen (BBS)

Prof. i.R. Dr. Ernst von KardorffInstitut für Rehabilitationswissenschaften

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Gliederung

(1) Zu Rolle und Bedeutung der Rehabilitation im Kontext der Zunahme chronischer Krankheiten und des demografischen Wandels

(2) Das System der Rehabilitation im Kontext rechtlicher Vorgaben und politischer Zielsetzungen

(3) Zentrale fachliche Konzepte der Rehabilitation: ICF , Rehabilitation in der Lebensspanne, Personenzentrierung und Disability-Management

(4) Was kommt nach der akutmedizinischen Behandlung?

- Medizinische Rehabilitation und MBOR

- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: ausgewählte Aspekte

(5) Return to Work and Stay at Work

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(1) Rehabilitation: Key Health Strategy der WHO for the 21th Century

Demografische Alterung, hinausgeschobener Renteneintritt und alternde Belegschaften

Zunahme lebensstil- und arbeitsbedingter chronischer Krankheiten, darunter Zunahme diagnostizierter psychischer Erkrankungen bei AU und EM-Renten

In den modernen um Erwerbsarbeit zentrierten Gesellschaften entstehen durch Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit erhebliche indirekte Kosten (Produktivitäts- Einnahmeausfälle), sowie Erwerbsminderungsrenten hohe indirekte (Produktivitätsausfälle) und direkte Kosten (Behandlung und Rehabilitation)

Gesundheitswirtschaft und Rehabilitation sind ein Wachstumssektor (11% des gesamtwirtschaftlichen Wachstums 2013)

Trotz der hohen Ausgaben für medizinische und berufliche Rehabilitation zeigt sich für die Kostenträger ein „deutlicher Return on investment“;

Rehabilitation ist wirksam, von Rehabilitanden akzeptiert und geht mit subjektiv verbesserter Lebensqualität einher

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Zielgruppen der Rehabilitation: Bestimmung des Umfang der Zielgruppen (Zweiter Teilhabebericht der Bundesregierung 2016)

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Zielgruppen der Rehabilitation - Problemumfang

7,3 Mio. Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung

Behinderungen treten vor allem bei älteren Menschen auf: So waren deutlichmehr als ein Viertel (29 %) der schwerbehinderten Menschen 75 Jahre und älter;knapp die Hälfte (46 %) gehörte der Altersgruppe zwischen 55 und 75 Jahren an.Nur 2 % waren Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Bei 83 % wurde der überwiegende Teil der Behinderungen durch eine Krankheitverursacht;

4 % der Behinderungen waren angeboren bzw. traten im ersten Lebensjahr auf,

2 % waren auf einen Unfall oder eine Berufskrankheit zurückzuführen.

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Größenordnung der Zielgruppen

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Menschen mit mindestens einer chronischen Krankheiten nach Geschlecht und Alter

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Stationäre medizinische Rehabilitation: Krankheitsspektrum

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Häufigkeitsangaben zu chronischen Krankheiten nach Alter und Geschlecht - der soziale Gradient (Marmot; Marmot & Siegrist) (Quelle: GEDA Studie, RKI 2014)

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Psychische Krankheiten als Beispiel

Die OECD schätzt die Kosten einschließlich der Produktivitätsausfälle durch psychische Störungen weltweit auf „several billions of dollar annually“ (Corbiere et al 2013).

In Deutschland machen psychische Störungen mittlerweile fast 43 % der Neuzugänge zu Erwerbsminderungsrenten aus (DRV 2014),

Das durchschnittliche Eintrittsalter in EM-Renten beträgt 58 Jahre, für psychisch kranke Menschen 48 Jahre; bei letzteren haben nur 50% eine vorherige Reha-Maßnahme durchlaufen.

EM-Renten stellen ein Armutsrisiko dar

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Neuzugänge zu Erwerbsminderungsrenten nach Diagnosen im Zeitverlauf

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Umfang psychischer Störungen

Geschätzte Gesamtprävalenz psychischer Störungen für 18- bis 79-jährige Erwachsene in Deutschland: 27,7%.

Angststörungen:15,3%

unipolare Depressionen:7,7%

Alkohol- oder Medikamentenkonsum: 4,7%.

49,8% der Frauen und 36% der Männer hatten mehr als eine Diagnose; die häufigsten Diagnosekombinationen: „Angst- und affektive Störung“, „mehrere Angststörungen“ und „Angst- und affektive und somatoforme Störung“

Jacobi u.a. (2014) gehen dabei nicht von einer realen Zunahme psychischerStörungen über die Zeit aus, sondern von genauerer Diagnosestellung undgestiegener Sensibilität und Veröffentlichungsbereitschaft der Klienten

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Kosten der Rehabilitation (ohne schulische Bildung)

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Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung für Rehabilitation(Quelle: drv-update 2016)

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Aufwendungen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben (Quelle: drv-update 2016)

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Zusammenfassung: Herausforderung für die Rehabilitation

Deckung eines steigenden Reha-Bedarfs

Anpassung an ein gewandeltes Belastungsspektrum

Stärkung der arbeitsbezogenen Ausrichtung

Verzahnung der verschiedenen Angebote

Verbessertes Schnittstellenmanagement (Reha-Ketten)

Verbesserte Verknüpfung von Prävention und Rehabilitation: z.B. Betriebliche Gesundheitsförderung (PrävG) Betriebliches Eingliederungsmanagement, (BEM, §84 SGB IX) mit Wegen in und aus der Reha verknüpfen

Gesetz zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (FlexiG 2016)

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(2) Gesetzlicher Rahmen und politische Zielsetzungen

Von Fürsorge und Versorgung zur Teilhabe und Selbstbestimmung

- Sozialgesetzbuch IX (2001) und Bundesteilhabegesetz (2017)

- UN-Behindertenrechtskonvention: Recht auf Arbeit in einem inklusiven Arbeits-markt (§ 27), Recht auf Bildung (§24) und Recht auf Rehabilitation (§ 26)

Gleichstellungsgesetz (2002) und Gleichbehandlung (AGG 2006)

Rehabilitation vor Rente: nachhaltige Sicherung oder Wiederherstellung derBeschäftigungsfähigkeit auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt

Verknüpfung von Prävention und Rehabilitation

Umfassende Beratungsangebote und Teilhabeplanung

Nationale Strategie: Auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft

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Sozialrechtliche Definition von Behinderung nach dem Bundesteilhabe-gesetz - Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung (BTHG)

§2 (1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische,geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung miteinstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabean der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monatehindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper-und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustandabweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigungnach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Gradder Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihrengewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz imSinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

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Verknüpfung von Rehabilitation und Prävention

Ziele während der Rehabilitation

Ziele nach der Rehabilitation

Vor der Rehabilitation

Quelle: Buschmann-Steinhage 2011

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(3) Konzeptionelle und fachliche Ansätze in der Rehabilitation

Von Defizit- zu Kompetenzmodellen

Von Standardangeboten zur Personenzentrierung

Verlaufsorientierung durch Teilhabeplanung und case-management

Anerkennung der Eigenkompetenz der Rehabilitanden/-innen bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung

Rehabilitation in der Perspektive der gesamten Lebensspanne betrachten (Verlaufsperspektive, biografische Entscheidungen, Lebensphasenspezifik)

Unterschiedliche Perspektive von Männern und Frauen

Orientierung am Teilhabegedanken im Modell der ICF (Internationmal Classification of Functioning, Disability, andHealth) der WHO

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Das Modell der ICF der WHO: International Classification of Functioning, Disability and Health

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ICF- im Kontext beruflicher Wiedereingliederung

In der ICF (International Classification of Function, Disability and Health) wirdhier, bezogen auf die Funktionsbeeinträchtigungen einer Person, vonTeilhabestörungen gesprochen, bei allen Maßnahmen zur beruflichenIntegration/Inklusion von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA)

Die gesellschaftlichen Bedingungen, die eine Wiedereingliederung chronischkranker oder behinderter Menschen behindern, werden dort als Barrierenbezeichnet; sie können materieller Natur oder immaterieller Natur sein.

Ziele: individuelle Förderung und Nachteilsausgleiche, Abbau von Vor-urteilen und Anreize für Arbeitgeber sowie Abbau von administrativen,materiellen und mentalen Barrieren beim Zugang zu Ausbildung undArbeitsmarkt.

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(4) Was kommt nach der akutmedizinischen Behandlung?

Eine chronischen Krankheit oder ein Unfall mit Behinderungsfolge stellen für Betroffene einen Einbruch in ihren familiären und beruflichen Alltag dar mit Konsequenzen für die gesamte Lebensführung

psychologisch stellen sie ein kritisches Lebensereignis dar, nach dem für viele Menschen „nichts mehr so ist, wie es einmal war“, mit dem sie und ihre Angehörigen sich auseinandersetzen müssen

In der Akutbehandlung, in der bereit erste Rehabilitationsmaßnahmen angewandt werden (sog. Phase-I Rehabilitation), bleibt zu einer beruflichen oder biografischen Neuorientierung keine Zeit; dies geschieht meist erst in der

Stationären oder ambulanten Anschlussheilbehandlung (AHB), die i.d.R. 14 Tage nach Entlassung aus der Klinik beginnen soll und vom Rehabilitanden entweder bei der Krankenlasse oder der Rentenversicsherung , im Fall eines Berufsunfalls bei der gesetzlichen Unfallversicherung beantragt werden muss .

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Herausforderungen und Aufgaben für die Rehabilitanden

Nach Corbin & Strauss (2004) sind Rehabilitanden_innen und ihre Angehörigen mit drei zentralen Aufgabenbereiche oder auch Arbeitslinien konfrontiert, ein Aspekt der ihnen oft erst in der AHB zum ersten Mal bewusst wird:

(1) Krankheitsarbeit : Umgang mit den Krankheitsfolgen, z.B. Behandlungsschema Medikamente, Nachuntersuchungen, Hilfsmittelnutzung, etc.)

(2) Alltagsarbeit: der häusliche und berufliche Alltag muss oft ganz neu organisiert werden, die Zukunft muss neu bedacht werden (Rückkehr an den alten Arbeitsplatz möglich? Innerbetriebliche Umsetzung? Umschulung? EM-Rente?, etc.)

(3) Biografische Arbeit (Selbstdefinitionen; Ziele und Perspektiven, usw. )

Für viele Betroffene steht nicht die Krankheit, sondern das durch sie irritierte Leben im Vordergrund (Schaeffer 2009).

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Medizinisch-berufliche (Phase-II) Rehabilitation

In der Regel wird eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme für 3-Wochen, in derPsychosomatik für 5-Wochen und in der Suchtrehabilitation für 6-Wochenbewilligt

Inhaltlich werden auf der Basis des Katalogs therapeutischer Leistungen (KTL) jenach Indikation Physiotherapie, Bewegungstherapien, Kurse zur Schmerzbewäl-tigung, Entspannungs- und Stressbewältigungstraining, Gesprächsgruppen zurKrankheitsbewältigung und psychologische Gesprächsgruppen sowieErnährungsberatung, Raucherentwöhnung und Sportgruppen angeboten.

Diagnostik und Assessments im Rahmen der Feststellung des sozialmedizinischenStatus

Reha-Fachberatung (sozialrechtliche Beratung; Beratung über weitergehendeRehabilitaitonsmöglichkeiten wie stufenweise Wiedereingliederung, beruflicheNeuorientierung, etc.; ggf. Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber, wenn derRehabilitand zustimmt

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MBOR- Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation – besonders für Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen (BBPL)

Alle medizinischen Rehabilitationseinrichtungen richten ihre Rehabilitations-leistungen nach § 15 SGB VI am Ziel der dauerhaften beruflichen Wiedereinglie-derung aus und bieten für ihre Rehabilitandinnen und Rehabilitanden beruflichorientierte Basisangebote an:

- Diagnostikbausteine (Feststellung erwerbsbezogener Problemlagen undUmsetzung in konkrete Therapieziele);

- Therapiebausteine (Arbeitsplatzberatung, Informationen oder Gruppenan-gebote zu sozialmedizinischen, sozialrechtlichen und anderen Themen mitBerufsbezug).

- Psychoedukative Gruppenangebote (zum Beispiel Stressbewältigung amArbeitsplatz), Arbeitsplatztraining)

- Belastungserprobung

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Zur Bedeutung der Teilhabe am Arbeitsleben und der beruflichen Wiedereigliederung

Erwerbsarbeit dient nicht allein, aber wesentlich der der Existenzsicherung,sondern vermittelt darüber hinaus:

ein Gefühl von Sicherheit, sichert Teilhabe, eröffnet Entscheidungsspielräume als souveräner (Konsum-)Bürger schafft Handlungsautonomie bestimmt den sozialen Status einer Person und damit seine gesellschaftliche

Wertschätzung nach außen und seine Anerkennung als verantwortungsvolle undverlässliche Person im Privaten

bedeutet Normalität und wirkt auch darüber entlastend Schafft Selbstvertrauen über subjektives Kompetenzerleben in der Arbeit, über

Anerkennung durch Kollegen und Vorgesetzte sowie das soziale Umfeld Erwerbsarbeit vermittelt soziale Einbindung: Kontakte, Unterstützung und

das Gefühl des Dazugehörens und sie wirkt salutogenetisch.

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Zielsetzungen für die berufliche Wiedereingliederung: das Reha-Futur-Programm der Bundesregierung

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Übergang von der medizinischen Rehabilitation in Arbeit

Im sozialmedizinischen Entlassbericht wird die Arbeitsfähigkeit auf dem Allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt und ggf. Einschränkungen bei der Arbeitstätigkeit festgehalten (z.B. keine Überkopfarbeit; keine Schichtarbeit; nur unter 6 Std. tägliche Arbeitszeit, etc.)

Stufenweise Eingliederung nach dem sog. Hamburger Modell

Weitere Planung der Schritte zur beruflichen Wiedereingliederung:

Berufsvorbereitung/Arbeitserprobung (etwa in einem BTZ)

Anpassungsqualifizierung

Berufliche Bildung/Umschulung

Werkstattplatz

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Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Diagnosen

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Einrichtungen und Dienste der beruflichen Wiedereingliederung

Berufsförderungswerke (28 BFWs mit 90 regionalen Standorten)

Berufstrainingszentren (BTZ)

Rehabilitationseinrichtungen für psychisch Kranke (RPK)

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM), 726 Betriebe mit 316.000 beeinträchtigten Werkstattbeschäftigten (2016)

Integrations-(Inklusionsbetriebe), 847 Betriebe; ca. 26.000 Beschäftigte, ca. 11.000 davon sind schwerbehindert)

Integrationsämter

Integrationsfachdienste

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Prozessabläufe in einem BFW

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WfbM – Segregation im sicheren Abseits

Bereiche und Abläufe:- Eingangsbereich (3 Monate)- Berufsbildungsbereich

(BBB), zwei Jahre, danach:

- ArbeitsbereichKein Tariflohn, sondernEntgelt + Sozialgeld

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(5) Return to Work und Stay at work – Illustration anhand einer Studie Rehabilitation findet in einer komplexen gesellschaftlichen Umwelt statt und wird

von vielen Faktoren beeinflusst, die sich auf RTW und STAW auswirken.

Quelle: Loisel et. Al. 2005

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Wege von der beruflichen Qualifizierungsmaßnahme in das Beschäftigungssystem

Maßnahmen der beruflichen Reha zeigen trotz hoher Maßnahmekosten + Übergangsgeld – für eine zweijährige Umschulung in einen BFW ca. 70.000.-€ – in der quantitativen Nachuntersuchung einen deutlichen Return on Investment, gemessen an den nach zwei Jahren mit den dann erzielten Arbeitseinkommen erzielten Sozialversicherungsbeiträgen

Die globalen statistischen Indices der Nacherhebungen zu beruflichen Bildungsleistungen zur Teilhabe am Erwerbsleben sind Querschnittserhebungen, die den Status zu einem bestimmten Zeitpunkt feststellen und Zeitreihen für fachliche oder ökonomische Erfolgskriterien abbilden können

Zur Identifikation der Bedingungen für den Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme hingegen sind qualitative Verlaufsstudien die geeignete Untersuchungsmethode. Im folgenden werden die Ergebnisse einer von der DRV-Bund geförderten Studie (von Kardorff, Meschnig & Klaus 2017) vorgestellt.

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Hintergrund und Ziele einer Studie zum Return to Work von Rehabilitanden aus einer beruflichen Umschulung

• Analyse des Übergangs von der beruflichen Qualifizierung auf den Arbeitsmarkt (Schnittstellen und erlebte Barrieren) und den Bedingun-gen für eine nachhaltige Integration (Stay at Work) mit dem Ziel von Empfehlungen für gezielte Nachsorge bei kritischen Konstellationen

• Verlaufsgeschichten beruflicher Rehabilitanden zweier Ausbildungs-kohorten aus drei BFWs und drei Freien Bildungsträgern über einen Zeitraum von ca. vier Jahren unter Einbeziehung von Rehabilitanden aus der vorausgegangenen „Abbrecher“-Studie

• Fragebogen zu 3 Zeitpunkten und episodisch-narrative Interviews

• Erfahrungen während der Maßnahme, subjektives Erleben und individuelle Strategien der Rehabilitanden beim Return to Work

• Aus dem Zusammenspiel zwischen Biografie (z.B. Krankheitsverar-beitung), Maßnahme und Umfeld (z.B. soziale Unterstützung, regio-naler Arbeitsmarkt) resultierende (Risiko-)Konstellationen zeigen Bedingungen, die für ein Gelingen bzw. Scheitern einer Rückkehr in Beschäftigung stehen.

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Zentrale Fragestellungen der Verlaufsstudie

1) Rekonstruktion individueller Verläufe von Teilnehmern zweijährigerberuflicher Qualifizierungsmaßnahmen in das Beschäftigungssystem

2) Welche biografischen, umschulungsspezifischen und strukturellenBedingungen fördern die Rückkehr ins Arbeitsleben, welche beein-trächtigen den Zugang? Was trägt zum nachhaltigen Stay at work bei?

3) Welche individuellen Strategien und Entscheidungsprozesse, äußereBarrieren und innere Haltungen (Erwartungen, Zukunftsperspektiven)sind bei der Rückkehr in Arbeit nach der Qualifizierungsmaßnahmevon Bedeutung?

- Umgang mit der Krankheit im neuen Beruf- Hineinfinden in das neue Berufsfeld- neue Routinen im Verhältnis Familie-Beruf-Freizeit -

4) Auseinandersetzung mit Enttäuschungen und Rückfällen

5) Welches sind entscheidende strukturellen Bedingungen, die für RTWbedeutsam sind? (z.B. Region, Arbeitsmarkt, Nachsorgeangebote,soziale Unterstützung)

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Studienorganisation und Rücklaufquote

■ 276 von 454 Teilnehmern von zweijährigen beruflichen Qualifizie-rungsmaßnahmen in 3 BFWs und bei 3 Freien Trägern aus dervorherigen „Abbrecherstudie“ (01.2012 – 06.2013) hatten einerFolgeuntersuchung zugestimmt

■ Bei 22,5% der Teilnehmer (n = 62) konnte bei Beginn desFolgeprojektes die Adresse nicht mehr rekonstruiert werden. Bei einerAnalyse dieser Gruppe fanden sich folgende Auffälligkeiten:

- die Teilnehmer waren jünger,

- öfter alleinlebend und ohne Kinder,

- hatten einen Hauptschulabschluss und

- waren vor der Umschulung vergleichsweise häufiger im Dienst-leistungssektor tätig.

■ Anzahl der Teilnehmer von denen die aktuelle Adresse zum Zeitpunktder Versendung des Fragebogens t₁ vorhanden war: n = 214.

■ Rücklauf der Fragebögen (t₁: 6 Monate und t₂: 18 Monate nachMaßnahmenende):

- t₁: 214 Teilnehmer angeschrieben; Rücklauf n = 138 (64,5%)

- t₂: 155 Teilnehmer angeschrieben; Rücklauf n = 94 (60,6%) 38

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Erwerbsstatus zu t₁ und t₂(t₁ = 6 Monate , t₂ = 18 Monate nach Abschluss der Maßnahme)

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(Keine repräsentative Daten, jedoch typisch für TN an 2-jährigen beruflichen

Vollzeitqualifizierungen mit IHK-Abschluss: Ø Alter 36 Jahre, duale Ausbildung,

ca. 2/3 Männer TN, 1/3 Frauen)

■ Rund ein Viertel der Umschüler (24,7%), die zum Zeitpunkt t₁ in

Arbeit waren, kamen direkt von der Maßnahme in Arbeit

■ Innerhalb von 2 Monaten waren von denjenigen die zum Zeitpunkt

t₁ Arbeit hatten, 61,7% erwerbstätig, nach 4 Monaten 80,2%.in der Regel schneller RTW, außer für Risikokonstellationen

■ Über die Hälfte der TN (51,8%) hatten ein zeitlich befristetes

Arbeitsverhältnis (2014 waren 42% aller neuen Arbeitsverträge in

Deutschland befristet; Quelle: BMAS)

■ Die allgemeine Zufriedenheit ist nicht von einer Tätigkeit im

Umschulungsberuf abhängig.

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Erfolgreiche und riskante Merkmalskombinationen für RTW - predictive margins –Analyse*

Auf Basis einer logistischen Regressionsanalyse wurden Predictive Margins erstellt, die die theoretischen Wahrscheinlichkeiten für einen RTW bei angenommen Kombinationen bestimmter Merkmale der Studienteilnehmer schätzen; hierbei zeigte sich modellhaft:

Die erste Gruppe (1121) hat zu t1 (6 Monate nach der Maßnahme) eine 96%ige Wahrscheinlichkeit wieder in Arbeit zu sein, zum Zeitpunkt t2 (18 Monate nach der Maßnahme) beträgt diese fast 100%. Im Gegensatz dazu steht die die Gruppe mit den Merkmalen 5310: sie ist zu t1 nur mit 14%iger und zu t2 mit 0,5%iger Wahr-scheinlichkeit in Arbeit.

1 steht für „subjektive Gesundheit“ (auf einer Skala 1 – 5)

2 für die Region (1= Ba-Wü; 2 = Berlin-Br., 3 = Meck-Pomm.)

3 für Geschlecht (1 = männlich, 2= weiblich)

4 für Leben in Partnerschaft (1 = mit Partner; 0 = ohne Partner)40

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Prädiktoren für „Return to Work“ (RTW)

■ Prädiktoren für RTW („Rangfolge“):

• t₁ und t₂: + In Partnerschaft lebend+ Positive subjektive Gesundheitseinschätzung

• t₁: - ALO über 12 Monate - Altersgruppe 40-49 Jahre

• t₂: - Region (spezifischer Arbeitsmarkt)+ Geschlecht (Frauen), hier: Akzeptanz schlechtererArbeitsbedingungen- Langzeitarbeitslosigkeit vor der Umschulung

■ Keine Rolle für RTW spielen:

• t₁ und t₂: - Krankheitsbild (weder somatisch noch psychisch)- Multimorbidität (Nennung mehrerer Diagnosen)- Erlernter Beruf; Schulabschluss; „Berufswechsler“;

• Umschulungsberuf: kaufmännische Berufe schneiden beim RTW tendenziell schlechter ab (vermutlich aufgrund des geringeren Arbeitsplatzangebots)

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Qualitative Erhebung

■ Sample: Gelegenheitsstichprobe (Zusage zum Interview; ggf. Bias)

■ Rücklauf: 61 TN haben einem Interview zugestimmt

■ Interviews: 26 Interviews wurden in Cluster eingebunden

■ TN-Auswahl: nach den Kriterien der Grounded Theory

Auf dieser Basis

Personen in Konstellationen (Biografie, Lebenslage, Lebensphase)

Häufung von minimalen Unterschieden in den Clustern

Theoretische Sättigung (nach ca. 35 Interviews) = zusätzliche Interviews erbringen keine neuen Erkenntnisse bzw. für die Erweiterung der Erkenntnisse fehlen TN im Sample)

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Minimaler & maximaler Kontrast in den Konstellationen (Risiko bis Erfolg)

Maximale Variation von Konstellationen

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Herr MeierHerr Siebert

Frau Jürgen

Frau JungmannHerr Vogel

Herr ZanderFrau Kolb

Frau KünzFrau Holl

Frau Bender

Frau Kron

Frau Drach

Herr Schumann Herr Grimm

Herr Hansen

Herr PiepeckHerr Wolter

Herr Klomm

Clusterverteilung

Herr Castello

Herr Wutzke

Herr Dietrich

Herr PohlFrau Krause

HerrHoffmann

Herr Weber

Herr Schmidt

Zufrieden

Unzufrieden

In Arbeit Nicht in ArbeitSalutogenese

Positives Gesundheitsmanagement

VulnerabelUngünstige Krankheitsverarbeitung

Im Umschulungsberuf

Akzeptanz ALO/EM-Rente43

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Fallbeispiel aus dem Cluster: „Unzufrieden“, „Nicht in Arbeit“, „Ungünstige Krankheitsvearbeitung“, „Akzeptanz der Aussteuerung aus dem Arbeitsmarkt“

Die nachfolgend dargestellte Risikokonstellation von „Herrn Klomm“ (pseudonomisiert) ist noch durch weitere Aspekte einer biografischen Risikokonstellation gekennzeichnet

unauffällig in der Umschulung, motiviert, erfolgreicher Abschluss

berufsbiografische Diskontinuitäten mit realem und stark negativ erlebtem sozialem Abstieg verbunden, teils durch Betriebsschließung und veränderte betriebliche Struktu-ren nach der Wende bedingt

Nicht gelungene Anpassung an die Erwartungen an Selbstständigkeit und Eigenaktivität (Erwartung an stabile Rahmungen und Unterstützung durch den Staat)

Negative Zukunftserwartungen

44

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„denn war sich eigentlich jeder selbst überlassen wie er weiterkommt ne“ (Klomm 2, ZN 20f.)

45

Berufsausbildung zum Elektromonteur

Montagearbeit und Meisterausbildung

Betriebselektriker

Fortbildung zum Gebäudesystemelektroniker

1 Jahr Arbeit als Gebäudesystemelektroniker

Industriearbeit in Fertigessenproduktion

Arbeitslosigkeit und medizinische Reha

Berufliche Reha zum Hausmeister mit erfolgreichem Abschluss nach 12 Monaten

Arbeitslosigkeit

1 Jahr geförderte Anstellung als Gärtner

Arbeitslosigkeit

Wunschberuf; folgt seinem Vater

Beruflicher Aufstieg endet mit Familiengründung

Berufliche Neuorientierung nach Rationalisierungsmaßnahmen

Akzeptanz Arbeit im Niedriglohnsektor

Ehefrau trennt sich („critical incident“) Suche nach Möglichkeiten der Rückkehr in

Arbeit

Regionale Suche nach passendem Arbeitsplatz in Vereinbarkeit mit Krankheit

Akzeptanz der ALO, ehrenamtliches Engagement

Beruflicher Verlauf Entscheidungswege

12 Jahre

Ausbruch der

Depression

Phase der

Diskontinuität

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Charakteristika einer kritischen Konstellation für den RTW

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Strukturbedürftigkeit Wunsch nach strukturiertem Leben Wohlfühlen in sichernden

Strukturen (RVL, medizinische und berufliche Reha); Probleme bei An-

forderung an Eigenaktivität

Gesundheitsverhalten Externale Kontrollüberzeugung Kreisen um die Krankheit und

beständige Ängste Kein Testen der Leistungs- und

Belastungsfähigkeit

Passivität Häufige Nutzung von Beratung Empfehlung wird als Vorgabe

verstanden Striktes Befolgen der Vorgaben

RTW wird als Teil der

Reha verstanden!

Schutzbedürftigkeit Hohe Bedeutung der sozialen

Einbindung in der Umschulung und am Arbeitsplatz

Anpassung des (Arbeits-)Alltags an Krankheit

Aspekte derLebensgeschichte

Biografisch gewachsener Schonraum Erleben des sozialen Abstiegs „Familienmensch“ mit Erfahrungen von Diskontinuität

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Ausgewählte Literatur und Links:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter - BIH (2011). ABC - Behinderung und Beruf. Handbuch für die betriebliche Praxis. Wiesbaden: Universum Verlagsgesellschaft

Bundesagentur für Arbeit/BA (Hrsg.) (2014): Analyse des Arbeitsmarktes für schwerbehinderte Menschen. Nürnberg: BA

BMAS (Hrsg.) (2013): Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Bonn

BMAS (Hrsg.) (2016): Zweiter Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen. Bonn

DRV (Hrsg.) (2014): Reha-Bericht der Deutschen Rentenversicherung. Berlin

DRV (Hrsg.) (2014): Reha-update. Berlin

DRK & DAR (Hrsg.(2012): Weiterentwicklung der beruflichen Rehabilitation. Bonn

http://www.rehafutur.de/fileadmin/DOWNLOADS/Publikationen/RehaFutur_EP_Abschlussbericht.pdf

Haller, Erst, Letztel, Stephan & Nowak, Dennis (Hrsg.) Medizinische und Berufliche Rehabilitation. Landsberg

Oliver, Michael & Barnes, Colin (2010): The New Politics of Disablement. London/N.Y.: Palgrave/MacMillan

Schaeffer, Doris (Hrsg.)(2009): Bewältigung chronischer Krankheit im Lebenslauf. Bern: Huber.

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Ausgewählte Literatur und Links:

Lohmann-Haislah, A./BAuA (2012): Stressreport Deutschland. www.baua.de

Weber, A., Peschkes, L. & de Boer, W.L.E. (Hrsg.)(2015): Return to Work – Arbeit für Alle. Stuttgart: Gentner-

Verlag.

Weber, P. (2005): Tätig sein – Jenseits der Erwerbsarbeit. Bonn: Psychiatrie-Verlag.

Deutscher Behindertenrat: www.deutscher-behindertenrat.de

Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation: www.bar-frankfurt.de

Rehadat – Informationssystem zur beruflichen Rehabilitation: www.rehadat.info

Deutsche Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften: www.dgrw-online.de

Deutsches Institut für Menschenrechte: www.institut-fuer-menschenrechte.de

Bundesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin : www.baua.de

Deutsche Vereinigung für Rehabilitation: www.dvfr.de

Institut f. Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: iab.de

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung: www.dguv.de

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