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Leitfaden zum Schutz der „Hilfebeziehung“ in der sozialen Arbeit

Autorinnen:

Françoise DUTRUGE – Weiterbildungsberaterin

Blandine GARCIA-SANCHEZ – Pädagogische Koordinatorin

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Inhalt

1. Präsentation des Projektes Relais plus .................................................................... 5 1.1 Der Kontext ............................................................................................................ 5 1.2 Das Ziel.................................................................................................................. 5 1.3 Zielgruppen, Zielbereiche, die Begriffe „Ausgrenzung“ und „Hilfebeziehung“. ....... 6 1.4 Die Rollenverteilung im Rahmen der Partnerschaft ............................................... 7

2. Die Methodologie des Projektes Relais Plus .............................................................. 9 2.2 Grundlagen der Methodologie................................................................................ 9 2.2 Der rote Faden des Projekts: der Zugang über Kompetenzen (ZÜK) .................. 10

3. Die Produkte des Projektes ....................................................................................... 11 4. Der Leitfaden zum Schutz der Ausübung der Hilfebeziehung ................................... 15

4.1 Vorbemerkungen.................................................................................................. 15 4.2 Ziele des Leitfadens ............................................................................................ 16 4.3 Die „Hilfebeziehung“............................................................................................. 18

4.3.1 Definition ....................................................................................................... 18 4.3.2 Die „Hilfebeziehung“ : konzeptionelle Klärung............................................... 19 4.3.3 Der Kontext der „Hilfebeziehung“ .................................................................. 20 4.3.4 Aufgabenbereiche der in der sozialen Arbeit Tätigen .................................... 21 4.3.5 Ablauf der Intervention im Bereich der Einzelfallhilfe..................................... 26

4.4 Entwicklungsperspektiven.................................................................................... 30 4.4.1 Professionalisierung der AkteurInnen............................................................ 32 4.4.2 Die Ehrenamtlichen ....................................................................................... 36 4.4.3 Verbesserung der Arbeitsbedingungen ......................................................... 38

4.5 Ressourcen zum Schutz der „Hilfebeziehung“ ..................................................... 40 4.5.1 Techniken zur Verbesserung der non-verbalen Kommunikation ................... 40 4.5.2 Aktives Zuhören............................................................................................. 41 4.5.4 Methoden der Konfliktbewältigung................................................................. 44 4.5.5 Die Grundlagen der „emotionalen“ Kommunikation zur Konfliktlösung.......... 49 4.5.6 Methoden zur Etablierung einer « Hilfebeziehung » ...................................... 51

Schlussfolgerungen ....................................................................................................... 54 Bibliografie..................................................................................................................... 56 Internetressourcen......................................................................................................... 59

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1. PRÄSENTATION DES PROJEKTES RELAIS PLUS 1.1 Der Kontext Das Projekt « RELAIS plus » wurde aufgrund von drei Feststellungen ins Leben gerufen. Alle Länder der Europäischen Union sehen sich einer ständig wachsenden Zahl der Situationen von Vernachlässigung gegenüber. Alle Lebensalter sind betroffen, insbesondere die frühe Kindheit, die Adoleszenz und ältere Menschen. Die, die in der sozialen Arbeit mit diesen Zielgruppen arbeiten, sind zum Teil Ehrenamtliche oder Beschäftigte ohne richtige Qualifikation, die eher intuitiv handeln als auf Basis von wirklichem Wissen. Im Übrigen ist ihre Zahl unzureichend. Die Fortbildungsprogramme berücksichtigen nicht hinreichend die Besonderheiten der Situationen von Vernachlässigung. Um allen das Recht auf ein würdiges Leben zu garantieren, ist es notwendig, eine Hilfebeziehung zu diesen Gruppen zu entwickeln und/oder zu konsolidieren und dies in quantitativer und qualitativer Hinsicht. Dies war das generelle Ziel des Projekts. Wenn auch der Bedarf in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft gleich ist, so sind doch die Hintergründe und Ursachen der Situationen von Vernachlässigung verschieden und komplex (politische und sozioökonomische Probleme, die familiären und sozialen Bezüge, die sich auflösen und dies ist nicht nur in den „armen“ Ländern so). Um diesen Bedarf zu decken ist es angebracht, die Professionalisierung der in der sozialen Arbeit Tätigen durch Weiterbildung voranzutreiben und ihre Zahl dadurch zu erhöhen, dass man den Zugang zu diesen Berufsfeldern für solche Arbeitslose fördert, die ein entsprechendes Profil haben. Zu diesem Zweck wurden in Frankreich, Italien und Rumänien bereits im Rahmen des Projekts Leonardo da Vinci Relais n° F/01/B/P/PP/118049 (Relais 1) Fortbildungsprogramme für die Berufsfelder der sozialen Hilfen konzipiert.

1.2 Das Ziel Das spezifische Ziel des Projekts Relais 2 bestand darin, die Produkte des Projekts Relais in 3 weitere Länder zu transferieren (Griechenland, Slowenien und Lettland) unter Berücksichtigung von deren Besonderheiten beim Kampf gegen Ausgrenzung und zur Entwicklung von sozialen Hilfen, ergänzt durch norwegische Beiträge und eine externe deutsche Evaluation. Das Projekt erlaubte die Erarbeitung eines Sets von Instrumenten des Weiterbildungsmanagements und von Fortbildungsprogrammen mit europäischer Referenz. Dieses Set ist in 5 Sprachen in einer Druckversion erhältlich (Französisch, Rumänisch, Griechisch und Lettisch), manche Dokumente in Deutsch und Englisch. Es gibt einen Film (DVD) und eine CD ROM. Das Set richtet sich an Weiterbildungseinrichtungen und des weiteren an entsprechende Strukturen und Personen im Sozial- und Gesundheitsbereich.

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1.3 Zielgruppen, Zielbereiche, die Begriffe „Ausgrenzung“ und „Hilfebeziehung“. Die Zielgruppen sind die Personen, die sich in einer Situation der Ausgrenzung befinden (Kinder, Jugendliche und alte Menschen), in Europa und speziell in den Partnerländern des Projekts.

Der Begriff „abandon“ ist nur schwer ins Deutsche zu übersetzen, da die dahinter liegenden Konzepte nicht übereinstimmen. „abandon“ ist auch übersetzbar mit Verwahrlosung, Verlassenheit, aber auch mit „ausgegrenzt sein“. Wahrscheinlich spricht man in Deutschland am häufigsten von „besonders Benachteiligten“. Im Projekt wurde definiert, welche Zielgruppen gemeint sind: es handelt sich um Kinder, Jugendliche oder ältere Menschen, die keine familiären Bindungen bzw. Unterstützung haben. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein, es reicht von der Situation der Waisenkinder, die tatsächlich keine Eltern (mehr) haben, über die Gewaltopfer, die ihren Familien entzogen wurden bis hin zu alten Menschen, die, sei es freiwillig oder unfreiwillig, isoliert sind von ihren Angehörigen. Insofern trifft auch der für diese Übersetzung gewählte Begriff der Vernachlässigung nur teilweise zu1.

Die Zielbereiche sind der Gesundheitssektor, der Erziehungs- und Bildungsbereich und die personenbezogenen Dienstleistungen mit einem jährlichen Zuwachs von ca. 6 % in Europa. Die NutzerInnen der Ergebnisse werden die Sozialunternehmen und Bildungseinrichtungen sein. Es handelt sich um Zentren der beruflichen Aus- und Fortbildung, Universitäten, Vereine, Stiftungen, religiöse Vereinigungen, Schulen, die eine anerkannte wissenschaftliche Kompetenz in ihren Ländern haben. Diese Organisationen haben die Untersuchungen durchgeführt, die Produkte erstellt und verbreitet mit Unterstützung von: • erfahrenen Sozialunternehmen (laizistisch oder religiös), deren Zielgruppe sich aus

Kindern, Jugendlichen und/oder alten Menschen zusammensetzt, die einer Situation der Vernachlässigung ausgesetzt sind

• von Verwaltungen und Regionen, die für Sozialunternehmen zuständig und/oder an deren Finanzierung beteiligt sind und/oder zuständige Stellen für die Bildung und/oder Regulierungen sind

Diese Unterstützungseinrichtungen hatten im Wesentlichen die Rolle von Referenzen auf der Ebene der Regulierung derjenigen Berufsfelder, die mit der Hilfebeziehung und den drei Zielgruppen verbunden sind. Sie werden in den Referenzdokumenten Nr. 3.1, 3.2 und 3.3 im Einzelnen genannt.

Auch der Begriff der „relation d’aide“ wirft Probleme auf, obwohl er mit „Hilfebeziehung“ übersetzbar ist. Je nach dem zugrunde liegenden fachlichen Konzept kann jedoch auch hier verschiedenes gemeint sein und der Begriff ist in dieser Form weder in Frankreich noch in Deutschland oder den anderen Ländern sehr gebräuchlich. Trotzdem wurde der Begriff im Projekt als „Arbeitstitel“ gewählt und wie folgt definiert: „eine Beziehung, in der mindestens eine/r der ProtagonistInnen bei dem/der anderen 1 http://www.encyclopedie-universelle.com/abandon-4.html

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Wachstum, Entwicklung, Reife, Funktionsfähigkeit zu begünstigen versucht und eine größere Fähigkeit das Leben in völliger Autonomie zu bewältigen“. (vgl Ergebnis Nr. 1). Es geht um die „Hilfebeziehung” im Rahmen der sozialen Einzelfallhilfe.

1.4 Die Rollenverteilung im Rahmen der Partnerschaft Die anspruchsvollen Ziele des Projekts, die Art der Umsetzung um diese Ziele zu erreichen, die Vielfalt der direkten Nutzerinnen und indirekten NutznießerInnen, die Zahl aber auch die Komplementarität der PartnerInnen und Unterstützungsorganisationen verlangten eine sehr strukturierte Organisation und ein rigoroses Projektmanagement. Dies war Gegenstand von Überlegungen der PartnerInnen, die sich auf folgende Funktionsweise geeinigt haben:

• Wahl einer Einrichtung als Projektleitung, beauftragt mit der allgemeinen wissenschaftlichen, verwaltungsmäßigen und finanziellen Koordinierung des Projekts.

• Wahl einer Einrichtung, die die allgemeine und wissenschaftliche Koordinierung übernimmt

• Wahl einer Einrichtung, die die „Regionalleitung“ in den beteiligten Ländern übernimmt (außer in DE und DK), mit der Aufgabe der Koordinierung der Unterstützungseinrichtungen, der Untersuchungen, der Anpassung und dem Transfer sowie der Valorisierung2 im jeweiligen Land.

• Wahl einer Einrichtung für die „wissenschaftliche Expertise“, die sich auf die Hilfebeziehung für jede der drei Zielgruppen bezieht, die sich in der Situation der Vernachlässigung befinden. Dies hat sich durch die Besonderheit der 3 Zielgruppen als notwendig ergeben. Die ExpertInnen waren zuständig für die Europäische Synthese der angepassten Qualifikationsprofile und Fortbildungsprogramme zur Hilfebeziehung, die in den 3 Ländern realisiert wurden und die Ziel des Transfers waren. Sie haben die Transfer - Fortbildungen für die WeiterbildnerInnen durchgeführt.

• Wahl einer Einrichtung als ständige externe Evaluierung der Funktionsweise

des Projekts, der Methodologie, der erzielten Resultate und insbesondere der erarbeiteten Produkte und ihrer Valorisierung. Um eine unabhängige Evaluation zu erhalten fiel die Wahl auf eine Einrichtung, die aus einem anderen Land stammt als diejenigen, die mit der Umsetzung betraut sind (Deutschland). Der Auftrag bestand in der Qualitätssicherung.

• Eine skandinavische Einrichtung wurde ausgewählt, um eine komplementäre

Expertise ins Projekt einzubringen, die auch Gegenstand des Transfers ist. Es handelt sich um die Aufklärung über mit dem Projekt zusammen hängende skandinavische Produkte und zum Modell der sozialen Arbeit in diesen Ländern. Die Wahl fiel auf eine norwegische Einrichtung.

2 Valorisierung lässt sich beschreiben als Prozess der Verbreitung und Nutzung/Verwertung von Projektergebnissen mit dem Ziel, ihren Wert zu optimieren, ihre Wirkung zu erhöhen und sie in Ausbildungssysteme und -verfahren sowohl auf lokaler/nationaler wie auch auf europäischer Ebene zu integrieren« (EU 2005, S. 1). http://www.diezeitschrift.de/22006/wolf06_01.htm

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Übersicht über die Rollenverteilung Allg.

Koordinierung

GIP FIPAG, Frankreich

Projekt-Leitung TEI (Griechenland, Kreta)

Evaluation proInnovation Dr. Anne Rösgen (Deutschland)

Skandinavischer Experte

Institut Nova (Norwegen)

Länder Frankreich Rumänien Griechenland Lettland Slowenien Ste

uerk

reis

Regionalleitung

GIP FIPAG PARTENER TEI Kreta Universität Liepaja Institut A. Trstenjaka

Unterstützungsgruppen

(Regionalleitung, WeiterbildnerInnen

, Fachkräfte, Finanziers),

Sozialpartner

Kinder Jugendliche Ältere Menschen

Kinder Jugendliche Ältere Menschen

Kinder Jugendliche Ältere Menschen Gruppen

Recherche – Produktion

(Regionalleitung, WeiterbildnerInnen

, Fachkräfte)

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2. DIE METHODOLOGIE DES PROJEKTES RELAIS PLUS 2.2 Grundlagen der Methodologie Der Transfer, der das Ziel des Projektes ist, besteht aus verschiedenen Typen von Transfer:

• Geografische Transferierbarkeit Es handelt sich um ein Projekt des Innovationstransfers aus Frankreich und Rumänien nach Griechenland, Lettland und Slowenien und nicht um eine Fortsetzung des Projekts Relais, in dem es zwei weitere Partnerländer und 8 weitere PartnerInnen gab, die nicht mehr am Projekt beteiligt sind. Der Transfer vollzieht sich über eine Anpassung der existierenden Instrumente an die Besonderheiten der 3 neuen Partnerländer mit einem neuen Beitrag aus skandinavischer Sicht und mit einer neuen europäischen Synthese, die von 7 Ländern aus dem Norden und Süden, dem Westen und Osten Europas geteilt wird.

• Methodische Transferierbarkeit Im Rahmen dieses Transferprojektes wird auch eine pädagogische Kultur geteilt, die auf einem gemeinsamen methodischen Zugang beruht, dem Zugang über Kompetenzen. Diese gemeinsame pädagogische Kultur, die die Arbeiten der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Aus- und Weiterbildung vermittelt stützt sich auf den möglichst adäquaten Bezug zwischen Bildung und Beschäftigung. Basierend auf einer Analyse der ökonomischen Bedarfe wird der Bildungsbedarf festgestellt und werden Bildungsinhalte identifiziert, die diese Bedarfe decken. Die Kette ist wie folgt: professionelle Aktivitäten – erforderliche Kompetenzen – Bildungsinhalte – Qualifizierung. Das Projekt erlaubt allen PartnerInnen, insbesondere denen aus dem Osten, diese Vision von den Zielen der Bildung zu teilen.

• Sektorielle Transferierbarkeit Eine der Aktivitäten des Projektes ist es in der Diagnosephase die verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen in den Partnerländern zu identifizieren im Hinblick auf den Schutz von Personen. Diese Studie und ihre Ergebnisse in Bezug auf die Ausgrenzung können in andere Sektoren transferiert werden: Recht und Justiz, Prävention, Mediation. Es ist ein Transfer in Richtung auf viele Beschäftigungsfelder denkbar im Gesundheitswesen wo die Hilfebeziehung sehr präsent ist. Zudem sind das Bildungsmanagement und die Modularisierung in alle anderen Sektoren transferierbar. Zur Umsetzung des Transfers hielt man es für nötig:

• Die Hemmnisse für die Entwicklung der Hilfebeziehung in den verschiedenen Partnerländern zu analysieren

• Das Bildungsmanagement anzupassen und zu transferieren um die Bildungseinrichtungen im Hinblick auf die Professionalisierung der in der sozialen Arbeit Tätigen zu unterstützen.

• Ein angepasstes und erneuertes Bildungsangebot zu fördern, das die Besonderheiten der verschiedenen Zielgruppen als Mittel zur Entwicklung der Hilfebeziehung im Dienste der nationalen und europäischen sozialen Praktiken integriert.

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• Die Problematik der Ausgrenzung besser zu konzeptualisieren, die Netzwerke der AkteurInnen besser zu identifizieren.

• Das Wissen zu konsolidieren und die Problemlösung im Feld zu erleichtern.

2.2 Der rote Faden des Projekts: der Zugang über Kompetenzen (ZÜK) Die Aus- und WeiterbildnerInnen haben Schritt für Schritt eine Methodologie entwickelt in der « die Ausbildung einem Hebel der wirtschaftlichen Leistung entspricht », genannt „Zugang über Kompetenzen“. Der ZÜK ist eine Herangehensweise, eine Sichtweise, eine Orientierungshilfe, die der Ausbildungspraxis Sinn gibt. Der rote Faden besteht darin, die aktuellen beruflichen Aufgaben so zu gliedern, dass sich daraus die berufstypische Tätigkeit ergibt, und die Ausbildung so zu gestalten, dass sich die Lernergebnisse in Effekte am Arbeitsplatz umsetzen. Durch diesen roten Faden, den der ZÜK darstellt, ist ein neuer Bereich der Kompetenzen von Ausbildern/innen entstanden, nämlich das Bildungsmanagement (ingéniérie de formation). Die Definition von Bildungsmanagement, die wir im Projekt benutzt haben, ist folgende: « Gesamtheit der Methoden des Bildungsmanagements, die in der Bildungsarbeit zum Einsatz kommen. » Der Bereich der Analyse kann eine gesamte Organisation oder ein Teilbereich sein. Das Bildungsmanagement ist somit die Gesamtheit der Methoden, Werkzeuge, Herangehensweisen, die dazu dienen • Die Probleme im Hinblick auf die Humanressourcen in einer bestimmten

Arbeitsorganisation zu analysieren • Diese Probleme in einen (Aus)bildungsbedarf zu übersetzen • Die Bedingungen zu definieren, unter denen die Bildungsmaßnahme im Stande

ist diesen Bedarf zu befriedigen • Zu evaluieren, ob die Maßnahme eine Auswirkung auf die Problematik hat • Falls nötig, Korrekturen vorzunehmen

Die beruflichen Tätigkeiten, was verlangen sie im Bezug auf Kenntnisse, Durchführung, Geschicklichkeit?

Die Lernaktivitäten, die es erlauben diese zu erwerben.

Wie baut man die Ausbildung auf, ausgehend vom Beruf auf?

Wie sichert man die Wirksamkeiteiner Ausbildung?

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3. DIE PRODUKTE DES PROJEKTES Ergebnis Nr. 1: Analyse der Ausgangsbedingungen im Hinblick auf die Hilfebeziehung zu Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen in jedem der Partnerländer Griechenland, Lettland und Slowenien In diesen 3 Ländern wurde eine Bestandsaufnahme auf Basis eines methodologischen Leitfadens durchgeführt, der im Projekt Relais erarbeitet worden war und durch den neuen norwegischen Partner vervollständigt. Der Leitfaden stützt sich auf 4 Informationsquellen: Dokumentenanalyse, Fragebogenaktion und Gespräche mit verschiedenen Kategorien von in der sozialen Arbeit Tätigen sowie NutzerInnen. Die Bestandsaufnahme enthält:

• die vorgefundenen Probleme (Art, Ursache, Dimension, Charakteristika der vernachlässigten Gruppen, quantitative und qualitative Daten)

• die konzeptionellen Ansätze „Hilfebeziehung“ (relation d’aide) und „Ausgrenzung“ (abandon) (vgl. Fußnoten 1 + 2)

• Politik und Praxis im Hinblick auf die Situationen von Vernachlässigung: bestehende Strukturen – Funktionsweise und Management – juristische Rahmenbedingungen – Status – Kompetenzen der AkteurInnen der Hilfebeziehung – Art und Grad der Professionalisierung

• das Bildungsangebot (Bereiche – Logik – Art und Struktur der existierenden Aus – und Weiterbildung in diesem Feld)

• Professionalisierungsbedarf der in der sozialen Arbeit Tätigen in den 3 Ländern

Ergebnis Nr. 2 Eine europäische Synthese der 6 Bestandsaufnahmen (Relais und Relais plus) und den Professionalisierungsbedarf von in der sozialen Arbeit Tätigen, die – in 7 Ländern – für eine Hilfebeziehung zuständig sind im Hinblick auf Zielgruppen, die sich in der Situation der Vernachlässigung befinden. Diese Synthese wurde erarbeitet ausgehend von: • der „Diagnose“, die im Projekt Relais 1 in Frankreich, Rumänien und Italien

realisiert wurde • den 3 neuen Bestandsaufnahmen in Griechenland, Lettland und Slowenien • den zusätzlichen Ressourcen die vom neuen norwegischen Partner eingebracht

wurden Ergebnis Nr. 3 3.1 Anforderungs- und Qualifikationsprofile (Référentiels métier et formation3) zur Hilfebeziehung mit älteren Menschen, die sich in der Situation der Vernachlässigung befinden

3 Die Übersetzung der Begriffe kann nur ungenau sein, da es keine entsprechende Praxis in Deutschland gibt. Es handelt sich um „(Anforderungs-)Kataloge“ bzw. „Qualifikationsprofile“, die zum

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3.2 Anforderungs- und Qualifikationsprofile zur Hilfebeziehung mit Jugendlichen, die sich in der Situation der Vernachlässigung befinden 3.3 Anforderungs- und Qualifikationsprofile zur Hilfebeziehung mit Kindern, die sich in der Situation der Vernachlässigung befinden Sie wurden auf Basis der zu lösenden Probleme und der Identifikation der nötigen Aktivitäten erarbeitet. Sie wurden angepasst, um die Schlussfolgerungen der neuen europäischen Synthese zu berücksichtigen, die Besonderheiten jedes der neuen Partnerländer und der neuen Beiträge aus den skandinavischen Ländern. 4. Berufsethische Grundsätze guter Praxis (livre code de la bien-traitance4) Es geht darum, in die berufliche Praxis das einzubringen, was all ihren Aktivitäten Sinn und Kohärenz gibt - über das unterschiedliche Ausbildungsniveau und die Verantwortlichkeit der in der sozialen Arbeit Tätigen hinweg und jenseits der Beschränkung auf bestimmte Zielgruppen. Die Analyse der Gegebenheiten, die die berufliche Praxis stören, Notfälle, Überlastungen, Aggressivität und Gewalt, Rivalitäten, Zustände der Abwertung des Ich etc. illustrieren die Notwendigkeit methodologischer und ethischer Bezugspunkte. Dies geschieht auf Basis einer transnationalen Analyse:

• der Lösungen, die für die „Problemsituationen“ oder „kritischen Punkte“ in den Anforderungsprofilen (référentiels métiers) gefunden wurden

• der Verhaltensweisen, die im Hinblick auf „Schlüsselsituationen“ entwickelt und in den Qualifikationsprofilen (référentiels formation) aufgriffen wurden

Es handelt sich um eine originäre Sammlung methodologischer, ethischer und auf Verhalten bezogener Orientierungen und somit ist dieser „Ethikkodex“ das Gegenteil eines Prinzipienkataloges, eines Resümees existierender Charta. Ergebnis Nr. 5: 5.1 Fortbildungsprogramme bezogen auf die Hilfebeziehung mit älteren und vernachlässigten Menschen 5.2 Fortbildungsprogramme bezogen auf die Hilfebeziehung mit vernachlässigten Jugendlichen 5.3 Fortbildungsprogramme bezogen auf die Hilfebeziehung mit vernachlässigten Kindern

einen Tätigkeiten und deren Anforderungen beschreiben sowie die zur Ausübung der Tätigkeit erforderlichen Kompetenzen auflisten. (vgl. GlossAB 2003 des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, S. 282) 4 Auch hier ist nur eine sinngemäße Übertragung möglich, da das französische Wortspiel unübersetzbar ist: bien – traitance wird der maltraitance (Misshandlung) gegenübergestellt, meint aber nicht das Gegenteil, sondern „gute Praxis“.

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Die Programme wurden auf Basis der neuen Qualifikationsprofile erarbeitet, aber auch auf Basis der Bildungsprogramme die schon im Projekt Relais konzipiert worden waren und die sich in der Erprobung befinden und unter Berücksichtigung der neuen skandinavischen Beiträge. Sie beinhalten sowohl ein Fortbildungsangebot für die schon im Gesundheits- und Sozialbereich Tätigen als auch ein Angebot für Arbeitssuchende (auf verschiedenen Niveaus), auch als Beitrag zur Aufwertung des Berufsbereichs. Das Angebot nimmt die Gliederung in Funktionen aus den verschiedenen Profilen wieder auf. Ergebnis Nr. 6 Fortbildung für WeiterbilderInnen der AkteurInnnen der Hilfebeziehung mit ausgegrenzten Zielgruppen Insgesamt werden mind. 135 Personen fortgebildet, je 45 in Griechenland, Lettland und Slowenien. Für dieses Programm wurde das Programm aus dem Projekt Relais 1 angepasst unter Berücksichtigung der Evaluation der ersten Veranstaltungen, die in FR, IT und RO stattgefunden haben und des identifizierten neuen Bildungsbedarfs. Das Dokument präsentiert alle Module und enthält einen verpflichtenden gemeinsamen „Stamm“ von 2 Tagen, der sich an alle richtet und außerdem spezifische Module (Kinder, Jugendliche und ältere Menschen), die dem jeweiligen Interventionsbereich angepasst sind. Es trägt zur Entwicklung des Arbeitsfeldes bei, indem es die Bedeutung der Kompetenzen zur Teamarbeit betont und die Durchlässigkeit der verschiedenen Berufsfelder fördert. Ergebnis Nr. 7: Der Leitfaden zur Sicherung der Ausübung der Hilfebeziehung Der Leitfaden hat das Ziel, die Sicherheit in der Arbeit zu einer Dimension der Kultur der in der sozialen Arbeit Tätigen zu machen. Er wurde als Instrument der Analyse, der Beobachtung, der Erprobung und Entscheidung konzipiert. Er soll genutzt werden, um die Situationen von Hilflosigkeit und moralischer Bedrängnis zu begrenzen, in denen sich die in der sozialen Arbeit Tätigen manchmal wieder finden, weil sie den notwendigen Abstand nicht gewinnen konnten. In den Qualifikationsprofilen kann man Anleitungen finden, wie es den in der sozialen Arbeit Tätigen gelingen kann, ihr Vermögen zur Erzeugung/Weitergabe von Wohlbefinden (bien-être) zu bewahren. Die Verfassung des Leitfadens erfolgte in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern. Ergebnis Nr. 8 CD ROM : Die Hilfebeziehung in Europa. Hier findet man alle Produkte des Projekts. Attraktiv und benutzerInnenfreundlich erlaubt die CD ROM eine leichte Navigation mit mehrfachen Zugängen, die eine leichtere Aneignung ermöglichen als die traditionelle papierne Auflage: es gibt Zugänge über die Zielgruppe, über die Funktionen der Hilfebeziehung, sowie über

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das Glossar, das die Terminologie erläutert. Die CD erlaubt den Zugang zu zahlreichen ergänzenden Ressourcen, die die Arbeit der Experten unterstützt haben und die signifikativsten Internetseiten zum Thema werden identifiziert. Der Zugang zu den Dokumenten erfolgt in jeder Sprache des Projekts. Ergebnis Nr. 9 Film (DVD) : Die Hilfebeziehung in Europa Der Film wurde auf Basis des im Projekt Relais 1 produzierten Films realisiert. In den 3 neuen Partnerländern wurden an verschiedenen Orten, an denen Fachleute der Hilfebeziehung tätig sind, neue Sequenzen gedreht, um die signifikativen Situationen so vollständig wie möglich zu illustrieren. Der Film präsentiert eine Anzahl von Sequenzen, die die Funktionen der Hilfebeziehung erhellen. Die Originalität des Films besteht in der Verdeutlichung der Transversalität der Thematik, egal um welche Zielgruppe oder welchen nationalen Kontext es sich handelt. Er drängt kein Modell auf aber durch die Darstellung vieler verschiedener Situationen werden Fragen aufgeworfen. Jede/r Weiterbildner/in kann sich seiner bedienen und zwar spezifisch im Hinblick auf die jeweils fortzubildenden Fachkräfte oder die Realitäten und Bedürfnisse vor Ort. Es gibt eine Untertitelung in 7 Sprachen. CD-Rom et DVD sind komplementär. Ergebnis Nr. 10: Internetplattform www.relaisplus.eu

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4. DER LEITFADEN ZUM SCHUTZ DER AUSÜBUNG DER HILFEBEZIEHUNG

4.1 Vorbemerkungen5 Die in der sozialen Arbeit Tätigen sind übermäßig oft heiklen Situationen ausgesetzt, denn die Probleme der KlientInnen sind komplex und zusätzlich macht der Zeitdruck unter dem die Hilfe geleistet werden muss die Ausübung des Berufs immer schwieriger. Die „Hilfebeziehung“ ist dadurch gefährdet, wird sogar aufs Spiel gesetzt.

Die Arbeitsintensität in den Sozialen Diensten, die die sozialen Hilfen mit kontrastreichen Ergebnissen erbringen, sowie die Verschärfung der Zugangsbedingungen zu den Angeboten und die Einbeziehung der in der sozialen Arbeit Tätigen in den Prozess der Kontrolle der NutzerInnen wären schon genug als Erklärung für den Stress der in der sozialen Arbeit Tätigen, die zunehmend ein Auseinanderklaffen zwischen ihren Werten und der realen Ausübung der Tätigkeit sehen.

Dazu kommen jedoch Spannungen im Arbeitsfeld, widersprüchliche Anweisungen, zahlreiche Widersprüche zwischen der Tätigkeit und der Sozialpolitik, und alles dies führt dazu, dass die Fachkräfte ihre Arbeit oft nur noch als Stress sehen und am Sinn des Berufes zweifeln. Der Stress stellt eine starke Bedrohung für die Wirksamkeit der Arbeit dar. Man spricht vom Arbeitsstress, wenn es ein „Ungleichgewicht gibt zwischen dem Wissen um die Zwänge der Rahmenbedingungen und der Einschätzung der eigenen Möglichkeiten damit fertig zu werden. Wenn der Prozess der Bewertung der Zwänge und Ressourcen auch psychologischer Art ist, so sind die Wirkungen von Stress nicht ausschließlich psychologischer Natur. Sie beeinflussen auch die physische Gesundheit, das Wohlbefinden und die Produktivität“ 6. Nach Meinung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Situation in Europa besorgniserregend:

• 35 – 40 % der Krankheitstage in den Industrieländern gehen auf Probleme mit der psychischen Gesundheit zurück

• 50 bis 60 % der verlorenen Arbeitstage (durch Fehlzeiten und Senkung der Produktivität) sind stressbedingt

• Die Folgekosten von Stress für die Gesellschaft werden für Europa auf 20 Mrd. Euro geschätzt

Stresssituationen gehen auf Dauer immer auf Kosten der Gesundheit derjenigen, die sie erleiden. Sie haben aber auch einen Preis für das Unternehmen: Konflikte, Imageprobleme von Personen, von Dienstleistungen und Organisationen, Fernbleiben, Kündigungen, Verschlechterung des Arbeitsklimas, Arbeitsunfälle, krankheitsbedingte Fehlzeiten... Erschöpfung, übermäßige berufliche Beanspruchung aufgrund der ständigen Arbeit mit Zielgruppen, die im Ruf stehen schwierig zu sein, hat nicht immer nur ihre 5 Im französischen Text wird nur die männliche Form verwendet. Da dies in Deutschland nicht mehr zeitgemäß erscheint, hat die Übersetzung eine geschlechtergerechte Sprache gewählt. 6 Europäische Agentur für Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz

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Wurzeln in der Beziehung zwischen Fachkraft und KlientIn sondern vielmehr im System der sozialen Dienste. Die in der sozialen Arbeit Tätigen müssen mit verschiedenen Koordinatensystemen und neuen Ansätzen an die zunehmende Komplexität von Situationen und Systemen herangehen und das führt bisweilen dazu, dass sie sich nicht mehr auf ihre Erstausbildung und ihre üblicherweise eingesetzten Kompetenzen stützen können. Unter diesen Umständen wird es sehr schwierig, den eigenen Platz im Arbeitsfeld klar zu identifizieren und sich beruflich anerkannt zu fühlen, auch wenn Fachlichkeit und Erfindungsreichtum immer wieder unter Beweis gestellt werden, um den Problemen auf den Grund zu gehen.

4.2 Ziele des Leitfadens Der hier vorgestellte Leitfaden zielt darauf ab, den Arbeitsschutz in der „Hilfebeziehung“ als eine Dimension der Kultur der in der sozialen Arbeit Tätigen zu verankern, ganz gleich welcher Berufsgruppe sie angehören (Fachkräfte in der häuslichen Pflege, der Familienhilfe, der Jugendarbeit, der Krankenpflege, sowie ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen, PsychologInnen ...). Arbeitsschutz, das heißt zu vermeiden, dass die in der sozialen Arbeit Tätigen unter der Ausübung dieser Beziehung leiden.

Der Leitfaden ist so angelegt, dass er die wesentlichen Elemente, den Kontext und die transversalen Aspekte für alle Länder in Bezug auf die „Hilfebeziehung“ in Erinnerung ruft. Diese Achsen müssen berücksichtigt werden um eine globale Reflexion zu ermöglichen und somit den Schutz der Ausübung zu unterstützen.

Daher wurde der Leitfaden konzipiert als ein Instrument der Analyse, der Beobachtung, der Erprobung und der Entscheidung. Er soll genutzt werden, um die Situationen von Hilflosigkeit und moralischer Bedrängnis zu begrenzen, in denen sich die in der sozialen Arbeit Tätigen manchmal wiederfinden, weil sie den notwendigen Abstand nicht gewinnen konnten bzw. nicht wussten, dass er nötig ist. NutzerInnen des Leitfadens können einerseits AkteurInnen sein, die in einer „Hilfebeziehung“ zu vernachlässigten Personen stehen. Der Leitfaden dient als ein Dokument, eine Hilfe, auf die man sich beziehen kann bei der (Auto) Evaluation von risikobehafteten Situationen, die sowohl punktuell als auch wiederkehrend bei der Ausübung der Tätigkeit auftreten können.

Verantwortliche von Einrichtungen oder TeamkoordinatorInnen können den Leitfaden auch nutzen, um die Risiken zu analysieren, die in ihrer Einrichtung oder Organisation bestehen, aber auch auf den Einzelfall abgestimmt, bezogen auf einzelne Aktivitäten, Dienstleistungen oder Arten von Beziehungen. In diesem Sinne will der Leitfaden eine Unterstützung dabei bieten, Regelungen und Prozesse dem jeweiligen Ausmaß des identifizierten Risikos anzupassen, und dies in Bezug zu den Normen und der Arbeitsgesetzgebung, die in dem Sektor anzuwenden sind.

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Der Leitfaden bietet Lösungen im Hinblick auf die Faktoren an, die die Integrität der in der sozialen Arbeit Tätigen und den Erfolg der „Hilfebeziehung“ gefährden. In diesem Sinne ist der Leitfaden im Hinblick auf alle Zielgruppen des Projekts Relais + anwendbar: vernachlässigte Kinder, Jugendliche und ältere Menschen.

Die Erstellung des Leitfadens basiert auf den in den Projekten Relais und Relais + erarbeiteten Dokumenten, insbesondere den Anforderungs- und Qualifikationsprofilen, aber auch auf Dokumenten wie: ethische Prinzipien, Mindestqualitätsstandards sozialer Dienste, Kriterien der Evaluation und der Akkreditierung von sozialen Diensten, nationale oder interne organisationsspezifische Dokumente, die die Qualität der angebotenen Dienstleistungen betreffen, sowie Rückmeldungen von NutzerInnen, ihren Familien/ihrer Umgebung, den Beschäftigten und aus der Organisation während der Laufzeit der „Hilfebeziehung“. Die Anforderungs- und Qualifikationsprofile haben es erlaubt, kritische Punkte herauszuarbeiten, an denen die in der sozialen Arbeit Tätigen wachsam sein müssen, um besser für die Risiken der Praxis der „Hilfebeziehung“ gewappnet zu sein.

Im 1. Teil des Leitfadens werden die Elemente präsentiert, die die „Hilfebeziehung“ definieren, sowohl auf konzeptioneller Ebene als auch im Hinblick auf die Besonderheiten der Zielgruppen des Projekts: vernachlässigte/ausgegrenzte Kinder, Jugendliche und ältere Menschen.

Die „Hilfebeziehung“ zu diesen Zielgruppen wird als ein Recht analysiert und präsentiert, das den NutzerInnen durch das System des Sozialschutzes zusteht. Die besondere Situation von Menschen in Not, die ein Hilfsangebot erfordert, braucht eine spezifische Aufmerksamkeit, um sie schützen zu können. Dies erfordert auf der einen Seite ein richtiges Verständnis der Rolle der in der sozialen Arbeit Tätigen sowie des Kontextes, in dem sich diese Beziehung abspielt und andererseits eine gewisse Wachsamkeit, die den in der sozialen Arbeit Tätigen Sicherheit in der Praxis der „Hilfebeziehung“ vermittelt

Daher wurden in den Projekten Relais und Relais plus Risikofaktoren identifiziert, die die Praxis der „Hilfebeziehung“ mit vernachlässigten Menschen beeinträchtigen können. Die meisten dieser Risikofaktoren wurden im Abschnitt „kritische Punkte“ in den Anforderungs- und Qualifikationsprofilen aufgeführt. Der 2. Teil dieses Leitfadens beschäftigt sich mit den Entwicklungsmöglichkeiten, mit der individuellen oder kollektiven Professionalisierung der in der sozialen Arbeit Tätigen, mit der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen und mit bestimmten Ressourcen, die zum Schutz der Praxis der „Hilfebeziehung“ dienen können. Im 3. Teil des Leitfadens finden die NutzerInnen einige Instrumente sowie im Anhang eine Bibliografie und ein Verzeichnis entsprechender Internetseiten.

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Die Erstellung des Leitfadens erfolgte im Projekt Relais plus in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern. Der Beitrag der Projektpartner an der Endfassung des Dokuments soll ausdrücklich betont werden.

4.3 Die „Hilfebeziehung“

4.3.1 Definition Im Folgenden werden verschiedene Aspekte der „Hilfebeziehung“ beschrieben und dabei wird immer wieder betont, dass es sich um eine Unterstützung und Begleitung handelt die darauf abzielt, dass die KlientInnen ihre Probleme reflektieren und eine Verbesserung ihrer Situation ins Auge fassen können. Augner definiert die „Hilfebeziehung“ so: „Es ist eine Vorgehensweise, ein fachlicher Ansatz im Rahmen einer interpersonellen Beziehung, der versucht Kapazitäten bei den Betroffenen freizusetzen, die es ihnen erlauben, nachher „vollständiger” zu leben, als zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme“.

Wenn auch die Disposition oder die Neigung helfen zu wollen unzweifelhaft angeboren ist, so muss das Helfen doch gelernt werden. Die „Hilfebeziehung“ beschränkt sich nicht auf die Kommunikation, in dem Sinne, dass sie weder improvisiert noch unvorhergesehen ist, sondern im Gegenteil den Einsatz einer speziellen Fachlichkeit erfordert und definierte Verhaltensweisen. Somit ist es eine kalkulierte, angemessene Aktivität, die sich die HelferInnen nach einer spezifischen Ausbildung aneignen, um auf eine Anfrage zu antworten, sei sie verbalisiert oder nicht und dies nach dem Zuhören und Beobachten. Die Ausbildung vermittelt den Helfenden auch wie sie sich schützen und die Realisierung der „Hilfebeziehung“ absichern können.

Wir müssen auf der Bedeutung bestehen, die im Verb „intervenieren“ in der sozialen Arbeit liegt: teilhaben an einer bereits begonnenen Handlung, einer laufenden Angelegenheit und dabei eine aktive Rolle spielen, um sie zu verändern oder zu beenden.“ 7 Die Intention ist es in diesem Fall, den Ablauf zu beeinflussen.

Im Hinblick auf den Prozess der Ausgrenzung (exclusion), der Vernachlässigung, versuchen die Helfenden die Richtung zu ändern oder gar umzukehren.

Der Begriff « Intervention“ lässt sich gut mit dem der „Hilfe“ verbinden, denn die Intervention der im Sozialbereich Tätigen besteht darin, den Betroffenen die Entwicklung ihrer eigenen Fähigkeiten zu ermöglichen und bei der Neujustierung ihrer Situation und bei der Problemlösung zu helfen.

Die Intervention muss aber auch begrenzt sein um nicht zu einer Quelle für Leiden zu werden. Sicherlich stellt sie die NutzerInnen in den Mittelpunkt, weil es ein Postulat der sozialen Arbeit ist, dass sie selbst das Potenzial besitzen und die Intervention darin besteht auf die Rahmenbedingungen und sie selbst Einfluss zu nehmen. Aber 7 Definition aus dem Wörterbuch TLFI : Trésor de la langue française informatisée rattaché au CNRS

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für eine gute Arbeit sind die Beschäftigten auf die Unterstützung des Teams und ihrer Institution angewiesen.

Die „Hilfebeziehung“ zu ausgegrenzten Zielgruppen stellt erhöhte Anforderungen an die in der sozialen Arbeit Tätigen. Sie ist Teil der Einzelfallhilfe (casework) und hat eine individualisierte psychosoziale Hilfe für die Person zum Ziel, die sich in einer Krise befindet.

Die Einzelfallhilfe ist eine der Methoden, bei der der Schwerpunkt im klinischen Bereich liegt, was eine personalisierte Hilfe im Rahmen einer dualen Beziehung ermöglicht. Des Weiteren ist die „Hilfebeziehung“ Teil der Arbeit des Teams, der Institution und der Sozialpolitik des Landes.

4.3.2 Die „Hilfebeziehung“ : konzeptionelle Klärung Die Intervention verbindet einen bewussten Akt der Initiative der Helfenden (Intervention) und einen Akt der Partizipation, der Akzeptanz voraussetzt (Hilfe).

Im Zentrum dieser Verbindung steht also die Intervention der Professionellen, die der Person die Entwicklung ihrer Fähigkeiten ermöglicht und Hilfe zur Veränderung ihrer problematischen Situation gibt und entspricht einem Bedürfnis nach Entwicklung und Erfüllung das wir alle haben wie der amerikanische Psychologe Abraham Maslow (1908-1970) zeigt (vgl. Anhang 3: die Pyramide).

Um Touraine zu zitieren (1994): „eine demokratische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, die den anderen anerkennt, nicht nur in seiner Verschiedenheit sondern auch als Subjekt in seiner Arbeit, wissend, dass er das Universelle und das Besondere vereint“.

Man kann sagen, dass die Person ein Subjekt ist und kein Individuum, denn als Subjekt hat sie den Willen sie selbst zu werden und ihre Vorgehensweise zu ändern indem sie ein vollwertiger Bürger der Gesellschaft wird.

In der „Hilfebeziehung“ ist der Helfende gehalten die Fähigkeiten der NutzerInnen anzuerkennen, weil er weiß, dass er mehr auf die Person konzentriert ist und weniger auf die Bedingungen, die ihr die Nutzung ihrer Fähigkeiten ermöglicht.

Allen „Hilfebeziehungen“ sind Kriterien für ihre Optimierung gemeinsam. Carl Rogers zählt 8 grundlegende Merkmale aller „Hilfebeziehungen“ auf8:

• Kongruent oder sich der eigenen Gefühle bewusst sein

• Positive Gefühle dem anderen gegenüber empfinden

• Eine andere Person bleiben oder den anderen von sich selbst unabhängig lassen

• Empathisch sein

• Den/die andere/n so akzeptieren wie er/sie ist

• Vermeiden für den anderen bedrohlich zu sein

8 Carl R Rogers, Le développement de la personne, Dunod, 1977

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• Den/die andere/n als eine Person in Entwicklung sehen

• Nicht werten und urteilen

Diese Merkmale sind essentiell aber man darf nicht vergessen, dass sie in einem Kontext stehen, der den Ablauf beeinflussen kann. Man darf auch nicht die Bedeutung des „Wohlergehens“ aus dem Auge verlieren – in der Beziehung und darüber hinaus in der Struktur und im sozialen System in die sie eingeschrieben ist.

4.3.3 Der Kontext der „Hilfebeziehung“ Das Sozialrecht wirkt sich in der „Hilfebeziehung“ mit ausgegrenzten Zielgruppen im Rahmen des Sozialschutzes aus, besonders im Umgang mit sozialen Risiken im Hinblick auf Gesundheit, Alter, Kinder, Familie u.a. Auf institutioneller Ebene wird das Sozialrecht der „Hilfebeziehung“ in einer Vielzahl von Diensten und öffentlichen oder privaten sowie Nichtregierungsorganisationen umgesetzt.

In der „Hilfebeziehung“ können die Personen Rechte einfordern, die mehrheitlich über soziale Dienste befriedigt werden, die verschiedene Beteiligte über eine gemeinsame Verantwortlichkeit zusammenführt wie beispielsweise durch den Abschluss eines Vertrags über Eingliederungshilfen (revenu social d’insertion).

Diese Dimension wird aktuell relevant weil die Herausforderung heute nicht in einer Debatte über das Recht auf Arbeit als Fundament der menschlichen Würde besteht, sondern darin zu prüfen über welche Rechte auf soziale Entschädigung die Personen verfügen, die von Erwerbsarbeit ausgeschlossen sind.

Diese Frage führt uns erneut zu der Debatte über die Würde der Person als menschliches Wesen und zu den Fragen sozialer Gerechtigkeit im Rahmen einer generellen Reflexion über die positive Diskriminierung. In dieser Perspektive müssen die in der sozialen Arbeit Tätigen die Prinzipien der europäischen Grundrechtscharta kennen, die da sind: III „Gleichheit“, IV „Solidarität“ und versuchen die sozialen Rechte zu Gunsten der Personen in schwierigen Lebenssituationen auszulegen.

Die Sozialpolitik ist ein wichtiges Element zum Schutz der « Sozialarbeitenden » bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. Dank Einrichtungen, Instrumenten, Bildungsmaßnahmen … die ihnen zur Verfügung stehen und durch die Schweigepflicht schützt die Sozialpolitik die Intervention ebenso wie die Intervenierenden9.

Der/die in der sozialen Arbeit Tätige ist eine/r der AkteurInnen der/die der Person den Zugang zu den sozialen Rechten eröffnet, sowie ihr Verständnis und ihre tatsächliche Anwendung fördert, indem er den Betroffenen Informationen über ihre Rechte liefert. Er schärft ihr Bewusstsein und hilft den Betroffenen ihre Rechte auszuüben und/oder einer Verpflichtung nachzukommen.

9 Anm. d. Übers.: Ein Zeugnisverweigerungsrecht gilt allerdings nicht in allen Ländern für alle beteiligten Berufsgruppen, in Deutschland verfügen bspw. Sozialarbeiter nicht darüber.

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Die in der sozialen Arbeit Tätigen müssen der Person, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befindet, die Mittel zur Verfügung stellen, damit sie die relevanten Normen kennt, die ihr die Verbesserung ihrer Situation ermöglicht, was die Kenntnis der verschiedenen Strukturen, Institutionen einschließt die das Knüpfen eines Netzes von Ressourcen erlaubt um ihre Autonomie zu entwickeln. Die „Hilfebeziehung“ kann sich in einem institutionellen Kontext entwickeln oder zuhause oder im Gemeinwesen.

4.3.4 Aufgabenbereiche der in der sozialen Arbeit Tätigen

a) Auf der Ebene der Sozialpolitik

Die Aufgaben der in der sozialen Arbeit Tätigen unterscheiden sich entsprechend der Art der Einrichtung in die sie beruflich integriert sind. Sie nehmen die Rolle einer Schnittstelle zwischen verschiedenen Protagonisten ein, die in der jeweiligen Situation intervenieren.

Das Vorgehen wird durch den (sozialen, kulturellen, ökonomischen und politischen) Kontext determiniert in dem es stattfindet, durch die Aufgabe der Institution in der man tätig ist, von der Art des Bedarfs und der Bedürfnisse, die sich in der „Hilfebeziehung“ ausdrücken, im Wissen, dass die Methodologie und Strategie im Sozialbereich jeder Situation angepasst werden muss (dem Fall, den Gruppen, den Gemeinwesen, dem Unternehmen).

Bei seinem Vorgehen etablieren die Intervenierenden eine strategische Verbindung zwischen der Sozialpolitik und den umsetzbaren sozialen Maßnahmen einerseits, den internen Ressourcen und den latenten und manifesten Kapazitäten der Person andererseits und beziehen sich dabei auf die fachlichen Kenntnisse, um das Angebot auf den jeweiligen Bedarf abzustimmen. Außerdem ist es möglich, ein Konzept des sozialen Dienstes zu identifizieren, das sich auf Prinzipien von Wissen und Fachwissen stützt, die als notwendige Ressourcen für die Entwicklung einer effektiven Intervention anerkannt sind.

Das führt uns zu der Debatte über die Methode der Einzelfallhilfe “casework” (Mary Richmond), die sehr stark von der Psychoanalyse bestimmt ist und das Vorgehen in der sozialen Arbeit im Hinblick auf die psychosoziale Beratung beeinflusst hat, ohne die Dimension der kollektiven Intervention (in Bezug auf Familie, Gruppe und Gemeinwesen) unter zu bewerten.

Das Vorgehen in der sozialen Arbeit ist nicht improvisiert sondern gut fundiert durch einen Sockel von Wissen aus verschiedenen Disziplinen, der die Definition eines eigenen methodischen Rahmens ermöglicht, an der Grenze von Sozial- und Geisteswissenschaften.

Die in der sozialen Arbeit Tätigen brauchen eine humanistische Bildung die ihnen die Aufnahme einer Beziehung mit den „Subjekten“ ermöglicht, eine theoretische

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Bildung, die ihnen die Organisation eines problemangemessenen Aktionsplans gestattet und einen interdisziplinären Diskurs mit anderen Akteuren und Wissensgebieten erleichtert und schließlich brauchen sie eine fachliche Ausbildung, die ihnen den Einsatz angemessener und effektiver Methoden ermöglicht. Es geht um die vollständige Ausprägung der Staatsbürgerschaft über die Befähigung und das Empowerment der persönlichen, sozialen, interpersonellen Kompetenzen.

Die in der sozialen Arbeit Tätigen brauchen eine theoretische und praktische Ausbildung, die zugleich auf die Tätigkeit und auf die Forschung ausgerichtet ist und sie darauf vorbereitet, das Thema zu identifizieren und zu definieren, die Problematik bzw. das soziale Problem, das Gegenstand der Arbeit ist. Sie müssen in der Lage sein, die öffentlichen Dienste und die sozialen Ressourcen der Gemeinde zu nutzen, die eine soziale Lösung und eine Befriedigung der Bedürfnisse des Subjekts gestalten. Eine Ausbildung die auch einen „ergonomischen“ Schwerpunkt beinhaltet was die fachliche Neutralität angeht und die Distanzierung von Problematiken die das Risiko beinhalten invasiv zu sein und die Beherrschung der Klippen der „Hilfebeziehung“ enthält und darauf gerichtet ist, schwierige Situationen gemeinsam anzugehen.

Eine andere wichtige Dimension der Ausbildung bezieht sich auf die Ethik und das Berufsethos als Garant einer professionellen und vorurteilsfreien oder wertenden Haltung.

Im beruflichen Alltag schafft der in der sozialen Arbeit Tätige die nötigen Rahmenbedingungen für den Dialog mit den Klienten. In der „Hilfebeziehung“, die auch individueller Ansatz genannt wird, beginnt die Fachkraft damit eine Vertrauensbeziehung aufzubauen, die als fundamentales Prinzip im Prozess der sozialen Intervention angesehen wird. Die Fachkraft stützt ihren Interventionsplan auf das Prinzip der Selbstbestimmung der Person, indem sie ihr Respekt entgegenbringt und die Freiheit, bestimmte Informationen nur vertraulich zu geben.

Um eine Vertrauensbeziehung aufzubauen muss die Fachkraft dem Klienten die eigene Aufgabe verständlich machen und auch die ethischen Regeln, insbesondere das Zeugnisverweigerungsrecht. Es handelt sich dabei um einen reflexiven Prozess, in dem beide einzeln und zusammen das Ausmaß der Annahme oder Nichtannahme des Interventionsplans erfassen. Das ermöglicht auch die Reflexion über und die Gestaltung einer Interaktion, ein Netzwerk mit anderen PartnerInnen, die immer die Veränderungen beim Klienten verstehen müssen.

Es ist wichtig auf die ethischen und theoretischen Grundlagen des Ansatzes hinzuweisen und sich bewusst zu sein, dass es sich um eine mehrseitige und interaktive Beziehung zwischen zwei menschlichen Subjekten handelt.

Ganz wie die Soziologie, die Psychologie, die Anthropologie hat die soziale Arbeit stets den theoretischen Rahmen der Sozial- und Geisteswissenschaften genutzt und in der „Hilfebeziehung“ beginnt dies mit der Nutzung der personalisierten psychosozialen Hilfe, die von vier Arten von Werten geleitet ist:

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• Humanistische Werte, die die sich auf den Menschen und die Selbstachtung beziehen

• Demokratische Werte, die die nötigen Rahmenbedingungen für die Persönlichkeitsentwicklung und die soziale und zivilgesellschaftliche Partizipation schaffen

• Politische und ökonomische Werte , die darauf verpflichtet sind die Subsidiarität und Chancengleichheit sowie die sozialen Rechte zu fördern

• Erzieherische Werte, unterstützt von der wissenschaftlichen Dimension der Kenntnisse, auf die sich die Fachkräfte stützen und die den Hilfeplan begründen

Auf dem Gebiet der Ethik müssen die Helfenden die Prinzipien der Singularität, der Freiheit und Selbstbestimmung jedes Bürgers, den Respekt der Intimität und des Privatlebens, der Autonomie der Person achten, indem sie seine Kompetenzen und Fähigkeiten anerkennen, sowie die Interdependenz im Hinblick auf Rechte und Pflichten die allen Bürgern der Gesellschaft zuerkannt werden. Nicht zu vergessen die Ethik der sozialen Verantwortung und die Ethik der Kommunikation.

Die Soziale Arbeit war in ihrer Genese durch psychologische, psychiatrische und psychoanalytische Theorien beeinflusst. In gleichem Maße wie sich die soziale Einzelfallhilfe («case work») auf Pädagogik, Biologie und Sozialpsychologie gestützt hat akzeptiert sie heute einen interdisziplinären Rahmen, der das frühere Wissen der anthropologischen Theorien, von Recht und Ökonomie verbindet sowie eine Methodologie, die spezifischer und mehr auf diese Prinzipien orientiert ist und ihre Aufgabe wird mehr und mehr in Richtung auf einen fortschreitenden Forschungsprozess gesehen. Die Ergonomie ist eine andere Disziplin, die sich anbietet im Hinblick auf die festgestellten Verschleißerscheinungen der in der sozialen Arbeit Tätigen.

b) In der Berufsausübung Die soziale Einzelfallhilfe ist somit ein dynamischer Austauschprozess zwischen der Fachkraft und den NutzerInnen, die bestimmte Bedingungen verlangt um diese Aktion zum guten Ergebnis zu führen und ihre Ausübung zu schützen:

Zeitfaktoren

Die Interventionen können kurzfristig angelegt sein und enden, sobald das konkrete Problem gelöst ist. Die Situation kann aber auch eine mittel- oder langfristige Intervention erfordern. Aktuell ist jedoch eine Tendenz zu kurzfristigen Interventionen festzustellen, auch dann, wenn die Situation eigentlich länger dauernde Aktivitäten verlangen würde.

Der Zeitfaktor spielt beim Erfolg der „Hilfebeziehung“ eine wichtige Rolle, denn es ist oft schwierig die Intervention trotz Zeitmangels zu einem guten Ende zu

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bringen. Dieser kann aber verschiedene Gründe haben: sozialpolitischer Druck, unterschiedliche Auffassungen zum Zeitbedarf, das Anwachsen von Problemen und Ausgrenzung oder auch das Verlangen nach sofortiger Erledigung von Seiten der Personen, die sich nicht langfristig engagieren wollen.

Die Begegnung in einer Notfallsituation: Die Helfenden müssen schnell in Kontakt mit der Person treten, müssen wissen worum es geht und sich so verhalten, dass sie sich verstanden und in Sicherheit fühlt. Sie müssen jedoch vorsichtig sein, wenn eine Situation, die sich wie ein Notfall darstellt, jedoch sehr häufig aufgrund einer lang dauernden Verschlechterung eintritt.

Im Gegensatz dazu geht eine Begegnung in einer Gewaltsituation häufig auf eine Anforderung des institutionellen Apparates zurück mit dem Ziel vorzubeugen oder zu schützen. In diesem Fall ist die Begegnung länger und man muss die institutionelle Logik (Normen und Kategorien) und die Singularität der Person, die Anforderung der Institution mit dem Ausdruck des Hilfeersuchens des Nutzers in Übereinstimmung bringen.

Im einen wie im anderen Fall kann es der Fachkraft an Objektivität und Distanz im Ablauf der Hilfsaktion mangeln und sie kann sich in der Folge in einer delikaten Situation wiederfinden und mit einem Gefühl der Unzulänglichkeit behaftet.

Unmittelbarkeit, eine Notfallsituation, die häufig das Ergebnis einer allgemeinen Verschlechterung der sozialen Situation im Vorfeld ist, sollte also sehr selten sein. Ihr wiederholtes Auftreten lässt Fragen im Hinblick auf das System der sozialen Hilfe aufkommen.

Räumliche Gegebenheiten:

Mehrere Orte der Begegnung sind möglich aber sie müssen als Arbeitsort und Arbeitszeit behandelt werden, als Teil des professionellen Handelns. Somit kann sich die „Hilfebeziehung“ an folgenden Orten abspielen:

• In der Institution: der/die HilfeempfängerIn kommt entweder freiwillig oder

auf Vorladung in die von der Institution definierten Räumlichkeiten (Schalter, Beratungsstelle, Einrichtung etc.). Man muss darauf achten ob dies die Situation bestimmt.

• In der Wohnung der Person: Das Eindringen in den Lebensraum des Hilfeempfängers kann als aufdringlich erlebt werden oder wie eine soziale Kontrolle, eine Beurteilung …

• An einem neutralen Ort: der Ort, der weder die Wohnung noch die Institution ist hat eine relative Neutralität wenn er vom Hilfeempfänger regelmäßig aufgesucht wird und daher nicht mit Bedeutung aufgeladen ist. Dies ist in der Regel der Fall bei Menschen ohne festen Wohnsitz oder bei schwer erreichbaren Zielgruppen (nicht motivierte oder widerständige). Es kann sich um Bahnhofshallen, besetzte Häuser, Waschsalons, Treppenhäuser, Cafés … handeln, alle Orte an denen die Person getroffen werden kann ohne ein starkes Gefühl von Einmischung zu provozieren

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Ganzheitlicher Ansatz und Offenheit

Es ist wichtig, die KlientInnen ganzheitlich wahrzunehmen indem man den Aktionsbereich der Fachkraft vergrößert: im Team arbeiten, mit anderen kooperieren, mit anderen Fachkräften, aber auch mit Ehrenamtlichen, lokalen Initiativen, den Familien....

Die Artikulation darf nicht improvisiert sein, sie muss vorbereitet werden mit dem Ziel, den/die Hilfesuchende/n in die Lösung(en) für seine/ihre Probleme aktiv einzubeziehen, indem er/sie auf die verschiedenen Ressourcen orientiert wird.

Formelle oder informelle Treffen von Fachkräften sind wichtig, in denen sie Anerkennung finden können und Verständnis für das Auseinanderklaffen von vorgegebener und tatsächlicher Arbeitszeit – bei anderen, denen es genauso geht

Vertraulichkeit von Informationen

Die „Hilfebeziehung“ ist personenzentriert und braucht die Beachtung verschiedener ethischer Werte ebenso wie fundamentaler Rechte: individuelle Freiheiten und Privatleben der HilfeempfängerInnen10.

Dieser Vertraulichkeit ist Aufmerksamkeit zu schenken und zwar von allen AkteurInnen (Ehrenamtliche und Fachkräfte), denn auch wenn nicht alle der Schweigepflicht unterliegen sind sie zur Diskretion verpflichtet.

Die Berücksichtigung von fundamentalen Werten verlangt den vertraulichen Umgang mit Informationen, was aber nicht ausschließt, dass diese all denjenigen zur Verfügung gestellt werden, die an der speziellen Hilfebeziehung beteiligt sind. Die Risiken sind jeweils konkret abzuwägen.

Das Berufsethos der „Hilfebeziehung“

• Individualisierung der Hilfe ist ein Recht und Bedürfnis der Hilfeempfänger. Die Situation ist einzig und singulär und daher müssen von Beginn an die vielfältigen möglichen persönlichen Bedeutungen wiederhergestellt werden, die der Problematik zugrundeliegen. Die Individualisierung ist essenziell für eine authentische Kooperation.

• Freier Ausdruck der Gefühle der HilfeempfängerInnen: Die größte Herausforderung für die Fachkraft ist nicht „das Problem“ der HilfeempfängerIn sondern eher die Beziehung der HilfeempfängerIn zu seinem Problem, die Bedeutungen, die er/sie ihm gibt

• Persönliches authentisches Engagement in der Hilfe ohne affektive Implikation: Bewahrung der Fähigkeit zur Objektivität

10 Gesetzgebung ist je nach Land unterschiedlich

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• Akzeptanz des/der HilfeempfängerIn in seiner/ihrer Wirklichkeit und Würde: akzeptieren heißt nicht zustimmen. Das Einfordern von Würde ist die logische Folge des grundlegenden menschlichen Strebens und ein Recht. Wenn man sich missachtet fühlt in dem was man ist, ist die Reaktion immer lebhaft. Das Bedürfnis akzeptiert zu werden als Voraussetzung für die Selbstakzeptanz.

• Keine moralischen Wertungen • Selbstbestimmung der KlienteInnen: Entscheidungsfreiheit der

HilfeempfängerInnen. Die Fachkraft kann dabei helfen, indem sie die Selbststeuerungskräfte stimuliert damit die Ressourcen und persönlichen Qualitäten besser wahrgenommen und empfunden und somit identifiziert und genutzt werden können durch die Arbeit an seinem Selbstbewusstsein.

4.3.5 Ablauf der Intervention im Bereich der Einzelfallhilfe

Die „Hilfebeziehung“ ist relevant im Hinblick auf alle Zielgruppen in RELAIS et RELAIS plus : Kinder, Jugendliche und ältere Menschen in Situationen von Ausgrenzung/Vernachlässigung.

Um diese Beziehung zu schützen ist es wichtig die Gesprächsführung zu beherrschen. Es ist hilfreich anzunehmen, dass jedes Gespräch einen Beitrag zur Grundlegung aller Interventionen in der sozialen Arbeit leistet. Die Fachkraft muss daher die Gesprächsführung lernen sowie den Umgang mit den eigenen Gefühlen, die durch das Gespräch ausgelöst werden.

Die latenten Ängste der HilfeempfängerInnen sind zu berücksichtigen: wird die Fachkraft mich beurteilen, mich für verrückt halten, bin ich hier sicher, wird man Dinge von mir verlangen, die ich nicht will, werden sie mir helfen können ….

Die Einführung in das Gespräch muss es jede/m TeilnehmerIn erlauben seinen/ihren Platz einzunehmen. Bestimmte Fragen werden sich für die HilfeempfängerInnen stellen: wer ist diese Fachkraft, ist sie kompetent, wird sie mich verstehen, hat sie Informationen über mich, wird sie für oder gegen mich sein etc.

In einem ersten Stadium empfiehlt es sich offene Fragen zu stellen und die Gestik zu beobachten ohne allzu viele Notizen zu machen. Der Dreh- und Angelpunkt der sozialen Intervention ist es, die Person dazu zu bringen ihre Gefühle zu benennen, zu identifizieren was sie in der Situation erlebt.

In einem Gespräch, das gut verläuft muss es Blickkontakt geben und eine Atmosphäre der Zusammenarbeit. Wenn das nicht der Fall ist und der/die HilfeempfängerIn angespannt oder sogar aggressiv ist, ist es sehr wichtig, physischen Abstand zu halten um nicht den persönlichen Intimbereich zu verletzen, einen ruhigen und bestimmten Ton zu bewahren und die verschiedenen Etappen der fortschreitenden Aggressivität zu identifizieren (Frage, Ablehnung, Gefühle, Beleidigungen und Übergang zur Handlung) .

In der Anlage schlagen wir Instrumente zur Konfliktbewältigung vor.

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Ein unterbrochener Blickkontakt, Seufzer, verschlossene Haltung … sind Anzeichen dafür, dass das Gespräch keinen guten Verlauf nimmt. Auf Seiten der Fachkraft: sie hält Informationen zurück und fragt zurück, benutzt geschlossene Fragen, das Gespräch verzettelt sich … Um da heraus zu kommen: die Hemmnisse frontal angehen um die Gründe zu identifizieren, reformulieren, die Themen verfolgen, die die Person einbringt, den Blickkontakt erhöhen, langes Schweigen vermeiden ….zurückkommen auf das ursprüngliche Anliegen durch die Anerkenntnis und das Verständnis dieses Anliegens, wie soll geholfen werden. Die Nicht-Bewertung, der Respekt der Autonomie und die affektive Neutralität, Sensibilität für die Gefühle des Hilfeempfängers sind Prinzipien des psychologischen Verständnisses der „Hilfebeziehung“.

Der/die HilfeempfängerIn hat eine Hauptangst, die Aggressivität hervorrufen kann wenn sie nicht berücksichtigt wird: zu einer Lösung gezwungen zu werden die er/sie nicht mag oder dass abgelehnt wird was er/ssie möchte, was aber nicht für akzeptabel oder für nicht durchführbar gehalten werden könnte. Es hilft, sie/ihn zur Zusammenarbeit aufzufordern um Lösungen zu finden, die er/sie aber ablehnen kann.

Die Phase des Gesprächsabschlusses ist auch eine Etappe in der Befürchtungen aufkommen: habe ich alles gesagt, ist alles verstanden worden, wird man tun was man sagt und wann, was kommt jetzt … Die Fachkraft muss vermeiden eine zu kühle oder zu institutionelle Haltung einzunehmen um diese Befürchtungen nicht zu nähren und andererseits nicht zu herzlich zu sein, um Distanz zur Situation wahren zu können.

a) Die Kontaktaufnahme, der Empfang

Der Empfang beschreibt die Art und Weise eine Person aufzunehmen und sich ihr gegenüber zu verhalten. Der Empfang kann in der sozialen Arbeit eine ethische, eine praktische und eine organisatorische Maßnahme sein.

Einerseits ist der Empfang Teil einer ethischen Haltung der Fachkraft, eine Intervention, die den Weg der Person respektiert. In dieser Dimension gibt es eine interaktive Beziehung, die die Unterscheidung zwischen der Fachkraft und der Person relativiert, und dabei der Person einen Raum als sozialer Akteurin lässt. Es handelt sich um eine Praxis, die als Akt der Aufnahme von Personen mit psychologischen, sozialen und/oder materiellen Bedürfnissen gilt.

Als organisatorische Maßnahme ist der Empfang, die Aufnahme/Annahme als eine Antwort auf die Ausgrenzung zu verstehen und hier kann man Einrichtungen zur Orientierung identifizieren aber auch den virtuellen Empfang wie eine telefonische Beratung.

Diese erste Phase ist sehr wichtig für den guten Verlauf der Hilfebeziehung. Die Fähigkeit aktiv zuzuhören ist ausschlaggebend. Die Fachkräfte müssen insbesondere Arbeitsansätze auf der Beziehungsebene beherrschen wie Empathie, Feedback und die Fähigkeit zur Entschlüsselung verbaler und nonverbaler Botschaften besitzen.

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Für eine optimale Kontaktaufnahme muss die Fachkraft förderliche Rahmenbedingungen für eine gute Kommunikation als Basis einer vertrauensvollen Beziehung schaffen und die Intimität von diesem Moment an bewahren. Diese Beziehung muss den/die HilfeempfängeIn und die Fachkraft gleichermaßen respektieren. Diese erste Etappe erlaubt es meistens eine qualitative Beziehung und das Zuhören zu begründen. Wichtig ist die Verfügbarkeit und Aufnahmefähigkeit der HelferInnen, die den HilfeempfängerInnen Vertrauen schenken und es ermöglichen sich frei auszudrücken und die Probleme und Schwierigkeiten gegenüber den Helfenden darzulegen.

Es handelt sich um eine Begegnung bei der sich die ProtagonistInnen in einem für eine Seite (die HilfeempfängerInnen) schwierigen Moment beobachten, sich abtasten, zu kommunizieren lernen um zu wissen, wer wem begegnet und wer was erwartet und einen Vertrag eingehen, ein Vorhaben vereinbaren.

Nach Carl Rogers in « Entwicklung der Persönlichkeit » (Houghton Mifflin Company, Boston) 1961 bedeutet die Etablierung einer „Hilfebeziehung“ die Antwort auf ein Dutzend Fragen geben (vgl. Anlage 6)

b) Die Analysephase Jetzt formulieren die NutzerInnen Bedürfnisse, Befürchtungen, Grenzen ... und dies erlaubt der Fachkraft ihre Einstellungen und Verhaltensweisen kennen zu lernen im Hinblick auf die Situation und die Art der Hilfen und die Grenzen zu bewerten. Die Analyse geschieht Schritt für Schritt und man muss sich genug Zeit dafür nehmen. Hier sind Kommunikationstechniken wichtig und die Fähigkeit, die Problematik in einem allgemeinen soziokulturellen Kontext zu verorten.

c) Die Reflexionsphase Dies ist eine wichtige Periode in der die multidisziplinäre Arbeit besonders Sinn macht. Die Informationsbeschaffung muss bei allen PartnerInnen erfolgen, die an der Planung des „Projekts11“ der zu analysierenden Person beteiligt sind, um möglichst alle Elemente einer komplexen Situation sowie die Interaktionen zu berücksichtigen. Das erlaubt das Aufdecken verschiedener Konstanten (transversale soziale Rolle, chronische Probleme….) und Variablen (Stärken und Schwächen, Ressourcen und Hemmnisse).

Das « Projekt » ist qua Definition eine Projektion in die Zukunft auf Basis der Erfahrungen der Vergangenheit. Es ist etwas Dynamisches, auf jeden Fall konstruktiv, zielbewusst und hat seinen Sinn in der Neujustierung der sozialen Problematik der HilfeempfängerInnen. Diese Arbeit der Klärung, Explizitheit und

11 Mit Projekt ist der Eingliederungsplan gemeint. Anm. d. Übers.

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Aushandlung des Projektes verläuft im Rahmen eines Vertrages zwischen der Fachkraft und der Person.

In diesem Vertrag kann sich die Person wiedererkennen, sich „projizieren“ und Prioritäten wählen: es ist ein Aktionsplan. Dieser Vertrag ist transversal, über alle Perioden der « Hilfebeziehung » hinweg. Er wird schon während der Begegnung geboren und konstruiert durch die Erkundung der jeweiligen Erwartungen, der Rollen und der Position.

Zwischen den verschiedenen AkteurInnen wird ausgehandelt wo sich jede/r engagiert und zu welchen konkreten Zielen, die gemeinsam und entwicklungsfähig sind im Hinblick auf neue Bedürfnisse und den Rhythmus der Person. Dieses Engagement nimmt jede/n PartnerIn in Verantwortung; es ist eine Aufbauarbeit, die auf dem freien Willen basiert.

Die Ziele dürfen nicht zu hoch sein, damit die Person sie leicht erreichen kann: sie sollen evaluierbar sein und der Person erlauben sich darauf zu beziehen und neue Etappen auf ihrem Weg zu definieren. Sie garantieren somit ein Erfolgserlebnis für die Person und dadurch den Wiederaufbau des Selbstbewusstseins und von Hoffnung, was essentielle Faktoren für die Motivation und Dynamik sind.

Die Strategie der Fachkraft ist es somit verschiedene Wege zu einem Ziel zusammenzuführen und dabei unterschiedliche soziokulturelle Elemente zu berücksichtigen wie die Persönlichkeit, die institutionellen und materiellen Ressourcen, das Unterstützungsnetzwerk, die Kapazitäten der Person, die Zugehörigkeit, die Zeit …Die prinzipielle Klippe in diesem Stadium der „Hilfebeziehung“ ist es, die Inadäquatheit der Instrumente konstatieren zu müssen, die der Fachkraft vom System der sozialen Hilfe zur Verfügung gestellt werden im Hinblick auf die Bedürfnisse der Person.

Der Erfindungsreichtum der Fachkraft spielt eine große Rolle, der im Allgemeinen von der Hierarchie wenig anerkannt wird und doch unverzichtbar ist um eine Brücke zu bauen zwischen der Aufgabe und den Mitteln, ohne die ein Misserfolg droht.

d) Die Auswertungsphase Die Evaluation der sozialen Intervention vollzieht sich während der gesamten Dauer und erlaubt es die Elemente ausfindig zu machen, die die produzierte Veränderung ausgelöst haben, den Grad der Zielerreichung festzustellen und neue Ziele zu bestimmen. Es ist ein Moment, in dem man sich gemeinsam fragt, ob die Ergebnisse, die eingesetzten Strategien, die Veränderungen der Situation positiv oder negativ sind. Das hilft bei der Analyse des Verlaufs und bei den notwendigen Anpassungen.

Diese Phase verpflichtet dazu neue Etappen zu definieren oder das Ende der Intervention vorzubereiten. Dafür ist es sinnvoll potenzielle „Relais“ zu installieren.

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Für die Fachkraft ist diese Phase in gewisser Weise kritisch, da sie die Schwierigkeiten und manchmal das Scheitern zeigt, wenn die Situation zu komplex war im Verhältnis zu den verfügbaren Mitteln der sozialen Hilfen.

e) Das Ende der « Hilfebeziehung » Das Ende der Intervention zu gestalten erlaubt es die Probleme der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Staat zu vermeiden. Diese Periode kommt dann, wenn die Ziele erreicht sind und die Anpassungen vorgenommen wurden. Sie muss im Konsens geplant und vorbereitet werden denn sie kann auch Quelle von Angst sein. Auch die Wahl des „Relais“ ist relevant.

Diese Phasen verlaufen nicht unbedingt linear. Sie stellen einen dynamischen, interaktiven Prozess dar, der sich auf die Potenziale der Person stützt mit der Hilfe der Fachkraft, die alle für die Entwicklung dieser Dynamik förderlichen Bedingungen zu schaffen versucht und es dabei versteht, die eigene Berufsausübung zu schützen, zu sichern.

4.4 Entwicklungsperspektiven

Die Risikofaktoren der « Hilfebeziehung » sind Elemente, die die Beziehung negativ beeinflussen können. Diese Faktoren können ihre Ursache im persönlichen Charakter des/der HilfeempfängerIn oder der Fachkraft haben. (physische Aspekte, Zugehörigkeit, Erfahrungen, Werte, Glauben, Erziehung und Kultur) oder in einem größeren Rahmen: familiärer Kontext beider Parteien, institutioneller Kontext oder die Ansichten und Werturteile jeder der GesprächspartnerInnen.

Für die Fachkräfte können die Risiken als « kritische Punkte » der Intervention bezeichnet werden. Im Projekt Relais und Relaisplus hat die Erarbeitung von Anforderungsprofilen und Bildungsplänen die Definition von kritischen Punkten beinhaltet, Alarmzeichen, dass die Intervention in eine andere Richtung als die beabsichtigte kippen könnte, trotz der Interventionen und manchmal sogar ohne Wissen der ProtagonistInnen. Diese kritischen Punkte sind Gegenstand der Fortbildung. Sie erlauben außerdem die Entwicklung von Empfehlungen.

Unser Leitfaden hat zum Ziel, Lösungen für die im Projekt Relais plus identifizierten kritischen Punkte im Hinblick auf die Risiken der Praxis der „Hilfebeziehung“ aufzuzeigen. Es wurden folgende Punkte identifiziert:

- Eine gewisse « professionelle Monotonie »

- « burn out »

- Mögliche Konflikte zwischen den Zwängen der Dienste und den Bedürfnissen der Person

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- Unzureichende Qualifikation und Professionalität

Um dies zu mildern muss ein Minimum an Bedingungen gegeben sein, damit der Prozess und die Dynamik der « Hilfebeziehung » sich korrekt entwickeln können und eine Intervention von hoher Qualität stattfinden kann. Diese Bedingungen finden sich auf 3 Ebenen:

- Die erste bezieht sich auf die « Hilfebeziehung » selbst, ihre Respektierung, Begründung und Zielsetzung

- Die zweite bezieht sich auf die Intervenierenden die den Anforderungen an Kompetenz und Professionalität genügen müssen

- Die dritte ist die der Organisation und der Mittel die mit den Zielen kohärent sein müssen. Es ist das Verhältnis Gesellschaft/Subjekt.

Um den Schutz der Ausübung der « Hilfebeziehung » zu optimieren und auf diesen 3 Ebenen zu intervenieren müssen also die Professionalisierung der AkteurInnen vorangetrieben und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Diese Elemente werden die psycho-sozialen Risiken, die die Fachkräfte betreffen können, minimieren.

Dem französischen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung INISERM zufolge zeigen die psychosozialen Faktoren eine große Zahl von Variablen, am Übergang der individuellen, kollektiven und organisationalen Dimensionen der beruflichen Aktivität, woher ihre Komplexität und ihr oft vielgestaltiger Charakter rühren.

Die psychosozialen Risiken sind die beruflichen Risiken, die den Erhalt der physischen Integrität und die mentale Gesundheit der Beschäftigten bedrohen: Stress, Belästigung, „burn-out“, Gewalt am Arbeitsplatz …

Auf europäischer Ebene gibt es keine Gesetzgebung oder Reglementierung, die sich auf die Prävention der psychosozialen Risiken bezieht. Allerdings haben die Europäischen Sozialpartner am 8. Oktober 2004 ein Abkommen unterzeichnet über den Stress mit beruflicher Ursache um die Arbeitgeber für die verheerenden Folgen des Stresses auf die physische und mentale Gesundheit der Beschäftigten und das ökonomische und soziale Umfeld der Unternehmen zu sensibilisieren. Am 26. April 2007 wurde ein weiteres Abkommen zur Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz unterzeichnet. Diese beiden Abkommen zeigen, dass man sich den Phänomens bewusst ist und es versteht.

Es besteht eine enge Verbindung zwischen den organisationalen Faktoren und den Problemen mentaler Gesundheit (absteigend):

- Quantitative Arbeitsüberlastung

- Mangelnde Anerkennung

- Schlechte Beziehungen zu den Vorgesetzten

- Fehlende Beteiligung an der Entscheidungsfindung

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- Unzureichender Informationsfluss

Diese Punkte wurden als kritische Punkte in den Referenzrahmen in den am Projekt Relais plus beteiligten Ländern herausgestellt.

4.4.1 Professionalisierung der AkteurInnen Heute ist der Sektor stark feminisiert, die Repräsentanz von Frauen beträgt : 91 % der Sozialarbeitenden, fast 70 % in der Betreuung und zwischen 70 % in den Erziehungsberufen und 99 % in der häuslichen Pflege. Es muss auch festgestellt werden, dass Männer sehr viel schneller und in größerer Zahl auf verantwortliche Posten gelangen, aber auch in Bildungsmaßnahmen, oder sich aus der Basisarbeit entfernen über gewerkschaftliches Engagement oder in Vereinen12. Andererseits ist es für die männlichen Fachkräfte nicht immer einfach ihren Platz zu finden, eine Fortbildung zu besuchen, die ihnen angemessen ist ….qualifiziert werden zur Hebamme, zur Kinderschwester, Sozialarbeiterin .. dies sind Wirkungen des Geschlechts, die Hemmnisse für die Gleichstellung darstellen.

Manche Bücher, die als Grundlagenwerke in den Ausbildungsstätten der sozialen Arbeit gelten, tragen sogar die weibliche Form im Titel13 und argumentieren damit, dass der Beruf stark verweiblicht sei.

Es ist wichtig, sich mit Stereotypen auseinanderzusetzen, mit Repräsentationen und Interpretationen, mit den Phänomenen der Segregation und sozialen Hierarchisierung per Geschlecht und speziell mit den Merkmalen, die als männlich oder weiblich gelten, die eine Wirkung auf die Inhalte der Bildung der in der sozialen Arbeit Tätigen haben.

Man muss auch aufmerksam sein im Hinblick auf die Repräsentation die die Nutzer-Innen vom Geschlecht der Professionellen haben. Es wird oft von ihnen erwartet, dass sie ihr Privatleben offenbaren und das kann eine andere Bedeutung annehmen wenn sie sich an eine andersgeschlechtliche Fachkraft wenden müssen.

Wichtig ist auch die Frage, welchen Platz die Fachkräfte Frauen in Familie und Gesellschaft zuordnen, denn dies wirkt sich auf ihre Interventionen aus. In dieser Hinsicht können sie eine wichtige Rolle spielen beim Abbau von Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern.

12 Zahlen für 2000 : Direction de la recherche, des études, de l’évaluation et des statistiques) et 1999 (Délégation interministérielle à l’insertion des jeunes 13 Guide de l’assistante sociale, Chantal LE BOUFFANT et Faïza GUELAMINE, Dunod, 2009, avant propos.

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Es ist also wichtig gemeinsam die stereotypen Visionen über die beiden Geschlechter und die Wirkung, die sie auf die Personen, die Interaktionen und die sozialen Systeme haben, zu begreifen.

Die soziale Arbeit entwickelt sich; die Professionellen begleiten die Personen anders, indem sie ihnen helfen autonom zu sein … die Vorstellung der wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Sozialstaat tendiert zum Verschwinden und damit steigt gleichzeitig der Wert, der der sozialen Arbeit zugeschrieben wird. Neue Praktiken und Problematiken brechen auf und die Fragen der Koedukation oder der geschlechtsspezifischen Wirkungen sind aufzuwerfen.

Es ist also essentiell diese Problematik anzugehen und eine Reflexion darüber in der Aus- und Weiterbildung der in der sozialen Arbeit Tätigen zu haben. Außerdem gibt es weitere Felder zur Weiterentwicklung der Professionalität der AkteurInnen.

Die Professionalität zu entwickeln fängt auch bei der Anerkennung des sozialen Nutzens der erfüllten Aufgaben an und der Rollen, der Bedeutung der Kompetenz (ohne die Ehrenamtlichen zu vergessen, die ebenfalls Aufgaben in der „Hilfebeziehung“ erfüllen und die eine geringe oder keine Ausbildung in diesem Bereich haben).

Wie wir bereits gesagt haben, steigt der der Arbeit zuerkannte Wert. Dies kann nicht von der Entwicklung des persönlichen Lebens der Beschäftigten getrennt werden. Das was in der Arbeit „Sinn macht“ ist immer ein zentrales Element und steht in enger Beziehung mit dem Wohlbefinden der Beschäftigten. Dieser zuerkannte Wert ist somit verbunden mit dem Sinn, den man in der eigenen Arbeit sieht.

Genauso ist es mit dem System der Entlohnung, das nicht immer die Anerkennung der geleisteten Arbeit ermöglicht; Zweideutigkeiten gibt es sogar zwischen den Älteren und den Jungen weil die Arbeitsbewertungen sich von einer Epoche zur anderen verändert haben, sie bleiben aber wichtige Determinanten des Prozesses. Der Schlüssel wäre die Einführung eines Systems das die individuelle und kollektive Arbeit bewertet und dadurch eine tatsächliche professionelle Identität schafft.

Das gemeinsame Handeln könnte eine Möglichkeit sein, den Risikosituationen kooperativ zu begegnen. Manchmal kann aber das Team diese präventive Rolle im Hinblick auf die psychosozialen Risiken und zum Schutz der Gesundheit der AkteurInnen nicht mehr spielen. Die Konstruktion eines gemeinsamen und abgestimmten Rahmens könnte als Referenzpunkt in Situationen dienen, in denen man entscheiden muss zwischen den Bedürfnissen der NutzerInnen und den strukturellen Hemmnissen, um zu vermeiden dass Einzelne zur Verantwortung gezogen werden. Das strukturierende Kollektiv ist Teil des Prozesses der Anerkennung um möglichst gegen das Risiko der beruflichen Isolierung (der ganz Jungen oder der Ältesten beispielsweise) zu vermeiden. Es ermöglichte auch eine professionelle Identität und würde damit auch das Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit stillen.

Die Professionalität entwickeln, das bedeutet auch ggf. die Professionalität nicht nur im Hinblick auf die Erstausbildung oder existierende Diplome und Qualifikationen zu

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denken sondern auch und vor allem im Hinblick auf die tatsächlichen Bedingungen der Intervention und ihrer Veränderung, auf die Anforderungen und auch die Erfahrung die sie verlangt.

Das lässt sich nicht konzipieren wenn der fachliche Rahmen und die Bewertung der Arbeit, des Prozesses und der Mittel nicht gestärkt werden und die Fachkräfte an den Entscheidungsprozessen beteiligt sind, um die Praktiken, die Qualität, die Kompetenzprofile und im weiteren Sinne die Sozialpolitik weiter zu entwickeln. Die in der sozialen Arbeit Tätigen müssen in voller Autonomie arbeiten können und Instrumente und Methoden frei wählen können in Bezug auf die institutionellen Vorhaben.

Die Einführung eines eigenständigen Berufsweges im Sozialbereich, der alle Qualifikationen bis zum Universitätsabschluss umfasst, ermöglicht den Zugang zu den höchsten Entscheidungs, Leitungs- und Aufsichtsebenen. Die Existenz von Schnittstellen zwischen den Berufen, Statuten und Zweigen, öffentlichen und privaten, bereichert die Professionalität. Auch die Möglichkeit der Anerkennung der in der Praxis erworbenen Kompetenzen trägt zur Etablierung eines kohärenten und entwicklungsfähigen Zweiges bei, der den Bedürfnissen und Möglichkeiten von jeder/m entspricht. Manche Länder berücksichtigen bei der Anerkennung der erworbenen Kompetenzen alle Erfahrungen, seien sie beruflich oder außerberuflich (als Beschäftigte oder Ehrenamtliche). Es ist wichtig einen Sockel an Ausbildung zu konstituieren, der den Anforderungen der aktuellen sozialen Realität und der Veränderung der Arbeitsplätze entspricht um den Professionalisierungsbedarf des Personals und der Struktur zu entsprechen und kein Auseinanderklaffen zwischen Ausbildung und Realität vor Ort zuzulassen. Diese Verstärkung der Kompetenzen wird von allen Ländern unterstrichen; die Mängel der Professionalisierung sind ein kritischer Punkt bei der Anerkennung der erworbenen Kompetenzen, die Bildungsmodule müssen für alle Professionellen und für alle Arten von Arbeitsplätzen zugänglich sein.

Wenn die Arbeit mit ausgegrenzten Personen als Teamarbeit konzipiert wird müsste sich die « Hilfebeziehung » also als kollektive sehen. Und es zeigte sich mehr und mehr im Zuge der Bestandsaufnahmen dass die mangelnden Kompetenzen im Hinblick auf die „Hilfebeziehung“ nicht speziell diesen oder jeden Berufszweig betrifft.

Die Fachkräfte, welche Funktion auch immer sie haben, müssen aus- und fortgebildet, unterstützt und begleitet werden in ihrem so anspruchsvollen Beruf und sie müssen bei der Professionalisierung ermutigt werden. Das ist die einzige Bedingung um eine „gute soziale Arbeit14“ tatsächlich zu fördern und auf allen Ebenen, allen Arbeitsplätzen müssen die beruflichen Kompetenzen entwickelt werden.

14 Im Französischen wird hier der unübersetzbare Begriff « bientraitance » verwendet, Anm. d. Übers.

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Demgegenüber muss man feststellen, dass die entwickelten Kompetenzen heute nicht hinreichend honoriert und weiterentwickelt werden und das lebenslange Lernen ist weit entfernt davon ein gleiches Recht für alle zu sein. Man sieht, dass es Männer und die am besten qualifizierten Personen sind, die sich der qualifizierenden Bildung zuwenden. Diese Situation wird durch die sehr starke Feminisierung der Berufe der personenbezogenen Hilfen akzentuiert.

Diese faktische Diskriminierung hat vielleicht lange Zeit die Anerkennung der Qualitäten, der in Anspruch genommenen Fähigkeiten und ihre Transformation in Qualifikation verhindert, wie man es auch in anderen Berufsbereichen sehen kann. Ist es nicht diese fehlende Anerkennung, die es erlaubt hat auf ein Bild auszuweichen, das entweder völlig überbewertend ist und eine quasi - religiöse Berufung und Hingabe begründet oder die Entwertung der Qualitäten, die in die „weibliche Natur“ eingeschrieben sein sollen bedeutet, damit man billige Arbeitskräfte findet. Ein Arbeitskräftepotenzial das schlecht bezahlt und ausgebildet ist. Diese Situation, die sich in manchen Ländern verändert, ist in anderen noch sehr präsent.

Es ist wichtig, dass die in der sozialen Arbeit Tätigen die Möglichkeit haben alle Interventionen zu reflektieren, die eigenen Kompetenzen, Kapazitäten, persönlichen Kompetenzen etc. aufzulisten, um Bedürfnisse aber auch die Möglichkeiten des Kompetenztransfers auf andere Arbeitsplätze ausfindig zu machen. Ebenso wichtig ist es die kulturellen Fähigkeiten zu mobilisieren zugunsten der interkulturellen Dimension der „Hilfebeziehung“. Eines der Ziele der Kompetenzbilanz ist es, die transversalen und transferierbaren spezifischen Kompetenzen zu identifizieren um sie zu einer Veränderung in ihrem Berufszweig zu bewegen. Dieses Vorgehen kann einige psycho-soziale Risiken vermeiden, indem ggf. eine neue berufliche Orientierung vorgenommen wird. Es betont die fachlichen Kompetenzen ebenso wie die allgemeinen und unterscheidet somit was in eine andere Funktion übertragen werden kann und macht allgemein verständlich worin die fundamentalen Unterschiede (fachlich/allgemein) in der Berufsausübung in der sozialen Arbeit sind. Eine Entwicklungsachse wäre es ohne jeden Zweifel wenn man Personen, die eine aus ihrer Berufstätigkeit resultierende Erfahrung haben diese mit anderen zu teilen und zwar über den Weg einer Partnerschaft oder eines Tutorates.

Die Organisation öffentlicher Diskussionen mit dem Ziel eines wirklichen Austausches auf lokaler Ebene mit Gewerkschaften, ArbeitgeberInnen, EntscheidungsträgerInnen, ZuschussgeberInnen, Ehrenamtlichen, … über die Aufgaben der sozialen Dienste, die Sozialpolitik, die geleistete Arbeit, die Veränderungen in der Praxis, die zunehmende Komplexität der Situation der Zielgruppen, das Leiden bei der Arbeit ….es gibt viele Themen zu diskutieren, um die Praxis der „Hilfebeziehung“ und des Berufes besser zu schützen und abzusichern.

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Die gesellschaftliche Anerkennung eines Berufszweigs und der Schwierigkeiten in den Berufsfeldern, der Komplexität des Instrumentariums, der zunehmenden Komplexität der Lebenslagen und parallel die Erhebung von gewerkschaftlichen Forderungen (Bezahlung, Arbeitszeit, Beschwerlichkeit der Arbeit …) trägt zu einem Gefühl der Anerkennung der AkteurInnen bei.

Es ist sinnvoll die in der sozialen Arbeit Tätigen bei der Entwicklung politischer Veränderungsstrategien, institutioneller Vorhaben und Instrumente, bei der Umsetzung neuer Informationstechnologien, bei Kommunikation und Organisation, bei der Entwicklung von Hilfsmitteln und Einrichtungen einzubeziehen.

Die PraktikerInnen müssen bei diesem Vorgehen zugreifen und sich beteiligen, sich bewusst werden und tatsächlich eine Haltung der qualitativen Evaluation ihrer Praxis und Einrichtungen einzunehmen um am Entwicklungsprozess teilzuhaben, des Berufszweiges und der Politiken.

4.4.2 Die Ehrenamtlichen Je nach Land nehmen die Ehrenamtlichen einen mehr oder weniger wichtigen Platz in der sozialen Arbeit ein. Ein/e Ehrenamtliche/r ist definiert als eine Person, die sich freiwillig und uneigennützig in einer vom Gemeinwesen organisierten Aktivität engagiert. In seiner Veröffentlichung „Ehrenamt und Solidarität“, schätzt Dan Ferrand-Bechmann ein, dass das Ehrenamt „eine verdeckte aber wichtige Dimension unserer Gesellschaft bleibt, weil hier Individuum und Kollektiv, persönliche und organisierte gemeinschaftliche Aktivität zusammenkommen, das Kostenlose und das Marktförmige, Arbeit und Freizeit, das Religiöse und das Laizistische, der/die Aktivist/in und der Gemütsmensch“ 15

In verschiedenen Ländern organisieren sich die Ehrenamtlichen beeinflusst von der Erklärung der Menschenrechte von 1948 und der Internationalen Kinderrechtskonvention von 1989 und sehen ihr Engagement als Beitrag zur sozialen, kulturellen und ökonomischen Entwicklung in einer Welt im Umbruch an. Das stark in Expansion begriffene Ehrenamt erneuert die soziale Solidarität durch eine bedeutende Entwicklung sozialer Aktivitäten und man sieht, dass sich mehr und mehr Arbeitslose oder in prekären Situationen Befindliche sich in den Netzwerken engagieren und neue Formen von Patenschaften bilden sich heraus …

Der Lohn der Ehrenamtlichen ist sicher nicht finanziell aber es gibt ihn: „man bringt die eigenen Kapazitäten ein, man zieht daraus Identität, Befriedigung und dies hat auch seinen Wert im Hinblick auf die soziale Anerkennung, auf sinnvoll genutzte Zeit und sozialer Sichtbarkeit“.

In der Zusammenarbeit verstehen sich die Beziehungen zwischen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen nicht immer von selbst: es herrscht Unkenntnis, sogar 15 Dan Ferrand-Bechmann, Bénévolat et solidarité, Paris, Syros, 1992, 318 p.

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Herablassung gegenüber dem/der Anderen, gegenseitiges Unverständnis und Vorwürfe des Korporatismus oder der karitativen Almosen. Die Dinge haben sich in den letzten Jahren sicher entwickelt, die Frage der Aus- und Weiterbildung wird zum Glück zentral und verschiedene Vereinigungen haben einen Weg vorgezeichnet: z.B. hat der Zusammenschluss der „häuslichen Pflege“ (ADMR, Frankreich) vor Kurzem ein „goldenes Dreieck“ erarbeitet zwischen der hilfeempfangenden Person, den Haupt- und Ehrenamtlichen, die jeweils ihr spezielles Angebot machen. Indem ihnen die zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung und/oder der Entwicklung sozialer Beziehungen zuerkannt wird und indem man sich auf ihre Kenntnisse des Sektors und auf ihre Analyse stützt und ihnen vorschlägt, die unverzichtbare Schnittstelle in einer gegenseitigen Beziehung zwischen den HilfeempfängerInnen und den Intervenierenden zu sein.

Laut Maud Simonet-Cusset, eine Soziologin, die zum Thema „die sozialen Welten der staatsbürgerlichen, komparativen Soziologie der ehrenamtlichen Praxis in Frankreich und den vereinigten Staaten“ promoviert hat weiß man nunmehr, dass der gute Wille nicht mehr reicht und dass man sogar von einer Professionalisierung der Ehrenamtlichkeit sprechen kann. So kann man eine Verteidigungshaltung gegen das wenig geschätzte Bild der „guten Taten“ und der „dame patronesse16“ feststellen.

Die Frage der Professionalisierung des Ehrenamts ist also unter dem Blickwinkel zu sehen, dass sich Forderungen der Verbandswelt entwickeln, ein Appel, der an die Anerkennung dieser sozialen Praktik glaubt und Teil des aktuellen allgemeinen Diskurses in Bezug auf die Legitimierung des Ehrenamtes ist.

Die zweite Ebene der Analyse ist die der Praktiken der Verbände um die Rolle der Ehrenamtlichen als „Beschäftigte“ aufzubauen (d.h. zu definieren und kontrollieren): Rekrutierung (Auswahl von KandidatInnen für das Ehrenamt), Aus- und Weiterbildung, Unterstützung, Begleitung bei der Umsetzung, Definition von - ehrenamtlichen – Arbeitsplatzbeschreibungen und manchmal sogar die berufsethischen Verpflichtungen die damit verbunden sind oder auch vertragliche Vereinbarungen, die die Dauer und Regelmäßigkeit des Engagements definieren. Diese Realität betrifft die gesamte Verbandsarbeit sehr unterschiedlich: je nach der ausgeübten Tätigkeit und der Organisation in der sie stattfindet, ist das Ehrenamt mehr oder weniger formell konstruiert.

Die Welt des Ehrenamtes verfügt über eine Hierarchie der Rollen, der Modalitäten und Regeln des Erlernens dieser Rollen. Die empirische Analyse, die Maud Simonet-Cusset in Frankreich und den Vereinigten Staaten realisiert hat, hat folgendes Prinzip beleuchtet: In den ehrenamtlichen Aktivitäten, die einen engen und regelmäßigen Kontakt mit den HilfeempfängerInnen implizieren (Aktivitäten, die im direkten Gegenüber regelmäßig stattfinden und sich auf Hilfe, Begleitung, Unterstützung, Betreuung beziehen) und auch einen engen Kontakt zu den erwerbstätig 16 In Frankreich ironische Bezeichnung für eine Person, die moralische Lektionen erteilt. Anm. d. Übers.

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Beschäftigten beinhalten, in Statuten festgelegt und mit einer institutionellen Arbeitsteilung, ist man selten auf Anhieb ehrenamtlich, man wird es, man lernt es zu werden.

Noch immer lt. der genannten Studie hat die gängige Gegenüberstellung von Haupt- und Ehrenamtlichen zur Folge, dass eine wichtige Tatsache verdeckt wird: Haupt- und Ehrenamtliche sind keine klar voneinander abgegrenzte Spezies. Im Blick auf die Anzahl von ÄrztInnen, LehrerInnen, in der sozialen Arbeit Tätigen, die neben oder anschließend ehrenamtliche Aktivitäten im gleichen Sektor ausüben, müsste man eher von „verschiedenen Hüten“ sprechen (und so darüber denken)….

Daher kommt die nicht institutionelle Dimension der ehrenamtlichen Arbeit: das Ehrenamt kann sich weder durch die Kompetenz derjenigen ausdrücken, die eine Aufgabe ausführen noch lässt es sich auf den ersten Blick durch die ausgeführte Aufgabe definieren, wie Dan Ferrand-Bechmann betont hat (von zwei Feuerwehrleuten die ein Feuer löschen mag eine/r ehrenamtlich sein und der/die andere nicht).

Die Rolle der Ehrenamtlichen und ihr Platz in der Arbeitsteilung sind also nie institutionell vordefiniert. Und je mehr diese Arbeitsteilung präzisiert und institutionalisiert wird, umso mehr Probleme wirft das Erscheinen der Ehrenamtlichen in der „sozialen Matrix der Arbeit“ wie es der amerikanische Soziologe Everett Hughes nennt, auf. Die Bedeutung der Weiterbildung der Ehrenamtlichen wird so offensichtlich.

4.4.3 Verbesserung der Arbeitsbedingungen Das Management von psycho-sozialen Risiken kann sich nicht auf die Bearbeitung einzelner Situationen oder Notfälle beschränken. Es muss auch eine präventive Dimension haben, die die Ursachen angeht, durch kollektive Aktivitäten im Hinblick auf die Arbeitsorganisation.

Die in der sozialen Arbeit Tätigen sind konfrontiert mit Gewalt von Einigen, mit Arbeitsüberlastung aufgrund der aktuellen Häufung sozialer Probleme, mit Anforderungen, die immer mehr unter Zeitdruck gestellt werden… Diese Elemente anzunehmen und zuzugestehen ist nicht genug, wenn man nicht in der Folge Maßnahmen des Schutzes umsetzt.

Die Institution muss sich um den in den Berufen in diesem Sektor inhärenten Stress sorgen, sobald sich die Klagen über mangelndes Wohlbefinden bei der Arbeit häufen. Denn diese sind nicht die Anzeichen von individueller Schwäche sondern der Ausdruck von allgemeineren Funktionsstörungen der Einrichtung. Es sind solche Aktivitäten zu bevorzugen, die der kollektiven Vorbeugung von Stress dienen, weil sie auf die Dauer wirksamer sind. Sie bestehen darin, die Auslöser von Stress zu reduzieren durch direkte Einwirkung auf die Organisation, die Arbeitsbedingungen,

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die sozialen Bezüge in der Arbeit, den Arbeitsplatz. Es gilt, sich mehr auf die Ursachen zu orientieren als auf die Wirkungen.

Die Definition von Arbeitsstress der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz:

„Menschen leiden unter Stress, wenn sie wahrnehmen, dass zwischen den Anforderungen, die an sie gestellt werden, und den Mitteln, die ihnen zur Bewältigung dieser Anforderungen zur Verfügung stehen, ein Ungleichgewicht besteht. Stress ist zwar eine psychologische Belastung, dennoch kann er sich auch auf die körperliche Gesundheit auswirken“17.

Ein solches Vorgehen wird durch den Willen der Leitung ausgelöst. Es kann die Antwort auf eine interne Diskussion über die Arbeitsbedingungen sein oder eine Reaktion auf das Auftreten besorgniserregender Situationen (Verdacht auf Missbrauch, Gewalt unter KollegInnen, Demotivierung des Personals, Abwesenheit, Selbstmorde...). Aber auch die intern Zuständigen für die Prävention können tätig werden (Gesundheitsvorsorge im Betrieb, ErgonomInnen, Berufsverbände ...) und auf die Alarmzeichen hinweisen, die im Unternehmen nicht wahrgenommen oder negiert werden. Eine Kultur der Arbeitssicherheit muss im Bereich der Sozialen Arbeit erst entwickelt werden, um sich der Probleme stärker bewusst zu werden und Lösungen ins Auge zu fassen, z.B. in der Form von Fortbildungen, die die Widerstandsfähigkeit gegen Stress erhöhen z.B. durch bessere Selbsterkenntnis, Beherrschung von Gefühlen, Identifizierung von Risiken. Diese Lösungsansätze sind erst möglich nach einer präzisen Analyse der Probleme und der Entwicklung von Empfehlungen. Hier müssen alle AkteurInnen im Sinn eines Qualitätsmanagements zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen einbezogen werden.

Andere Lösungen konzentrieren sich darauf, den HelferInnen das Wort zu erteilen und Freiräume zu schaffen für den Austausch im Team und zwischen Teams, zur Praxisanalyse, zum Gespräch mit Berufsverbänden, Gewerkschaften, wo die Betroffenen die ethischen Grundlagen teilen. Andere legen den Akzent darauf, den Sinn der Arbeit wiederherzustellen um eine Schwächung und berufliche Überbeanspruchung zu vermeiden, z.B. durch Rotation am Arbeitsplatz (in ihrem Team oder in ihrer Einrichtung), oder durch die Anerkennung der geleisteten Arbeit, sowohl in Bezug auf die erbrachten Leistungen als auch für die Innovationsfähigkeit oder durch die Reduzierung des Auseinanderklaffens zwischen den Bedürfnissen der Zielgruppen und den zur Verfügung gestellten Mitteln.

Das Gefühl der Zugehörigkeit der Mitarbeitenden zu einem Team, zu einer Einrichtung, zu einem Netzwerk und die Mitgliedschaft in einer gewerkschaftlichen Organisation, oder die Beteiligung an der nationalen oder europäischen Sozialpolitik trägt zur beruflichen Anerkennung des Individuums bei, das daraufhin weniger

17 http://osha.europa.eu/de/topics/stress/index_html/definitions_and_causes

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gefährdet ist im Hinblick auf „burn out“ und was auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in diesem Sektor fördert.

4.5 Ressourcen zum Schutz der „Hilfebeziehung“ Wir stellen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – eine Liste von Instrumenten der „Hilfebeziehung“ als solcher vor, z.B. zur Optimierung der non-verbalen Kommunikation, der KlientInnenorientierung und der Haltungen, die gegenüber speziellen Verhaltensweisen einzunehmen ist um Konflikten vorzubeugen und sie zu bewältigen….

Viele der Instrumente brauchen eine Fortbildung um ihren Einsatz zu optimieren; dieser Leitfaden will diese nicht ersetzen sondern eher zu einer Auto – Analyse Ihres individuellen oder kollektiven Professionalisierungsbedarfs anregen, zu einer Bewusstwerdung der Achsen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Das wesentliche Instrument für den Arbeitsschutz in der « Hilfebeziehung“ ist die Konsultation verschiedener Publikationen und Internetseiten, die von PraktikerInnen, von Universitäten, von BeraterInnen erstellt wurden ….Die soziale Arbeit ist in ständiger Weiterentwicklung begriffen und der Fortschritt zu dem die Praxis tendiert kann nicht realisiert werden ohne die Anerkennung und Weiterentwicklung der Kompetenzen der AkteurInnen und ihre Information.

4.5.1 Techniken zur Verbesserung der non-verbalen Kommunikation

Die non-verbale Kommunikation besteht im Senden und Empfangen von Botschaften aber ohne die Sprache zu benutzen, sondern mit Mitteln des Körper- oder Gesichtsausdrucks, der Gesten, Haltungen, verschiedene Geräusche …. Die Kleidung, die Frisur, die Körperhaltung, die Kosmetik, Piercings, Mimik, alles sind Teile der non-verbalen Kommunikation.

Auf diesem Gebiet hat Ray Birdwhistell das Konzept der kinästhetischen Mimik entwickelt. Dieses Konzept deckt die Gesamtheit der Gesten, Haltungen und Bewegungen ab.

Als Beispiele können wir Augenzwinkern, Kopfnicken oder -schütteln, Erröten, Lachen, Weinen … aber auch Tätowierungen, Piercings, Schminke, Frisur und Kleidung anführen….

Für ein sicheres Auftreten ist es sinnvoll

• Sich der Wirkung der non-verbalen Elemente zum Sinn der Botschaft bewusst zu sein

• Das eigene non-verbale Verhalten gut zu kennen

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• Zu beobachten wie man normalerweise die Botschaften von anderen interpretiert

• Die prinzipiellen Elemente der non-verbalen Kommunikation zu beherrschen: Verbesserung des visuellen Kontakts und der Mimik, der Stimme und Anpassung der Haltung an die interpersonelle Distanz

4.5.2 Aktives Zuhören

Das aktive Zuhören ist ein von Carl Rogers entwickeltes Konzept. Es ist Ausgangspunkt jeder helfenden Intervention. Es ermöglicht zu verstehen wobei und wie wir der Person helfen können. Es ist kein reduktionistischer Ansatz, der nur aus einer simplen Reformulierung besteht, sondern dekodiert die affektive Dimension, die im Allgemeinen in der Kommunikation nicht verbalisiert wird.

Die Prinzipien des effektiven aktiven Zuhörens:

- Antworten und nicht lösen

- Einer anderen Person helfen, sich selbst zuzuhören und die eigenen Lösungen zu finden

- Ruhig und kontrolliert bleiben

Wie den anderen zuhören:

- Es muss der Wille zum Zuhören gegeben sein. Fast alle Probleme des Zuhörens können durch eine adäquate Haltung ins Auge gefasst werden

- Man muss zeigen, dass man aufmerksam zuhört. Die Aufmerksamkeit muss manifest sein; sich vorbeugen kann hilfreich sein und der Gesichtsausdruck muss das Interesse wiederspiegeln

- Man muss zuhören um zu verstehen. Das Zuhören ist nicht einfach nur zuhören; man hört zu, um ein tatsächliches Verständnis des Gesagten zu erreichen

- Fragen stellen. Wenn man etwas nicht versteht, wenn man Erklärungen braucht, wenn man das Vertrauen und Wohlwollen der anderen Person gewinnen muss. Man stellt aber keine Fragen, die heikle Situationen oder Schweigen des/der anderen auslösen könnten

- Die Aufmerksamkeit ist auf die Sprache des/der GesprächspartnerIn gerichtet: auf die Worte, die Ideen oder die mit dem Gegenstand verbundenen Gefühle

- Die Mimik, die Lippenbewegung, die Augen, die Hände helfen den GesprächspartnerInnen zu kommunizieren und gleichzeitig unterstützen sie die Konzentration

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- Nebengespräche und Ablenkungen durch den eigenen Gemütszustand so weit wie möglich vermeiden

- Alles, was die Aufmerksamkeit ablenken könnte, beiseitelegen: Zeitungen, Stifte, Mitteilungen ….

- Die Verantwortung für die Kommunikation muss von den GesprächspartnerInnen gemeinsam wahrgenommen werden

- Man widerspricht dem/der SprecherIn nicht direkt, wenn dadurch die Gefahr besteht, die Kommunikation zu unterbrechen

- Man vermeidet einfache Rückschlüsse. Man wartet ab, bis alle Elemente präsentiert wurden, bevor man Schlussfolgerungen zieht

Wie kann man ein/e gute/r ZuhörerIn werden?

- Weniger sprechen als gewöhnlich und mehr zuhören;

- Der Person, mit der kommuniziert wird, Aufmerksamkeit schenken (den Blickkontakt aufrecht erhalten, den Körper entspannt vorbeugen in Richtung auf den/die SprecherIn etc.);

- Reflexionsmöglichkeiten nutzen durch Reformulierung, Feedback

Um konstruktiv zu sein muss das Feedback wie folgt sein:

- Korrekt

- Schnell

- Die Reflexion der Gefühle beinhalten

- Das Verhalten beschreiben

- Den Respekt vor der Person und der Beziehung aufrecht erhalten

- positiv

4.5.3 Instrumente zum Erkennen der Grundbedürfnisse des Individuums Die vier Grundbedürfnisse des Menschen Die psychologischen Bedürfnisse der Person zu befriedigen ermöglicht die Verminderung von Spannungen, die sie empfindet wenn ein Konflikt auftritt. Es folgen 3 Raster zu den Grundbedürfnissen der Person.

Beispiel 1: die Pyramide von Maslow

- physiologische Bedürfnisse

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- Sicherheitsbedürfnisse

- Zugehörigkeitsbedürfnisse

- Bedürfnis nach Wertschätzung

- Selbstverwirklichung

Beispiel 2: die Grundbedürfnisse

Um in seinem Umfeld zu überleben hat das Individuum das Bedürfnis nach

- Stimulierung - Struktur (in der Zeit, im Raum, in der Organisation der Beteiligung) - Anerkennung - Positionierung

Beispiel 3: die psychologischen Bedürfnisse

Die 6 psychologischen Bedürfnisse von Personen sind die folgenden:

- Kontaktbedürfnis

- Alleinsein

- Anregung (Versagen, Herausforderung, sportliche Betätigung, Wettbewerb …)

- Anerkennung, auf die Person zentriert (geliebt werden, dafür was ich bin)

- Anerkennung, auf die Kompetenz bezogen (für das was ich mache)

- Anerkennung, auf die Meinungen, Anschauungen, Sichtweisen bezogen

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Illustrierung der Maslow’schen Bedürfnispyramide

Diese Darstellung drängt sich in der Arbeitspsychologie wegen ihrer Anschaulichkeit auf. Maslow selbst spricht von einer Hierarchie und hat davon eine dynamische Vision.

Die Pyramide ist aus 5 Ebenen gebildet. Nach Maslow suchen wir immer zuerst die Bedürfnisse einer bestimmten Ebene zu befriedigen bevor wir an die Bedürfnisse der nächsten Ebene denken. So ist es vorzuziehen, die physiologischen Bedürfnisse vor den Sicherheitsbedürfnissen zu befriedigen: daher sind wir in einer Situation, in der es um unser Leben geht, bereit, Risiken einzugehen.

4.5.4 Methoden der Konfliktbewältigung

A Typologie von Faktoren, die Konflikte verursachen

Die 4 Faktoren interpersoneller Konflikte sind:

1. Wertkonflikte

2. Anschauungskonflikte

3. Bedürfniskonflikte

4. Rollenkonflkte

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Die 6 Faktoren organisationaler Konflikte sind:

1. Inkohärenz und Fehlen von interner Kohäsion der Führung. Dieser Faktor kann insbesondere die Entwicklung einer gemeinsamen Vision für die Entwicklung der Organisation beeinträchtigen.

2. Fehlen eines adäquaten Rahmens und von Arbeitsbedingungen, es ermöglichen, die Aufgaben gut erledigen und die Ziele erreichen zu können

3. Interpersonelle Konflikte in Teams

4. Auseinanderklaffen zwischen dem Prozess der Aufgabenerledigung und der Aufgabe selbst.

5. Auseinanderklaffen zwischen den Erwartungen des organisationalen Umfelds und der ausgeführten Aufgabe.

6. Auseinanderklaffen zwischen Veränderungen im organisationalen Umfeld und der Anpassungsfähigkeit der Organisation, diesen zu folgen.

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B Konflikthaltungen

Autorität Angemessen wenn: • Eile geboten ist • Sie sicher sind, Recht zu haben und dies

wichtiger ist, als die Beziehung zu pflegen • Die Angelegenheit von geringer Bedeutung ist

und sich die anderen wenig dafür interessieren was passieren wird

Unangemessen wenn: • Die Zusammenarbeit noch nicht ausprobiert

wurde • Die Zusammenarbeit mit anderen wichtig ist • Sie zu oft vorkommt • Die anderen sich nicht mehr respektiert fühlen

Kooperation Angemessen wenn: • Wenn sowohl die Angelegenheit als auch die

Beziehung wichtig ist • Die Kooperation wichtig ist • Eine kreative Lösung wichtig ist • Eine berechtigte Hoffnung besteht, alle

Probleme lösen zu können Unangemessen wenn : • Die Zeit knapp ist • Die Angelegenheit nicht wichtig ist • Sie überlastet sind • Die Ziele der anderen Person schlecht sind

Vermeidung Angemessen wenn: • Die Angelegenheit nicht wichtig ist • Die Beziehung nicht wichtig ist • Die Zeit kurz und eine Entscheidung nicht

nötig ist • Sie wenig Macht haben aber trotzdem die

andere Person blockieren wollen Unangemessen wenn: • Wenn Sie gleichzeitig von der Beziehung wie

auch dem Ausgang der Angelegenheit betroffen sind

• Als übliche Lösung der meisten Probleme • Negative Gefühle aufkommen können

Anpassung Angemessen wenn: • Die Angelegenheit Ihnen wenig bedeutet • Sie wenig Macht haben und die andere

Person nicht blockieren wollen • Sie feststellen, dass Sie Unrecht haben Unangemessen wenn: • Es wahrscheinlich ist, dass Sie davon

Ressentiments zurückbehalten • Es üblicherweise eingesetzt wird um

Anpassung zu erreichen (Ergebnis: Depression und fehlende Selbstachtung und Respekt vor anderen

• Wenn die anderen kooperieren wollen und sich reingelegt fühlen, wenn sie alles in Kauf nehmen

Kompromiss Angemessen wenn: • Die Zusammenarbeit wichtig ist aber Zeit

oder Ressourcen begrenzt sind • Wenn eine Lösung, selbst eine suboptimale,

besser ist als der Status quo • Wenn die Anstrengungen zur

Zusammenarbeit fälschlicherweise als Macht empfunden werden

Unangemessen wenn: • Das Auffinden der kreativsten Lösung

essentiell ist • Sie mit den Konsequenzen nicht leben

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Stile und Verhaltensweisen gegenüber Konflikten :

1) Der passive Stil

Reaktion : Vermeidung/Flucht:

Dieser Stil ist durch ein offensichtliches Fehlen von Autorität und Zusammenarbeit gekennzeichnet. Diese Person versucht Konflikte zu vermeiden und bevorzugt Neutralität. Die Ursache kann sein, dass diese Person Spannungen nicht mag oder/und nicht damit umzugehen weiß. Diese Einstellung kann dazu führen, dass der Konflikt nicht das nächste Stadium erreicht und so Aggressivität bis hin zur Gewalt vermeiden (sichtbare Verhaltensweisen im Verlauf des Konflikts). Andererseits kann diese Position auch als lasch eingeschätzt werden.

2) Der dominante Stil

Reaktion: Autorität zeigen

Das Verhalten wird autoritär sein und der Zusammenarbeit wenig Rechnung tragen. Es ist eine Beziehung GewinnerIn-VerliererIn, nur eine/r kann gewinnen. Die prinzipielle Motivation bei diesem Stil ist es, die eigenen Ziele zu erreichen zum Nachteil der anderen. Bei diesem Stil kann Aggressivität ein Mittel sein, um die eigenen Ziele zu erreichen. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse anderer findet nicht statt. Dieses Verhalten ist Quelle von Unzufriedenheit bei den Personen, die von dieser Machtbeziehung betroffen sind.

3) Der manipulative Stil

Reaktion : Anpassung

Dieser Stil stützt sich nicht wie der vorhergehende auf Konfrontation aber auf Einfluss. Diese Person versteht es zu manövrieren ohne ihre Karten aufzudecken. Sie ist eine gute Strategin, die die Schwächen der Organisation und der sie umgebenden Personen zu nutzen weiß, um den besten Teil für sich selbst herauszuholen. Sie ist fürchterlich in Verhandlungen. Sie kann sich des ihr entgegengebrachten Vertrauens bedienen um ihre Ziele zu erreichen. Ihre Umgebung kann darunter leiden.

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4) Der Stil des Kompromisses

Reaktion: den Kompromiss suchen

Das ist ein halb-autoritäres und halb-kooperatives Verhalten. Das ist der Stil „Geben und Nehmen“. Es gibt gleichzeitig Verhandlungen und Zugeständnisse. Dieser Stil wird häufig in Konfliktsituationen eingesetzt, weil er ein relationales Gleichgewicht in einer Gruppe bzw. zwischen zwei Individuen ermöglicht. Es kann z.B. den Willen einer/s Manager/s/in zeigen eine Lösung zu finden, die die Interessen anderer berücksichtigt. Es ist eine Art der Kooperation aber es kann auch passieren, dass bei der Suche nach einem Kompromiss nicht die dauerhaft beste Lösung gefunden wird.

5) Der erklärende Stil

Reaktion : Zusammenarbeit

Es ist ein Verhalten, dass durch den Wunsch nach Vertrauen und Zusammenarbeit gekennzeichnet ist. Indem die Karten auf den Tisch gelegt werden, ist das Kennen der näheren Umstände das prinzipielle Mittel bei diesem Stil. Es ist eine „win-win“ Lösung, alle Beteiligten haben einen echten Nutzen. Bei diesem Stil zeigt die Verhandlung die Motivation eine Lösung zu finden, die den größten gegenseitigen Vorteil und dauerhafte Resultate ermöglicht.

Jemand, der/die einen assertiven Stil pflegt ist eine Person, die:

- findet, dass Konflikte natürlich sind und die auf eine dauerhafte Lösung nach dem Muster „win-win“ zusteuert

- vertrauensvoll und spontan mit den anderen umgeht

- glaubt, dass ein gelöster Konflikt, die Zufriedenheit der beteiligten Parteien eine Lösung ist, die von allen geteilt werden kann

- die unterschiedlichen Gesichtspunkte der Anderen in Rechnung stellt und denkt, dass die Lösung von allen kommt durch eine gleichwertige Zusammenarbeit

- nicht nur an das Wohl der Gruppe zum Nachteil von Einzelnen denkt

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4.5.5 Die Grundlagen der „emotionalen“ Kommunikation zur Konfliktlösung 1 – Schweigen, die Zeit muss stehenbleiben um in aller Ruhe und mit Empathie aufzunehmen und zu begrüßen was passiert. In dieser Phase muss alles um Sie herum stehen bleiben, damit sie sich auf das konzentrieren können, was unerwartet dazwischen kommt. Ihre Sorgen müssen einen Moment „an der Garderobe abgegeben werden“ um diesen Notfall zu managen.

2 – In sich hinein hören um die Distanz zu wahren und zu unterstützten was passiert:

„Was geht in mir vor in diesem Kontext“?

Was verstehe ich, sehe ich von dem, was er/sie von sich mitteilt?“

3 – Die eigene Gefühlsaufwallung von dem zu unterscheiden was mit der Gegenseite zu tun hat. Dazu:

- vor dem/der anderen keine Angst haben

- keine Angst vor Traurigkeit haben

-

4 – Die Emotion benennen: « Ich verstehe dass Dich das wütend macht »

5 – Dem/der anderen erlauben sich emotional auszudrücken und durch Reformulierungen im Hinblick auf die Fakten und ihr/sein emotionales Erleben zu aufzunehmen. Die Person muss sich zunächst in ihrem Gefühl verstanden fühlen, um sicher zu sein, dass Sie sie verstanden haben und auf dem Weg sind eine Lösung zu finden.

Verstehen und hören, was der/die andere sagt heißt nicht, mit ihr/ihm einig sein. Systematisch vom eigenen Gefühlten sprechen und ICH sagen. Das DU verbannen, das DU killt die Kommunikation.

6 – Also die eigenen Empfindungen, Ihre Gefühle, Ihr Erleben benennen: « Und das macht mit traurig, dass Du so reagierst“

7 – Die Beziehung « unter Vertrag nehmen » in Richtung auf eine konstruktive, erwachsene und verantwortliche Beziehung: „Was erwartest Du von mir? Wie kann ich Dir helfen? Was willst Du tun? Was schlägst Du mir vor? Was brauchst Du?

8 – Bevor Sie auf eine Anfrage oder eine Konfliktlösung eingehen, stellen Sie sich unter allen Umständen die folgenden 3 Fragen und zwar in dieser Reihenfolge:

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- bin ich die richtige Person, um ihr/ihm bei der Lösung dieses Problems zu helfen?

- Wenn ja, wozu habe ich Lust?

- Wenn ja, ist es das wofür ich Zeit habe?

9 – Helfen, beschwichtigen, reparieren

- Eine Barriere gegen die Angst anbieten, die Angst normalisieren und operative Lösungen suchen. Ruhig bleiben und ohne Angst.

- Eine große Stabilität gegen die Wut anbieten, das Bedauernswerte der Wut reformulieren. Sich mit Respekt für die/den andere/n interessieren

- Beispiel: Willst Du mir jetzt von Deiner Wut erzählen? – Ja – OK. Ich höre Dir zu.

- Der/dem anderen vertrauen, um diese Klippe zu umschiffen

10 – Verifizieren dass die Lösung oder Ihr Vorschlag gut ausgeführt wird durch eine verantwortliche Kontraktualisierung der Beziehung: „Passt Ihnen mein Vorschlag, meine Lösung? Was brauchen Sie, um sie umzusetzen? Wann und wie setzen wir das um und für wie lange?“

Schlussfolgerung

Was ich tun kann

Anfangen zu schweigen

Dem/der anderen vertrauen

Folgen und nicht vorauseilen

Das « ICH » benutzen um von den eigenen Gedanken, Gefühlen und Lösungsperspektiven zu sprechen

Nicht :

Zu schnell beruhigen

Abwürgen durch zu viel Mitleid

Den/die andere auf seinem Weg interpretieren, definieren

Das « DU » gebrauchen

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4.5.6 Methoden zur Etablierung einer « Hilfebeziehung »

Nach Carl Rogers in « Entwicklung der Persönlichkeit“ 196118 bedeutet die Etablierung einer „Hilfebeziehung“ die Beantwortung von ca. zehn Fragen.

1. Bin ich authentisch? Finde ich eine Art « des Seins », die von der/dem anderen als vertrauenswürdig, verlässlich oder konsequent empfunden werden kann?

Es ist ein Irrtum zu glauben, die Bedingungen seien erfüllt wenn alle äußerlichen Voraussetzungen der Loyalität gegeben sind (Einhalten der Verabredungen, den vertraulichen Charakter der Gespräche respektieren etc.) und sich konsequent zeigt in konstanter Weise in den Gesprächen . Tatsächlich ist es mehr die Akzeptanz auch wenn man sich langweilt oder wenn man skeptisch ist oder ein anderes nicht akzeptierendes Gefühl empfindet. Vertrauenswürdig zu sein verlangt nicht, rigide konsequent zu sein sondern solide authentisch, kongruent.

2. Bin ich mir meiner selbst bewusst? Kann ich als Person ausreichend ausdrucksstark sein in dem Sinne, dass ich ohne Ambiguität kommuniziere was ich bin?

Wenn man sich mit einer anderen Person langweilt ohne sich dessen bewusst zu sein, enthält die Kommunikation widersprüchliche Botschaften, die Misstrauen erzeugen. Die grundlegende Lehre für wen auch immer der/die eine « Hilfebeziehung » egal welcher Art etablieren will ist es, dass es nicht gefährlich ist, wenn man authentisch und dies transparent ist. Wenn ich in einer Beziehung in vernünftiger Weise kongruent bin, wenn kein Gefühl in Bezug auf die Beziehung verborgen bleibt, nicht für mich und nicht für die andere Person, dann kann man fast sicher sein, dass die Beziehung eine helfende sein wird. Eine vielleicht etwas merkwürdige Art das auszudrücken wäre wenn man sagt « wenn ich eine « Hilfebeziehung » mit mir selbst aufbauen kann (wenn ich mir meiner Emotionen bewusst sein und sie akzeptieren kann), dann gibt es große Chancen, dass ich eine „Hilfebeziehung“ mit dem/der anderen werde aufbauen können“. Dies ist die schwierigste Aufgabe.

3. Bin ich zu positiven Beziehungen fähig? Kann ich mich „gehen lassen“ und positive Einstellungen gegenüber der anderen Person leben (Wärme, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Interesse, Respekt)?

Wir haben Angst uns einfangen zu lassen wenn wir positive Gefühle gegenüber einer anderen Person zulassen. Wir könnten uns Ansprüchen aussetzen oder wir könnten in unserem Vertrauen enttäuscht werden und das fürchten wir. Als Reaktion versuchen wir, eine Distanz zwischen uns und den anderen aufzubauen. Einer der wesentlichen Grundsätze der Professionalität in allen Bereichen ist es, dass es uns hilft die Distanz zu halten. Es ist nicht gefährlich jemandem großzügig

18 Hier zitiert « Comment devenir une personne » en 1961 (Houghton Mifflin Company, Boston), deutsche Fassung Stuttgart 1973

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Aufmerksamkeit zu widmen, es ist nicht gefährlich einen Bezug zu jemand anderem aufzubauen, wenn es eine Person ist für die wir positive Gefühle haben.

4. Habe ich die Kraft mich abzugrenzen? Bin ich stark genug in meiner Distinktion um nicht von der Depression des/der anderen demoralisiert, nicht von seiner/ihrer Angst eschreckt oder von seiner/ihrer Abhängigkeit heruntergezogen zu werden?

Ist mein inneres Selbst robust genug um nicht von seiner/ihrer Wut zerstört zu werden, nicht belagert zu sein durch sein/ihr Bedürfnis nach Abhängigkeit, nicht unterworfen von seiner/ihrer Liebe, sondern existiere ich von ihm/ihr distinkt mit meinen eigenen Rechten?

5. Habe ich genug innere Sicherheit um den/die andere nicht einzuschränken? Habe ich genug innere Sicherheit um ihm/ihr die Distinktion zu erlauben?

Kann ich ihm/ihr erlauben das zu sein was er/sie ist: ehrlich oder falsch, kindisch oder erwachsen, hoffnungslos oder zu selbstsicher? Oder habe ich das Gefühl, dass er/sie meinem Rat folgen muss, oder in der einen oder anderen Weise von mir abhängig bleiben muss, oder in die gleiche Form gepresst werden muss wie ich?

6. Mein empathisches Verständnis: wie weit kann das gehen? Kann ich mich in sein/ihr privates Universum fallen lassen wenn ich dadurch den Wunsch verliere ihn/sie zu bewerten oder zu beurteilen?

Kann ich nicht nur die Bedeutung der Erfahrungen genau genug empfinden, die für ihn/sie klar sind sondern auch diejenigen, die nur implizit sind, die er/sie nur vage oder als Konfusion wahrnimmt? Selbst ein zögerlicher oder fehlerhafter Versuch die konfuse Komplexität der Situation des/der KlientIn zu verstehen – ist hilfreich.

7. Kann ich den/die andere so akzeptieren wie er/sie ist? Kann ich alle Facetten akzeptieren, die mir die andere Person präsentiert?

Oder bin ich nur aufnahmebereit oder teilweise offen für einige Aspekte ihrer Empfindungen und missbillige im Stillen oder offen andere Aspekte? Bei einer bedingten Aufnahmebereitschaft kann sie die Aspekte, die ich nicht völlig aufnehme nicht entwickeln oder ändern. Und ist das der Fall weil ich Angst hatte oder mich bedroht fühlte von einigen Aspekten ihrer Empfindungen? Wenn ich hilfreicher sein will, muss ich mich entwickeln und akzeptieren im Hinblick auf diese Aspekte.

8. Kann ich ihm/ihr in unserer Beziehung Sicherheit bieten? Kann ich mit der genügenden Sensibilität handeln damit mein Verhalten nicht als Bedrohung wahrgenommen wird?

Mein Wunsch, zu vermeiden auch nur in geringem Maße bedrohlich zu sein, ist nicht einer Hypersensibilität gegenüber meinem/r KlientIn geschuldet. Wenn ich ihn/sie so vollständig wie möglich von den äußeren Bedrohungen befreien kann, kann er/sie Empfindungen und Konflikte erleben, die ihn/sie beherrschen und sich bedroht fühlen.

9. Ohne Beurteilung und Bewertung? Kann ich ihn/sie von der Bedrohung des bewertenden Blicks der anderen befreien?

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In fast allen Phasen unseres Lebens – zuhause, in der Schule, bei der Arbeit – finden wir uns äußeren Beurteilungen ausgesetzt, die sich in Form von Belohnungen und Bestrafungen ausdrücken: „Das ist gut“, „das ist böse“, „das ist eine Eins wert“, das ist ein Fehlschlag, „das ist ein guter Rat“, „das ist ein schlechter Rat“. Solche Beurteilungen sind ein Teil unseres Lebens von der Kindheit bis ins Alter. Sozial nützlich sind sie in Institutionen und Organisationen wie Schulen oder beruflichen Zusammenhängen, aber sie taugen nicht für die Persönlichkeitsentwicklung und sind daher kein Element der „Hilfebeziehung“.

Eine positive Bewertung ist auf Dauer genauso bedrohlich wie eine negative, weil jemandem zu sagen was „gut“ ist, gibt ihm/ihr auch das Recht zu sagen was „schlecht“ ist. Je mehr eine Beziehung drauf verzichtet zu beurteilen und zu bewerten umso mehr erlaubt dies einen Punkt zu erreichen wo er/sie erkennt, das der Ort der Bewertung, das Zentrum der Verantwortung in ihm/ihr selbst liegt. Die Bedeutung der Erfahrungen und ihre letztendliche Analyse ist etwas, das von ihm/ihr abhängt und das kann keine externe Beurteilung ändern. Das gibt ihm/ihr die Freiheit selbst verantwortlich zu sein.

10. Kann ich sie/ihn „in Entwicklung“ sehen? Kann ich diesem anderen Individuum in einem Entwicklungsprozess begegnen oder werde ich von seiner/ihrer oder meiner Vergangenheit begrenzt sein?

Wenn ich ihn/sie in der Begegnung für ein unerwachsenes Kind halte oder eine/n unwissende/n SchülerIn, oder für eine/n NeuropathIn, so wird jedes dieser Konzepte ihn/sie in dem begrenzen, was er/sie in der Beziehung sein kann. Man muss das ganze Potenzial in der anderen Person sehen und ihn ihr die Person sehen, die sie war, geschaffen um sich zu entwickeln …

Wenn ich die andere Person als etwas statisches akzeptiere, das schon diagnostiziert und klassifiziert ist, modelliert durch ihre Vergangenheit, dann trage ich zu einer Begrenzung bei. Wenn ich die Person als in einem Entwicklungsprozess sehe, dann tue ich das, was getan werden kann um die Potenziale zu bestätigen oder wirksam werden zu lassen.

Wenn ich eine Beziehung nur als seine Gelegenheit betrachte eine bestimmte Art von Begriffen oder Meinungen zu verstärken habe ich die Tendenz die Person als Objekt zu behandeln – ein im Grunde mechanisches oder manipulierbares Objekt. Und wenn ich das als ihr Potenzial ansehe, dann wird sie die Tendenz haben diese Hypothese zu bestätigen.

Wenn ich demgegenüber die Beziehung als Gelegenheit sehe, alles zu verstärken, was die andere Person ist, mit all ihren vorhandenen Ressourcen, dann wird sie die Tendenz haben, in diesem Sinne zu handeln und diese Hypothese zu bestätigen. Ich hätte sie also bestätigt als eine lebendige Person, die zu einer inneren kreativen Entwicklung fähig ist.

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SCHLUSSFOLGERUNGEN Dieser Leitfaden bietet eine Sicht auf sensible, kritische, risikobehaftete Aspekte an, die in eine „Hilfebeziehung“ mit ausgegrenzten Personen hineinspielen können, aber er ist nicht mehr als eine erste Annäherung an das Verständnis für und den Beginn einer Reflexion über das Thema und lässt somit die Debatte offen.

Die Problematik der Zielgruppen der in der sozialen Arbeit Tätigen sind in ständiger Veränderung begriffen und die Handelnden müssen sich folglich parallel an diese verschiedenen Veränderungen anpassen, sich professionalisieren im Hinblick auf neue Methoden und Instrumente. Man darf auch nicht vergessen, dass die Sozialpolitik nicht in Diskrepanz zu diesen Umbrüchen stehen darf, damit die in der sozialen Arbeit Tätigen eine tatsächliche Wirkung vor Ort haben können und in der Ausübung der „Hilfebeziehung“ geschützt sind. Es ist also im Rahmen eines gemeinsamen Bewusstseins, das in diesem Leitfaden eingeschrieben ist, in dem das Ansteigen der psychosozialen Risiken für die PraktikerInnen in Rechnung gestellt werden müssen. Diese Risiken beruhen auf Faktoren, die in 4 große Familien gruppiert werden können:

1. Anforderungen der Arbeit und der eigenen Organisation: Autonomie in der Arbeit, Grad der Anforderungen im Hinblick auf Qualität und Termindruck, Wachsamkeit und Konzentration, widersprüchliche Anordnungen;

2. Das Management und die Arbeitsbeziehungen: Art und Qualität der Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten, Anerkennung, Bezahlung, Gerechtigkeit in der Organisation;

3. Die Berücksichtigung der Werte und Erwartungen der Beschäftigten: Kompetenzentwicklung, Balance zwischen beruflichem und privatem Leben, ethische Konflikte;

4. Veränderungen der Arbeit: Konzeptentwicklung für Veränderungen aller Art, neue Technologien, Unsicherheit der Beschäftigungsverhältnisse, Restrukturierungen …

Der Stress, der in den „kritischen Punkten“ der beruflichen Anforderungsprofile genannt wurde ist nur ein Ausdruck dieser psychosozialen Risiken. Die Europäischen Sozialpartner haben den Stress am Arbeitsplatz in einem Rahmenabkommen vom 8. Oktober 2004 definiert, die französischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen haben dieses europäische Abkommen angewendet und am 2. Juli 2008 ein nationales interprofessionelles Abkommen unterzeichnet. Um die Anwendung in einem erweiterten europäischen Rahmen zu erleichtern muss man ihm entsprechenden Umfang und Bedeutung geben. Es ist wichtig zu sehen, dass bei einer Kooperation von Fachkräften aus einer Vielzahl von Berufen, seien sie PraktikerInnen der sozialen Arbeit, Führungskräfte, ForscherInnen, Aus- und WeiterbildnerInnen, Sozialpartner, neue Elemente der Analyse herausgearbeitet werden können, z.B. über die Integration der Praktiken in den kulturellen und nationalen Kontext, die Etablierung von Bewertungssystemen, von neuen Methoden und Instrumenten etc.

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Diese Arbeit der Sammlung und Zurverfügungstellung von Wissen, Erfahrungen, Instrumenten, verschiedenen Zugängen kann nicht nur die Wahrnehmung der Arbeit bereichern sondern auch die Aneignung von neuen Wegen, Verhaltensweisen oder Regeln. Den psychosozialen Risiken kann dadurch vorgebeugt werden, dass man Aktivitäten entfaltet, die darauf abzielen die Ursache zu beseitigen und das Auftauchen von psychosozialen Problemen in der Arbeit zu verhindern, indem man die in der sozialen Arbeit Tätigen über die Risiken informiert und ihnen dabei hilft, ihre Reaktionen auf den Stress zu sehen und zu handhaben. Die Entwicklung der sozialen Interventionspraktiken ist eine wichtige Herausforderung für die neuen Beitrittsländer der EU, weil sie echte Demokratisierungsmöglichkeiten in der Gesellschaft geschaffen haben, was unleugbar eine Basis für sozialen Fortschritt ist. Allerdings ist dieser Fortschritt abhängig davon, wohin sich die realen Möglichkeiten des Landes entwickeln. Endogene Faktoren nicht zur Kenntnis zu nehmen (demografische Elemente, ökonomische und soziale Strukturen …) würde jede Planung zu Fall bringen.

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