Lernort Geologie Modul f

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Lernort Geologie Rohstoffe und Ressourcen 1 Kohlenwasserstoffe 213 1.1 Erdöl und Erdgas 213 1.2 Kohle 218 2 Mineralische Rohstoffe in Bayern 222 3 Geothermie 226 3.1 Was ist Geothermie 226 3.2 Anwendungsbereiche der Geothermie 228 3.3 Oberflächennahe Geothermie in Bayern 229 3.4 Tiefe Geothermie in Bayern 231 3.5 Geothermieportal 235

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Geologie Österreich Lehrgang Unterlagen Schulung Kursus

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen

1 Kohlenwasserstoffe 213

1.1 Erdöl und Erdgas 213

1.2 Kohle 218

2 Mineralische Rohstoffe in Bayern 222

3 Geothermie 226

3.1 Was ist Geothermie 226

3.2 Anwendungsbereiche der Geothermie 228

3.3 Oberflächennahe Geothermie in Bayern 229

3.4 Tiefe Geothermie in Bayern 231

3.5 Geothermieportal 235

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Rohstoffe und Ressourcen

Wer weiß schon, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens ca. 525 Tonnen Kies und Sandverbraucht? Dieser Rohstoff findet sich als Bestandteil in vielen Produkten des täglichen Le-bens – in Häusern, Straßen, Mikrochips, Glas, Keramik oder in Pharma- und Kosmetikartikeln.

„Rohstoffe sind einfach da“ – so denkenimmer noch viele von uns. Rohstoffe, das sindEnergierohstoffe, die für unsere Grundbedürf-nisse Transport, Heizen und Nahrungszube-reitung entscheidend sind, das sind Steineund Erden, aus denen unsere Häuser undStraßen gebaut werden, und das sind metal-lische Rohstoffe, aus denen Fahrzeuge undHaushaltsgeräte erzeugt werden. Den Men-schen wird jedoch mehr und mehr bewusst,dass kein geologischer Rohstoff unbegrenztvorhanden ist. Ihre Bildung erfolgte über geo-logische Zeiträume, manchmal im Laufe von

Millionen von Jahren, während der Abbau undihre Nutzung im großem Maße vor allem aufdie Zeit seit der Industrialisierung, also aufwenige hundert Jahre, entfallen. Die stetigwachsende Weltwirtschaft und die Industria-lisierung der Entwicklungs- und Schwellen-länder tragen zu einem schnelleren Abbauder noch vorhandenen Rohstoffreserven bei.

Deutschland ist seit vielen Jahrhundertenein wichtiges Bergbauland. Aufgrund der Er-schöpfung von Lagerstätten, der Internatio-nalisierung der Rohstoffgewinnung und des

Kies und Bausande249 Mio. t

Braunkohle175 Mio. t

Erdgas15,5 Mrd. m3Gebrochene

Kalk- undMergelsteine

50 Mio. tSteinkohle17,1 Mio. t

Steinsalz/Sole19,6 Mio. t

Quarzkiese und Quarzsande11,1 Mio. t

Tone4,3 Mio. t

Quarzit2,8 Mio. t

Kaliprodukte7,6 Mio. t

Erdöl3,1 Mio. t

Bentonit0,4 Mio. t

Gipsstein2,1 Mio. t

Kaolin3,9 Mio. t

Feldspat2,9 Mio. t

Kalk/Dolomit10 Mio. t

Baustoffe – Steine und ErdenEnergierohstoffeIndustriemineraleweitere

Natursteine218 Mio. t

F1 | Rohstoffgewinnungin Deutschland imJahr 2008.

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

Welthandels, veränderter Strukturen auf denWeltmärkten sowie der Anwendung neuerGewinnungstechnologien spielen heimischeLagerstätten heute nur noch bei Stein- undBraunkohle, Kali und Salz, Erdgas, im Steine-und Erdenbereich sowie bei Industriemine-ralen eine größere Rolle (k F1). Bei Erdöl undMetallerzen ist Deutschland hingegen fastvollständig importabhängig.

Auf den Weltmärkten für mineralische Roh-stoffe zeichnet sich derzeit ein Strukturwan-del ab: Die alte Faustregel, dass 20 % derMenschheit in Europa, den USA und Japanmehr als 80 % der Rohstoffförderung konsu-mieren, gilt heute nicht mehr. Mit der Inte-gration Indiens, der Volksrepublik Chinasowie anderer bevölkerungsreicher Schwel-lenländer in die Weltwirtschaft ist heute überdie Hälfte der Weltbevölkerung an der Nach-frage nach Rohstoffen beteiligt.

Rohstoffvorkommen sind die theoretischenVorräte eines Rohstoffes, als Lagerstätte be-zeichnet man dagegen nur die unter ökono-mischen Gesichtspunkten abbaubaren Vor-kommen. Natürlich werden die Verfahren zurRohstoffgewinnung laufend verbessert undverfeinert. Es können aber nie alle geologi-schen Vorkommen als Lagerstätten der Roh-stoffe genutzt und abgebaut werden.

Nicht nur wirtschaftliche Gesichtspunkte,sondern vor allem auch miteinander konkur-rierende Nutzungen eines Gebietes könnenden Abbau einer Lagerstätte verhindern. Ty-pische „Abbauhemmnisse“ sind z. B. beste-hende Siedlungen und Verkehrswege, Na-tur-, Landschafts- oder Wasserschutzgebiete.

Die geographische Verteilung wichtiger Roh-stoffvorkommen in Bayern ist in k F2 darge-stellt und dokumentiert die Vielfalt der Res-sourcen in Abhängigkeit vom geologischenUntergrund (uModul D „Erdgeschichte“ Kar-ten, Geologische Karte von Bayern).

Bergbauliche Tätigkeit und Erschließung vonRohstoffen sind untrennbar mit der Entwick-lungsgeschichte des Menschen verknüpft,wie archäologische Funde dokumentieren.In Deutschland haben Bergbau und Prospek-tion eine lange Tradition. Die ersten Veröf-fentlichungen zur Erzfindung und -verarbei-

tung, zur Metallgewinnung und Bergbau-technik wurden vor mehr als vierhundert Jah-ren von Georg Agricola verfasst. Seine 12 Bü-cher zum Bergbau und Hüttenwesen (De remetallica libri XII) erschienen 1556 in latei-nischer Sprache übersetzt und galten in denfolgenden 200 Jahre als das geowissen-schaftliche Standardwerk des Bergbaus.

Rohstoffabbau und Nachhaltigkeit

Die Nutzung von heimischen Rohstoffen trägtwesentlich zum Erhalt unserer Lebensquali-tät und zu deren Weiterentwicklung bei. La-gerstätten sind raum- und standortgebun-den und nicht vermehrbar. Ihre Nutzungbeansprucht eine bestimmte Fläche undTiefe. Sie steht damit in Konkurrenz zu an-deren standortgebundenen Gütern wie Was-ser und Natur sowie zu anderen Nutzungen.Aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischenGründen sind im Rahmen der staatlichen Vor-sorge und Planung frühzeitig Entscheidun-gen darüber notwendig, welche Nutzungenin einem bestimmten Gebiet oder währendeines Zeitabschnittes Vorrang haben sollen.

F2 | In Bayern sind derzeitetwa 5000 Rohstoffge-winnungen in Betrieb.Zum größten Teil han-delt es sich um Sand-und Kiesgruben, dieüberwiegend in Süd -bayern angesiedeltsind.

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Das Raumordnungsgesetz des Bundes hatdie nachhaltige Raumentwicklung als ein-heitliche und zentrale Leitvorstellung veran-kert. Mit dem Gesetz wird die Rohstoffsiche-rung als Grundsatz der Raumordnungdefiniert. Die Versorgung der Wirtschaft mitRohstoffen muss aber auch dem Grundsatzder Nachhaltigkeit genügen, d. h. sie mussökologisch, ökonomisch und sozial verträg-lich sein.

In Bayern gilt bei raumbedeutsamen Planun-gen und Maßnahmen das Bayerische Lan-desplanungsgesetz. Dieses regelt, dass inden Regionalplänen zur Aufsuchung und Ge-winnung heimischer Rohstoffvorkommen Vor-rang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesenwerden.

Zwangsläufig tangiert die Rohstoffnutzungauch andere Schutzgüter, insbesondereNatur und Landschaft sowie das Grundwas-ser. Allerdings bietet die moderne Rohstoff-gewinnung eine Vielzahl von Möglichkeiten,die Rohstoffnutzung mit den Belangen die-ser Schutzgüter verträglich zu verbinden. Oftbefindet sich aber gerade dort, wo abbau-würdige Rohstofflagerstätten auftreten, auchein ergiebiges Grundwasservorkommen.Wenn Rohstoffgewinnung und Trinkwasser-schutz den gleichen Raum beanspruchen,kommt es immer wieder zu Interessenkolli-

sionen. Konfliktfälle können inzwischen miteiner Arbeitshilfe bewältigt werden, die vonden betroffenen Fachbehörden entwickeltwurde. Falls Rohstoffgewinnung und Siche-rung der Wasserversorgung nicht vereinbarsind, so hat die Wasserversorgung grund-sätzlich Vorrang.

Eine am Grundsatz der Nachhaltigkeit aus-gerichtete Rohstoffpolitik nimmt alle Betei-ligten in die Pflicht: Rohstoffbetriebe, Pla-nungsstellen und Behörden sowie dieVerbraucher von Rohstoffen. WesentlicherGrundsatz zur Verbesserung der Rohstoffsi-cherung im Sinne von Nachhaltigkeit und Zu-kunftsvorsorge ist, mit den nicht erneuerba-ren mineralischen Rohstoffen sparsamumzugehen. Wo immer technisch möglichund ökologisch sinnvoll sollen mineralischeRohstoffe durch Recyclingbaustoffe qualita-tiv ersetzt werden.

Nachhaltigkeit ist bei der Rohstoffgewinnungnicht im Sinne nachwachsender Rohstoffezu erzielen, wie dies z. B. in der Forstwirt-schaft möglich ist. Auch bei strikter Beach-tung des Kreislaufwirtschaftssystems, nachdem natürliche Rohstoffe durch Recycling-stoffe soweit möglich ersetzt werden sollen,ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass mi-neralische Rohstoffe im Gegensatz zu orga-nischen Rohstoffen und erneuerbaren Ener-gien nicht nachwachsen. Ihr Verbrauch istgrößtenteils endgültig. Daher muss der Anteil von Recyclingbaustoffen, soweit tech-nologisch, wirtschaftlich und ökologisch mög-lich, im Interesse einer nachhaltigen Roh-stoffwirtschaft weiter ausgebaut werden.Nachhaltigkeit bedeutet neben dem sparsa-men Umgang mit den vorhandenen Ressour-cen daher auch, für Recyclingbaustoffe weitere Einsatzmöglichkeiten zu eröffnen

Mit der beigefügten Liste „Lernort Rohstoff-gewinnung“ (u ) erhalten Lehrkräfte einenunverbindlichen Überblick über ortsnaheRohstoffgewinnungsbetriebe, den gewonne-nen Rohstoff und die jeweiligen Ansprech-partner. Diese Ansprechpartner helfen gernebei der Durchführung von Betriebsbesichti-gungen für Schulklassen, um diesen Roh-stoff, die Gewinnungsstätte und Rekultivie-rungs- bzw. Renaturierungsmaßnahmen denSchülern näher zu bringen.

CD

Exkurs

Was besteht aus Erdöl?

Erdöl ist einer der wichtigsten Rohstoffe der Welt. In gro-ßen Raffinerien wird er zu zahllosen Chemikalien verar-beitet, aus denen die unterschiedlichsten Dinge herge-stellt werden. In unserem Alltag benutzen wir laufend einesich ständig erweiternde Palette an Produkten. Manbraucht sich nur umzusehen: das Telefon, das Gehäusedes Fernsehers oder Computers, Haushaltsgeräte, Spiel-zeug – alles besteht aus Plastik bzw. Kunststoffen, dieaus Erdöl hergestellt werden. Ohne Öl gäbe es auch keineTeppichböden, keine Gardinen am Fenster, keine Farbean den Wänden und keine Plastiktüten. Aber Erdöl kannnoch viel mehr. Es wird auch für Körperpflege und Kos-metik verwendet. Viele Seifen, Parfüms, Lippenstifte undHaarsprays sind Nebenprodukte der Erdölverarbeitung.Öl ist außerdem wichtig für den Straßenbau, zur Herstel-lung von Medikamenten und von Düngemitteln.

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

1 Kohlenwasserstoffe

1.1 Erdöl und Erdgas

Kohlenwasserstoffe sind die einfachsten or-ganischen Verbindungen. Sie bestehen nuraus Kohlenstoff und Wasserstoff und bauendie Gruppe der fossilen Brennstoffe (Erdöl,Erdgas und Kohle) auf. Kohlenwasserstoffesind sogar im Weltall auf Kometen, in Plane-tenatmosphären und in interstellarer Mate-rie zu finden (u Modul A „Planetensystemund Aufbau der Erde“). Hier treten sie meistin Form von Methan und Ethan auf. Auf derErde findet man riesige Kohlenwasserstoff-vorkommen in Form von Erdölfeldern, Erd-gasspeichern und Kohleflözen. Die Kohlen-wasserstoffvorkommen auf der Erde sindeinst aus kleinsten Meerestieren oder Pflan-zen, also aus organischem Material, entstan-den. Erdgas, Erdöl und Kohle enthalten daherEnergie, die die Sonne abgestrahlt hat unddie von den Organismen gespeichert und inlangen Zeiträumen durch biochemische (Um-wandlung durch Lebewesen) bzw. geochemi-sche Prozesse (Umwandlung durch Druckund Temperatur) in Kohlenwasserstoffe um-gewandelt wurden. Dank dieser Umwand-lungsprozesse, die bereits vor mehren 100Mio Jahren abliefen, herrscht heute auf derErde ein nie dagewesener Wohlstand in In-dustrie- und Schwellenländern. Dieser Wohl-stand beruht vor allem auf der Verfügbarkeitdes Rohstoffes Erdöl, das in unserer Indus-triegesellschaft nicht nur Bedeutung alsStromerzeuger, Treibstofflieferant oder Heiz-material hat, sondern auch zur Herstellungvon unzähligen alltäglichen Gebrauchsge-genständen dient.

Erdöl und Erdgas in Deutschland

Erdöl und Erdgas leisten als Energieträger„vor unserer Haustür“ einen wertvollen Bei-trag zur Sicherung der deutschen Energie-versorgung (k F3, F5). Deutschland verfügtüber viele Erdgas- und Erdöllagerstätten –zum überwiegenden Teil in Norddeutsch land.Daneben gibt es Lagerstätten im Alpenvor-land, im Oberrheintal und im Thüringer Be-cken. Aus diesen Lagerstätten wurden 2007rund 3,4 Mio. t Erdöl und 17 Mrd. m3 Erdgasgefördert. Die einheimische Gasproduktion

trug rund 17 % zum deutschen Bedarf bei,die Erdölproduktion rund 3 %. Fast 95 Pro-zent der Inlandsförderung kommen ausSchleswig-Holstein und Niedersachsen. Dasmeiste Erdöl in Deutschland kommt dabeinur aus einem einzigen Feld: dem Ölfeld Mit-telplate in Schleswig-Holstein (k F4). Es istDeutschlands einzige Offshore-Bohrinsel (off-shore = die Ausbeutung von Erdöl- und Erd-gasfeldern, die im Meer liegen).

Trotz der starken Förderung herrscht inDeutschland eine große Diskrepanz zwi-schen dem Bedarf und der Produktion vonErdöl. So fehlten 2006 ca. 170 Mio t anErdöl, die nach Deutschland importiert wer-den mussten. Deutschland ist damit nachden USA, Japan, China und Südkorea derfünftgrößte Erdölimporteur der Welt (Daten-quelle: k Rohstoffsicherung in der Bundes-republik Deutschland, Zustandsbericht2008, u ).CD

F3 | Anteile der Energie -träger am Primär -energieverbrauch inDeutschland 2008.

F4 | Deutsche offshore-Bohr-und Förderinsel „Mittel-plate“.

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Beim Erdgas können sogar 18 % des Bedarfsdurch Inlandförderung gedeckt werden. Inder Erdgasförderung ist Niedersachsen miteinem Anteil von 92 % mit Abstand das för-derstärkste Bundesland mit Rotenburg/Taa-ken als dem förderstärksten Gasfeld der Bun-desrepublik Deutschland. Hier wurden imJahr 2005 2,5 Mrd. m3 Rohgas gefördert.Dennoch müssen ca. 85 Mrd. m3 an Erdgasjährlich nach Deutschland importiert werden.Zur Sicherstellung der Erdgasversorgung die-nen überwiegend Untertage-Erdgasspeicher,die in Erdgas-Kavernen in Salzstöcken, auf-gelassenen Bergwerken, ausgeförderten Erd-gas- und Erdöl-Feldern oder Aquiferstruktu-ren gespeichert werden. Mit Druck wird dortErdgas hineingepresst und später wieder ent-nommen. Deutschland stellt nach den USA,Russland und der Ukraine die viertgrößteSpeichernation dar, wobei das Arbeitsgasvo-lumen der Untertage-Erdgasspeicher 19,1Mio. m3 beträgt. Die Erdgasspeicher stellenden Ausgleich zwischen tages- und jahres-

zeitlich schwankendem Verbrauch und demAngebot her (heimische Förderung und Im-porte). Aufgrund günstiger geologischer Be-dingungen verfügt die BundesrepublikDeutschland über gute Bedingungen für dieEinrichtung großer Speicher. Der tiefste Erd-gasspeicher liegt in Bayern (Wolfersberg, öst-lich von München) in 2.930 m Tiefe.

Erdöl- und Erdgasvorkommen in Bayern

Die bayerischen Lagerstätten befinden sichvorzugsweise in Schichten der ungefaltetentertiären Vorlandmolasse der Alpen (k F6),in Tiefen bis etwa 4.500 m. Die gegenwär-tige Situation der Erdöl- und Erdgasförderung Bayerns ist noch durch den Rückzug der deut-schen Erdölgesellschaften aus dem Alpen-vorland Anfang der 90er Jahre gekennzeich-net. Gegenwärtig sind nur noch drei Erdöl -lagerstätten (Aitingen, Hebertshausen undDarching-Holzkirchen) sowie eine Erdgasla-gerstätte (Inzenham-West) in Förderung. Dieübrigen Lagerstätten sind wirtschaftlich er-schöpft.

Der weitere Ausbau der gaswirtschaftlichenVerbindungen, vor allem nach Osten undSüden, macht Bayern zunehmend zu einemwichtigen Knotenpunkt des europäischenund transeuropäischen Erdgasverbundsys-tems. Zusätzlich verstärkt wird dies durch diehier bestehenden Möglichkeiten zum Aus-bau der Erdgasspeicherung. Dazu bieten dieausgeförderten Erdöl- und Erdgaslagerstät-ten im bayerischen Voralpenland besondersgute geologische Voraussetzungen. Schonheute bestehen in Bayern Untertagespeichermit einem Arbeitsgasvolumen von ca. 3,5Mrd. m3, dies ist etwa ein Fünftel der Erdgas-speicherkapazität in Deutschland.

Die Suche nach den Lagerstätten

Bei der Aufsuchung und Förderung von Erdölund Erdgas im Inland wirken sich vielfach un-günstige geologische Verhältnisse, vor allemdie große Tiefe der Lagerstätten, erschwe-rend aus. Die Speichergesteine, in denen das Erdöl vorwiegend auftritt, gehören derJura- und Kreidezeit an. Sie sind 100 bis 200 Mio. Jahre alt und liegen meist in Tie-fen (in der Fachsprache „Teufe“) von 1.000bis 2.500 m. Die Erdgaslagerstätten liegen

F5 | Erdgas- und Erdölfelderin Deutschland.

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

hauptsächlich in den Gesteinsschichten desZechsteins und des Rotliegenden, die etwa250 bis 300 Mio. Jahre alt sind. Sie tretenin Teufen bis 5.000 m unter der Erde auf!

Bei der Suche nach Erdöllagerstätten greiftman zunächst auf geophysikalische Unter-suchungsmethoden zurück. Dabei bedientman sich physikalischer Eigenschaften wieMagnetismus, Dichte, Schallgeschwindigkeit(Seismik, k Exkurs „Reflexionsseismik“),elektrischer Widerstand oder der Radioakti-vität. Die zur Suche nach Erdöl am häufigs-ten eingesetzte Methode ist die Reflexions-seismik. Eine Garantie für Erdölvorkommensind seismische Messungen jedoch nicht.Letzte Sicherheit bringt nur eine Probeboh-rung. Die Kosten für eine Probebohrung kön-nen leicht 30 Mio. Euro betragen. Deswegenmüssen weitere Methoden eingesetzt wer-den, um die Trefferquote von Probebohrun-gen zu erhöhen. Hierzu zählen Computersi-mulationen des Untergrunds, in die alleseismischen und geologischen Daten einge-hen. So versuchen Fachleute, den Entste-hungsprozess geologischer Formationennachzuvollziehen: Wo genau kann sich unterden gegebenen Bedingungen Erdöl gebildethaben, wohin ist es gewandert und wo hates sich gesammelt?

Eine weitere Hilfe bei der Suche nach Erdölstellen Mikrofossilien (meist Foraminiferen,k F8) dar. Dabei handelt es sich um kleinsteEinzeller, die ein Gehäuse besitzen. Fora -miniferen haben schon vor 500 Mio. Jahrenexistiert und mussten sich seither unter-schiedlichen Umweltbedingungen anpassen,was zu unterschiedlichen Gehäusetypen mitverschiedener Größe und Zusammensetzungführte. Starben die Foraminiferen ab, san-ken sie auf den Meeresgrund. Findet mansie heute mit Hilfe des Mikroskops in einerGesteinschicht, so helfen sie, die Gesteins-schichten zeitlich genau zu bestimmen. Dies

F6 | Erdöl- und Erdgasvor-kommen, -lagerstättenund Untertage-Gasspei-cher in Bayern.

Exkurs

Reflexionsseismik

Bei den reflexionsseismi-schen Messungen werdenSchwingungen mit Hilfe sog.Vibratoren am Erdboden ein-gesetzt, um Schallwellen zuerzeugen. Die Schallwellenbreiten sich wellenartig im Un-tergrund aus und treffendabei auf unterschiedlicheGesteinsschichten, welchedie Wellen wieder zurück zurErdoberfläche reflektieren.Spezielle Erdmikrophone ander Erdoberfläche (sog. Geo-phone) empfangen die vomUntergrund reflektierten Wel-len. Diese benötigen in denverschiedenen Gesteins-

schichten eine unterschied-lich lange Zeit. Die Zeitdiffe-renz wird mit Hilfe von Com-putern ausgewertet und insog. Seismogramme über-setzt. Mit einer Genauigkeitvon 20 m können Spezialis-

ten so die Gesteinsstrukturendes Untergrunds berechnenund einen Profilschnitt desUntergrunds konstruieren. Aufdiese Weise können Progno-sen über mögliche Erdöllager-stätten abgegeben werden.

F7 | Prinzip der reflexi-onsseismischenUntersuchungen.

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

ist vor allem während des Bohrvorgangs vongroßer Bedeutung, wenn zu entscheiden ist,ob bereits die gewünschte Schicht durchteuftwurde, in der das Vorkommen von Erdöl vo-rausgesagt wurde.

Wie entstanden Erdöl und Erdgas?

Die Entstehungsgeschichte des überwiegen-den Teils des Erdöls in Europa beginnt vor100 bis 200 Mio. Jahren, in der Zeitperiodedes Jura bzw. der Kreide. Dies ist ein Zeit-raum, in der der Superkontinent Pangaeaauseinanderbricht und flache Meeresbeckenentstehen, die vom offenen Ozean abge-trennt sind (u Modul D „Plattentektonik“).Dies sind ideale Voraussetzungen für die Ent-stehung von Erdöl und Erdgas (k F9).

Vom Plankton zum Faulschlamm

Der Umwandlungsprozess vom organischenMaterial zum Erdöl und Erdgas beginnt amsauerstoffarmen Grund von warmen Meeren(bis ca. 1.000 m Tiefe) oder Seen, wo sich ingroßen Mengen abgestorbenes Plankton (imMeer lebende Kleinstlebewesen), aber auchPflanzen, Tiere, Algen und andere Mikroorga-nismen ablagern (1). Das Plankton muss dabeiin Meeressenken gelangen, die in Tiefen vonmindestens 200 m vorkommen. Dort könnenrichtige „Planktonfriedhöfe“ entstehen. Aufdiese Weise bleibt der Verwesungsprozess(Oxidation) unterbunden. Stattdessen beginnteine bakterielle Zersetzung des organischenMaterials, die zur Bildung des sogenanntenFaulschlamms (Sapropel) führt.

Vom Faulschlamm zum Muttergestein

Faulschlamm ist ein Gemisch aus toter or-ganischer Materie, Bakterien und Gesteins-partikeln. In 1000 Jahren können sich ca. 30cm Faulschlamm ablagern. Über dem Faul-schlamm wiederum werden durch die fort-schreitende Sedimentation dicke Sediment-schichten (Sand oder Ton) abgelagert. Dieüberlagernde Auflast führt zur Versenkungder Sedimentpakete und des Faulschlammsin immer tiefere Bereiche. Das Wasser wirdherausgepresst und die Sedimentschichtenwerden zu Gestein verfestigt. Aus Faul-schlamm entsteht Erdölmuttergestein, dasmindestens 1 bis 2 Gewichtsprozente orga-nisches Material enthalten muss (2). Meistbestehen die Gesteine mit hohem Organik-gehalt aus Ton oder Mergel (Gemisch ausTon und Kalk), welche feinkörnig und wenigporös, also relativ undurchlässig sind.

F8 | Verschiedene Ausbil-dungen von Foramini -feren der Bodenheim-Formation aus Wallau,Bildbreite 6,3 mm.

PlanktonPlankton

Faulschlamm

versenkter Faulschlamm

sauerstoffarmes Wasser

sauerstoffreiches Wasser

F9 | Entstehung von Erdölund Erdgas.

Plankton

Speichergestein

Speichergestein

primäreMigration

sekundäreMigration

Muttergestein

Muttergestein

Plankton

Lagerstätte

Gas

Gas

Öl

ÖlMuttergestein

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

Der Umwandlungsprozess

Wenn das Muttergestein in eine Tiefe von ca.1.500 bis 3.000 m versenkt wird, übt dasüberlagernde Sediment einen Druck von ca.400 bis 600 bar aus und es herrschen Tem-peraturen zwischen 80 und 150 °C. Das Ge-stein befindet sich in dem sogenannten Erd-ölfenster. Nun setzt ein chemischerUmwandlungsprozess vom toten organischenMaterial, dem sogenannten Kerogen, zumErdöl ein. Die untereinander vernetzten Mo-leküle des Kerogens werden aufgebrochenund zu kleineren Molekülen, den Erdöl-Koh-lenwasserstoffen, umgewandelt. Aus festerSubstanz wird zähflüssiges Erdöl.

Wenn es die Umgebungsbedingungen zulas-sen und noch höhere Temperaturen herr-schen (> 150 °C) bildet sich eine gasförmigePhase der Kohlenwasserstoffe, die Entste-hung von Erdgas setzt ein. Dieses „Erdgas-fenster“ liegt zwischen 120 und 180°C. Abernicht nur während der Bildung von Erdöl, son-dern auch während des Inkohlungsprozes-ses (Bildung von Kohle) kann Erdgas bei sol-chen Temperaturen entstehen.

Ganz Norddeutschland und die südliche Nord-see werden in 3.000 bis 7.000 m Tiefe vondenselben Kohleflözen des Karbons unterla-gert, die im Ruhrgebiet abgebaut werden. Siesind das Erdgasmuttergestein, von dem sogut wie alle Gaslagerstätten gespeist wurden,die man in Norddeutschland, Holland und dersüdlichen Nordsee kennt. Außer diesem klas-sischen Vorgang der Erdöl- und Erdgasent-stehung gibt es für Erdgas noch eine weitereEntstehungsmöglichkeit: Manche anaerobeBakterien, die das in die Sedimente einge-bettete organische Material abbauen, erzeu-gen bei ihrem Stoffwechsel Methan, das sichunter günstigen Umständen, insbesonderebei schneller Ablagerung, in einer geologi-schen Falle ansammeln kann. Auf dieseWeise entstandene biogene Gase werden inder bayerischen Molasse gefördert.

Die Migration

Der zunehmende Überlagerungsdruck be-wirkt, dass die gasförmigen und flüssigenKohlenwasserstoffe in Form von Erdöl undErdgas aus dem Muttergestein ausgepresst

werden (3). Die Migration verläuft dabei inmehreren Schritten. Zuerst wandern Erdölund Erdgas wegen ihrer geringeren Dichtegegenüber von Wasser – welches sich in denPorenräumen des Gesteins befindet – ausdem Muttergestein in ein umgebendes Ge-stein (primäre Migration). Danach wandernErdöl und Erdgas solange weiter, bis sie sichin durchlässigen Sand- und Kalksteinschich-ten mit einem hohen Porenraumanteil (5 –30 %), dem so genannten Speichergestein,ansammeln können (sekundäre Migration).

Metamorphe Gesteine (z. B. Schiefer, Gneiseund vulkanische Gesteine) sind keine geeig-neten Speichergesteine, da deren Poren-räume bei der Metamorphose geschlossenwurden (k F11, k F12). Damit sich Erdöl oderErdgas in großen Mengen im Gestein ansam-meln kann, sind besondere Strukturen imUntergrund notwendig. Diese haben sich auf-grund von tektonischen Vorgängen in der Erd-kruste gebildet (Falten, Störungen, Gesteins-auf- oder -abschiebungen). Diese Strukturenmüssen zusätzlich nach oben von undurch-lässigen Schichten (Salze, Anhydrite aberauch Tone) abgedichtet sein. Der Fachmannspricht von Erdölfallen. In solchen Erdölfal-len sammeln sich immer mehr Erdöltröpf-chen und bilden schließlich die Erdöllager-stätten (k F10).

Der Durchbruch

Manchmal dringt das Erdöl ungehindert bisan die Erdoberfläche. An der Luft verduns-

F10 | Strukturen des Nord-deutschen Untergrun-des als Erdöl- und Erd-gasfallen:1 Unter einer Aufwöl-bung (Antiklinale)2 In einem Korallenriff3 Unter übergreifen-den Schichten (Diskor-danz)4 An einer Salzstock-flanke5 Unter einem Salz-stocküberhang6 An einer gegensinni-gen Abschiebung7 Scheitellagerstätte

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

ten die leichtflüchtigen Bestandteile und esbilden sich zähe Asphaltseen. Auf dieseWeise gelangen schätzungsweise genausoviele Kohlenwasserstoffe in die Umwelt wiedurch menschliche Aktivitäten. In denAsphaltseen findet man oft sehr gut erhal-tene Fossilien, wie in dem berühmten PitchLake auf der Karibikinsel Trinidad, der mit1.500 m Durchmesser der größte Asphalt-see der Welt ist.

In Wietze bei Celle liegt die bedeutendsteDurchbruchstelle Deutschlands: 1858 wurdedort eine der ersten erdölfündigen Bohrun-gen der Welt niedergebracht. Die industrielleAusbeutung setzte Ende des 19. Jahrhun-derts ein, mehr als 2.000 Bohrtürme ragtenin den Himmel; es entstand der Beiname„Klein Texas“. Auf einem Teil des Ölfeldessteht heute das Deutsche ErdölmuseumWietze.

1.2 Kohle

Kohle wurde in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Roh-stoffe überhaupt. Sie diente als Brennstofffür dampfgetriebene Maschinen, für die Ei-senbahn, zur Verhüttung von Metallen undfür Heizungen. Heute ist Kohle weltweitimmer noch ein wichtiger Energieträger, ins-besondere in den Schwellen- und Entwick-lungsländern.

Den größten Anteil an Kohlevorkommen inEuropa findet man in Sedimentgesteinen ausdem Zeitalter des Karbons (vor ca. 350 bis290 Mio. Jahren; lat. carbo = Kohle), ausdem v. a. die Steinkohlevorkommen stam-men – so auch das größte Kohlevorkommenin Deutschland im Ruhrgebiet, sowie die Vor-kommen im Ibbenbührener Raum und imSaarland. Hier erreicht die Schicht des Kar-bons eine Mächtigkeit von bis zu 3000 m,wobei die Kohleflöze selbst nur ca. 2 % aus-machen und im Durchschnitt 1 m mächtig

F11 a | Einer der wichtigstenFörderhorizonte fürErdöl sind in Nord-deutschland dieSandsteine aus demDogger (= Mitteljura,Ablagerung vor ca.138 Mio. Jahren).

Speichergesteine

Die Speichergesteine sind Sediment-gesteine (meist Sandsteine und Kar-bonate) die, je nach Gesteinsart, ausmehr oder weniger winzigen, durchGesteinszement miteinander verba-ckenen Körnern bestehen. Zwischendiesen Körnern befinden sich kleineHohlräu me, die den Porenraum derGesteine bilden (gMatrix-Porosität).Der Porenraum ist meist mit Wassergefüllt. Da Öl und Gas leichter sindals Wasser, steigen sie in den Poren-räumen auf. Für die Speicherung vonErdgas muss das Gestein mindes-tens 2 % und für die Speicherung vonErdöl mindestens 10 % Porenanteilhaben. Für die Förderung spielt da-gegen die Durchlässigkeit (g Per-meabilität) der Gesteine eine wesent-liche Rolle: Je feiner die Körner derGesteine, desto geringer ist in derRegel die Permeabilität des Gesteins

Typische Speichergesteine in Deutschland

F11 b | Zerklüfteter Dolomit ausdem Zechstein (Bildungvor ca. 255 Mio. Jahren)ist aufgrund seinerhohen Kluftporosität einsehr gutes Erdgasspei-chergestein.

F11 c | Der Sandstein aus dem Rot-liegend (Ablagerung von ca.260 Mio. Jahren) ist aufgrundseiner hohen Matrixporositätein sehr gutes Erdgasspei-chergestein. (Bohrkern unte-rer Teil: schräggeschichteterDünensand; oberer Teil : ver-steinerter Schlammstrom mitgroßen Poren).

Klüfte

Poren

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sind. Es gibt aber auch jüngere Kohlevorkom-men, die hauptsächlich aus dem Tertiär (vorca. 65 bis 2,6 Mio. Jahren) stammen. Bei die-sen jüngeren Kohlevorkommen handelt essich allerdings zumeist um Braunkohle.Braunkohle hat im Vergleich zur Steinkohleeinen relativ niedrigen Heizwert (1 g Stein-kohle liefert 30 kJ, 1 g Braunkohle dagegennur 20 kJ). Man braucht also zur Gewinnungvon einer bestimmten Menge Energie deut-lich mehr Braunkohle als Steinkohle, was mit

dem höheren Kohlenstoffanteil in der Stein-kohle (u Exkurs „Inkohlung“) zusammen-hängt. Um die Rentabilität der Energiegewin-nung aus Braunkohle zu bewahren und umhohe Transportkosten zu vermeiden, bauteman die Kraftwerke in unmittelbarer Näheder Braunkohlelagerstätten.

Der Entstehungsprozess von Kohle wird In-kohlung genannt. Der Inkohlungsgrad be-zeichnet den Grad der Umwandlung vompflanzlichen Material in Kohle. Mit zuneh-mender Inkohlung steigt der Kohlenstoffan-teil (C) und auch der Brennwert der Kohle (k F13). Der Inkohlungsgrad hängt ab vomAlter der Kohle und den äußeren Entste-hungsbedingungen, wie z. B. dem Druck undder Temperatur.

Wie entstand die Kohle im Ruhrgebiet?

Ähnlich wie Erdöl entsteht Kohle aus mari-nem, organischem Material (k F14). Im Ge-gensatz zu Erdöl, das sich v. a. aus Planktonund Algen in Senken und Becken bildete, ent-stand die Kohle aus höheren Pflanzen aufdem Kontinent, vor allem in Mooren. Wäh-rend des tropisch-feuchten Klimas des Kar-bonzeitalters herrschten ideale Vorausset-zungen für das Gedeihen von riesigenKohlesümpfen.

Zur Zeit des Karbons sah das Ruhrgebiet ganzanders aus als heute. Es befand sich in derNähe eines flachen Meeres, im Bereich vonriesigen Sumpfwäldern mit Schachtelhalmen,Farnen und Schuppenbäumen (u Modul D„Erdgeschichte“, Karbon). Diesen Ablage-rungsraum nennt man g paralisch (parali-sche Kohlen) im Gegensatz zu der Kohlebil-dung in kleinen Seen (g limnisch).

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

F12 | Schemazeichnung des Gesteinsge-füges in einem typischen Speicher-gestein.

Was ist eigentlich Kohle?

Kohle ist ein fester Brenn-stoff, der aus höheren Pflan-zen entstand und aus folgen-den chemischen Elementenbesteht:

• Kohlenstoff• Sauerstoff• Wasserstoff• Stickstoff und• Schwefel

Exkurs

Inkohlung

Holz(C=50%)

F13 | Die Inkohlungsreihe: Zunahme des Anteils an organischer Substanzund Abnahme des Wassergehaltes am Volumen der Kohle.

Torf(C=60%)

Braunkohle(C=70%)

Steinkohle(C=80%)

Anthrazit(C=90%)

Graphit(C=100%)

für Gase und Flüssigkeiten. Sind dieGesteine durch tektonische Pro-zesse, also durch Bewegung in derTiefe, zerbrochen, entstehen Klüfteals zusätzliche Hohlräume und dieDurchlässigkeit wird wieder höher,die Förderung ist produktiver.

Page 12: Lernort Geologie Modul f

220

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Lernort Geologie

Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Sand

Wasser

Braunkohle

2

Ton

Wasser

Sand

4

Braunkohle

Steinkohle

Ton

Sand

Ton

verfestigtes Gestein

1

Torf

3

Braunkohle

Torf

Erosionsoberfläche

Braunko

hle

Steinko

hle

5

FlözA

FlözB

6

Deckgebirge

Grundgebirge

F14 | Stadien derKohleent -stehung imRuhrgebiet.

Als die Pflanzen und Bäume abstarben, fielen sie umund versanken im Sumpf (1). Da die abgestorbenenPflanzen durch den Sumpf luftdicht abgeschlossenwaren, verfaulten sie nicht und bildeten mit der Zeit einetorfartige Schicht (Torf = ein organisches Sediment).

Von Zeit zu Zeit wurden die Wälder vom Meer überflu-tet, weil sich das Land aufgrund tektonischer Prozessesenkte und der Meeresspiegel hob. Das überflutendeWasser brachte Sedimentfracht wie Sand, Schlammund Geröll mit, welche die Pflanzenreste zudeckte (2).

Als sich das Land wieder hob und das Meer zurück-wich, entstanden neue Sumpfwälder auf den ange-schwemmten Sedimenten (3). Dieser Vorgang wieder-holte sich immer und immer wieder, was zu zahlreichenübereinander liegenden Schichten führte. Der aufla-gernde Druck der Sedimente bewirkte, dass die Torf-schichten allmählich in immer tiefere Bereiche versenktwurden. Der dort herrschende Druck presste den Torfso zusammen, dass zunächst Braunkohle entstand.Mit zunehmendem Druck und steigenden Temperatu-ren, die im Untergrund herrschen, wurde allmählichSteinkohle aus Braunkohle (4). Damit sich eine 2 mdicke Kohleschicht (g Flöz) bilden kann, muss eine 20 m dicke Schicht aus abgestorbenem Pflanzenma-terial entstehen. Im Ruhrgebiet liegen ca. 100 solcherKohleflöze übereinander, die sich in einem Zeitrahmenvon 40 Mio. Jahren bildeten.

Vereinzelt gelangten die Kohleflöze in so große Tiefen,dass es zu einer „Nachinkohlung“ kam, wobei die Stein-kohle so weit zusammengepresst wurde, dass fast rei-ner Kohlenstoff (Anthrazit) entstand und es zur Bil-dung von Erdgas kam.

Die Kohleflöze lagen ursprünglich in großen Tiefen horizontal übereinander. Doch durch tektonische Vor-gänge, während der Variskischen Gebirgsbildung, wur-den die Gesteinspakete mit den Kohleflözen zusam-mengedrückt und deformiert, so dass sie gefaltet undschließlich zerbrochen und gegeneinander verscho-ben wurden. Anschließend wurden überlagernde Gesteinsschichten abgetragen (5) und die kohlefüh-renden Schichten freigelegt (in der Fachsprache: „auf-geschlossen“).

Vor ca. 150 Mio Jahren, in der Kreidezeit, bedeckteein Meer die freigelegten Schichten und es wurdenweitere Sedimente auf dem verfalteten Karbongesteinabgelagert (6), die das Deckgebirge aufbauen. Nurden Südrand des heutigen Ruhrgebiets konnte dasMeer nicht erreichen, und so blieben die Kohleschich-ten bis heute auf der Erdoberfläche aufgeschlossen.

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221

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

Kohle und Umwelt

Der Einsatz von Kohle als fossiler Brennstoffist wegen seiner umweltschädlichen Eigen-schaften umstritten. Bei der Energiegewin-nung durch Kohle wird sehr viel klimawirk-sames Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäreabgegeben. Insbesondere Braunkohlekraft-werke mit ihrem vergleichsweise niedrigenWirkungsgrad haben einen hohen CO2-Aus-stoß. Deswegen ist es wichtig, die CO2-Frei-setzung durch einen besseren Wirkungsgradder Kraftwerke zu reduzieren. Auch dasSchwefeldioxid ist umweltschädlich, das vorallem bei der Verbrennung von Braunkohleentsteht und für den Sauren Regen mitver-antwortlich ist. Bei modernen Stein- undBraunkohlekraftwerken werden daher die Ab-gase in Rauchgasentschwefelungsanlagenvon Schwefeldioxid und von Staub gereinigt.

Der Braunkohleabbau ist mit einem immen-sen Flächenverbrauch verbunden. Um Lager-stätten möglichst vollständig auszuschöp-fen, werden bisweilen ganze Dörfer umge-siedelt, was zu Konfliktpotenzial mit der Be-völkerung führt. Unter Umständen werdendabei auch ökologisch wertvolle Gebiete zer-stört.

Kohleabbau in Bayern –

eine Chance für Freizeit und Erholung

Der Kohlebergbau in Bayern, dessen Schwer-punkte in Oberfranken (Steinkohle), Ober-bayern (Braunkohle) und der Oberpfalz(Braunkohle) lagen, ist seit Jahrzehnten ein-gestellt. Wirtschaftlich gewinnbare Kohlen-vorräte sind nicht mehr vorhanden. Heutezeugen Veränderungen in der Landschaftvom ehemaligen Kohlezeitalter. Besondersbeim Braunkohletagebau entstanden Wun-den im Landschaftsbild. Beim Abbau wurdenriesige Bagger eingesetzt, die sich durch dasLandschaftsbild frästen. Ganze Ortschaftenwurden dabei umgesiedelt und zerstört, wieauch um die ehemalige Lagerstätte Rauber-weiher im Raum Wackersdorf. Diese Lager-stätte befindet sich im Naabtal, wo sich inden Seitenarmen der Urnaab Feinsande,Tone und Braunkohleflöze des Braunkohlen-tertiärs abgelagert hatten. Über nahezu einJahrhundert prägte der Braunkohlebergbaudie Landschaft, bis er 1982 eingestellt wurde.

Die zurückgelassene kahle Landschaft hattenach der Stilllegung einen Prozess erfahren,der zu einer grundlegenden Veränderung desLandschaftscharakters führte. Wie schon derName vermuten lässt, handelte es sich beider Lagerstätte Rauberweiher ehemals umFischereigewässer, die durch den Braunkoh -letagebau zu riesigen Gruben umgewandeltwurden. Nach der Stilllegung sind diese Gru-ben mit Grundwasser vollgelaufen und esentwickelte sich eine sumpfige Naturland-schaft. Anfang der 90er Jahre ging man dazuüber, solche Gebiete zu renaturieren. Aufdiese Weise entstand aus der LagerstätteRauberweiher eine malerische Landschaftmit großen Seen und Wäldern, die ideale Vor -aussetzungen für Freizeit- und Naherholungs-nutzung bietet (k F15).

F15 | Das Oberpfälzer Seenland östlich von Schwandorf istein Beispiel für die gelungene Renaturierung einerLandschaft, die durch den Braunkohletagebau geprägtwurde. Das Bild oben wurde bei Sulzbach-Rosenbergim Jahr 2009 aufgenommen und vermittelt einen Ein-druck des Zustandes vor der Renaturierung. Die Auf-nahme unten zeigt, wie aus den Braunkohlegrubenum Rauberweiher bei Wackersdorf eine Seenland-schaft geschaffen wurde, die heute als Freizeit- undNaherholungsgebiet dient.

VORHER

NACHHER

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Lernort Geologie

Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

2 Mineralische Rohstoffe in Bayern

Steine und Erden sind Bodenschätze, die imTagebau oder Bergbau gewonnenen werdenund nicht zu den Brennstoffen oder Erzenzählen. Die Industrie der Steine und Erdenbefasst sich vor allem mit der Gewinnung vonLockergesteinen. Typische Steine-und-Erden-Rohstoffe sind in Bayern die mengenmäßigbedeutenden und weit verbreiteten Rohstoffe(Massenrohstoffe) Sand und Kies, Natur-steine, Lehm und Ton, Zementrohstoffe undKalk, aber auch die weniger verbreiteten Na-turwerksteine und Gips. Zu den speziellen In-dustriemineralen zählen in Bayern minerali-sche Rohstoffe, wie z. B. Bentonit, Kaolin,Feldspat und Feldspatsande, Quarz undQuarzsand, Kieselerde oder Speckstein unddie im Bergbau gewonnenen Rohstoffe Salzsowie Graphit.

Mit einer Jahresförderung von ca. 150 Mio. toberflächennaher mineralischer Rohstoffe (k Tabelle F1) erbringt Bayern ca. 20 % dergesamten Förderung von Deutschland. DerGrund dafür ist die flächenhafte Verbreitungder Steine-und-Erden-Rohstoffe in Bayern,wobei die Fläche des Freistaats ohnehin be-deutend ist (19,8 % der Bundesrepublik).

Bayern verfügt über die meisten Gewinnungs-und Verarbeitungsbetriebe auf dem Sektorder Steine-und-Erden-Rohstoffe sowie der Industrieminerale. Dabei spielen neben derVerfügbarkeit der Rohstoffe auch kostengüns-tige Transportwege eine wesentliche wirt-schaftliche Rolle. Im Folgenden sind die wich-tigsten Steine und Erden Rohstoffe und ihreHauptverwendungszwecke aufgeführt.

Mineralischer RohstoffJahresfördermenge

(Mio. t)

Jahresabbaufläche

(ha)*

Sand und Kies 83,6 631

Naturstein 35,0 60

Lehm und Ton 10,0 80

Zementrohstoff 8,64 9

Quarz und Quarzsand 5,63 37

Kalk 3,1 3,5

Spezialton 1,14 13

Gips und Anhydrit 1,03 10

Pegmatitsand 0,635 4

Bentonit 0,51 22

Kaolin 0,40 ** 2

Juramarmor und Solnhofener Platten 0,28 11

Granit 0,11 2

Feldspat und Feldspatkonzentrat 0,10 0,2

Kieselerde 0,05 2

Muschelkalk und Sandstein 0,046 0,8

Marmor und Kalkstein 0,032 0,3

Trass 0,019 2

Speckstein, Talk und Grünstein 0,009 0,1

Farberde 0,004 0,1

GESAMT 150,335 890,0

Tabelle F1 | Gewinnung undJahresabbauflä-che oberflä-chennaher mi-neralischerRohstoffe inBayern 1999(Quelle: Bayeri-scher Industrie-verband Steineund Erden e.V.).

* Jahresabbau-fläche: Fläche,die jährlich fürden Abbau be-nötigt wird

** hierin nichtenthalten:Quarzsand- undFeldspatanteilebei der Kaolin-gewinnung

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

Sand und KiesBei einer jährlichen Gesamtproduktion von rund 84 Mio. t (k Tabelle F1) ist die bayerische Sand-und Kiesindustrie der mengenmäßig bedeutendste Zweig der bayerischen Rohstoffgewinnung.95% der Sand- und Kiesproduktion gehen in den Hoch-, Tief-, Straßen-, Wasser- und Gleisbau, derRest wird zur Herstellung von Beton, Mörtel, Kalksandstein, Ziegel und als Zusatzmittel für Ze-ment verwendet. Sonstige Verwendungsbereiche: die Glasindustrie, die keramische Industrie, dieEisen schaffende und Gießereiindustrie, die chemische Industrie, die Elektronikindustrie, für Ver-kehrswege, in der Wasserwirtschaft als Wasserfilter oder im Luftschutzbau ebenfalls als Filter.

NatursteineDie Natursteinindustrie fördert ca. 35 Mio. t pro Jahr. Bayern hat aufgrund seiner geologischenVielfalt eine breite Palette an Natursteinen wie Granite, Gneise, vulkanische Gesteine wie Diabaseund Basalte, Kalk- und Dolomitsteine, Sandsteine oder spezielle und einmalige Gesteine wie dersogenannte Riestrass (Suevit). Natursteine werden aus Steinbrüchen gewonnen, wobei das Fest-gestein gesprengt und anschließend gebrochen wird. Endprodukte der Aufbereitung sind Schotter,Splitt, Brechsand, Gleisbettungsschotter und Bruchsteine in Blockgröße (Schroppen) und Festge-steine, die insbesondere als Asphalt- und Betonzuschlagstoffe im Straßen-, Tief- und Wasserbaudirekt eingesetzt werden, wobei das Einsatzgebiet sehr breit angelegt ist.

Naturwerksteine

Für die Eignung als Naturwerksteine müssen die aus dem Festgestein gelösten Rohblöcke so beschaf-fen sein, dass sie zu Werkstücken verarbeitet werden können, z. B. für die Bauwerksverkleidung, zu Bo-denplatten, aber auch für Steinmetz- und Bildhauerarbeiten. Naturwerksteine werden in der Regel nichtgesprengt, sondern aus dem Gesteinsverband mechanisch gelöst oder herausgesägt. Die jährliche För-derung in Bayern liegt bei ca. 0,4 Mio. t (k Tabelle F1). Etwa 80 % des Bedarfs an Rohblöcken der baye-rischen Naturwerksteinindustrie werden jedoch importiert, z. B. aus Italien, Skandinavien, Spanien, Por-tugal, Russland, Südafrika, Indien oder China. Für die Naturwerksteine existieren Handelsnamen, die vonder korrekten petrographischen, lithologischen oder lithostratigraphischen Nomenklatur teilweise starkabweichen. Das Deutsche Natursteinarchiv in Wunsiedel hat alle national und international gehandeltenNatursteine dokumentiert (u www.deutsches-natursteinarchiv.de). Dieses Archiv ist insbesondere auchfür die Denkmalpflege zur Erhaltung und Wiederherstellung historischer Bausubstanz von Bedeutung.

Lehm und TonDie Rohstoffe Lehm und Ton sind von besonderer Bedeutung für die Ziegelindustrie (in Bay-ern mit einer Produktion von ca. 10 Mio. t pro Jahr, k Tabelle F1). Im Schnitt wurden in Bay-ern um die Jahrtausendwende jährlich knapp 2 Mrd. Mauerziegel und rund 350 Mio. Dach-ziegel produziert. Von den mehr als 300 Produktionsstandorten in Deutschland sind ca. 30% in Bayern angesiedelt. Vom Gesamtumsatz in Deutschland von ca. 1,79 Mrd. Euro (Jahr2000) hat Bayern einen Anteil von ca. 0,51 Mrd. Euro.

Gips und AnhydritMit einer Jahresförderung von durchschnittlich ca. 1 Mio. t an Gips und Anhydrit bildet Bayerneinen Schwerpunkt der deutschen Gipsgewinnung und -industrie. Die Hauptmasse von Gipsund Anhydrit wird in Bayern aus den Standorten in Unter- und Mittelfranken gewonnen, indenen Vorräte aus dem Mittleren Keuper abgebaut werden (u Modul I „Außerschulische Lern-orte“, Exkursionen Nr. 11 und 15). Daraus werden Baugipse, Gipsplatten oder Zementzuschlag -stoffe gefertigt. Ein geringerer Teil wird zu Estrichen und anderen Spezialgipsen verarbeitet.

Zementrohstoffe und Kalk

Die Gewinnung von rund 9 Mio. t Zementrohstoffen pro Jahr konzentriert sich auf wenige Stellenin Bayern. Abgebaut werden vor allem der Untere Muschelkalk und Karbonatgesteine des Malm.Kalk ist ein weit verbreiteter Grundstoff, der in vielen Industriezweigen, insbesondere im Bauge-werbe, in der Baustoffindustrie, in der Eisen- und Stahlindustrie, in der Papierindustrie, in derchemischen Industrie, im Umweltschutz sowie in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wird.

Page 16: Lernort Geologie Modul f

224

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Lernort Geologie

Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Industrieminerale

Unter dem Begriff Industrieminerale werdensolche Rohstoffe zusammengefasst, die beispeziellen Produktionsverfahren eingesetztwerden. Dazu zählen beispielsweise Kaolin,Feldspat und feldspatführende Sande (Peg-matitsande), Bentonit, Speckstein, Kiesel-erde, Quarz und hochwertige Quarzsandesowie Salz und Graphit als Ausgangs- undProzessstoffe für die Glas-, Keramik-, Papier-,Chemie- und Elektroindustrie. Aufgrund seiner besonderen geologischen Situationverfügt Bayern über einige spezielle minera-lische Rohstoffe:

So gibt es besonders reiche Vorkommen anKaolin (k Exkurs „Nutzung der Industriemi-nerale in Bayern“), Bentonit und Kieselerde.Die gesamte Produktion von Bentonit inDeutschland kommt aus den Gebieten umLandshut-Mainburg und Augsburg, wo die La-gerstätten an mächtige Lagen aus verwitter-ter umgelagerter vulkanischer Asche gebun-den sind. Hier werden heute jährlich ca.400.000 t Bentonit abgebaut, seit 1962 ins-gesamt ca. 22 Mio. t. Bentonit besteht zu 60– 80 % aus einem quellfähigen Ton (Mont-morillonit) und ist vor allem in der Bau- undBohrtechnik ein wichtiges Material. Anwen-dungsbeispiele: Abdichtung von Bauwerkenund Deichbau, Bohrspülung, Katzenstreu.

Das einzige Graphitbergwerk Deutschlandswurde bis vor einigen Jahren in Kropfmühlbei Hauzenberg in Niederbayern betrieben.Der Graphit findet sich als Linsen und Schup-pen in den Gneisen des Grundgebirges.Durch Aufbereitung kann hieraus ein sehrreiner Rohstoff (99,9 % Graphit) gewonnenwerden, aus dem High-Tech-Produkte für dieRaumfahrt bis hin zu ganz alltäglich gewor-denen Produkten, wie Kohlebürsten in derElektromotorenindustrie, hergestellt werden.Das wohl bekannteste Produkt – der Bleistift– trägt dagegen nur noch zu 6 % zum Um-satz bei. Die Graphit Kropfmühl AG betreibtein Besucherbergwerk und einen Lehrpfadzum ehemaligen einzigen GraphitbergwerkDeutschlands (u Modul I „AußerschulischeLernorte“, k Übersichtskarte Lehrpfade).

Ein weiterer mineralischer Rohstoff ist Kie-selerde, die bei Neuburg an der Donau in

Oberbayern, abgebaut wird (auch NeuburgerKieselerde genannt). Sie ist ein natürlich ent-standenes Gemisch aus amorpher und kryp-tokristalliner Kieselsäure und lamelläremKaolinit und wird als funktioneller Füllstofffür Schläuche und Bodenbeläge, in Dach-bahnen, Dichtungen im Baubereich, alsSchleifmittel für Poliermittel und Haushalts-reiniger und in der Farbe- und Lackindustriein Tauchlackierungen, Parkettboden- undHolzbeschichtungen verwendet. WeiterenNutzen findet sie in Klebstoffen und als Le-bensmittelergänzungsstoff. Die Kieselerdeentstand in einer flachen Meeresbucht wäh-rend der Oberkreide vor etwa 95 Mio. Jah-ren. Hier lagerten sich Ton, Feinsand und Kie-selschwämme ab, die von der Brandungaufgearbeitet wurden. Im verkarsteten Un-tergrund des oberen Juras entstanden Sen-ken und Einbrüche, in denen sich die kreide-zeitlichen Ablagerungen ansammelten.

Sonstige mineralische Rohstoffe

Hierzu zählen auch die im Untertagebergbauoder durch Bohrungen gewonnenen Boden-schätze wie insbesondere Salz. Die Salzpro-duktion aus der Saline Bad Reichenhall, diedie gewonnene Sole aus dem SalzbergwerkBerchtesgaden und den Solebohrungen inBad Reichenhall verarbeitet, liegt bei ca.240.000 t im Jahr. Hinzu kommt die Soleför-derung von Solebohrungen zu balneologi-schen und medizinischen Zwecken durchmehrere bayerische Bäder. Diese Soleförde-rung entspricht im Jahr umgerechnet ca.8.000 t Salz.

Metallische Rohstoffe

Bergbau auf Metall-Erze wird derzeit in Bay-ern nicht mehr betrieben, da die entsprechen-den Vorkommen, die Erzlagerstätten, heutenicht mehr wirtschaftlich abgebaut werdenkönnen (z. B. Kupferbergwerk Wilhelmine u Modul I „Außerschulische Lernorte“, Ex-kursion Nr. 14). Viele ehemalige Abbau- undVerarbeitungsstätten können aber als Mu-seen, Schaubergwerke oder Geotope besuchtwerden. Einen Überblick hierzu gibt die Bro-schüre „Von Bergwerken, Hütten und Häm-mern“ des Bayerischen Wirtschaftsministeri-ums, die ein Bestandteil dieser Handreichungist.

F16 | Kieselerde als Aus-gangsprodukt insbe-sondere für Füllstoffeund Poliermittel.

F17 | Korpuskulare Kiesel-säure (oben, 18.000-fache Vergrößerung)und plättchenförmi-ger Kaolinit (unten,15.000-fache Vergrö-ßerung) als Bestand-teile der NeuburgerKieselerde (k F16), Rasterelektronenmi -kroskopische Auf -nahmen (u Modul H„Geologische Arbeits-methoden“).

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen SachinformationExkursPorzellanindustrie

Der Grund für die Entwicklung der Por-zellanherstellung in Oberfranken undder Oberpfalz liegt in den reichen Vor-kommen von Kaolin, das heute noch v. a. im Raum Hirschau und Tirschen-reuth gewonnen wird. Dies macht zweiDrittel der deutschen Kaolingewinnungaus. Die Porzellanindustrie prägte dienördliche Oberpfalz und Teile Oberfran-kens mit den „Porzellanstädten“ Selbund Weiden als Zentren dieses Wirt-schaftszweiges. Durch den Struktur-wandel, insbesondere nach der EU-Erweiterung hat sich die Porzellanin-dustrie zum großen Teil nach Böhmenin die Tschechische Republik verlagert.Heute gehen etwa 60 % der Kaolinpro-duktion im Raum Hirschau in die Pa-piererzeugung (uModul I „Außerschu-lische Lernorte“, k ÜbersichtskarteLehrpfade).

Was ist eigentlich Porzellan?

Die Hauptbestandteile der Porzellan-masse sind Kaolin (der Name stammtvon der chinesischen PorzellanstadtChing-te-chen auf dem Kao-ling Berg),Feldspat und Quarz. Die prozentualeZusammensetzung der Porzellanmas -se, das sogenannte Arkanum, ist dasstreng gehütete Geheimnis einer jedenManufaktur, die Verhältnisse liegen je-doch bei etwa 50 % Kaolin, 25 % Feld-spat, 25 % Quarz. Die Porzellanmasse

wird mit Wasser zubereitet und dannentweder auf der Töpferscheibe bear-beitet oder in Formen gegossen. Nachder Trocknung werden die Formen zweiBränden ausgesetzt, zunächst dem„Vor- oder Verglühbrand“, der demScherben Wasser entzieht und ihm dienötige Festigkeit für die Weiterbehand-lung gibt. Nach dem Tauchen in einendünnflüssigen Glasurbrei erfolgt der„Garbrand“ bis 1.460°C. Die Glasurschmilzt hierbei und verbindet sich un-lösbar mit dem Untergrund. Das Bren-nen dauert manchmal Tage, danachmuss das Brenngut langsam abküh-len. Für Verzierung und Bemalung wirdentweder unter der Glasur gemalt,meist blau, weil es hohe Temperatu-ren aushält, oder auf der Glasur. Dieseerfordert einen weiteren Brand von 900bis 1.200°C. Als Farben werden Me-talloxide von Eisen, Mangan, Kobalt,Nickel, Chrom verwendet.

Technische Verwendung

Schalterteile in der Elektroindustrie,Flaschenverschlüsse, Sicherungspa-tronen, Teile in der Hochfrequenz undin der chemischen Technik, sowie fürWaschbecken und Toilettenschüsseln.

Glasindustrie

Einer der prägenden traditionellen Wirt-schaftszweige Ostbayerns ist die Glas-herstellung mit den beiden Zentren

Zwiesel-Frauenau im Bereich Kristall-glas und dem Raum Weiden-Neustadta. d. Waldnaab mit dem SchwerpunktBleikristall. Der Grund für die Entwick-lung der Glasherstellung in Ostbayernlag in den reichen Rohstoffvorkommen.Wichtig als Rohstoff waren dabei nebendem Quarz als Rohprodukt auch dieholzreichen Wälder zur Lieferung derEnergie für die Verarbeitung und fürdie Pottasche (Anreicherung von Kali-umcarbonat aus Holzasche mittels Lö-sung der Salze durch Auswaschen mitWasser und anschließendem Eindamp-fen in Töpfen, den Pötten). Die Zusam-mensetzung von wichtigen Glassortenist in der k Tabelle F2 zu sehen.

Neben dem Gebrauchsglas und demWirtschaftsglas ist die Herstellung undVeredelung von technischem Glas undFlachglas in Ostbayern von Bedeu-tung. Dazu gehört die spezielle Glas-fertigung für die Industrie, wie elek-trochrome Gläser für die Automobil-industrie, Solarkollektoren und hoch-technische Gläser, z. B. für den Phar-mabereich.

Nutzung der Industrieminerale in Bayern

Glasart SiO2 Al2O3 Na2O K2O MgO CaO B2O3 PbO

Quarzart 100 % – – – – – – –

Flachglas 72 % 1,5 % 13,5 % – 3,5 % 8,5 % – –

Bleikristallglas 60 % 8 % 2,5 % 12 % – – – 17,5 %

Laborglas 80 % 3 % 4 % 0,5 % – – 12,5 % –

Tabelle F2 | Zusammensetzung von wichtigen Glassorten.

Ein interessantes Beispiel für die Abhängig-keit des Bergbaus von der Weltwirtschaft bie-tet das Gold: Das Edelmetall wurde in Bay-ern historisch an verschiedenen Orten imnordostbayerischen Grundgebirgsgebiet ge-

wonnen sowie an den alpinen Flüssen gewa-schen. Jahrzehntelang waren aber die Gold-preise viel zu niedrig bzw. die Lagerstättenzu arm, um an eine wirtschaftliche Gewin-nung zu denken.

F18 | Historischer Kiesofen im EuropäischenIndustrieMuseum für Porzellan in Selb.

Page 18: Lernort Geologie Modul f

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Lernort Geologie

Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

3.1 Was ist Geothermie?

Geothermische Energie – auch als Erdwärmebezeichnet – ist die in Form von Wärme ge-speicherte Energie unterhalb der Oberflächeder festen Erde. Unter Geothermie versteht

man die technische Ausnutzung dieser na-türlichen Erdwärme zur Energiegewinnung.Je tiefer man in das Erdinnere vordringt, umsowärmer ist es. Im Gegensatz zu Gebieten mitaktivem Vulkanismus, wie z. B. in Island, Neu-seeland oder Italien, muss in Deutschlandjedoch vergleichsweise tief gebohrt werden,um auf hohe Temperaturen zu stoßen.

Auch in weiten Teilen Bayerns nimmt – zumin-dest in dem Bereich der obersten kontinenta-len Kruste, der durch Tiefbohrungen erschlos-sen werden kann – die Temperatur nur mitdurchschnittlich 3°C pro 100 m Tiefe zu. DieseTemperaturzunahme mit der Tiefe wird als geo-thermischer Gradient oder geothermische Tie-fenstufe bezeichnet. Der geothermische Gra-dient ist jedoch regional sehr unterschiedlich.Abweichungen vom Mittelwert 3°C/100 mwerden als Wärmeanomalien bezeichnet.

In Bayern variiert die Temperatur in 500 mTiefe unter Gelände von relativ kühlen 15°Cbis zu Werten von über 50°C. In den Alpenund den Kristallin-Gebieten wie dem Spes-sart und der Böhmischen Masse sind dieTemperaturen am niedrigsten. Etwas höheregeothermische Gradienten finden sich im Ge-biet der Sedimentbecken, die höchsten imVoralpenraum.Einen Hinweis auf die hohen Temperaturenim Erdinneren liefern vulkanische Aktivitä-ten und als Geysire und heiße Quellen aus-tretende Thermalwässer. Schon im Altertumnutzte der Mensch die Erdwärme zum Hei-zen, zum Kochen und in Thermalbädern. Be-rühmte Bäderorte wie Aachen, Karlsbad undBaden-Baden wurden bereits von den Rö-mern gegründet. Auch in Bayern legten dieRömer den Grundstein für die fünf bayeri-schen Staatsbäder Bad Kissingen, Bad Brü-ckenau, Bad Steben, Bad Reichenhall undBad Gögging.

Woher kommt die Erdwärme?

Der Hauptanteil der von der Erde an der Erd-oberfläche bereitgestellten Wärme wird inder Erdkruste beim Zerfall natürlicher radio-aktiver Elemente wie Uran, Thorium und Ka-lium40 gebildet. Ein kleinerer Anteil resultiert

3 Geothermie

Erdkern

5000 °C

Äußerer Erdkern

3000 °C

Unterer Mantel

2000 °C

Oberer Mantel

1200 °C

F19 | Die Temperaturvertei-lung im Erdinneren.

F20 | Die Temperaturvertei-lung in Bayern in einerTiefe von 500 m unterGelände.

Page 19: Lernort Geologie Modul f

227

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Lernort Geologie

Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

noch aus der Gravitationsenergie bei der Ent-stehung der Erde vor rund 4,5 Mrd. Jahrenund aus einer eventuell davor noch vorhan-denen Ursprungswärme. Im Erdkern herr-schen nach heutigem Kenntnisstand ca.5.000 – 6.000°C.

Im oberflächennahen Bereich bis ca. 20 mTiefe wird der Wärmehaushalt maßgeblichdurch die Sonneneinstrahlung (Wärmestrombis zu 1.000 W/m2), durch Niederschlags-und Sickerwasser sowie bewegtes Grundwas-ser gesteuert. Die jahreszeitlichen Tempera-turschwankungen (k F20) überlagern des-halb den aufwärts gerichteten Wärmestromaus dem Erdinneren bis in Tiefen von 10 –20 m. Das heißt, dieser oberflächennahe Be-reich wärmt sich im Sommer auf und kühltim Winter aus. Die Erdwärme im oberflächen-nahen Untergrund ist daher zum überwiegen-den Teil gespeicherte Sonnenenergie und nuruntergeordnet Energie aus dem Erdinneren.

Durch das Temperaturgefälle zwischen Erd-innerem und Erdoberfläche wird Erdwärmestetig aus der Tiefe nachgeliefert und letzt-lich in Form von Wärmestrahlung an das Allabgegeben. Dieser geothermische Wärme-fluss beträgt in Bayern rund 60 – 80 mW/m2.Demgegenüber liegt die Einstrahlung derSonne auf die Erdoberfläche bei dem rund20.000-fachen des terrestrischen Wärme-stroms, der, bezogen auf die Fläche von derGröße eines Fußballfeldes, dem Energiever-brauch von drei bis fünf 100 W-Glühbirnenentspricht. Durch die im Untergrund gespei-cherte Wärmeenergie stehen für eine geo-thermische Nutzung jedoch weitaus größereWärmemengen zur Verfügung, als durch denterrestrischen Wärmefluss bereitgestellt wer-den. Diese Wärmemengen werden bei derGewinnung von Erdwärme wie eine Lager-stätte abgebaut; Erdwärme fällt daher auchunter das Bergrecht.

Nach menschlichen Maßstäben ist die in derErde gespeicherte Wärme dennoch uner-schöpflich. Allein unter der Fläche der Bun-desrepublik steckt in einer Tiefe von 3.000bis 7.000 m so viel Energie, dass wir unsdamit für die nächsten 100.000 Jahre kom-plett mit Strom und Wärme versorgen könn-ten. Daher wird die Erdwärme zu den erneu-erbaren Energien gerechnet.

Vorteile der Geothermie

Erdwärme ist im Gegensatz zu den meistenanderen erneuerbaren Energien wie Wasser,Wind und Sonne eine Grundlastenergie, diekrisensicher und unabhängig von Witterungund Tageszeit immer und praktisch überallzur Verfügung steht. Erdwärme muss nichtgespeichert werden, da die Erde selbst alsWärmespeicher dient. Auch angesichts desGebotes zur Reduzierung der CO2-Emissio-nen gewinnt die Nutzung erneuerbarer undumweltfreundlicher Energiequellen wie derErdwärme zunehmend an Bedeutung.

Trotz dieser erheblichen Vorteile und einerbeträchtlichen Anzahl an potenziellen Stand-orten weltweit ist ihr Anteil an der gesamtenEnergieversorgung bislang sehr gering. Beiweiterer Verknappung und Verteuerung derfossilen Brennstoffe werden alternative Ener-giequellen wie die Erdwärme jedoch zuneh-mend konkurrenzfähig.

2525

0

5

10

15

20

50

100

200

300

400

Teufe [m]

Temperatur [°C]0 5 10 15 20

Tieferer Untergrund

FebruarMai AugustNovember

F21 | Der jahreszeitlicheTemperaturgang imUntergrund.

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3.2 Anwendungsbereiche der Geothermie

Häufig denkt man bei der Nutzung von Erd-wärme nur an die Wärmeversorgung von ein-zelnen Gebäuden oder an eine Nah- bzw. Fern-wärmeversorgung von öffentlichen Gebäudenund größeren Siedlungen oder von Gewerbe-bzw. Industriegebieten. Weithin bekannt istauch die balneologische Nutzung von Ther-malwässern. Weniger bekannt ist jedoch, dassdie Geothermie auch zur Kühlung von Gebäu-den oder Gebäudekomplexen und Industrie-anlagen, zur Wärme- und Kältespeicherungim Untergrund und zur Eisfreihaltung von Stra-ßen, Brücken, Bahnsteigen oder Start- undLandebahnen eingesetzt werden kann.

Zunehmendes Interesse findet die geother-mische Stromerzeugung, da diese heimischeEnergiequelle in der Lage wäre, kontinuier-lich Strom zu liefern. Eine Nutzung in Kraft-Wärme-Kopplung, bei der nach der Stromer-

zeugung die Restwärme zu Heizzwecken genutzt wird, ist aus ökologischer und öko-nomischer Sicht besonders vorteilhaft. Vo-raussetzung für die geothermische Stromer-zeugung sind allerdings ausreichend hoheTemperaturen (> 100°C) und Ergiebigkeiten(> 50 l/s) des Thermalwasserleiters.

Im Bereich der oberflächennahen Geother-mie mit einem Temperaturniveau von ca. 7°Cbis maximal 25°C ist in der Regel der Ein-satz einer Wärmepumpe erforderlich, um einfür die Wärmeversorgung ausreichendesTemperaturniveau zu erreichen. Im Bereichder tiefen Geothermie kann bei ausreichendhohen Temperaturen die Wärmeenergie di-rekt über Wärmetauscher an den Heiznetz-kreislauf abgegeben werden. Nachgeschal-tete Wärmepumpen und weitere Nutzungenwie z. B. die Heizung von Gewächshäusernkönnen das nutzbare Temperaturintervalldeutlich erweitern und die Wirtschaftlichkeitverbessern („Kaskadennutzung“).

F22 | Geothermische Gra-dienten für verschie-dene Standorte inEuropa und die Nut-zungsmöglichkeitender unterschiedlichengeothermischen La-gerstättentypen in Ab-hängigkeit von Tiefeund Temperatur.

Arten der geothermischen

Energiegewinnung

Bei der geothermischen Energiegewinnungist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen• der oberflächennahen Geothermie (Sy-

nonym Erdwärmenutzung) – Nutzung des oberflächennahen Bereiches von ca.1,0 – 400 m Tiefe und Temperaturen < 25°C und

• der tiefen Geothermie (Synonym Tiefen-geothermie) – Nutzung insbesondere derpositiven Anomalien des Wärmeflussesab einer Tiefe von rund 400 – 1.000 m,wobei derzeit die technische Grenze beieiner Tiefe von etwa 7.000 m liegt.

Um die Wärme aus dem Untergrund gewin-nen zu können, braucht man ein Transport-mittel wie Wasser, Sole oder Dampf. Daher

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

können die Nutzungsarten auch danach un-terschieden werden, ob das Transportmittelbereits im Untergrund vorhanden ist oder erstkünstlich eingebracht werden muss.

Nach dieser Definition gehören zur Tiefen-geothermie folgende Systeme:

• Hydrothermale Systeme mit niedriger En -thalpie (Wärmeinhalt): Nutzung warmeroder heißer Tiefenwässer zur Speisung vonNah- und Fernwärmenetzen, für Landwirt-schaft und Industrie oder für balneologi-sche Zwecke. Ab ca. 100°C ist eine Ver-stromung möglich (z. B. Groß Schönebeckoder Unterhaching bei München).

• Hydrothermale Systeme mit hoher Enthal-pie: Nutzung von Heißdampf- oder Zwei-phasensystemen zur Stromerzeugung (z.B. Larderello in Italien; in Deutschland inErmangelung von Gebieten mit aktivemVulkanismus nicht möglich).

• Petrothermale Systeme: Nutzung der imGestein gespeicherten Energie, z. B.– Hot-Dry-Rock-Systeme (HDR, „Heißes tro-

ckenes Gestein“), auch Deep Heat Mi-ning (DHM, „Tiefer Wärmebergbau“) oderallgemein Enhanced Geothermal Sys-tems (EGS, „Angeregte Geothermalsys-teme“) genannt. Es handelt sich hierbeium eine Energiegewinnung aus dem Ge-stein selbst, die weitgehend unabhän-gig von wasserführenden Strukturen ist.HDR-Systeme werden primär zur Strom-erzeugung eingesetzt (z. B. Soultz-sous-Forêts in Frankreich).

– Tiefe Erdwärmesonden: Energienutzungaus einer beliebigen Gesteinsabfolge mitgeschlossenem Kreislauf des Wärme-trägermediums in der Sonde; nur zurWärmeversorgung einsetzbar.

3.3 Oberflächennahe Geothermie in Bayern

Die mittlere Temperatur an der Erdoberflä-che in Bayern beträgt ca. 7 bis 12°C; dasTemperaturniveau im oberflächennahen Be-reich ist daher relativ niedrig. Dennoch bie-tet sich für dieses Temperaturniveau ein brei-tes Anwendungsspektrum in kleinen undmittleren dezentralen Anlagen zur Bereitstel-lung von Wärmeenergie und Klimakälte für

• Einfamilienhäuser bis hin zu Wohnsiedlun-gen,

• Büro- und Verwaltungsgebäude, • öffentliche Gebäude, wie Schulen, Kran-

kenhäuser, Museen, Schwimmbäder,Sport- und Freizeitanlagen und

• Gewerbebetriebe und Industriebauten.

Eine Anlage für die Erdwärmenutzung be-steht typischerweise aus den Komponenten:• Wärmequellenanlage (z. B. Erdwärme-

sonde),• Wärmeübergabe- oder Wärmewandlungs-

anlage (z. B. Wärmepumpe, Kältema-schine) und

• Wärmenutzungsanlage (z. B. Heizkörper,Kühldecke).

Wärmequellenanlage

Zur Erschließung der Erdwärme in Boden,Festgestein und Grundwasser steht ein brei-tes Spektrum von Techniken zur Verfügung.Die wichtigsten Typen der Wärmequellenan-lage sind • der Erdwärmekollektor (k F23), • die Erdwärmesonde (k F24), • die Grundwasser-Brunnenanlage (k F25),• erdberührte Betonbauteile und• der thermische Untergrundspeicher.

Sonderfälle im Übergangsbereich der ober-flächennahen zur tiefen Geothermie sind • die tiefe Erdwärmesonde (über 400 m

Tiefe, z. B. in aufgegebenen Bohrungen)und

• die Erdwärmegewinnung aus Gruben- oderTunnelwässern.

F23 | Der Erdwärmekollektor istein Wärmetauscher, üblicher-weise aus HDPE-Kunststoff,der als Rohrregister flächigin einer Tiefe von rund 1,2 –1,4 m verlegt wird. Im Kollek-tor zirkuliert ein Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch(Sole), das die Wärme ausdem Erdreich aufnimmt undan die Wärmepumpe weiter-leitet. Am Markt etablierensich zunehmend auch Son-derbauformen.

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

Wärmeübergabe- oder

Wärmewandlungsanlage

Während das Temperaturniveau im Bereichder oberflächennahen Geothermie für dieRaumkühlung ohne zusätzliche Kältema-schine meist gut geeignet ist, ist für Heizzwe-cke in der Regel eine Wärmepumpe erforder-lich.

Die Wärmepumpe ermöglicht es, thermischeEnergie durch den Einsatz von Hilfsenergievon einem niedrigen Temperaturniveau vonbeispielsweise 7°C auf ein zum Heizen undzur Warmwasserbereitung nutzbares Niveauvon 50 – 65°C anzuheben.

Das Pumpen der thermischen Energie ge-schieht in einem geschlossenen Kreispro-zess durch ständiges Ändern des Aggregats-zustands eines Arbeitsmediums (Kältemittel).Es wird verdampft, verdichtet, verflüssigt undwieder entspannt (Carnot-Prozess). Hier spei-chert das Kältemittel beim Verdampfen aufdem niedrigen Temperaturniveau der Erd-wärme (z. B. 7°C) sehr viel thermische Ener-gie in Form sogenannter Latentwärme undgibt diese beim Kondensieren auf einemhohen Temperaturniveau (z. B. 60°C) aneinen Wärmeverbraucher wieder ab. Um denkalten Arbeitsmitteldampf auf das hohe Tem-peraturniveau zu „pumpen“, muss er ledig-

F24 | Die Erdwärmesonde ist einemeist vertikale Bohrung inTiefen von bis zu 150 m, indie ein oder zwei U-Rohreoder seltener auch ein Ko-axial-Rohr, üblicherweise ausHDPE-Kunststoff, als Wärme-tauscher mit einem dauer-haft abdichtenden Spezialze-ment eingebracht sind. DenWärmetransport übernimmtwie beim Erdwärmekollektorin den Rohren zirkulierendeSole.

F25 | Die Grundwasser-Brunnen-anlage nutzt direkt die imGrundwasser gespeicherteWärmeenergie, indem einoberflächennahes Grund-wasserstockwerk über einenFörder- und einen Schluck-brunnen erschlossen wird.

1. Im Verdampfer nimmt das kalte flüssige ArbeitsmittelEnergie aus der Wärmequelle Erdreich auf und ver-dampft.

2. Der Kompressor verdichtet das dampfförmige Arbeits-mittel unter Verbrauch elektrischer Hilfsenergie underhitzt es dadurch zu sogenanntem Heißgas.

3. Das Heißgas gibt im Kondensator seine thermischeEnergie an das Heizsystem ab und kondensiert zu war-mem flüssigem Arbeitsmittel.

4. Das warme flüssige Arbeitsmittel wird am Expansions-ventil entspannt, wobei seine Temperatur abrupt ab-nimmt. Im Verdampfer beginnt der Kreislauf von neuem.

F26 | Funktionsprinzip einer Kompressionswärmepumpe.

Rücklauf

Vorlauf

Rücklauf

Vorlauf

1

3

2

Heiz-wärmeErd-

wärme

ElektrischeEnergie

4

Der geschlossene Kreisprozess in einer Kompressionswärmepumpe

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

lich in einem Kompressor verdichtet werden,wobei er sich – wie auch von der Luftpumpeher bekannt – stark erhitzt.

Für den Betrieb des Kompressors muss je-doch Hilfsenergie, meist in Form elektrischenStroms, aufgewendet werden. Sorgfältig aus-gelegte Wärmepumpen-Heizanlagen bezie-hen jedoch die abgegebene Heizwärme biszu 80 % aus der Umwelt und nur zu 20 % ausder Hilfsenergie Strom.

Die Energieeffizienz einer Wärmepumpen-Heizungsanlage wird über die Jahresarbeits-zahl gemessen. Die Jahresarbeitszahl gibtdas Verhältnis zwischen der jährlich an dasGebäude abgegebenen Wärmeenergie undder dafür aufgewandten elektrischen Ener-gie für Wärmepumpe inklusive Umwälzpum-pen und Steuerung wieder.

Die konsequente Weiterentwicklung der Ge-bäudetechnik in Verbindung mit der Erdwär-menutzung ermöglicht heute bereits dasganzjährige vollständige Heizen, Kühlen undKlimatisieren. Die im Sommer aus der Raum-kühlung und -klimatisierung im Überschussvorhandene Abwärme wird beispielsweiseüber Erdwärmesonden in das umgebendeErdreich oder über Brunnenanlagen in einenGrundwasserkörper abgeleitet und dort ge-speichert. Im Winter wird sie zum Heizen wie-derverwendet. Moderne Wärmepumpenan-lagen arbeiten hierzu im Sommer lediglichim Umkehrbetrieb als Kältemaschine, wie sieuns vom Kühlschrank her bekannt ist, oderwerden ganz abgestellt. Diese energetischbesonders günstige Methode, auch als„freies Kühlen“ bezeichnet, erfolgt dann di-rekt durch die mittels Pumpen umgewälztekühle Sole aus den Erdwärmesonden oderdas kühle Grundwasser.

3.4 Tiefe Geothermie in Bayern

Die Nutzung der im tieferen Untergrund vonBayern gespeicherten Erdwärme ist grund-sätzlich über zwei Arten möglich:

• Hydrothermale Energiegewinnung (Nut-zung von Heißwasser-Aquiferen)

• Hot-Dry-Rock-Verfahren (HDR).

Hydrothermale Geothermie

Die hydrothermale Geothermie nutzt Heiß-wasser-Vorkommen im tieferen Untergrund(mit Temperaturen von ca. 40°C bis über100°C). Diese werden üblicherweise mit zweiBohrungen („Dublette“) erschlossen, überdie das heiße Wasser gefördert und im Hin-blick auf eine nachhaltige Nutzung wieder inden Aquifer (Grundwasserleiter) reinjiziertwird. Die Wärmeenergie kann bei ausrei-chend hohen Temperaturen in einer geother-mischen Heizzentrale direkt über Wärmetau-scher an den Heiznetzkreislauf übertragen

F27 | Nord-Süd-Profilschnittdurch das bayerischeMolassebecken imGroßraum München.Die Thermalwassernut-zung erfolgt in denwassererfüllten Karbo-natgesteinen desMalm-Karsts, die nachSüden in Richtung derAlpen in immer größereTiefen abtauchen. Auf-grund der Tiefenlageherrschen bereits süd-lich von München Tem-peraturen, die nebender Fernwärmenutzungauch die Stromerzeu-gung ermöglichen.

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werden; andernfalls müssen Wärmepumpenzwischengeschaltet werden. Bei ausreichendhohen Temperaturen (> 100°C) und Ergie-bigkeiten (> 50 l/s) ist auch eine geothermi-sche Stromerzeugung möglich, wobei eineNutzung in Kraft-Wärme-Kopplung aus öko-logischer und ökonomischer Sicht von Vor-teil ist. Ein Sonderfall der hydrothermalenGeothermie ist die balneologische Nutzungvon warmen oder heißen Tiefenwässern inThermalbädern.

Hot-Dry-Rock-Verfahren

Beim Hot-Dry-Rock-Verfahren (HDR) wird inheißen, trockenen Tiefengesteinen durch dieErzeugung künstlicher Risse oder durch dasAufweiten natürlicher Rissflächen im Gebirge(hydraulic fracturing) eine hydraulische Ver-bindung zwischen mindestens zwei Bohrun-gen hergestellt. Die Risse dienen als Wärme-tauscherflächen, so dass kühles Wasser ineiner Bohrung verpresst und in der anderenBohrung als Heißwasser mit Tempera turenvon bis zu 200°C wieder gefördert werdenkann. Das Heißwasser kann Dampfdrückeerzeugen, die zum Betrieb konventionellerWärmekraftwerksturbinen ausreichen.

Eine Schwierigkeit dieser Form der Energie-nutzung besteht hauptsächlich darin, geeig-nete Gesteinskomplexe zu finden. Sie müs-sen neben der hohen Temperatur eine hoheWärmeleitfähigkeit besitzen und zudem eingeschlossenes Zirkulationssystem gewähr-leisten, damit das eingepresste Wasser nichtverloren geht. Ferner muss das Gestein un-anfällig gegen Lösungs- und Ausfällungspro-zesse sein, damit ein kontrollierter Wasser-kreislauf dauerhaft aufrecht erhalten werdenkann. Diesbezüglich günstige Eigenschaftenkönnen insbesondere tiefe Granitgesteins-komplexe bieten.

Das HDR-Verfahren befindet sich derzeitnoch im Versuchs- und Entwicklungsstadium(z. B. Soultz-sous-Forêts im französischenTeil des Oberrheingrabens und Basel in derSchweiz). Es ist daher davon auszugehen,dass in absehbarer Zeit in Bayern im tiefe-ren Untergrund nur die hydrothermale Geo-thermie zum Einsatz kommen wird.

Hydrothermale Wärme-

und Stromerzeugung

Für die Wärmegewinnung wird dem geförder-ten Thermalwasser in der Regel über einenübertägigen Wärmetauscher die Energie ent-zogen, um eine hydraulische und stofflicheUnabhängigkeit von Thermalwasserkreislaufund Fernwärmenetz zu gewährleisten. Beiausreichend hohen Thermalwassertempe -raturen kann die Wärme direkt in das Fern-wärmenetz eingespeist werden. Ist die Ther-malwassertemperatur niedriger als dieerforderliche Vorlauftemperatur des Fernwär-menetzes, kann eine Wärmepumpe einge-setzt werden oder gegebenenfalls auch miteinem Brenner zugeheizt werden.

Bei der hydrothermalen Stromgewinnungsind in Bayern aufgrund der vergleichsweiseniedrigen Temperaturen zwischen 100 bis150°C die erzeugbaren Dampfdrücke zu ge-ring, um die Turbinen eines konventionellenDampfkraftwerks anzutreiben. Deshalb wirdhier auf sogenannte binäre Verfahren zurück-gegriffen, in denen das Thermalwasser übereinen Wärmetauscher ein spezielles Arbeits-medium in einem Sekundärkreislauf erhitzt.Die eingesetzten Arbeitsmedien sieden beinormalem Luftdruck bereits weit unter 0°C.Auf diese Weise können sogar mit Wasser-temperaturen unterhalb des Siedepunktesnoch Gasdrücke erzeugt werden, die für denBetrieb entsprechend konstruierter Turbinenausreichen. Für die hydrothermale Stromge-winnung stehen zwei Systeme zur Verfügung:

Beim organischen Rankine-Prozess (OrganicRankine Cycle, ORC, k F27) kommen alsArbeits mittel in der Regel Kohlenwasserstoffezur Anwendung (n-Pentan, Isobutan); gele-gentlich werden auch Fluorkohlenstoffver-bindungen verwendet. Das Arbeitsmittel wirddurch das Thermalwasser vorgewärmt undverdampft, anschließend in einer Turbine ent-spannt, kondensiert und durch eine Pumpewiederum auf Verdampferdruck gebracht.

Beim Kalina-Prozess (benannt nach dem Er-finder, k F28) wird ein Zwei-Stoff-Gemisch,meist Ammoniak und Wasser, als Arbeitsmit-tel verwendet. Dieses Gemisch wird in einemWärmetauscher vom Thermalwasser vorge-wärmt und verdampft. Es entsteht ein ammo-

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

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niakreicher Dampf und eine ammoniakarmeFlüssigkeit, die voneinander getrennt werden.Der Dampf wird in einer Turbine entspannt;im Anschluss daran werden Dampf und ent-spannte Flüssigkeit wieder zusammengeführtund gemeinsam zum Kondensator geleitet.Hier wird das Stoffgemisch verflüssigt undanschließend wieder auf Verdampferdruckgebracht. Zur Verbesserung der energeti-schen Effizienz werden in diesem Prozessmeist auch Vorwärmer (Rekuperatoren) ein-gesetzt. Ein bedeutender Vorteil gegenüberORC-Anlagen ist der höhere thermodynami-sche Wirkungsgrad, insbesondere bei niedri-gen Vorlauftemperaturen (< 140°C). Im Ge-gensatz zu den ORC-Anlagen, für die bereitsumfangreiche Erfahrungen vorliegen, stehendie Kalina-Anlagen jedoch noch am Anfangder Entwicklung.

Bei der hydrothermalen Stromerzeugung er-folgt in der Regel eine Auskühlung des Ther-malwassers auf ca. 70°C. Sofern ein ent-sprechendes Nah- oder Fernwärmenetz zurVerfügung steht, kann der Stromerzeugungeine geothermische Heizzentrale nachge-schaltet werden oder die Restwärme unmit-telbar in wärmeverbrauchende Industrie- undGewerbeprozesse eingespeist werden. DieseArt der Kraft-Wärme-Kopplung ist aus ökolo-gischer und ökonomischer Sicht besondersvorteilhaft.

Nutzung hydrothermaler Energie in Bayern

Für die geothermische Nutzung von warmenund heißen Tiefenwässern mit einem wirt-schaftlich interessanten Temperaturniveauüber 40°C sind die geologischen Verhältnissein Bayern im bundesweiten Vergleich als güns-tig einzuschätzen. Das größte Potenzial füreine hydrothermale Energiegewinnung liegthierbei sicherlich im Malmkarst des süddeut-schen Molassebeckens zwischen der Donauim Norden und den Alpen im Süden. Der Malmkarst ist eine bis zu mehrere hun-dert Meter mächtige Kalksteinschicht, die imErdzeitalter des oberen Jura (Malm, 157 –142 Mio. Jahre vor heute) in einem flachenSchelfmeer abgelagert wurde. Am Ende desMalm zog sich das Meer aus dem Alpenvor-land nach Süden und Südwesten in Richtungder Tethys, dem Vorläufer des heutigen Mit-telmeers, zurück. Die Malmkarbonate fielentrocken und waren im Erdzeitalter der Kreide(142 – 65 Mio. Jahre vor heute), abgesehenvon lokalen Überflutungen durch das wieder-holt vorstoßende und sich wieder zurückzie-hende Kreidemeer, als Landoberfläche in-tensiven Verkarstungsprozessen ausgesetzt.Im Erdzeitalter des Tertiär (65 – ca. 2,6 Mio.Jahre vor heute) bildete sich im Vorland deraufsteigenden Alpen ein absinkendes Be-cken, das den Abtragungsschutt der Alpen,die sogenannte Molasse, aufnahm.

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

F28 | Schema einer ORC-Anlage zur hydro-thermalen Stromgewinnung.

F29 | Schema einer Kalina-Anlage zurhydrothermalen Stromgewinnung.

ORC-Anlage Kalina--Anlage

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Der Malmkarst streicht heute nördlich derDonau als die sogenannte Schwäbisch-Frän-kische Alb über Tage aus. Nach Süden hinfällt er unter den Ablagerungsgesteinen derMolasse bis zu Tiefen von über 5.000 m amAlpenrand ab. Aufgrund der Verkarstung undKlüftung stellt der Malmkarst einen hervor-ragenden Grundwasserleiter dar. Je nach Tie-fenlage kann das Grundwasser im MalmkarstTemperaturen bis über 140°C erreichen. Erdwärme in Form hydrothermaler Energiewird in Bayern bereits an verschiedenenStandorten energetisch oder zu balneologi-schen Zwecken genutzt. Gegenwärtig über-wiegt in Bayern noch die balneologische Nut-

zung. Überwiegend energetisch genutzt wer-den warme oder heiße Tiefenwässer bislang(Stand 12.2008) nur in:

• Straubing • Erding • Simbach-Braunau • Unterschleißheim • München-Riem • Pullach• Unterhaching.

Weitere Projekte, auch zur geothermischenStromerzeugung, wie z. B. in Unterhaching,sind begonnen oder in Planung.

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Sachinformation Rohstoffe und Ressourcen

F30 | Nord-Süd-Profilschnittdurch das bayerischeMolassebecken zwi-schen Freising undMiesbach mit den ein-zelnen Tiefbohrungenund Temperaturanga-ben im Untergrund.

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3.5 Geothermieportal

Die Broschüre „Oberflächennahe Geother-mie – Heizen und Kühlen mit Energie ausdem Untergrund“ der bayerischen Staatsmi-nisterien für Umwelt und für Wirtschaft gibteinen Überblick zu den Grundlagen und tech-nischen Varianten der Erdwärmenutzung, zurGenehmigung eines Vorhabens sowie wei-tere praktische Informationen.

Die DVD-ROM „Oberflächennahe Geothermie– Übersichtskarte Bayern 1 : 200.000“ desbayerischen Umweltministeriums bietet eineOrientierungshilfe zur Eignung eines Stand-orts hinsichtlich der unterschiedlichen Tech-niken zur Erschließung der Erdwärmequelleund bezüglich der Restriktionsflächen.

Der „Bayerische Geothermieatlas – Hydro-thermale Energiegewinnung“ des bayerischenWirtschaftsministeriums ermöglicht eine Ein-schätzung, wo in Bayern günstige Verhältnissefür eine hydrothermale Energiegewinnung vor-liegen und mit welchen Bohrtiefen und Tem-peraturen zu rechnen ist. Er gibt darüber hi-naus eine Einführung in die Verfahren derhydrothermalen Energiegewinnung, in derenwirtschaftliche Aspekte und die Risiken. Seit 2008 gibt es eine Wanderausstellung„Geothermie“, die Möglichkeiten und Vorteileder oberflächennahen Geothermie darstelltund auch an Schulen gezeigt werden kann.

Alle diese Informationen sind einzusehenbzw. herunterzuladen im Geothermieportaldes bayerischen Staatsministeriums für Um-welt und Gesundheit unter u www.geothermie.bayern.de.

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Rohstoffe und Ressourcen Sachinformation

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Weiterführende Literatur, Links und Karten (Auswahl):

Bayerisches Geologisches Landesamt 2001. Bodenschätze in Bayern, Steine und Erden,Erze, Industrieminerale, Salze und Brennstoffe. Karten im Maßstab 1:500000 und Be-schreibungen – CD ROM, München.

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie2004. Bayerischer Geothermieatlas, 104 S., München.

Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, Bayerisches Staatsministe-rium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie 2003. Oberflächennahe Geo-thermie. Heizen und Kühlen mit Energie aus dem Untergrund, 16 S., München.

Bergbaumuseum Theuern 2000. Gold, Zinn, Fluorit. Beiträge zur bayerisch-böhmischenMontangeschichte, Aufsatzband, 196 S.

Büttner, G., Pamer, R. & Wagner, B. 2003. Hydrogeologische Raumgliederung von Bayern,GLA-Fachberichte, 20, 88 S.

Dingethal, F.J., Jürging, P., Kaule, G., Weinzierl, W. 1998. Kiesgrube und Landschaft,Handbuch über den Abbau von Sand und Kies, über Gestaltung, Rekultivierung und Re-naturierung. 338 S., Auer, ISBN 978-3-40303-146-8.

Geozentrum Hannover 2005. geo.standpunkt „Rohstoffe“, 33 S., Hannover.

Helm, W. (Hrsg.) 2007. Granit, 264 S., ISBN 978-3-00023-087-5.

Pohl, W. 2004. Mineralische und Energie-Rohstoffe, 527 S., Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, ISBN 978-3-51065-212-9.

Bayerisches Landesamt für Umweltu www.lfu.bayern.de/geologie

Geothermie-Portalu www.geothermie.bayern.de

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffeu www.bgr.bund.de

Herausgeber

Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit (StMUG)

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)