Lernort Geologie Modul e

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Lernort Geologie Landschaftsentwicklung in Bayern 1 Von der Gebirgsbildung zur Einebnung 171 2 Schichtstufenland 176 3 Karstlandschaft 178 4 Gletscher 182

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Geologie Österreich Lehrgang Unterlagen Schulung Kursus

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Landschaftsentwicklungin Bayern

1 Von der Gebirgsbildung zur Einebnung 171

2 Schichtstufenland 176

3 Karstlandschaft 178

4 Gletscher 182

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Das Verständnis der dynamischen Prozesse in der Erde hat auch unser Verständnis für dieLandschaftsformung an der Erdoberfläche erweitert. Zwischen endogenen (gesteuert durchKräfte aus dem Erdinneren) und exogenen (gesteuert durch Kräfte an der Erdoberfläche) geo-logischen Prozessen gibt es Rückkoppelungen, die insbesondere in den Phasen der g Ge-

birgsbildung (g Orogenese) zum Tragen kommen und durch die sogenannte g Tektonik be-schrieben werden. Wir wissen heute, dass die Kräfte der Plattenkollision nicht nur

in der direkten Kollisionszone aktiv sind, sondern weit in das Vorland der Ge-birge hinausreichen und dort Hebungen, Senkungen und Störungen initiieren

und aktivieren können, die Hunderte von Kilometern von den Plattenrän-dern entfernt sind. Diese Störungen sind wiederum Vorzeichnungen fürVerwitterung und Erosion und bestimmen damit die Landschaftsmorpho-logie mit. In der tektonisch ruhigen Phase nach einer Gebirgsbildung sind

es dann die exogenen Prozesse, die in Abhängigkeit von den klima-tischen Bedingungen die Landschaft formen.

In Bayern gibt es vielfältige Landschaftsformen, vom jun-gen Hochgebirge der Alpen im Süden zum alten Varis-zischen Rumpfgebirge (Böhmische Masse) in Ostbay-ern (k E1). Der Abtrag des Variszischen Gebirgessammelte sich in riesigen Sedimentbecken, mächtige

klastische und karbonatische Sedimente (uModul B „Mi-nerale und Gesteine“) wurden hier im Perm und Mesozoi-

kum abgelagert (Germanisches Trias-Becken). Durch die Hebungund den Abtrag der Alpen entstanden grobklastische und feinklas-tische Ablagerungen im nördlichen Vorland des Hochgebirges (Vor-alpine Molasse-Senke). Erosion durch Wasser und Eis schufen

ein Relief und prägten diese Land-schaft.

In diesem Modul wird Einblick inwichtige Prozesse gegeben, die dieLandschaft in Bayern formten, dabeiwird zwischen der dynamischenPhase während einer Gebirgsbil-dung und der ruhigen Phase nachder Gebirgsbildung unterschieden.

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Landschaftsentwicklung in Bayern

E1 | a) Geologische Großein-heiten in Bayern und b) eine Interpretationder strukturellen Situa-tion im Untergrund.

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Wie die vereinfachte geologische Karte vonBayern zeigt (k E1a), wird der größte Teil derFläche des Landes von g Deckgebirge ausSedimentgestein eingenommen, die einemsogenannten gGrundgebirge aufliegen. Bei-spielsweise ist dieses Grundgebirge im Ge-biet des Bayerischen Waldes und der Ober-pfalz direkt an der Oberfläche zu finden undso weiß man, wie es aussieht und zusam-mengesetzt ist. Diese Gebiete gehören zurg Böhmischen Masse, dem größten Grund-gebirgsaufschluss in Mitteleuropa. Da dasGrundgebirge hier aus kristallinen Gesteinenbesteht, in denen die Kristalle mit dem blo-ßen Auge sichtbar sind, spricht man auchvon kristallinem Grundgebirge oder auch nurabgekürzt vom Kristallin. Das Kristallin in Ost-bayern bildet zusammen mit dem Schwarz-wald, den Vogesen und dem Zentralmassivin Frankreich den südlichen Gürtel des Va-riszischen Gebirges, das sogenannte Molda-nubikum. Es besteht aus hochmetamorphenGneisen und Amphiboliten, die in der Zeit voretwa 380 – 320 Mio. Jahren entstanden,sowie vielen Graniten und Ganggesteinen,die während oder kurz nach der VariszischenGebirgsbildung in der Zeit von etwa 330 –290 Mio. Jahren in diese metamorphen Ge-steine eingedrungen sind. Man weiß heute,dass die Gesteine damals bis zu 20 km tiefin der Kruste lagen und sich das VariszischeGebirge als Hochgebirge, den Alpen vergleich-bar, darüber türmte. Welche Mechanismensteuern die Hebung und den Abtrag einesneugebildeten Gebirges? Wie schnell steigtein Gebirge auf? Ist es ein kontinuierlicheroder episodischer Prozess? Im Folgendenwerden die wichtigsten Grundlagen darge-stellt und es wird das Zusammenspiel exo-gener und endogener Kräfte bei der Relief-bildung beleuchtet.

Hebungsvorgänge während der Krusten-kollision - ein Gebirge entsteht

Bei der Kollision von kontinentalen Plattenkommt es in ihrem direkten Kontaktbereichzu einer Deformation mit Bildung von Ge-birgsgürteln und Heraushebung von Tiefen-gesteinen. Gebirge mit Höhen von mehrerentausend Metern markieren diese Kollisions-

zonen. Die Orogen der Alpen und des Hima-laya sind eindrucksvolle Beispiele für dieseProzesse. Die Hebungsvorgänge während derGebirgsbildung können generell auf zwei Ur-sachen zurückgeführt werden (k E2):• isostatische Hebung im zentralen, meta-

morphen (heißen) Bereich des Gebirges, • Überschiebungen und Krustenstapelung

in den externen, schwach- bis nichtmeta-morphen Einheiten des Gebirges.

Bei der Kollision der Platten sind horizontaleKräfte wirksam, die eine Einengung der Krustebewirken. Im zentralen, heißen Teil des Oro-gens reagieren die Gesteine durch Faltung,Schieferung und Gneisbildung (u Modul B„Minerale und Gesteine“) auf diese einengen-den Kräfte. Hier führt die Metamorphose zueiner Umkristallisation des Gesteinsgefüges.Das Gestein ist unter den hohen Temperatu-ren plastisch, also formbar wie Knetgummi,und durch die einengenden Kräfte verdicktsich die Kruste, es entsteht eine sogenannteKrustenwurzel. Während eine normale kon-tinentale Kruste eine Mächtigkeit von etwa20 – 30 km hat, kann hier eine Mächtigkeitvon 60 – 80 km aufgebaut werden.

Die Heraushebung der Gesteine wird durchdie sogenannte isostatische Ausgleichsbe-wegung verursacht, die durch die unter-schiedliche Dichte der verdickten Kruste(leicht) gegenüber dem Mantel (schwer) ent-steht. Die Kruste ist vergleichbar mit einemKorken, der auf dem Wasser schwimmt,dabei liegt aber der größte Teil unter Wasser.Je größer der Korken, desto tiefer liegt derKorken im Wasser (Schwimmgleichgewicht).

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1 Von der Gebirgsbildung zur Einebnung

E2 | Eine Schemazeichnungzum Querschnitt durchein Orogen am Beispielder Alpen mit Darstel-lung der beiden Berei-che der Hebung im zen-tralen und externenBereich des Gebirges.

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E3 | Isostatisch gesteuerteHebung nach der Ge-birgsbildung:Oben: Verdickte Krusteim Endstadium der Ge-birgsbildungUnten: Aus Erosion undAbtrag an der Oberflä-che resultiert eine He-bung der Kruste.

Dieses schon von Archimedes erkannte Prin-zip des Auftriebes bestimmt auch geologi-sche Prozesse und wird hier als Isostasie be-zeichnet. Vergleichbar kann man sich dasisostatische Gleichgewicht der Erdkruste (derKorken) auf dem schwereren Erdmantel (dasWasser) vorstellen. Läge unter jedem Punktder Erdoberfläche gleichviel Masse, dannwäre die Erdoberfläche eben. Durch die Ge-birgsbildung wird die Kruste verdickt und jestärker die Verdickung, desto tiefer reicht dieBasis der Kruste in den Erdmantel hinein.Die verdickte Kruste (ca. 70 km im Fall derAlpen und des Himalaya) zusammen mit demstarren oberen Teil des Mantels (u Modul C„Plattentektonik“, k C2: lithosphärischerMantel) wird in die weichere (plastische) g Asthenosphäre gedrückt. Durch die Ero-sion des Gebirges an der Erdoberfläche wirdein Ungleichgewicht geschaffen und das Ge-birge steigt weiter auf (k E3). Dieser Zusam-menhang zeigt auch, dass das Klima einewichtige Rolle bei der Hebung und Erosionvon Gebirgen spielt. Wird durch viel Nieder-schlag viel erodiert und abgetragen, steigtdas Gebirge schneller, man hat also einensich selbst verstärkenden Prozess. Die He-bungsgeschwindigkeit eines Gebirges ist va-riabel, für die Alpen nimmt man Phasen derHeraushebung von mehr als 5 mm/Jahr an.Heute heben sich die Alpen immer noch, wennauch nur gering mit weniger als 1 mm/Jahr.

Der Effekt einer isostatischen Ausgleichsbe-wegung durch Abtrag an der Erdoberflächeist auch durch die Hebung des Skandinavi-schen Schildes nach der Eiszeit gut belegt (k E4): Durch die Auflast eines viele Kilome-ter dicken Eispanzers während der quartärenKaltzeiten drückte sich die Lithosphäre in denBereich der unterliegenden plastischen As-thenosphäre hinein. Seit dem Abschmelzendes Eises hat sich der zentrale Teil Skandina-viens um bis zu 300 m gehoben.

Durch die immer genauere Altersbestimmungvon geologischen Ereignissen hat man fest-gestellt, dass die Hebungsgeschwindigkeitin vielen Gebirgen schneller ist, als sie durchdie isostatische Ausgleichsbewegung erklärtwerden kann. Man nimmt heute an, dass esbei der Plattenkollision mit Schließung einesOzeans und Subduktion einer ozeanischenPlatte zu einem Abriss der abtauchendenPlatte kommt und diese langsam in den Man-tel absinkt (k E5). Durch den Abriss entfälltdie Zugkraft der abtauchenden Platte unddadurch wird ein „Zurückschnellen“ der ver-bleibenden Platte erzeugt, was zu einerschnellen Hebung der darüber liegendenKruste führt. Ein heißer Strom aus der As-thenosphäre liefert zusätzliche Hitze und eskommt zu Aufschmelzungen und Aufstieg vonMagmen, die die gesamte Kruste erwärmenund damit spezifisch leichter machen.

Man nimmt heute an, dass dieser Mechanis-mus bei der Heraushebung des BayerischenWaldes nach der Variszischen Kollision einewichtige Rolle gespielt hat. Die im südlichenBayerischen Wald weit verbreiteten migmati-schen (teilgeschmolzenen) Gesteine und diesie durchtränkenden Granite könnten durcheinen sehr heißen Strom beim Plattenabriss

Mantel

Kruste

Kollision und HebungKruste

Mantel

Erosion Asthenosphäre

lithosphärischer Mantel

kontinentale Kruste

heißerStrom

Hebung

Subduktion

Abriss

E5 | Schnelle Hebung eines Orogens durch den Ab-riss der subduzierten Platte (slab break-off).

E4 | Kumulative Hebung desSkandinavischen Schil-des nach der Eiszeit(Angaben in m).

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nach der Kollision von Variszischen Kontinent-blöcken erzeugt worden sein. Die Gesteinesind unmittelbar nach der Kollision in einemsehr engen Zeitintervall von 324 – 320 Mio.Jahren entstanden und danach sehr schnellangehoben worden.

In den externen Bereichen einer Kollisions-zone reagiert die Kruste auf den einengen-den Druck durch Ausbildung von g Über-schiebungen und damit zu einer Stapelungvon Krustensegmenten (kE6). Es bilden sichflache Störungen (Überschiebungen) unddurch die Einengung werden die Gesteins-pakete als „Decken“ entlang einer Flächevom Untergrund abgelöst und übereinander-gestapelt. Die Überschiebungen werden ineinem flachen Winkel (ca. 30° gegenüberder Horizontalen) angelegt. Die Ablösungs-fläche wird oftmals durch Gesteine mit ge-ringer Festigkeit gebildet, wie z. B. durch Salz-schichten (g Evaporite), oder die Ablösungfindet am Kontakt von Sedimentpaketen zumGrundgebirge statt. Da das Gestein wie einedünne Haut abgelöst wird, spricht man auchvon thin-skinned Tektonik. Die Gesteins-schichten werden durch die Stapelung nachoben transportiert, daher findet diese Krus-tenstapelung ohne eine Metamorphose derGesteine statt.

Ein Beispiel für solche überschobenen Ge-steine zeigt sich am Nordrand der Alpen (k E7). Die auf die g Molassesedimente imAlpenvorland überschobenen Einheiten desHelvetikums, der g Flysch-Zone und derNördlichen Kalkalpen sind ein Beispiel füreine großräumige Überschiebungsstruktur,die durch die Alpenkollision entstanden ist.Solche Strukturen sind typisch für das soge-nannte Vorland eines Gebirges. Weitere klas-sische Beispiele sind das Rheinische Schie-fergebirge als Vorland des kristallinen gVariszischen Gebirges (z. B. der Odenwaldund Teile des Spessarts) oder in Nordame-rika die Appalachen (k E7). Die Störungs-bahnen sind im Gelände durch den Kontaktursprünglich nicht aneinander grenzenderGesteinsformationen oder durch Verände-rungen des Gesteinsgefüges in der Störungs-bahn selbst erkennbar. Die Gesteine sindhier feinkörnig zerbrochen und zermahlen(g Kataklase) oder feinkörnig umkristalli-siert (g Mylonitisierung).

Ein komplexes strukturelles Bild mit vielenin Richtung der Böhmischen Masse einfal-lenden Störungsflächen zeigt sich am West-rand der Böhmischen Masse (k E8). DieseStörungsmuster im Untergrund wurden erstdurch die Untersuchungen im Rahmen derKontinentalen Tiefbohrung bei Windische-schenbach in der Oberpfalz erkannt. Nebender Auswertung des 9.101 m tiefen Bohr-lochs wurden viele geophysikalische Erkun-dungen des Untergrundes im Umfeld der Boh-rung durchgeführt. Ein überraschendesErgebnis der Untersuchungen war, dass es

E6 | Die Entstehung von Überschiebungen bei derKrusteneinengung. 1 markiert die erste, 2 dienächste Überschiebungsbahn. Stapelung derGesteinseinheiten erfolgt von unten nach oben.

E7 | Beispiele der Krusten-einengung vom Alpen-nordrand (oben) undvon den Appalachen inNordamerika (unten).

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E8 | a) Schnitt durch denWestrand der Böhmi-schen Masse im Be-reich der FränkischenLinie mit dem durch dieKTB-Bohrung erkanntenStörungsmuster.b) Störungszone ineinem Amphibolit ausder KTB-Bohrung(Durchmesser des Bohr-kerns etwa 10 cm).

zwei Phasen von Störungs- und Überschie-bungsereignissen gegeben hat, die der va-riszischen und der galpidischen Gebirgsbil-dung zugeordnet werden konnten.

Wenn also die Alpenkollision die Störungs-muster im alpenfernen Bereich des Oberpfäl-zer Waldes erzeugt hat, dann muss von einerÜbertragung der Spannungen weit in das Vor-land eines Gebirges ausgegangen werden.Wie man sich so eine Spannungsübertra-gung vorstellt, kann durch einfache Modellenachvollzogen werden, in denen man die Kol-lision des indischen Subkontinentes mit derasiatischen Platte nachstellt. Die indischePlatte hat sich wie ein fester Block in die asia-tische Platte hineingeschoben (k E9). In der

direkten Kollisionszone hat sich das Hoch-gebirge des Himalaya gebildet. Die Spannun-gen wurden hier, wie in k E2 skizziert, durchplastische Verformung (Faltung, Gneisbil-dung) und durch Überschiebungen abgebaut.Durch die weitere Einengung entstandenauch nördlich des Himalaya in der asiatischenPlatte Störungen. Bewegungen entlang die-ser Störungen werden auch heute noch re-gistriert, denn Indien bewegt sich immer nochmit einer Geschwindigkeit von ca. 5 cm/Jahrauf den asiatischen Kontinent zu. Erdbebeninnerhalb der asiatischen Platte sind dieFolge.

Durch ein ähnliches Spannungsfeld kann mansich die Entstehung der großen Störungsmus-ter im Bayerischen Grundgebirge (BayerischerPfahl, Donaurandstörung) erklären (k E9).Diese verlaufen in NW-SO-Richtung und bil-den zusammen mit den NO-SW orientiertenStörungssystemen im österreichischen Teilder Böhmischen Masse ein System, das durchEinengung am Ende der Variszischen Kolli-sion entstanden ist, als die Kruste schon wie-der starr war. Bei der späteren Kollision vonAfrika und Europa während der Entstehungder Alpen mit etwa gleicher N-S Einengungs-richtung wurden diese alten Störungssystemewieder genutzt (reaktiviert). Durch die Einen-gung hat sich das g Grundgebirge über dieSedimentgesteine des Vorlandes geschoben.

E9 | a) Das Störungsmusteram Südwestrand derBöhmischen Masse,das während der Varis-zischen Krusteneinen-gung angelegt wurde.b) Modell zur Entste-hung von Störungssy-stemen bei der Krusten-einengung am Beispielder Kollision des indi-schen Subkontinentes(rot) mit der asiatischenPlatte (gelb).

b)

a)

FLKTB

FL: Fränkische Linie

KTB: Kontinentale Tiefbohrung der BRD

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E10 | Stadien und Beispieleiner Wollsackverwitte-rung:a) Bildung der Kluftflä-chen: Die Granite wur-den in mehreren kmTiefe unter der Auflastder darüberliegendenGesteine gebildet.Durch die Heraushe-bung kommt es im Gra-nit zu einer Entlastungund zur Bildung vonRissen (Klüften).b) Aufsicht auf einrechtwinkliges Kluft -system in einem Granit in der Zentral-Sahara(„Ti-n-Ghoras“, Alge-rien). Dieses frühe Stadium der Wollsack-verwitterung wurdeschon vor mehrerenTausend Jahren unterdem Einfluss des da-maligen feuchtwarmenKlimas angelegt.c) Schema der Woll-sackverwitterung.d) Wollsackverwitte-rung an der Burg Fal-kenberg, Oberpfalz.

Die großen Störungssysteme (Donaurandstö-rung, Fränkische Linie) grenzen daher dasGrundgebirge der Böhmischen Masse von denSedimentgesteinen des Vorlandes ab (k E1).Solch große Störungssysteme bilden oftmalsBahnen, entlang denen heiße Wässer in derKruste zirkulieren können und sich g Mine-ralisationen daraus abscheiden. Beeindru-ckende Beispiele solcher mineralisier ten Stö-rungen sind der Bayerische Pfahl (u Modul I„Außerschulische Lernorte“, Exkursion Nr. 6)oder die Mineralisation der Donaurandstö-rung im Donaustaufer Flussspat-Revier.

Die heutige Oberflächengestalt des kristal-linen Grundgebirges ist im Wesentlichen dasProdukt der intensiven Verwitterung währenddes Känozoikums. Durch die damals herr-schenden tropischen Klimabedingungen(warm und wechselfeucht) sind die Gesteinean den Landoberflächen tiefgründig verwit-tert und wurden in mehreren Phasen flächen-haft abgetragen. In den Gneisen und Grani-ten des Grundgebirges sind es vor allem dieFeldspäte, die durch die chemische Verwit-terung abgebaut werden (Kaolinisierung). Imheutigen Landschaftsbild zeichnen sich z. T.langgestreckte Kämme ab, die eine bevor-zugte NW-SO-Orientierung aufweisen. Hierpausen sich die Schwächezonen im alten Ge-birge durch, die schon am Ende der Variszi-

schen Orogenese angelegt und während derAlpenentstehung reaktiviert worden sind.

Entlang von Klüften dringen Niederschlags-wasser und Grundwasser tief in die hartenGesteine ein und an den Kontaktflächenkommt es zu einer chemischen Verwitterung.Es werden hierbei insbesondere die Feldspäteabgebaut, sie werden unter Einwirkung desWassers zu Kaolinit umgewandelt, der leichtaus dem Gestein herausgewaschen werdenkann. Die harten Gesteine zerfallen dadurchan den Kluftflächen zu feinkörnigem locke-ren Grus (Vergrusung). Diese Art der bevor-zugten Verwitterung entlang von einzelnenFlächen bringt bestimmte Gesteinsformenhervor, die als Wollsäcke bezeichnet werden(kE10). Der gesamte Prozess wird Wollsack-bildung genannt (uModul I „AußerschulischeLernorte“, Exkursion Nr. 9).

An geneigten Hängen können die freigeleg-ten Wollsäcke abrutschen und in Rinnenakkumulieren, sie bilden dann die soge-nannten Felsenmeere, wie z. B. bei der Lui-senburg im Fichtelgebirge (u Modul I „Au-ßerschulische Lernorte“, Exkursion Nr. 13)oder im Naturschutzgebiet Doost bei Neu-stadt a. d. Waldnaab. Felsenmeere entstan-den insbesondere während des Pleistozänsdurch Solifluktion (k Seite 186).

a) b)

c) d)

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2 Schichtstufenland

Die mächtigen Sedimentgesteinspakete desMesozoikums (Trias, Jura, Kreide) liegen inSüddeutschland überwiegend horizontal odersind nur leicht geneigt (3 – 5°). Sandsteine,Tonsteine und Mergel sowie Kalksteine wech-seln sich ab. Diese Gesteinstypen haben eineunterschiedliche Härte bzw. Verwitterungs -resistenz, denn Kalksteine und Sandsteinesind widerständige Gesteine, Tone und Mer-gel dagegen wenig widerständig gegen Abtra-gung. Erstere haben durch eine hohe Was-serdurchlässigkeit vor allem entlang vonKlüften einen geringeren Oberflächenabflussund werden weniger abgetragen. Somit ent-stehen bei der Verwitterung und schnellemAbtrag sogenannte Stufen. Die formendenProzesse, die am Stufenhang wirken, gehensowohl auf die Einwirkung von Sickerwässer,als auch auf das Untergraben bei Quellaus-tritten zurück. Quellaustritte destabilisierenden Rückhang und es kommt zu Abbrüchenund Rutschungen. Beide hydrogeologischenPhänomene werden durch Klüfte begünstigt,die an der Stufe angelegt sind und die Weg-samkeit für die Wässer bieten. Voraussetzungfür das „Herauspräparieren“ der Schichtstu-fen ist es, dass das Verwitterungsmaterialschnell abtransportiert wird. Weiterhin wird

durch eine fluviale Erosion (durch die Wirkungvon Flüssen) eine Rückverlegung und eineZerschneidung der Stufe bewirkt. Die Folgesolcher Schichtstufen ist eine Schichtstufen-landschaft, wie sie für den SüddeutschenRaum in Bayern von der Donau bei Regens-burg bis nach Aschaffenburg prägend ist (u Modul I „Außerschulische Lernorte“, Ex-kursionen Nr. 12 und Nr. 15). Bleibt bei derStufenrückverlegung ein Teil des ehemaligenStufenrücklandes isoliert erhalten, so sprichtman von einem Zeugenberg (k E11). VieleErhebungen in der Frankenalb sind Zeugen-berge, z. B. der Moritzberg bei Nürnberg, derHesselberg bei Wassertrüdingen oder dasWalberla bei Erlangen.

Bei ungestört horizontal lagernden Schicht-paketen kann ein spezieller Fall der Stufen-bildung entstehen (kE12). Hier können sichSchichttafelländer mit Tafelbergen und Zeu-genbergen entwickeln. Am bekanntesten sinddiese Formen aus dem Südwesten der USA,wo sie mit einem spanischen Wort als Mesasbezeichnet werden, oder die bis zu 3.000 mhohen Tepuis in Venezuela und Brasilien.

Entstehung der Schichtstufenlandschaft inSüddeutschland

Das Entstehen der Schichtstufenlandschaftin Süddeutschland ist ein mehrphasiger Pro-zess, der beispielhaft die Wirkung tektoni-scher Prozesse auf die Landschaftsentwick-

Zeugenberg

Schichtstufe

Stufenfläche

E11 | Schema einerSchichtstufe mitZeugenberg. Dieverschiedenen Farben symbolisie-ren unterschiedli-che geologischeSchichtpakete, dieunterschiedlicheVerwitterungsresi-stenz haben.

E12 | Zeugenberge: a) Mesas im Monument Valley,Arizona. Zeugen-berge mit Steil-wand und Halden-hang (Hangschuttaus Felssturzmas-sen) auf weitenAusräumungsbe-reichen vor derStufenfront. b) Der Schwäbi-schen Alb vorge -lagerte Zeugen-berge.

b)

a)

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E13 | a) Durch Aufwölbungim Bereich des Ober-rheingrabens kam eszu einer Verkippungdes Deckgebirges.b) Ein Schnitt durchdie bayerischeSchichtstufenland-schaft. Die Verstellungder Schichten vomSpessart bis zur Frän-kischen Alb ist auf dieAufwölbung desGrundgebirges im Be-reich des Oberrhein-grabens zurückzufüh-ren. Die Zergliederungim Ostteil des Profilsim Vorland des Grund-gebirges der Böhmi-schen Masse ist einResultat der tektoni-schen Bewegungen imBereich der Fränki-schen Linie.

lung und -formung zeigt. Die Vorgänge wer-den in k E13 grob vereinfacht dargestellt. Zu Beginn des Perms ist das im Oberkarbonentstandene Variszische Gebirge bereits wie-der von Erosion erfasst. Die Abtragungspro-dukte werden im frühen Perm in dem Gebietmit unruhigem Relief in Innensenken (die so-genannten Rotliegend-Tröge) geschüttet.Diese bilden die erste Bedeckung auf dem soeben entstandenen Grundgebirge. DurchAbsenkung bildete sich das Germanische Be-cken, ein flaches Becken, das vom Nordsee-raum im Norden bis zur Iberischen Halbinselim Süden und vom Pariser Becken im Wes-ten bis nach Polen im Osten reichte. In die-sem Becken lagern sich während des Permsund im Mesozoikum im Wechsel zwischenüberwiegend marinen (Zechstein, Muschel-kalk, Jura) und überwiegend terrestrischenBedingungen (Buntsandstein, Keuper) meh-rere hundert Meter mächtige Sedimente abund werden verfestigt. Sie bildeten nahezuhorizontal übereinander lagernde Schichten.

Vor etwa 35 Mio. Jahren kommt es im Zugeder Plattenkollision und Krusteneinengung mitBildung der Alpen zu einem Auseinanderzie-hen (Dehnung) der Lithosphäre und Asteno-sphäre im Vorland des Orogens. Dadurch bil-dete sich ein System von Gräben, das dieErdkruste der Europäischen Platte vom Rho-netal im Süden bis hin zum Oslograben imNorden durchzieht. Ein Segment dieses Gra-bensystems bildet der Rheingraben. Im Be-reich des Oberrheingrabens (Basel bis Frank-furt) geht dem Einbruch des g Grabens eineAufwölbung von Asthenosphäre und Litho-sphäre voraus, und dabei werden die Schich-ten an den Grabenschultern großräumig leichtgekippt (k E13a). Danach findet eine rasche

flächenhafte Abtragung statt, die die aufge-wölbten mesozoischen Gesteinspakete kappt.Es entsteht eine Rumpffläche, die Ausgangs-punkt für die weitere Entwicklung der Schicht-stufenlandschaft ist. Auf dieser Skulpturflä-che findet man ursprünglich horizontal undübereinander abgelagerte Gesteinspakete ander Oberfläche nun räumlich nebeneinander(k E13b). Noch im Neogen bilden sich durchdie differenzierte Verwitterung der unterschied-lichen Gesteinspakete erste Schichtstufen he-raus, die dann besonders im Quartär akzen-tuiert und teilweise über viele 10er Kilometerzurückverlegt werden.

Als Stufenbildner wirken in Süddeutschlandfolgende Schichten:• der Untere und Mittlere Buntsandstein

(Odenwald, Spessart, Rhön),• der Untere Muschelkalk (Bauland),• der Obere Muschelkalk (Gäuland),• der Schilfsandstein des Mittleren Keupers

(Frankenhöhe, Steigerwald, Haßberge),• der Kieselsandstein bzw. Coburger Sand-

stein des Mittleren Keupers (Virngrund,Steigerwald, Haßberge),

• der Stubensandstein bzw. Burgsandsteindes Mittleren Keupers (Schönbuch, Haß-berge),

• die Kalkschichten des Unteren Lias (Filder-ebene),

• der Eisensandstein im Dogger und dieKalksteine (Werkkalke) des Malm (Albtraufvon Schwäbischer und Fränkischer Alb).

Auf einer Reise von der bayerischen Landes-grenze bei Aschaffenburg bis nach Münchenstartet man deshalb auf dem variszischenkristallinen Grundgebirge und durchquert imFolgenden nahezu sämtliche Schichtgliederdes Deckgebirges vom Perm bei Aschaffen-burg über Buntsandstein, Muschelkalk undKeuper, Lias, Dogger und Malm und die kä-nozoischen Ablagerungen der Molasse biszu den jungen Ablagerungen der eiszeitlichenFlusssysteme in der Münchner Schotter-ebene.

b)

a)

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Karstbildung

Exkurs

Karst entsteht in Gesteinen mithohen Calciumcarbonatgehalten(CaCO3) insbesondere in humidenbis semiariden Klimazonen. In dich-ten Karbonatgesteinen bilden sich

bei schon geringen Gebirgsspannun-gen feine Haarrisse und Klüfte. Dielösungsfähigen Wässer wanderndurch die Hohlräume im Gestein undweiten diese auf. Durch die lösendeWirkung des kohlensäurehaltigenWassers werden die Trennflächenimmer mehr erweitert, so dassschließlich lösungsfähiges Sicker-wasser tiefer in das Gebirge eindrin-gen kann. Die Verkarstung reicht inGebieten, die aus einförmigen mäch-tigen Massenkalken aufgebaut sind,bis mehrere tausend Meter Tiefeunter die Erdoberfläche.

Im Niederschlagswasser sind stetsatmosphärische Gase (so auch Koh-lendioxid) gelöst und das kohlendi-

oxidreiche Wasser kann Karbonat-gesteine auflösen: Reine atmosphä-rische Luft enthält etwa 0,03 Vol. %CO2. Dieses „normale“, mit atmo-sphärischem CO2 angereicherte, Re-genwasser vermag bereits 40 mg/lKalk (CaCO3) zu lösen.

Beim Eindringen und Durchsickerndes Bodens nimmt das Nieder-schlagswasser ein Vielfaches an CO2

auf, das in der bodennahen Luft-schicht und im Boden selbst (auf-grund der Zersetzung pflanzlicherund tierischer Reste) zu etwa 5 – 10Vol. % enthalten ist.

Die chemische Reaktion zur Lösungvon Kalziumkarbonat lautet:

3 Karstlandschaft

In den Kalksteinschichten der FränkischenAlb oder der Schwäbischen Alb wie auch inden monumentalen Wänden der NördlichenKalkalpen (Dachstein, Wetterstein) findensich bizarre Oberflächenformen der Gesteine,die Lösungsverwitterung (Korrosion) der Kar-bonate entstanden sind. Diese Erscheinun-gen werden „Karst“ genannt, und der Begriffsteht für alle Erscheinungen, die durch ober-irdische oder – vor allem – unterirdische Lö-sungsverwitterung entstehen (k E15). DerBegriff „Karst“ wurde von der Bezeichnungdes östlichen Hinterlandes von Triest (Slowe-nien) abgeleitet, in dem auch ein geologischähnlich aufgebautes Kalkgebirge auftritt. InDeutschland stellt die Fränkische Alb mitihren zahlreichen Höhlen (u Modul I „Außer-schulische Lernorte“) das größte Karstge-biet dar.

Unter dem Begriff „Verkarstung“ versteht manin den Geowissenschaften generell die Auf-lösung vor allem von Kalk- und Dolomitge-steinen durch das mit – aus der Luft und ausdem Oberboden – Kohlendioxid angerei-cherte Niederschlagswasser. Die Lösung vonStein- und Kalisalzen, Anhydriten, Gipsensowie des kalkreichen Löß durch Sickerwas-ser wird dagegen als Subrosion bezeichnet.Kalkstein und mit Einschränkungen Dolomitund Marmor sowie Gestei ne, die hohe An-teile an Karbonaten enthalten (wie Mergel-steine und Kalksandsteine), werden durchdas kohlendioxidhaltige Wasser gelöst.

Eine Karstbildung wird entscheidend begüns-tigt, wenn das Gestein Inhomogenitäten auf-weist wie Schichtfugen, Klüfte oder Verwer-fungen. Durch die Lösung werden die

H2O + CO2 H2CO3

H2CO3 + CaCO3 Ca(HCO3)2

Die Gesamtgleichung lautet damit:

CO2 + H20 + CaCO3 ⇌ Ca2+ + 2 HCO3–

E14 | Einblick in die Schönsteinhöhle bei Streit-berg, eine der bekanntesten Karsthöhlender Fränkischen Schweiz.

Wenn sich zwei Wässer mit unter-schiedlichen Kalkgehalten oder ver-

schiedenen Wassertemperaturen mischen, findet eine sogenannte Mi-

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schungskorrosion statt. Durch die Ver-mischung der beiden Wässer enthältdie neue Mischung überschüssigesCO2, das sofort wieder Kalk löst. Diesezusätzlich gelöste Kalkmenge wächstmit dem Ausmaß des Unterschiedsder beiden Ausgangskonzentratio-nen: Vermischen sich z. B. zwei Wäs-ser mit 10 mg/l und 400 mg/l gelös-tem Kalk im Verhältnis 1:1, so beträgtdie zusätzlich gelöste Kalkmenge 51mg/l. Durch die Mischungskorrosionlassen sich die im Karstgebirge be-obachteten großen Lösungshohl-räume (auch jene tief unter der Karst-wasseroberfläche) schlüssig erklären.Das Phänomen, dass die größtenHohlräume im Karstgebirge nicht ander Eintrittsstelle des Wassers, son-dern im Innern des Gebirges zu fin-den sind, wird auf derartige Vorgängezurückgeführt. Die Schwäbische Albverliert durch diese Lösungsvorgängejährlich etwa 150.000 Tonnen Kalk-stein, das entspricht der Ladung von15.000 LKWs.Dieser Prozess ist beliebig umkehr-bar und der gelöste Kalk kann alsKalktuff, Travertin oder Tropfstein

bzw. Sinter wieder ausfällen:

Ca(HCO3)2 ⇌ CO2 + H2O + CaCO3

Kalksinter tritt nur dort auf, wo assi-milierende Pflanzen fehlen, die Bil-dung ist abiogen als rein chemisch/physikalische Kalkfällung aus karbo-nathaltigen Wässern. Kalktuff ent-steht unter Mitwirkung assimilieren-der Pflanzen und/oder verrottenderTier- und Pflanzenreste, z. B unterBeteiligung von Algen und Moosen.

Zu den auffälligsten, aber nur seltenauftretenden Quellkalkvorkommenzählen sogenannte Steinerne Rin-nen (k E16).

Tropfsteine entstehen, wenn kalkhal-tiges Wasser in einem Hohlraum wie-der unter Luftzutritt gelangt. Die Höh-lenluft enthält weniger Kohlendioxidals das Sickerwasser, dadurchkommt es zur Ausscheidung vonKalksinter, der in den Höhlen spek-takuläre Formen bilden kann.

E16 | Eine steinerne Rinne aus Kalktuff südlich von Erasbach bei Berching (Oberpfalz).

E15 | Ober- und unterirdi-sche Karstformenund -erscheinungen.

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vorhandenen Wegsamkeiten erweitert undkönnen zu großen Hohlräumen anwachsen.Die Menge des gelösten Kalkes hängt nichtnur von dem zur Verfügung stehenden unge-sättigten Wasser ab, sondern auch von derGröße der Oberflächen, so wird z. B. in Kalk-schutt besonders viel Kalk gelöst.

Die unlöslichen Bestandteile des Gesteins wer-den an der Lösungsoberfläche akkumuliert.Im Falle des Karbonatkarstes bilden sie dorteine dichte, meist tonige Decke, wie man siebeispielsweise am Boden von Karsthöhlen an-trifft. Findet die Kalklösung unter einer Boden-bedeckung statt, spricht man von einem Be-deckten Karst. In dem Fall, dass die Lösungauf den freien Gesteinsflächen geschieht, han-delt es sich um einen Nackten Karst. Die Lö-sung unter Bodenbedeckung ist im Allgemei-nen stärker, weil Huminsäuren die Wässernoch aggressiver machen und weil hier vor-handene Mikroorganismen die Konzentrationvon Kohlendioxid in der Bodenluft erhöhen.

Den Einfluss des Klimas auf die Intensität derVerkarstung zeigt ein Vergleich des Dachstein-massivs in den Alpen mit den Karstformen inimmerfeuchten und wechselfeuchten Tropen,wo sich durch die intensive Verkarstung einstarkes Relief ausbildet mit Formen, die alsKegelkarst zusammengefasst werden (kE17). Hierbei zeigt sich, dass in den Tropen

ExkursDie Karstgebiete sind potentiell dieergiebigsten Ressourcen für Grund-wasser und damit für die Entnahmevon Trinkwasser. Menschliche Akti-vitäten in nahezu jeder Form (dichteBesiedlung und Industrialisierungoder besondere Erschließungen wieBergbau, Verkehr und Tourismussowie intensive landwirtschaftlicheNutzung) können grundsätzlich zueiner quantitativen und qualitativenGefährdung der Karstgrundwasser-vorkommen führen. Deshalb ist esäußerst wichtig, in Karstgebieten aufeinen strengen Grundwasserschutzzu achten. Da alles Niederschlags-

wasser über die dünne Bodenauf-lage oder Schlucklöcher direkt insGrundwasser gelangt, ist die Grund-wasserneubildung im Karst hoch. Aufder anderen Seite gibt es auf denKarsthochflächen praktisch keineGewässer. Dies führt bei der Abwas-serbeseitigung zu großen Proble-men. Auch die landwirtschaftlicheBearbeitung muss im Karst viel kri-tischer als in anderen Bereichen gesehen werden, weil nicht nur Pes-tizide sehr viel schneller in denGrundwasserkörper gelangen kön-nen, sondern auch wegen der hygie-nischen Probleme bei der Ausbrin-gung von Düngern. Besonders ge-

fährdet sind Quellen im Karst, weildiese oberflächennahe Grundwas-serbereiche entwässern und deshalbschnell von Verschmutzungen betrof-fen sind.

Die in der Fränkischen Alb aufge-schlossenen verkarsteten Kalke desMalm liegen im Alpenvorland untertiefen Sedimentschichten begraben (k E1b). Das Grundwasser in diesenSchichten hat sich dort durch diehohen Umgebungstemperaturen er-wärmt. Die Schichten der Malmkalkesind daher wichtige Horizonte für diegeothermische Nutzung (u Modul F„Rohstoffe und Ressourcen“).

E17 | a) Der berühmte Kegelkarst am Lijiang, Provinz Guilin, China. b) Das Dachstein massiv.

Grundwasser im Karst

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Landschaftsentwicklung in Bayern Sachinformation

E18 | Karstfelsen prägen dieLandschaft der Fränki-schen Schweiz, hierdie hohen Felsen beiTüchersfeld.

die Korrosion wesentlich intensiver ist. Hö-here Niederschläge führen zu einer stärke-ren Durchflutung und üppigerer Vegetation,die eine höhere Reaktionsgeschwindigkeitder Prozesse bewirkt. Die Verkarstung in Süd-deutschland erfolgte unter dem feuchttropi-schen Klima in der Unterkreide und am Endedes Paläogens.

Karst in Bayern – Beispiel Fränkische Alb

Die Fränkische Alb besteht vor allem aus Kar-bonatgestein des Weißen Juras (Malm), derin der nördliche Frankenalb etwa 200 mmächtig ist. Im südlichen Teil der FränkischenAlb und in der Schwäbischen Alb erreicht essogar nahezu eine doppelte Mächtigkeit.Diese Gesteine enthalten in der FränkischenAlb einen erheblichen Anteil an Riffkalkenund sind meist dolomitisiert (Frankendolo-mit). Die Schichten sind außerdem auf derOstseite entlang von Verwerfungen gegendas angrenzende Oberpfälzisch-Obermaini-sche Bruchschollenland abgetreppt. Dadurchentstanden einige muldenförmige Einkerbun-gen wie die Hollfelder, Veldensteiner und Kall-münzer Mulde.

Innerhalb dieses Gebietes entwickelte sichein spezifisches Inventar an Karstformen.Dazu gehören z. B. unregelmäßig verteilteDolinen, die durch g Subsidenz des Bodensoberhalb der Lösungshohlräume entstehen.Obwohl geschichtete Kalksteine besser lös-lich sind, kommen Dolinen auf dem Franken-dolomit ebenso häufig vor wie auf den ge-wöhnlichen Malm-Kalksteinen. g Dolinenfinden sich meist auf den Hochflächen, oftin der Nähe der Alptraufe. Durch die acker-bauliche Nutzung werden kleinere, aktive Do-linen immer wieder zugepflügt und sind dannals morphologische Form nicht gut erkenn-bar. Bei einigen Dolinen ist der Abfluss durcheingeschwemmten Lehm verstopft. SolcheDolinen wurden früher genutzt, um die Hoch-flächensiedlungen mit Brauchwasser zu ver-sorgen. Auch g Uvalas kommen in der Frän-kischen Alb vor, beispielsweise östlich vonVelburg (75 m tief, 550 m breit, 2.000 mlang) oder nördlich von Eichstätt (15 m tief,500 m breit, 1.600 m lang).

Die sonst so häufigen g Karren treten in derFränkischen Alb kaum auf, weil sie vorwie-

gend ein Phänomen des nackten Karstes sind.Die Bodendecke verhindert aber das freie Ab-fließen des Niederschlagswassers und damitdas Ausbilden von Lösungsrinnen. Es kommtoft nur zur flächenhaften Korrosion, wie dasauf den Albhochflächen der Fall ist. Ausnah-men stellen die nackten Felsen der Dolomit-,Schwammkalk- und Werkkalkgesteine dar, indenen auf der dem Wind ausgesetzten Seiteschöne Kluftkarren ausgebildet sind.

Die beeindruckendsten Karsterscheinungender Fränkischen Alb sind die Höhlen (uModulI „Außerschulische Lernorte“, Schauhöhlen),von denen etwa 3.000 bekannt sind. Diemeisten dieser Höhlen liegen weit über denheutigen Grundwasserleitern und könnendeshalb nicht von dem aktuellen Karstwas-sersystem gebildet worden sein. Ungewöhn-lich sind die großen vertikalen Ausdehnun-gen und Mündungen, von denen man ab-wärts in das Höhlensystem steigt, so dasssie nicht die ursprünglichen Höhlenausgängesein können. Große Teile der fränkischenHöhlensysteme wurden bereits in der Unter-kreide angelegt; hier entstanden vor allemgroße Flusshöhlen, deren Reste heute u.a.als isolierte Höhlenruinen auf Bergkuppenzu beobachten sind.

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E19 | Talumformung durcheinen Gletscher.

4 Gletscher

Gletscher bauen sich ausschließlich überdem Festland auf. Bei ihrer Bewegung neh-men sie an der Basis Schottermaterial mit,transportieren und akkumulieren es schließ-lich. Sowohl die erosiven Prozesse als auchdie Akkumulation hinterlassen einen typi-schen glazialen Formenschatz, der auch nachdem Verschwinden der Gletscher relativ ge-nauen Aufschluss über das Geschehen wäh-rend der Vereisungsperiode gibt. Insbeson-dere die Landschaft im Alpenvorland inBayern ist durch die Vereisungen geprägt.

Glazialerosion

Während der Bewegung wird vom GletscherLockermaterial als Grundmoräne aufgenom-men. Gleichzeitig wird mit diesem Moränen-material der (Fels-)Untergrund bearbeitet (Detersion oder Abrasion) und Gletscher-schliff oder Gletscherschrammen erzeugt (u Modul I „Außerschulische Lernorte“, Ex-kursionen Nr. 3 und Nr. 18). Außerdem wirdfeinkörniger Detritus gebildet, der als Glet-schermehl bezeichnet wird. Dieses Materialkann als Schwebfracht in den Schmelzwäs-sern auftreten und sie weißlich färben („Glet-schermilch“). Die formende Kraft der Grund-moränen tritt besonders an der Luvseite vonErhebungen unter dem Gletscher auf.

Ein gewöhnliches V-förmiges Tal, das durcheinen Fluss gestaltet wurde, wird beim Durch-fließen eines Gletschers in ein U-förmigesTrogtal umgestaltet. Oberhalb der Trogschul-ter (dem Bereich, bis zu dem das Tal vomGletscher ausgefüllt ist) wird der Hang wei-terhin durch Denudationsprozesse geformt.

Da der Gletscher sein Bett sukzessive aus-weitet und vertieft, werden die ursprüngli-chen Seitentäler abgeschnitten. Nachdemdas Eis abgeschmolzen ist, sitzt ihr Ausgangdann höher als der Talboden des Haupttals.Sie werden als Hängetäler bezeichnet. Post-glaziale Akkumulation von Sedimenten fülltden durch den Gletscher ausgeräumten Tal-boden teilweise wieder auf. Auf diese Weiseentstehen Sohlentrogtäler (k E19). LokaleUnterschiede in der Fließgeschwindigkeit desGletschers schürfen Hohlformen aus demUntergrund heraus, die Felsbecken. Hinder-nisse werden abgeschliffen und es entste-hen stromlinienförmige asymmetrischeRundhöcker, an der Luvseite gerundete undabgeflachte Felsbuckel. Bei Gletschern imHochgebirge wirkt die Frostverwitterung amBergschrund an ihrem hangseitigen Rand. Re-liefversteilung und Eintiefung des Gletscherslassen dort, wo der Gletscher gewissermaßenseinen ersten Sitz genommen hat, sessel-oder halbkesselartige Formen entstehen, dieKare genannt werden.

Gletschertransport und glaziale Akkumulation

Charakteristisch für glaziales Sediment ist,dass es völlig unsortiert ist und alle Korngrö-ßen vorhanden sind. Man unterscheidet gla-ziale Geschiebe (Grobmaterial), Geschiebe-lehm (Ton und Schluff) und Geschiebemergel(kalkhaltiges Material). Material, das vomGletscher transportiert wurde, aber im Abla-gerungsgebiet nicht ansteht, wird erratischgenannt. Größere Blöcke werden als errali-sche Blöcke oder Findlinge bezeichnet (k E22).Der Begriff Moräne ist eine Sammelbezeich-nung für Material, das vom Gletscher bewegtwird, er wird aber auch für die im Geländeerkennbaren Formen verwendet. Moränensind von Gletschern mitgeführter und abge-lagerter Schutt als ein Gemenge aus Erde,Sand, Schotter und Gesteinsblöcken. Im Auf-schluss sind Moränen daran zu erkennen,dass Schichtung und Sortierung fehlen.Eine Grundmoräne ist vom Gletscher erodier-tes Material, das an der Gletscherbasis be-wegt und schließlich abgelagert wird.

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Landschaftsentwicklung in Bayern Sachinformation

Gletscher bilden sich oberhalb derSchneegrenze, wo mehr Schnee fälltals im Jahresdurchschnitt wiederabtaut. Hier kann sich der Schneein immer neuen Schichten ansam-meln. Schnee besteht aus hexago-nalen Kristallen (u Modul B „Mine-rale und Gesteine“), die ein lockeresGefüge bilden und enthält zunächstnoch etwa 90 % Luft. Durch weitereÜberlagerung wird der Schnee kom-primiert und der Luftanteil reduziert.Dies geschieht durch Zerbrechensowie Antauen und Wiedergefrierender Schneekristalle (Regelation). Esbildet sich sogenannter Firn (Alt-schnee), der nur noch aus 20 – 50 %Luft besteht.

Durch den Überlagerungsdruck beiweiterer Akkumulation (ab einerFirn eismächtigkeit von 20 – 30 m)verändert sich die Struktur der Firn -eiskörner, sie rekristallisieren unddabei bilden sich neue, größere Eis-körner. Diese verfüllen noch weitereHohlräume und es bildet sich Glet-schereis, das einen Luftgehalt vonnur noch etwa 2 % hat. Der Vorgangdes Schneefalls, der Akkumulation,der Verdichtung und der Firneisbil-dung kann sich innerhalb von Tagenund Wochen vollziehen. Die Bildungvon Gletschereis kann je nach den

klimatischen Verhältnissen und denÜberlagerungs- und Bewegungsdrü-cken auch 100 und mehr Jahre dau-ern. Bei der Gletschereisbildung er-höht sich auch die Dichte: Sie liegtbei Neuschnee unter 0,1 g/cm3, dasEis hat dagegen eine Dichte um 0,9g/cm3. Eisberge schwimmen dahernicht auf, sondern im Wasser. Manmuss etwa 80 cm Neuschnee ver-dichten, um eine Eisschicht von 1cm zu bilden. So ist z. B. die Eis-schicht, die Grönland bedeckt, imzentralen Teil etwa 3 km dick. Hierhat sich Schnee von insgesamt 240km Gesamtmächtigkeit verdichtet!

Nur dann, wenn sich die Schnee-/Eismasse bewegt, spricht man voneinem Gletscher. Das sogenannte„Fließen“ des Gletschers an derOberfläche der Erde kann mit derVerformung der Gesteine bei ent-sprechenden Temperaturen undDruckbedingungen in der tiefen Erd-kruste verglichen werden. Sowohlbeim Eis, als auch bei den Gestei-nen werden durch den herrschen-den Druck die Kristallgitter gegenei-nander versetzt und die Kristalleverformt, ohne dass sie zerbrechen.Diese Art der Verformung nennt manauch plastisches Fließen. Dieseskann jedoch nur unter entsprechen-der Überlagerung, also im unterenTeil des Gletschers, stattfinden. Imoberen Teil des Gletschers bilden

sich bei der Bewegung Brüche (z. B.Gletscherspalten).

Ist der Druck, den ein Gletscher auf-grund seiner Masse auf den Unter-grund ausübt, bei der vorliegendenTemperatur des Eises hoch genug,kann das Eis an der Basis schmel-zen. Der Schmelzpunkt von Eis wirdum 0,06°C pro 100 m aufliegendemEis reduziert. Dieses Schmelzendurch Auflast kennt man auch vomSchlittschuhlaufen, wo sich ein Was-serfilm unterhalb der Kufen bildet.Auf dieser Schicht aus geschmolze-nem Eis kann der Gletscher schnel-ler fließen als durch die oben be-schriebenen kristallinternen Prozes-se. Die Fließgeschwindigkeit einesGletschers kann daher sehr stark va-riieren, je nachdem, ob er eine„kalte“ gefrorene, oder eine „warme“teilgeschmolzene Basis hat. Die Ge-schwindigkeit kann auch jahreszeit-liche Schwankungen aufweisen.

Exkurs

Gletscherbildung und -bewegung

E20 | Schneekristall mit hexagonalerSymmetrie.

E21 | a) Das Gefüge eines Gletschereises unter demMikroskop.b) Eis lässt sich verformen ohne zu zerbrechen.

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Der Schutt stammt von der Oberfläche desGletschers und sinkt allmählich bis auf denGrund des Eisstroms oder er stammt direktaus dem Material, das der Gletscher vom Un-tergrund schrammt. Die Gesteinsstücke derGrundmoräne sind intensiver kantengerundetals die aus anderen Moränen. Außerdem istder Anteil an feinen Korngrößen höher.

Material von den Seiten eines Gletschers wirdals Seiten- oder Lateralmoräne bezeichnetund an den Rändern abgelagert. Die Seiten-moränen begleiten schon im oberen Teileines Trogtales den Gletscher. Er lagert dasauf ihn niederstürzende Gestein seitlich abund schiebt es talwärts. Dabei ordnet sichder Schutt zu Wellen an, die das strömendeEis flankieren. Die Zusammensetzung derSeitenmoräne entspricht dem Spektrum derGesteine, die oberhalb des Gletschers an-stehen. Der proximale Hang einer Gundmo-räne ist steil und instabil, der distale Hang

flacher und stabil. Beim Zusammenfluss vonGletscherzungen werden die am innerenRand liegenden Seitenmoränen zur Mittel-moräne vereinigt. Sie trennt die aus den ver-schiedenen Ursprungsgebieten stammen-den Eisströme voneinander und bleibt alsSchuttwall im Gletscher erhalten. Währendsich bei einem Fluss die einmündenden Was-ser sehr schnell vermischen, fließt das Glet-schereis bei den zusammengesetzten Glet-schern nebeneinander her. Das Vorderende(Gletscherstirn) eines Gletschers schiebt Ma-terial vor sich her, das als Akkumulations-form Endmoräne (oder Stirnmoräne) genanntwird. Sie bildet letztlich einen wallartigen, inder Aufsicht hufeisenförmigen Gürtel, der tal-wärts gekrümmt ist. Ein vorrückender Glet-scher kann auf eine bereits vorhandene End-moräne treffen. Dabei wird sein eigenesMaterial im Zungenbereich gestaucht undbildet eine Stauchendmoräne. Endmoränenwirken wie Staudämme (sie sind oft bis zu200 m hoch).

Die von der letzten Eiszeit (Würm- bzw. Weich-sel-Eiszeit) geschaffenen Formen nennt manJungmoränen, die aus älteren Eiszeiten wer-den als Altmoränen bezeichnet. Jungmorä-nen sind durch steile Hänge gekennzeichnet,Altmoränen haben durchwegs abgerun- deteund verflachte Formen. Altmoränen, die vonspäteren Gletschern überfahren wurden, un-terscheiden sich von Jungmoränen dadurch,dass sie durch die länger dauernde Verwitte-rung stärker abgeflacht sind. Außerdemhaben sich auf ihnen bereits mächtige Bödengebildet, und die Verwitterung hat im Unter-grund insbesondere die Kalk-Geschiebe be-reits stark angegriffen und herauskorrodiert.

Drumlins, stromlinienförmige Hügel aus Lo-ckermaterial, entstehen, wenn eine ältereGrundmoränendecke bei einem späterenGletschervorstoß erneut von einem Gletscherüberfahren wird und dieser Gletscher auf einHindernis stößt. Die Eiszunge spaltet sich vordem Hindernis an Längs- und Querspalten.Drumlins sind asymmetrisch gebaut und aufder Luvseite steiler als auf der Leeseite. ImGrundriss sind sie in der Fließrichtung desEises gestreckt. Sie sind als lockere Aufschüt-tung das Gegenstück zu den Rundhöckern,die aus dem festen Untergrund geformt wur-den.

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E22 | Der Findling „Dengel-stein“ östlich von Bet-zenried ist mit einemVolumen von 400 –500 m3 und einem Ge-wicht von 1.250 Ton-nen der größte nocherhaltene Findling desKemptner Waldes.

E23 | Morteratsch- und Pers-gletscher im Bernina-Massiv in Graubün-den/Schweiz. Die Sei-tenmoränen sind hiernach dem Abschmel-zen der la teralen Eis-partien besonders gutzu erkennen. Beim Zu-sammenfluss entsteht eine Mittelmoräne. Diegelbe Linie zeigt denHochstand währendder kleinen Eiszeit um1850.

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Landschaftsentwicklung in Bayern Sachinformation

Eis, das von der Gletscherzunge abgetrenntwird, wird Toteis genannt. Beim Abschmel-zen des liegengebliebenen Eises und demNachsacken des aufliegenden Sedimentma-terials entsteht daraus ein Toteisloch oderToteissee. In dem wärmer werdenden Klimader Nacheiszeit wird das Toteisloch dann vomansteigenden Grundwasser gefüllt. Die Formund Größe von Toteisseen ist von den Aus-maßen des Toteisblockes abhängig und sehrvariabel. Kleine Toteisseen besitzen nur eineGröße von wenigen tausend bis zehntausendQuadratmetern, während große Toteisseenmehrere Quadratkilometer groß sein können.Bei Toteisseen in Zungenbecken finden sichoft runde Formen, es gibt aber auch Seenmit eher unregelmäßiger Form. Die Tiefender Toteisseen sind ebenfalls sehr unter-schiedlich und schwanken zwischen einernur flachen Eintiefung und mehreren dut-zend Metern (k E24).

Glaziofluvialmorphologie

Die Schmelzwässer der Gletscher verlagerndas Lockermaterial der Moränen. Das Mate-rial kann zunächst in Gletscherspalten akku-muliert und anschließend weiter abtranspor-tiert werden. Dieser Transport findet durchfließendes Wasser statt und wird deshalb alsgaziofluvial von dem glazialen Transportdurch Gletschereis unterschieden.

Schmelzwässer bilden zusammen mit ihremSediment sogenannte Gletschermühlen. Ba-sale Schmelzwässer sowie in den Gletschereingedrungene Schmelzwässer fließen unterdem Gletschereis ab und erodieren dort denUntergrund bzw. die Gletscherbasis. Unter derAuflast des Eises entsteht ein Druck auf diebasalen Schmelzwässer, wodurch deren Ero-sionsleistung weiter erhöht wird. Die größtenErosionsformen, die die Schmelzwässer hin-terlassen haben, sind die Urstromtäler.

Eine Ablagerung von glaziofluvial transpor-tiertem Material kann auf verschiedene Wei -se stattfinden. Supraglazial mitgeführtes Material gelangt in Gletscherspalten, wird ge-gebenenfalls anschließend weitertranspor-tiert, dabei sortiert, zugerundet und schließ-lich endgültig sedimentiert. Für eine Sortie-rung und Bearbeitung des Materials müssendie Gletscherkanäle allerdings ausreichende

Fließgeschwindigkeiten haben. Sammelt sichdas Schmelzwasser in Seen, dann setzt sichdas Sediment als Schwebfracht ab. Es ent-stehen dabei im Winter dunklere, tonige Ablagerungen, die reich an organischem Ma-terial sind. Im Sommer, zur Zeit der Schnee-schmelze, werden dagegen hellere, etwasgrobkörnigere Sedimente gebildet. Der ste-tige Wechsel erzeugt auffällig gebänderteSedimentakkumulationen, die deshalb alsBändertone bezeichnet werden. Da sie ähn-lich wie Wachstumsringe bei Bäumen eineJahresschichtung konservieren, können dieBändertone als Datenarchiv für vorzeitlicheKlimaschwankungen und zur Datierung derSchichten herangezogen werden (u ModulD „Erdgeschichte“, k Exkurs Klimaarchive).

Glaziofluvialer Transport und Ablagerung sor-gen für einen charakteristischen Formen-schatz: Schmelzwasserablagerungen ausSchottern und Sanden bilden dammartigeFormen, die Esker oder Oser. Sie entstehen,indem Material in Schmelzwasserrinnen unterdem Eis zu langgestreckten, oft „bahndamm-artigen“ Hügelzügen angehäuft wird. Voraus-setzung ist, dass das Eis wenig bewegt wird,so dass die Bildung gewöhnlich in Rückzugs-gebieten der großen Inlandeismassen statt-findet. Das Material wird dabei sortiert undgerundet. Kames sind isolierte Schuttablage-rungen, die unter stagnierendem Gletscher-eis entstehen. Es sind unsortierte Spaltenfül-lungen oder lokale Schmelzwasserakkumu-

E24 | Die Bildung von Toteis-seen beim Rückzugeines Gletschers.Oben: Situation beimAbschmelzen nachdem Zerfall der Gletscherzunge.Unten: SchematischeDarstellung der heuti-gen Situation mit ver-landenden Seen inden Toteislöchern.

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E25 | Schematische Darstel-lung der GlazialenSerie. Das Zungenbek-ken wird später durcheinen See gefüllt. DieWindrichtung erklärtsich durch das Tempe-raturgefälle aus demkalten Bereich überdem Gletscher zumwärmeren Vorland,das die Auswehungenvon Feinmaterial ausden Schotterfluren zurFolge hat.

lation, in denen das Material sortiert ist. Ausdem Gletschertor fließen die Schmelzwässerund transportieren vor allem Material in Sand-größe. Wird ein Schmelzwasserfluss plötzlichlangsamer, wie z. B. beim Austritt aus einemTal zwischen Endmoränen, entsteht einSchwemmkegel. Der Schutt wird dann akku-muliert und verbaut sich seinen Weg. Als Folgesucht er sich laufend ein neues Bett und lässtdort seine Sedimentfracht liegen, wodurchder Schwemmkegel fächerförmig wird. BeimZusammenschluss von Schwemmkegeln imVorland eines Gletschers entstehen Sanderund Schotterebenen. Bei ihnen nehmen dieKorngrößen der Sedimente mit der Entfer-nung vom Gletscher ab. Eine Schotterebeneist eigentlich eine Landschaft, die nur ausSchwemmkegeln besteht.

Periglazialmorphologie

In den Gebieten, die während der Glazialpe-rioden nicht vom Eis bedeckt waren, bildetesich ein spezifischer Formenschatz, der imPrinzip heutigen Permafrostregionen ent-spricht. Durch Volumenausdehnung gefrie-renden Wassers im Untergrund bilden sich di-verse Frostmuster. Bei deutlicher Abkühlungunter den Gefrierpunkt zieht sich der Bodenwie alle festen Körper jedoch wieder zusam-men. Dadurch entstehen Schrumpfungsrisse(Frostspalten); insbesondere wenn der Was-sergehalt im Boden hoch ist und die Abküh-lung rasch erfolgt. Beim Auftauen des Bodensfüllen sich die Spalten mit Schmelzwasser undBodenpartikeln. Im folgenden Winter gefriertdas Wasser in der Spalte und bilden Eiskeile,die heute in den Sedimentprofilen als verfüllteStrukturen erkennbar sind.

Permafrostboden (oder Dauerfrostboden) istab einer gewissen Tiefe das ganze Jahr hin-durch gefroren. Dabei taut der Permafrost-boden im Sommer oberflächlich auf. Der so-genannte Auftauboden reicht häufig 1 – 2 min die Tiefe, während der darunter befindli-

che Boden weiter gefroren bleibt.In Nordrussland,

einschließlich Sibirien, reicht der Permafrostbis zu 1.450 m in die Tiefe, in Skandinaviensind es lediglich 20 m. Große Permafrosta-reale finden sich in den Gebieten mit arkti-schem und antarktischem Einfluss. Diebaumlosen Tundren unserer Erde sind meistPermafrostgebiete. Gebiete mit permanentgefrorenem Boden gibt es aber auch in Hoch-gebirgsregionen wie den Alpen. Diese ent-standen während der pleistozänen Kaltzei-ten, als der Boden stellenweise bis in mehrereHundert Meter Tiefe gefror. In Gebieten mitPermafrostböden kann es bei leichter Nei-gung des Untergrundes (schon ab etwa 2°)zu einer Hangabwärtsbewegung der oberenaufgetauten wassergesättigten Bodenschich-ten kommen (sogenannte Solifluktion) undes bilden sich Fließerden.

Die Glaziale Serie

Es existiert im Randbereich und Vorland einesGletschers eine naturgesetzliche Abfolge vonReliefformen. Sie resultiert aus einem Zusam-menspiel von Glazialerosion, glazialer Akku-mulation und der Dynamik der Schmelzwäs-ser. Diese Glaziale Serie zeigt im Idealfall dieAbfolge des glazialen Formenschatzes, be-ginnend beim ursprünglichen Nähr - gebietdes Gletschers bis zu seinen distalen glazio-fluvialen Bildungen jenseits seiner Abschmelz-zone. Nach Kar mit Karschwelle folgt eineGrundmoränenlandschaft mit Zungenbecken,danach Endmoränenwälle. Distal schließensich Sander (glaziofluviale Schotterfläche) an,und schließlich folgt ein Urstromtal. Währendder Vereisung wird aus den vegetationsarmenFlächen feines Gesteinsmaterial ausgebla-sen und im periglazialen Gebiet als Flugsandoder Löß (u Lernort Boden, Modul A), wiederabgelagert (k E25).

Beispiele aus dem Voralpenland

Die Voralpenlandschaft in Bayern wird vonvielen eiszeitlichen Formen geprägt. Die lang-gestreckten Seebecken des Ammersees unddes Starnberger Sees wurden durch den Isar-Loisach-Gletscher während der Eiszeit aus-

geschoben. Wichtig fürdie Erhaltung der Seebe-cken war die Tatsache,dass beim Rückschmel-zen des Gletschers der

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allergrößte Teil der Schmelzwässer den heu-tigen Flussläufen der Loisach und der Isarfolgte, so dass das Gebiet des StarnbergerSees kaum verschüttet wurde, und die mitden Schmelzwässern transportierten Sedi-mente die Seebecken nicht rasch wieder ver-landen ließen. Die Seebecken bilden damittypische Zungenbecken. Ein eindrucksvollesBeispiel für Drumlins ist das Eberfinger Drum-linfeld auf der Westseite des Starnberger Sees.

Durch das Abschmelzen des Inntalgletschersbildete sich am Ende der Würm-Eiszeit einSee, vergleichbar in der Größe mit dem Bo-densee. Das Rosenheimer Becken ist derGrund dieses ehemaligen Rosenheimer Seesmit bis zu 150 m mächtigen Sedimenten. Be-grenzt wird das Rosenheimer Becken von denmächtigen Rand- und Endmoränen. Drumlinsfindet hier man nordwestlich (bei Tuntenhau-sen) und nordöstlich von Rosenheim (kE26).

Kleinere und flachere Toteisseen im Voral-penland sind schon vollständig verlandet. Esgibt jedoch noch einige Seen, die ihren Ur-sprung als Toteissee hatten. So wird der Tüt-tensee östlich des Chiemsees als eiszeitli-che Bildung durch Abschmelzen von Toteisgesehen. Die kontroverse Interpretation derEntstehung durch einen Meteoriteneinschlag(Chiemgau Impakt) kann durch die geologi-schen Befunde nicht bestätigt werden (uwww.lfu.bayern.de/geologie/fachinforma-tionen/meteoriten/doc/tuettensee.pdf).

Außerhalb des Endmoränenwalls hat sich dieMünchner Schotterebene aus zahllosen fla-chen Schwemmkegeln gebildet. Sie wird vomKaufbeurer Urstromtal durchschnitten.

Vor allem westlich der großen SchichtstufenNordbayerns bildeten sich ausgedehnteDünen aus Flugsand, z. B. im Nürnberg-Er-langer Raum. Auch die fruchtbaren Gäubö-den wurden als g Lößböden in der Donau-ebene vor den Höhenzügen des BayerischenWaldes abgelagert.

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Landschaftsentwicklung in Bayern Sachinformation

Heutige glazigene Formen in Europa

• Fjordküste: Überflutete Trogtäler der pleistozänen Vereisung

• Förden- und Boddenküste: Überflutete Grundmoränenland-schaft

• Schärenküste: Überflutete Rundhöckerlandschaft• Seenplatten (Mecklenburgische Seenplatte, Finnische Seen-

platte): Abgetaute Toteismassen im Jungmoränengebiet • Urstromtäler in Norddeutschland (Elbe) • Altmoränenlandschaft in Norddeutschland • Jungmoränenlandschaft in Norddeutschland und Bayern• Schotterflächen und -terrassen in Süddeutschland • Moränenzüge im Alpenvorland • Zungenbeckenseen im Alpenvorland • Trogtäler, Kare, Karlinge in den Alpen • Lokale pleistozäne Vergletscherungen in den Mittelgebirgen

(Harz, Schwarzwald)

E26 | a) Das Rosenheimer Becken im Alpenvorland wird halbkreisförmig von einem Moränenrand umrahmt (in gelb dargestellt). b) Die Bildung solcher Becken durch Vorstoß eines Gletschers kann man heute z. B. in Alaska am Maspalina Gletscher beobachten.

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Weiterführende Literatur, Links und Karten (Auswahl):

Bram, G. & Koch, R. 2008. Trubachweg, Geologie – Kultur – Klettern, ISBN 978-3-00025-715-5.

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Herausgeber

Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit (StMUG)

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)